Zusammenfassung 1941

 

Tiroler Landestheater Innsbruck

Die Opernsaison des Jahres 1941 wurde am 4. Jänner im Tiroler Landestheater mit Carmen von Georges Bizet eingeleitet. Über die Vorstellung vom 7. Jänner 1941 schreibt Dr. Rainer von Hardt-Stremayr in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. Jänner 1941, Seite 4:

„Die letzte, Dienstagabend gegebene Vorstellung der Oper Carmen von Georges Bizet am Tiroler Landestheater brachte eine bemerkenswerte Umbesetzung in der männlichen Hauptpartie: der erste Operettentenor unserer Bühne, Egid Toriff sang den Don José und trat damit zum ersten Male in der Oper auf. Erscheinung, Gesang und Spiel lösten beim Publikum freundlichen Beifall aus, der natürlich in gleichem Maße – gar, wenn er auf offner Szene erfolgte – den übrigen, die Handlung tragenden Darstellern galt, allen voran der Trägerin der Titelpartie, Fritzi Heinen, deren Leistung schon anläßlich der Erstaufführung eingehend gewürdigt wurde und Erna Reininger als Micaëla. Von Aufzug zu Aufzug ließ sich immer mehr feststellen, wie sich Egid Toriff in seine Tenorpartie hinein – und das Zusammenspiel mit den schon von früher her aufeinander abgestimmten Darstellern fand. Das Hauptverdienst an dieser zu einem Opernerlebnis gerundeten Vorstellung trägt – wie schon zur Selbstverständlichkeit geworden, aber darum erst recht hervorzuheben – Hans Georg Ratjen, der keiner vor sich liegenden Partitur bedarf und daher das Augenmerk seiner Stabführung im besonderen Maße der Bühne und dem Orchester widmen kann.“

Bei der Vorstellung am 14. Jänner 1941 sang als Gast Erich Protz vom Stadttheater Regensburg die Partie des Stierkämpfers Escamillo. Theodor Mühlich bemerkt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. Jänner 1941, Seite 7: „ […] Außer einem warmen und vollen Bariton verfügt der Gast über großes schauspielerisches Ausdrucksvermögen. Sein Escamillo sprühte von Leidenschaft, Stolz und Temperament, ohne dabei ins Pathetische und Prahlerische abzugleiten, eine Darstellung, die den vollen Beifall des gutbesuchten Hauses fand.“

Am 22. Jänner 1941 erfolgte die Uraufführung der Ballettpantomime Abenteuer Casanovas nach einer Idee des Dramaturgen des Tiroler Landestheaters Sigfried Färber. Die Musik zu diesem Ballett, das in fünf Bildern galante Liebesabenteuer des venezianischen Frauenhelden schildert, komponierte Emil Berlanda, der damit seinen großen Auftritt im Rampenlicht der Kulturöffentlichkeit und politischen Eliten feiern konnte. Das Tanzpaar Käti und Fred Serno ließ die Vorführung zu einem fantasievollen Ereignis werden. In einer Vorschau der Innsbrucker Nachrichten vom 11. Jänner 1941 (Seite 7) wird zu Inhalt und Aufführung dargelegt:

„[…] Seine galanten Abenteuer besteht Casanova in der Ballettpantomime im Getriebe eines venezianischen Karnevals, im Harem eines türkischen Paschas, am Hofe einer phantastischen Prinzessin und auf einer böhmischen Kirmes. In der Buntheit dieses Szenariums hat der Komponist mannigfache Möglichkeiten für eine in ihrem Kolorit stets wechselnde Musik. – Das Ballett wird unter der musikalischen Leitung von Hans Georg Ratjen einstudiert und vom Ballettmeisterpaar Fred und Käti Serno inszeniert.“

Karl Senn brachte eine Besprechung der Uraufführung der AbenteuerCasanovas in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. Jänner 1941, Seite 5 (siehe im Kapitel Berlanda).

Kombiniert mit und nach Berlandas Casanova wurde Leoncavallos Oper Der Bajazzo gespielt. Karl Senn berichtet darüber in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. Jänner 1941, Seite 5:

„[…] Die Neuinszenierung hat endlich mit der alten Schablone gebrochen und ein ganz neuartiges, hübsches und stilvolles Bühnenbild geschaffen, Kapellmeister Ratjen holte mit Meisterhand zündende Dramatik aus der Partitur. Für das nötige Leben auf der Bühne, das im Bajazzo von besonderer Wichtigkeit ist und allerhand Arbeit und Proben erforderte, sorgte Spielleiter Ottomar Mayr vorbildlich.

Beide Aufführungen – Abenteuer Casanovas und Bajazzo – waren wiederum Glanzleistungen unserer Landesbühne und gaben neuerdings Beweis von Fleiß und nimmermüder Liebe wie erfolgreicher Schaffenskraft.“

Zur Aufführung am 3. Februar 1941 vermerkt Dr. Kurt Pichler: „Der Aufführung [von Leoncavallos Bajazzo] voraus ging die Ballettpantomime von Sigfried Färber, zu der Emil Berlanda die Musik schrieb. Wieder entzückten die fünf Bilder durch den Reichtum des Einfalls und des Schmisses der Komposition. Auch mit der Aufführung am Montagabend hat das Landestheater einen kostbaren Stein in das Mosaik seiner Spielerfolge gereiht.“

Anlässlich des 80. Geburtstages von Emil Nikolaus von Reznicek wurde in der Abendvorstellung vom 25. Jänner 1941 dessen komische Oper Spiel oder Ernst? nach Emil Berlandas Casanova gegeben.

Mit Tiefland von Eugène („Eugen“) d’Albert kam am 9. Februar 1941 eine der Lieblingsopern Adolf Hitlers zur Aufführung. Karl Senn berichtet in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Februar 1941, Seite 6:

„[…] Die Aufführung am Sonntag, den 9. d[ieses] M[onats Februar], war im ganzen genommen wieder eine vorzüglich gelungene Leistung unserer Landesbühne. Die immer dankbare und erfolgsichere Rolle des Hirten Pedro verlangt nicht nur einen stimmlich hervorragenden Sänger, sondern auch einen ganzen Schauspieler. Georg Wilhelm Rothhaar ließ in der Partie, die er in jeder Hinsicht überragend zu gestalten wusste, keinen Wunsch offen […]. Gespannt war man auf die Partie der Martha [richtig: Marta], die unsere beliebte Margot Koechlin zum erstenmal sang und die mit ihrer blühenden Stimme ausgezeichnet wirkte. Auch in ihren Gebärden war sie vornehm und beherrscht.

Unter der musikalischen Leitung von Kapellmeister Hans Georg Ratjen hörte man eine schwungvolle, fein abgetönte, dann wieder machtvoll gesteigerte Ausdeutung des Werkes. Spielleiter Rothaar hatte für ein bunt bewegtes Leben auf der Bühne gesorgt, woran der Chor reichlichen Anteil hatte. Für die beiden Bühnenbilder hatte Hans Siegert eine geradezu geniale Lösung gefunden. Es war ein künstlerisch vollendeter Entwurf.

Das ausverkaufte Haus dankte am Schluß der beiden Akte durch reichen, minutenlangen Beifall für die schöne und wirkungsvolle Wiedergabe des Werkes.“

Als nächste Premiere folgte Engelbert Humperdincks Oper Königskinder. Über eine überaus gelungene Aufführung dieser beliebten Märchenoper am 9. März 1941 schreibt Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. März, Seite 5:

„[…] Die Aufführung am Sonntag [9. 3.], vom Intendanten M[ax] A[lexander] Pflugmacher selbst geleitet, war mit den ersten Kräften unseres Landestheaters besetzt und wurde ein voller, glänzender Erfolg […]. Ensemble und Chor klangen gut studiert und waren wirkungsvoll abgetönt. Auch der Kinderchor der Städtischen Musikschule für Jugend und Volk hatte seine Sache gut gemacht. Intendant M. A. Pflugmacher am Dirigentenpult deutete mit wahrer Lust und Freude am Werk die vielfältigen Schönheiten der Partitur sinnfällig aus und verstand ihre blühenden Wunder und namentlich die deutsche Innigkeit richtig zu beleuchten. Das Orchester folgte jedem seiner Winke auf das beste.

Georg Wilhelm Rothhaar hatte die Spielleitung zu getreuen Händen und war um eine abgerundete Vorstellung in seinen Belangen besorgt. Hans Siegert hatte wiederum prächtige Bühnenbilder geschaffen; namentlich die Winterlandschaft im dritten Akt war ein Gedicht. Das gut besetzte Haus spendete nach allen Aktschlüssen reichen Beifall, der am Schluß schier kein Ende nehmen wollte.“

Otto Nicolais komisch-fantastische Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ beendete die erfolgreiche Opernspielzeit 1940/41. Dies ist insofern bemerkenswert, als das Libretto zu dieser Oper mit Hermann Salomon Mosenthal von einem jüdischen Autor stammt. Karl Senns Kommentar in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. Mai 1941, Seite 5 über die Erstaufführung lautet:

„[…] Die lustigen Weiber wurden schon längere Zeit auf unserer Bühne nicht mehr gegeben; es war daher ein guter Gedanke der Leitung des Landestheaters, diese entzückende Oper wieder in den Spielplan aufzunehmen […]. Dem musikalischen Leiter der Vorstellung, Musikdirektor Fritz Weidlich, war eine klanglich prächtig ausgewogene, rhythmisch sehr exakte und schwungvolle Ausdeutung der Partitur zu danken. Die Chöre, für deren Einstudierung Hermann Keis zeichnete, klangen sauber und waren von ausgezeichneter Wirkung […]. Lebhafter Beifall des vollen Hauses setzte schon nach der stimmungsvollen, meisterlich gebrachten Ouvertüre ein, um sich nach jeder Nummer zu wiederholen und am Schluß in einen wahren Begeisterungssturm auszuweiten, der alle Darsteller, den Dirigenten und Spielleiter [Sigfried Färber] oft und oft vor den Vorhang rief.“

Wiederum prägten Operetten den Spielplan des Tiroler Landestheaters. Fred Raymonds Operette Lauf ins Glück, die die Weihnachtszeit und Jahreswende 1940 stimmungsvoll dominierte, erlebte im Jänner 1941 noch einige Reprisen, ebenso Carl Zellers Hit Der Vogelhändler, der in der Sonntagabendvorstellung vom 22. Februar 1941 letztmalig gespielt wurde. Ein weiteres Repertoirestück war Ralph Benatzkys musikalisches Lustspiel Meine Schwester und ich. Über die Monate verteilt bis in den Mai hinein konnte man Franz Lehárs Meisterstück Das Land des Lächelns genießen. Seine Operette Der Graf von Luxemburg kam Ende Februar 1941 in einer glanzvollen Erstaufführung heraus: Dr. Rainer von Hardt-Stremayr äußert sich darüber in den Innsbrucker Nachrichten vom 27. Februar 1941, Seite 6:

„Eine Operettenspielzeit ohne ein Werk von Franz Lehar ist bei uns eigentlich so gut wie nicht denkbar […]. So werden wohl auch zahlreiche Besucher des Tiroler Landestheaters am Faschingsdienstag abends bei der Erstaufführung des Grafen von Luxemburg in dieser Spielzeit erstaunt gewesen sein, wie viele bekannte Melodien gerade diese Operette enthält. Sie haben allerdings noch mehr darin gefunden als nur musikalische Themen, die Franz Lehar für diese Operette geschrieben hat, denn die Spielleitung, für die Ottomar Mayr mit gewohntem Erfolg verantwortlich zeichnete, verstand es, auch noch einige der populärsten Weisen aus anderen Lehar-Operetten derart einzuflechten, daß mit dem, jetzt neu über die Bretter gehenden Grafen von Luxemburg, auch wirklich eine Neuinszenierung verbunden erscheint. Die Zugkraft der Lehar-Operetten bewies ein ausverkauftes, beifallfreudiges Haus, der Erfolg war also in künstlerischer und kassenmäßiger Hinsicht im vorhinein sichergestellt […]. Die Stabführung hatte Werner Gotsch, in diesem Fall eine besonders erfreuliche und dankbare Aufgabe, weil ja Lehars Musik Sängern wie Orchester aus sich selbst heraus zufliegt. Hans Siegerts Bühnenbilder haben auch hier den richtigen Hintergrund getroffen. – Die Operette, die mit einer Karnevalsszene beginnt, ist am Faschingsdienstag zeitgerecht gestartet und bringt in der jetzigen Inszenierung des Tiroler Landestheaters das Zeug zu einer erfolgreichen Aufführungsserie mit.“

Als besondere Attraktion wurde von Dr. Sigfried Färber in den Innsbrucker Nachrichten vom 25. Jänner 1941, Seite 5, die Erstaufführung der Operette Prinz Eugen des Intendanten Max Alexander Pflugmacher angekündigt:

„In die abenteuerliche Welt der Türkenkriege des 17. Jahrhunderts, in das Leben und Treiben des Wiener Hofes zur Zeit des prachtliebenden Barocks, versetzt uns die Operette Prinz Eugen von M. A. Pflugmacher, Intendant des Tiroler Landestheaters, der bei der Erstaufführung an unserer Bühne am morgigen Sonntag auch die Stabführung übernimmt […]. Prinz Eugen, die Hauptgestalt des Werkes, kommt nicht durch den Tenor, sondern durch einen Schauspieler, durch den ersten Helden zur Darstellung. Das Melodram ist zu einem bedeutenden Stilmittel ausgebaut. Der kräftige soldatische Ton der Musik erwächst aus dem alten Lied vom ‚Prinz Eugen, dem edlen Ritter’, dessen Entstehung uns die Operette vorführt: der Trompeter Franzl komponiert es, ein unbekannter lustiger Soldat, während der Savoyer Belgrad stürmt, und am Schluß des ersten Aktes schallt es in einem großangelegten Finale als Siegesgesang aus den Soldatenkehlen.

Die Operette Prinz Eugen, die bereits Erfolgsserien an großen deutschen Bühnen hinter sich hat, wird im Tiroler Landestheater im Jänner 1941 unter der Spielleitung von Poldi Harlanns, unter der musikalischen Einstudierung von Werner Gotsch und unter der künstlerischen Gesamtleitung des Komponisten, Intendant M. A. Pflugmacher, neu inszeniert.“

Für den Ostersonntag hatte die Theaterleitung mit der Erstaufführung der Revue-Operette Wochenende im Mai mit der „in die Beine und Ohr gehenden Musik“ von Josef Knaflitsch auf einen ulkigen Text von Ignaz Brantner, Intendant des Linzer Landestheaters sowie von Rudolf Weys, einem Mitgestalter der Kleinkunstbühne Wiener Werkl eine besonders publikumsfreundliche Wahl getroffen. Nach dem Bericht von Dr. Rainer von Hardt-Stremayer in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. April 1941, Seite 6, wurde dieses lebensfrohe Machwerk, das seine platte Handlung vor allem mit Situationskomik über die Zeit rettet, in Graz uraufgeführt und „an ihrer Linzer Heimatbühne ein anerkannter Erfolg“.

Über die Innsbrucker Aufführung des Wochenendes im Mai wird festgestellt: „[…] Für unsere Tanzmädeln gibt es manche Gelegenheit, sich erfreulich ins Rampenlicht zu stellen; am erfolgreichsten ist natürlich das ‚Leuchtfarben-Ballett’, ein netter Regieeinfall bei verdunkelter Bühne und Badeanzügen mit Leuchtfarbenmustern – der gegebene Platz, um Luise Wicks und Ferdinand Madls Kostümentwürfe herauszustellen, ebenso Hans Siegerts Bühnenbilder, deren eines im Leuchtfarbenanstrich mitwetteiferte. Die Stabführung hatte Werner Gotsch, der sich bei den zahlreichen Vorhängen am Schlusse – die Beifallsfreude verlangte während der Aufführung mehrere Wiederholungen – mit den Hauptdarstellern gemeinsam auf der Bühne zeigen mußte.“

Schließlich wurde in dieser Spielzeit noch die Operette Brillanten aus Wien, die Alexander Steinbrecher (1910-1982) erst ein Jahr zuvor komponiert hatte, präsentiert. In ihr erzählt der Textautor Curt von Lessen die Geschichte des Wiener Juweliers Josef Strasser in einer rührenden Form. Diese Operette enthält auch Steinbrechers bekanntes Wiener Lied: „Ich kenn’ ein kleines Wegerl im Helenental“.

Auch im Schauspiel dominierten Stücke mit amüsierendem Charakter wie „Lustspiele“ oder „Volksstücke“. Die wenigen Ausnahmen bildeten der erste Teil von Friedrich Hebbels Trauerspiel Nibelungen, der als Festvorstellung zum Heldengedenktag am 9. November 1940 aufgeführt worden war, danach am 7. Jänner 1941 noch einmal gezeigt wurde und Richard Billingers Schauspiel Der Gigant. Anhand dieses Blut-und-Boden-Stücks aus der Welt im archaischen Denken und Handeln verfangener Bauern des oberösterreichischen Erfolgsautors, das 1937 im Berliner Staatstheater uraufgeführt wurde, hatte man über die grundsätzlich Heiterkeit verbreitende Programmpolitik der Innsbrucker Intendanz hinaus doch auch der Ideologie entsprechende Reverenz erwiesen. Mit Friedrich Schillers Wallenstein kam schließlich ein besonders repräsentatives Stück der deutschen Kulturgeschichte im Rahmen eines „Festabends“ aus Anlass des Geburtstages von Adolf Hitler zur Aufführung. Karl Paulin hielt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. April 1941, Seite 4, fest:

„Den Geburtstag des Führers, den die ganze Nation, der Kriegszeit entsprechend, in tiefinnerster Weise feierte, und den Adolf Hitler selbst im Hauptquartier an der Front in mitten seiner siegreichen Wehrmacht verlebt hat, beschloß das Tiroler Landestheater mit der Darstellung eines Meisterwerkes klassischer deutscher Bühnendichtung, Schillers Wallenstein […]. Unsere Zeit drängt auf Steigerung und Vertiefung des dramatischen Geschehens, das nun auch in dem Wallenstein an einem Abend zu voller Wirkung kommt. Sigfried Süßenguth hat das dramatische Gedicht mit künstlerischem Feingefühl eingerichtet und inszeniert und dabei bei aller Zusammenziehung die unentbehrlichen Teile mit jener Ehrfurcht und Schonung behandelt, die jede Zeit dem Schillerschen Meisterwerk schuldig ist […]. Im Brennpunkt des Abends stand Anton Straka als Wallenstein. Wir haben schon wiederholt auf die starke und tiefe Begabung dieses Schauspielers hingewiesen […]. Fast das ganze Personal unseres Landestheaters stellte sich in den Dienst der Dichtung, die 42 Rollen und daher manche Doppelbesetzung erforderte […]. Brausender Beifall belohnte die künstlerische Leistung unseres Landestheaters, das nun mit Schillers Wallenstein nach Goethes Faust und Hebbels Nibelungen der gegenwärtigen Spielzeit ihr klassisches Gepräge gegeben hat.“

Mit dieser Einschätzung konnte Karl Paulin seine Begeisterung für das klassische Theater wohl nicht in Zaum halten, denn in Wahrheit blieben diese Repräsentationsaufführungen zumeist weitgehend auf ideologisch geprägte Festtage beschränkt und bestimmten keinesfalls im Unterschied zu Komödien aller Art das Theatergeschehen auf der Innsbrucker Bühne.

Zwei klassische Lustspiele deutscher Dichterfürsten, Der Schatz von Gotthold Ephraim Lessing und Der zerbrochene Krug von Heinrich von Kleist, wurden zusammen gezeigt. Die Erstaufführung dieser Kombination genialer Bühnendichtung erfolgte am 5. Februar 1941. In den Innsbrucker Nachrichten vom 5. Februar 1941 (Seite 6) ist darüber zu lesen:

„Mit der heutigen Erstaufführung von [Gotthold Ephraim] Lessings Einakter Der Schatz und Heinrich von Kleists Der zerbrochene Krug gestaltet das Landestheater gewissermaßen einen ‚klassischen’ Lustspielabend.

Mit Lessings Lustspiel wird im wahrsten Sinne des Wortes ein Schatz gehoben, denn dieser Einakter ist wirklich ziemlich tief vergraben, denn [!] er gehört zu den kaum bekannten und fast nie aufgeführten Stücken des Dichters.“

Zum heiteren Faschingsprogramm zählte auch die Komödie in drei Akten Die Liebe ist das wichtigste im Leben von Hadrian Maria Netto (1885-1948), die ab 1939 über den Bühnenvertrieb Gustav Kiepenheuer in Berlin verbreitet wurde. Hadrian Maria Netto war ein erfolgreicher Schriftsteller und Schauspieler, der vor allem mit originellen Darstellungen von Nebenrollen subalterner Gestalten wie Dienern oder Sekretären, aber auch „steifen“ Gesandten oder Ministern Popularität erlangte. Seine Routine als Bühnen- und Filmkünstler brachte er in seine Stücke ein, die durchwegs mit Fantasie und Geschick für Dramaturgie sowie Charakterisierung der Figuren ausgezeichnet sind. Die Premiere fand am 10. Jänner 1941 statt (Besprechung von Karl Paulin siehe Innsbrucker Nachrichten vom 13. Jänner 1941, Seite 7).

Das Glück kommt über Nacht, ein „Volksstück“ von Christamara (!) aus dem Jahr 1936, stand im März 1941 auf dem Spielplan (Innsbrucker Nachrichten vom 11. März 1941, Seite 5).

Am 27. März 1941 ging die Premiere des Lustspiels in einem Vorspiel und drei Akten Der Lügner und die Nonne von Curt Goetz, geschrieben 1928, über die Bühne des Tiroler Landestheaters. Karl Paulin bewunderte in den Innsbrucker Nachrichten vom 29. März 1941 (Seite 10) das überragende Können des Autors, Hintergründigkeit und gedanklichen Tiefgang in Form verspielter komödiantischer Effekte leichtfüßig, unaufdringlich und doch nachhaltig dem Publikum nahe zu bringen:

„Das vermag nun kaum ein anderer unserer deutschen Bühnendichter so aus dem Handgelenk, wie Ernst Goetz, dem das Theater nicht nur Gelegenheit zu schauspielerischer Entfaltung – er ist ja ein blendender Darsteller seiner eigenen Stücke –, sondern auch Tummelplatz lockerster Einfälle ist. Seine Einakter und Komödien schöpfen ohne alle Anleihen aus anderen Literaturen aus einer schrankenlosen Phantasie, die am liebsten die Dinge ihres Alltagsgewandes entkleidet, so daß wir sie zu unserem Ergötzen wie neu sehen. So ist es auch in dem Lustspiel Der Lügner und die Nonne, das eine romantische oder pikante Klostergeschichte so darstellt, daß sich Romantik und Pikanterie zu schillernden Seifenblasen verflüchtigen. Die Geschehnisse um Charly, seine Freunde und die junge Nonne, die er aus dem Fluß rettet, sind so flott, aber auch so verwischt skizziert, daß man sie nur sehen, aber nicht erzählen kann […]. Aus solchem Stoff läßt sich Theater spielen! Das zeigte vor allem der Gast vom Stuttgarter Staatstheater Manfred Kömpel-Pilot als Charly, der zugleich die Spielleitung führte. Man könnte sich keinen charmanteren Kavalier denken, dessen Lügen wie von selbst zu konventionellen Selbstverständlichkeiten werden und der nur in diesem Element leben und wirken kann. Mit feinstem Takt umwirbt er die kleine Angela und entzündet sich selbst in den künstlerisch wunderfein getönten Zweigesprächen mit der Nonne […]. Die Nonne Angela der Margareta Castana schien in ihrer mädchenzarten Anmut, über der ein Hauch fraulichen Erblühens lag, einer der Sieben Legenden Gottfried Kellers entstiegen.“

Des 80. Geburtstags des auch von den nationalsozialistischen Kulturrepräsentanten sehr verehrten Tiroler Dramatikers Franz Kranewitter gedachte das Tiroler Landestheater im Februar 1941 mit einer Festvorstellung. Sigfried Färber gibt dazu eine Vorbericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Februar 1941, Seite 6:

„Das Tiroler Landestheater begeht den 80. Geburtstag Franz Kranewitters (geb. 17. Dezember 1860, gest. 4. Jänner 1938 in Nassereith) mit der Aufführung seiner einaktigen Tragödie Totentanz und seiner Komödie Der Honigkrug, die der heiteren Einakterfolge Und morgen hat alles ein an der Gesicht entnommen ist. Durch eine Vorlesung aus der Bekenntnisschrift des Dichters Aus meinem Leben soll Franz Kranewitter gleichsam selbst und unmittelbar zu uns sprechen. So mag dem Theaterabend die Weihe eines persönlichen Gedenkens an den großen Tiroler Dramatiker gegeben sein, eines Gedenkens an den Kämpfer, der gegen Unverstand und Niedrigkeit seine im höchsten Sinne volkstümliche Kunst, wie er sie im Zwang seiner Berufung schuf, echt und unverfälscht und daher groß behauptete.

Das Tiroler Landestheater Innsbruck hat es als seine Aufgabe erachtet, zur Feier des achtzigsten Geburtstages Franz Kranewitters zwei entlegenere Werke des Dichters aufzuführen, z. B. die Dramenfolge Die sieben Todsünden in den vergangenen Sommerspielzeiten noch alljährlich durch die Exl-Bühne in Innsbruck dargeboten oder das Schauspiel Andre Hofer noch im Sommer 1939 durch die Thierseer Bauernspieler vorgestellt wurden. Ein Abend, der im Zeichen eines Dichter-Gedenktages steht, gestattet auch, zwei Werke auf das Programm zu setzen, die, zwei ungleichen Gattungen der dramatischen Kunst angehörend und voneinander grundverschieden, die Vielfalt des Dichters ausweisen können – wenngleich man sich wohl bewußt sein mag, daß für Kranewitter nicht die Komödie, sondern die Tragödie das eigentliche Feld war […].“

Zum Ende der Spielzeit 1940/41 gab das Tiroler Landestheater im Mai ein Gastspiel in Linz. Herbert Caspers berichtet hierüber in den Innsbrucker Nachrichten vom 30. Mai 1941, Seite 6:

„Das theaterfreudige Publikum der Gauhauptstadt Linz a[n der] D[onau] sah mit großem Interesse dem ersten Gastspiel des Tiroler Landestheaters Innsbruck entgegen, das einen Auftakt geben sollte für eine Reihe in Zukunft beabsichtigter Austausch-Gastspiele zwischen den Theatern der Alpengaue.

So war denn auch das Linzer Landestheater fast ausverkauft, als sich am vergangenen Mittwochabend im Jugendtheater des Führers der Vorhang hob zu der Innsbrucker Gastaufführung der Komödie von Kurt Götz Der Lügner und die Nonne. Man sah seine Erwartungen nicht enttäuscht. Unter der Spielleitung von Manfred Kömpel-Pilot (Bühnenbild Hans Siegert) wurde das Werk in einer sehr flüssigen, eleganten Aufführung geboten, die bei dem vollbesetzten Haus von Akt zu Akt steigendes Verständnis und wachsenden Zuspruch fand. Die stärkste Wirkung lag im Schlussakt, in dem die Spielleitung den geschliffenen Dialog und die humorvollen Tendenzen des Verfassers wirkungsvoll zu vermitteln wusste. Hierbei kam auch die Ensembleleistung zu guter Wirkung […].“

Das Landestheater Linz spielte bei seinem Gegenbesuch in Innsbruck am 29. Mai 1941 Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung. In seiner Besprechung des Abends äußert Karl Paulin anfangs grundsätzliche Gedanken über die Idee solcher „Austausch-Gastspiele“:

„Das Kulturleben unserer Alpengaue zeigt, bei aller Eigenart der Landschaft und des Volkstums im einzelnen, eine gemeinsame Linie, die den süddeutschen Raum und seine Menschen verbindet. Gefühl und Empfindung, Tonart und Aufnahmevermögen in den einzelnen Gauen haben etwas Verwandtes, so daß der Austausch kultureller und künstlerischer Werte auf dem Weg durch das gemeinsame Gefühl ein stärkeres und tieferes Verständnis weckt als Leistungen aus anderen Gebieten. Daher ist die Idee eines Austausches schauspielerischer Darbietungen zwischen den alpenländischen Gauen besonders begrüßenswert, liegen doch die Ziele des künstlerischen Willens ebenso wie die Aufnahmefähigkeit des Publikums in ähnlicher Richtung“ (Innsbrucker Nachrichten vom 31. Mai 1941, Seite 6).

Da die Exl-Bühne unter der neuen Leitung von Ilse Exl für die Sommersaison im Tiroler Landestheater nicht mehr zur Verfügung stand, bot die Intendanz für die einmonatige Sommerspielzeit vom 29. Juli bis 31. August 1941 ein eigenes Programm an. Eröffnet wurde die Spielfolge mit der Operette Drei Wochen Sonne des oberösterreichischen Kapellmeisters und Komponisten August Pepöck (1887-1967), dessen populäre Werke schon wiederholt in Innsbruck zu hören waren. Karl Senns Schilderung dieser Premiere in den Innsbrucker Nachrichten vom 31. Juli 1941 (Seite 5) gibt die zur Ferienzeit passende Atmosphäre der Aufführung wieder:

„August Pepöck, der erfolgreiche Operettenkomponist aus Oberdonau, eröffnete am Dienstag, den 29. Juli, mit seiner heiteren Sommeroperette Drei Wochen Sonne die diesjährige Sommerspielzeit.

Die Verfasser des Textes, Sigmund Graff und Bruno Hardt-Warden, haben damit viel Launiges und – dem Wesen der Operette entsprechend – auch Sentimentales auf die Bühne gestellt, wenn man auch hin und wieder einiges Ungereimte in Kauf nehmen muß. Vom Inhalt sei nur soviel verraten, daß es sich um einen verwechselten Filmstar handelt, der mit seiner Sekretärin, ebenso wie zwei lustige Berliner Mädel Erholung im Hotel Stella di Mare sucht. Die Operette ist übrigens bereits mit Erfolg über 70 deutsche Bühnen gegangen.

Pepöck ist bekannt als Erfinder zügiger, volkstümlicher Melodien, die er auch diesmal in reichem Maße in seine schillernde und gleißende Partitur eingeflochten hat. Am schönsten und eingänglichsten ist wohl das Lied Die kleine Osteria; überflüssig zu sagen, daß der Komponist mit allen Schikanen neuzeitlicher Instrumentierungskunst seine reich fließenden Melodien verbrämt und verzuckert hat. Eine glänzende Aufführung tat das ihre, um dem Werke zu einem vielversprechenden Erfolg zu verhelfen.“

Auf diese illustre Premiere folgte am 31. Juli 1941 mit Verdis La Traviata die erste Opernvorstellung. Karl Senn meint dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 2. August 1941, Seite 7:

„Als erste Opernvorstellung der Sommerspielzeit unseres Landestheaters kam am Donnerstag Verdis Traviata heraus. Es war eine schön gerundete, sorgfältig vorbereitete Vorstellung, die, abgesehen von einer kleinen Entgleisung im zweiten Akt, tadellos ablief. Mehrere Neubesetzungen kamen dem Werk sehr zugute […]. Opernkapellmeister Hans-Georg Ratjen dirigierte hier zum ersten Mal die Traviata, voll Energie und Feuer, beschwingt in seinen auf großen Zug angelegten Zeitmaßen […]. Virginia Mott sang zum Abschied von Innsbruck vor ihrem Abgang an das Linzer Theater noch einmal die Violetta, wieder mit dem ganzen Zauber ihrer Stimme und ihrer Persönlichkeit und zeigte damit, was wir an dieser Künstlerin verlieren. Zahlreiche Hervorrufe und eine Menge Blumengebinde gaben ihr Beweise ihrer großen Beliebtheit, der sie sich während ihres zweijährigen Wirkens in Innsbruck erfreute.“

Für die am 2. August folgende Aufführung der Traviata wurde für die Rolle der Violetta mit Kammersängerin Anny von „Kruyswik“ (Kruyswijk) ein attraktiver Gast von der Münchner Staatsoper engagiert. Karl Senn charakterisiert in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. August 1941 (Seite 5) den Innsbrucker Auftritt der Sängerin wie folgt: „[…] Sie verfügt über eine zierliche, leicht bewegliche, locker sitzende Stimme von großer Höhe, die technisch fein durchgebildet ist. So wußte sie die Partie künstlerisch vornehm, vor allem musikalisch interessant zu gestalten. Darstellerisch stellte sie die Violetta sehr energisch auf die Bühne und hatte dank ihrer großen Bühnenerscheinung immer die Fäden des dramatischen Geschehens in der Hand. So war sie namentlich im zweiten Aufzug in der Szene mit dem Vater und dann mit ihrem Freund von einer ungewöhnlichen Impulsivität und offenbarte eine außerordentliche Darstellungsbegabung. Ergreifend, ohne die Sentimentalität zu überspannen, gestaltete sie mit ihrem Partner Ernst Schwarz überzeugend und tief empfunden auch die Schlußszene der Oper am Sterbebett und war den Ensembles eine gute, leitende Stütze.“

Kammersängerin Anny von Kruyswijk sang auch die tragenden Rollen der weiteren Opernaufführungen bei Martha von Friedrich von Flotow und Die lustigen Weiber von Windsor von Otto Nicolai.

Als repräsentative Operettenproduktion kam Franz Lehárs Der Graf von Luxemburg am 12. August 1941 zur Aufführung. Karl Senn, der die Sommersaison als Musikkritiker prägte und dessen Besprechungen durchwegs mit sprachlicher Eleganz, überlegenem Fachwissen, großem Einfühlungsvermögen und ehrlichem Bemühen nach Aufrichtigkeit der Berichterstattung überzeugen, meint zu dieser Galavorstellung in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. August 1941, Seite 6:

„In der Neuaufführung von Franz Lehars Der Graf von Luxemburg am Dienstag, den 12. d[ieses] M[onats August 1941], sang Kammersänger Hans Heinz Bollmann die Titelpartie. Seine unvergleichliche Darstellungskunst, die alles, auch das Unwahrscheinliche, glaubhaft machen kann und sich so selbstsicher gibt, schöpft immer aus dem Vollen und stellt Figuren auf die Bühne, die Leben haben und keine Schemen sind. Im Gesanglichen hat Kammersänger Bollmann die Partie bewußt auf bestimmte Höhepunkte hin ausgearbeitet. Er weiß, was Wirkung ist, und wie er die Zuhörer in seinen Bann ziehen kann.

Daß ihm Hansi Koller eine gleichgestimmte Partnerin war, zeugt für ihre Begabung sowohl im Gesanglichen wie in der Darstellung.

Neu war Adrienne Pokorny als Juliette Vermont, der diese Partie ausgezeichnet lag, und die sie mit viel Scharm brachte. Einen drastischen Fürsten Basil Basilowitsch wußte Richard Nagy zu geben; er benützte die Gelegenheit, durch wirkungsvolle Komik die Zuhörer heiter zu stimmen. Die übrigen Rollen waren wie in der Winterspielzeit besetzt. Kapellmeister Hans Moltkau war ein sicherer Führer durch die klangvolle Partitur.“

Das aktuelle zeitgenössische Sprechtheater war mit dem Schauspiel Der Reiter von Heinrich Zerkaulen vertreten. Karl Paulin charakterisiert das Stück nach seinem Besuch der Erstaufführung am 1. August 1941 in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. August (Seite 5) wie folgt:

„Diesmal hebt Zerkaulen einen Abschnitt aus einem der düstersten Kapitel deutscher Geschichte, dem Hexenwahn, um an ihm seine Gedanken und Ideen von wahrer Menschlichkeit, von Wahrheit, Recht, Gesetz, Verantwortung und Entscheidung zu erproben. Daß da ein glühender Idealist, ein tieffühlender Künstler, sich mit einer oft lyrisch, ja hymnisch aufklingenden Sprachgewalt in die deutsche Vergangenheit versenkt und mit seinen Problemen ringt, spüren wir schon aus den ersten Szenen. Der weitere Verlauf des Stückes hinterläßt aber den Eindruck, daß Gedanke und Idee in diesem Dichter stärker sind als die dramatische Kraft, der es gelingen muß, die Einheit zwischen Idee und Leben, zwischen dem Theatralischen und dem Dramatischen sinnfällig darzustellen.“

Als letzte Premiere der Sommerspielzeit ging der Schwank in drei Akten Der Meisterboxer von Otto Schwartz und Carl Mathern über die Bühne. Karl Paulin schildert die ausgelassene Stimmung bei dieser Aufführung in den Innsbrucker Nachrichten vom 29. August 1941, Seite 4:

„Mit dem Sport hat dieser Meisterboxer wohl nur das eine gemeinsam, daß auch er eine bestimmte Gattung der Muskeln, die Lachmuskeln, in Bewegung setzt. Das besorgt er aber so gründlich, daß der Zweck dieses harmlosen Schwankes, um den sich zwei Autoren bemüht haben, noch immer erreicht wird: zwei lustige unbeschwerte Stunden. Solche und ähnliche leichte Bühnenware dient ja hauptsächlich dazu, die Spiellust und -laune des Personals anzuregen […]. Daher wurde diese letzte lustige Neuinszenierung der ersten Sommerspielzeit unseres Landestheaters viel belacht und mit dankbarem Beifall bedacht.“

Wahrscheinlich in Reverenz und Reminiszenz an das erfolgreiche Wirken der Exl-Bühne in Innsbruck nahm die Intendanz Ludwig Anzengrubers Komödie Der G’wissenswurm in das Programm (Innsbrucker Nachrichten vom 19. August 1941, Seite 5).

Resümierend wird der Verlauf der Sommerspielzeit in den Innsbrucker Nachrichten vom 29. August 1941 (Seite 4) „rückblickend als sehr erfolgreich“ bewertet. Acht verschiedene Werke, darunter drei Reprisen aus der vergangenen Winterspielzeit und fünf Erstaufführungen bzw. Neuinszenierungen wurden in insgesamt dreißig Aufführungen dargeboten. Als letzte Vorstellungen folgten die Reprisen der Operette Drei Wochen Sonne von Pepöck am 30. August und der Oper Martha von Flotow am 31. August.

Die neue Spielzeit 1941/42 wurde am 5. September 1941 mit Goethes Trauerspiel Egmont und Ludwig van Beethovens Musik dazu, dann am 6. September mit der „Operette aus Alt-Innsbruck Liebe in der Lerchengasse“ von Arno Vetterling (1903-1963, Uraufführung Magdeburg 1936) eröffnet (Innsbrucker Nachrichten vom 29. August 1941, Seite 4).

Als erste Opernpremiere wurde Puccinis Madame Butterfly geboten, am 28. September 1941. Adolf Hitler schätzte diese Oper als „das einzige Meisterwerk seit Wagner“ (Zitat nach Andrea Hoffend, „Die musikpolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien 1933 bis 1943“, in: Musikforschung, Faschismus, Nationalsozialismus. Referate der Tagung Schloss Engers, Mainz 2001, Seite 161; dort ist auch die Problematik der Aufführung dieser Oper an deutschen Theatern thematisiert angesichts des Bündnisses Deutschlands mit Japan).

Als Reprise folgte in Innsbruck Flotows Martha mit einer letztmaligen Aufführung am 27. Oktober 1941.

Am 2. November gedachte man des 150. Todestages von Wolfgang Amadé Mozart mit einer Festaufführung seiner Oper Die Hochzeit des Figaro. Nach der Besprechung von Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. November 1941 (Seite 5) hatte diese Premiere „eine sorgsame Vorbereitung erfahren. Der musikalische Leiter, Musikdirektor Fritz Weidlich, und der Spielleiter Sigfrid Färber hatten sich zusammengefunden, das Werk in echt Mozartschem Geist in Musik wie in Darstellung herauszubringen […]. Das Orchester spielte ausgezeichnet, so daß ein wirkliches Gesamtkunstwerk nachgeschaffen wurde […]. Das ausverkaufte Haus zollte der festlichen Veranstaltung reichen Beifall.“

Am 4. Dezember 1941, dem Vorabend von Mozarts 150. Todestag, fand eine weitere Aufführung des Figaro statt unter der Leitung von Kapellmeister Hajo Hinrichs. Den Pagen Cherubin sang Gerda Sommerschuh von der Staatsoper München als Gast: „Sie ist eine gewandte Schauspielerin, lebendig in der Darstellung, sieht entzückend aus und singt mit viel Charm[e], so daß man an ihrem Cherubin viel Freude haben konnte“ (Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Dezember 1941, Seite 6).

Anlässlich der Erstaufführung der Ariadne auf Naxos von Richard Strauss am 25. Dezember 1941 verfasste Karl Senn für seinen Lieblingskomponisten eine ausführliche historische Einführung zu dieser Meisteroper (siehe Innsbrucker Nachrichten vom 23. Dezember 1941, Seite 5).

Die Erfolgsoperette der neuen Saison war mit zahlreichen Aufführungen Liebe in der Lerchengasse, die „Alt-Innsbrucker Operette“ von Arno Vetterling (Libretto: Hermann Hermecke). Im November hatte Walter Kollos Operette Frauen haben das gern ihre erfolgreiche Premiere. Karl Senn kommentierte die Vorstellung in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. November 1951, Seite 5:

„Die dreiaktige Schwankoperette von Walter Kollo Frauen haben das gern, die im Landestheater zur Erstaufführung kam, läßt schon aus ihrem Titel schließen, daß man an sie keine höheren literarischen oder musikalischen Ansprüche stellen darf. Wohl aber bietet sie dem unbefangenen Zuhörer sehr viel Unterhaltendes; es war für viel Heiterkeit gesorgt und es wurde dementsprechend viel und herzlich gelacht; auch an den zahlreichen schönen Tänzen konnte man seine Freude haben […]. Die Musik Walter Kollos, die aus dem kleinen Jazzorchester sehr viel herausholen läßt, ist melodisch ansprechend, wenn auch nicht immer originell, lebt aber hauptsächlich vom Rhythmus. Wilhelm-Christian Graef, der die musikalische Leitung hatte, holte mit der nötigen Energie alles Wichtige heraus.

Für die hübschen, sehr beschwingten, abwechslungsreichen Tänze zeichnete Ballettmeister Helmut Egger. Das Bühnenbild hatte erstmals Marilene Rößl, Assistentin und Schülerin Hans Siegerts, mit schönem Erfolg geschaffen. Für prächtige Beleuchtung hatte Erich Stelzer gesorgt. Das ausverkaufte Haus zollte der gelungenen Aufführung, die noch viele Wiederholungen erfahren dürfte, viel Beifall.“

Als Operette zur Weihnachtszeit wurde Glückliche Reise von Eduard Künneke gegeben. Karl Senn schildert seine Eindrücke von der Premiere am 17. Dezember 1941 in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Dezember 1941, Seite 5:

„[…] Die Musik Künneckes [!] ist Operettenmusik im besten Sine, melodisch einfallsreich, rhythmisch schlagkräftig und zündend, dabei mitreißend und all die verschiedenen Stimmungen ausgezeichnet treffend. Kapellmeister Hans Moltkau hatte reiche Gelegenheit, die nicht leichte, aber dankbare Aufgabe temperamentvoll zu gestalten und mit dem in allen Farben moderner Instrumentation schillernden Orchester alle Schönheiten herauszuholen. Als Spielleiter waltete Richard Nagy mit großem Geschick, viel Phantasie und überlegenem Können […]. Die Zuhörer des ausverkauften Hauses sparten nicht mit lebhaftem Beifall.“

Als Neuproduktion kam im Oktober das Lustspiel X für ein U von Hans Gustl Kernmayr (1900-1977), eines im Kulturbereich exponiert engagierten Nationalsozialisten zur Aufführung. Weitere, den Geist der Zeit repräsentierende Schauspiele betrafen Herr Varnhusen liquidiert von Hanns Gobsch (1893-1957) und Melusine von Richard Billinger (1890-1965).

Der Dichter Hanns Gobsch und sein 1934 publiziertes Werk Herr Varnhusen liquidiert sind in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Oktober 1941, Seite 4, folgendermaßen charakterisiert:

„Hanns Gobsch steht in der Reihe der hervorragendsten deutschen Dramatiker der Gegenwart, dessen Werke sich alle Bühnen erobert haben. Wie seinen historischen Dramen, von denen Thron zwischen Erdteilen vor einigen Jahren in Innsbruck zur Aufführung kam, ist auch dem modernen Schauspiel Herr Varnhusen liquidiert dichterische Kraft und packende theatralische Wirkung eigen.“

Melusine von Richard Billinger hatte am 18. November 1941 in Innsbruck Premiere. In den Innsbrucker Nachrichten vom 17. November 1941, Seite 4, ist darüber zu lesen: „[…] Dieses Werk wurde erst im Oktober in Leipzig uraufgeführt und anschließend vom Bayerischen Staatsschauspiel herausgebracht. Die Wurzeln des dichterischen Schaffen Richard Billingers sind Naturrhythmus und Naturdämonie. Die Schicksale seiner Gestalten verpflichten sich mit dämonischen Kräften. Immer sind auch bäuerliche, noch erd- und naturverbundene Menschen Hauptgestalten seiner Schauspiele […]. Auch in seinem neuesten Werk Melusine steht ein bäuerlicher Mensch, ein Fischer am Attersee, im Mittelpunkt der Handlung und wird das Fischweib Melusine, das vergessen und verkannt nur noch auf einem alten Hausschild aufgemalt ist, zum unsichtbar wirkenden Zauberwesen.“

Karl Paulin charakterisiert Gehalt und Stil dieses Stücks am Beginn seiner ausführlichen Besprechung der Erstaufführung vom 18. November 1941 in den Innsbrucker Nachrichten vom 20. November 1941, Seite 5:

„Das Naturhafte als bewegendes dramatisches Element ist und bleibt für Richard Billinger kennzeichnend, nur wandelt es sich in der Entwicklung dieses alpenländischen Dichters vom Rauhen und Rohen der ersten, triebhaften Stücke zu dämonischer Urkraft und zum Symbol, das Menschen und Geschehnisse schicksalbildend überschattet. Ist im Gigant, den wir zu Beginn dieses Jahres an unserem Landestheater erlebten, das Elementare in das Moor und seine geheimnisvolle Anziehung gebannt, so wirkt in Billingers jüngstem Schauspiel Melusine der See als belebende und erregende Naturkraft; das eigentlich Symbolische ist nur im Titel und in einem immer wieder kurz aufleuchtenden alten Hausschild mit dem Bild Melusinens angedeutet […]. Wenn ein Stück geeignet ist, die besten Kräfte künstlerischer Spielleitung zu entfesseln, so dieses Schauspiel, dessen Stimmung und Ton nur aus nachschöpferischer Einfühlung zu treffen ist. Siegfried Süßenguth hat diesen Ton in der Erstaufführung der Melusine mit außerordentlichem Feingefühl getroffen, unterstützt von unserem bewährten Hans Siegert, dessen meisterhafte Szenenbilder, besonders die tragisch umwitterte Badehütte am See, der Dichtung erst den rechten Resonanzboden gaben […].“

Dieser Premiere war am 4. November 1941 das Lustspiel Das Strohkehren von Otto C. A. zur Nedden vorangegangen. In den Innsbrucker Nachrichten ist der Inhalt dieser ausgelassenen dörflichen Komödie skizziert:

„Um die ländliche Schöne eines Balkandorfes kreist das turbulente Liebesspiel mehrerer Verehrer, das der Gerichtsrat Babinsky schlichten soll. Valeska, von den Dorfburschen eifrig umworben, hat über den Sommer mit dem städtischen Arzt Dr. Bisowicz geflirtet und muß sich nun von ihrem eifersüchtigen Liebhaber, dem Bauernknecht Peter Jilicz ‚das Strohkehren’, eine Art Haberfeldtreiben, gefallen lassen, eine bäuerliche Sitte, die den Mädchen in derber Weise handgreiflich macht, daß die Einheimischen keinen Fremden in ihrem Liebesgehege dulden.“

Nach den Worten von Karl Paulin gestaltete sich das Spiel „unter der temperamentvollen Spielleitung Oskar Kugelmanns zu einem schauspielerischen Erlebnis, wie es die Bühne in solch vollsaftiger Fülle nicht oft bietet. Grobe und feine Töne, alle Arten von darstellendem Humor waren vom Spielleiter so geschickt gemischt und auf die einzelnen Darsteller verteilt, daß das vollendete Zusammenspiel schon im ersten Akt seinen Höhepunkt erreichte.“

Für Parteifestlichkeiten bildete das Tiroler Landestheater wiederholt den repräsentativen Rahmen. Ein Beispiel dafür ist die Gedenkzeremonie am 9. November 1941 in Erinnerung an den Münchner Putsch der Nationalsozialisten im Jahr 1923, die alljährlich aufwändig zelebriert wurde. Eingangs spielte das Orchester des Tiroler Landestheaters unter dem Intendanten Max Alexander Pflugmacher „festliche Weisen“ aus der dritten Symphonie (Eroica) von Ludwig van Beethoven, vermutlich den imposanten Trauermarsch. Über die weitere Inszenierung, bei der die „Blutsordenträger, Politischen Leiter und Führer der Parteigliederungen und angeschlossenen Verbände“ und an der Spitze der elitären Parteiprominenz der Gauleiter mit seinem Stab, ferner „zahlreiche andere führende Persönlichkeiten aus Partei, Wehrmacht, Staat und Gauhauptstadt“ anwesend waren, berichten die Innsbrucker Nachrichten vom 10. November 1941, Seite 7:

„Als nach der musikalischen Einleitung sich der Vorhang teilte, löste sich aus dem Dunkel der Bühne ein Bild von eindrucksvoller Leuchtkraft: Zu beiden Seiten der Bühne haben Gruppen von Pimpfen und Jungmädel Aufstellung genommen. Im Hintergrund erinnerte die lodernde Opferschale, flankiert von Fahnen der Bewegung, als symbolisches Zeichen an den Opfertod der gefallenen Helden. Nach feierlichen, vom Orchester untermalten Chören erinnerten Gestalten aus Josef Wenters Michel Gaismair und Karl Leberecht Immermanns Andreas Hofer, Freiherrn von Münchhausens Das Ende und Kurt Eggers Kamerad an die Befreiungskämpfe der Tiroler Bauern in den Jahren 1525 und 1809 und an den Kampf Deutschlands in den Jahren 1914 bis 1918 und im gegenwärtigen Ringen […].“ Auf die Rede des Gauleiters folgten der Treuegruß an den Führer und die beiden „Lieder der Nation“.

An diesen Festakt schloss sich eine Kurzfassung des Prinz Friedrich von Homburg von Heinrich von Kleist an. Den weihevollen Ausklang bildete Franz Liszts symphonische Dichtung Les Préludes. Das fanfarenartige Hauptthema aus diesem Werk stimmte Rundfunkhörer und Kinobesucher bei der Wochenschau auf die Kriegsberichte der Wehrmacht ein und hatte angesichts des Russland-Feldzuges auch bei der Innsbrucker Feier assoziativ-suggestive Wirkung.

„Morgenfeiern“ (Matineen) waren im Tiroler Landestheater Franz Schubert und Wolfgang Amadé Mozart gewidmet. Für die „Franz-Schubert-Morgenfeier“ am 9. März 1941 wurde mit Kammersänger Gerhard Hüsch von der Berliner Staatsoper ein schon vielfach gefeierter Liedsänger eingeladen. In der Vorschau zu dieser Veranstaltung in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. März 1941 (Seite 8) wird der Sänger „als ein allererster Künstler“ vorgestellt, „dessen warmer Bariton von ausgesprochener Eigenart ist. Kammersänger Hüsch vollendet eben eine Konzertreise, die ihn nach Norddeutschland, Schweden und Finnland geführt hatte, wo er überall große Erfolge zu verzeichnen hatte“. Albert Riester teilt in seiner ersten Konzertkritik in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. März 1941, Seite 7 seine Eindrücke mit:

„Prof. Gerhard Hüsch zog uns wieder in den Bann seines überwältigenden Könnens. Wer am Liedgut Schuberts so besticht wie Hüsch, kann zu den ganz großen Gestaltern des Liedes gezählt werden […]. Der rauschende Beifall brachte den Dank der Zuhörer für Professor Hüsch zu lebhaftem Ausdruck und war gleichzeitig eine Huldigung für den Meister des Kunstliedes, Franz Schubert […]. Nicht vergessen dürfen wir die meisterhafte Begleitung Hanns Udo Müllers, der mit Vornehmheit und vorbildlicher Anpassung an Werk und Sänger am Flügel tätig war […].“

Die dem Gedenken an den 150. Todestag Mozarts gewidmete Matinee war eine Tanzveranstaltung. Karl Senn informiert über die außergewöhnliche und originelle Performance in den Innsbrucker Nachrichten vom 2. Dezember 1941, Seite 4:

„Senta Maria, die Münchner Tänzerin und Festspielregisseurin, war von der Intendanz des Tiroler Landestheaters eingeladen worden, am Sonntag, den 30. November, Mozart-Tanzspiele zur Feier des 150. Todestages des Meisters zu veranstalten. Senta Maria und ihre Mitwirkenden: Rose-Marie Bachofen, Senta Bruckbauer und Erna Wabersky zeigten erlesene Tanzkunst edelster Gestaltung in einem ebenso erlesen zusammengestellten Programm. Der gefoppte Schäfer, nach ländlerischen Tänzen und Kontratänzen für Streichquartett, gefaßt von August Schmid-Linder, war eine allerliebste Schäferszene im Geiste des Rokoko, voll Grazie und unbeschwerter Heiterkeit. Das verrückte Tischel, ein köstliches Mozartscher Laune entsprungenes Stegreifspiel, in dem Mozart selbst in Wien die Rolle des Harlekins gespielt hatte. Von der Musik war nur mehr die erste Geigenstimme erhalten geblieben, aus der heraus Schmid-Lindner mit großem Stilgefühl die instrumentale Fassung ergänzte. Als letztes Stück kam die tänzerische Ausdeutung der Kleinen Nachtmusik, ein zartes, idyllisches Spiel zweier Tanzpaare, mit ausdrucksvoller Mimik dargestellt […].“

Auch im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung war das Tiroler Landestheater eingesetzt. So veranstalteten Mitglieder des Hauses im Mai 1941 in Landeck für Wehrmachtsangehörige einen „Bunten Abend“ unter dem Motto „Streifzüge durch deutsche Operetten“. Als Mitwirkende nennen die Innsbrucker Nachrichten vom 28. Mai 1941 (Seite 5) Margot Koechlin, Adrienne Pokorny, Ottomar Mair, Poldy Harlanns, Egid Toriff sowie die Ballettgruppe unter der „Führung“ von Gretl von Hainburg.

Ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm „Frohe Stunden am Nachmittag“ boten Mitglieder des Tiroler Landestheater im November 1941 für Angehörige der Soldaten. Heinz Cornel Pfeifers Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. November 1941 (Seite 4) gibt einen guten Einblick über das Konzept solcher Darbietungen, die durch ihren heiter-beschwingten Charakter zumindest kurzzeitig die Alltagssorgen und Ängste vergessen machen sollten:

„Zwei bunte Stunden, in denen sich die ernste und die heitere Muse die Hand reichten, vereinigten im Café München die Mütter, Frauen und Bräute unserer Krieger zur ersten Veranstaltung Frohe Stunden am Nachmittag, die ein voller Erfolg war und sowohl den Künstlern des Tiroler Landestheaters als auch der bekannten Kapelle Willy Walter reichen Beifall und Anerkennung brachte. Der Gedanke, auch in ernster Zeit einmal der heiteren Muse zu huldigen, Stimmung, Humor und Fröhlichkeit das glitzernde Szepter führen zu lassen, hat sich als richtig bewährt, denn genug bringt der Alltag an Sorge und Mühsal, Ernst und Besinnung, und so wurde denn diese Auflockerung mit breiterem Herzen allseits willkommen geheißen.

Einleitend hielt der bekannte Humorist Karl Prisner eine lustige Ansprache, in der er sich an die Meckerer wandte, aber auch die mancherlei kleinen Einschränkungen, die der Krieg eben nun einmal mit sich bringt, verulkte, ihnen spitzfindig recht anziehende Seiten abgewann und so mit dem lachenden Publikum sofort Kontakt herstellte. Das verstärkte Orchester der Kapelle Willy Walter setzte sodann mit den feierlichen Klängen zur Tell-Ouvertüre ein, worauf Carl Theodor Langen vom Tiroler Landestheater in lustigen Knittelversen die Ansage übernahm. Freudig begrüßt, sang Erna Twele mit ihrem glockenklaren Sopran aus Toska [!], der Lustigen Witwe und der Fledermaus und vereinigte sich später im Duett mit unserem strahlenden Tenor Erhart Großer zu Liedern aus Liebe in der Lerchengasse, Zigeunerbaron und Paganini. Mit rauschendem Beifall erzwangen die begeisterten Besucher manche Zugaben, die auch gerne gewährt wurden. Carl Theodor Langen stellte sich auch noch mit einem ebenso köstlichen wie boshaften Couplet Bücher und Frauen ein, womit er wieder einmal die Lacher auf seiner Seite hatte. Der Solocellist des Tiroler Landestheaters Böcke brachte Schumanns Träumerei zum Vortrag und holte damit so wie Kapellmeister Willy Walter mit seinem Geigensolo Solveygs Lied stürmischen Sonderbeifall.

Aber auch die Leitung der beliebten Gaststätte tat ihr Möglichstes, den Angehörigen unserer tapferen Soldaten trotz der kriegsbedingten Einschränkungen den Nachmittag so angenehm wie möglich zu machen, und so war es denn kein Wunder, daß alle in bester Stimmung und mit lebhaftem Bedauern den Schlußmarsch vernahmen, der diesen wohlgelungenen Nachmittag allzu früh beendete. Besonders hervorgehoben sei aber auch noch, daß die Besucher während der einzelnen Darbietungen eine vorbildliche Ruhe und Aufmerksamkeit an den Tag legten, was die Künstler dankbar und besonders anerkennend vermerkten. Es ist daher wohl anzunehmen, daß die ‚Frohen Stunden am Nachmittag’, die am 26. November dortselbst mit geändertem Programm wiederholt werden, wiederum Künstler und Publikum in fröhlicher Harmonie vereinen werden.“

Bereits Anfang Jänner 1941 war der Tanzstar und Inbegriff innovativer moderner Tanzkultur deutscher Prägung, Harald Kreutzberg (1902-1968), in Innsbruck zu Gast gewesen. Über den begeisternden Abend im Tiroler Landestheater schreibt Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Jänner 1941, Seite 7:

„[…] Was Harald Kreutzberg am Montag zeigte, war die Ausdeutung abwechslungsreicher Stimmungen und Gestalten nach den Musiken verschiedener Meister: Spanisches Fest von Granados, Lieder von Brahms und Schumann, Ungarische Tänze von Brahms, Königstanz von Reger, Vagabundenlied von Smetana, Orpheus’ Klage um Eurydice von Wilckens. Unerhört wirksam durch die plastische Eindringlichkeit, Erhabenheit und Größe des Ausdrucks war der Engel des letzten Gerichtes. Nach dem Beifall des Hauses zu schließen, gefiel am besten die Groteske Pan […] dann das [!] ganz reizvolle Pastorale Der verliebte Gärtner nach Mozart und am Schluß die feine Tanznovelle Der Barbier von Sevilla von Rossini, die auch viele Verwandlungsmöglichkeiten in sich schloß: Figaro als Liebhaber, als Barbierter, als Geliebter, als bombastischer Alter usw.

Kreutzbergs ständiger Begleiter am Flügel, Friedrich Wilckens, ist ein trefflicher Pianist, der mit seinem Meister bis auf die kleinste Gebärde eingespielt ist […]. Auf Grund des außerordentlichen Erfolges hat Harald Kreutzberg ein weiteres Gastspiel in Innsbruck für den Monat März zugesagt.“

Diese Zusage wurde aber erst im November 1941 eingelöst. Dr. Rainer von Hardt-Strehmayrs Kritik erschien in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. November 1941, Seite 5:

„Wenn Harald Kreutzberg, ein Begriff für die gesamte europäische Kulturwelt, seine Tänze und Gestalten zeigt, dann ist der Erfolg bereits im vorhinein gesichert. Es war also auch diesmal bei seinem Innsbrucker Gastspiel das Landestheater ausverkauft.

Kreutzberg hat in Friedrich Wilckens nicht nur seinen ständigen musikalischen Begleiter am Flügel, sondern auch sozusagen ‚seinen’ Komponisten, der ihm die Musik auf den Leib schreibt, die der Tänzer seinerseits als Rhythmik erlebt und wiedergibt. So gesehen sind Kreutzbergs-Wilckens’ Choral, Landsknecht, Heimkehr und Der Hochzeiter wohl die durchdachtesten Tänze und Gestalten; Der Hochzeiter, übrigens der Schlußpunkt des Programms, als einzige Interpretation der bisherigen Aufzählung heiter-übermütiger Natur und daher – Beweis für die Einstellung des Publikums, das Entspannung und Unterhaltung sucht – ebenso zu wiederholen gewesen, wie das Spanische Straßenlied (Albeniz), Der verliebte Gärtner (Mozart) – als Schlußstück des ersten Teiles wohl überhaupt der Höhepunkt des Abends – und Mit einem Buch (Schubert). Li-Tai-Pe (Mozart), die Versinnbildlichung eines verzückt-bezechten Chinesen, die Böhmischen Tänze (Dvorak) und ein Notturno (Granados) zeigten, wie alle anderen Tanzvorführungen auch, das vielseitige Können, Ausdruck und Darstellungskraft, innere Freude an Parodierung, an Akrobatik grenzende Beweglichkeit, Exaktheit selbst in jeder kleinsten Andeutung und die erstaunliche Tatsache, daß Kreutzberg sich nie wiederholt. Die eindrucksvollste Leistung des Abends stellt wohl der Phantastische Walzer (Chopin) dar, bei dem Kreutzberg eine E. T. A. Hofmannsche Spuk-Gestalt vom Mann, der sein Gesicht verliert, auf die Bühne stellt.“

Zum Abschluss des Ausbildungsjahres veranstaltete die Tanzschule Fini Pointner auch 1941 Ende Mai im Tiroler Landestheater einen Tanzabend, um öffentlich zu demonstrieren, was die Schülerinnen der nach Alter gestaffelten Ausbildungsklassen dazugelernt hatten (Innsbrucker Nachrichten vom 29. Mai 1941, Seite 4).

Das Puppenspiel kam mit einer Darbietung von Kasperl ruft im Mai 1941 ebenso zum Zug wie ein Märchenspiel mit Musik und Tanz Muzl, der gestiefelte Kater frei nach Franz Graf Pocci von Sigfried Färber zur Weihnachtszeit (Innsbrucker Nachrichten vom 10. Mai 1941, Seite 9 und 16. Dezember 1941, Seite 5).


Gaubühnen Tirol-Vorarlberg

Über die Organisation und geplante Projekte der Gaubühnen informiert ein Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. Jänner 1941, Seite 3:

„Gegen Ende des vergangenen Jahres hat, wie gemeldet, eine Spielschar unserer Gaubühne eine Gastspielreise zu unseren Soldaten im Westen angetreten, nachdem gleichfalls von unseren Gaubühnen den Soldaten in Nordnorwegen bodenverwachsene Schauspielkunst gezeigt worden war. Dem Intendanten des Tiroler Landestheaters unterstehen bekanntlich die Gaubühnen Tirol-Vorarlberg mit drei Spielscharen, die als Gaubühnen I, II, und III bezeichnet werden.

Trotzdem aus den Gaubühnen II und III die Spielschar für die Gastspielreisen nach dem Westen zusammengestellt worden war, ist es durch Neueinstellung begabter schauspielerischer Kräfte gelungen, auch weiterhin drei Gaubühnen mit voller Besetzung aufrechtzuerhalten. Dies wirkt sich nun in der Form aus, daß mit dem gestrigen Tage wiederum zwei Gaubühnen auf Fahrt durch unseren Gau gehen konnten, und zwar die eine von der Gauhauptstadt ostwärts bis Kufstein, die andere von Innsbruck westwärts bis Bregenz, während eine dritte Spielschar – es handelt sich um die Gaubühne III – nach wie vor in Innsbruck an der Breinößlbühne ihre Vorstellungen gibt.

Der Spielplan der auf Fahrt durch unser Gaugebiet gegangenen Gaubühne I und II wurde mit ausgesprochen heimatverbundenen Stücken ausgestattet. Die Gaubühne I geht mit dem Volksstück Heimg’funden [„Weihnachtskomödie“, Uraufführung Wien 1885] von Ludwig Anzengruber (nach einer neuen Bearbeitung des Dramaturgen R. Eckert vom Tiroler Landestheater) auf Spielfahrt, die Gaubühne II mit dem Einakter Der Med aus dem Zyklus Die sieben Todsünden von Franz Kranewitter und Der dürre Baum von Dr. Rudolf Brix insoferne eine wichtige Neuerungenschaft unserer Gaubühnen, als die Stücke von Dr. Brix bisher nahezu ausschließlich auf der Exlbühne aufgeführt wurden.

Durch die Fahrten von zwei Spielscharen unserer Gaubühnen durch das ganze Gaugebiet wird es möglich, daß auch in diesem Kriegsjahr jeder wichtige Ort des Gaues Tirol-Vorarlberg mindestens einmal im Monat vollendete Aufführungen guter Heimatstücke erleben kann.“

Das Wirken der Gaubühnen auf dem Land war natürlich mit unterschiedlichsten Rahmenbedingungen verbunden, die eine Theateraufführung aus vielerlei Gründen oft zu einem Abenteuer werden ließ. Heinz Cornel Pfeifer schildert in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. Mai 1941 (Seite 5) treffend die vielfach erschwerenden Umstände, unter denen solche Vorstellungen zustande kommen mussten, aber auch das ungewöhnliche Ambiente und die spezielle Atmosphäre dieser Darbietungen:

„Es sei gleich vorweg genommen, daß es zwischen den Aufführungen am Tiroler Landestheater und solchen der Gaubühne naturgemäß große Unterschiede geben muß und sich diese in keiner Weise vergleichen lassen. Diese Unterschiede sind sowohl durch den äußeren, meist recht primitiven Rahmen, als auch durch die geringe Zahl der Rollenträger, besonders aber auch durch das Publikum bedingt. Die Gaubühne, die beispielsweise heute in Hall, morgen in Reutte, übermorgen in Mayrhofen und den Tag darauf wieder wo anders spielt, muß an winzigen Gasthausbühnen, in Turnsälen und zuweilen selbst in notdürftig hergerichteten, mehr einer Scheune als einem Theater gleichenden Gebäude spielen, die allen Komfort an Bühnenrequisiten, Möbeln und Garderobe vermissen lassen und wo oft selbst die primitivsten Voraussetzungen fehlen. Um 5 Uhr früh heißt es da oft schon aus den Federn kriechen, um den Zug noch rechtzeitig zu erreichen, der die Truppe an irgendeinen anderen Ort des Gaues bringt; kaum ausgestiegen, geht es an die Nachmittagsvorstellung, der nach karger Zwischenzeit die Abendvorstellung folgt. Im Winter kommt es da nicht selten vor, daß bei Temperaturen von etlichen Graden unter Null umgekleidet, geschminkt und gespielt wird. Am nächsten Tag steht dann schon wieder ein anderer Ort auf dem Spielplan, der unbedingt eingehalten werden muß, soll nicht der ganze Spielplan Schiffbruch erleiden. So geht es Sommer wie Winter kreuz und quer durch den Gau, jeden Tag in einem anderen Bett, an einem anderen Gasthaustisch – gewiß gerade kein leichtes und bequemes Leben.

Die grundlegendsten Unterschiede aber ergeben sich durch die Art des Publikums. In der Gauhauptstadt spielt der Schauspieler stets in einem ihm vertrauten, würdigen Rahmen. Alle Behelfsmittel einer modernen Bühne stehen zur Verfügung. Lichteffekte, künstlerische Dekorationen, stilgerechtes Mobil[i]ar, Musik und ein bis ins Kleinste eingearbeiteter Stab von Angestellten und Helfern stehen ihm zur Seite. Bei den Aufführungen in der Gaubühne regiert in dieser Hinsicht die Unzulänglichkeit. Alles ist behelfsmäßig, improvisiert – und während dort mehr oder weniger immer vor einem gleich bleibenden Kreis von Theaterbesuchern mit einem ganz gewissen Bildungsgrad gespielt wird, setzt sich das Publikum auf dem Lande zum überwiegenden Teile aus anderen Berufsschichten zusammen. Abgesehen von der Handvoll ‚Gebildeter’ sind da zwei Hauptgruppen zu unterscheiden: die ‚Halbgebildeten’ und die noch ganz unberührten Naturkinder. Vor den letzteren zu spielen, ist für die Truppe immer das schönste und dankbarste. Ihnen ist das Theater noch ein Wunder, ein erschütterndes und aufrüttelndes Erlebnis, das sie noch Wochen nachher durchdenken, nacherleben und das selbst noch in ihre tages- und arbeitsmüden Träume greift. Mit gläubiger Hingabe hängen sie an den Lippen der Mimen, die Bühne versinkt und sie erleben das Leben selbst. Echtes Lachen und echtes Weinen bringen sie mit. Sie übersehen Mängel und Fehler im Bühnenbild und ihre Begeisterung kennt keine Grenzen. Das ist die Landbevölkerung in den Dörfern draußen, echt, klar und tief in der Empfindung.

Wir haben uns am Montag das Spiel der Truppe I der Gaubühnen in Solbad Hall angesehen. Man gab Rudolf Oertels Oesterreichische Tragödie, für die Gaubühne bearbeitet von Sigfried Färber. Ueber das Stück selbst, das wir schon anlässlich der Aufführung am Tiroler Landestheater ausführlich besprochen haben, sei hier nur gesagt, daß die für den ländlichen Zuhörerkreis zugeschnittene Handlung als recht gut bezeichnet werden kann und diese Fassung auch die Genehmigung des Autors erhalten hat. Die Erfahrung hat die Truppe gelehrt, daß es notwendig ist, manche Stellen derber und gröber herauszuarbeiten, dort und da ein grelles Licht aufzusetzen, auf Feinheiten und nur andeutende Gesten eher zu verzichten und lieber mit klaren, weil unmissverständlichen Eindeutigkeiten zu arbeiten. Und so wird der verwöhnte Theaterbesucher wohl ab und zu stutzen und sich ein wenig wundern über die vierkantige Auffassung. Aufnahme und Erfolg gibt der Truppe aber recht. Alle spielen frisch und herzhaft von der Leber weg, holen aus ihren Rollen heraus – oder mehr noch – legen in sie hinein, was sie ihrem Zuhörerkreis zumuten können.

Interessant ist für uns daher mehr ein Blick in den Theatersaal. Die erste Reihe nehmen Politische Leiter und Offiziere des Standortes ein, die übrigen Bänke sind gefüllt mit Besuchern beider Geschlechter und aus allen Berufsgruppen – gut die Hälfte stellt aber die Wehrmacht, die in allen Dienstgraden vertreten ist. An den Seiten des Saales stehen Turngeräte, auf denen wiederum Soldaten sitzen, und selbst noch an der Rückfront mit den Sprossenleitern sitzen sie Kopf an Kopf. Von der Decke herab hängen Strickleitern, Klettertaue und die Ringe – das tut aber der Stimmung der theaterfreudigen Besucher keinen Abbruch. Lebhaftes Murmeln erfüllt den Raum, schwere Soldatenstiefel scharren da und dort ungeduldig den Boden, bis drei blechern scheppernde Gongschläge den Beginn der Aufführung anzeigen. Fast augenblicklich verstummen alle Geräusche, der Vorhang hebt sich – das Spiel kann beginnen.“


Breinößl-Bühne

Die Breinößl-Bühne in Innsbruck wurde von der Gaubühne III mit eher leicht verständlichen Stücken bespielt, deren belustigender, teilweise derb-komödiantischer Inhalt sich wie selbstverständlich in das Ambiente der Gasthofatmosphäre einfügte. In das neue Jahr startete die Breinößl-Bühne am 2. Jänner mit der Komödie Der unüberlegte Schritt von Maximilian Vitus. In den Innsbrucker Nachrichten vom 8. Jänner 1941, Seite 5 wird darüber berichtet:

„Maximilian Vitus zählt zu den verlässlichsten Stützen der Breinößl-Bühne. Seine Stücke sind so solide gezimmert und gedrechselt, daß ihnen der Lacherfolg nie versagt bleibt. Mehr sollten sie ja auch gar nicht bezwecken. Auch in seiner kleinen Komödie vom unüberlegten Schritt zieht Vitus wieder alle Register seines Humors und seiner Komik, die von den Schwächen der Menschheit ihr höchst bekömmliches Dasein führen […]. Vitus macht aus dieser harmlosen Handlung ein lustiges Stück, das die Kräfte der Gaubühne unter Sepp Reschs Spielleitung mit gewohnter Hingabe auf die Bretter stellen. Die drei Akte werden stürmisch beklatscht, ebenso wie die Jodler, die Luise Zaderer als Einlagen bringt.“

Ein weiteres „ländliches Lustspiel“ von Maximilian Vitus, Alles in Ordnung, folgte am 14. Jänner 1941. Bereits zwei Tage später ging die Erstaufführung der „Neuheit“ von Albert Martens, Herzkönig über dem grünen Weg über die Bühne, eine „ländliche Bauernposse in drei Akten“. Daran schlossen sich zwei „Schlagerlustspiele“: am 29. Jänner 1941 Eine tolle Almnacht von Gustav Horst sowie als Nachmittags- und Abendvorstellung am 2. März 1941 Er hat Glück mit Monika von Ridi Walfried. Am 9. März gab es eine Vorstellung des Lustspiels Die Töchter Josefs von Franz Gischl. In der Vorankündigung in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. März 1941, Seite 8, wird darauf verwiesen, dass dieses Stück „nur für Erwachsene“ geeignet sei und daher „strenges Jugendverbot“ herrsche. Dies kann angesichts der braven Handlung wohl nur als spaßige Bemerkung verstanden werden: „Der Bauer Sixtus hat keinen Erben. Deshalb machen sich seine Schwägerin Agath und ihr Mann Josef Hoffnungen auf das Erbe. Doch die pfiffige Altbäuerin versucht dies zu verhindern, weiß sie doch als einzige, daß Sixtus’ vorehelicher Sohn Michl als Knecht am eigenen Hof arbeitet, ohne es zu wissen, wer sein Vater ist […].“

Anlässlich des 75. Geburtstages von Rudolf Greinz wurde sein anspruchsvolles Stück Die Thurnbacherin in das Programm genommen. Über diese mutige Entscheidung, dem mit Lachschlagern verwöhnten Publikum auch einmal ein Stück ernsten Charakters als Kontrast anzubieten, berichten die Innsbrucker Nachrichten vom 12. März 1941:

„Es war bestimmt ein Wagnis für die Breinößl-Bühne, unsere Tiroler Mundartbühne, die bisher ausschließlich lustige Bauernschwänke zur Aufführung brachte, ihren Besuchern als Auftakt für weitere Tiroler Heimatkunstabende einmal ein ernstes, an dramatischen Spannungen und Konflikten reiches Volksstück zu bieten: das Bergbauernstück Die Thurnbacherin des Tiroler Dichters Rudolf Greinz, der demnächst seinen 75. Geburtstag begehen kann. Der starke Beifall gab dem Wagnis recht, denn es würde sicher von vielen begrüßt werden, wenn die Programmfolge an der Breinößl-Bühne unter die leichte Kost des Schwankes, den man gerade dort nie missen möchte, ab und zu das etwas anspruchsvollere Volksstück ernsten Charakters in wohlabgewogener Form mischen wollte.

Wie in seinen Romanen zeichnet Rudolf Greinz auch in seinem Bergbauernstück Die Thurnbacherin lebensechte Gestalten, die selbst auf Irrwegen in die Leidenschaft, ja ins Verbrechen tief mit ihrer Tiroler Heimaterde verwurzelt sind. Da ist die Moid, die nur aus Sehnsucht nach einem eigenen Hof und nach eigener Scholle den ungeliebten Mann heiratet, den sie dann später in unheilvoller Verzweiflung auf dem Krankenlager erwürgt […].“

Mit einem „Tiroler Abend ernster Kunst“ startete die Breinößl-Bühne im Mai 1941 einen weiteren Versuch, mit qualitätvollen Tiroler Stücken, die an sich eine Spezialität der Exl-Bühne waren, beim lachverwöhnten Publikum anzukommen. Diese Aufführung außerhalb des üblichen Repertoires war gewissermaßen auch eine ideologisch fundierte Verklärung der Heimat. Theodor Mühlich schreibt in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. Mai 1841, Seite 5:

„Die Tatsache, daß unsere bekannte Tiroler Mundartbühne [Breinößl] bestrebt ist, neben der Bauernposse auch das Volksstück ernsten Charakters zu pflegen, zeugt von dem Willen der Theaterleitung, das künstlerische Niveau an dieser Bühne zu heben, und beweißt gleichzeitig die wechselbare Verwendbarkeit der dort eingesetzten schauspielerischen Kräfte. Dies zeigte eindeutig der letzte Abend, bei dem Der dürre Baum des in Innsbruck lebenden Tiroler Dramatikers Rudolf Brix und der erschütternde Einakter Der Med aus dem bekannten Zyklus Die sieben Todsünden von Franz Kranewitter zur Aufführung gelangten. Die Darsteller: Albert Peychär, Ludwig Hupfauf, Hedy Kinberger und Gustl Burger gaben den in beiden Tragödien gezeichneten kraftvollen Bauerngestalten eine künstlerisch vollendete Ausdeutung und sicherten dem Abend einen vollen Erfolg. Beide Werke wurden bereits in zahlreichen Orten des Gaues Tirol-Vorarlberg unter der Spielleitung von Albert Peychär mit gleich großem Erfolg zur Aufführung gebracht.“

Die Breinößl-Bühne blieb aber weiterhin ihrem populären Programm verpflichtet und spielte ausschließlich vordergründig belustigende Erfolgsstücke.

Die Posse Die blaue Kerze von Grete Kölbl-Klingenschmid zum Beispiel wurde am Samstag, den 15. März 1941 und am darauf folgenden Sonntag sowohl in der Nachmittags- als auch in der Abendvorstellung, ferner am Montag, also viermal hintereinander gespielt. Der Jäger vom Fall, ein Volksstück von Ludwig Ganghofer und Die Liebesbeichte, ein Lustspiel von Julius Erhard und Maximilian Vitus sowie die Spatzenhochzeit, ein weiteres Volksstück von Ludwig Sippel oder ein urwüchsiger bäuerlicher Schwank wie Dirndl mach ’s Fensterl auf von Veri Geisenhofer, gehörten zum stimmigen Repertoire, wie es von der Breinößl-Bühne erwartet wurde. Wie sehr nahezu alle Stücke sich inhaltlich an einem bestimmten Topos orientieren, der das Flair ulkiger ländlicher Charakterstudien und Begebenheiten variiert, kommt auch in der Handlung des „bäuerlichen“ Lustspiels Herz am rechten Fleck zum Ausdruck:

„Das Herz am rechten Fleck hat eine junge, aber umso selbstbewußtere Wirtschafterin, die Hauptfigur eines an der Breinößl-Bühne aufgeführten bäuerlichen Lustspiels von Anton Hamik. Mit diesem ihren Herzen bringt sie zustande, einen vollkommen verlotterten Hof binnen Jahresfrist zu einen kleinen Mustergut zu machen. Dem Auftreten der Eva Volkmer glaubt das beifallsfreudige Publikum gerne diesen Erfolg über das von Gustl Burger, Herbert Nigg und Leo Gasser gebildete, von seiner Arbeitsscheuheit zu bekehrende, brüderliche Hofbesitzerkleeblatt. Die übrigen Gestalten dieses Lustspiels werden von Hans Baumann, Hedi Kinberger, Lisl Hörmann, Ludwig Hupfauf, Emma Gstöttner, Sepp Resch und dem für die Inszenierung verantwortlichen Albert Peychär in der vorgeschriebenen derb-komischen Art gebracht, so daß nicht nur das besagte Herz, sondern das ganze Lustspiel in der Breinößl-Bühne am rechten Fleck steht“ (Dr. Rainer von Hardt-Stremayr in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Mai 1941, Seite 5).

Von ähnlicher Dramaturgie erweist sich das beliebte Volksstück Der Ehestreik von Julius Pohl. Über eine Aufführung durch die Breinößl-Bühne Anfang August 1941 heißt es in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. August, Seite 5:

„In dem dreiaktigen Lustspiel von Julius Pohl Der Ehestreik holten sich die Mitglieder der Breinößl-Bühne wieder einmal einen Bombenerfolg, wobei ein Lachsturm nach dem anderen durch den Saal brauste. Mit sprühendem Witz gestaltete der Verfasser eine bäuerliche Eifersuchtskomödie um eine Kellnerin im Dorfwirtshaus, die die Männlichkeit des Dorfes zum allzu eifrigen Wirtshausbesuch anregte, bis sich die Frauen von der ebenso bigotten wie abgefeimten Bürgermeisterin zum Ehestreik überreden lassen, der ihnen schließlich aber nur Kummer und reumütige Ein- und Rückkehr einbringt, da die Männer – natürlich – ganz unschuldig waren, das schwarze Schaf aber die Bürgermeisterin selber war.

In dem flott und zügig geführten Spiel ragten Sepp Schmid als Bartl, den auf seine alten Tage noch der Haber sticht, Friedl Spörr als stattliches und sonniges Weib des Schmiedemeisters Jochem, dem sie eine starke Note von innerer Wärme und Herzlichkeit verlieh, und Hedy Kienberger als Wurzel, deren Stimme so durchdringend wie ihre resche Resolutheit durchschlagend war, besonders hervor. Vermißt haben wir diesmal Mitzi Hartmann als frömmelnde und hantige Bürgermeisterin, der Luise Zanders Wesen nicht ganz gerecht werden konnte.“

Einen weiteren Lachschlager präsentierte die Breinößl-Bühne Ende August mit der überaus populären und viel gespielten Posse Die drei Dorfheiligen von Max Neal und Max Ferner, die nach dem Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 26. August 1941, Seite 5, „einen geradezu stürmischen Lacherfolg brachte“. In den Zwischenpausen „gaben die Harmonikavirtuosen Geschwister Wilhelm einige Vorträge zum Besten, die im Solo und im Zusammenspiel ausgefeiltes Können bewiesen und das Quartett Tschofen, Spira, Steiger und Ziller wartete mit Gesangseinlagen auf, die den starken Sonderbeifall vollauf verdienten“.

Mit der Bauernkomödie Alles in Ordnung von Maximilian Vitus, eines seiner bekanntesten und erfolgreichsten Stücke sowie mit dem Bauernschwank Das sündige Dorf von Max Neal und dem Volksstück Die Müllerin und ihr Soldat komplettierte die Breinößl-Bühne ihr umfangreiches Programm. Seine Eindrücke von der Aufführung der Bauernkomödie Das sündige Dorf schildert Dr. Rainer von Hardt-Stremayr in den Innsbrucker Nachrichtenvom 17. November 1941, Seite 4:

„Wohl kein anderes der Bauernstücke von Max Neal ist derart mit Situationskomik geladen, wie Das sündige Dorf, das in Innsbruck durch Aufführungen der Exl-Bühne und der alten Breinößl-Bühne schon gut bekannt ist und gerade deshalb immer wieder zieht. Die an der Breinößl-Bühne auftretende Spielschar der Gaubühne Tirol-Vorarlberg hat in ihren Reihen Kräfte, die selbst schon unter den Exl-Leuten mitgewirkt haben. Das allein schon würde dafür bürgen, daß das Stück auch jetzt wieder ‚steht’. Der Kontakt zwischen Bühne und Zuschauerraum ist aber gerade im Breinößlsaal beste Ueberlieferung, das hat wieder seine Rückwirkung auf die Schauspieler selbst und so kommen die beiden Raumteile vor und hinter der Bühnenrampe aus dem Lachen und der guten Stimmung nicht heraus.

Die Besetzung lässt nichts zu wünschen übrig: Max Nigg ist der alte Bauer, der tatsächliche ‚Herr im Haus’ aber Luise Steinwander; die Jungen, bei denen man zum Teil langmächtig nicht weiß, wer deren richtige Eltern sind, werden von Gustl Burger, Luis Triendl, Luise Zaderer und Friedl Spörr dargestellt; Sepp Schmid, Ludwig Hupfauf und Fritz Tschofen runden durch ihre prächtig hingestellten, etwas betagteren Dorfgestalten den köstlichen Eindruck vom ‚sündigen Dorf’.

In der Pause erfüllt Liesl Zillers kräftige Jodlerstimme den Saal, zusammen mit Fredl Ziller hält sie dann auch noch im wahrsten Sinne des Wortes beim Plattlanz ‚Stand’.“

Nahezu alle diese Stücke sind auch bis in die Gegenwart aktuelle Literatur geblieben und bilden noch heute den Grundstock des Repertoires zahlreicher Volksbühnen.

Im Frühsommer 1941 wurde die Gaubühne III, die die Breinößlbühne bespielte, wiederum für die Truppenbetreuung eingesetzt. Die Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1941; Seite 5, berichten über Ziel und Programm der Reise:

„Im Rahmen der Truppenbetreuung reist heute Mittag die Gaubühne III von Innsbruck nach dem Südosten ab. Es ist bereits das drittemal, daß eine Spielschar der Gaubühnen Tirol-Vorarlberg sich auf eine längere Gastspielfahrt zu unseren Soldaten, die fern der Heimat stehen, begibt. Im vergangenen Spätsommer reiste eine Spielschar unserer Gaubühnen bekanntlich nach Nordnorwegen, im Winter wurde unseren Soldaten im besetzten Frankreich durch die Gaubühne Tirol-Vorarlberg heimatliche Unterhaltung geboten, und jetzt sind jene Truppen aus den Alpenländern an der Reihe, die auf ehemals jugoslawischem Gebiet stehen. Die diesmalige Gastspielreise einer Spielschar der Gaubühnen wird acht Wochen dauern. Als Standorte, von denen aus zu den einzelnem Truppenkörpern gegangen wird, sind Belgrad, Nisch und Sarajevo vorgesehen.

Die nach dem Südosten abreisende Spielschar besteht aus zwölf Mitgliedern, geführt wird sie von August Klingenschmid, dem Leiter der Gruppe II der Gaubühnen Tirol-Vorarlberg. Die Spielschar ist gänzlich auf Mundartlustspiele eingestellt und geht mit nachstehenden ländlichen Stücken auf Gastspielfahrt: 1. Dirndl, mach ’s Fensterl auf von Geisenhofer; 2. Liebe macht blind von Walfried, und 3. Alles in Ordnung von Vitus.“


Exl-Bühne

Im Jänner 1941 übernahm Ilse Exl von ihrem Vater Ferdinand Exl die Leitung der Exl-Bühne. Zugleich wurde nach mehrjähriger Unterbrechung in Wien – Ferdinand Exl hatte von 1934 bis 1938 das Bürgertheater in Wien gemietet – von der Exl-Bühne wieder eine Spielzeit im Theater in Wien, Praterstraße 25, durchgeführt. In den Innsbrucker Nachrichten findet sich dazu unter dem Titel „Die neue Exl-Bühne in Wien“ am 19. November 1941, Seite 5, folgende Notiz:

„Die Exl-Truppe ist jetzt wieder in ihr Wiener Theater in der Praterstraße eingezogen, das nach einer durchgreifenden Erneuerung allerdings kaum wiederzuerkennen ist. Die kommende Spielzeit ist für die Exl-Leute in mehrfacher Hinsicht ein Jubiläum: im nächsten Frühjahr wird die Bühne 40 Jahre bestehen, Ludwig Auer und Eduard Köck begehen den 60. Geburtstag und das 40. Berufsjubiläum und außerdem feiert das Theater den 75. Geburtstag Karl Schönherrs.“

Die 1941 initiierte Wiener Exl-Bühne, die bis Kriegsende spielte, wählte als repräsentative Eröffnungsvorstellung am 5. Februar das populäre, von mehr als 50 deutschen Bühnen produzierte und später auch verfilmte Schauspiel aus bäuerlichem Milieu Vroni Mareiter von Franz Karl Franchy (1896-1972) ganz bewusst, um die große Schauspielkunst der neuen Direktorin Ilse Exl mit dieser tragenden Rolle einer nicht alltäglichen Frauengestalt zu demonstrieren. Die Innsbrucker Nachrichten vom 15. Februar, Seite 14, bringen dazu einen Bericht mit der Schlagzeile „Erfolgreicher Auftakt der Exl-Bühne in Wien“:

„Daß die Exl-Bühne, nun unter der Leitung Ilse Exls, im Theater an der Praterstraße vor kurzem nach mehrjähriger Pause ihre Wiener Spielzeit eröffnet, haben wir bereits berichtet. Nun liegen Wiener Pressestimmen über die Erstvorstellung Vroni Mareiter von [Franz] K[arl] Franchy vor, an der u. a. Ilses Vater, der Gründer und langjährige Leiter der Exl-Bühne, Ferdinand Exl, und Leopold Esterle, der aus dem Film Geier-Wally bekannte Darsteller, als neue Kraft künstlerisch beteiligt waren […]. Die Kronenzeitung schreibt u. a. ‚Die Exl-Bühne ist schon längst ein deutsches Nationalgut von grundlegender Bedeutung. Ihre Stärke bleibt dadurch erhalten, daß sie ihre Mission der lebendigen Pflege rassischen Volkstums und erdgebundener echter Heimatliebe, mit einer vollendeten absoluten Schauspielkunst zu tarnen vermochte. Dadurch konnten die Exl-Leute ihre Aufgabe auch in den Zeiten schwerster nationaler Bedrängnis mehr oder weniger unangefochten und von den nationalen Systemen geduldet opfermutig durchführen […].“

Am 14. November 1941 eröffnete die Exl-Bühne in Wien in ihrem „gänzlich neu gestalteten Haus auf der Praterstraße“, deren aufwändige Renovierung vermutlich ohne finanzielle Mithilfe von diversen NS-Stellen nicht möglich gewesen sein dürfte, mit dem Einakterzyklus Die sieben Todsünden von Franz Kranewitter ihre neue Spielzeit (Innsbrucker Nachrichten vom 12. November 1941, Seite 5).

Für das große, nicht zuletzt propagandistisch verwertbare Renommee, das die Exl-Bühne in der Zeit des Nationalsozialismus jedenfalls besaß, geben viele Berichte Zeugnis. So wurde Ludwig Auer, einer der Gründungsväter der „Exl-Leute“, der Ferdinand Exl bei einer Probe des Deutschen Männergesangvereins erstmals begegnet war, wiederholt zu Gastspielen eingeladen, 1941 etwa an das Metzer Stadttheater für die Rolle des Vaters Miller in Schillers Kabale und Liebe (Innsbrucker Nachrichten vom 7. Jänner 1941, Seite 7). Für den „Fernseh-Rundfunk“ spielten Mitglieder der Exl-Bühne eine Szene aus Ludwig Anzengrubers Volksdrama Der Meineidbauer ein. Der Bericht davon in den Innsbrucker Nachrichten vom 23. Juli 1941, Seite 3, beschreibt darüber hinaus das vielfältige Wirken und die darstellerischen Qualitäten der Exl-Bühne:

„Seit Jahrzehnten sind wir gewohnt, von Zeit zu Zeit aus den verschiedensten Teilen Deutschlands wie aus dem Ausland, bald aus dieser, bald aus jener Gegend von erfolgreichen Gastspielen unserer Exlleute zu hören. Immer war es die tiefe Volks- und Heimatverbundenheit, die das vollendete Einzel- und Zusammenspiel der Exlleute für alle Zuschauer zum Erlebnis werden ließ. Und wir freuen uns über die Erfolge unserer heimischen Schauspieler, die aus innerer Berufung heraus in unentwegtem Streben nach künstlerischer Vollendung zu Kündern der Werke unserer besten Dichter, Schönherr und Kranewitter, wurden. In den letzten Jahren waren es vor allem die ins Reich heimgekehrten Gebiete, in denen die Exlleute deutsche Volkskunst vermittelten, und nicht zuletzt unsere Soldaten, denen sie weithin in fremdes Land mit lustigen Schwänken und Possen urwüchsigen Humor aus dem Tiroler Land brachten. Ab und zu tauchte eines der Mitglieder der Exlbühne auch im Film auf, so begegneten wir in der Geier Wally ihren charakteristischen Gestalten. Die letzte Nachricht über die Arbeit der Exlleute, die heuer zum ersten Mal seit vielen Jahren nicht zur Sommerspielzeit nach Innsbruck kamen, besagt, daß sie an der Verfilmung von Ludwig Anzengrubers Volksstück Der Meineidbauer mitwirken, die von der Tobis unter der Spielleitung von Leopold Hainisch vorgenommen wird.“

Im Jahr 1944 drehte eine Schauspielergruppe der Exl-Bühne in Wien den Film Ulli und Marei, er wurde allerdings erst nach dem Krieg fertiggestellt. Ein anderes Team war am 8. Mai 1944 bei einem Gastspiel in Auschwitz engagiert. Der diesbezügliche Theaterzettel ist bei Eckehart Schmidl, Der Traum vom Volkstheater. Die Geschichte der Exl-Bühne (1902-1956), Innsbruck 2013 (Seite 201, Abb. 135) abgebildet. Während also die brutal gequälten und bis auf die Knochen abgemagerten Lagerhäftlinge ihrer Vernichtung entgegensahen, spielten die „Exl-Leute“ zur Belustigung der SS-Schergen den Lachschlager Der verkaufte Großvater von Anton Hamik. Das Theater befand sich auf dem Lagergelände im „Kameradschaftsheim der Waffen-SS“. Es ist daher kaum glaubhaft, dass die Schauspieler überhaupt nichts von den abscheulichen Verbrechen mitbekommen haben. Über die Unternehmung schreibt Kurt Knittel, der Leiter der Truppenbetreuung in Auschwitz, in einem Zeitungsbeitrag „Die Exl-Bühne in Oberschlesien. Der verkaufte Großvater vor der Waffen-SS in Auschwitz“, zitiert bei Ekkehart Schmidl (wie oben, Seite 205 f.): „[…] Das Gastspiel vor der Waffen-SS Auschwitz war ein Theaterereignis. Es muß besonders vermerkt werden, daß der Direktor der Bühne, Ilse Exl, trotz hochgetürmter Spielplanschwierigkeiten in Wien einen großen Teil des Ensembles zu dieser zweitägigen Gastspielfahrt mitten in der Saison nach Auschwitz entließ. Aber die Mitglieder kamen mit einer so großen Freude und ganz von der Aufgabe beseelt, den Soldaten der Waffen-SS einige beglückend-erheiternde Stunden zu bereiten […]. Endloser Beifall danke den Gästen aus Wien mit dem Wunsche auf ein baldiges Wiedersehen.“ Unter der Spielleitung von Ludwig Auer traten in Auschwitz am 8. Mai 1944 auf Richard Pachler, Hans Degl, Anna Zötsch, Maria Wiesinger, Herta Agostini sowie Ernst und Leonhard Auer.


Puppenspiele und Marionettentheater

Die „Innsbrucker Puppenbühne“ in der Leopoldstraße 2 brachte im Jänner 1941, jeweils an Sonntagen mit Vorstellungen um 14.30 und 17 Uhr, die Stücke Kasperl als Bergknappe und Das Glück ist blind. Am 9. März wurde Waldkönig Laurin gezeigt. Der Verfasser dieser drei Komödien ist Franz Graf von Pocci (1807-1876).

In den Innsbrucker Nachrichten vom 4. November 1941 (Seite 5) wird angekündigt, dass das Salzburger Marionettentheater im Rahmen seiner „großen Gastspielreise“ im November auch im Gau Tirol-Vorarlberg auftritt und zwar in Innsbruck, Bregenz, Dornbirn, Ehrwald, Feldkirch, Götzis, Hohenems, Kitzbühel, Schwaz und Telfs: „Nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch im Ausland erfreut sich dieses Theater einer solchen Beliebtheit, daß es überall vor ausverkauften Häusern spielt.“

Über das Salzburger Marionettentheater und sein Innsbrucker Gastspiel mit Ferdinand Raimunds Der Diamant als Geisterkönig erschien in den Innsbrucker Nachrichten am 8. November 1941, Seite 6, ein ausführlicher Bericht von Karl Paulin, der anfangs zudem auf die Geschichte und Bedeutung des Puppenspiels eingeht:

„[…] Vom Puppenspiel aus wurzelt die Theaterliebe schon in den Herzen der Kinder, es enthält aber auch, wenn es in künstlersicher Form dargeboten wird, alle Elemente dramatischer Lebensspiegelung. Daher hat sich das deutsche Puppenspiel auch in neuerer Zeit neben der aufstrebenden deutschen Sprechbühne in Ehren behauptet, betreut von dem klassischen Dichter des Puppenspiels, Franz Graf Pocci, und dem rühmlich bekannten Papa Schmid, dem Vater des Münchner Marionettentheaters [Josef Leonhard Schmid (1822-1912)].

An diesem Vorbild entzündete sich 1913 die Schöpfung des Bildhauers Professor Anton Aicher, das Salzburger Marionettentheater, das aus der musischen Atmosphäre der Mozartstadt sich zu einzigartiger künstlerischer Vollendung entwickelte. Wir haben in Innsbruck dieses hervorragende alpenländische Puppenspiel schon wiederholt gesehen und uns z. B. an der reizvollen Wiedergabe von Mozarts Oper Bastien und Bastienne und an Doktor Faust entzückt.

Nun ist Direktor Hermann Aicher, der Sohn des Begründers, mit seiner kleinen Spielschar wiedergekommen und hat uns am 6. und 7. d[ieses] M[onats November 1941] im Konzertsaal der Städtischen Musikschule, veranstaltet von der Deutschen Arbeitsfront, NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude, gezeigt, in welch wundersamen Licht Ferdinand Raimund, der geniale Volksdramatiker des Vormärz, neu erscheint. Allerdings, die Zauberspiele und Märchendramen des Alt-Wiener Schauspielerdichters kommen den Erfordernissen des Puppenspieles im besonderen Maße entgegen, das ja in seinem technischen Apparat der Geister- und Feenwelt und ihrer Versinnlichung weit weniger Hemmungen bereitet, als die moderne Bühne. Und so sind wir überrascht, wie hell Der Diamant des Geisterkönigs in der liebevollen Fassung dieses Marionettentheaters erglänzt.“

Der Schauspieltext Ferdinand Raimunds gab auch Raum für improvisatorische Elemente und ironische Anspielungen zu Gestalten des Zeitgeschehens. So ist 1941 zum Beispiel der Beherrscher der „Insel der Wahrheit“ unter dem „zwerchfellerschütternden“ Gelächter des Publikums als „Churchill im Nachthemd“ erschienen.


Standschützenverband und Laienspiel

Der Tiroler Standschützenverband hatte am 1. Oktober 1938 durch Veröffentlichung der Statuten in der Wiener Zeitung seine Rechtspersönlichkeit erhalten. Für diese Gründung hatte sich Gauleiter Franz Hofer seit Beginn seiner Amtstätigkeit im Mai 1938 mit großem Engagement eingesetzt, und er begleitete die Unternehmungen des Standschützenverbandes während seiner ganzen Regierungszeit mit besonderer Wertschätzung. Der Standschützenverband war stets ein Günstling von Hofers vielfältigen Aktivitäten. Die Intention dieser Initiative, die sich auf die historisch weit zurückreichende Tradition des Schützenwesens in Tirol stützte, ist einleitend in der von der Wiener Zeitung amtlich gemachten Verfügung im Punkt 1 angeführt: „Um eine einheitliche Zusammenfassung des gesamten Tiroler Brauchtums sicherzustellen, wird der Tiroler Standschützenverband mit dem Sitz in Innsbruck gegründet.“ Zur Realisierung dieser Zielsetzung, „den Geist der Wehrhaftigkeit zu erhalten und alteingewurzeltes Brauchtum zu pflegen“, wurden neben den bestehenden Schützengilden und Schützenvereinen sämtliche Tiroler Trachtenvereine, die Tiroler Schuhplattler-Vereine, Volkstanz-Vereine und Trachtenmusikkapellen dem Verband zugeordnet. Die Leitung des Standschützenverbandes hatte Gauleiter Hofer als „Oberstschützenmeister“. Zu seinem Beauftragten, „der für die gesamte Führung des Verbandes verantwortlich ist“, ernannte er den Innsbrucker Kreisleiter Dr. Max Primbs zum „Oberschützenmeister“. Über die weitere Organisationsform berichtet die Deutsche Volkszeitung vom 4. Oktober 1938, Seite 10: „Der Tiroler Standschützenverband gliedert sich weiterhin in Kreis- und Ortsschützenverbände. In den einzelnen Kreisen ist der jeweilige Hoheitsträger, also der Kreisleiter Führer des Kreisverbandes. Dieser bestellt wieder als seinen beauftragten Kreisschützenmeister einen bewährten SA.-Führer seines Kreises. Dasselbe gilt sinngemäß von den Ortsverbänden, die vom Ortsgruppenleiter der NSDAP. geführt werden. Die einzelnen Ortsschützenverbände gliedern sich wieder in Schützenkompanien, Schützenkapellen sowie Volkstrachten- und Brauchtumsgruppen. Die drei großen Arbeitsgebiete des Tiroler Standschützenverbandes sind die Erziehung zur Wehrhaftigkeit, weltanschauliche Schulung und Pflege des Brauchtums“. Mit dieser Regelung waren das ganze Schützenwesen sowie das überlieferte und organisatorisch erfasste Brauchtum im ausschließlichen Machtbereich der NSDAP. Die damit angestrebte Verbrüderung von Volk und Partei in einer „Volksgemeinschaft“ folgte den ideologischen Grundsätzen der Partei.

Mit der neuen Gaueinteilung für die „Ostmark“ und der damit verbundenen Eingliederung von Vorarlberg in das Gaugebiet wurde der Tiroler Standschützenverband am 1. Oktober 1939 in Tiroler und Vorarlberger Standschützenverband umbenannt. Außerdem kam es im Zuge des Aufbaus, nicht nur zu einem enormen Zulauf, sondern auch zu einer beträchtlichen Erweiterung der Mitglieder, indem das „Politische Leiterkorps der NSDAP“, die SA, das „Nationalsozialistische Kraftfahrkorps“, das „Nationalsozialistische Fliegerkorps“, die „Hitler-Jugend“ und das „Jungvolk“ dem Standschützenverband zugeteilt wurden, womit die Organisation im Februar 1939 bereits an die 50.000 Mitglieder aufwies (Tiroler Landbote vom 23. Februar 1939, Seite 5).

Die öffentlich demonstrierte Umsetzung der Idee des Standschützenverbandes als einem Abbild der „Volksgemeinschaft“, in Verknüpfung der Partei mit den substantiellen, materiellen und ideellen, Identifikation stiftenden Ressourcen fand in den Orts-, Kreis- und besonders in den Landesschießen ihre Verwirklichung. In den alljährlich abgehaltenen Landesschießen realisierte der Standschützenverband mit all seinen Verzweigungen in einem propagandistischen Fest öffentlich mit einer die „Volksgemeinschaft“ inszenierenden pompösen Schau seine ideologische Intention. Das mehrtägige Schießen auf den Landesschießstand in Innsbruck begleiteten Auf- und Vorbeimärsche der Schützenkompanien mit ihren Musikkapellen in traditionellen Trachten, Volkstumsabende, Theateraufführungen sowie kulturelle Aktionen der Hitler-Jugend. In einem allgemeinen Festestaumel wurde „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ in überwältigender Übereinstimmung zelebriert. Mit Fortdauer des Krieges und der Verschlimmerung der allgemeinen Lage entwickelte sich dieses gigantische Volksfest der Partei immer mehr zu einer Propagandabühne für die Vermittlung von Zuversicht, krampfhafter Einschwörung auf den „Führer“ und Falschinformation, um die vielfach schon entmutigten Menschen zum Durchhalten zu bewegen.


Landesschießen


Film


Standschützenverband


In die Organisationsstruktur des Standschützenverbandes eingegliedert war auch das Laienschauspiel. Im Zuge seiner Festansprache anlässlich des Kreisschießens in Dornbirn im Mai 1942 hob Gauleiter Hofer – wie so oft in seinen Reden – die Bedeutung des Standschützenverbandes für die „Pflege der Volksgemeinschaft, unseres höchsten Gutes“ hervor:

„Der Standschützenverband soll der große Brauchtums- und Heimatverband sein. Er will nicht nur das Schießen pflegen, besonders die Jugend zur Schußfertigkeit und zum wehrhaften Geist heranziehen, sondern auch das Volksleben, den Volkstanz, das Volkslied, die Trachten, die Musik und vor allem auch die Laienspiele erhalten und fördern“ (Tiroler Volksblatt vom 20. Mai 1942).

Das Laienschauspiel war in der Tiroler Bevölkerung sehr verwurzelt, und es bestand eine Vielzahl von Bühnen, die zum Teil beträchtliches Niveau aufwiesen. Wie nachdrücklich der Erfolg dieser Einrichtungen oftmals vom Engagement einzelner, besonders von ihrer Mission begeisterten Persönlichkeiten abhing, zeigt ein Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. Juli 1941 über das Wirken des Stubaier Bauerntheaters in Fulpmes:

„Um einer verdienstvollen Einrichtung zu gedenken, braucht es nicht unbedingt ein Jubiläum. Oft genügt, wie auch in diesem Fall, ein Erlebnis, das erfreut und zur Beachtung zwingt. Ein solches Erlebnis aber bedeutet eine Aufführung des Stubaier Bauerntheaters in Fulpmes, der Tiroler Bauernbühne, die seit 38 Jahren unter der Leitung ihres Gründers Ludwig Hupfauf unentwegt echte Volkskunst vermittelt und sich die Herzen vieler Freunde dieses Landes, besonders aber des schönen Stubaitales erschlossen hat. Die holzschnittartigen Tragödien und die derben, oft von einer befreienden Fröhlichkeit erfüllten Bauernpossen, die über die Bretter dieser Landbühnen gehen, vermitteln uns schönste Volkskunst […]. Ein besonderes Wort der Anerkennung verdient Ludwig Hupfauf. Das Bauerntheater in Fulpmes verdankt zunächst ihm, daß es im Lauf der Jahre nicht dem Geschick der meisten ländlichen Bühnen verfallen ist, die von einer begeisterten Spielgemeinschaft ins Leben gerufen wurden, eine kurze Blütezeit erlebten, um dann einem meist durch die Notwendigkeit des Alltags bedingten Zerfall der Spielgemeinschaft entgegenzugehen. Die Bauernbühne in Fulpmes entging diesem Geschick, weil sie ihren Ludwig Hupfauf hatte […]. Ihrer in vielen Jahren bewiesenen Lebensfähigkeit verdankt die Spielgemeinschaft der Bauernbühne Fulpmes die Anerkennung und Förderung, die ihr durch den Intendanten des Tiroler Landestheaters P[artei]g[enossen Max Alexander] Pflugmacher im Auftrag des Gauleiters Hofer zuteil wird und für die Ludwig Hupfauf am Sonntagabend anlässlich der Aufführung der handfesten Bauernkomödie Die drei Dorfheiligen dem Intendanten Pg. Pflugmacher herzlichen Dank aussprach. Die Aufführung selbst, die bei reger Anteilnahme der Angehörigen der Heereshochgebirgsschule in Fulpmes, der Sommergäste und der Einwohner stattfand, zeugte erneut von der künstlerischen Kraft der Bauernbühne, der wir noch für viele weitere Jahrzehnte ein glückliches Bestehen und erfolgreiches Wirken wünschen.“

Als einen „verheißungsvollen Schritt auf dem Wege der Neubelebung der Laienspielkunst“ verkündete Paul Kinz die Aufführung von drei Einaktern Franz Kranewitters durch die Imster Heimatbühne in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Oktober 1941, Seite 4: „[…] Wir sahen den Naz, den Giggl und als letztes den Totentanz […]“. Der Rezensent kommt zum Resümee: „Es will uns dünken, daß die Beherrschung der Mundart, in Verbindung mit einer für die technischen Verhältnisse einer Heimatbühne hervorragenden Spielführung, das – vielleicht örtlich bedinge – Einfühlungsvermögen in die Eigenart des Dichters und seiner Gestalten, überraschende Bühnensicherheit und unverkennbare schauspielerische Begabung bei fast allen Mitgliedern dieser Wiedergabe des gewiß nicht leicht zu meisternden Verfassers größere Vollkommenheit und Wirkungskraft verliehen haben, als manche städtische Bühne mit Berufskräften zu erreichen vermöchte. Wir vermerken die Aufführung daher gern als unbestreitbaren Erfolg und als einen verheißungsvollen Schritt auf dem Wege der Neubelebung der Laienspielkunst, die in unseren Bergen stets eine Heimstätte hatte und diese, neu gestaltet im Geist unserer Zeit, auch wieder erhalten soll.“


Konzerte

Das zweite Symphoniekonzerte der Saison 1940/41 brachte am 17. Jänner 1941 ein rein deutsches Programm: Christoph Willibald Glucks Ouvertüre zu Iphigénie en Aulide in der (angeblichen) Bearbeitung von Wolfgang Amadé Mozart (KV C 5.01), das Violinkonzert von Ludwig van Beethoven (Solist Konzertmeister Roman Wisata) und die 3. Symphonie von Johannes Brahms. Dirigent war Musikdirektor Fritz Weidlich.

Das dritte Symphoniekonzert am 14. Februar 1941 stand unter dem Motto „Russischer Abend des Landes-Symphonieorchesters“. Es wurden ausschließlich Kompositionen russischer Komponisten vorgestellt. Mit diesem Programm nahmen die Veranstalter letztmalig auf das deutsch-russische Bündnis und den Nichtangriffspakt zwischen beiden Ländern Bezug. Dirigent des Abends war Hans-Georg Ratjen, Musikdirektor Fritz Weidlich trat als Pianist im 3. Klavierkonzert von Sergej Prokofieff auf. Eingeleitet wurde das Konzert mit Nikolaj Rimskij-Korsakovs Ouvertüre „Russische Ostern“ (Svetlyi prazdnik op. 36); den abschließenden Höhepunkt bildete Tschaikowskys sechste Symphonie „Pathetique“. Über das Konzert berichtet Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. Februar 1941, Seite 5:

„Das Konzert leitete diesmal Kapellmeister Hans Georg Ratjen. Seine meisterhafte Stabführung zeigte sein kolossales Einfühlungsvermögen in jede Art Musik. Wie er die drei so verschiedenen Werke, die er auswendig dirigierte, auszulegen verstand, die Eigenart eines jeden ausdeutete, nötigte Bewunderung ab. Die Leistungen des Orchesters waren, von Kleinigkeiten abgesehen, ausgezeichnet […]. Den Solopart im Klavierkonzert spielte Fritz Weidlich. Es war nicht nur seine große Virtuosität, die den schwierigen Klavierteil ohne weiteres so voll gelingen ließ. Erst das, was über dem Virtuosenhaften liegt, die Gestaltung und Auslegung, die Lebendigkeit seines Spiels machte die Wiedergabe zu einer ganz großen Leistung […]. Das große Interesse, das dem Abend mit russischer Musik entgegengebracht wurde, zeigte sich darin, daß der Saal schon Tage zuvor ausverkauft war. Die Zuhörer folgten mit größter Spannung und Aufmerksamkeit den glänzenden Aufführungen und dankten mit reichem, eindringlichen Beifall. Kaum einer der Zuhörer ist wohl ohne das Bewußtsein eines starken Erlebnisses nach Hause gegangen.“

Das vierte Symphoniekonzert am 14. März 1941 galt Komponisten, die als Soldaten im Einsatz waren: Hermann Ambrosius (1897-1983), Wolfgang Fortner (1907-1987), Ot(t)mar Gerstner (1897-1969), Artur Kanetscheider (1898-1977), Gustav Adolf Schlemm (1902-1987), Gustav Schwickert (*1901), Karl Sczuka (1900-1954), Gerhard Strecke (*1890) und Friedrich Witeschnik (1913-1965).

In den Innsbrucker Nachrichten vom 11. März 1941 wurden Kurzbiographien der betreffenden Komponisten publiziert (Seite 5). Zu Kanetscheider lautete die Notiz: „Artur Kanetscheider, geboren 1898 in Innsbruck, studierte an der Musikschule seiner Heimatstadt unter Direktor Schennich. Kanetscheider ist heute Sangwart des Deutschen Männergesangvereins, hauptberuflich Lehrer. Er schuf Chöre, Lieder, Kammermusik, Klavier- und Orgelwerke (Heldenorgelsuite), Orchesterwerke. Aus seiner Suite über Tiroler Volksweisen [op. 97] hören wir das Spingeser Schlachtlied.“

Das Konzert vom 14. März 1941 unter dem Motto „Feldgraue Komponisten“ wurde entsprechend propagandistisch ausgewertet, auch durch die Aufführungskritik von Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. März 1941:

„Auf Anregung der Reichsmusikkammer – Fachschaft Komponisten – und auf Veranlassung der Landesleitung für die Reichsmusikkammer beim Landeskulturwalter unseres Gaues, Intendanten M[ax] A[lexander] Pflugmacher, spielte das Landesorchester unter der Stabführung von Musikdirektor Fritz Weidlich in seinem 4. Symphoniekonzert am Freitag, den 14. März, Werke feldgrauer Komponisten. In seiner Begrüßungsansprache wies Intendant Pflugmacher darauf hin, daß es in der Musik galt, zurückzufinden auf die Quellen, die aus dem Volkstum und aus deutscher Erde kommen, und daß so die schaffenden Künstler mithelfen an dem großen Aufbau. Darauf sprach der Geschäftsführer der Fachschaft Komponisten der Reichsmusikkammer, Theodor O. Seeger, der zu diesem Konzert nach Innsbruck gekommen war: Die Reichsmusikkammer erachte es als ihre Pflicht, sich der im Felde stehenden Komponisten anzunehmen, damit es ihnen nicht ergehe, wie nach dem Weltkrieg, von dem sie als Künstler völlig vergessen heimkehrten und wieder von vorne anfangen mussten. Das Schaffen der jetzt im Felde stehenden Tondichter müsse dem Volke nahe gebracht werden. Ueber 300 Komponisten stehen mit draußen in dem gigantischen Ringen für ihr Vaterland und damit auch für die Erhaltung deutscher Kunst und deutscher Kultur […]. Musikdirektor Weidlich hatte im Einvernehmen mit der Landesleitung neun Werke von neun feldgrauen Komponisten ausgewählt […]. Für Musikdirektor Weidlich war es keine kleine Aufgabe, diese so verschieden gearteten, völlig neuen Werke in verhältnismäßig kurzer Zeit einzustudieren; er hat das aber in seiner bekannt temperamentvollen Weise so glänzend gemacht und die neun Werke so al fresko hingelegt, daß kein Wunsch unerfüllt blieb. Lebhafter Beifall dankte ihm und dem Orchester für das volle Gelingen. – Drei der beim Konzert anwesenden Tondichter, Gustav Schwickert, Gerhard Strecke und Artur Kanetscheider konnten den Beifall der Zuhörer für ihre Werke persönlich entgegennehmen.“

Das Hauptwerk des fünften Symphoniekonzerts am 11. April 1941 bildete Anton Bruckners neunte Symphonie. Als Ergänzung des Programms kam Emil Berlandas Orchesterbearbeitung von Johann Sebastian Bachs berühmter Toccata und Fuge in d-Moll [BWV 565] einleitend zur Uraufführung. Musikdirektor Weidlich hatte Berlanda speziell für dieses Konzert mit dieser Orchesterfassung beauftragt. Karl Senn schreibt zu diesem Konzert:

„[…] Die Orchesterfassung für die Aufführung am Freitag stammt von dem heimischen Komponisten Emil Berlanda. Diesem, der ja selbst Organist ist, ist es gelungen, unter getreuer Anlehnung an das Original, das Orgelmäßige in die Orchesterfassung zu übertragen. Insbesondere brachten strahlende Blechsätze feierliche Stimmung, wie überhaupt die Bearbeitung gute Kenntnisse von orchestralen Wirkungsmöglichkeiten zeigte. Das Hauptwerk des Abends, mit allgemeiner Spannung erwartet, war Anton Bruckners Neunte Symphonie […]. Der Eindruck des Werkes, das ohne Schlußsatz [Te Deum] gebracht wurde, ist gewaltig dank der außerordentlichen Kraft der thematischen Erfindung und der unerreichten Ausarbeitung […]. Meister Weidlich hat beiden Werken eine glanzvolle Aufführung zuteil werden lassen. Er dirigierte auswendig und holte die verborgensten Schönheiten hervor. Bewundernswert ist, wie er die kolossalen Formen zu meistern versteht und immer neue Tonfluten ausströmen lässt. Es war ein wahrhaft festlicher Abend, für den die zahlreichen Zuhörer in herzlichem langem Beifall ihr Verständnis für das Außerordentliche des Dargebotenen kundtaten“ (Innsbrucker Nachrichten vom 15. April 1941, Seite 6).

Den krönenden Abschluss der Konzertsaison brachte die Aufführung von Beethovens neunter Symphonie am 16. Mai 1941. Karl Senn weist in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Mai 1941 (Seite 5) auf die Problematik der Aufführung solch anspruchsvoller Kompositionen angesichts beschränkter künstlerischer Ressourcen hin:

„[…] Die Tatsache, daß in Innsbruck kein ständiger gemischter Chor zur Verfügung steht und für diese Aufführung eigens zusammengestellt werden mußte, beleuchtet mit die Schwierigkeiten, die zu bewältigen waren. Der Chor, besonders der zahlenmäßig geringe Männerchor hatte Mühe, sich durchzusetzen. Alle waren offensichtlich mit tiefster Hingabe bemüht, ihr Bestes zu geben.

Vom Soloquartett, das mit Mitgliedern unseres Landestheaters besetzt war (Sopran: Margot Koechlin, Alt: Fritzi Heinen, Tenor: Georg Wilhelm Rothhaar, Bariton: Max Bender), muß man sagen, daß es mit anerkennenswertem Bemühen seine überaus schwierige und deswegen wenig dankbare Aufgabe mit bestmöglichem Gelingen bewältigt hat. Wenn so, in Anbetracht der ungeheueren Schwierigkeiten, eine die Zuhörer befriedigende und von ihnen mit lautem Beifall anerkannte Aufführung zustande kam, ist dies der mit glühender Hingabe immer wieder anfeuernden Leitung Direktor Weidlichs, aber auch der vom besten Willen, Können und Mitgehen getragenen Anspannung aller Mitwirkenden zu danken.“

Am 26. Mai 1941 folgte eine Wiederholung dieser Aufführung (Ankündigung in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Mai 1941, Seite 5).

Das Gesamtprogramm der Symphoniekonzerte beinhaltete eine Konzentration auf die deutsche Musiktradition und wurde dadurch den Erwartungen und Vorgaben nationalsozialistischer Kulturpolitik in vollem Maß gerecht.

Die Konzertplanung für die neue Saison wurde in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. September 1941 (Seite 4) vorgestellt:

„Die Konzertspielzeit 1941/42 des Tiroler Landestheaters Innsbruck bringt neun Symphoniekonzerte, die nun im Landestheater [vormals im Großen Stadtsaal] zur Aufführung kommen, fünf Kammermusikabende im Konzertsaal der Städtischen Musikschule und vier Meisterabende im Großen Stadtsaal. Die Symphoniekonzerte werden teils vom Tiroler Landes-Symphonieorchester, teils von bedeutenden Gastorchestern wie dem Dresdener Philharmonischen Orchester oder dem Reichs-Symphonieorchester ausgeführt. Als Solisten für die Symphoniekonzerte, Kammermusikabende und Meisterabende wurden ebenfalls bereits erstrangige Gäste wie Professor Elly Ney, Kammersängerin Viorica Ursuleac, Professor Gerhard Hüsch oder Professor Rudolf Kattnig gewonnen […].“

Beim ersten Symphoniekonzert der Saison 1941/42 am 18. September 1941 leitete Musikdirektor Fritz Weidlich das „verstärkte“ Tiroler Landessymphonieorchester. Das Programm enthielt Webers Ouvertüre zu seiner Oper Euryanthe, Hans Pfitzners Kleine Symphonie op. 44, das Konzert für Violine, Violoncello und Orchester von Johannes Brahms op. 102 und als Abschluss Antonín Dvořáks zweite Symphonie. Star des Abends war der Cellist Ludwig Hoelscher, einer der führenden Künstler im NS-Staat, der 1944 in die „Gottbegnadetenliste“ (Führerliste) Aufnahme fand. Franz Bruckbauer spielte beim Brahms-Konzert den Solopart der Violine.

Das zweite Symphoniekonzert am 16. Oktober 1941 im Tiroler Landestheater war älterer Musik aus deutscher Tradition gewidmet. August Schmid-Lindner aus München leitete dabei das von ihm gegründete Kammerorchester. Karl Senn würdigt dieses spezielle Orchester in seiner Konzertbesprechung (Innsbrucker Nachrichten vom 18. Oktober 1941, Seite 5) „als einen einheitlichen Klangkörper erstklassiger Prägung“, der „in feinster Einfühlung hauptsächlich Werke der Meister des Barock, der Renaissance und der Klassik bringt“. Dem entsprach auch das Programm des Innsbrucker Abends: das Concerto grosso in F-Dur von Georg Friedrich Händel, zwei „symphonische Sätze“ aus Kantaten von Johann Sebastian Bach, wobei als Soloinstrumente Oboe und Gambe eingesetzt waren, ein Allegretto für Flöte und Kammerorchester nach einer Flötensonate Friedrichs des Großen, in der Bearbeitung des Dirigenten und schließlich Mozarts Symphonie in A-Dur (KV 201), „ein Frühwerk voll unbeschwerter, heiterer Musizierfreudigkeit, das in so kostbarer, geläuterter Wiedergabe zur Hochblüte edelsten Musiziergutes ward“.

Auch das dritte Symphoniekonzert am 13. November 1941 brachte ein rein „deutsches“ Programm mit Joseph Haydns Sinfonie Nr. 100 (Militärsinfonie), dem zweiten Klavierkonzert in B-Dur von Johannes Brahms und der symphonische Dichtung Tod und Verklärung von Richard Strauss. Klaviersolist war Walter Rehberg von der Staatlichen Akademie der Tonkunst in Stuttgart, das Tiroler Landessymphonieorchester leitete Hans-Georg Ratjen. Karl Senn hielt über dieses Konzert fest:

„[…] Professor Rehberg hat den im virtuosen Sinn nicht immer dankbaren Klaviersatz mit künstlerischer Gewissenhaftigkeit gemeistert und dem Werk im Einklang mit dem Orchester eine stilgerechte Ausdeutung gegeben. Seine ausgezeichnete Technik ließ die Schwierigkeiten nicht ahnen, die im Werk liegen. Auch das Orchester ist seiner Aufgabe in bester Weise gerecht geworden […].

Eine der beliebtesten, wenn auch nicht bedeutendsten Straußschen Tondichtungen ist Tod und Verklärung, 1891 entstanden, von Strauß [!] im Alter von 27 Jahren geschrieben. Sie wirkte in der Neuartigkeit der Tonsprache und ihres Klanges verblüffend, war auch vorerst nur ersten Orchestern zugänglich, bevor sie Gemeingut wurde […]. Opernkapellmeister Ratjen hat trotz der technischen Schwierigkeiten das Werk mit großer Hingebung vorbereitet und es in prachtvoller Weise, voll Temperament und hinreißendem Schwung geleitet und zu lebendiger Darstellung gebracht. Auch dem Orchester muß für die ausgezeichnete Art, wie es die Absichten des Dirigenten ausführte, gedankt werden“ (Innsbrucker Nachrichten vom 15. November 1941, Seite 8).

Das vierte Symphoniekonzert am 11. Dezember 1941 war als „Mozart-Festkonzert“ deklariert, zum Gedenken an den 150. Todestag von Wolfgang Amadé Mozart. Unter der Leitung von Musikdirektor Fritz Weidlich kamen daher ausschließlich Kompositionen von Mozart zur Aufführung. Eröffnet wurde der Abend mit der Ouvertüre zur Oper La clemenza diTito. Über den Verlauf dieser letzten Veranstaltung des Tiroler Landestheaters zum Mozart-Festjahr berichtet Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Dezember 1941, Seite 7:

„[…] Als zweites Werk wurde das Notturno in D-Dur (Serenade für vier Orchester) Köch. Verz. 286 – etwa 1776 entstanden gebracht. Die vier Orchester, jedes aus Streichern und zwei Hörnern bestehend, wurden der Klangwirkung wegen räumlich aufgestellt. Das erste Orchester spielte auf der Bühne, die drei anderen waren an verschiedenen Stellen hinter der Bühne verteilt […]. Als Solistin für das A-Dur-Konzert für Violine und Orchester, Köch.-Verz. 219, war Maria Neuß [Neuss] aus Berlin verpflichtet worden […]. Maria Neuß spielte das Konzert mit sehr weichem, aber auch elegantem Ton, namentlich im Adagio voll süßer Mozartscher Melodik, das Werk im ganzen überaus sorgfältig und geistvoll behandelnd. Den Abschluß des Abends bildete die Symphonie Nr. 41 in C-Dur, Köch. Verz. 551 […]. Musikdirektor Weidlich hatte das Werk sehr sorgsam vorbereitet und es mit aller Feinheit und Geistigkeit, die diesem überragenden Werke innewohnt, mit einer edel klingenden Durchsichtigkeit und Leichtfüßigkeit bei allem Glänzen und Strahlen gestaltet; so wurde es auch zu einer Glanzleistung des Orchesters.

Das voll besetzte Haus nahm alle Werke mit großem Beifall auf, damit auch den Manen Mozarts huldigend.“


Kammerkonzerte

Im letzten Kammerkonzert der Saison 1940/41 am 22. Mai 1941 kam Karl Senn mit einer Aufführung seiner Musik für Harfe und Streicher an die Reihe. Solist des Abends im Konzertsaal der Städtischen Musikschule war Dr. Albert Riester. Unter der Leitung von Musikdirektor Fritz Weidlich spielte das Kammerorchester des Tiroler Landes-Symphonieorchesters weiters die Intermezzi goldoniani op. 127 von Enrico Bossi (1861-1925). Der Bass Dr. Hermann Juch aus Wien trug Lieder von Hugo Wolf und Richard Strauss vor, Antonie Brixa und Julius Baßler spielten die Suite für zwei Klaviere von Sergej Rachmaninov (1873-1943). Senns Komposition passte sich den Erwartungen an. Zum einem wurde die Harfe als ein Instrument nordischer Tradition angesehen, zum anderen ist das Seitenthema im dritten Satz bewusst stilistisch japanischer Musik nachempfunden, vermutlich eine dezente Reverenz an das deutsch-japanische Freundschaftsverhältnis.

Als erste Veranstaltung zur Festesfolge im Gedenken an den 150. Todestag von Wolfgang Amadé Mozart fand am 27. August im Hof des Tiroler Volkskunstmuseums eine „Mozart-Serenade“ statt. Die Leitung hatte Fritz Weidlich. Gespielt wurden eine Serenade, ein Streichquartett, das sogenannte „Dorfmusikanten-Sextett“ (Ein musikalischer Spaß KV 522) und Teile aus dem [!] Hornkonzert. „Da der Zuhörerraum im Hof des Volkskunstmuseums gedeckt ist, kann die Serenade auch bei zweifelhafter oder schlechter Witterung stattfinden“ (Innsbrucker Nachrichtenvom 23. August 1941, Seite 6).

Das erste Kammerkonzert der neuen Saison 1941/42, veranstaltet vom Tiroler Landestheater, brachte am 2. Oktober 1941 eine Begegnung mit dem Cellisten Rudolf Hindemith, einem Bruder des Komponisten Paul Hindemith und dem Pianisten Hermann Bischler, mit Musik von Beethoven (Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll, op. 5, Klaviersonate in f-Moll, op. 57), Rudolf Hindemith (8 Schulfugen für Klavier) und Chopin (Sonate für Violoncello und Klavier g-moll, op. 65). (Besprechung von Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Oktober 1941). Im März 1941 war dieses Duo im Rahmen der „Ständigen Konzertreihe“ mit einem ähnlichen Programm in Kufstein aufgetreten. Anstelle der Chopin-Sonate hatten die beiden Künstler in Kufstein allerdings die Sonate für Violoncello und Klavier in g-Moll von Sergej Rachmaninov gespielt. Russische Musik war damals noch opportun gewesen, angesichts des deutsch-russischen Freundschaftspaktes, inzwischen aber wegen des Krieges mit Russland nicht mehr erwünscht.

In weiteren Konzerten der Innsbrucker Kammermusikreihe spielte unter anderem das Weitzmann-Trio aus Leipzig am 30. Oktober 1941 das Klaviertrio op. 87 von Johannes Brahms, das Trio g-Moll, op. 15 von Bedřich („Friedrich“) Smetana und das „Nocturno“ in Es-Dur von Franz Schubert (Innsbrucker Nachrichten vom 27. Oktober 1941, Seite 4).

Am 25. November 1941 war das Münchner Klaviertrio in Innsbruck zu Gast. Zusammen mit diesen arrivierten Musikern (Professor Franz Dorfmüller, Klavier, Hans König, Violine, Erster Konzertmeister der Münchner Staatsoper und Oswald Uhl, Violoncello, Solocellist der Münchner Staatsoper) spielten der „Kammervirtuose“ Fritz Schmid (Viola) und Musikdirektor Fritz Weidlich am Klavier ein Programm, das ausschließlich Mozart gewidmet war: das Klaviertrio in B-Dur (KV 502), die Sonate in D-Dur für zwei Klaviere (KV 448) und das Klavierquartett in Es-Dur (KV 493).

Ebenfalls zum Festprogramm im Mozart-Gedenkjahr gehörte ein Kammermusikabend am 16. Dezember 1941, der von der NS.-GemeinschaftKraft durch Freude im Konzertsaal der Städtischen Musikschule veranstaltet wurde. Dem Bericht von Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichtenvom 18. Dezember 1941 (Seite 4) ist zu entnehmen, dass Josef Eduard Ploner mit „einem kurzen, einleitenden Vortrag“ auftrat und dabei „über Mozart, seine Abstammung und seine Bedeutung für die heutige Zeit“ sprach. Das Konzertprogramm enthielt Lieder und Klavierwerke Mozarts sowie sein Streichquartett in Es-Dur (KV 428), musiziert vom Streichquartett des Innsbrucker Kammerorchesters (Josef Drevo, 1.Violine, Martin Blau, 2. Violine, Friedl Hasslwanter, Viola und Heinrich Barthlmeß, Violoncello). Der reguläre Primarius des Streichquartetts, Roman Wisata, war auf einer „Wehrmachtstournee“ eingesetzt. Die Innsbrucker Nachrichten vom 26. September (Seite 5) teilen mit: „Roman Wisata, der erste Konzertmeister des Konservatoriums Innsbruck, wurde kürzlich für eine Wehrmachtstournee eingeladen, die ihn durch mehrere Städte Sachsens und des Sudetenlandes führte. Der Erfolg des Künstlers war so groß, daß er sofort für eine zweite Wehrmachtskonzertreise eingeladen wurde.“

Streichquartettkultur in Vollendung brachte das Wendling-Quartett aus Stuttgart am 14. Dezember 1941 in den Konzertsaal der Städtischen Musikschule. Neben Ludwig van Beethovens Streichquartett in c-Moll op. 18 erklangen Mozarts Streichquartett in B-Dur (KV 258) und Robert Schumanns Klavierquartett op. 44 mit der Pianistin Else Marte aus Bregenz, einer ehemaligen Schülerin der Stuttgarter Musikhochschule (Innsbrucker Nachrichten vom 16. Dezember 1941, Seite 5).

Mit einer originellen Besetzung und einem eigenwilligen Programm gastierte das Münchner Harfenquintett Anfang Oktober 1941 in Innsbruck. Die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude hatte dieses Ensemble für eine Reihe von Konzerten an verschiedenen Austragungsorten verpflichtet. Die Innsbrucker Nachrichten vom 4. Oktober 1941 informieren über die Besonderheiten dieser Konzerttournee:

„[…] Ungewöhnlich ist die Vortragsfolge, die neben längst bekannten Werken alter, klassischer und neuerer Meister musikalische Kostbarkeiten setzt, die erst aus der Archivschublade des Musikgelehrten gegraben werden mußten. Ungewöhnlich ist aber auch die Zusammensetzung des Quintettes, in dem sich zwar Harfen mit Klarinette und Cello vereint haben, um den klingenden Koloratursopran Hedda Ditmars wirkungsvoll zu untermalen […]. Die Vortragsfolge ist ungemein abwechslungsreich und ansprechend. Hedda Ditmar singt zur Begleitung ihrer vier Solisten (Jaroy Klika, 1. Harfe, Josef Hanzl, 2. Harfe, Hans Stautner, Klarinette, Hermann Sieferer, Cello) Melodien alter Meister, ein Menuett [!] von [Georg Philipp] Telemann, die Kunst des Küssens von [Andreas] Hammerschmid[t], zwei schalkhaft liebenswürdige Arien aus Cosi fan tuttevon Mozart, drei heitere Brahmslieder (Der Jäger, Mädchenlied, Vergebliches Ständchen) und je einen Walzer von Johann Strauß (G’schichten aus dem Wienerwald) und [Luigi] Arditi (Parla-Walzer). Neben diesen Kostbarkeiten einer kultivierten und heiteren Gesangskunst sind einige ausgewählte Instrumentalnummern, das großangelegte Klarinettenkonzert von Mozart [KV 622], eine Sarabande für Cello und Harfe von Händel, ein fast unbekannt gebliebenes Duo für Klarinette und Cello von Beethoven und eine mit verblüffenden technischen Kniffen ausgestattete Gavotte für zwei Harfen gestellt.“

Das Beethoven-Duo dürfte eines von den drei Duos für Klarinette und Fagott WoO 27 gewesen sein, gespielt mit Cello an Stelle des originalen Fagotts.


Sonder- und Meisterkonzerte

Für das 3. Meisterkonzert am 8. Jänner 1941 wurde der Erste Konzertmeister der Berliner Philharmoniker Siegfried Borries eingeladen, der mit einem virtuosen Programm in Innsbruck auftreten sollte. Der Künstler hatte 1939 von Reichsminister Goebbels den „Nationalpreis für Violine“ verliehen bekommen. Für seine Innsbrucker Darbietung in Partnerschaft mit Fritz Weidlich am Klavier, waren nach einer Ankündigung in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Jänner 1941 (Seite 6) folgende Werke geplant:

„Beethovens Frühlingssonate, J. S. Bachs grandiose Chaconne, Mozarts D-Dur-Konzert (zum Gedenken der 150. Wiederkehr des Todestages), Paganinis berühmte Hexentänze, des spanischen Geigerkönigs [Pablo de] Sarasate Faust-Fantasie und Richard Strauß’ [!] beschwingter Rosenkavalier-Walzer in der Bearbeitung Prihodas [Váša Přihodas].“

Nach einer Mitteilung in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Jänner 1941 (Seite 7) musste der Solist „die ganze Gastspielreise durch die Alpengaue absagen“, das Konzert würde zu einem späteren Termin nachgeholt.

Zu einem Kontrastprogramm, nämlich „einen Meisterabend froher Unterhaltung“ mit Georges Boulanger (1893-1958), lud die Deutsche Arbeitsfront, Abteilung Feierabendgestaltung, ihr Publikum mit einer Konzertankündigung in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Jänner 1941, Seite 4. Dort wird überdies werbewirksam verkündet: „Für die reich ausgestattete Vortragsfolge wurde in erster Linie Georges Boulanger, der berühmte rumänische Meistergeiger, gewonnen, ferner eine Reihe bester deutscher, italienischer und ungarischer Künstler, die heitere, virtuose und volkstümliche Musik bieten.“

Über diesen Abend im Großen Stadtsaal vermerkt Theodor Mühlich in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. Jänner 1941, Seite 5:

„Um es gleich vorwegzunehmen: selten sah man das Innsbrucker Publikum so begeistert, wie an dem Meisterabend froher Unterhaltung […]. Im Mittelpunkt der äußerst gut besuchten Veranstaltung stand natürlich der rumänische Meistergeiger Georges Boulanger, ein Musiker von hinreißendem Temperament. Zeigte er als Solist in einigen seiner Kompositionen – wir denken hier vor allem an Ein Brief oder Ewige Jugend – sein musikalisches Einfühlungsvermögen, so liegt seine Stärke doch vor allem in der Beherrschung moderner Tanzrhythmen, denen seine impulsive Musikalität, die auch in seinem persönlichen Auftreten zum Ausdruck kommt, mitreißendes Tempo verleihen. Die Solisten seines ausgezeichneten Orchesters, vor allem der Akkordeonist Bruno Klibor, leisteten wirklich Vorzügliches. Die humorvolle Ansage hatte Carl Eichheim übernommen […]. Die 5 Vokal-Melodios, die wir schon des öfteren am [!] Rundfunk hören konnten, fanden mit ihren gesanglichen Darbietungen ebenfalls den Beifall der Zuhörer. Mit einer akrobatischen Tanzeinlage überraschte Marja Tamara und brachte so in die musikalische Vortragsfolge des Abends eine dankbar begrüßte Abwechslung.“

In den Innsbrucker Nachrichten vom 18. Februar 1941, Seite 6, wird für den 24. Februar ein Konzert mit den Münchner Philharmonikern angekündigt. Das Programm war mit Mozarts Haffner-Symphonie, Max Regers Mozart-Variationen und Anton Bruckners siebter Symphonie auf Nationalstolz ausgerichtet. Dies wird auch im genannten Zeitungsartikel betont: „Professor [Oswald] Kabasta hat für Innsbruck ein geradezu vorbildlich zu nennendes Programm gewählt […].“ Über die Tournee des Orchesters wird ausgeführt: „Das ‚Orchester der Hauptstadt der Bewegung‘ – die Münchner Philharmoniker – unternimmt alljährlich in den ersten Monaten des Jahres ausgedehnte Konzertreisen durch das Deutsche Reich und ins Ausland, die ihm den Ruf eines der hervorragendsten und beliebtesten Orchester des Reiches eingetragen haben, besonders seit Generalmusikdirektor Kabasta ihr musikalischer Führer wurde. Die diesjährige Konzertreise führt das Orchester in zwei Abteilungen durch 34 Städte des Deutschen Reiches und des Protektorates; am 24. Februar [1941] beginnt in Innsbruck der zweite Teil der Reise, der durch die Alpengaue und ins Protektorat [das 1939 annektierte Böhmen und Mähren] führt.“

Vom Konzert der Gitarristin Luise Walker zeigt sich Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. März 1941 (Seite 5) beeindruckt:

„Von der Gitarristischen Vereinigung Tirol eingeladen, gab die jugendliche Gitarrekünstlerin Luise Walker am Samstag, den 15. d[ieses] M[onats März 1941], im Saale der Städtischen Musikschule ein Konzert […]. Es war eine große Freude, den Darbietungen dieser ganz hervorragenden Künstlerin, ihrem Ruf nach der besten Gitarristin der Welt, zu lauschen. Luise Walker ist Wienerin, stammt aus einer musikalisch sehr interessierten Familie und kam eigentlich aus Zufall zur Gitarre, auf der sie Meisterin wurde. Sie studierte an der Wiener Staatsakademie, wo der bekannte Gitarrist, unser Landsmann Professor [Jakob] Ortner [(1879 Innsbruck-1959 Payerbach/Niederösterreich)] ihr Lehrer war […]. In ihrem Konzert am Samstag lies sich Luise Walker als fabelhafte Künstlerin erkennen, bei der man nicht wußte, soll man die ganz einzigartige Grifftechnik der linken Hand oder die wunderbar ausgeglichene Spieltechnik der rechten Hand mehr bewundern […]. Die Vortragsfolge enthielt wertvolle Gitarre[n]musik mit Werken, die zu den schwersten für das Instrument gehören, besonders mit solchen von spanischen Meistern aus der Hochblüte der Gitarrekunst. Besonders gefielen eine Etüde von [Benedetto] di Ponio, Sonate von [Federico]Moreno Torroba, Variationen über das Schubertsche Lied Die Forelle von Karl Friesenegg, Recuerdos de la Alhambra von [Francisco] Tarrega. Stürmischer Beifall erzwang von der Künstlerin noch eine Reihe von Zugaben.“

Wie nahezu alljährlich, beehrte auch am 8. März 1941 das NS.-Symphonieorchester die Gauhauptstadt Innsbruck. Dieses Konzert wurde immer zu einem propagandistischen Großereignis und entsprechend inszeniert: „Unser Stadtsaal prangte daher im festlichen Schmuck: Rot, Weiß und Gold vermischten sich mit dem Grün des Blattschmuckes auf dem Podium und [der] Orgelempore“ schreibt Dr. Albert Riester in seinem Konzertbericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. März 1941, Seite 5. An der Spitze der Festgäste erschien Gauleiter Franz Hofer, der den Ehrenschutz des Abends übernommen hatte. „Uniformierte der Partei, ihrer Gliederungen und solche aller Wehrmachtsteile, sowie eine festliche erwartungsfreudige Zuhörerschaft füllten den Saal bis auf den letzten Platz.“ Das Programm enthielt die dritte Leonoren-Ouvertüre von Beethoven, Antonín Dvořáks berühmtes Cello-Konzert in h-Moll und abschließend Franz Schuberts sogenannte „große“ Symphonie in C-Dur D 944. Albert Riester lobt die Leistung der Interpreten:

„In dem [Cello-] Solisten des Abends, Philipp Schiede, lernten wir einen ausgezeichneten Virtuosen auf seinem Instrument kennen. Reine Intonation, satter Klang in der Kantilene, restlose technische Beherrschung und eine sichere, unverbildete Musikalität bürgten für einen in allen Einzelheiten ausgefeilte Wiedergabe des Meisterwerkes […]. Die Leistungen des NS.-Symphonieorchesters in bezug auf Geschlossenheit des Klanges, Schönheit des Streicherkörpers und der Bläsergruppen sowie auf die Dynamik, vom strahlendsten Fortissimo bis zum hauchzarten Pianissimo, wurden schon oft gewürdigt. Besonders bedenken wollen wir aber des Meisters, der in jahrelanger Arbeit die Vorzüge des Orchesters zu höchster Vollendung brachte. Generalmusikdirektor Franz Adam versteht es, nicht nur seine Musiker, sondern auch die Zuhörer in den Bann seiner überragenden Persönlichkeit zu ziehen […].“

Ein für Anfang April geplantes Meisterkonzert mit dem Pianisten Edwin Fischer wurde wegen anderer Verpflichtungen des Künstlers – er wurde auf eine Auslandstournee berufen – abgesagt (Innsbrucker Nachrichten vom 25. März 1941, Seite 7). Der deutsche Meisterpianist kam jedoch zu einem Gastspiel am 5. Oktober 1941 nach Innsbruck. Karl Senn widmet diesem Auftritt in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Oktober 1941 (Seite 4) einen Artikel, voller Begeisterung:

„Die Konzertunternehmung Johann Groß hat sich seit Jahrzehnten durch Veranstaltungen erstrangiger Konzerte um das Musikleben Innsbrucks verdient gemacht. Die Reihe der Meisterkonzerte dieses Winters eröffnete Edwin Fischer mit seinem Konzert am 5. Oktober im Großen Stadtsaal. Edwin Fischer ist einer der ganz großen deutschen Pianisten, universell, das ganze große Gebiet der Klaviermusik beherrschend, besonders groß als Bach- und Beethovenspieler. Sein Ausdruck ist von elementarer, leidenschaftlicher Kraft und doch von feinster Empfindung, bedingt durch tiefe Versenkung in die Gedankenwelt der Tondichter. Seine Technik ist von einmaliger Art; er verfügt über ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten, Abstufungen von Klangfarben und Tonstärken, die ihm langatmige Steigerungen von fast unbegrenzten Ausmaßen gelingen lassen. Aber Technik ist ihm nur Mittel zum Zweck, das Tonwerk in möglichster Vollendung zum Erklingen zu bringen. Die Mannigfaltigkeit seines Vortragsstiles empfand man so recht in der Vortragsfolge seines Konzertes, das von dem anmutigen Bachschen C-dur-Präludium und Fuge aus dem Wohltemperierten Klavier bis zu den gewaltigen Ausbrüchen der Brahmsschen C-dur-Sonate einen gewaltigen Bogen spannte. Das tiefempfundene Bachsche Präludium und Fuge in cis-moll spielte Fischer ganz sotto voce in zarteste Farben getaucht. Dann folgte die kräftige, energisch aufgebaute D-dur-Toccata, eines der Standardwerke der Toccatenliteratur, die diese Form in neue Bahnen lenkte und damit neue Wege eröffnete.

Mozarts c-moll-Phantasie (Constanze) und D-dur-Sonate waren dem Gedenken des 150. Todestages ihres Schöpfers gewidmet. Mit einzigartigem Klangzauber waren Chopins Barcarole Fis-dur, Nocturne c-moll und die As-dur-Ballade wiedergegeben. Den Schluß bildete Johannes Brahms’ temperamentgesättigte C-dur-Sonate, Werk [op.] 1, die Fischer voll aufwühlender Leidenschaft, die gegensätzlichen Stellen wiederum voll tiefster Innigkeit, zu einem Erlebnis gestaltete. Die vielen Zuhörer bedachten den Meisterpianisten mit reichem Beifall, der ihn zu mehreren Zugaben veranlaßte.“

Auch das im Jänner abgesagte Konzert mit dem Meistergeiger Siegfried Borries kam am 13. Juni 1941 mit dem schon damals geplanten Programm noch zustande. Wie vorgesehen, begleitete Fritz Weidlich den in Berlin als ersten Konzertmeister der Philharmoniker tätigen Ausnahmekünstler. Karl Senns Konzertkritik fällt dementsprechend hymnisch aus:

„Die Vortragsfolge enthielt im ersten Teile drei große klassische Werke der Violinliteratur: Beethovens Frühlingssonate, sehr flüssig und mit großem Schwung gespielt, dann J. S. Bachs Chaconna für Violine allein, die nicht nur virtuos, sondern auch in der durchgeistigten Auslegung einen Höhepunkt des Abends darstellte, endlich Mozarts Violinkonzert in D-dur, das in so stilechter Wiedergabe kaum überboten werden kann.

Im zweiten Teil der Vortragsfolge kam mehr das virtuose Element zur Geltung, wobei der Künstler durch eine faszinierende Technik und blitzsauberen Ton glänzte, immer aber die künstlerische Linie in erster Linie betonte. So kamen von Paganini zwei Capricen, von Richard Strauß-Prihoda [der] Rosenkavalierwalzer und [von] Pablo de Sarasate [die] Faust-Fantasie zum Vortrag, denen eine Reihe von Zugaben folgen mußten, die das sehr beifallfreudige, ausverkaufte Haus dem Künstler abnötigte.

Musikdirektor Fritz Weidlich war ihm ein sehr anschmiegsamer, die Absichten des Geigers bestens unterstützender Begleiter, der künstlerisch sein Bestes gab“ (Innsbrucker Nachrichten vom 16. Juni 1941, Seite 6).

Eine andere Paradekünstlerin des NS-Staates, Elly Ney, die ebenfalls 1944 in Adolf Hitlers „Gottbegnadetenliste“ eingereiht wurde, wird in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Juni 1941 (Seite 7) für ein Konzert am 21. Juni im Rahmen des 2. Winterhilfswerkes angekündigt:

„Elly Ney, die alle musikliebenden Menschen auf ihren Reisen durch Deutschland, Europa, Amerika usw. begeisterte und große Triumphe feierte, wird von Beethoven die Sonata quasi una fantasia cis-moll op. 27/2, die Sonate C-dur op. 53 (Waldsteinsonate) und die sechs Variationen in F-dur op. 34 sowie von Schubert das Forellenquintett op. 114 am Flügel zum Vortrag bringen.“

In den Innsbrucker Nachrichten vom 18. Juni 1941, Seite 5, sind ihre Partner bei Schuberts Forellenquintett genannt: „Mehrere Mitglieder des Innsbrucker Kammerorchesters, Frl. Friedl Haßlwanter (Bratsche), Max Becke (Cello) und Josef Drevo (1. Violine), begleiten das Konzert. Ferner wirkt Professor Ludwig Jäger aus München (Kontrabaß) mit.“

Am 23. Oktober 1941 konzertierte Winfried Wolf, „ebenfalls einer der führenden Berliner Pianisten“, in Innsbruck. Sein Programm umfasste „die berühmte Klaviersonate von Johannes Brahms f-moll, op. 5, zwei Fantasien von Mozart (zur 150. Wiederkehr des Todestages) und eine große Gruppe Chopin (Scherzo, Ballade, Nocturno, Mazurka, Polonaise)“ (Innsbrucker Nachrichten vom 17. Oktober 1941, Seite 5).

Im November 1941 folgten mehrere Liederabende. Der spanische Meisterbariton Celestino Sarobe gastierte am 3. November auf Einladung der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude mit einem stilistisch bunt gemischten Programm spanischer Lieder, italienischer Gesänge und deutscher Lieder von Franz Schubert. Außerdem bot der Sänger zum effektvollen Abschluss des Konzerts zwei berühmte Opernarien: den „Prolog“ aus Leoncavallos Bajazzo und eine Kavatine aus Rossinis Barbier von Sevilla. „Am Flügel saß der sudetendeutsche Pianist Erhard Michel, dessen ausgezeichnetes technisches Können sich auch in der Begleitung bewährte“ (Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 5. November 1941, Seite 4).

In einer Konzertvorschau in den Innsbrucker Nachrichten vom 5. November 1941 (Seite 4) wird für den 6. November der erste „Meisterabend“ des Tiroler Landestheaters im Großen Stadtsaal mit der Koloratursängerin Lea Piltti von der Wiener Staatsoper angekündigt. Das Programm sah Lieder von Mozart, Schubert, Schumann, Hugo Wolf, Richard Strauss und Gesänge des finnischen Komponisten Yrjö Kilpinen (1892-1959) vor. Musikdirektor Fritz Weidlich wird als Klavierbegleiter genannt.

Anstelle des „dienstlich“ verhinderten Kammersängers Hans Hermann Nissen übernahm Kammersänger Julius Patzak am 22. November den 3. „Meisterabend“ der Konzertunternehmung Johann Groß im Großen Stadtsaal. Karl Senn stellt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 27. November 1941 (Seite 7) beeindruckt fest:

„[…] Der auf der Höhe seines Ruhmes, sowohl als Lieder- wie als Opernsänger stehende Künstler ist in Innsbruck genugsam bekannt und der Kreis seiner Verehrer und Freunde weitet sich immer mehr […]. Mit am schönsten waren die beiden Arien von W. A. Mozart aus der Oper Die Zauberflöte und die als Zugabe gegebene Arie aus Cosi fan tutte. Sie waren Musterbeispiele gepflegter Gesangskunst im Geiste Mozarts. Glänzend in den Koloraturen und schwelgend im bel canto war die Arie aus Donizettis Oper Der Liebestrank. Eine Reihe von Liedern Franz Schuberts: An die Hoffnung, Auf den Wasser zu singen, Lied im Grünen und Die Forelle zeigten die hochentwickelte Gesangskunst des Gastes als Liedsänger, zumal auch sein schönes, schwebendes Piano in den hohen Kopftönen, wie auch seinen stilgemäßen Liedvortrag […].“

In den Innsbrucker Nachrichten vom 25. November 1941 (Seite 5) ist ein Liederabend mit Helge Roswaenge erwähnt, der für den 1. Dezember geplant war: „Der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude ist es gelungen, den berühmten Kammersänger der Staatsoper Berlin und Wien, Helge Roswaenge für ein Konzert in Innsbruck zu verpflichten. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn Helge Roswaenge heute als der beliebteste Tenor in Deutschland gilt.“

Als Alternativprogramm brachte die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude am 10. November 1941 einen Abend unter dem Motto „Musik des Südens“ im ausverkauften Stadtsaal auf die Bühne. Die Attraktion war das berühmte Tango-Orchester Eduardo Bianco. Dieses entfachte mit den im Ensemble mitwirkenden Tanz- und Gesangssolisten eine entfesselte Stimmung, wie sie „der Stadtsaal im Rahmen ähnlicher Veranstaltungen kaum einmal erlebt haben dürfte.“ Weiters charakterisiert Heinz Cornel Pfeifer den begeisternden Verlauf dieser Veranstaltung in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. November 1941, Seite 5:

„Nichtendenwollender Beifall rief die Künstler immer wieder an die Rampe, erzwang Zugabe um Zugabe, bis mit erheblicher Verspätung doch einmal das umfangreiche Programm beendet werden konnte […]. Was der Tangokönig an diesem Abend bot, war ein in Musik gesetzter Ausschnitt aus jener fremdländischen, uns oft bizarr anmutenden Welt Spaniens und Südamerikas, die sich in den eigenartigen Rhythmen, verbunden mit einem klanglichen Wohllaut, offenbarten. Viele der Tangolieder ließen sogar den für die Heimat volksliedhaften Zug erkennen. Man fühlte aus ihnen die Volksseele, den Hang zur Romantik und Zärtlichkeit, über den ein Hauch Sentimentalität liegt, andere wieder sind feurig, wild, voll übersprudelndem Temperament und berauschen in ihrer Klangfülle, ihrem Wohllaut und weicher Modulation […]. Als Gast tanzte die Filmschauspielerin Charlotte Dalys – übrigens eine Hamburgerin – eine Phantasie, Polka, Walzer und ein Stepp-Potpourri. Ein durchmodellierter Körper von klassisch zu nennenden Ebenmaß wirbelte über die Bühne und zeigte Tanzkunst modernster Richtung bei virtuoser Beherrschung der gertenbiegsamen Gestalt.

Anmutig, vornehm und voll hoheitsvoller Grazie waren die spanischen Tänze der schönen Carmen de Iberia, die in der edlen Haltung und Würde einen ausdrucksvollen Begriff der Grandezza und südlich berauschenden Hingabe der Tänze ihrer Heimat gab. Die reizende Liliane Berti trat – eine choreographische Meisterleistung – als Mädchen aus Bali auf die Bühne, sang die anfangs melancholische Weise mit und tanzte den Rumba, jenen eigenwilligen, synkopendurchsetzten, fast nur aus Rhythmus bestehenden Tanz der märchenhaften Südseeinseln […].“

Das vierte von der Konzertunternehmung Groß veranstaltete „Meisterkonzert“ brachte am 3. Dezember 1941 im Großen Stadtsaal eine Begegnung mit dem berühmten spanischen Meistercellisten Gaspar Cassadó aus Barcelona. Den großartigen Eindruck und die einzigartige Atmosphäre dieses Abends vermitteln Karl Senns bewundernde Worte in seiner Konzertkritik in den Innsbrucker Nachrichten vom 5. Dezember 1941, Seite 4:

„Cassado ist ein ganz großer unter den Meistern, nicht nur des Cellospiels; er ist ein Musiker vornehmster Art mit feinem Fingerspitzengefühl, der weiß, wie er gestalten muß, um ein Kunstwerk vollendet zur Wiedergabe zu bringen. Eine solch tiefe Hingabe, ein solches Hineinleben in die Musik, eine so vornehme Ruhe, mit der Cassado die herrlichen Klänge aus seinem Instrument zaubert, kann man nur bei einem Künstler von seiner Größe erleben.“

Mit ähnlich großer Begeisterung berichtet Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 20. Dezember 1941 (Seite 6) von einem „Sonderkonzert“, das die Konzertunternehmung Groß am 18. Dezember 1941 im Großen Stadtsaal als letzte Feier zum Gedenkjahr Wolfgang Amadé Mozarts veranstaltete. Zu Gast war Professor Wilhelm Stross mit seinem Kammerorchester. „Professor Wilhelm Stroß ist ein Künstler seltener Prägung, ein Geiger voll edelster Kultur, der sicher in der ersten Reihe aller Geigenkünstler steht. Seinem Kammerorchester ist er ein idealer Führer, der das höchste aus ihm herauszuholen versteht. So befreiend, so verklärt ist Mozart wohl noch nie gespielt worden; es war edelste Kunst, die uns die Münchner Gäste geboten haben.“


Schülerkonzerte und Musikerziehung

Die Musikerziehung, der die Nationalsozialisten insbesondere zur ideologischen Formung der jungen Menschen große Bedeutung beimaßen, wurde von öffentlichen Institutionen, doch auch durch private Initiativen betreut. Die Musik war ein Medium zur Bestärkung der Identifikationsbereitschaft und der Gemeinschaftsbildung. Ihre Vermittlung wurde daher sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich zuverlässigen Gefolgsleuten anvertraut, die durch ihre Anmeldung bei den zuständigen Stellen der Reichsmusikkammer ihre liniengetreu ausgerichtete Unterrichtspraxis nachzuweisen hatten. Mit Vortragsabenden der Schüler wurde die parteikonforme Tätigkeit öffentlich bekundet. Von einem solchen „Schüler-Vorspielabend der Privatmusikerzieher“ erfahren wir in den Innsbrucker Nachrichten vom 20. Februar 1941, Seite 7:

„Die Reichsmusikkammer, Fachschaft Musikerziehung, Kreismusikerschaft Innsbruck, hatte am Dienstag, den 18. d[ieses] M[onats Februar], im Saal der Städtischen Musikschule einen Schüler-Vortragsabend der Privatmusikerzieher veranstaltet. Man hörte Schüler und Schülerinnen der Klavierschulen: Leopoldine Bachmann, Paula Belcic, Margarethe, Lisbeth und Hermine Helff-Hibler von Alpenheim, Margarethe Jenewein, Emma Kosel, Ottilie Praxmarer, Dr. Albert Riester, Luise Strele, Ludwig Zaresky, Anna von Zitkovsky sowie der Gesangsschulen Rose Hagenauer und Charlotte von Zallinger.

In einer allerdings allzu reichlichen Vortragsfolge von 28 Nummern kamen 32 Schüler und Schülerinnen mit 38 Musikstücken zu Gehör […]. Alles in allem bot der Abend ein erfreuliches Bild von dem erfolgreichen Wirken unserer Privatmusikerzieher und auch von dem Eifer, mit dem von Seite der Lernenden das Studium betrieben wird.“

In seinem Bericht über das Jahresschlusskonzert der Innsbrucker Musikschule geht Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1941 (Seite 6) einleitend auch auf die ideologiebedingte Ausrichtung der neuen Intention von Musikerziehung ein:

„Die Musikerziehung, im Gau Tirol-Vorarlberg bereits auf eine einheitliche Linie gestellt, ist auf einem neuen Wege. Es genügt nicht, daß der Schüler ein oder das andere Instrument lernt; er muß zu den Wurzeln der Kunst geführt werden und verstehen, wie sich die Musik aus dem Volkshaften entwickelt, wie auch die Meisterwerke der Tonkunst aus dem Volksmäßigen ihre Kraft beziehen und wie nur heimatverbundene und in der Heimaterde wurzelnde, in künstlerischem Schaffen gestaltete Musik wahrhaft lebendig und lebensnahe wirkt. Den Weg zu veranschaulichen, den die Musikerziehung in diesem Sinne zu gehen hat, war der Zweck des am Freitag, den 30. Mai, im Landestheater unter dem Leitspruch: ‚Die Musikschule Innsbruck singt, spielt und tanzt für Jugend und Volk’ veranstalteten Jahresschlußkonzertes der Musikschule.

Mit dem Prinz-Eugen-Marsch von [Andreas] Leonhard[t (1800-1866)], gespielt von einem Musikzug der HJ., wurde die Spielfolge eingeleitet. In einer Begrüßung wurde Sinn und Aufgabe der Musikerziehung umrissen. Es gilt Kraft und Schönheit deutschen Wesens vor aller Welt zu erweisen. Nirgends spricht sich der Mensch so aus, wie im Kunstwerk. Der Lebenswille kommt erst ganz zur Gestaltung in seinem künstlerischen Schaffen. Wir müssen aber wieder zurückkehren zum Urgrund, zur Urheimat der Kunst, um uns selber wiederzufinden. Aus der unbewußten Kraft des Volkstums entwickelt sich alles künstlerische Schaffen; Volkstum ist Wurzel. Die Tänze, die Mozart geschaffen, ähneln in ihrer Form und Gliederung dem Volksmäßigen. Aus diesem heraus entwickelt sich sein ganzes Kunstwerk. Mozarts deutsche Seele, die aus seinem ganzen Schaffen spricht, kann erst in unserer Zeit ganz verstanden werden.

In der weiteren Spielfolge sang ein Kinder- und Frauenchor drei Tiroler Volkslieder, um damit die Verbundenheit mit dem Tiroler Boden zu bekunden: das volkstümliche Mei Hoamatl von Josef Pöll, dreistimmig mit Gitarre, Du, du dalkata Jagersbua, dreistimmig mit Instrumenten und den zweistimmigen Kanon Hätt i di. Eine Volkstanzgruppe tanzte zwei Tiroler Volkstänze: Kreuzpolka und Rheinländer. Zwei Tänze von Mozart: Schwabentanz und Ländlerischer Tanz spielte, von Instrumenten begleitet, eine Spielschar der Jugendmusikschule.

Um auch die Zuhörer mit einzubeziehen, wurde eine Art offenes Singen mit dem Tiroler Volkslied Fein sein, beinander bleib’n veranstaltet. Dann tanzte das Ballett des Landestheaters drei deutsche Tänze von Mozart: „Der Kanarienvogel“, „Kontertanz“ [!] und „Schlittenfahrt“ und bildete damit den Uebergang vom Volkstümlichen zum kunstgemäßen Schaffen.

Das verstärkte Schülerorchester der Musikschule bot die schön ausgefeilte Kleine Nachtmusik von Mozart. Weiterhin dem Mahnen Mozarts huldigend und damit die Feier anläßlich seines 150. Todesjahres gestaltend, spielte Konzertmeister Roman Wisata meisterhaft das Andante cantabile aus dem D-dur-Violinkonzert und ebenso der Leiter der Anstalt, Musikdirektor Fritz Weidlich, das Rondo aus dem Klavierkonzert in Es-dur. Damit waren die Höhepunkte des in schöner Steigerung und Entwicklung aufgebauten Abends erreicht.“

Auch diese Form der Berichterstattung ist in ihrer Gewichtung der Information im gewissen Sinn effektive Propaganda.

In der Vorschau zu diesem Schülerkonzert in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. Mai 1941, Seite 5, wird die Verknüpfung von Musikerziehung und Parteiideologie hervorgehoben: „Der Abend wird den Aufbau der Schule sowie die Verbundenheit der Jugend mit dem Volkstum veranschaulichen. Alle städtischen Musikschulen unseres Gaues sind durch das Musikschulwerk zu einer Einheit auf Grund der nationalsozialistischen Idee zusammengeschlossen.“

Im Jahr 1941 erhält das Musikschulwerk Tirol-Vorarlberg seine organisatorische und inhaltliche Verwaltungsstruktur:

„Zur einheitlichen Ausrichtung der gesamten Musikerziehung im Gau Tirol-Vorarlberg besteht bereits seit einiger Zeit das vom Gauleiter und Reichsstatthalter [Franz Hofer] geförderte Musikschulwerk, das nunmehr durch eine durchgreifende Neuorganisation seinen endgültigen Ausbau erhalten hat. Zum Präsidenten des Musikschulwerkes hat der Gauleiter seinen Musikbeauftragten, den Intendanten des Landestheaters P[artei]g[enossen] M[ax] A[lexander] Pflugmacher, berufen, die Leitung der Arbeitsgemeinschaft im Musikschulwerk übernahm Professor Dr. Wilhelm Ehmann, dessen Name in den musikalischen und musikwissenschaftlichen Fachkreisen des Großdeutschen Reiches bekannt ist. Dem Musikschulwerk gehören ferner Vertreter der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossene Verbände und des Staates an, der Arbeitsgemeinschaft als Fachreferenten für verschiedene Ausbildungszweige eine Reihe ausübender Künstler und Musikerzieher des Gaues.

Zum Arbeitsgebiet des Musikschulwerkes gehören die Gründung und Betreuung von Musikschulen, die Erstellung von Lehrplänen, die beratungs- und verwaltungstechnischen Angelegenheiten, fachliche und weltanschauliche Ausrichtung der Lehrkräfte, sowie die Nachwuchsförderung für den Musiker- und Musikerzieherberuf. Zur Abwicklung seiner laufenden Geschäfte hat das Musikschulwerk in Innsbruck, Landhaus-Erweiterungsbau, Zimmer 235, eine eigene Geschäftsstelle eingerichtet“ (Innsbrucker Nachrichten vom 18. September 1941, Seite 3).

Im Zug der Koordinierung und Intensivierung der Musikausbildung kommt es zu Neugründungen von Musikschulen, zum Beispiel in Imst und Landeck, ferner zu einer konsequenten Schulung der Musikerzieher. Über die Eröffnung der Musikschule in Imst melden die Innsbrucker Nachrichten vom 8. Mai 1941, Seite 6:

„Innerhalb weniger Monate war es dank der Unterstützung des Gauleiters möglich, die Arbeiten für den Aufbau einer städtischen Musikschule in der Kreisstadt Imst soweit durchzuführen, daß diese nunmehr ihrer Bestimmung übergeben werden konnte. Es sind nicht nur die nötigen Räumlichkeiten bereitgestellt, sondern es gelang in der verhältnismäßig kurzen Zeit, auch einen mustergültigen Musikbetrieb einzurichten und alle erforderlichen Instrumente zur Verfügung zu stellen. Mit der Leitung der Musikschule Imst wurde Parteigenosse Wurdak [!] beauftragt. Die Eröffnung der Schule durch Kreisleiter Gauinspektor Pg. Mahnert erfolgte im Rahmen einer Feierstunde, der der Präsident der Gaumusikwerkes und Intendant des Tiroler Landestheaters, Parteigenosse Pflugmacher, die Leiterin des Musikschulseminars Innsbruck, P[artei]g[enossi]n Agnes Hoeck, sowie zahlreiche Vertreter von Partei und Staat beiwohnten. Nach einer Begrüßung durch Bürgermeister Pg. Sauerbier sprach der Leiter der Musikschule, Pg. Wurdak, über Sinn und Zweck der Musikschule, deren Hauptaufgabe darin bestehen soll, das gesamte Musikleben des Kreises einheitlich nach nationalsozialistischen Grundsätzen auszurichten und insbesondere die Standschützenmusikkapellen durch Ausbildung weiter zu fördern. Die Leiterin des Musikschulseminars Innsbruck, Pgn. Hoeck, betonte in ihren interessanten Ausführungen, daß gerade durch die Musik und durch die Pflege des Volksliedes der deutsche Mensch wieder zu sich selbst zurückfinden soll. Kreisleiter Gauinspekteur Pg. Mahnert führte aus, daß das früher völlig ungeregelte Musikschulwesen heute durch das vom Gauleiter ins Leben gerufene Musikschulwerk einheitlich ausgerichtet wird.“

Die Musikschule in Landeck wurde Anfang Oktober 1941 mit einer Feierstunde von Kreisleiter Bernard eröffnet. Am Tag darauf gab es ein „Kreisschießen“ (Tiroler Landbote vom 7. Oktober 1941, Seite 4).

Das erste „Schulungslager der Musikerzieher des Gaues Tirol-Vorarlberg“ wurde im August 1941 im „festlich geschmückten Saale der Musikschule Innsbruck“ abgehalten.

Der Abschlussabend sollte „einen kurzen Ueberblick über die im Lager geleistete Arbeit“ geben, wie Karl Senn in seinen Ausführungen in den Innsbrucker Nachrichten vom 25. August 1941, Seite 5, mitteilt:

„An dem zehntägigen Lagerleben im Sieberschen Jungenheim nahmen 50 Musikerzieher aus dem Gau Tirol-Vorarlberg teil.

Lagerleiter Wurdack [!], Musikdirektor in Imst, konnte Gauamtsleiter Hanak als Vertreter des Gauleiters und Reichsstatthalters, Regierungsdirektor Dietl, Bürgermeister Christoph und Intendant M. A. Pflugmacher, Präsident des Gauschulungswerkes Tirol-Vorarlberg, sowie die zahlreich erschienenen Gäste aus der HJ. und dem BDM. begrüßen. Der Chor der Lagerteilnehmer sang unter Leitung von Heinrich Barthelmes [!], Leiter der Instrumentalabteilung an der Musikschule für Jugend und Volk, den Weckkanon und den Chor ‚Und die Morgenfrühe, die ist unsere Zeit’ von [Hans] Baumann, Satz von [Georg] Götsch. Anschließend sprach Lehrer Barthelmes über das Leben und die Arbeit im Lager, wobei Fragen der Musikerziehung, Pädagogik, Methodik, aber auch weltanschauliche, rassische und soziale Themen behandelt wurden.

Die Lagerteilnehmer Trebo [Josef Drevo?] (1. Geige), [Martin?] Blau (2. Geige), Frau [Friedl] Has[s]lwanter (Bratsche) und Musikdirektor [Fritz] Bachler aus Kufstein (Cello) spielten sehr gelungen ein Andante aus einem Streichquartett von Mozart. Agnes Hoeck, Leiterin des städtischen Seminars für Privatmusikerzieher, sprach dann eingehend über Fragen der Musikerziehung.

Der Präsident des Schulungswerkes, M. A. Pflugmacher, sprach sehr gehaltvolle Worte über die Wichtigkeit der Musikerziehung. Musik soll Herz und Sinne stark machen, um die Sorgen und Unbillen des Lebens zu meistern, die mit Kopf und Verstand sich nicht immer bezwingen lassen. Er betonte auch die Verpflichtung zur Tradition. Die Verbindung mit dem guten Alten darf nicht abgebrochen werden. Es gibt keine Neueinführung, die diese Verbindung ableugnen dürfte. Er dankte weiter dem Gaupropagandaleiter Pg. Margreiter und Bürgermeister Christoph für ihre große Hilfe und ihr Verständnis, die sie dem Zustandekommen des ersten Schulungslagers der Musikerzieher zuteil werden ließen.

Unter der temperamentvollen Stabführung des Kulturabteilungsleiters der HJ., Fritz Eng[e]l, kam die Kantate ‚Auf, auf, zum fröhlichen Jagen’ von Cäsar [richtig: Cesar] Bresgen für gemischten Chor, Streichinstrumente, Flöte und Trompete wirkungsvoll zur Aufführung.

Gauamtsleiter Hanak wies schließlich in einer Schlussansprache darauf hin, daß auch die Musikerziehung Arbeit für die Gesamtheit und die Volksgemeinschaft ist und einen besonders schönen und dankbaren Ausschnitt unseres Lebens Freude, Kraft und Weite zu geben hat.“


Beispiele für Kulturveranstaltungen der HJ

Die Intention der Dienstbarmachung von Musik für ideologische Zwecke galt natürlich auch und besonders für die Jugendorganisation der NSDAP, bei deren Erziehungsprogramm die musikalische Ausbildung und Vorführung einen zentralen Stellenwert einnahm. Auch die HJ stellte in diversen Veranstaltungen die Ergebnisse dieser die jungen Menschen mit in den ideologischen Bannkreis der Partei geleitenden Arbeit vor. Ein Beispiel dafür findet sich in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. Juni 1941, Seite 5:

„Zum Abschluß der Winterarbeit trat am Montag, den 16. d[ieses] M[onats Juni], die Gefolgschaft 26 des Bannes Innsbruck-Land (NS.-Jugendheim Siebererhaus) im Verein mit dem Mädel-Schülerheim der Lehrerinnenbildungsanstalt mit einem Musikabend im Musikvereinssaal an die Oeffentlichkeit. In Gegenwart des Gebietsführers Weber, der Obergauführerin Waltraud Mignon und zahlreicher Vertreter von Partei, Staat und Wehrmacht begann der Abend in dem überfüllten Saal mit Begrüßungsworten des Gefolgschaftsführers Wölken. Oberscharführer Kratz, der die musikalische Leitung des Abends innehatte, sprach anschließend über die Bedeutung der Musikerziehung für die Jugend. Die Liebe und Freude zur Musik, die Anlage, die in jedem jungen Menschen steckt, aber vor allem unsere großen deutschen Meister verpflichten die Jugend zur Musikpflege und Ausbildung.

Das reichhaltige Programm des Abends, zu dem der Chor der Hitlerjugend und BDM.-Mädel auf der Bühne angetreten waren, brachte einen bunten Reigen von frischen und ernsten, von älteren und neueren Volksliedern, deren Wiedergabe auf eine sehr sorgfältige chorische Schulung schließen ließ, aber auch der beste Beweis dafür ist, wie sehr die Jungen und Mädel aus ganzem Herzen bei der Sache sind. Im Verlauf des Abends gab der gemischte Chor eine Reihe von Löns-Liedern und ein paar heimatliche Volkslieder zum Besten. Einen besonderen Höhepunkt bildete jedoch zweifellos die Waldkantate mit dem fröhlichen Text von Matthias Claudius. In die gesanglichen Darbietungen war eine Reihe von Instrumentalstücken alter Meister eingestreut, die ein nettes Zusammenspiel der Jungen zeigte. Besondere Erwähnung verdient das Spiel von Toni Kratz, der am Flügel eine kleine Folge von eigenen Kompositionen Gesänge der Frühe in ausdrucksvoller Weise wiedergab […].“

Eine noch eindrucksvollere Vorstellung für die musikalische Erziehungsarbeit im Rahmen der HJ zeigte ein „Deutscher Tanzabend der Innsbrucker Hitler-Jugend“ im März 1941, bei dem Gauleiter Hof als Festgast anwesend war:

„Der Veranstaltungsring des Bannes Innsbruck-Stadt hatte die Hitler-Jugend und den BDM. zu einem deutschen Tanzabend im Großen Stadtsaal geladen. Mit großer Erwartung sahen viele Hunderte von Mädel und jungen Burschen dem Abend entgegen, der ihnen einmal trotz des Ernstes der Zeit das Recht geben sollte, froh und lustig zu sein. In dem übervollen Saal gab das bunte Bild von Uniformen, Trachten und Lederhosen den richtigen Rahmen für den Abend, der neben allgemein deutschen Tänzen vor allem heimisches Tanzgut zu bringen versprach. Zur Eröffnung des Abends sprach der K.-Führer des Bannes, Stammführer [Hermann] Pepeunig, ein paar kurze herzliche Worte zu allen Gästen und Kameraden und forderte sie auf, daran mitzuarbeiten, eine neue, besonders in der HJ. erstrebte Form von Fröhlichkeit und Geselligkeit zu finden, die unserer Art entspricht und wieder dazu beiträgt, unseren täglichen Dienst doppelt ernst und einsatzbereit zu tun. – In einer ununterbrochenen Folge spielte dann den ganzen Abend lang das Innsbrucker HJ.-Bannorchester schwungvoll auf; Gemeinschaftstänze und Paartänze, besonders solche aus den Alpenländern, die wieder Allgemeingut werden und alles Fremde vom Tanzboden wieder verdrängen müssen, reihten sich aneinander. Unter den zahlreichen Gästen hatten sich auch der Führer des Gebietes, Hauptbannführer Otto Weber und die Führerin des Obergaues Herta Mignon mit dem Gebiets- und Obergaustab eingefunden; eine besondere Freude aber war es für die Hitler-Jugend, als am späten Abend Gauleiter Hofer und in seiner Begleitung der derzeitige Kreisleiter, Gauamtsleiter Pg. Margreiter, die HJ.-Veranstaltung besuchten und den allerbesten Eindruck gewannen. Die Anerkennung des Gauleiters galt vor allem auch den beachtlichen Leistungen der HJ.-Streich- und Blasmusik. – Als der Abend schloß, hatten alle das Gefühl, einige Stunden der Entspannung in einer Gemeinschaft, die den sicheren Weg zu einer artentsprechenden Freizeitgestaltung geht, verbracht zu haben“ (Innsbrucker Nachrichten vom 12. März 1941, Seite 5).


Film


Zum „Tag der deutschen Hausmusik“ gestaltete die Hitler-Jugend einen Konzertabend im Städtischen Konservatorium Innsbruck. In seiner Besprechung dieser Veranstaltung in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. November 1941 (Seite 3) bringt Karl Senn ganz grundsätzliche Gedanken zum Sinn solcher Veranstaltungen zum Ausdruck, die dem ideologischen Selbstverständnis der damaligen Zeit Folge leisten:

„Am Montag veranstaltete das Volksbildungswerk Innsbruck, der Veranstaltungsring der Hitler-Jugend, durchgeführt von der Jugendmusikschule der Gauhauptstadt, im Konzertsaal des städtischen Konservatoriums, einen Hausmusikabend. Hausmusik ist die Grundlage aller volkstümlichen Musikkultur. Sie soll vor allem der Musizierfreudigkeit der Ausübenden selber Genüge tun. Darüber hinaus ist sie aber wichtigste Wegbereiterin für alle Art Musik. Sie ist Antrieb zum Musikverständnis überhaupt, neben dem zum eigenen Musizieren, das im Zeitalter des Sportes, des Rundfunks, des Tonfilms vernachlässigt würde, wenn sich nicht maßgebende Faktoren bemühen würden, die Pflege der Hausmusik wieder in geordnete Bahnen zu leiten. Gerade in unserem Gau wurde dieser Pflege schon große Bedeutung beschenkt und von der Hitler-Jugend über die Jugendmusikschule schöne Vorarbeit geleistet. Hievon sollte nun der Hausmusikabend am Montag, dem noch zwei weitere folgen werden, Zeugnis geben.“

Im Zuge der Neuorganisation der Musikausbildung wurde Anfang Oktober 1938 die Gaumusikschule für Jugend und Volk gegründet. Im Sinne der Ideologie stand bei dieser Form des Musikunterrichts vor allem der Gemeinschaftsgedanke im Mittelpunkt. Die Innsbrucker Nachrichten vom 8. Oktober 1938 (Seite 7 f.) widmen dem einen ausführlichen Bericht:

„[…] Die Musikschule für Jugend und Volk stellt das gemeinsame Singen in den Vordergrund […]. Sie erteilt den Instrumentalunterricht grundsätzlich in der neuen Form des Gruppenunterrichts […].“ Das Angebot für den Instrumentalunterricht wurde auf Volksmusikinstrumente ausgeweitet. Über die ideologische Begründung der Neuausrichtung des Musikunterrichts informiert derselbe Zeitungsartikel: „[…] Mit Errichtung der Abteilung Jugendmusik-Erziehung an der Gaumusikschule für Jugend und Volk wird eine Musikerziehungsstätte geschaffen, die einen Neubau unseres gesamten Musizierens zum Ziele hat.“ Besonders verwiesen wird auf die propagandistische und gemeinschaftsbildende Macht des Liedes: „Wenn in den Jahren vor der Machtergreifung die Hitlerjugend durch die Straßen marschierte und ihre Lieder sang, und unsere Jungen und Mädel in der illegalen Zeit jede Gelegenheit wahrnahmen, um ihre Kampflieder zu singen, dann taten sie das deshalb, weil für sie das Lied der stärkste und wirkungsvollste Ausdruck ihres politischen Glaubens und Willens war.“ Die Musik sei aber auch ein emotionales Phänomen, das den Menschen psychisch stärkt und einer Gemeinschaft zuordnet: „Jeder Junge und jedes Mädel sollen singen und sich einen großen Schatz unseres völkischen Liedguts erwerben. Allen, die ein Interesse haben, muß die Möglichkeit gegeben werden, ein Instrument zu erlernen und die ganze Jugend unseres Volkes soll wieder zu einem Musizieren hingeführt werden, das aus dem großen politischen Erleben der Jugend seine Formung und Gestaltung erfährt und allen ein dauernder Quell der Kraft und Freude ist.“

In seiner Veranstaltungsreportage zum Tag der deutschen Hausmusik in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. November 1941 (Seite 3) schreibt Karl Senn weiter:

„Naturgemäß ist in erster Linie die Jugend berufen, Hausmusik zu pflegen und die Jugend singt und musiziert gerne; das konnte man an den freudigen und leuchtenden Gesichtern der Jugend sehen, die an diesem Abend zu zeigen hatte, wie weit sie in ihr Aufgabengebiet eingedrungen [ist]. Das Hauptgewicht liegt dabei im Gemeinschaftsmusizieren, einem wichtigen Zweig der Volksgemeinschaft, die dadurch in besonderer Art eine Vertiefung erfährt.

Der Abend wurde eingerahmt von zwei volksliedmäßigen Liedern, ausgeführt von einem zweistimmigen Kinderchor mit Begleitung von Streichern und Blockflöte. Zu Beginn ‚Meine Stimme kling’ und zum Schluß ‚Der hat vergeben’, beide von Valentin Rathgeber (um 1733). Dazwischen wurden im ersten Teil volkstumsmäßige Stücke gespielt, wie: Tiroler Ländler, bayerische Ländler, alpenländische Volkstänze für zwei Blockflöten oder für Zither, für Blockflöte, Geige und Gitarre, ‚Drei kleine Stücke’ von Heinrich Barthelmes für vier Klarinetten, für dreistimmigen Geigenchor; im zweiten Teil, der, teilweise unter Mitwirkung von Lehrkräften, zeigen sollte, wie man gute Hausmusik mit einfachen Mitteln pflegen kann, kamen alte Meister zu Worte: Staden, Marcello, Telemann, Rosenmüller, Mozart und Beethoven mit Stücken für Klavier, zwei- und vierhändig, Violoncello und Klavier, Blockflöte und Klavier, zwei Geigen, Violoncello und Klavier. Die Ausführungen waren durchaus dem angemessen, was man billigerweise von gepflegter Hausmusik erwarten kann.“

Zum Tag der deutschen Hausmusik am 18. November 1941 erließ der Leiter der Abteilung Musik im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Berlin, Generalintendant und Generalmusikdirektor Dr. Heinz Drewes einen Aufruf, der in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. November 1941, Seite 4, wiedergegeben wurde:

„Mit der Durchführung des Tages der Hausmusik auch im Kriege bekundet das Großdeutsche Reich seine Entschlossenheit, die Güter der Kultur vor der drohenden Vernichtung zu hüten. Am 18. November bringen Musikfreunde und Berufsmusiker in Stadt und Land reichhaltige Programme aus dem unerschöpflichen Schatz der alten und neuen deutschen Haus- und Kammermusik zu Gehör. Unter ihnen nimmt in diesem Jahr den ersten Platz das Schaffen Wolfgang Amadeus Mozarts ein, dessen Todestag sich in Kürze zum 150. Male jährt [am 5. Dezember 1941]. Hausmusikanten! Laßt euch durch die Darbietungen des diesjährigen Tages der Hausmusik anregen, in immer stärkerem Maße die seelischen und geistigen Kräfte deutscher Musik im deutschen Hause wirksam werden zu lassen.“

Ein Konzert zum Tag der Hausmusik veranstaltete auch die Städtische Musikschule in „Solbad Hall“ am 20. November 1941. Neben den Lehrern und Schülern wirkten der Männergesangverein und der Orchesterverein Harmonie mit (Innsbrucker Nachrichten vom 20. November 1941, Seite 5). Albert Riester verfasste für die Innsbrucker Nachrichten vom 27. November 1941, Seite 5 dazu einen Bericht, der propagandistisch wirksam ein Statement von Max Alexander Pflugmacher, dem Präsidenten des Musikschulwerks, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellt:

„Am 20. d[ieses] M[onats November 1941] fand im bis aufs letzte Plätzchen vollbesetzten Stadtsaal in Solbad Hall eine Aufführung anläßlich des Tages der deutschen Hausmusik statt, bei der der Landesleiter für Musik, Parteigenosse Pflugmacher, über die kulturellen Aufgaben der Heimat im Kriege sprach. Sie verpflichten uns, die deutsche Musik und Musizierfreudigkeit wieder in die Familie hineinzutragen, zur Verschönerung vieler Stunden und zur Erhebung über den Alltag. Unser an Naturschönheiten so reich gesegneter Gau ist ebenso reich an musikalischen Kräften. Diese in unserer Jugend zu heben und manchem Talent zum Aufstieg zu verhelfen, ist die verpflichtende Aufgabe der Musikschulen für Jugend und Volk. Auch die Haller Musikschule, die in die Obhut des Bürgermeisters genommen wurde, wird in Bälde in entsprechenden Räumen einer neuen Blüte entgegengehen können.

Die Vortragsfolge, an der der Männergesangverein, der Orchesterverein Harmonie, Solisten, ein Schülerorchester, Schüler und Lehrer der Musikschule mitwirkten, wurde mit einem Marsch des Spielmannszuges der Hitler-Jugend eröffnet. Dann folgten Solo-, Orchester- und Chorvorträge, bei denen Werke von Mozart im Vordergrund standen. Alle Mitwirkenden, jung und alt, waren mit jener inneren Begeisterung am Werke, die immer wieder herzlichen Beifall bei den dankbaren Zuhörern auslöste. Das Hauptverdienst am schönen Gelingen dieses Abends hatte der rührige Leiter der Musikschule, Hans Ebenbichler, der als Leiter der Orchester und des Spielmannszuges in unermüdlicher Probenarbeit ein tüchtiges Stück musikalischer Arbeit geleistet hat.“

Ein ebenfalls ein dem musikalischen Jahresregenten Wolfgang Amadé Mozart gewidmetes Konzert fand im Dezember 1941 in Kitzbühel statt. Den Innsbrucker Nachrichten vom 23. Dezember 1941, Seite 5, ist zu entnehmen:

„Zum Gedenken des 150. Todestages Mozarts fand in Kitzbühel ein großer Konzertabend statt, in dem sich Prof. Digli, Musikdirektor von Kitzbühel, mit seinem Kammerorchester erstmals mit seinem Streichquartett vorstellte. Das Quartett berechtigt zu den schönsten Hoffnungen. Nur mit größtem Fleiß war es wohl möglich, den Abend so vortrefflich zu gestalten. Die Herren Digli, Jalo, Schneider und Huschka bilden eine musikalische Gemeinschaft, der ausgeglichenes Spiel, schöne Tongebung und genauer Rhythmus eignen. Nach dem G-dur-Quartett sang Eugen Schürer, am Klavier begleitet von Herta Reiß, Mozart-Lieder. Den Abschluß des Konzertes bildete der Vortrag einen Adagios und Menuetts für Kammerorchester. Das Orchester hat seit seinem ersten Auftreten im Frühjahr bei der Mozartserenade große Fortschritte gemacht, die nicht zuletzt seinem rührigen Dirigenten Digli zu verdanken sind. Mit nicht endenwollenden Beifall dankte die zahlreiche Zuhörerschaft für den genußreichen Abend.“


Konzerte blinder Künstler

Über die Intention solcher Veranstaltungen findet sich in den Innsbrucker Nachrichten vom 29. Mai 1941, Seite 4, ein Hinweis: „Unter Aufsicht der Reichsmusikkammer, Blindenkonzertamt, findet, wie schon berichtet, im Rahmen einer Konzertreise am 30. d[ieses] M[onats], 19.30 Uhr, im Stadtsaal ein Solistenkonzert erblindeter Künstler statt. Es handelt ich dabei um eine künstlerisch hochstehende Veranstaltung, die gleichzeitig dazu dient, die Existenz der blinden Künstler zu sichern.“

Albert Riester meint zu diesem Konzert in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1941, Seite 6: „Am Freitag, den 30. Mai, hörten wir im Großen Stadtsaale einen Solistenabend von hohem künstlerischen Wert. Es musizierten drei erblindete Wiener Künstler: Lotte Swoboda, Violine, Otto Binder, Klavier und Karl Seifert, Bariton. Nicht nur virtuoses technisches Können, sondern vor allem ein wirkliches Künden der Erlebniswerte der dargebotenen Werke und ein ‚Nach-innen-schauen‘, wie wir es so oft gerade beim Virtuosen vermissen, machten diesen schönen Abend so eindrucksvoll […].“

Über ein anderes Konzert blinder Musiker schreibt Karl Senn in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. Dezember 1941, Seite 5:

„Drei erblindete Künstler, von Wien aus betreut, gaben am Montag, den 15. d[ieses] M[onats], im Großen Stadtsaal ein Solistenkonzert. Cellist Josef Dohlus spielte von Max Hohner begleitet, mit schönem Ton und guter Auffassung das Larghetto aus dem Klarinettenquintett, für Cello und Klavier bearbeitet, von Mozart, ferner die Sonate für Violoncello und Klavier in B-dur, Werk 69, von Beethoven und schließlich mehrere Stücke von Muffat, Couperin und Frescobaldi in der Bearbeitung von G[aspar] Cassado.

Die Sopranistin Viktoria Fischer verfügt über einen hellen sympathischen, gut gebildeten Sopran; sie sang Lieder von Brahms (O wüßt ich doch den Weg zurück, Feldeinsamkeit, Von ewiger Liebe, Da unten im Tale, Die Sonne scheint nicht mehr), dann von B. Claeser (Drossel am Abend, Agnes, Jägerlied) und von V[inzenz] Goller (Wiegenlied, Du bist mein Lied). Pianist Max Hohner hatte nicht nur die Begleitung sorgsam und anschmiegsam durchgeführt; er spielte auch W. A. Mozarts c-moll-Fantasie recht temperamentvoll und in künstlerischer Auffassung. Es war überhaupt staunenswert, mit welcher Sicherheit die drei erblindeten Künstler ihre Aufgabe bewältigten. Die Vorträge wurden von den Zuhörern mit viel Beifall und Anerkennung aufgenommen.“


Varietees und sonstiges Unterhaltungsprogramm

Varietee-Abende waren in der NS-Zeit ungemein beliebt, sie gehörten oft zum Unterhaltungsprogramm der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude. In ihrer bunten, ausschließlich der belanglosen Unterhaltung dienenden Konzeption entsprachen sie vollends dem Motto dieser Parteiorganisation. Varietees waren gewissermaßen Zirkusvorstellungen im Kleinen, mit Akrobaten, gewürzt mit Humor, Exzentrik und Sensation des noch nicht Gesehenen und Gehörten. Die Varietees brachten aber auch ein wenig modernen Schwung in die sonst vielfach altersschwer deutschtümelnden oder volksverbundenen Angebote im Kulturbereich. Ähnlich dem Zirkus reisten die Varietee-Truppen mit ihrem festen Programm und eigener Mannschaft im Land umher. Agenturen organisierten und betreuten die Auftritte. Wie alle Künstler mussten auch die deutschen Darsteller des Varietees bei ihrer zuständigen Fachschaft der Reichskulturkammer gemeldet sein. Damit versicherte sich die Partei der Befolgung ihrer ideologischen Richtlinien selbst im künstlerischen Bereich.

Der Verlauf einen solchen Varietee-Abend wird zum Beispiel in den Innsbrucker Nachrichten vom 21. März 1941, Seite 6, geschildert:

„Eine auserlesene Schau internationaler Artistik bot der letzte Großvarietéabend in Innsbruck, zu dem die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude in den Großen Stadtsaal geladen hatte. Umrahmt von den schmissigen Weisen der Kapelle Fritz Wenzel wickelte sich in bunter Folge ein reichhaltiges Programm ab, dessen Ansage der Münchner Humorist Adam Müller mit herzerfrischendem, echt bajuvarischen Humor besorgte. Nach einem drolligen Hundedressurakt zeigten die drei Bremlows verblüffende Jongleurkunst im Eiltempo, während die zwei Westergards mit vollendeter Akrobatik stürmischen Beifall errangen. Weitere Höhepunkte der reichhaltigen Darbietungsfolge bildete der spanische Musikal- [!] und Kombinationsakt Garcia Perez und Comp[anie], sowie die sechs Tarantellis, die Akrobaten und Springer der Sonderklasse. Die Darbietungen des Exzentrikers Bobby Walking fanden denselben Widerhall wie der lustige Kampf um die Flasche des köstlichen Humoristen Bux. Nicht zu vergessen die wirbelnden Tänze des Greenway-Balletts, alles in allem ein vergnügter Abend, für den die zahlreichen Besucher mit herzlichem Beifall dankten.

Vor dem Innsbrucker Gastspiel hatte die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude bereits in Solbad Hall verschiedene Vorstellungen mit demselben Programm gegeben, die durchwegs überfüllt waren und Veranlassung bieten, daß dort in Zukunft öfter KdF.-Varieté zu Gast sein wird.“

Einen weiteren Varietee-Abend in Innsbruck gab es im August 1941. Mit der Schlagzeile „Ein Meisterabend froher Unterhaltung“ berichten die Innsbrucker Nachrichten vom 26. August auf Seite 5:

„An dem letzten von der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude am Sonntagabend [24. August 1941] im Großen Stadtsaal veranstalteten Varieté-Abend kam bestimmt jeder der wiederum sehr zahlreichen Besucher auf seine Rechnung, wickelte sich doch ein Programm ab, das in seiner Reichhaltigkeit und Buntheit und vor allem in der Güte des Gebotenen wohl alle bisherigen derartigen Veranstaltungen in unserer Gauhauptstadt übertroffen haben dürfte. Kommen wir gleich zum Glanzpunkt des Abends, der allein schon den Besuch gelohnt hätte: Frank Eders, der lachende Herkules, der mit schwersten Eisenkugeln balanciert, als wären es Gummibälle, sie meterhoch in die Luft wirft und dann im Nacken oder auf der Brust wieder auffängt, der mit schweren und schwersten Mörsern arbeitet, daß dem Zuschauer der Atem stockt. Eine Spitzenleistung, wie sie selten eine Großstadt-Varietébühne ihrem Publikum bieten kann. Das artistische Programm vervollständigte ein ausgezeichneter Artistik-Akt: Lola und Gianni und der akrobatische Springakt der fünf Patras. Eine hübsche musikalische und gesangliche Einlage bildete das Auftreten von Eleonora v. Hanaus und Milo. Einen weiteren Höhepunkt des Abends bot das Kabarett der Landstraße mit dem sprechenden, singenden, lachenden und pfeifenden Papagei Lora. Weiter sind zu nennen Muroff und Partnerin mit ihren Imitationen und Parodien, die verblüffenden Zauberkunststückchen des Dänen Haakon Edeling, der Komiker Hans Brockmann und das mondän-akrobatische Tanzpaar Joly und Fred. Die Besucher unterhielten sich köstlich und spendeten den einzelnen Darbietungen dankbar und begeistert Beifall.“

Eine dem Varieté ähnliche Vorstellung bot der Zauberkünstler und Hellseher Rudolf Winterri bei seinem Sologastspiel in Großen Stadtsaal Ende November 1941 (Innsbrucker Nachrichten vom 25. November 1941, Seite 5).

Zu Tanzvergnügen lud das Innsbrucker Stadtcafé, das regelmäßig mit Annoncen in den Innsbrucker Nachrichten dafür Werbung betrieb. An Sonntagen war nachmittags und abends Tanz, am Mittwoch nur abends. In den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Mai 1941, Seite 7, klingt die amouröse Komponente an: „Jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag Konzert mit Tischpost.“

Besonders in Rücksichtnahme auf die Soldaten an der Front war im April 1941 ein Tanzverbot erlassen worden. Dazu kam im Tiroler Landboten vom 8. April 1941 auf Seite 8 folgende Verlautbarung:

„Mit sofortiger Wirkung werden öffentliche Tanzlustbarkeiten verboten. Erteilte Tanzerlaubnisse sind sofort zurückzuziehen, neue nicht zu erteilen.“ Diese rigorose Anordnung wurde aber bald wieder gemildert. Das Tiroler Volksblatt vom 11. Juni 1941, Seite 3, lässt unter der Überschrift „Lockerung des Tanzverbotes“ die Neuregelung wissen:

„Der Chef der Ordnungspolizei teilt mit: Mit sofortiger Wirkung wird das bestehende Tanzverbot insofern gelockert, als bis auf weiteres an drei Tagen in der Woche von 16 Uhr an wieder getanzt werden darf. Diese Tage sowie der Beginn der Tanzunterhaltung werden nach Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse durch die Kreispolizeibehörde bestimmt. Dabei ist Voraussetzung, daß die Polizeistunde bei Tanzveranstaltungen genau eingehalten wird.“


Musikkapellen

Die Musikkapellen hatten ihre „Heimat“ im Standschützenverband Tirol-Vorarlberg. Die Standschützenmusikkapellen waren für die akustische Inszenierung der Ideologie in mannigfacher Weise eingesetzt. Ihre Präsenz war besonders bei den großen Parteifesten, wie Appellen oder Kreis- und Landesschießen selbstverständlich. Die Musikkapellen prägten natürlich auch das musikalische Ambiente in ihrer dörflichen Umgebung, sei es bei Empfängen von Parteigrößen, bei Eröffnungsfeierlichkeiten von baulichen Einrichtungen, diversen Parteianlässen wie Feierlichkeiten zum Geburtstag des „Führers“, Erntedankfest oder Heldengedenken, Dorfgemeinschaftsabenden, ebenso bei sozialen Aktionen wie Benefizveranstaltungen zugunsten des Winterhilfswerks.

Wie sehr die Blasmusik die klangliche Aura bei Großveranstaltungen der NSDAP dominierte, zeigt beispielsweise ein Vorbericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 25. Juni 1941 (Seite 4) über den Veranstaltungsreigen im Zug des Großappells der NSDAP am 28. und 29. Juni 1941 in Innsbruck:

„[…] Samstag [28. Juni] nachmittags ab 15 Uhr spielen zwanzig Standschützenkapellen auf verschiedenen Straßen und Plätzen von Innsbruck. Den gemeinsamen Abschluß dieser Platzkonzerte bildet ein Großkonzert am Adolf-Hitler-Platz […].

Der Sonntag [29. Juni] beginnt mit einem großen Wecken, das 10 Standschützenkapellen um 5 Uhr durchführen. Um 9.50 Uhr beginnt die Großkundgebung mit der Eröffnung des 4. Landesschießens. Es spricht Gauleiter und Reichsstatthalter Hofer, der um 12 Uhr, ebenfalls am Adolf Hitler-Platz, den Vorbeimarsch abnimmt.“

Die Standschützen und ihre Musikkapellen verliehen dem „Vorbeimarsch“ das typische Gepräge. Mit dem „Vorbeimarsch“ wurde eine entschlossene Volksgemeinschaft suggeriert, die Gefolgschaft, Wehrwillen und Traditionstreue öffentlich zur Schau stellte.

Auch bei den Landesschießen waren die Musikkapellen eingesetzt:

„Um 13 Uhr beginnt der Schießbetrieb am Landeshauptschießstand und dauert bis zum Einbruch der Dunkelheit, während Standschützenkapellen spielen und Brauchtumsgruppen Volkslieder und Volkstänze vorführen“ (Innsbrucker Nachrichten, 25. 6. 1941, S. 4).

Gauleiter Hofer zeigte sich vom Verlauf der Propagandaveranstaltung beeindruckt und ließ ein von ihm unterfertigtes Dankschreiben in den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Juli 1941 (Seite 5) und gleich lautend im Tiroler Landboten vom 4. Juli 1941 (Seite 3) veröffentlichen. Darin hebt er insbesondere die Mitwirkung der Teilnehmer volkskultureller Vereinigungen hervor:

„[…] Die Trachtenschau im Volkskunstmuseum, die Vorführungen des BDM., vor allem aber die Standschützenkapellen und die zahlreichen Brauchtumsgruppen, die aus allen Tälern des Gaues kamen und auch weite und beschwerliche Wege nicht scheuten, haben auf gedrängtem Raum den Nachweis geliefert, daß der Reichtum unseres Gaues an Volkskunst und altem urdeutschem Brauchtum kaum von einer zweiten Landschaft Großdeutschlands übertroffen werden kann.“

So hatte sich Gauleiter Hofers Lieblingsschöpfung, der Standschützenverband, mit all seinen Verzweigungen im Sinne der Stärkung des Heimatgefühls und der ideologischen Zusammengehörigkeit zur vollen Zufriedenheit bewährt:

„Daß aber dieses Brauchtum unserer Heimat wehrhaft und mit der Erinnerung an glänzenden Waffenruhm der Vergangenheit ebenso unlöslich verknüpft ist wie mit dem schicksalsentscheidenden Kampf des Reiches der Gegenwart, haben die alten und jungen Standschützen gezeigt, die auch diesmal wieder dem Großappell die nur hierzulande mögliche besondere Prägung gegeben haben.“ Als Intention solcher Großkundgebungen erklärt Gauleiter Hofer: „Wenn die Heimat marschiert, dann kämpft sie. Wir kämpfen um die geistige Ausrichtung unseres Volkes, um die unabhängige Festigung unserer Gemeinschaft, um die innere Haltung der Heimat, um die Arbeitsleistung jedes einzelnen als Beitrag zu Deutschlands Sieg.“ Diese ideologischen Grundsätze bedürfen aber der Observanz durch die Partei, darum wird unmissverständlich festgestellt: „Dieser Großappell als Gemeinschaftskundgebung einer aufrechten, disziplinierten und gefolgschaftstreuen Haltung wäre aber nicht möglich gewesen, wenn nicht in den Jahren seit unserer Heimkehr ins Reich und besonders während der Kriegszeit eine unermüdliche Führungs- und Aufklärungsarbeit der Partei vorangegangen wäre, denn die Partei – und nur sie allein – trägt die Verantwortung für alles Geschehen und alle Leistungen in der Heimat […].“

Die in den Standschützenverband eingegliederten Musikkapellen hatten natürlich ein unterschiedliches Ausbildungsniveau. Durch die zentrale Organisationsform wurde es ermöglicht, eine konsequente Verbesserung der Ausbildung der Musikanten, insbesondere auch durch entsprechende Schulung der Kapellmeister zu erreichen. Solche Bestrebungen wurden allerdings durch die kriegsbedingten Erschwernisse behindert. Über die Situation im Dorf geben Gedanken von Kreisleiter Erwin Höllwarth Einblick, die er im Tiroler Landboten vom 24. September 1940 (Seite 6) veröffentlicht hatte. Er sah in den Musikkapellen insbesondere ein Symbol für bäuerliches Brauchtum, das es unabhängig von der Spielfertigkeit seiner Mitglieder unbedingt zu erhalten gilt:

„[…] Stolz können wir auch darauf sein, daß heute von den vielen Musikkapellen die meisten wieder darangegangen sind, durch regelmäßige Proben und Zusammenkünfte ihre Arbeit fortzusetzen. Wir dürfen nicht vergessen, daß gerade der Krieg sehr große Schwierigkeiten bereitet. Sind doch aus den Musikkapellen häufig die meisten Mitglieder eingerückt, dann fehlen gerade die wichtigsten Instrumente, und zuletzt ist in vielen Ortsgruppen kein Kapellmeister mehr da. Aber die Erkenntnis, daß es heute im Kriege nicht ausschlaggebend sein kann, ob alle Stimmen besetzt sind und die Kapelle einwandfrei spielt, sondern, daß es darauf ankommt, die Musikkapelle als wertvollstes Gut bäuerlichen Brauchtums unbedingt zu erhalten, ist Gemeinschaftsgedanke aller geworden […].“

Über die Selbstverständlichkeit der ideologischen Ausrichtung und Gebrauchsfähigkeit des Standschützenverbandes und seiner Musikkapellen stellt Kreisleiter Erwin Höllwarth zudem ausdrücklich fest:

„[…] Wer schiene geeigneter als Wahrer bodenständigen Brauchtums, als gerade der Standschützenverband. Es genügt nicht, die Musikkapelle nur zu erhalten, sondern es muß ihre Arbeit und ihr Musikschaffen in zielbewußte Bahnen gelenkt werden […].“

Als Kreisleiter Erwin Höllwarth von Imst in gleicher Funktion nach Reutte bestellt wurde, bemühte er sich auch dort intensiv um die Musikkapellen, wie aus einem Artikel im Tiroler Landboten vom 28. Jänner 1941 (Seite 5) hervorgeht:

„[…] Im Zuge der Standschützenarbeit hat nunmehr im Kreis Reutte eine rege Werbung für die Standschützen-Musikkapellen eingesetzt. Vom Kreisleiter beauftragt, hat in den letzten Tagen der Musikreferent des Kreises, P[artei]g[enosse] Münsterer, die einzelnen Ortsgruppen besucht und hat dort zusammen mit den Ortsgruppenleitern Appelle der Standschützenmusikkapellen abgehalten, die der Besprechung aller fachlichen und organisatorischen Fragen dienten. Es ist verständlich, daß gerade heute im Kriege diese Arbeit größeren Schwierigkeiten unterworfen ist als in normalen Zeiten. Um so höhere Bedeutung verdient die Heranziehung des jungen Nachwuchses, die gerade in unserem Kreis vorbildlich gelöst sein dürfte. Der Kreisleiter Pg. [Erwin] Höllwarth selbst hat in Reutte, Bichlbach, Weißenbach und Stanzach zu den Angehörigen der Musikkapellen gesprochen und ihnen ihre kulturellen Aufgaben und Verpflichtungen eindringlichst vor Augen geführt. So werden auch noch in den kommenden Tagen und Wochen diese Appelle stattfinden und den Auftakt zu einer wertvollen Breitenarbeit bilden.“

Bereits wenige Wochen später berief Kreisleiter Erwin Höllwarth alle „Ortsschützenmeister“ des Kreises Reutte zu einer Arbeitstagung, „die der Besprechung aller mit dem Aufbau des Standschützenverbandes zusammenhängenden Fragen diente“. Über die Situation der Musikkapellen, ihre zentrale ideologiegerechte Betreuung und große Bedeutung für die „Volksgemeinschaft“ berichtete der „Musiksachbearbeiter des Standschützenverbandes“, Pg. Münsterer:

„In den letzten Wochen war in den Ortsgruppen Abend für Abend Appell der Musikkapellen und heute kann bereits festgestellt werden, daß die Musikkapellen zielbewußte Arbeit aufgenommen haben, der Nachwuchsförderung die Wege geebnet sind und die Ergänzung des Instrumentenstandes in großzügigster Weise in Angriff genommen ist. Noch in diesem Monat wird eine Tagung der Kapellmeister des Kreises zum Auftakt der fachlichen Ausrichtung aller Musikkapellen des Kreises werden, die Gewähr dafür gibt, daß es nicht mehr der Initiative einzelner anheimgestellt ist, ob eine Musikkapelle besteht oder nicht, sondern im Interesse der Gemeinschaft liegt, die Musikkapellen nicht nur zu erhalten, sondern jetzt im Kriege erst recht zu stärken“ (Tiroler Landbote vom 14. Februar 1941, Seite 4).

Einzelaktivitäten der Standschützenkapellen gehörten ebenso zu deren öffentlichem Wirken. Die Standschützenkapelle der Ortsgruppe Hötting-Ost etwa veranstaltete am 19. Juli 1941 abends ein „Standkonzert“ im Hofgarten (Innsbrucker Nachrichten vom 10. 7. 1941, Seite 5).

Während der Sommermonate trat die Standschützen-Musikkapelle Kufstein unter ihrem Leiter Cyrill Deutsch regelmäßig am Samstag auf dem Adolf-Hitler-Platz mit „Standkonzerten“ auf. Für den 21. Juni 1941 war folgendes Programm vorgesehen, laut Tiroler Volksblatt vom 20. Juni 1941, Seite 3:

1. Hoch Heidecksburg, Marsch [komponiert 1912 von Rudolf Herzer (1878-1914), Militärkapellmeister in Thüringen]
2. Fest im Elysium, Ouvertüre von Walter Noack
3. Im Tal der schönen Isar, Walzer von Hans Löhr
4. Große Fantasie aus der Oper La Traviata von Giuseppe Verdi
5. Der Gaukler, Intermezzo von Hans Kliment [jun.? (1906-2006), Druckausgabe Wien-Leipzig: Kliment 1940]
6. Nibelungen, Marsch [nach Motiven aus Richard Wagners Ring] von Gottfried Sonntag [(1846-1921), Stabshoboist im Bayerischen Infanterieregiment Nr. 7]


Der „Gaumusikzug“

Neben den Standschützenkappellen hatten nahezu alle militärischen Einheiten, Blasmusikformationen, darunter auch der Reichsarbeitsdienst oder die Hitlerjugend. Die repräsentative Einrichtung im Bereich der Blasmusik war der sogenannte „Gaumusikzug“, den die Wiltener Musikkapelle unter der Leitung von Sepp Tanzer (1907 Matrei am Brenner-1983 Kramsach) stellte. Diese Musikformation war bei allen öffentlichen Parteiaktionen akustisch präsent, sei es im Sinn suggestiver Klanginszenierung mit Hymnen und ideologischer Befangenheitsmusik, sei es im Dienst der Unterhaltung oder zu propagandistischer Proklamation im Gleichschritt von Blasmusikklang und Ideologie. Je nach Anlass erschien der Gaumusikzug in Tracht oder in SA-Uniform. Der Gaumusikzug war die akustische Begleitung des Gauleiters bei Empfängen hochgestellter Persönlichkeiten, so zum Beispiel bei den Zwischenaufenthalten Adolf Hitlers am Innsbrucker Bahnhof, bei Aufzügen und Parteifesten und bei allen sonstigen wesentlichen propagandistisch verwertbaren Angelegenheiten, wo Musik ihre Anziehungs- und Identifikationsmacht ausüben konnte. Der Gaumusikzug brachte aber auch den akustischen Willkommensgruß an die Südtiroler Umsiedler und bildete die Hintergrundsmusik bei diversen sozialen Sammelaktionen.

Die Wiltener Musikkapelle wurde als Gaumusikzug ausgewählt und bestimmt aufgrund ihrer herausragenden musikalischen Qualität, für die ihr versierter Kapellmeister Sepp Tanzer hervorragende Aufbauarbeit geleistet hatte.

Im September 1938 hatte in Innsbruck ein Trachtenwettbewerb der Musikkapellen Tirols stattgefunden. Dem Wettbewerb im Rahmen des 1. Landesschießens waren in den einzelnen Kreisen Vorausscheidungen vorangegangen, denn jeder Kreis konnte nur zwei Musikkapellen zum Wettbewerb entsenden. Über die Kriterien der Bewertung liest man in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. September 1938 (Seite 6) in einer Vorschau auf die Veranstaltung damals:

„Beim [Trachtenwettbewerb] werden nicht allein die Schönheit und Echtheit der Trachten ihre Bewertung finden, sondern auch das Können der einzelnen Kapellen, ihre Strammheit im Auftreten, die Exaktheit ihrer Vorführungen, Disziplin und Haltung.“

Die Jury bestand aus dem Gauamtsleiter für Agrarpolitik Ing. Fritz Lantschner, der Leiterin des Tiroler Volkskunstmuseums Gertrud Pesendorfer und dem Kulturreferenten des Reichspropagandaamtes Pg. Norbert Wallner (Innsbrucker Nachrichten vom 19. September 1938, Seite 6). Weiters informieren die Innsbrucker Nachrichten im genannten Artikel über Ablauf und das Ergebnis des Wettbewerbes:

„An der Stelle, wo der Weg zum Landeshauptschießstand von der Haller Straße abzweigt, wurden die Wettbewerbsteilnehmer von Gauleiter Hofer auf einer mit den Fahnen des Staates und der Bewegung geschmückten Bühne erwartet […]. Nun kamen in angemessenem Abstand die einzelnen Kapellen: Den Anfang machten die Wiltener, dann folgten die Vomper, hierauf Kundl, Bludenz, Brixlegg, Reutte, Weißenbach, Landeck, Steinach, St. Jakob a[m] Arlberg, Schwaz, Telfs, Arzl bei Imst, Kitzbühel, Mühlau, Roppen und Amras. Die St. Jakober hatten ihre Fahne, die Landecker ihr Banner mitgebracht. Alle Kapellen gaben in Haltung und musikalischer Leistung sichtlich ihr Bestes. Die Farben- und Formenschönheit tirolischer Trachten kam voll und ganz zur Geltung. Jede Kapelle stellte sich in Front vor dem Gauleiter auf und marschierte dann zum Landeshauptschießstand. Der lebhafte Beifall, mit dem die Zuschauer sämtliche Kapellen begrüßten, steigerte sich besonders, als die Kitzbüheler unter den Klängen des Egerländermarsches [„Wenn einst uns ruft die heil’ge Pflicht“, von k. u. k. Militärkapellmeister Wendelin Kopetzky (1844-1899), op. 172] vor dem Gauleiter defilierte.“

Der Gauleiter würdigte die Musikkapellen in seiner Ansprache „als Wahrer unseres angestammten Volkstums, unserer Vätersitten und Ahnenbräuche“. Wegen der hohen Qualität der Vorführungen oder der Entscheidungsunsicherheit der Jury wurden die ersten drei Preise doppelt vergeben. Den 1. Preis teilten sich die Musikkapellen Steinach und Wilten, den 2. Preis Bludenz und Mühlau, den 3. Preis Vomp und Schwaz. Anerkennungspreise erhielten die Musikkapellen Kitzbühel, Amras, St. Jakob am Arlberg, Brixlegg, Arzl bei Imst und Roppen.

Die folgenden Ausführungen über das Wirken Sepp Tanzers als Leiter des Gaumusikzuges stützen sich weitgehend auf die maschinschriftliche Diplomarbeit in Musikpädagogik von Gerhard Sammer: Sepp Tanzer (1907-1983). Leben-Werk-Umfeld. Eine Monographie (Innsbruck 1995, Universität für Musik und Darstellende Kunst Mozarteum Salzburg, Abt. X).

Sepp Tanzer war seit 1926 als Klarinettist aktives Mitglied der Wiltener Stadtmusikkapelle und wurde 1936 deren Kapellmeister. Hauptberuflich diente er im Alpenjägerregiment als Militärmusiker, bis er schließlich nach dieser, 10 Jahre lang ausgeübten Tätigkeit im Jahr 1936 als Beamter beim Steueramt der Finanzlandesdirektion Innsbruck unterkam. Tanzer erwies sich in der Folge als ungemein fleißiger und gewissenhafter Beamter, der mit Fortbildungskursen seine Karriere erfolgreich stützte. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde seine Stellung in das deutsche Beamtenrecht übergeleitet mit der Amtsbezeichnung „Steuerbetriebsassistent“. Für die Ausübung seiner Nebenbeschäftigung als Unterhaltungsmusiker benötige er nun die Zulassung der Reichsmusikkammer, wo er bis Mitte 1941 für die Instrumente Klarinette, Saxophon und Harmonika eingetragen war. Außerdem war er Mitglied der Fachschaft „Komponisten“. Im Juli 1938 war er der NSDAP beigetreten.

1938 wurde die Wiltener Stadtmusikkapelle zum Gaumusikzug des Gaues Tirol-Vorarlberg bestellt und ihr Kapellmeister Sepp Tanzer „Gaumusikzugführer“. Tanzer genoss die besondere Wertschätzung von Gauleiter Hofer, und der noch junge Kapellmeister „holte aus dem Gauleiter“ nach Mitteilung eines Musikanten der Wiltener Kapelle, zum Vorteil der Musiker heraus, „was nur möglich war“. Die offenkundige Sympathie und Wertschätzung von höchster Instanz eröffneten Tanzer eine rasche Karriere, vor allem seine Verwendung im ureigensten Gebiet seines außergewöhnlichen Talents. So wurde der jetzige „Steuerassistent“ Tanzer 1941 vom Oberfinanzpräsidenten Innsbruck mit Zustimmung des Reichsministers für Finanzen zur Übernahme in die allgemeine und innere Verwaltung als „Regierungsassistent“ versetzt. Dies geschah auf ausdrücklichem Wunsch des Gauleiters, der ihn für die musikalische Tätigkeit frei machen wollte. Seine neue Beschäftigung versah Tanzer nunmehr im Bereich Kulturpflege und Volksbildung in der Gauselbstverwaltung. Er wurde somit hauptamtlich „Musikreferent des Standschützenverbandes des Gaues Tirol-Vorarlberg“, mit einem eigenem Büro im Innsbrucker Landhaus. Als „Gaumusikinspizient“ hatte er zudem administrative ideologisch begründete Aufgaben, wie Programme von Musikveranstaltungen zu beaufsichtigen, gegebenenfalls zu verbieten. Außerdem war er für die Organisation und Durchführung musikalischer Großveranstaltungen verantwortlich. Dies betraf vor allem die jährlich abgehaltenen repräsentativen Landesschießen, wo ein besonders attraktives Musikaufgebot erwünscht war. 1942 wurde Sepp Tanzer zum „Gauverwaltungssekretär“ ernannt und nach einer weiteren Schulung schließlich Ende 1943 zum „Gauverwaltungsinspektor“.

Mit Sepp Tanzer als Kapellmeister setzte bei der Wiltener Musikkapelle ein geordneter und intensiver Probenbetrieb ein, der bald zu anerkannten künstlerischen Leistungen bei öffentlichen Auftritten führte, auch internationalen Gastspielen wie 1937 in Cannes beim großen „Blumenfest“ oder wenig später in Nizza. Sepp Tanzers Kompositionen aus dieser Zeit, zum Beispiel der Wiltener Schützenmarsch, der Wiltener Festmarsch oder das Potpourri für Jung und Alt gewannen bald an Popularität. Die Wiltener Musikkapelle war die Attraktion bei Konzerten für den Innsbrucker Verkehrsverein, der beliebte Klangkörper hatte im Jahr 1937 nicht weniger als 60 Ausrückungen zu verzeichnen. Aufgrund dieser Erfolge, die maßgeblich dem Wirken Sepp Tanzers zuzuschreiben sind, erschien es nur selbstverständlich, dass diese niveauvolle, überregional bekannte Musikkapelle mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Rolle der repräsentativen Musikinszenierung in Diensten der neuen Machthaber übernehmen musste. In der Chronik der Wiltener Musikkapelle ist darüber zu lesen (Zitat nach Sammer, Seite 170):

„Mit dem Einmarsch der Deutschen Truppen in Österreich am 12. März [1938] hat die Wiltener Musikkapelle formal aufgehört zu existieren, denn sie wurde über Auftrag der Gauleitung und der Kreisleitung in die Nationalsozialistische Arbeiterpartei (NSDAP) übergeführt und erhielt den Titel Gaumusikzug der NSDAP Tirol-Vorarlberg. Die Musikanten erhielten die SA-Uniform und am Anfang der Formation, wenn die Musik ausrückte, war auch noch ein Trommlerzug. Als aber dann der Gauleiter Franz Hofer kam [Mai 1938] wurde dieser Trommlerzug abgeschafft und es war nur mehr der Gaumusikzug.

Es folgten nun Ausrückungen nach und nach. Wann immer die NSDAP etwas hatte, musste der Gaumusikzug her und zwar die meiste Zeit umsonst. Bis es endlich durch Vorsprache beim Gauleiter Franz Hofer möglich wurde, eine Aufwandsentschädigung zu erhalten.

Im Mai 1938 fuhr die Wiltener Musik als Gaumusikzug in der Uniform der ‚Politischen Leiter’ zum Reichsparteitag nach Nürnberg.“

Bei der Generalversammlung der Wiltener Musikkapelle am 9. Jänner 1941 hielt Sepp Tanzer eine Rede, in der er, seine Musikkameraden motivierend, auf die Sonderstellung des Gaumusikzuges einging (Zitat nach Sammer, Seite 170 f.):

„[…] Kameraden! Wir wollen uns immer vor Augen halten, daß wir als Gaumusik, oder als Wiltener Standschützenkapelle, oder als Stadtmusik (der Titel spielt keine Rolle) immer auch in kultureller Hinsicht Erstklassiges leisten müssen. Wir müssen stets allen anderen Kapellen ein leuchtendes Vorbild sein. Wir sind als Gaumusik die erste Kapelle im ganzen Gau Tirol und Vorarlberg – und das will schon etwas heißen. Von 300 Kapellen die Erste zu sein heißt auch die Beste zu sein, und wir alle, jeder Einzelne muß seinen ganzen Stolz daransetzen, damit wir es auch so weit bringen. Die Möglichkeit ist uns durch die Gunst des Gauleiters gegeben. Es fehlt uns an gar nichts, wir haben die besten Instrumente, wir haben tadellose Uniformen, wir bekommen ein ordentliches Probelokal, es stehen uns Geldmittel zur Verfügung wie keiner zweiten Musik, also es liegt nur noch an uns.“

Über das Probelokal bemerkt Sepp Sevignani, ein ehemaliges Mitglied der Wiltener Musikkapelle (Zitat nach Sammer, Seite 171):

„Als die Wiltener Musikkapelle zur Gaumusik wurde, ist der Aufschwung erst richtig losgegangen: Das Probelokal wurde hergerichtet, ein Flügel war im Raum, Bilder von Richard Wagner wurden aufgehängt, ein eiserner Ofen fehlte auch nicht! Für damalige Zeiten war es ein pompöses Probelokal.“

„Aus Dankbarkeit“ für diese Begünstigungen hatte Sepp Tanzer 1938 dem Gauleiter einen Marsch komponiert und gewidmet. Dieses als Gauleiter-Hofer-Marsch in der Folge überaus beliebte Bravourstück erklang erstmals am 27. November 1938 zum 36. Geburtstag des Gauleiters. Die Deutsche Volkszeitung vom 29. November 1938 (Seite 7) berichtet darüber:

„[…] Außerdem fand sich der Gaumusikzug im Hofe des Landhauses ein, um dem Gauleiter ein Ständchen zu bringen. Gauleiter Hofer begab sich mit der Musik zur Baustelle des Erweiterungsbaues beim Landhaus, wo ihm und den Arbeitskameraden am Bau zum ersten Male der Gauleiter-Hofer-Marsch von Sepp Tanzer im Rahmen eines rasch aufgezogenen Betriebskonzertes vorgespielt wurde […].“

Im Jahr 1939 erschien der Marsch im Innsbrucker Musikverlag Johann Groß im Druck.

Bei Ausrückungen, die nicht unmittelbar im Dienst der Partei erfolgten, durfte die Wiltener Musikkapelle in ihrer historischen Tracht musizieren, ansonsten mussten die Wiltener in der „braunen Uniform“ auftreten. Im Zeitraum von Jänner 1938 bis Dezember 1940 bewältigten die Wiltener Musiker nicht weniger als 210 Proben und 227 Ausrückungen bzw. Konzerte. Trotz der vielfältigen Begünstigungen seitens des Gauleiters blieb auch der Gaumusikzug nicht vom Krieg verschont. Über die Schwierigkeiten, in Zeiten des Krieges eine Musikkapelle instand zu halten, äußert sich Sepp Tanzer im Rahmen der Generalversammlung vom 27. Februar 1942 (Zitat nach Sammer, S. 175):

„Wenn wir bedenken, daß 36 Kameraden eingerückt sind, von denen bereits drei den Heldentod fanden, so begreifen wir, daß oft Schwierigkeiten auftauchen, von denen viele von uns gar nichts wissen. Jetzt im Krieg eine Musikkapelle spielfähig zu erhalten, ist äußerst schwierig und wir erleben es ja bei allen anderen Kapellen, daß sie trotz aller Anstrengungen sich nicht über Wasser halten können.“

Im November 1944 musste Sepp Tanzer selbst zur Deutschen Wehrmacht einrücken, womit die Tätigkeit des Gaumusikzugs ihr Ende fand.


Der Aufbau der Standschützenkapellen


Kameradschaftsabend – Bunter Abend – Tiroler Abend

Kameradschaftsabende bildeten meist den geselligen Abschluss offizieller Staatsakte in Anwesenheit auswärtiger Delegationen, als Willkommens- und Verbrüderungsgeste, waren aber auch Unterhaltungen im Kreis von Wehrmachtsangehörigen. Ein solcher „Volkstumsabend“ in Nassereith Anfang Jänner 1941 wird in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Jänner (Seite 4) in seiner Intention und Gestaltung als „Vorbild“ einer diesbezüglichen Veranstaltung deklariert:

„Ein Beispiel besonderer Kameradschaft und unverbrüchlicher Einheit von Partei und Wehrmacht bot der Volkstumsabend für die zu kurzem Aufenthalt in Nassereith weilenden Fallschirmspringer. Ganz besondere Freude hatte das Erscheinen des ersten Ritterkreuzträgers Major Koch hervorgerufen. Außerdem waren erschienen der Kreisleiter Gauinspekteur P[artei]g[enosse Klaus] Mahnert mit dem Kreisstab. Fast alle anwesenden Fallschirmspringer waren Träger des Eisernen Kreuzes erster Klasse […]. Das Fallschirmjägerlied [„Rot scheint die Sonne“, Text und Melodie: Friedrich Schäfer] leitete den Abend ein. Sodann begrüßte Major Koch sämtliche Gäste und Kameraden; Kreisleiter Gauinspekteur Pg. Mahnert wies in seiner Erwiderung mit eindrucksvollen Worten auf die unzertrennliche Kameradschaft zwischen Partei und Wehrmacht hin. Hernach entwarf Kreisschulungsleiter Pg. Lechner für die Fallschirmjägerkameraden, die fast durchwegs aus anderen Gauen des Reiches stammen, ein richtiges und anschauliches Bild unserer Heimat, seiner Natur, seiner Bevölkerung und seiner schweren und opferbereiten Kämpfe für das Deutschtum durch die Jahrhunderte bis zu endlichen Heimkehr ins Großdeutsche Vaterland. Unterarzt Dr. Nössing zeigte hernach eine Anzahl seiner schönsten Farbenfilmaufnahmen, die wiederum dazu beitrugen, die Schönheiten unseres Gaues und seiner Bergwelt richtig kundzutun. Lied, Tanz und Brauchtum zeigten dann die Jungmädel mit ihren Volksliedern, die Jodlergruppe Tarrenz, die Solojodlerin Fräulein Walch aus Imst und die meisterhaften Zither- und Gitarrevorträge von Siegfried Schöpf und Johann Gstrein aus Roppen.

Die Kameraden aus allen Gauen des Reiches verstanden diesen Abend als eine Bekundung der unlöslichen Verbundenheit zwischen Nord und Süd, Ost und West im deutschen Volk.“

Während diese Veranstaltung mit ihren auch propagandistischen Elementen die ideologische Vertiefung der Zusammengehörigkeit und Volksverbundenheit geschickt inszeniert zelebrierte, dienten die ebenfalls als Kameradschaftsabende gestalteten „Weihnachtsfeiern“ vor allem der mentalen Betreuung der Soldaten. In dieser emotional besonders bewegenden Zeit wurde die kameradschaftliche Verbundenheit von Front und Heimat im Rahmen solcher von der Partei gezielt geförderten Veranstaltungen beschworen, besonders zur Ermutigung der Soldaten wie ihrer Angehörigen. Der Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 23. Dezember 1941 (Seite 3) von einer Weihnachtsfeier der Soldaten in Innsbruck betont mit affirmativer Rhetorik seine eigentlich propagandistische Intention:

„[…] In Innsbruck fanden die Weihnachtsfeiern unserer Soldaten in den letzten Tagen statt. Vertreter von Partei und Staat sowie Angehörige der Soldaten nahmen daran teil. Gerade das freudige Mitwirken der Bevölkerung war wiederum Beweis dafür, wie sehr die Heimat mit unseren Soldaten verbunden ist.

Der Große Stadtsaal war aus diesem Anlasse geschmackvoll mit Tannengrün geschmückt. Die Ortsgruppe Pradl hatte die Betreuung der Kompanieangehörigen übernommen. Oberstleutnant Ritter von Denzel nahm inmitten seiner Soldaten an der Feier teil. Im Laufe des Abends traf auch noch Kreisleiter Pg. Doktor Primbs im Staatsaal ein. Nach einer kurzen Ansprache von Hauptmann Wisiol, der vor allem der Kameraden draußen an der Front gedachte, die nun fern der Heimat die dritte Kriegsweihnacht verbringen, wurde von den Jägern der mächtige Lichterbaum entzündet. Der Ortsgruppenleiter von Pradl, Pg. Baldauf, wies auf die enge Verbundenheit von Partei und Wehrmacht hin und verteilte die Gaben. Den weiteren Verlauf des Abends würzten die Kompanieangehörigen mit heiteren Vorträgen und musikalischen Darbietungen. Ein Musikkorps der Wehrmacht spielte zwischendurch flotte Weisen […].“

Ebenfalls im Großen Stadtsaal veranstaltete ein Gebirgsjäger-Regiment im Februar einen „Bunten Abend“, dessen finanzieller Ertrag dem Kriegswinterhilfswerk gewidmet war. Ausführende waren Angehörige des Regiments. Den „bunten und reichhaltigen“ Verlauf der Veranstaltung schildern die Innsbrucker Nachrichten vom 13. Februar 1941, Seite 5: „[…] Im Mittelpunkt des ersten Teiles des Abend[s], bei dem alte und neue Militärmärsche und Lieder abwechselnd vorgetragen wurden, stand – unter Stabführung des Komponisten Arthur [!] Kanetscheider – die Uraufführung des Gebirgsjägerliedes von Toni Hölzl, dessen Text wir kürzlich in den Innsbrucker Nachrichten veröffentlichten, und die Erstaufführung des Liedes Der Bergsoldat von H. Lobenstock. Die beiden neuen Lieder fanden bei den Anwesenden eine begeisterte Aufnahme.

Ein Schuhplattler leitete über zum zweiten humorvollen Teil des Abends, den ‚Onkel Fritz‘, ein strammer Unteroffizier, als Ansager witzig und temperamentvoll betreute. Gleich die erste Szene Traum und Wirklichkeit, heitere Bilder aus dem Soldatenleben, war ein Treffer ins Schwarze. Desgleichen die köstlichen Gewehrgriffe in ‚deutscher‘ und ‚abessinischer‘ Ausführung. Lösten diese beiden Darbietungen wahre Lachsalven im Saale aus, so zeigte die folgende Paterre-Akrobatik den ausgezeichneten sportlichen Ausbildungsstand der jungen Soldaten. Was sie hier zeigten, den blitzschnellen Aufbau von Pyramiden oder die Ueberschläge, war vollendete Arbeit, die sich auf keinem Varietéboden zu verstecken brauchte.

Eines ist gewiß: Das ‚Ballett‘, ausgeführt von acht ‚reizenden Damen‘ im kurzen Röckchen und buntfarbigen Büstenhaltern hätte selbst dem geborenen Griesgram Lachtränen entlockt. Aber die Gebirgsjäger können nicht nur singen, spielen, tanzen und exerzieren, sie können auch zaubern, wie der Clown-Akt Die lustigen Hainos erwies. Nach einer ‚schwierigen‘ Kopfoperation, die statt der üblichen Geschwulst drei paar Würstchen zum Vorschein brachte, fand die Darbietungsfolge, die den zahlreichen Gästen über drei Stunden Heiterkeit und Frohsinn bescherte, mit einem Gebirgsnegeraufstand in Togo, einer fürchterlichen ‚Moritat‘ einen ‚aufregenden‘ Ausklang.

Alles in allem: ein prächtiger Abend, an dem sich bestimmt niemand gelangweilt hat. Darüber hinaus aber hat er das Band noch fester geknüpft, das die Heimat mit ihren Gebirgsjägern verbindet, die hoch im Norden auf Wacht für Deutschland stehen.“


Musik im sozialen Einsatz


Im April versammelten sich die Teilnehmer an der deutsch-japanischen Akademikertagung in Innsbruck auf Einladung von Gauleiter Hofer zu einem „Kameradschaftsabend“ im Hotel Tyrol. Nach den üblichen Reden entwickelte sich ein Programmablauf, bei dem „den deutschen und japanischen Gästen ein vielseitiger und glücklicher Ausschnitt aus dem kulturellen Leben unseres Gaues geboten“ wurde (Innsbrucker Nachrichten vom 9. April 1941, Seite 5). Wie ein derartiger Abend sich im Idealfall in seiner die reiche Vielfalt aller nur möglichen, insbesondere volkskulturellen Darbietungsformen zeigen konnte, belegen die Berichte von zwei „Bunten Abenden“ am 15. November 1941 in den Innsbrucker Nachrichten (17. November, Seite 3):

„Der im Rahmen der dritten Reichsstraßensammlung am Samstag, den 15. November von der Deutschen Arbeitsfront im Großen Stadtsaal durchgeführte ‚Bunte Abend’ war weit mehr als ein alltäglicher Erfolg. Bereits vor 20 Uhr gab es im Stadtsaal keinen freien Stuhl mehr. Aber immer noch kamen die Zuschauer, und es ärgerte sie nicht, daß sie den ganzen Abend stehen mußten, denn das Programm sorgte für frohe und heitere Stunden. Gleich zu Beginn setzte der Gaumusikzug des Reichsarbeitsdienstes mit schwungvollen Märschen ein, Bruno Wolf, der die Ansage des Abends überhatte, löste durch seine humorvollen Vortragseinlagen immer wieder langanhaltenden Beifall aus. Opernsänger a. D. Edmund Falkner brachte volkstümliche Lieder zum Vortrag, die mit viel Beifall aufgenommen wurden. Von den Liedern, die die Innsbrucker Liedertafel zum Besten gab, gefiel besonders Der warme Wind. Besonderen Beifall erntete am Schluß der ersten Vortragsfolge die Mädel-Harmonikagruppe einer Innsbrucker Firma, die nicht versäumte, das nun einmal beliebte Lied Unter der Laterne vorzutragen und dafür besonderen Dank erntete. – Den zweiten Teil des Abends leitete wiederum der Gaumusikzug des Reichsarbeitsdienstes ein, und zwar mit zwei Märschen für Heroldstrompeten und Kesselpauken. Die Schuhplattler von Agnes Müller und Josef Fröhlich leiteten sodann zum volkstümlichen Teil des Abends über, bei dem Volkstanzgruppen mehrerer Innsbrucker Betriebe bodenständige Volkstänze vorführten. In den einzelnen Pausen sorgte Bruno Wolf durch seine Maskenvorträge für gesunden Humor. Die Mädel-Mundharmonikagruppe eines Innsbrucker Betriebes riß im zweiten Teil des Abends durch ihre volkstümlichen Musikvorträge die Zuhörer zum Singen mit und erntete immer wieder langanhaltenden Beifall. Flotte Marschmusik, gespielt vom Gaumusikzug des Reichsarbeitsdienstes, beschloß diesen gut gelungenen Bunten Abend.“

Beim zweiten Abend dominierte Volksmusik. Der Gaumusikzug unter der Leitung von Sepp Tanzer trat dementsprechend in Tracht und als Wiltener Standschützenkapelle auf. Die humoristischen Intermezzi des Musikclowns sollten nicht nur für Abwechslung sorgen, sondern zeigten mit parodistischen Einlagen den Unterschied zwischen „Tanzschlagern“ und „bodenständigem Volkstanz“ auf, dessen kulturelle Überlegenheit damit demonstriert wurde.

„Auch im Hotel Maria Theresia war vor Beginn des Bunten Abends der Saal bereits voll. Die Wiltener Standschützenkapelle leitete den Abend mit einem festlichen Marsch ein. Daraufhin begrüßte ein Sprecher der Laienspielgruppe der Ortsgruppe Pradl des Standschützenverbandes Tirol-Vorarlberg die Zuhörer. Es folgten einige schöne alte Tiroler Volkslieder, daran schlossen sich von der Ziehharmonika begleitete Schuhplattler und bodenständige Volkstänze an. Auch für lustige Ueberraschungen wurde gesorgt. Die Pausen wurden von den flotten Weisen unserer Wiltener gut ausgefüllt. Besondere Anerkennung erwarb sich Der Watscheler, ein Schuhplattler, der an Kräftigkeit wohl nicht zu überbieten war. Gleich gut wurden auch die Kittelschmecker aufgenommen. Die Geschwister Holzmann brachten mehrere Duette zum Vortrage, die Raimund Vogl auf der Zither begleitete. Auf dem Hölzernen Glachter zeigte Adolf Körner seine Kunst. Stimmungsvoll war der Echojodler von Erna Zinner. Der Musikal- [!] Clown, von U. Miros dargestellt, war einzig in seiner Art. Angefangen von der winzigen Mundharmonika bis zum Cello und Klavier beherrschte er jedes Musikinstrument. Mit seinen Parodien zeigte er den Unterschied zwischen Tanzschlagern und bodenständigem Volkstanz. Die Wiltener Standschützenkapelle beschloß den gutgelungenen Abend mit mehreren schneidigen Märschen.“

Ein ähnlich heimatgesättigtes Programm boten „Brauchtumsabende“ im Gefolge des Großappells der NSDAP Ende Juni 1941 in Innsbruck. Die Innsbrucker Nachrichten vom 25. Juni 1941 (Seite 4) vermelden dazu:

„[…] Samstag [28. Juni] abends finden für die Teilnehmer am Appell im Landestheater, im Großen Stadtsaal und im Hotel Maria Theresia Brauchtumsabende statt, die von Spiel- und Singscharen, von Trachten- und Brauchtumsgruppen des Standschützenverbandes Tirol-Vorarlberg und von Kulturgruppen der Südtiroler Volksgruppe gestaltet werden.“

Das Publikum der „Tiroler Abende“ waren vor allem Feriengäste, denen eine bunte Palette von Tiroler Volksleben mit Musik und Brauch, kompakt auf einer Bühne präsentiert, unterhaltsam vorgeführt wurde. Vielfach wurde bei solchen routiniert programmierten Veranstaltungen bewusst den Erwartungen des Publikums entsprochen, und die weit verbreiteten Klischees rund um das Tiroler Volkstum erhielten eine dementsprechend Inszenierung. Insofern unterscheiden sich die Tiroler Abende von damals kaum von den heutigen marktschreierischen Protagonisten einer vermeintlichen Tiroler Volkskultur. Ein Beispiel für einen in seiner Gestaltung typischen Tiroler Abend bringt das Tiroler Volksblatt in der Ausgabe vom 1. September 1941, Seite 3:

„Das waren wirklich heitere, von dem Zauber echten Volks- und Brauchtums erfüllte Stunden, die die Kreisstelle Kufstein der Deutschen Arbeitsfront (NSG. Kraft durch Freude) durch die Verpflichtung der Volkstumsgruppe des Tiroler Standschützenverbandes, Ortsgruppe Kirchbichl, am Samstag und Sonntag im Hotel Post einem großen Besucherkreis geboten hat. Die Kirchbichler, und zwar die bekannten und überall geschätzten Gebrüder Feiersinger, sangen, spielten und plattelten sich im vollsten Sinne des Wortes in die Herzen ihrer Zuschauer und Hörer hinein. Ihre kraftvoll und schwunghaft gesungenen Lieder erfreuten dabei nicht nur durch die unverfälschte Heimattreue, sie nahm auch (und dies vor allem) durch die Musikalität und stimmliche Reinheit ihres Vortrages gefangen. Wie prächtig erklangen z. B. vierstimmig das forsche ‚Was braucht denn a Jaga?’ und das lustige ‚Annamierl mach auf!’, oder zum Schluß das fünfstimmig gesungene ‚Geht’s hin über d’Almen’. Zwischen allen diesen Chören aber schwang sich sieghaft und klar die wohlgebildete Stimme der Solosängerin Sophie Neuhauser. Das Zillertal und ‚Mei Glück is an Hüttal im schönen Tirol’ waren Glanzleistungen dieser jungen, vielversprechenden Jodlerin. Wenn trotzdem die eingelegten Schuhplattler-Tänze der Männer bei dem beifallfreudigen Publikum den stärksten Anklang fanden, so ist nach dem eben Gesagten kein Zweifel darüber möglich, wie vorzüglich in ihrer exakten Schneid diese Tänze ausfielen. Ganz ausgezeichnet fügten sich übrigens in den gegebenen Rahmen auch die zahlreichen Harfensoli der Gruppe, von der jeder einzelne das Beste zum Gelingen der beiden Heimatabende ab, ein.“


Dorfgemeinschaftsabende

Die Dorfgemeinschaftsabende wandten sich an die heimische Bevölkerung. Sie hatten die Funktion der Gemeinschaftsbildung, der Bestärkung von Identifikation und Zusammengehörigkeit. Folglich wurden bei solchen Veranstaltungen alle Ressourcen herangezogen und in konzentrierter Aktion eingesetzt, die diese ideologisch bedingten Zielsetzungen begünstigen konnten. Also war auch der Einsatz der Partei allgegenwärtig. Parteigenossen, insbesondere die Ortsgruppenleiter, organisierten oder förderten solche Zusammenkünfte und traten als Redner auf. Dorfgemeinschaftsabende gaben überdies hochgestellten Parteifunktionären wie zum Beispiel den Kreisleitern ein Auftrittsforum. Bei solchen Ansprachen wurde die ideologische Bedeutung von Volksmusik, Volkslied und Volkstanz sowie Brauchtum und Tracht als gemeinschaftsbildende Kraft ebenso betont wie politische Propaganda betrieben mittels Führerhuldigungen und Durchhalteparolen. Neben Musik- und Volkstanzdarbietungen gab es Exkurse in die Dorfgeschichte, Lesungen von Soldatenbriefen, Theatervorführungen der Laienspielgruppe und Erzählungen aus dem Volksleben. Die folgende Zusammenstellung von im Lauf des Jahres 1941 abgehaltenen Dorfgemeinschaftsabende gibt einen guten Einblick über Intention und Funktion sowie die Vielgestaltigkeit solcher teilweise sehr effektiv und einfallsreich konzipierten Veranstaltungen. Besonders im Jahr 1941 nahmen diese die Dorfgemeinschaft inszenierenden Versammlungen einen enormen Aufschwung. In vielen Gemeinden wurden sie erstmals durchgeführt.

Über einen Dorfgemeinschaftsabend in Silz erfahren wir im Tiroler Landboten vom 14. Februar 1941, Seite 4:

„Es war wieder dasselbe sehr erfreuliche Bild, wie bei allen bisherigen Dorfgemeinschaftsabenden in Silz: schon Stunden vor Beginn war der Saal überfüllt und alles wartete gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten.

Als Gäste waren der Stellvertretende Gauleiter Hauptdienstleiter P[artei]g[enosse Herbert] Parson, Kreisleiter Gauinspekteur Pg. [Klaus] Mahnert und die Mitglieder des Kreisstabes erschienen. Schon nach dem Einleitungsmarsch, gespielt von der Silzer Standschützenkapelle in ihrer schmucken Tracht, war die richtige Stimmung der Verbundenheit da. Als Ansager bewährte sich Pg. Dr. Erlacher, der mit seinen launigen Worten immer wieder Beifall erntete. Nach der Begrüßung durch Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Pg. Föger brachte der Silzer Männerchor Volkslieder zum Vortrag. Anschließend verlas Pg. Föger einen ausführlichen Brief des Unteroffiziers Alois Köfler aus Silz, der derzeit in Norwegen weilt und bereits mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet ist. Mit besonders interessanten Worten verstand es hernach Pg. Gruber in seinem Vortrag über die Dorfgeschichte darzutun, daß Silz bereits auf ein tausendjähriges Bestehen zurückblicken kann. Mit Stolz vernahmen alle die Geschichte des Schlosses und Pflegschaftsgerichtes Petersberg, auf dem einst Margarethe Maultasch, Friedl mit der leeren Tasche und andere Landesfürsten gerne Aufenthalt nahmen. Ausgezeichnet waren die Jodler der Geschwister Zoller und Walfer und die strammen Silzer Schuhplattler, die alte bodenständige Tiroler Tänze zeigten. Gut gespielt war der Einakter Der Gesundheitskuchen; lebhaften Beifall ernteten anschließend die Schuhplattler, die Jodler, eine Betriebsmusikkapelle und die Schrammelmusik. Nach dem Dank des Ortsgruppenleiters an die Mitwirkenden forderte Kreisleiter Gauinspekteur Pg. Mahnert die Anwesenden auf, auch draußen wie an diesem Abend eine verschworene Gemeinschaft zu bilden und stets zusammenzuhalten. Der Stellvertretende Gauleiter Pg. Parson sprach seine Freude darüber aus, daß der Abend echtes Tiroler Volks- und Brauchtum bewiesen habe, das zu hegen und zu pflegen eine unserer Hauptaufgaben ist. Mit dem unerschütterlichen Gelöbnis der Kameradschaft, Volksgemeinschaft und Treue zum Führer schloß dieser Abend, an den die Silzer stets gerne zurückdenken werden.“

Ende März 1941 gab es einen Dorfgemeinschaftsabend in Scharnitz, bei dem vonseiten der Partei die besondere Bedeutung des Brauchtums als ideelle Grundlage der „Volksgemeinschaft“ hervorgehoben wurde:

„Die Ortsgruppe Scharnitz veranstaltete am Samstag [29. März] einen Dorfgemeinschaftsabend, dem der derzeitige Kreisleiter von Innsbruck, Gauamtsleiter Pg. Margreiter, mit Mitgliedern des Kreisstabes beiwohnte. Das schöne Programm des erfolgreichen Abends stand ganz im Zeichen bodenständigen Volks- und Brauchtums.

In einer kurzen Rede schilderte der Gauamtsleiter Pg. Margreiter Sinn und Zweck der Dorfgemeinschaftsabende und wies darauf hin, daß gerade in der gegenwärtigen Zeit, in der sich jedermann mit seiner ganzen Kraft in den Dienst der Volksgemeinschaft stellt, auch frohe Stunden zu unserem Lebensinhalt gehören. Gerade dieser Abend beweise, wie sehr die Pflege des Volks- und Brauchtums zu einem Bindeglied von Mensch zu Mensch wird. Der Kreisleiter richtete sodann an die Anwesenden den Appell, auch fernerhin mit gleichem Fleiß und gleichem Eifer das Brauchtum zu hüten.

In bunter Reihenfolge wurden sodann die einzelnen Punkte des Programms abgewickelt, und es zeigte sich dabei, welch schöne Erfolge durch gemeinsame Arbeit gerade auch auf diesem Gebiet erzielt werden können“ (Innsbrucker Nachrichten vom 1. April 1941, Seite 4).

Unmittelbar anschließend an den eben zitierten Artikel folgt ein kurzer Bericht über die Gründung der ersten Brauchtumsgruppe im „Kreis Reutte“; organisatorisch eingegliedert hatte sie im Standschützenverband vor allem die Funktion, volkskulturelle Traditionen wie Trachten, Volkslied, Volkstanz zu pflegen:

„Im Beisein des Kreisleiters Höllwarth wurde in diesen Tagen in Elmen die erste Brauchtumsgruppe des Standschützenverbandes im Kreis Reutte gegründet. Der Kreisleiter schilderte die Bedeutung der Arbeit, welche vom Standschützenverband Tirol-Vorarlberg geleistet wird und wies insbesondere auf die Aufgaben der Brauchtumsgruppe hin, die als Träger echten Volkstums die bodengebundenen Sitten und Bräuche, Trachten, Volkslieder und Volkstänze zu pflegen hat und durch vorbildliche Breitenarbeit zur Nachahmung in anderen Ortsgruppen anregen soll. Anschließend wurden einige alte Volkslieder und Erzählungen vorgetragen. Die verschiedenen Anregungen des Kreisleiters und des Kreismusikreferenten wurden mit Beifall aufgenommen, und es zeigte sich dabei, daß die Bevölkerung von Elmen der Volks- und Brauchtumspflege ein besonders Interesse entgegenbringt, so daß die neugebildete Gruppe gleich nach ihrer Gründung mit einer ersprießlichen Arbeit beginnen kann. Bei dieser Gelegenheit stellt der Kreisleiter noch für diesen Monat die Anschaffung einer gemeinsamen Tracht in Aussicht; eine Mitteilung, die mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde.“

Mit großem Aufwand wurde der erste Dorfgemeinschaftsabend im Alpbachtal inszeniert, insbesondere weil im Publikum sich auch als Gäste Teilnehmerinnen des Reichslagers der Gaujugendgruppenführerinnen und des Reichslagers der Gaubeauftragten für die Werkfrauen einfanden. Den Abend machte das übliche bunte Programm örtlicher Selbstdarstellung aus:

„[…] So war auch der kürzlich durchgeführte erste Dorfgemeinschaftsabend der Ortsgruppe Alpbach ein schöner Erfolg für die Veranstalter, also das ganze Dorf, das über 400 Köpfe stark daran teilnahm. Nach einem flotten Marsch der Alpbacher Trachtenkapelle eröffnete der Ortsgruppenleiter Pg. Karl Weiß den Abend und begrüßte vorerst den Kreisleiter Pg. [Hans] Ploner aus Kufstein, der zur großen Freude der Alpbacher an dem Abend teilnahm […]. Der Ortsgruppenleiter machte den Anwesenden den Sinn und Zweck der Dorfgemeinschaftsabende klar und wünschte dem ersten Versuch ein gutes Gelingen.

Dieser Wunsch ging auch in Erfüllung, denn die einheimischen Sänger, Schuhplattler, Brauchtumsgruppen (Anklöpfler, Perchten usw.), begleitet von der Alpbacher Trachtenmusik, boten Hervorragendes. Besonderen Beifall fand der Vortrag des Ortsgruppenpropagandaleiters Pg. Franz Margreiter über die Besiedlungsgeschichte des Tales […]. Ein Lichtbildervortrag der Bildberichterstatterin P[artei]g[enossi]n [Hilde] Brinckmann zeigte in ausgezeichneten Bildern Arbeit, Brauchtum und Schönheit unseres Alpbachtales. Im späteren Verlaufe des Abends sprach Kreisleiter Pg. Ploner unter starkem Beifall über den Zusammenhang des heutigen Dorfgemeinschaftsabend mit unserer ganzen deutschen Volksgemeinschaft und wies daraufhin, daß wir durch jede Art von Gemeinschaftswirken unseren tapferen Soldaten den Endsieg erleichtern. Verschönt durch das farbenfrohe Bild der alten Trachten unserer Burschen und Dirndln, wurde dieser erste Dorfgemeinschaftsabend ein voller Erfolg“ (Innsbrucker Nachrichten vom 2. April 1941).

Den Verlauf eines Dorfgemeinschaftsabends von Kitzbühel ist in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. September 1941, geschildert, Seite 4:

„Die Ortsgruppe Kitzbühel veranstaltete einen Dorfgemeinschaftsabend, dessen vorzüglich gestaltete Vortragsfolge zum größten Teil von der Trachten- und Brauchtumsgruppe sowie Musikkapelle des Standschützenverbandes bestritten wurde. Ortsgruppenleiter Pg. Eberl eröffnete die Veranstaltung mit einer Ansprache, in der er Sinn und Zweck der Dorfgemeinschaftsabende darlegte und einen Überblick über die allgemeine politische Lage gab. Pg. E. Moser sprach über alte Sitten im Gebiet von Kitzbühel, insbesondere über althergebrachte Hochzeitsbräuche. Die Darbietungen der Musikkapelle, die bunten Liedvorträge und Volkstänze der Brauchtumsgruppe und die von Pg. Primus vorgetragenen Knittelverse nach der Art der Schnitzelbank wurden mit ungeteiltem Beifall aufgenommen. Die Veranstaltung bot Gelegenheit, das langjährige Mitglied des Standschüttenverbandes, Nikolaus Zwicknagel und seine Gattin zur diamantenen Hochzeit öffentlich zu beglückwünschen.“

Mit einem ähnlichen Programm folgte Anfang Dezember in Kitzbühel ein weiterer Dorfgemeinschaftsabend. Ein Bericht darüber erschien gleichlautend in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. Dezember 1941 (Seite 5) und im Tiroler Landboten vom 16. Dezember 1941 (Seite 5):

„Jedes Land und jeder Gau im großen Deutschen Reich hat seine ausgeprägten Eigenheiten in Sitte und Brauch. Besonders im Gau Tirol-Vorarlberg können wir mit Stolz behaupten, daß alte Sagen und Lieder, alte Sitten und Bräuche in reicher Menge lebendig geblieben sind. Von der Ortsgruppe Kitzbühel der NSDAP. wurde kürzlich ein Dorfgemeinschaftsabend abgehalten, der ganz im Zeichen bodenständigen Brauchtums stand und einen reichen Ausschnitt althergebrachter Sitten und Bräuche zeigte. Der Andrang bei dieser Veranstaltung war so stark, daß der große Saal die Besucher kaum zu fassen vermochte.

Nach der Begrüßung durch Ortsgruppenleiter Pg. Eberl wurden die Anerkennungsurkunden für die schönsten Pferde und Trachten beim letzten Brixentaler Flurritt verteilt. Pg. E. Moser sprach hierauf in einem mit viel Fleiß ausgearbeiteten Vortrag über die Dorfgeschichte, Sitten und Bräuche von längst vergangener Zeit, wie Faschings- und Osterbräuche, Aperschnalzen, Schlenggeltag, Alpenauf- und -abtrieb, Anklöpfeln usw. In Vertretung des Kreisleiters schilderte Pg. Benisch die großen Ereignisse der letzten Zeit und erläuterte den Sinn und Zweck der Dorfgemeinschaftsabende. Ein Zitherduett und verschiedene andere musikalische Darbietungen beschlossen den ersten Teil des Abends. Die Vortragsfolge des zweiten Teiles wurde von der Trachten- und Brauchtumsgruppe des Standschützenverbandes in ihrer schönen Speckbachertracht bestritten. Alte Volkslieder, Volkstänze und Reigen, Jodler und Trio wechselten in bunter Folge ab und wurden mit ungeteiltem Beifall aufgenommen.“

Im November und Dezember 1941 hatten Dorfgemeinschaftsabende in Pians, Leermos und Erl ihre Premiere:

„Die Ortsgruppe Pians veranstaltete ihren ersten Dorfgemeinschaftsabend, der überaus gut besucht war und einen vollen Erfolg hatte. Die flotten Weisen der Musikkapelle des Standschützenverbandes, die schönen Volkslieder und althergebrachten Volkstänze sowie ein lustiges Theaterstück wurden mit ungeteiltem Beifall aufgenommen. Großes Interesse fand auch ein Vortrag über den kämpferischen Einsatz der Vorfahren bei den Freiheitskämpfen, die sich im Gebiete von Pians abspielten. Kreisleiter Pg. Bernard, der mit mehreren Kreisstabsmitgliedern der Veranstaltung beiwohnte, wies in seiner Ansprache auf die Bedeutung der Brauchtumspflege hin“ (Innsbrucker Nachrichten vom 1. November 1941, Seite 6).

Über den ersten Dorfgemeinschaftsabend in Lermoos informiert der folgende Kurzbericht:

„Hier [in Lermoos] fand der erste Dorfgemeinschaftsabend statt. Der Ortsgruppenleiter Parteigenosse Singer konnte den Gauorganisationsleiter Pg. Braunsdorff und als Vertreter des Kreisleiters Kreisamtsleiter Parteigenossen Kratky begrüßen. Dieser Abend zeigte die wahre Dorfgemeinschaft, denn alles, jung und alt, Männer und Frauen waren der Einladung gefolgt. Besonderen Beifall fand der beste Jodler des Dorfes, Pg. Josef Bader. Ein kurzer Lichtbildervortrag von Pg. Linser über Standschützenschießstände und Trachten fand große Anerkennung. Zum Schluß sprach noch Kreisamtsleiter Pg. Kratky über die große bolschewistische Gefahr, die unser Führer mit seinen Soldaten nun beseitigt hat“ (Innsbrucker Nachrichten vom 18. November 1941, Seite 4).

Den ersten Dorfgemeinschaftsabend in Erl schildern die Innsbrucker Nachrichten vom 19. Dezember 1941 auf Seite 4, wobei besonders – wie in nahezu allen Berichten – der gute Besuch der Veranstaltung propagandistisch hervorgehoben wird:

„Zum erstenmal fand in unserer Gemeinde [Erl] ein Dorfgemeinschaftsabend statt. Der Saal war zum Bersten voll. Nach der Eröffnung hielt Schulleiter Rupprechter einen Vortrag über die Dorfgeschichte, Ortgruppenleiter Pg. Schoiberer erörterte Sinn und Wesen der Dorfgemeinschaft. Tiroler Lieder, Volkstänze und Schuhplattler wechselten in bunter Reihenfolge. Das über 80 Jahre alte Ehepaar Waldegger erfreute die Zuhörer durch alte Volkslieder. Ein lustiger Einakter beschloß die Veranstaltung. Alt und jung hofft, bald wieder einen ähnlichen Brauchtumsabend zu erleben.“

Eine Konzeption mit allen Ingredienzien eines auf Identifikation ausgerichteten Programmverlaufs hatte ein Dorfgemeinschaftsabend dann in Tarrenz von Anfang Februar 1942. Er entsprach in seiner kompakten und komplexen Zusammenstellung in nahezu idealer Weise den Vorgaben der Partei für solche ideologisch in hohem Maß bedeutsamen Veranstaltungen. Die zahlreichen Berichte über anderswo vorangegangene Dorfgemeinschaftsabende haben vermutlich in ihrer Vorbildwirkung zu diesem stringenten, alle wesentlichen Gestaltungselemente zusammenführenden Programm beigetragen:

„Ein frohes Bild der Gemeinschaft, wie es schöner nicht sein kann, war der am Sonntag [1. Februar 1942] in der Ortsgruppe Tarrenz durchgeführte Dorfgemeinschaftsabend. Schon der äußere Rahmen zeigte ein festliches Gepräge, waren doch die meisten Tarrenzer in ihren alten Trachten erschienen. Ortsgruppenleiter Pg. Schatz sprach einleitend über Sinn und Zweck des Abends. Dann folgte in bunter Abwechslung die wirkungsvoll zusammengestellte Vortragsreihe. Pg. Greif erzählte aus der Dorfgeschichte, während Pg. Wörle Briefe von der Front zur Vorlesung brachte. Die Standschützenkapelle ließ flotte Weisen ertönen. Die Jugend-Schuhplattlergruppe mußte ihre Darbietungen mehrmals wiederholen. Die kleine Sängerschar und das Wolf-Quartett sangen sich mit ihren Liedern und Jodlern in die Herzen der Zuschauer. Reichen Beifall fanden die Mädchen des Reichsarbeitsdienstes, die unter Leitung der Lagerführerin P[artei]g[enossi]n Hesse alte Volkstänze zeigten und ansprechende Volkslieder brachten. Die Laienspielerschar brachte mit ihrem Einakter Der Basl ihr Testament die Lacher auf ihre Seite. Zum Schluß ergriff der Kreisleiter, Gauinspektor [Klaus] Mahnert das Wort und führte u. a. aus: Wenn wir heute im dritten Kriegsjahr einen Dorfgemeinschaftsabend durchführen, dann tun wir dies nicht, um das Kriegsgeschehen zu vergessen, sondern um zu erkennen, daß wir uns noch enger als bisher zusammenfinden müssen, um auch in der Heimat bestehen zu können“ (Innsbrucker Nachrichten vom 3. Februar 1942, S. 3).


Südtiroler Umsiedler

Die Südtiroler, die nach dem Hitler-Mussolini-Abkommen, die Brennergrenze als endgültig zu betrachten, für das Deutschtum und damit für die Auswanderung optiert hatten, wurden in Tirol als „Brüder“ aufgenommen. Sie waren Teil der „Volksgemeinschaft“ und so auch Teilnehmer der Dorfgemeinschaftsabende. Die Schlagzeile in einem Bericht von einem Dorfgemeinschaftsabend in Stams im Jänner 1941 im Tiroler Landbotenvom 31. Jänner 1941 (Seite 5) lautet demgemäß: „Südtiroler erleben die Volksgemeinschaft“. Die folgenden Ausführungen geben eine typische Programmfolge dieser identifikationsstärkenden Veranstaltungen wieder:

„Nun hatte auch Stams einen Dorfgemeinschaftsabend, zu dem sich als Gäste Gauorganisationsleiter P[artei]g[enosse] Braunsdorff mit dem Kreisleiter Gauinspektor Pg. Mahnert und dem Kreisgeschäftsführer Pg. v[on] Oelhafen eingefunden hatten. Etwa 600 Personen waren im Saale des Südtiroler Heimes in Stams erschienen und warteten auf die vielverheißende Vortragsfolge.

Mit einem flotten Marsch, gespielt von der Standschützenkapelle Stams, begann der Abend. Hernach begrüßte Ortsgruppenleiter Pg. Staudacher sämtliche Gäste. Daran schloß sich ein ausgezeichnet vorgetragener Vorspruch eines schneidigen Stamser Jungen, der in Versform Sinn und Zweck des Abends dartat. Besonders interessant waren die Ausführungen Dr. Speckbachers über die Dorfgeschichte von Stams, dessen Name bereits 1065 zum ersten Male in der Geschichte auftaucht. Im Jahre 1273 wurde das Kloster Stams gegründet und hierbei sämtliche umliegenden Gründe und Gehöfte enteignet, ein Unrecht, das erst wieder dadurch gutgemacht wurde, daß heute sowohl das ehemalige Kloster als auch die dazugehörigen Gründe und Höfe für unsere Südtiroler Umsiedler, also für die Volksgemeinschaft zur Verfügung gestellt wurden.

Mit besonders gut vorgetragenen Musik- und Volkstanzeinlagen verstanden es die Stamser, ältestes Volks- und Brauchtum wieder zu neuem Leben zu erwecken. Anschließend verlas Ortsbauernführer Pg. Christl einige Briefe von Frontsoldaten an die Ortsgruppe Stams, die so richtig die Verbundenheit von Front und Heimat und die unerschütterliche Siegeszuversicht eines jeden beweisen. Hierauf brachte eine BDM.-Gruppe Lieder und Gedichte und den lustigen Einakter Der Jörg und ’s Jörgele ausgezeichnet zum Vortrag. Ganz besonderen Beifall ernteten die Bäuerinnen in der Spinnstube mit ihren Spinnrädern und der lustige Sänger, der in ulkigen Versen die Schwächen der einzelnen Anwesenden besang. Ein Meraner Figurentanz und die lustigen Dorfschrammeln, die auf ältesten Instrumenten aufspielten, fanden ebenso ungeteilten Beifall. Gemeinsam gesungene Lieder und Volkstänze erweckten Begeisterung.

Es war bereits zu vorgerückter Stunde, als Gauinspektor Pg. Mahnert das Wort ergriff und alle aufforderte, auch in Zukunft und draußen im Leben dieselbe unzertrennliche Gemeinschaft hochzuhalten und zu pflegen, wie sie hier bei diesem Abend so richtig geschmiedet wurde.“

Der Bericht erweist einerseits die grundsätzliche Bedeutung, die die Partei diesen Abenden durch die Anwesenheit führender Parteifunktionäre beimaß, andererseits ihren hohen propagandistischen Wert. Im Rahmen solcher Veranstaltungen wurde nicht nur das Kollektiv als lenkbare Masse zelebriert, sondern ganz gezielt Parteipropaganda betrieben. Die Verlesung von Soldatenbriefen sollte den „unerschütterlichen Glauben“ an den „Endsieg“ bekräftigen, die „unverbrüchliche Treue“ zum „Führer“ als Vorbildhaltung demonstrieren. Die Enteignung des Klosterbesitzes und die Vertreibung der Mönche wurden mit der Verdrehung historischer Tatsachen als legitime und notwendige Tat im Sinn und zugunsten der „Volksgemeinschaft“ erklärt.

Das Südtiroler-Heim in Stams hatte eine HJ-Volkstanz- und HJ-Schuhplattlergruppe, die etwa bei einem „Elternabend“ der Hitler-Jugend in Imst auftrat:

„Im Beisein des Kreisleiters Gauinspekteur Pg. Mahnert, des Ortsgruppenleiters Pg. Botschen und des Bürgermeisters Pg. Sauerbier veranstaltete der Standort Imst der Hitler-Jugend einen stark besuchten Elternabend mit einem reichhaltigen Programm, das der Veranstaltung einen vollen Erfolg sicherte. Die Pimpfe überraschten durch ihr turnerisches Können, die Jungmädel und BDM.-Mädel durch ihre musikalischen und gesanglichen Darbietungen, ihr Theaterspiel und ihre anmutigen Reigen- und ballgymnastischen Vorführungen. Ebenso gefielen auch die Volkstänze der HJ.-Volkstanz- und [HJ-] Schuhplattlergruppe aus dem Südtiroler-Heim in Stams. In seiner Schlußansprache gab der Kreisleiter seiner Freude über den erlebnisfrohen Abend Ausdruck und rief die Eltern zur engsten Zusammenarbeit mit der HJ. auf“ (Tiroler Landbote vom 20. Mai 1941, Seite 4).

In Landeck fand am Vorabend des Kreisschießens gleichfalls ein Dorfgemeinschaftsabend unter Südtiroler Beteiligung statt. Der Tiroler Landbote vom 7. Oktober 1941, Seite 4, meldet dazu:

„Die letzte Veranstaltung des Tages war ein Dorfgemeinschaftsabend unter Mitwirkung von Musikkapellen, Trachten- und Brauchtumsgruppen, des Standschützenverbandes, einer Südtiroler Trachtengruppe sowie der Hitler-Jugend. Der Stellvertretende Gauleiter, Befehlsleiter Parson, sprach über die Kriegsaufgaben der Heimat.“

Wie sehr die Südtiroler Umsiedler Ende des Jahres 1941 bereits in das Kulturleben integriert waren, zeigt eine Meldung in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. Dezember 1941 (Seite 5) mit der Überschrift „Südtiroler bereichern unser Brauchtum“:

„Seit dem Beginn und mit dem Fortschreiten der Umsiedlung unserer deutschen Volksgenossen aus Südtirol macht sich in steigendem Maße ihre Mitwirkung bei der Pflege unserer heimatlichen Kulturgüter geltend. Besonders die Dorfgemeinschaftsabende, die gegenwärtig wieder in zahlreichen Ortsgruppen des Gaues veranstaltet werden, geben den Südtirolern, die allenthalben im Gau ihre neue Heimat gefunden haben, Gelegenheit, an unseren Brauchtumsveranstaltungen einzeln und in Gruppen mitzuwirken. Aus Kameradschaftskreisen heraus haben sich Vereinigungen gebildet, die Musik, Lied und Tanz pflegen und bei Veranstaltungen der Partei, bei Besuchen auswärtiger Gäste im Gau und bei ähnlichen Anlässen schon wiederholt in Erscheinung getreten sind.

In Innsbruck besteht eine Kulturgruppe, der eine Volkstanzgruppe, eine Musik mit Besetzung für volkstümliche Darbietungen, das Meraner Doppelquartett unter Leitung von Willi Lösche und ein von Sepp Thaler geführter Männer- und gemischter Chor angehören. In vielen anderen Orten des Gaues bemüht sich der Standschützenverband, Mitwirkende für Sing- und Tanzgruppen zu finden. Nicht zu übersehen sind in diesem Zusammenhang die vielen Südtiroler Volkstrachten, die bei Veranstaltungen, im Straßenbild der Städte und in den Dörfern des Gaues immer häufiger zu sehen sind.

Die Stammeszugehörigkeit und jahrhundertelange Geschichtsüberlieferung, die wir mit den Südtiroler Volksgenossen gemeinsam haben, begründen die enge Verbundenheit des Volksbrauchtums. Die Südtiroler bringen uns mit ihren Liedern und Tänzen, mit ihren Trachten, überhaupt mit ihrem Brauchtum viel Neues, aber nicht Fremdes und finden auch in unserem Bereich in den wesentlichen Grundzügen dasselbe vor, was ihnen von Vätern und Urvätern überliefert wurde. Deutsches Lied, deutscher Tanz und deutsche Volksmusik sind in allen Alpentälern aus den gleichen Wurzeln emporgewachsen. Wenn es örtliche Verschiedenheiten gibt, wie sie etwa in der Mannigfaltigkeit der Volkstrachten und Mundartfärbungen zum Ausdruck kommen, so können sich diese nur im Sinne gegenseitiger Befruchtung und Bereicherung auswirken. Die Mitwirkung der Südtiroler bei unseren Brauchtumsveranstaltungen, der Einbau ihrer Kräfte in bereits bestehende und die mit ihrer Hilfe im Laufe der Zeit ermöglichte Gründung neuer Volkstumsgruppen im Rahmen des Standschützenverbandes wird daher ein wirksames Hilfsmittel sein, ihnen einzeln und in der Gesamtheit das Heimatgefühl und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit zu vermitteln, das sie in der Gemeinschaft aller Deutschen gewinnen sollen, um über das schwere Opfer hinwegzukommen, das sie durch die Aufgabe ihrer engeren Heimat gebracht haben.“

Sepp Thaler (1901-1982) war als Leiter der Südtiroler Kulturgruppe in Innsbruck die führende Instanz in Sachen musikalischer Kulturpflege der Südtiroler Auswanderer. Über Vermittlung von Sepp Tanzer – in seiner Funktion als hauptamtlicher Musikreferent des Gaues Tirol-Vorarlberg – erhielt Sepp Thaler ein Betätigungsfeld im Tiroler Volksliedarchiv, das Karl Horak leitete. Außerdem wirkte Thaler im Gaumusikzug als Hornist mit. Von einem weiteren Mitarbeiter des Tiroler Volksliedarchivs, Fritz Engel, übernahm er die Leitung des HJ-Musikzuges in Innsbruck, der bei Aufmärschen und diversen Parteifestlichkeiten mit ambitioniertem Musizieren in Erscheinung trat. Kompositionsunterricht erhielt Sepp Thaler bei Josef Eduard Ploner. Über diese Lehrzeit bei Ploner resümiert er in einem Rundfunkinterview vom Jahr 1981: „Musikalisch habe ich in Innsbruck durch Professor Josef Eduard Ploner alles erhalten, was ich zum Komponieren brauche. Ich bin diesem edlen Mann über das Grab hinaus dankbar“ (Zitat nach Wolfgang Josef Kostner, Sepp Thaler (1901-1982). Leben und Werk eines Südtiroler Komponisten. Eine Monographie (Seite 38; maschinschriftliche Diplomarbeit in Musikpädagogik, Innsbruck 1999, Universität für Musik und Darstellende Kunst Mozarteum Salzburg, Abt. X).

Mit Sepp Tanzer hielt Thaler eine lebenslange Freundschaft aufrecht: „Mit Sepp Tanzer verband mich während der Kriegsjahre eine innige Freundschaft. Wir beide hatten in Innsbruck dieselben Probleme, er als Referent der Blaskapellen und Leiter der berühmten Wiltener Stadtmusikkapelle, meine Wenigkeit als Leiter der Südtiroler Kulturgruppe und Dirigent der Innsbrucker Jugendkapelle. So hatten wir gemeinsame Interessen, waren ein Herz und eine Seele und fanden in der Person des bekannten Komponisten Josef Eduard Ploner einen dritten Freund, der uns mit Rat und Tat zur Seite stand“ (Zitat nach Kostner, S. 45). Verschämt werden hier der Gaumusikzug mit Wiltener Stadtmusikkapelle und der HJ-Spielzug mit Innsbrucker Jugendkapelle umschrieben.

Die vierjährigen Kompositionsstudien bei Ploner, die Thaler wöchentlich zweimal und unentgeltlich erhielt, ließen ihn zu einem populären Komponisten insbesondere im Bereich der Blasmusik befähigt werden. Seine erworbenen Kenntnisse konnte er aktuell auch bei seiner Arbeit im Tiroler Volksliedarchiv einsetzen.

Im Rahmen der Volkstanzpflege hatte Karl Horak als Leiter des Tiroler Volksliedarchivs von Gauleiter Hofer den Auftrag erhalten, einen Kanon typischer Tiroler Volkstänze zusammenzustellen. Ziel dieser Bestrebungen war ein gaueigenes Repertoire an standardisierten Tanzformen. Karl Horak verband damit die Vorstellung, dass „bei einem Zusammentreffen die Jugend etwa von Bregenz und von Kitzbühel miteinander tanzen“ könne (Karl Horak, „Unsere Volkstänze“, in: Alpenheimat 1945, Familienkalender für Stadt und Land, Seite 113 f.). Zu den Melodien erläutert Karl Horak: „Die zu diesen Tänzen überlieferten Weisen sind meist zu kurz und wirken beim praktischen Gebrauch durch oftmalige Wiederholungen eintönig. Sepp Thaler hat mit seinem Einfühlungsvermögen die überlieferten Melodien durch zweite oder dritte Teile erweitert und für Blas-, Streichmusik und Volksmusikinstrumente gesetzt. In dieser Fassung wurden sie den Musikkapellen im Standschützenverband Tirol-Vorarlberg zur Verfügung gestellt.“ Über die ideologische Fundierung und Gebrauchsfähigkeit des Volkstanzes äußert sich Horak in der für die Zeit typischen Rhetorik an derselben Stelle: „Die Volkstanzbewegung [früherer Zeiten, ausgehend von Raimund Zoder und seinen Schülern, die nicht so sehr auf das ‚landschaftseigene Tanzgut‘ achteten, wodurch ‚gaufremde‘ Tanzformen ‚heimische‘ verdrängten] hatte es eben nicht verstanden, worum es letzten Endes ging. Es sollte der tanzfreudigen Jugend des Volkes wieder der bodenständige und daher arteigene Tanz zurückgegeben werden. Mit seiner Verankerung mußte das rassemäßige Bewegungsgefühl gesteigert, die Abwehrkraft gegenüber fremdrassigen Tänzen gefestigt und ein Anfangspunkt gewonnen werden, von wo aus sich der deutsche Tanz artgemäß weiterentwickeln konnte.“ Als Intention wird die praktikable Durchführung der Vereinheitlichungsbestrebungen betont: „Um diese Gruppen einheitlich auszurichten und planvoll in die kulturelle Arbeit einzubauen, griff Gauleiter Hofer ein. Aus dem reichen Volkstanzgut, das heute der Tanzforschung schon zur Verfügung steht, habe ich in seinem Auftrag die geeignetsten Tänze ausgewählt. Sie mußten so leicht sein, daß sie jeder Volksgenosse erlernen und tanzen kann, und in Bewegung und Melodie soviel Schwung haben, daß sie auch gerne getanzt würden. Acht Tänze bestanden die Prüfung und stellen heute als ‚gaugebundene Tänze’ die Grundlage der Volkstanzarbeit im Gau Tirol-Vorarlberg dar.“

Bei dieser Auswahl wurde besonders darauf geachtet, inwieweit die Tänze „ein Bekenntnis zur Gemeinschaft“ symbolisieren konnten und dass sie von alter Herkunft, wenn möglich sogar kultischen Ursprungs waren. Die Tiroler Gautänze nach Horak bildeten der Auftakt, das Hiatamadl, der Rongger, der Siebenschritt, der Offene Walzer, der Tiroler Rheinländer, der Tiroler Landler und der Jägermarsch.


Details


Sepp Thaler avancierte schließlich zum Vertrauensmann des Gauleiters Franz Hofer, der ihn in seiner Funktion als "Oberster Kommissar für die Operationszone Alpenvorland" im September 1943 in die "Provinz Bozen" schickte, mit dem Auftrag, das Blasmusikwesen nach dem Vorbild des "Standschützenverbandes Tirol-Vorarlberg" neu zu organisieren. Sepp Thaler fungierte dabei als "Musikreferent" im neugegründeten Standschützenverband der "Südtiroler Volksgruppe" und versah somit denselben kulturell gewichtigen Aufgabenbereich, den sein Freund Sepp Tanzer im Reichsgau Tirol-Vorarlberg innehatte. Neben seiner überaus erfolgreichen organisatorischen Tätigkeit im Rahmen der Aufbauarbeit des Standschützenverbandes in Südtirol war Sepp Thaler als Kapellmeister der Standschützen-Musikkapelle Auer und abwechselnd mit Cyrill Deutsch als Dirigent des Standschützenorchesters in Bozen tätig.

Im Jahr 1941 bot der Veranstaltungsring Dienststelle Umsiedlung Südtirol wiederum ein reichhaltiges Kulturprogramm an, mit Vorstellungen im Tiroler Landestheater, Konzerten und Varietés im Großen Stadtsaal, Vorstellungen der Gaubühne und Filmvorführungen im „Bierwastlsaal“. Die Gauwanderbühne trat mit Volksstücken im Südtiroler Heim in Stams auf. Im Altersheim Lanserseehof gab es am 20. Jänner 1941 beispielsweise einen Unterhaltungsabend für Südtiroler Betagte mit „Lautensänger Berchtold“, der „Tiroler Lieder“ vortrug (vgl. „Toni Berktold“ in Innsbrucker Nachrichten vom 19. 1. 1940, S. 4; richtig „Robert Berktold“?, geb. 1890). In der Faschingszeit sorgte die „Kapelle Schlögl“ für einen heiteren Unterhaltungsabend im Bierwastlsaal (Innsbrucker Nachrichten vom 18. Jänner 1941, Seite 5). Einen „Lustigen Abend mit Franz Resl“ veranstaltete der Veranstaltungsring Umsiedlung Südtirol im Februar 1941 im Südtiroler Heim in Stams und im Konzertsaal der Städtischen Musikschule (Innsbrucker Nachrichten vom 15. Februar 1941, Seite 14). Am 4. April trat die Südtiroler Kulturgruppe bei ihren Landsleuten im Altersheim Lanserseehof auf (Innsbrucker Nachrichten vom 29. März 1941, Seite 13).

Die Bauvorhaben für die Unterbringung der Südtiroler Umsiedler wurden zügig weiter betrieben. „5500 Wohnungen für die Südtiroler in Innsbruck“ lautet der Titel eines Artikels in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Mai 1941, Seite 6. Mit diesem Überblick über den Stand und die Zukunftspläne dieses speziellen Wohnbauprogramms legte der Beauftragte des Gauleiters für Wohnungs- und Siedlungswesen, Pg. Leo Tusch, einen stolzen Rechenschaftsbericht ab, der sich auch propagandistisch sehr gut verwerten ließ:

„Nicht weniger als 5500 Wohnungen aller Größen sind in Innsbrucker Stadtgebiet allein in diesem Jahre zur Fertigstellung vorgesehen. Davon sind 3700 Wohnungen derzeit im Bau, etwa 400 schon bezogen. Die größten der geschlossenen Bauanlagen entstehen in Pradl, in der Reichenau und im westlichen Wilten.

Es ist ein völlig neuer Stadtteil, der zur Zeit in Pradl, süd- und nordwärts der Gump[p]straße, im Entstehen begriffen ist und der im wesentlichen begrenzt wird im Westen durch die Gabelsberger- und Lindenstraße, im Süden durch die Kranewitter-, Kofler- und die verlängerte Gump[p]straße und der im Norden durch die verlängerte Amthorstraße, im Osten durch die Reichenau seine Begrenzung findet. Die breit angelegten Hauptstraßen, die den neuen Stadtteil senkrecht zueinander durchschneiden, sind in west-östlicher Richtung die Gump[p]-, in nord-südlicher Richtung die Langstraße.

Allein in diesem Areal entstehen 1723 Wohnungen, von denen rund 350 bereits bezogen sind. Den Charakter eines geschlossenen Stadtteils erhält dieses neue Stadtviertel nicht allein durch die ihm eigene gefällige Bauweise, sondern auch durch die Unterbringung von Dienststellen und modernst eingerichteten Geschäftsräumlichkeiten für fast alle Branchen: in den Fronten der als künftige Einfallsstraße vom Osten her besonders breit angelegten Gump[p]straße, zu deren beiden Seiten zwei mächtige, bogenförmig sich der Straßenführung anpassende Blo[e]cke mit ostwärts abschließendem Vorsprung entstehen, werden u. a. die Ortsgruppe, ein Postamt mit Polizeiwache, eine Tiroler Weinstube, eine Café-Konditorei, eine moderne Großbäckerei, ferner eine Eisenhandlung, ein Tapeziergeschäft, eine Fleischhauerei und mehrere Einzelhandlungen untergebracht sein. Ja sogar ein neues Lichtspielhaus, mit dessen Bau noch in diesem Sommer an der Ecke Gump[p]-Gabelsbergerstraße begonnen wird, wird den Bewohnern der näheren und weiteren Umgebung auch in der Freizeit einen zeitraubenden Gang in das Stadtinnere ersparen. Geplant, jedoch ebenfalls noch nicht begonnen, ist der Bau eines Schulgebäudes und eines HJ.-Heimes an dem der Reichenau zugewandten Siedlungsrande. Also wirklich eine Stadt für sich!

Betont ist in der Bauweise die Anlehnung an die herkömmliche Tiroler Bauart, die insbesondere durch das Vorhandensein zahlreicher schmucker Erkerwohnungen unterstrichen wird […].“

Die intensive Bautätigkeit hatte nicht nur das Innsbrucker Stadtbild verändert, sondern im ganzen Land durch den Zuwachs von Neubauten neue optische Verhältnisse herbeigeführt. Es ist aber hervorzuheben, dass trotz der rasch erfolgenden Errichtung von Zweckbauten auf stilistische Besonderheiten der ländlichen Bauweise Rücksicht genommen wurde. Das Hauptgewicht der Bauvorhaben wurde in die Kreisstädte verlegt. Für die Landgemeinden waren keine umfangreicheren Siedlungsvorhaben geplant, sondern man sah die Errichtung von Landhäusern vor, die sich durch ihre Bauart in das Gesamtbild eines Ortes stimmig einfügen konnten.

Ende Mai 1941 verfasste wiederum der Gaubeauftragte für Wohn- und Siedlungswesen für die Innsbrucker Nachrichten vom 30. Mai 1941 (Seite 4 f.) einen ausführliche Abhandlung zum Wohnbauprogramm im ganzen Gaubebiet. Stolz wird darauf verwiesen, dass trotz der vielfach erschwerten Umstände durch den Krieg für das Jahr 1941 die Errichtung von insgesamt 11.400 neuen Wohnungen für die Südtiroler Umsiedler geplant ist:

„Von diesen 11.400 Wohnungen umfassenden Bauvorhaben sind jetzt bereits 1526 Wohnungen beziehfertig, bzw. bereits bezogen, 5954 Wohnungen befinden sich zur Zeit im Bau, die restlichen Bauten werden noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden. Die Größenverhältnisse der einzelnen Wohnungen sind auch bei den Neubauten in den einzelnen Kreisen ähnlich gelagert wie in Innsbruck selbst. Fast die Hälfte sind Drei-Raum-Wohnungen, rund 30 v[on] H[undert] entfallen auf Vier-Raum-Wohnungen, etwa 20 v. H. sind Fünf-Raum-Wohnungen, und wiederum nehmen die für kinderlose Ehepaare vorgesehenen zweiräumigen Wohnungen nur einen verschwindenden Teil des Gesamt-Wohnraumes ein. In jeder Wohnung ist ein eingebautes Bad. Im Stil gleichen sich die Neubauten in den verschiedenen Landschaftsteilen des Gaues jeweils der dort vorherrschenden, überkommenen Bauweise an […]. Das großzügige Gesamtvorhaben verteilt sich auf die einzelnen Kreise wie folgt: Im Kreis Innsbruck nimmt die Gauhauptstadt naturgemäß hinsichtlich der Bautätigkeit den ersten Raum ein. Es sind hier, wie schon berichtet, 5500 Wohnungen im Entstehen. In Solbad Hall sind in der Planung 250 Wohnungen in geschlossener Bauweise vorgesehen, davon sind 71 schon bezogen, 123 im Bau, der Rest ist noch zu erstellen. Wir fügen bei den nachstehenden Ortsangaben die analogen Zahlen in Klammer bei. Weitere Neubauten entstehen im Kreis Innsbruck in Telfs (150), Wattens (126), Kematen (120), Fulpmes (50). Insgesamt werden im Kreis Innsbruck, ohne Gauhauptstadt, 696 Wohnungen heuer noch fertiggestellt, von denen 176 bezogen und 402 schon im Bau sind.

Im Kreis Imst wird in Imst selbst eine geschlossene Siedlung gebaut, die 150 Wohnungen umfaßt. Davon sind 63 bezogen.
Im Kreis Landeck konzentriert sich die Bautätigkeit selbstverständlich auf die Kreisstadt (211). In Flirsch sind 10 Wohnungen in der Planung und fertiggestellt [!].
Im Kreis Reutte sind zur Zeit in Reutte 156 Wohnungen im Bau.
Für den Kreis Schwaz sind 496 Wohnungen in der Planung vorgesehen, davon entfallen 294 auf Jenbach (260 bereits bezogen), auf Schwaz 102 Wohnungen.
In Kufstein erstreckt sich die Bautätigkeit auf Kufstein (465) und auf Wörgl (232), insgesamt 697 Wohnungen, davon 110 bezogen, 402 im Bau, der Rest wird demnächst in Angriff genommen.
Für den Kreis Kitzbühel sind 302 Wohnungen vorgesehen; gebaut wird in St. Johann (126), Kitzbühel (100), Hopfgarten (41), Jochberg (40). Fertiggestellt sind im ganzen Kreisgebiet 108, im Bau 127 Wohnungen. Zu dem Gesamtbauvorhaben von 10.710 Wohnungen kommen noch fast 700 neue Landhäuser, die sich auf das gesamte Gaubebiet verteilen.“


Film


Verpflichtungsfeier der Jugend

1941 initiierten die NS-Machthaber eine neue HJ-Festivität Verpflichtung der Jugend. Im Rahmen einer zeremonienreichen Veranstaltung in Anwesenheit der Eltern, der Lehrerschaft und Repräsentanten der Partei wurden die 14-jährigen Jugendlichen zum Abschluss ihrer Schulzeit mit einem feierlichen Festakt in die Hitler-Jugend eingegliedert und damit exklusiv unter die Schirmherrschaft der NSDAP genommen. Von der ersten reichseinheitlich für den 22. März 1941 festgelegten Verpflichtungsfeier im Gaugebiet Tirol-Vorarlberg, wo sich an die 5000 Hitlerjungen und BDM-Mädel beteiligten, berichten die Innsbrucker Nachrichten vom 1. April 1941 auf Seite 3:

„Am vergangenen Sonntag fanden im ganzen Reich die Feiern für die 14jährigen Jungen und Mädel zur ‚Verpflichtung der Jugend‘ statt. Auch in unserem Gau waren bis in die Täler hinein und bis ins kleinste Bergdorf hinauf alle 14jährigen Jungen und Mädel, insgesamt mehr als 5000, angetreten, um aus dem Deutschen Jungvolk und aus dem Jungmädelbund, in denen sie drei Jahre Dienst getan hatten, und sich als kleine Gefolgsleute des Führers bewährten, in die Hitler-Jugend und den Bund Deutscher Mädel überwiesen zu werden. Es ist klar, daß dieser Tag im Leben der Jugend einen bedeutsamen Einschnitt darstellt, gilt es doch, jetzt größere und ernstere Pflichten zu übernehmen und zu erfüllen, um in wenigen Jahren würdig zu sein, als vollwertige Glieder in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei aufgenommen zu werden.

Zu einem richtigen Fest der Jugend gestaltete sich besonders in den Kreisstädten die ‚Verpflichtung der Jugend‘, die nicht nur den Jungen und Mädeln, sondern auch all den Gästen und vor allem den Eltern, die mit zugegen waren, zu einem Erlebnis wurden. Daß die Feiern trotz der kurzen Vorbereitungszeit auch organisatorisch überall reibungslos verliefen, war besonders der Hilfe der Partei und ihrer Hoheitsträger zu verdanken.

In Innsbruck fand die ‚Verpflichtung der Jugend‘ am Sonntagvormittag im Großen Stadtsaal statt. In Anwesenheit der Führerin des Obergaues, Gauführerin Traudl Mignon, verpflichteten der K.-Führer des Bannes, Stammführer Pepeunig, und die Führerin des Untergaues, Gruppenführerin Friedl Graß, persönlich jeden einzelnen überstellten Jungen und jedes Mädel. Anschließend ergriff der derzeitige Kreisleiter, Gauamtsleiter Pg. Margreiter, der auch bei der Verpflichtungsfeier des Bannes und Untergaues Innsbruck-Land in Hall zugegen war, das Wort. In seiner Ansprache an die Hitler-Jugend der beiden Banne und Untergaue seines Kreises rief er in den Jungen und Mädeln das Bewußtsein wach, daß der Führer besonders auf sie, als die künftigen Träger seiner Weltanschauung, sehe und in ihnen die Garantie für das ganz große Aufbauwerk des Führers liege. Zugleich würde die Jugend von heute in kürzerer oder längerer Zeit vor die Aufgabe gestellt sein, Vollender des begonnenen Werkes zu werden – was allerdings nur dann erfüllt werden könne, wenn sie sich schon jetzt darauf vorbereite und treu, gehorsam und tapfer ihren Dienst tue.

Auch in Landeck hatte sich der Kreisleiter Pg. Bernard zu der ‚Verpflichtung der Jugend‘ eingefunden. Er sprach zu den Jungen und Mädeln seiner Kreisstadt, die nun in die Hitler-Jugend verpflichtet wurden, einige herzliche Worte, die ihnen alle richtungweisend für ihren ganzen kommenden Dienst und Einsatz sein werden.

Der Führer des Gebietes Tirol-Vorarlberg, Hauptbannführer Otto Weber, nahm an der ‚Verpflichtung der Jugend‘ in Brixlegg teil, wo der Bann und Untergau Kufstein die Ueberweisung der 14jährigen Jungen und Mädel in größerem Rahmen durchführte.

So hat an diesem Sonntag die Hitler-Jugend unseres Gaues wieder eine große Zahl von Jungen und Mädel, die tätig und einsatzbereit für die Gegenwart und Zukunft unseres Volkes mitkämpfen wollen, in ihre Reihen aufgenommen. Sie wird nun alles daransetzen, diese Jungen und Mädel als feste Glieder in die Gemeinschaft des Volkes einzufügen und sie mit all den Pflichten und Aufgaben vertraut machen, die heute und für alle Zukunft an jeden Volksgenossen gestellt sind.“


Volksbildungsstätte Innsbruck

Die Volksbildungsstätte Innsbruck als Teilorganisation der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude der Deutschen Arbeitsfront bot für das neue Veranstaltungsjahr 1941/42 wiederum ein umfangreiches Programm an, das in all seiner Vielfalt dem Grundgedanken nach parteikonformer Kultur- und Wissensvermittlung entsprach. Im Rahmen von Vorträgen, Lesungen, Arbeitskreisen und Kursen wurden immer wieder nachdrücklich ideologische Werte wie Heimat, Zusammengehörigkeit, Vaterlandsstolz kultiviert.

Der vorzügliche Besuch der Veranstaltungen im letzten Winterhalbjahr [1940/41] sei ein Zeugnis, dass „gerade auch in der Kriegszeit“ das Bedürfnis nach „kulturellem Leben“ groß sei aus einem „Bedürfnis der Bevölkerung nach seelischer Bereicherung und geistiger Fortbildung“. Und weiter wird in den Innsbrucker Nachrichten vom 30. September 1941 (Seite 4) dieses „Lern- und Kulturbedürfnis breiter Volkskreise“ betrachtet als ein „Beweis der Kraft und Stärke der Heimat“.

Das Bildungsprogramm wurde in die Kategorien „Heimat, Volkstum, Geschichte“, „Großdeutschland und die Welt“ sowie „Wirtschaft und Technik für alle“ eingeteilt und detailliert in den Innsbrucker Nachrichten veröffentlicht (30. 9. 1941, S. 4). Für den Wissensbereich „Heimat, Volkstum, Geschichte“ wurden angesetzt „ein Vortrag von Dr. Nelia Kabusch, Klagenfurt, über ‚Lebendiges germanisches Bluts- und Geisteserbe’ und eine Darstellung der vor- und frühgeschichtlichen Funde im Gau Tirol-Vorarlberg von Prof. Dr. Leonhard Franz. Zufolge seiner landschaftlichen Abgeschlossenheit hat sich eine Reihe von Denkmälern aus der Urbesiedlungsgeschichte der Alpenländer, daneben aber auch aus der germanischen Besiedlung dieses Raumes erhalten, die keinem von uns unbekannt bleiben sollten. In die Pflege des Wehrgeistes in unserer Heimat gibt der Geschäftsführer des Standschützenverbandes, Pg. Herbert Gurschler, Einblick. Heimatkundliche Führungen sind vorgesehen in das Kaiserjägermuseum am Berg Isel und die Sammlung vorgeschichtlicher Funde im Museum Ferdinandeum. Der Altmeister tirolischer Geschichtsforschung Professor Dr. Otto Stolz führt Mitte Oktober [1941] eine Arbeitsgemeinschaft ‚Um die Ehren [!] und Freiheit Tirols’ durch, Prof. Dr. Leonhard Franz im Februar [1942] eine solche über die Vorgeschichte im Gau Tirol-Vorarlberg.


Details


Den Dichtern unserer Heimat ist eine Festwoche im Februar [1942] gewidmet, in der uns die ‚Stimmen der Heimat’ erklingen sollen. Ein Festabend unter Mitwirkung des Tiroler Landesorchesters und der Kulturgruppe der Südtiroler bildet den breiten Auftakt, dem Eigenvorlesungen der Dichter Anton Graf Bossi-Fedrigotti, Anny Kraus, Otto Rudl, Kurt Ziesel folgen sollen. Den Tiroler Dichtern Adolf Pichler, Anton Renk, Hermann von Gilm, dem Wiedererwecker der Wolkensteinlieder Dr. Josef Pöll sowie dem Altmeister der tirolischen Dichtung der Gegenwart, Arthur von Wallpach, gilt ein eigener von Dr. Nelia Kabusch durchgeführter Abend. Karl Springenschmied, Erwin A. Reinalter und Josef Georg Oberkofler werden in Betriebsgemeinschaften aus ihren Werken lesen. Ferner fallen noch in das Gebiet der Heimatkunde Vorträge über heimisches Bauen, Pflege und Gestaltung unserer Siedlungen durch Architekt Hellmut Erdle, über Burgen des Inntals von Josefine Urich und über das Thema ‚Bergraum-Lebensraum’ von Walter Flaig, Bludenz, während Ing. Rolf Göttle die Schönheit unseres Gaues im Farblichtbild eingefangen zeigen wird. Führungen durch die Gauhauptstadt werden das mittelalterliche Stadtbild im heutigen Innsbruck, Bausünden der Vergangenheit und die Südtiroler Bauten als Ausdruck neuen Bauwollens, ferner die Kronburg im oberen Inntal sowie Martinsbühel und die Ruine Fragenstein unter fachkundiger Führung zeigen.

Großdeutschland und die Welt.
Der hundertsten Wiederkehr des Todestages des Dichters des Deutschlandliedes Hoffmann von Fallersleben wird in einer mit der Hitler-Jugend durchgeführten Feierstunde am 6. Oktober gedacht. An politischen Vorträgen sind vorgesehen: Professor Dr. Grimm, der als Rechtswahrer des Führers die Prozesse des Reiches vertritt und einer der ersten Vorkämpfer in der Frage der Lüge um die Schuld an dem Beginn des Weltkrieges ist, spricht über ‚Versailles ist tot!’, Dr. Hans Krotsch über ‚Die Protokolle der Weisen von Zion – entlarvtes Weltjudentum’, der Verfasser vielgelesener Reisebücher A. E. Johann [Pseudonym für Alfred Ernst Johann Wollschläger (1901-1996)] über die ‚Deutsche Leistung in Afrika’. Ingenieur Gerhard Macher, Professor Hans Kinzl, Friedrich Otto Bittrich und der Innsbrucker Hitlerjunge Willy Daniel, der 1939 mit einer HJ.-Abordnung nach Japan reiste, wurden für interessante Reisevorträge gewonnen. In einer Arbeitsgemeinschaft wird Dr. Herbert Seidler unter dem Leitwort ‚Führertum – das deutsche Gesicht’ die Eigenart des deutschen Menschen, die Vielfalt seiner Begabungen, die Werte seines geistigen Blickfeldes behandeln. Besonderem Interesse wird der Vortrag von Herbert Volck ‚Kämpfe für Deutschlands Ehre’ begegnen, war der Redner doch Fliegeroffizier des Weltkrieges und Führer des Kaukasusaufstandes 1916 und ist auch mit den führenden Männern des Krieges vertraut. Der ‚Wehrpolitik der Gegenwart’ gilt der Abend von Dr. Erich Feldmann. In Verbindung mit den Aemtern für Volksgesundheit und Rassenpolitik wird die Volksbildungsstätte Innsbruck am 400. Todestag des großen Arztes Theophrastus Paracelsus eine Vortragsreihe im Dienste der Gesundheitsführung und der Gesundheitspflege durchführen. Der sudetendeutsche Dichter Dr. Guido Erwin Kolbenheyer selbst wird diese Reihe mit einer Eigenlesung aus seiner großen Paracelsus-Trilogie einleiten, Sanitätsrat Dr. Malfatti hat den Eröffnungsvortrag ‚Gesundes Volk – soldatisches Volk’ übernommen, worauf Fachärzte der Universität Innsbruck an zwölf Abenden wichtige Sondergebiete des umfangreichen Stoffes behandeln werden, die auch das Thema von drei Arbeitsgemeinschaften bilden werden.

Wirtschaft und Technik für alle.
Zum ersten Male bringt die Volksbildungsstätte Innsbruck im Winterhalbjahr [1941/42] technische Vorträge und Arbeitsgemeinschaften, da sie auch auf diesem Gebiete großes Interesse der Bevölkerung vermutet. ‚Die Motorisierung Deutschlands’ (Hans Bretz) und ‚Das physikalische Weltbild der Gegenwart’ (Prof. Dr. Alfons Bühl), ‚Wirtschaft und Technik’ (Ing. Franz Sterzinger) u[nd] a[nderes] m[ehr] fallen in diesen Rahmen.

Das reiche künstlerische Leben im deutschen Volk soll auch in den Veranstaltungen der Volksbildungsstätte vollen Widerhall und Verstärkung finden. Der 150. Todestag Wolfgang Amadeus Mozarts [5. Dezember 1941] wird am 12. Jänner 1942 mit einer Feierstunde begangen, deren Gestaltung Opernsänger Eugen Schürer, Herta Reiß am Klavier und ein Streichquartett übernommen haben. Die Aufführungen des Landestheaters Innsbruck werden durch Einführungsvorträge des Chefdramaturgen Dr. Siegfried Färber auch dem einfachen Manne noch erlebnisnäher gebracht, Prof. Heinrich Werner führt in einem Arbeitskreis in die deutsche Stilkunde ein. Der Feierabendgestaltung ist volles Augenmerk zugewandt.

Die Sprachkurse der Volksbildungsstätte hatten in den letzten Jahren überaus starken Besuch. Menschen aus allen Berufsschichten suchen sich durch Aneignung einer fremden Sprache für künftige Verwendung im Ausland vorzubereiten oder ihr Weltbild durch Eindringen in das Wesen fremder Länder zu erweitern. Neu wird heuer die Einführung von russischen Lehrstunden sein. Die überaus segensvollen Unterrichtsstunden ‚Deutsch für Erwachsene’ werden weitergeführt, um auch weiterhin vielen deutschen Menschen wertvolle Hilfen in der Bewältigung ständig höher gesteckter Arbeitsziele zu geben.“

Zum Schluß seines Artikels geht der Verfasser noch einmal auf Sinn und Zweck der Volksbildungsstätte ein:

„Aus diesem kurzen Ueberblick über die wichtigsten Veranstaltungen zeigt sich schon der klare Umriß der wertvollen kulturellen und erzieherischen Veranstaltungen, die uns das Winterhalbjahr 1941/42 bringen wird. Mag die Welt ringsum sich in Haß selbst verzehren, der deutsche Mensch lebt in Ehrfurcht vor den Leistungen der deutschen Soldaten an allen Fronten und sucht in stiller Arbeit sein eigenes Ich zu bereichern und fortzubilden, um sich auch auf diesem Gebiete der Größe der Zeit würdig zu zeigen.“

Die Innsbrucker Nachrichten vom 17. November 1941 (Seite 4) berichten über den ersten öffentlichen Vortrag bei der Volksbildungsstätte. Daraus geht hervor, wie sehr die Menschen damals vor allem im volksbildnerischen Bereich massiver ideologischer Beeinflussung ausgesetzt waren:

„Ueber das germanische Bluts- und Geisteserbe im Bauerntum der Ostmark sprach im Claudiasaal in Innsbruck […] Frau Dr. Nelia Kabusch. Sie bewältigte in fast 2 ½ Stunden einen Stoff, der leicht drei Abende ausgefüllt hätte. In der ersten Hälfte ihres Vortrages behandelte Dr. Nelia Kabusch die Geschichte des deutschen Bauerntums der Alpen vor der Zeit, da die Bajuvaren unser Land urbar machten, bis herauf in unsere Zeit, in der das Reichserbhofgesetz dem deutschen Bauer seinen festen Rückhalt gibt. Die Vortragende griff aus der Fülle dieses Stoffes vor allem die Gestalt Michael Gaismairs heraus, der ja mit Florian Geyer zu den tragendsten Gestalten des deutschen Bauernkrieges im 16. Jahrhundert zählt und die größte Führerpersönlichkeit Tirols überhaupt war. Im zweiten Teil ihres Vortrages befaßte sich Dr. Nelia Kabusch mit den bäuerlichen Sitten und Bräuchen, die auch in der schwersten Zeit des deutschen Bauerntums nie ganz erstorben sind, heute aber wieder jene Förderung und Wertschätzung erfahren, die ihnen mit Recht zustehen. Einst riefen Fremde das Wort in das deutsche Land hinaus: Verflucht sei die Erde! Nie jedoch haben diese Worte im Herzen unseres Volkes Wurzeln schlagen können, denn wäre das geschehen, würde unser Volks schon längst untergegangen sein. Uns ist die Erde ein heiliges Gut. Sie ernährt uns, gibt uns Kraft und Stärke. Und wir wissen, was der Führer gesagt hat: ‚Deutschland wird ein Bauernreich sein oder es wird nicht sein!‘ Darnach handelt das nationalsozialistische Deutschland.“


Universität

Ende März 1941 wird die Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck mit einem Festakt in Anwesenheit von Reichserziehungsminister Bernhard Rust auf Anregung von Gauleiter Hofer in Deutsche Alpenuniversität Innsbruck umbenannt. Die Begründung ist ideologisch fundiert, denn der alte Name erinnere daran, dass die Universität einst konfessionelle Absichten verfolgte und damit im Widerspruch zu ihrer eigentlichen Aufgabe stand, eine „Pflegestätte deutschbewußten Geistes und freier wissenschaftlicher Forschung“ zu sein. Der neue Name erinnere zudem an „die raumgebundenen wissenschaftlichen Sonderleistungen, die die Innsbrucker Universität zur gesamtdeutschen Wissenschaft beiträgt“ (Innsbrucker Nachrichten vom 24. März 1941, Seite 3). Über den Verlauf der feierlichen Zeremonie wird mitgeteilt:

„Zum Festakt in der Aula hatten sich neben dem Reichsminister Gauleiter und Reichstatthalter Hofer, der Stellvertretende Gauleiter, Hauptdienstleiter Parson, der Standortälteste, Generalleutnant Freiherr von Waldenfels, zahlreiche weitere Ehrengäste aus Partei, Wehrmacht und Staat, der vollzählige Lehrkörper der Hochschule und zahlreiche Studenten und Studentinnen eingefunden. Nach einer musikalischen Einleitung ergriff der Rektor der Universität Pg. Dr. [Harold] Steinacker, das Wort zu eingehenden Ausführungen, in denen er nach der Begrüßung des Reichsministers, des Gauleiters und der übrigen Festgäste die Volksverbundenheit der deutschen Hochschulen damit begründete, daß der Führer das Reichserziehungsministerium geschaffen und seine Aufgaben zur Reichssache, also zu einer Sache des Volkes gemacht hat.“

Der Rektor hob sodann hervor, dass „die Wissenschaft zu den ganz großen Mächten des völkischen Lebens gehört“ und sie insbesondere dem gegenwärtigem Krieg diene, „zu dem sie die Grundlagen der Technik, der geistigen Neuordnung und der Propaganda vorgedacht hat und mitdenkt“.

Angesichts des erlesenen Auditoriums ging der Rektor dann ausführlich auf ideologisch exponierte Forschungsvorhaben und Projekte seiner Universität ein:

„Aus der Forderung der Lebensnähe und Volksverbundenheit der Hochschule ergibt sich die Notwendigkeit, neben den allgemeinen auch die örtlichen Aufgaben im Dienst und im Auftrag des Reiches zu erfüllen. Für die Universität Innsbruck ist die Lage im Hochgebirge bedeutungsvoll für die Pflege der Kameradschaft am Vorbild der Kameradschaft der Bergsteiger und für die wissenschaftliche Auswertung bergsteigerischer Leistungen. Die Universität steht ferner in einem Land kostbarer biologischer Reserven, die die Frage des Tiroler Bergbauerntums zu einer Daseinsfrage des Reiches machen. Medizin und naturwissenschaftliche Fächer finden ihre Aufgabe in der Erschließung des Landes als Erholungsgebiet. Die wichtigste wissenschaftliche Aufgabe der Universität ist indessen die Erforschung der Auseinandersetzung des germanischen mit dem Mittelmeer-Raum, da sie in unmittelbarer Nähe der vom Führer und vom Duce nunmehr endgültig festgelegten Grenze der beiden Räume liegt. Die Ausgestaltung der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen beider Räume erfordert auch nach dem Abstoppen der politischen Dynamik dieser Grenze wissenschaftliche Erforschung und Bearbeitung, bei der wir hinter der Wissenschaft unserer Bundesgenossen nicht zurückbleiben dürfen.“

Schließlich betonte der Rektor abschließend das „Bekenntnis zum Leistungswillen bis zum äußersten, um der deutschen Wissenschaft ihre Weltgeltung zu erhalten und sie fruchtbar zu machen für unsere Aufgaben als Weltvolk.“

Gauleiter Hofer erinnerte in seiner Ansprache daran, dass die Universität Innsbruck „im freien Alpenlande als Kernpunkt des nationalen Widerstandes gegolten habe“. Darum sei sie von der „früheren Systemregierung besonders vernachlässigt worden“. Dieses Versagen „müsse nun wieder gut gemacht werden“, zumal die Universität „nicht nur ein wissenschaftlicher, sondern auch ein wesentlicher politischer Faktor sei und sich auch als solcher einfüge in die Aufgabenstellung dieses Gaues.“

Reichsminister Bernhard Rust versprach bei dieser Gelegenheit volle Unterstützung und zeigte sich befriedigt „über die Eindrücke von dem kämpferischen Geist und dem rückhaltlosen Bekenntnis zum Reich, die er bei seinem Besuch in diesem Gau und an dieser Hochschule gewonnen habe“.

Über die von Gauleiter Hofer angesprochene nationalsozialistische Infiltration und Betätigung der Studentenschaft schon während der Zeit des Austrofaschismus bietet der Artikel „15 Jahre Kampf des NSV.-Studentenbundes“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 25. Jänner 1941 (Seite 3) einen informativen Einblick:

„In diesen Tagen feiert der NSD.-Studentenbund die fünfzehnte Wiederkehr seines Gründungstages. Am 26. Jänner 1926 gab der Führer den Befehl zum Aufbau dieser Organisation. Damit setzte der Kampf der NSDAP. um die Universität und um den deutschen Studenten ein. Nach der Machtübernahme im Jänner 1933, nach der Ernennung Doktor Scheels zum Reichstudentenführer, führte der Studentenbund als Gliederung der NSDAP. das deutsche Akademikertum in die Volksgemeinschaft zurück.

Im ehemaligen Oesterreich waren in der Verbotszeit die nationalen Verbindungen, Burschenschaften und Korps im Waffenring deutscher Studenten, der den getarnten NSDStB. darstellte, miteinander verbunden. Die Angehörigen dieser Verbindungen hatten gleichzeitig die Pflicht, der SA. oder SS. anzugehören. Auf diese Weise riß die Verbindung nie ab; so wurde es schon in der Kampfzeit verhindert, daß ein Akademikerbund mit gesonderter Standesauffassung sich aus der Gemeinschaft löste. Diese Verbundenheit hat ihre Bewährung in den Umbruchstagen erhalten, als Arbeiter und Studenten gemeinsam die Heimkehr ins Reich erkämpften. Entscheidenden Anteil daran hatten zahlreiche Alte Herren.

Auch an der Universität Innsbruck waren so die besten Voraussetzungen gegeben, nach dem Anschluß eine kraftvolle Studentenbundorganisation aufzubauen. Im Juni 1938 lösten sich die alten Verbindungen unserer Universität auf und an ihre Stelle trat die neue Form der Kameradschaften des NSDStB. [Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes], dem vorerst nur die ehemaligen Waffenstudenten angehörten. In den folgenden Jahren wurden zu jedem Trimesterbeginn die neueintretenden Studenten in Lagern zusammengefaßt oder auch halbtätig einberufen, wobei ihnen Kameradschaftsführer und Amtsleiter der Gaustudentenführung Arbeit und Ziele des Studentenbundes klar legten. Heute ist [!] im Gau Tirol-Vorarlberg bei den vier aktiven Dienstsemestern Studentenbund und Studentenschaft identisch, ohne daß vom Grundsatz der Freiwilligkeit abgegangen wurde.“

Gerade dieses Faktum erweist, wie unausweichlich der propagandistische Druck auf die Studenten wirkte. Ohne einen Beitritt zum NS-Studentenbund wäre ein Studium damals wahrscheinlich überhaupt nicht möglich gewesen.

„Auf wissenschaftlichem Gebiete ist vor allem die Gründung der Fachgruppen der vier Fakultäten zu nennen. In ihrer Aufgabe, durch Arbeitsgemeinschaften die Studenten wissenschaftlich weiterzubilden und die Verbindung mit der Professorenschaft immer enger zu gestalten, hat sie beste Erfolge erzielt. Auf welcher Höhe die wissenschaftlichen Arbeiten unserer Universität stehen, zeigte sich, als im Reichsberufswettkampf 1939 die Arbeit der Studentenbundsgruppe Innsbruck als reichsbeste bewertet wurde […].

Der NSDStB. kann heute mit Stolz auf 15 Jahre unermüdlichen Kampfes, in dem es um die Schaffung eines neuen, eines nationalsozialistischen Akademikertums ging, zurückblicken. Die Studentenbundsgruppe Innsbruck erinnert sich der Jahre der illegalen Zeit, in denen sich die härtesten und opfermutigsten Studenten zusammenfanden und durch enge persönliche Fühlungsnahme mit den Führern des Altreiches sich immer wieder Stärkung für den Kampf holten; sie überschaut noch einmal die letzten zweieinhalb Jahre nach dem Anschluß, als sich der Studentenbund ungehindert entfalten konnte und zu einer wirkungsvollen Organisation im Parteirahmen wurde. Und wenn in diesen wenigen Jahren der Vorsprung anderer Reichsgaue völlig aufgeholt wurde, dann war dies nur möglich durch die grenzenlose Selbstlosigkeit und Kampfesfreude, deren der deutsche Student fähig sein kann – wir gedenken hie[r]bei unseres für die Bewegung im Kampfe um die Macht gefallenen Kameraden Arthur Seeber – und durch das ständig wache Bewußtsein, Glied der einen großen Partei zu sein, für die der Gauleiter als Beauftragter des Führers die Aufgaben stellt, die wir im studentischen Abschnitt gemeinsam mit den Südtiroler Kameraden lösen dürfen. Wir freuen uns, daß im laufenden Trimester ein großer Teil der Kameraden bereits gediente und erprobte Soldaten sind, die ihren Arbeitsurlaub zur Beendigung oder Fortsetzung des Studiums verwenden, mehr denn je gereift durch das Erleben des Kampfes und fremder Länder, durchdrungen von der Bedeutung nie endender Schulung und konsequenter Ausrichtung, die allein uns den Vorsprung in der Welt sichern werden. In diesem Sinne einer einzigen Einheit wollen wir in der NSDStB.-Gruppe unseres Berggaues eintreten in ein neues Jahr der Entscheidung.“

Propagandistisch im Sinne der NS-Ideologie nahm die Universität Einfluss insbesondere mit Vorträgen im Rahmen des Volksbildungswerks und mit einer eigenen Veranstaltungsreihe in der Universitätsaula. Bei diesen bewusst eingänglich formulierten Beiträgen einer volksnahen Wissenschaft kamen vor allem Themen von ideologischer Brisanz zur Sprache. In erster Linie waren historische und kulturgeschichtliche Stoffe mit Bezug auf das germanische Erbe beliebt. Zu einem solchen ideologiegerechten Vortrag kündigen die Innsbrucker Nachrichten vom 27. Juni 1941 (Seite 4) vorab an:

„Im kommenden Aulavortrag der Deutschen Alpenuniversität Innsbruck wird Professor Dr. Othenio Abel (Wien), der Begründer der modernen Paläobiologie, über ‚Drachen und Lindwürmer’ sprechen. Seit altersher finden sich bei verschiedenen Völkern Sagen und bildliche Darstellungen von Drachen vor. An Hand von Lichtbildern wird der Vortragende den Wandel in der bildlichen Darstellung der Drachen im Laufe der Jahrhunderte aufzeigen und für unsere altgermanischen Vorfahren nachweisen, daß ihr Ursprung nicht in Fossilfunden ausgestorbener Saurier zu suchen ist, sondern auf ganz bestimmten Vorstellungen über die Tiergestalt der Menschenseele beruht.

Die Kirche hat diese Vorstellungswelt auszurotten getrachtet, und da ihr dies nicht ganz gelang, hat sie den Seelendrachen in den der germanischen Vorstellungswelt gänzlich fremden Teufel in Drachengestalt umgewandelt. Auch vom Mondwolf, Sonnenwolf und anderen Sagentieren wird die Rede sein, die nicht nur in Skulpturen zu Goslar, Regensburg, Berchtesgaden und anderen Orten erhalten, sondern auch heute noch im Volke lebendig sind.

Wie stets, wird auch diesmal eine kameradschaftliche Zusammenkunft, und zwar in [dem Gasthof] Alt-Insprugg, den Abend beschließen.“

In einer anderen Vorankündigung der Innsbrucker Nachrichten wird am 10. Juli 1941 (Seite 5) auf einen „Offenen Abend“ des Collegium Musicum der Alpenuniversität in der Universitätsaula aufmerksam gemacht. Diese Musikervereinigung von Studenten war kurz zuvor vom Ordinarius des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Professor Dr. Wilhelm Ehmann gegründet worden. Als Intention wird, vermutlich entsprechend einer Presseaussendung Ehmanns, erklärt:

„Als Teil des musikwissenschaftlichen Institutes will das Collegium Musicum die praktische Anschauung für die musikwissenschaftlichen Vorlesungen und Uebungen geben, wobei sich die Studierenden selbst nach Kräften solche Werke erarbeiten, die im allgemeinen im gewohnten Konzertleben nicht zu hören sind. Hier bildet es die Versuchsgruppe vor allem in Fragen der historischen Aufführungspraxis und der Werkkenntnis; als studentischer Kreis dient es den Gegenwartsaufgaben der studentischen Gemeinschaftspflege und der Feiergestaltung.“

Beim Programm wurde auf die lokale Musiktradition Bezug genommen, indem der Chor des Collegium Musicum Vokalwerke von Komponisten der Innsbrucker Hofkapelle zur Zeit Kaiser Maximilians in historischer Aufführungspraxis vorstellte. Das Konzert brachte in bunter Abfolge auch Kanons von Joseph Haydn und Instrumentalwerke von Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn und Wolfgang Amadé Mozart. Professor Ehmann vermittelte dem Publikum Informationen zu den einzelnen Kompositionen in Form von „allgemeinverständlichen Erläuterungen“.

Das „Collegium Musicum der Alpenuniversität Innsbruck“ unternahm in den Semesterferien 1941
im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung eine mehrwöchige Fahrt an die französische Atlantikküste. Den konkreten Verlauf einer solchen Aktion schildert ein Bericht der an der Reise beteiligten Studentin Elisabeth Zeltner für die Innsbrucker Nachrichten (10. Oktober 1941, Seite 4):

„[…] Der Tageslauf war ganz auf unsere Einsätze eingestellt – wir hatten täglich zwei- bis dreimal zu musizieren – und erst in allerletzter Linie kam die Befriedigung der verständlicherweise regen Forscherwünsche im fremden Land. Vom Quartierort aus, an dem wir meist acht Tage blieben, brachten uns vormittags Schiff und Omnibus zur ersten Einsatzstelle: eine Küstenflakstellung oder Kriegsschiffbesatzung, zu U-Bootleuten oder in ein Lazarett, die Theater der Städte usw. Soldaten und Betreuungstrupp fanden sich im Gemeinschaftsraum zusammen, meist der Kantine mit selbstgefertigter Ausstattung, die in ihren Spielarten sofort jeweils ein Bild ihrer Bewohner gab. Größte Erwartung erfüllte den Raum. Nun galt es: schon das Begrüßungslied musste die anfängliche Fremdheit zwischen Darbietenden und Zuhörern überbrücken, an die Stelle des formellen Konzertes sollte gesellig-musikalisches Miteinander treten. Dies unterstrichen die kurzen, Sachliches und Persönliches verbindenden Worte unseres Leiters [Wilhelm Ehmann] immer wieder. Darauf war die ganze Vortragsfolge eingestellt, denn nur so konnten wir die obengenannten Aufgaben lösen und den Soldaten einen wirklichen Dienst erweisen.“

Diese „Aufgaben“ umschrieb die studentische Berichterstatterin schon zu Beginn ihrer Ausführungen:

„Unsere Darbietungen sollten zunächst Unterhaltung und Abwechslung im Einerlei des schweren Dienstes bieten und ein lebendiger Gruß aus der Heimat sein, darüber hinaus aber zu den ewig frischen Quellen unserer deutschen Kultur führen, wie sie im einfachsten echten Lied und in der größten symphonischen Schöpfung gleichermaßen sprudeln. Endlich aber wollten wir ihnen nicht nur die Erinnerung an ein paar unterhaltende Stunden, sondern auch Anregung für ihre eigene Freizeitgestaltung zurücklassen.“

Den „Gruß aus der Heimat“ vermittelte nicht nur die Musik, sondern auch die heimische Tracht der studentischen Unterhaltungsdelegation.


Literatur

Dr. Kurt Pichler erwähnt in seinem Überblick „Vier Wochen im Spiegel der Kultur unseres Gaues“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. Jänner 1941 (Seite 5) auch die Neuerscheinung eines Gedichtbandes von Erich Kofler mit dem Titel Bekenntnisse. Pichler charakterisiert den Dichter Erich Kofler und sein Werk. Der junge Südtiroler Künstler verstünde es, „in tiefer Liebe zu Heimat und Deutschtum Verse großer Schönheit zu schaffen“. Die Gedichte Koflers „sind ein Spiegelbild kunstvoller deutscher Lyrik, die die moderne Formung nicht umgeht, sondern sie, als Beweis und gültige Festlegung unseres künstlerischen Zeitgeschmackes, für die Zukunft bewahrt hat“. Was diesen ideologisch geprägten „Zeitgeschmack“ thematisch bewegt, wird spezifiziert: „Die Motive, die in diesen Versen aufleuchten, sind die Liebe zu Volk, Heimat, Brauchtum und Weib. Sphären also, die jeder echte Künstler durchmessen muß, heute und für alle Zeit.“

Zum 75. Geburtstag von Arthur von Wallpach erschien in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. März 1941 die ganze Seite 7 umfassend eine Auswahl seiner „völkischen“ Lyrik. Wallpach galt als ein „Altmeister“ deutschnationaler Dichtung. Er verarbeitete typische Stoffe der Tiroler Lyrik wie Natur- und Bergerlebnis, verfasste aber auch Gedichte mit politisch motivierten, antiklerikalen und den Pangermanismus verherrlichenden Motiven. Einleitend zu den Gedichtproben in den genannten Innsbrucker Nachrichten verfasste Karl Paulin eine kurze Charakterisierung von Leben und Werk des von den Nationalsozialisten so hoch geschätzten Jubilars:

„Als um die Wende der Sechzigerjahre des 19. Jahrhunderts im alten Oesterreich der nationale Kampf entbrannte und seine Wogen, die Geister aufrüttelnd, auch an die Berge Tirols schlugen, erstand aus dem jungen Geschlecht in Arthur von Wallpach ein Feuergeist, der seine dichterische Berufung noch unmittelbar von Adolf Pichler empfing. Am 6. März 1866 in Untervintl [Niedervintl/Pustertal] geboren, entzündete der junge Wallpach seine Begeisterung an den brennenden politischen und sozialen Strömungen jener Jahre und wurde zu einem glühenden Bekenner völkischer Ideale.

Wenn wir heute, an seinem 75. Geburtstag, des Mannes gedenken, der noch mitten unter uns lebt und in voller dichterischer Schaffenskraft eine Zeit erlebt, die den Traum seiner Jugend, Großdeutschland, verwirklicht hat, so heben wir aus der früchtereichen Ernte seiner Dichtung, in der Blüten reinster und edelster Lyrik, darunter herrliche Berglieder und Naturbilder duften, eine kleine Auslese von Gedichten aus nationalem, völkischen Urgrund. Denn keiner unserer Dichter hat so früh und mit solch unbeugsamer Ueberzeugungskraft die Ideale von Rasse, Volkstum und germanischer Sendung verkündet wie Arthur von Wallpach. Was dies vor 40 und 50 Jahren in Tirol bedeutete, können wir heute kaum mehr ermessen, aber diesen kämpferischen Strophen ist unverwelkte Jugend eigen, sie klingen, als wären sie erst vor wenigen Jahren entstanden.“

Als die Nationalsozialisten im März 1938 auch in Tirol die Macht übernahmen, verherrlichte dies der damals 72-jährige Wallpach mit dem Gedicht Wir Alten:

Über all unsrer Jugend- und Manneszeit
Stand ein Zeichen am Himmelsbogen,
Dem Hakenkreuz hatten wir uns geweiht,
Alles Hoffen auf ihn bezogen.

In Kampf und Niederlage und Sieg,
In den Tagen der Schmach und der Nöte,
Bis es endlich strahlend aus Wettern stieg,
Sich über die Welt erhöhte.

Und nun steht auf in eiserner Zucht
Ein Geschlecht der harten Berserker,
Am Galgen vorbei, auf fährlicher Flucht,
Gestählt in Hunger und Kerker.

Was wir im Liede ersehnt und erträumt,
Wofür wir gelitten im Stillen,
Sie schaffen es machtvoll und ungesäumt
Mit unerbittlichem Willen.

Stolz können auf ihre Tat wir schau’n,
Sie brauchen nicht unsren Segen.
Das gewaltige Deutschland, das sie bau’n,
Geht der Vollendung entgegen.

Die Wogen des Vergessens schwillt
Auf uns alte Rebeller und Schürer,
Doch unser letztes ‚Sieg Heil’ gilt
Dem Volk und dem herrlichen Führer!

Zeitbezogene Überzeugungs- und Gefälligkeitslyrik von bescheidenstem künstlerischen Anspruch. Die Verblendung der Menschen von damals kommt wohl treffend dadurch zum Ausdruck, dass solche literarischen Erzeugnisse Ernst genommen wurden.

Karl Paulin beschließt seine Würdigung Arthur von Wallpachs in den Innsbrucker Nachrichten (6. 3. 1941, S. 7) wie folgt:

„In den Jahren seit dem Anschluß nimmt Wallpach in ungebrochener Begeisterung Anteil an dem Zeitgeschehen, aus dem im siegreichen Ringen des gegenwärtigen Krieges die letzten großen Entscheidungen heranreifen. Immer wieder entstehen neue Gedichte des Tiroler Sängers, dessen männlicher Geist sich an dem Heldischen unserer Tage zu neuer poetischer Hervorbringung begeistert. So haben z. B. unsere Innsbrucker Nachrichten erst am 7. Februar [1941] Wallpachs Gedicht Stuka im Mittelmeer veröffentlicht.

Tirol wünscht dem 75jährigen Altmeister der heimatlichen Lyrik, daß ihn ein gütiges Geschick den kommenden Tag des entscheidenden Sieges erleben lässt, den dann, dessen sind wir sicher, ein Lied Arthurs von Wallpach, dem zeitlebens Alldeutschland das Höchste war, bekränzen wird.“

Rudolf Greinz erhielt zu seinem 75. Geburtstag am 16. August 1941 von Joseph Goebbels höchstpersönlich ein Glückwunschtelegramm (siehe Innsbrucker Nachrichten vom 23. August 1941, Seite 6). Rudolf Greinz, der 1866 in Innsbruck-Pradl geboren wurde, galt als Tirols erfolgreichster Erzähler. Seine auf zehn Bände verteilten lustigen und ernsten Geschichten sowie seine 25 Romane waren im ganzen deutschen Sprachraum verbreitet und erreichten eine Gesamtauflage von 1, 25 Millionen Bände. Karl Paulin begründet diesen Erfolg in seiner Würdigung des Dichters in den Innsbrucker Nachrichten vom 16. August 1941, Seite 6:

„Der Beliebtheit und dem Erfolg dieses Dichters liegt eine angeborene ausgesprochene Erzählergabe zugrunde, die Menschen und Geschehnisse in den ersten großen Romanen mit eindringlicher psychologischer Wirkung zu schildern wußte und ihnen den mit besonderer heimatlicher Liebe ausgeführten Hintergrund des Tiroler Bodens und des typischen Tiroler Lebens gab. Greinz versteht es, das Gefühl seiner Leser zu wecken und ihre Teilnahme zu fesseln, er weiß wie wenige die Spannung zu regulieren und jedem seiner Bücher etwas von jenem Reiz zu geben, den das Tirolische auf alle Welt ausübt. Mag auch die straffe dramatische Gestaltung seiner besten Romane, besonders der auf geschichtlicher Grundlage aufgebauten, in den späteren alljährlich auf dem Weihnachts-Büchertisch erscheinenden Bändchen, die eine gewisse Gleichförmigkeit der Erfindung und der erzählenden Technik tragen, nicht immer aufscheinen, die Greinz-Romane sind und bleiben immer gleich beliebt und in diesem stetig sich steigernden, nie nachlassenden Erfolg liegt das eigentliche Urteil über den Erzähler.

Daß Rudolf Greinz, der den dramatischen Puls in seinen besten Schöpfungen nie verleugnet, auch der deutschen Volksbühne neben einigen Lustspielen in seiner Tragödie Die Thurnbacherin ein kraftvolles Werk geschenkt hat, das vor einiger Zeit unsere Gaubühne wirkungsvoll dargestellt hat, sei ergänzend erwähnt.

Dem 75jährigen Rudolf Greinz gilt nicht nur der Dank seiner großen Lesergemeinde, sondern auch der Dank Tirols, denn im Zeichen dieser ‚Königin Heimat’ stand und steht das gesamte schriftstellerische Werk unseres erfolgreichsten Erzählers.“

In der Alten Universität wurde Anfang November 1941 eine „Buch- und Dokumentenschau“ präsentiert, die neben den literarischen Erzeugnissen hiesiger Verlage eine Gesamtschau „des deutschen Schrifttums 1941“ bieten sollte. Die Innsbrucker Nachrichten vom 4. November 1941 (Seite 3) melden dazu:

„Im festlich mit den Symbolen der Bewegung geschmückten Saal der Alten Universität wird heute im Rahmen der Herbstveranstaltungen des deutschen Schrifttums von der ‚Oertlichen Werbegemeinschaft’ eine Buch- und Dokumentenschau eröffnet, die einen umfassenden Ueberblick über die Neuerscheinungen des gesamten deutschen Buchschaffens gibt. Diese vom Gaupropagandaamt der NSDAP. veranstaltete Buchausstellung reiht sich würdig an die in den Großstädten des Reiches durchgeführten grundlegenden Ausstellungen, die die gesamte Produktion der deutschen Verlage nachweist und so wie jene unter der Devise ‚Buch und Schwert’ steht.

Ueberblicken wir diese reichhaltige Bücherschau, so ist eine Gliederung in vier Sachgebiete zu erkennen. Gleich links vom Eingang empfängt uns in der ersten Abteilung in langer Reihe des Reiches Buchproduktion 1941, die unter dem Leitwort steht: Geschichte und Weltpolitik Das neue Europa – Führer und Volk – Italien und der Mittelmeerraum – Der deutsche Roman – Natur und Landschaft und Buch und Jugend.

Ueber der zweiten Abteilung steht das Leitwort Geldanschauung und Weltanschauung; sie setzt sich eindeutig und klar mit dem zersetzenden Gift des Judentums im Volkskörper, mit Freimaurerei und Bolschewismus auseinander, leitet über zur Kampfansage gegen die Kräfte der Zerstörung durch unseren Führer Adolf Hitler, zeigt, angefangen von Mein Kampf die wesentlichsten und grundlegendsten Kampfschriften gegen Plutokratie und Weltjudentum auf und weist bildhaft den Durchbruch der nationalsozialistischen Weltanschauung im Volk und seine Auswirkungen zum übrigen Europa. Das Ganze beschließt der Hinweis auf das Heroische im deutschen Volk, Soldatentum und Wehrmacht und seine Stellung und Bedeutung im heutigen Kriege.

Die dritte Abteilung führt das Leitwort Der Innsbrucker Verlag stellt aus und bringt eine Uebersicht über das beachtliche und reichhaltige Buchschaffen der engeren Heimat. Sie enthält die gesamte Produktion der Innsbrucker Verlage.


Gauverlag


Die vierte Abteilung zeigt in einer sehr interessanten Dokumentenschau den Kampf gegen den Kapitalismus im alten Tirol und stellt historische Urkunden und Druckwerke aus dem Reichsgauarchiv aus, die unter Leitung von Universitätsprofessor Doktor Otto Stolz aus den reichen Beständen des Archivs ausgewählt wurden […].“


Ausstellungen

Bereits Anfang April wurde im Bibliothekssaal der Alten Universität die Innsbrucker Fachbuchausstellung unter dem Motto „Das Fachbuch für die Jugend“ eröffnet. Initiiert wurde diese Schau im Zuge einer Werbekampagne für das Fachbuch, zentral vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Verbindung mit der Deutschen Arbeitsfront und der Reichsjugendführung. Die Eröffnung in Innsbruck vollzog dementsprechend „im Auftrag des Reichsministers Dr. Goebbels der Leiter der Abteilung Schrifttum im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Reichsamtsleiter Ob.-Reg.-Rat [Oberregierungsrat] Schlecht“ (Innsbrucker Nachrichten vom 7. April 1941, Seite 9). Von Tiroler Seite hatten sich zur Eröffnungsfestlichkeit der Kreisleiter von Innsbruck, Gauamtsleiter Pg. Karl Margreiter, der Gaupropagandaleiter Pg. Dr. Karl Lapper, der Beauftragte des Gauleiters für die Deutsche Arbeitsfront Pg. Vinzenz Giselbrecht, der Gaubeauftragte des Gauleiters für Erzieher, Gauamtsleiter Pg. Josef Prantl, der Führer des Gebietes Tirol-Vorarlberg, Hauptbannführer Pg. Otto Weber und die Führerin des Obergaues, Gauführerin Waltraud Mignon eingefunden.

Nach der Begrüßung durch den Gaupropagandaleiter sprach der Leiter des Jugendamtes der Deutschen Arbeitsfront, Oberbannführer Schröder, ausführlich über die Bedeutung des Fachbuches für die gewerbliche und industrielle Wirtschaft. Er wies insbesondere darauf hin, dass sich die „Heranbildung eines tüchtigen beruflichen Nachwuchses“ gerade jetzt in Kriegszeiten als „immer dringenderes Erfordernis“ herausstelle aufgrund des „immer stärker fühlbaren Mangels an Facharbeitern“. Ziel sei es, dass „es überhaupt keinen ungelernten deutschen Arbeiter mehr gibt“. Das Fachbuch solle einerseits den bereits ausgebildeten Facharbeiter beruflich weiterbilden, andererseits die praktische fundierte Ausbildung der Jugend stärken helfen. Im Namen von Reichsminister Dr. Goebbels erklärte Oberregierungsrat Schlecht offiziell die Ausstellung für eröffnet.

Diese Fachbuch-Messe im großen Saal der Alten Universitätsbibliothek zeigte neben den zahlreichen Fachbüchern auch inhaltlich passende Exponate aus dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, dem Volkskunstmuseum und der Universitätsbibliothek:

„An den Seitenwänden und Pulten sind die Fachbücher nach folgenden Gruppen geordnet und zur Schau gestellt: Chemie – Druck, Papier und Photo – Steine und Erden – Handel – Gesundheitswesen, Körperpflege und Erziehung – Eisen und Metall – Wald und Holz – Bau und Baunebengewerbe – Textil, Bekleidung, Leder – Nahrung und Genuß – Landwirtschaft.

Eine besondere Zierde der Ausstellung bilden die schönen jahrhundertealten Zunftzeichen, die das Museum Ferdinandeum, bzw. das Tiroler Volkskunstmuseum zur Verfügung gestellt hat.

In drei Vitrinen sind als eigenartige Sehenswürdigkeit verschiedene alte Handschriften und Drucke zur Schau gestellt, die technische Anweisungen aus früheren Jahrhunderten enthalten. Von diesen kulturhistorisch bemerkenswerten Schaustücken, die aus der Innsbrucker Universitätsbibliothek stammen, sind besonders bemerkenswert:

Ein Schneider-Musterbuch mit Zeichnungen und Schnittmustern aus dem Jahre 1691, ein Zunftordnungsentwurf für die Bäcker- und Müllerzunft, der auf dem Sterzinger Bäcker- und Müllertag anno 1497 beraten worden ist. Dann eine Zunftordnung der Buchbinderzunft, deren Ledereinband vom Innsbrucker Buchbindermeister Simon Holzer im Jahre 1708 kunstvoll angefertigt worden ist. Ferner eine Ordnung der Innsbrucker Steinmetz- und Maurerzunft vom Jahre 1770 und ein handgeschriebenes Tiroler Rechenbüchlein aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Das Hüttenwerk Achenrain bei Kramsach hat ein aufschlussreiches Formelbuch für praktische Chemie und Geometrie von 1688 ausgestellt.

Die Fachbuchausstellung wird zwei Wochen lang bei freien Besuch zugänglich sein“ (Innsbrucker Nachrichten 7. April 1941, Seite 9).

Eine Ausstellung, die ausschließlich Exponate von Schülern präsentierte, wurde Anfang Juni erneut im Bibliothekssaal der Alten Universitätsbibliothek mit festlichem Pomp unter Beteiligung der üblichen Prominenz mit Gauleiter, Gauleiter-Stellvertreter, Standortältesten und diversen Gauamtsleitern nach einer musikalischen Einleitung eröffnet. Wiederum, wie bereits im Jahr 1940, wurden Schüler im Rahmen eines Wettbewerbs damit beschäftigt, sich kreativ mit einem für die Partei relevanten Anliegen auseinanderzusetzen. Diesmal war es das Thema Seefahrt in Not. Hinter dieser Aktion verbarg sich die Werbung und Begeisterung der Jugendlichen für die Seefahrt. Darum wurde die ganze Unternehmung auch vom Oberkommando der Kriegsmarine ideell und materiell gefördert (Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1941, Seite 5). In seiner Eröffnungsansprache verwies der Gauleiter insbesondere auf die Bedeutung der Lehrerschaft für die ideologische Formung der Jugend:

„Der Gauleiter gedachte mit anerkennenden Worten auch der Leistung der Erzieherschaft, die in steigendem Maße auch in ihren noch mit dem geistigen Erbe der Vergangenheit belasteten Teilen den Weg zu unseren Anschauungen findet und damit die Erkenntnis, daß sie nicht einem zufälligen Erwerbsberuf angehört, sondern ihre Aufgabe als Berufung zur Heranführung der Jugend an die höchsten Lebensgüter unseres Volkes erfüllen muß.“

Über den Inhalt der Ausstellung, deren Objekte über einen Wettbewerb an allen Schulen des Gaues ausgewählt wurden, geben die Innsbrucker Nachrichten vom 31. Mai 1941 detailliert Aufschluss:

„Durch den strengen Filter der Schul- und Kreisausstellungen sind die Arbeiten gegangen, die jetzt in der Gauausstellung Platz gefunden haben. Beteiligt ist daran, der Tiefe des Gedankens entsprechend, jedes Schüleralter, vom Knirps der entlegenen einklassigen Bergschule bis zum Oberschüler. Thematisch umspannt die Ausstellung die gesamte Entwicklung der Seefahrerei von den Uranfängen des Einbaumes aus dem Pfahlbaudorf über die Wikingerschiffahrt und Hansezeit bis zur Moderne. Einen erfreulich breiten Raum nimmt in bodenständiger Bindung auch die Innschiffahrt ein. Arbeitsmäßig ist die gelungene und an vielseitigen Eindrücken reiche Schau in vier Gruppen geteilt, die da sind: Zeichnungen, Modelle, Nadelarbeiten (Mädel) und schriftliche Arbeiten. Räumlich wurde die Einteilung nach den Kreisen gewahrt.

Die Zeichnungen und Malereien schon sind treffendes Spiegelbild jugendlichen Drängens zu einer großen Idee. Rührend-kindlich, wie der Sechsjährige schon in plumpen Strichen Anteil nimmt am Schiff, Fluß und Meer, aber auch wie er bereits den Kampf gegen einen seefahrenden Feind sich vorstellt. Der jugendlichen Phantasie sind keinerlei Grenzen gesetzt, wie überhaupt jede Arbeit ohne Lehrerhilfe, nur mit beratender Stimme entstanden ist. Beachtliche Ansätze eines starken Talents zeigen sich jedoch teilweise in den Zeichenarbeiten älterer Schüler.

Den breitesten Raum nehmen naturgemäß die Modelle, Reliefs und Plastiken ein. Vom mühsam mit Muttis bestem Küchenmesser geschnitzten Einbaum entwickelt sich die zunehmende Reife der Jahrgänge über erstaunlich geschickt gemachte Modelle schöner Wikingerschiffe und alter, prächtiger Hanse-Koggen zum modernen Schlachtschiff. Unter den Hanse-Koggen zieht die einzigartige Einzelarbeit (größere Modelle und Plastiken sind z. B. auch in Gemeinschaftsarbeit, aber alles in der Freizeit, entstanden) des Schiffes Adler von Lübeck, die Arbeit eines Innsbrucker Hauptschülers, die Aufmerksamkeit auf sich. Die Staatsgewerbeschule ist mit einigen gut gelungenen Plastiken verschiedenster Themen vertreten, wie überhaupt der Gedanke der Seefahrt in allen nur erdenklichen und ursächlichen Verzweigungen Ausdruck durch Zeichnung, Schnitt, Graphik, Modell, die Arbeit in Nähnadel oder in Wort und Schrift findet. Auch die Segelschiffahrt kommt durch zahlreiche wohlgelungene und wettbewerbsfähige Modelle zu Wort (die in einem in Vorbereitung befindlichen Segelboot-Gauwettbewerb den friedlichen Kampf unter sich aufnehmen werden), in großangelegten Reliefs von Hafenanlagen und blickanziehenden Ausschnitten aus der alten Innschiffahrt mit ihren historisch getreu nachgeahmten Korn-, Salz und Weinschiffen und den Rossplätten u. v. a. spricht der Drang nach größeren Aufgaben, und auch der Kolonialgedanke, aufs innigste mit der Seefahrt verbunden, findet in unzähligen Arbeiten anschaulichen Niederschlag.

Die Gruppe Nadelarbeiten zeigt uns, daß auch das deutsche Mädel mit heißem Herzen dieser großen Zukunftsaufgabe aufgeschlossen ist. Flaggen, Puppen und prächtige Stickarbeiten zeugen davon.

Sehr reichhaltig ist auch der Teil der schriftlichen Arbeiten, die sich ebenfalls vom unbeholfenen, desto echteren Ausdruck des Kindes bis zum gerne anerkannten kleinen Kunstwerk des Oberschülers spannt. Niederschlag lauterer Gedanken und jugendlichen freudvollen Sinnes! […]. Und die besten dieser Arbeiten werden im August d[ieses] J[ahres] zur Reichsausstellung nach Köln kommen.“

Am 12. September 1941 öffnete in den „Räumen der Innsbrucker Gau-Kunstausstellung“ (Universitätsstraße 6) eine Ausstellung von besonderer ideologischer Tragweite ihre Pforten. Das Thema: „Deutschland muss leben“. In den Innsbrucker Nachrichten vom 11. September 1941 (Seite 4) sind anhand einer Vorschau Inhalt und Intention dieser propagandistisch hochwertigen Präsentation erklärt:

„Bei der Rassenpolitischen Ausstellung Deutschland muß leben handelt es sich um eine ursprünglich für den Gau Niederdonau im Jahre 1940 geschaffene Wanderausstellung, die Pg. Hubert Gronemann (Wien) begleitet.“

Wegen ihres ideologischen Potentials wurde diese Ausstellung in Betrieben ebenso erfolgreich gezeigt wie in „politischen und volkstumsmäßigen Grenzgebieten“, wo der „Rassegedanke“ erfahrungsgemäß auf „fruchtbaren Boden“ fiel. So erwartete man auch in Innsbruck, als erstem Veranstaltungsort außerhalb des Gaugebiets von Niederdonau, starken Widerhall. Als hiesige Veranstalter fungierten das „Rassenpolitische Amt der NSDAP. und das Deutsche Volksbildungswerk in der NSG.-Kraft durch Freude“. Beide Vereinigungen sorgten dafür, dass die Ausstellung mit Objekten aus dem Gau Tirol-Vorarlberg ergänzt wurde.

„Zum besseren Verständnis der Ausstellung werden durch sie in knapper Form Führungen veranstaltet, an denen also jeder Besucher Gelegenheit hat, teilzunehmen. Jeweils am Schluß der Führung werden in einem eigenen Filmvorführungsraum Tonfilme gezeigt, die sich um die Fragen nationalsozialistischer Rassepolitik bewegen. Vor dem Verlassen der Ausstellung hat dann noch jeder Besucher die Möglichkeit, in einer Sonderbücherschau rassenpolitisches Schrifttum nicht nur einzusehen, sondern auch an Ort und Stelle zu erwerben.“

Die Ausstellung vermittelte nationalsozialistische Prinzipien in konzentrierter Essenz. Eine Abteilung unter dem Motto Sieg der Waffen – Sieg der Wiegen führte anhand von „Führerworten“ in die „nationalsozialistische Rassenlehre“ ein. Die Ausstellung „erklärt[e] daher den Rassegedanken nach wissenschaftlicher Methode und nach den praktischen Prinzipien des Nationalsozialismus“. Fundamentale ideologische Begriffszuordnungen im Spannungsfeld von Volk und Rasse würden determiniert, anhand von Bildtafeln die „Hauptrassen Europas“ aufgezeigt und Zusammenhänge zwischen „Rasse und Kultur“ dargestellt. Das propagandistisch erwünschte Resultat wird ausdrücklich hervorgehoben, nämlich dass „den Besuchern der Ausstellung nach deren Verlassen eine Verwirrung der Begriffe in der Rassenfrage nicht mehr möglich sein kann“.

Einen Ausstellungsschwerpunkt bildeten die Thematik der Erbkrankheiten unter dem Leitwort „Wie die Saat, so die Ernte“ und natürlich die „Judenfrage“, wobei vor allem die Legitimation der entsprechenden Gesetze propagandistisch weitläufig erklärt wurde, denn deren Notwendigkeit müsse „jedem Besucher klar sein“. Dies traf selbstverständlich auch zu „für das Verständnis der Nürnberger Gesetze, da die Judenfrage eingehend zur Darstellung kommt, und zwar mit allen ihren Ausstrahlungen, also auch auf die Kultur. Wieweit gerade in diesem Falle die Ausstellung mit ihrer Aufklärungsarbeit geht, zeigt eine Gegenüberstellung eines Tiroler Berghofes zu einer typisch jüdischen Villa.“ Von besonders lokalem Interesse war die Glorifizierung des Geburtenreichtums und der „Landtreue“ gegenüber der Landflucht, im Sinn der nationalsozialistischen Ideologie positive Entwicklungen, die gerade Tirol auszeichneten.

Die „Rassenpolitische Ausstellung Deutschland muss leben“ stieß in Tirol auf „lebhaftes Interesse“, wobei natürlich die „gaueigenen“ Objekte besondere Beachtung fanden. In einer Mitteilung in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. September 1941 (Seite 3) wird auf die Tiroler Beteiligung am Ausstellungsfundus ausführlich eingegangen. Attraktionen waren vor allem „alttirolische Stammbäume“, weil sie „ja die ersten und ältesten Zeichen stammesbewußter Familien- und Sippenforschung“ darstellten. Vertreten waren adelige Familien wie die Herren von Freising, die Grafen von Mohr und die Innsbrucker Familie Pfaundler, deren Stammbaum „als Zeichen einer auch in bürgerlichen Kreisen früherwachten Sippenforschung anzusehen“ sei. Aus dem Heimatmuseum in Kitzbühel kam die Leihgabe des Stammbaumes der Familie Oppacher aus Jochberg. Ihr berühmtestes Mitglied war Anton Oppacher als Landsturmkommandant der Tiroler Freiheitskämpfe von 1809. Von ihm war ein Porträt zu sehen, ebenso wie von seinem „Waffengefährten“ Schützenhauptmann Rupert Wintersteller.

Die rassischen Vorzüge der „Arier“ wurden durch die Auflistung bedeutender Persönlichkeiten aus der Vergangenheit des Gaues Tirol-Vorarlberg hervorgehoben. Namentlich vertreten sind dabei „Dichter, Volksführer, Männer der Wissenschaft, Techniker, Erfinder, Maler und Bildhauer. Viele der besten unserer Heimat, deren Namen hier aufleuchten, leben durch ihre Leistungen und ihre Taten im Bewusstsein des ganzen deutschen Volkes.“

Ausdruck des Volkstums ist seine im gemeinsamen Schicksal gewachsene Tradition, die sich in den Erzeugnissen und der Lebensweise in Sitte und Brauch manifestiert. Zur Demonstration dienten Objekte aus dem Tiroler Volkskunstmuseum, „dieser einzigartigen Schatzkammer deutschen, alpenländischen Volkstums“. Darunter befanden sich „Kinderwiegen, Haus- und Ackergeräte, geschnitzte und bemalte Wetzsteinkumpfe und Sensenscheiden, Schlüssel usw. Zwei lebensgroße Trachtenfigurinen in Volkstracht des Ober- und Unterinntales an je einem bäuerlichen Paar kennzeichnend, sowie mehrere kleine naturgetreue Modelle von bäuerlichen Siedlungstypen des Unter- und Oberinntales vervollständigten diese Leihgaben“.

Auch zwei bildende Künstler brachten sich mit thematisch zum Konzept der Ausstellung passenden Werken ein: C. W. Kühn schuf eigens für diese Propagandaveranstaltung mehrere Bilder, „die in symbolischen Gestalten das Werden der Familie, Kindheit, Jugend, Reife und Alter, sowie die Bedeutung der Mutter im Leben der Nation darstellen“, und der Bildhauer Alois Insam stellte seine „kraftvoll geschnitzte“ HolzplastikPflügender Bauer zur Verfügung, die schon bei der 2. Gau-Kunstausstellung 1941 zu sehen war.

Eine Präsentation mit ebenfalls enormen propagandistischem Potential war die vom Stellvertretenden Generalkommando des XVIII. Armeekorps durchgeführte Wehrmachts-Ausstellung Edelweiß und Lorbeer, die mit zahlreichen Objekten die Kriegstaten der Deutschen Wehrmacht an jenen Fronten verherrlichte, wo vor allem Soldaten aus dem Gau Tirol-Vorarlberg eingesetzt waren. Die Ausstellungseröffnung am 22. November 1941 in der Alten Universitätsbibliothek, in Anwesenheit von Gauleiter Hofer und höchster Repräsentanten der Wehrmacht, wurde demnach zu einer eindrucksvollen Kundgebung. Die Innsbrucker Nachrichten vom 24. November, Seite 3, berichten darüber:

„Am Platze vor der Alten Universitätsbibliothek waren ein Wachzug und ein Musikkorps der Wehrmacht aufmarschiert. Links und rechts vom Eingang zur Alten Universität standen Ehrenposten der Partei und Wehrmacht zur feierlichen Flaggenhissung bereit. Den Platz säumten Vertreter von Partei, Wehrmacht, Staat und Stadt sowie eine Anzahl von Ehrengästen. Kurz vor 11 Uhr trafen Gauleiter Hofer und der Standortälteste von Innsbruck, Generalleutnant Freiherr von Waldenfels, am Platze ein. Kommandos hallten über den Platz. Der Wachzug präsentierte das Gewehr. Unter den Klängen des Parademarsches wurden die Fahne der Bewegung und der Reichskriegsflagge gehißt. Das Deutschland- und Horst-Wessel-Lied klangen über den Platz. Sodann begaben sich Gauleiter Hofer, Generalleutnant Freiherr v. Waldenfels und die Gäste in den großen Ausstellungssaal. In einer Ansprache betonte Hauptmann Dr. Popelka, daß die Ausstellung in anschaulichen Bildern die Erlebnisse unserer Gebirgstruppen festhalten wolle, die im hohen Norden ebenso wie im Südosten tapfer und beispielgebend gekämpft haben […].“

Zu Konzept und Inhalt der Ausstellung teilt Hermann Fink in den Innsbrucker Nachrichten vom 25. November 1941, Seite 3, mit:

„[…] In drei Räumen der Alten Universität ist diese großartige Schau ausgestellt, sinnvoll gegliedert nach den einzelnen Kriegsschauplätzen. Im größten der drei Räume, dessen Stirnfront die Reichskriegsflagge und die Büste unsers Führers schmückt, sind fast hundert Bilder, vor allem Aquarelle junger Künstler ausgestellt, die die Feldzüge in Griechenland, auf Kreta und im hohen Norden bei der kämpfenden Truppe miterlebten […]. Man liest aus all diesen Aquarellen, Skizzen und Zeichnungen immer wieder das unmittelbare Erlebnis, die Teilnahme an den Kämpfen und Leistungen, Märschen und Strapazen selbst heraus […]. Das Geschehen selbst ist stets vom unbeugsamen Siegeswillen des deutschen Soldaten bestimmend gestaltet.

Eine stattliche Anzahl dieser Bildwerke vom Feldzug in Griechenland und auf Kreta schuf der bekannte Maler Professor Faringer […]. Die übrigen Arbeiten stammen zum Großteil von den Angehörigen des Alpenkorps, den Soldaten Jussl, Strobl und Bestermeier.

Den großen Ausstellungsraum schmücken noch zwei Reliefkarten des Gefreiten Riedler, auf denen der Vormarsch des Alpenkorps genau eingezeichnet ist. Schließlich prangen noch auf zwei Tabellen die Namen jener Tapfersten der Tapferen des Alpenkorps, die sich in diesen beiden Feldzügen das Ritterkreuz erwarben.

Der zweite Saal ist vor allem mit Beutestücken aus beiden Feldzügen geschmückt. Wir sehen Ausrüstungsgegenstände der griechischen, englischen, australischen und neuseeländischen Truppen. Die Wände schmücken Vergrößerungen von besonders eindrucksvollen Lichtbildern aus den beiden Feldzügen […]. Den Raum schmückt schließlich noch jene geschichtliche Hakenkreuzfahne, die in den Morgenstunden des 27. April [1941] unsere Gebirgsjäger als erste deutsche Truppen auf dem Wahrzeichen Griechenlands, der Akropolis, hißten […].

Der dritte Raum lenkt unseren Blick hinauf in den Norden und hier nun ganz besonders zur Eismeerfront. Dazu gesellen sich viele Bildwerke aus dem Norwegenfeldzug im Vorjahr und aus der Zeit des stets einsatzbereiten Harrens und Wachens im hohen Norden Norwegens. In fast vierzig Aquarellen, einigen Zeichnungen und zwei Oelbildern von Franz Trenk [(1899 Graz -1960 ebd.)] wird uns die Welt des hohen Nordens nahe gebracht. Der Künstler, Oberleutnant in einem Gebirgsartillerieregiment, wurde dem Gebirgskorps Norwegen als Kriegsmaler zugeteilt […].“

Zum Rahmenprogramm des Kreisschießens in Landeck gehörte unter anderem eine „Kreisausstellung“, die einen „Querschnitt durch Kultur, Geschichte und Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart“ vermitteln sollte. Die kulturelle Bereicherung mit verschiedenen Aktivitäten im Zuge der Kreisschießen folgte dem Vorbild des Landesschießens in Innsbruck, das sich ebenfalls als Abbild der Volksgemeinschaft mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, angefangen von der Gau-Kunstausstellung, über Brauchtumsabende, Kulturprojekte der Hitler-Jugend und verschiedenen Konzerten präsentierte.

In Landeck sollten die zahlreichen gezeigten Objekte den Grundstock bilden für das in dieser Stadt zu gründende Heimatmuseum. Die Innsbrucker Nachrichten vom 4. Oktober 1941 (Seite 6) informieren über die Planung und Durchführung und ebenso die ideologische Befangenheit dieses engagierten Projekts:

„[…] In Gemeinschaftsarbeit der Politischen Leiter mußte zunächst eine leerstehende Fabrik erst für die Zwecke der Ausstellung brauchbar gemacht werden. Die Hoheitsfahnen sämtlicher Ortsgruppen des Kreises bilden das farbenleuchtende Spalier des Eingangs, indem zunächst die Ehrenhalle für die im Krieg gefallenen Soldaten liegt. Auf geschmückter Wandfläche sind die Namen aller jener Tapferen aus dem Kreis zu lesen, die ihr Leben gaben für Deutschlands Zukunft. In einem aufliegenden Ehrenbuche sind Bild, Lebensbeschreibung und Heldentod der Gefallenen der Nachwelt erhalten.

Die Ausstellung selbst zeigt zunächst in Bildern, Dokumenten, tabellarischen Aufzeichnungen und statistischem Material die Geschichte und Entwicklung der NSDAP. im Kreise Landeck.“

Besonderes Augenmerk wird der Wehrhaftigkeit beigemessen, mit vielfältigem anschaulichen Material zum Standschützenwesen und insbesondere zu den Tiroler Freiheitskämpfen von 1809. Mit sichtbarem Stolz verweisen die Gestalter auf bedeutende Maler, Bildhauer und Baumeister, auffallend nachdrücklich auf Jakob Prandtauer (1660 Stanz bei Landeck - 1726 St. Pölten), den Erbauer von Stift Melk. Zu den Glanzstücken der Ausstellung zählte eine erst kurz zuvor in Fließ entdeckte frühgotische Bauernstube aus der Zeit um 1400. Das bäuerliche Handwerk ist naturgemäß in dieser ländlichen Region von grundsätzlicher Bedeutung und dementsprechend stark vertreten. Zur ideologischen Intention solcher Unternehmungen erklärt der Berichterstatter in den Innsbrucker Nachrichten (4. 10. 1941, S. 6):

„Je mehr wir uns heute dem zubekennen, was uns unsere Väter überliefert, desto machtvoller wird in unseren Herzen die Liebe zu unserem Volke, zu den Menschen arteigenen Blutes und zu unserer Heimat brennen, desto mehr sind wir dem verbunden, was aus althergebrachtem Brauchtum zu uns noch im lebendigen Zeugnis überkommener Leistung und Werte spricht. Diese Erkenntnis möchten wir gerade heute, in dieser Zeit gewaltigster geschichtlicher Entscheidungen, niemals missen, ist sie doch Teil des ehernen Bandes der Gemeinschaft, das das deutsche Volk heute mit unlösbarer Kraft denn je zuvor umschlingt […].“


Museen und Denkmalpflege

Am 14. Februar 1941 verstarb Konrad Fischnaler, einer der bemerkenswertesten Repräsentanten des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, im hohen Alter von 86 Jahren. Im Jahr zuvor hatte P[artei]g[enosse] Fischnaler noch von Kreisleiter Dr. Primbs in Vertretung des Gauleiters zu seinem 85. Geburtstag ein Ehrengeschenk erhalten. Bürgermeister Edmund Christoph hatte dabei in Vertretung des Oberbürgermeisters von Innsbruck den Ring der Stadt Innsbruck überbracht. Konrad Fischnaler war ein exzellenter Heimatforscher mit vielseitigen historischen Interessen; dies belegen noch heute seine zahlreichen Publikationen. Als langjähriger Kustos des Tiroler Landesmuseums erwarb er sich besondere Verdienste um die Neuorganisation der Bibliothek. Er ermöglichte deren effiziente Benützung anhand eines detaillierten Sachkataloges, der gegenwärtig immer noch regelmäßig konsultiert wird. Karl Paulin widmete Konrad Fischnaler anlässlich seines Todes in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. Februar 1941 (Seite 5) einen ausführlichen und würdigen Nachruf.

Im Rahmen des Großappells der NSDAP Ende Juni 1941 in Innsbruck gestaltete die NS.-Frauenschaft im Zusammenwirken mit dem Tiroler Volkskunstmuseum eine „Trachtenschau“, um zu veranschaulichen, „wie ungemein reich, dank der im Gau Tirol-Vorarlberg liebevoll geleisteten Trachtenpflege und vorbildlich durchgeführten Trachtenerneuerung der Gebrauch der Trachten in unserem Gau heute noch dasteht“ (Innsbrucker Nachrichten vom 28. Juni 1941, Seite 5). Was diese unter der Leitung von Dr. Gertrud Pesendorfer vor allen informativ-aufklärerische und mit volkserzieherischer Intention konzipierte Schau zu bieten hatte, wird ausführlich dargestellt:

„Die Trachtenschau führt uns die erneuerten Gewandformen der einzelnen Talschaften in sorgfältiger schneiderischer Handwerksarbeit vor, zeigt gute und – als Gegensatz dazu – schlechte Stoffmuster, Knöpfe und sonstige Zutaten, weist auf gediegene Wäscheausstattung für den bäuerlichen Haushalt hin, lässt uns aber auch einen Blick tun in die wissenschaftliche Werkstatt der aus tiefer Verbindung mit dem Ueberlieferungsgut geschöpften Trachtenerneuerung, indem sie uns nebeneinander das alte Vorbild und den neuen Vorschlag sehen lässt. Die Bestandsaufnahmen nach alten Stücken und trachtenkundlich volkstümlichen Darstellungen, geht dem Neuentwurf voraus. Wir stehen bewundernd vor den reizvollen Bildern der Trachtenmalerinnen und glauben in der sorgfältigen farbigen Darstellung oft den Stoff selbst zu greifen […]. Wir hoffen, daß die schönen farbenfrohen Gewänder unserer heimatlichen Täler immer mehr wieder Ausdruck werden für eine aufrechte, heimat- und volksverbundene Haltung.“

Der Anfertigung einer Tracht im häuslichen Rahmen nach traditionellen Mustern wird ideologischer Wert beigemessen:

„Die Aufgabe der Frau war es von jeher, für ihre ganze Familie, für Mann und Kind, für Gast und Gesinde das Gewand zu richten. Wo diese Aufgabe hineingestellt wird in den Rahmen einer gemeinschaftsgebundenen Kleidform, wo der Gestaltungswille und die Handfertigkeit sich der auf dem Ueberlieferten weiterentwickelten Tracht unserer Heimat wieder einzufügen bereit sind, wird das einfache alltägliche Mühen um das Kleid zur Volkstumsarbeit im schönsten Sinne.“

Das Bergisel-Museum, Erinnerungsstätte der Tiroler Freiheitskämpfe von 1809 und Traditionsmahnmal für die heroischen Taten der Tiroler Kaiserjäger, hatte 1940/41 sein Konzept der Heldenverehrung auf die Gegenwart ausgedehnt:

„Als Traditionsregiment der Tiroler Kaiserjäger ist dem Innsbrucker Gebirgsjägerregiment im Museum am Berg Isel bereits eine Schwurstätte jener Begriffe erstanden, die ihm auf den Schlachtfeldern Polens, Norwegens und auch der Sowjetunion die Kraft zum Siegen gegeben haben: Waffenehre, Fahnentreue und Treue zu unserem Führer!“ (Innsbrucker Nachrichten vom 17. Oktober 1941, Seite 3).

Im ersten Stock des Museums wurde ein Saal „Beute- und Erinnerungsstücke des [Gebirgsjäger-] Regimentes“ gewidmet. Über den kontinuierlichen Ausbau der den Krieg verherrlichenden Gedächtnisstätte wird im genannten Zeitungsbericht ferner mitgeteilt:

„Der Beginn war im Vorjahre eine Wandgalerie, es kamen erbeutete Waffen und sonstige Erinnerungszeichen aus dem Polenfeldzug dazu, in zunehmendem Maße wurde die Schau erweitert mit den im hohen Norden gefallenen militärischen Entscheidungen, und in jüngster Zeit fanden auch schon Stücke Eingang in diesen Saal, die von dem großen Waffengang im Osten und den Leistungen unserer Gebirgsjäger im Kampfe gegen den bolschewistischen Weltfeind zeugen.“

Neben den erbeuteten Objekten illustrierten Gemälde und Porträts der Tiroler Maler Ernst Nepo (1895 Dauba/Böhmen – 1971 Innsbruck) und Eduard von Handel-Mazzetti (1885 Innsbruck -1950 ebd.) die obskure Schau:

„Die Abteilung Polen zeigt in Plänen Vormarsch und Siegesstätten des Regiments in den ersten Kriegstagen, die Wände sind geschmückt mit zahlreichen künstlerischen Porträts aus der Hand unseres heimischen Malers Nepo, der in diesen Bildern die Köpfe der im Polenfeldzug ausgezeichneten Offiziere und Unteroffiziere festgehalten hat […]. Noch reichhaltiger ist die Schau Norwegen, in der zu Waffen, Bildern und Photos noch interessante Stücke von weniger kriegerischer Art kommen, wie ein schottischer Dudelsack, eine englische Bibel, ferner eine komplette norwegische Soldatenausrüstung, ein Rentierschlitten, als eines der schönsten Beutestücke eine norwegische Regimentsfahne u[nd] a[nderes] m[ehr]. Auch der ‚Grundstein’ zur Abteilung Sowjetunion ist bereits gelegt. Und, diesen Teil der Schau beherrschend, ein großes, stimmungskräftiges Gemälde von Handel-Mazzetti, darstellend den Herjangsfjord bei Narvik. In seinen naturnahem Farbenstimmungen löst dieses Bild starke Empfindungen wohl vor allem in jenen aus, die selbst als Soldat in diesem Kriege des hohen Nordens die zauberhafte Schönheit dieser herben Landschaft, die tausendfältigen Farbspiele der Mitternachtssonne als unvergängliches Naturerlebnis in sich aufgenommen haben.

Die Leitung des Museums bemüht sich durch dauernde Verbindung mit unseren Soldaten, diese Schau immer mehr zu vervollständigen und beweist damit ihr Bemühen, in der soldatischen Ueberlieferung unserer engeren Heimat Brücken zu schlagen zwischen ruhmüberladener Vergangenheit und stolzbewusster, siegerfüllter Gegenwart“ (Innsbrucker Nachrichten 17. 10. 1941, S. 3).

Am 1. März 1941 erschien in den Innsbrucker Nachrichten (Seite 7) ein ganzseitiger ausführlicher Bericht über das Heimatmuseum in Kitzbühel. Dieses war im Juni 1934 im alten Bergamt eingerichtet worden, nachdem dieses Gebäude, seit der Einstellung des Bergbaus auch im nahe gelegenen Jochberg, keine Bestimmung mehr hatte. Im Getreidekasten des alten Kitzbüheler Baues wurden Wände eingezogen, damit Raum geschaffen, vorerst vor allem für die berühmten vorgeschichtlichen Funde auf der Kelchalpe, die der Wiener Privatdozent Dr. Richard Pittioni sichergestellt hatte. Neben diesen Resten des urzeitlichen Kupferbergbaus war ein großer von Frau Professor [Maria] Hofer betreuter Schaukasten dem Aberglauben gewidmet, mit Gegenständen wie Amuletten, Fraisenmesser, Fruchtbarkeitssymbolen oder Zauberobjekten. Zu diesem mysteriösen Bereich kamen noch Furcht erregende Perchtenmasken und dazugehörige apotropäisch wirksame Gewänder. Berücksichtigung fanden natürlich auch Erzeugnisse der Handwerkskunst als Gebrauchsgegenstände aller Art.

Der besondere Stolz jedes Heimatmuseums war die Galerie bedeutender Persönlichkeiten, so auch in Kitzbühel:

„Die Männer und Frauen auf den Oelgemälden blicken stolz und klar in die Welt, mit deren Widerwärtigkeiten sie bestimmt auf handfeste Art fertiggeworden sind. Hier entdecken wir auch, daß das Geschlecht der Faistenberger, das bis auf den heutigen Tag durch mehr als zwei Jahrhunderte dem deutschen Volk eine ganze Reihe von hervorragenden Künstlern aller Art geschenkt hat, in Kitzbühel beheimatet ist. Franz Christian Erler, der berühmteste Bildhauer der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, war ein Sohn des Städtchens, ferner der Landschafter Michael Hofer, dem Krupp um seiner Verdienste um den Bergbau willen in Mitterberg ein Denkmal setzte, und unser Altmeister der Pflanzenkunde Professor [Karl Wilhelm von] Dalla Torre hatten hier in der lieblichen Stadt im Brixentale ihre Heimat. Christian Reitmann, der Erfinder des Zwei- und Viertaktmotors, dessen erste Modelle das deutsche Museum in München verwahrt, war ebenfalls ein Kitzbüheler. Und im letzten Saale grüßen die farbensatten Gemälde Alfons Waldes, des erfolgreichen Malers unserer Tage“ (Innsbrucker Nachrichten vom 1. März 1941, Seite 7).

Für die Sammlung und Ordnung der Bestände des Heimatmuseums Kitzbühel hatte sich Egydius Moser in jahrelanger Pionierarbeit beherzt eingesetzt.

Auch im Bereich der Denkmalpflege hatte Kitzbühel Anstrengungen unternommen, um das Stadtbild zu verschönern. Auf Anordnung des Bürgermeisters wurden störende Reklametafeln entfernt und sonstige Anordnungen getroffen, um das historische, noch weitgehend harmonische Ambiente zu erhalten. Über konservatorische Auflagen ist in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Februar 1941, Seite 5, zu lesen:

„In Zukunft wird sich auch jeder Hausbesitzer, der die Fassade seines Besitzes neu herrichten oder auch nur färbeln lassen will, mit dem Stadtbauamt ins Einvernehmen setzen, damit störende Missklänge durch grelle Farbenmisstöne, wie sie heute leider noch da und dort vorkommen, aus der vollendeten Harmonie des mittelalterlich anmutenden Stadtkerns ausgeschaltet bleiben.“

Über weitere Baufortschritte und Verschönerungsmaßnahmen, auch zugunsten des Fremdenverkehrs, wird berichtet:

„Derzeit ist man in Kitzbühel – auch durchaus mit Recht – stolz darauf, die freundliche Südtiroler Siedlung am Fuße der Kapsburg fertiggestellt zu haben, so daß jetzt insgesamt 133 Neuwohnungen für Südtiroler und für Beamte geschaffen sind. Zu den vielen Kleinarbeiten, die auch jetzt zur Verschönerung des Ortes durchgeführt werden können, zählt vor allem die Bepflanzung von Straßen und Wegen mit lebenden Hecken. Die alten geflochtenen Bauernzäune, die sich so gut dem anmutigen Landschaftsbild einfügten und so eindringlich von bodenständiger Art sprachen, sind ja doch längst gleichgültigen Planken gewichen. Die neue Straße, die an Schloß Kaps vorbei nach Jochberg führt, wurde in ihrem ersten Teil bereits nach diesem neuen Grundsatz mit Ligusterhecken gesäumt. Auch erhielt sie einen Gehsteig, eine bisher nur im Stadtkern gebotene Annehmlichkeit für den Fußgänger […].“

Die Nationalsozialisten haben in ihrer retrospektiven Kultursicht, aber auch aus ideologischen Gründen zum Beispiel der Ahnenverehrung, dem Denkmalschutz, der Restaurierung und Rückführung der Kulturdenkmäler auf den Originalzustand großes Augenmerk gewidmet. Treffend kommt die ideologische Intention der Denkmalpflege in einem Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Dezember 1941 (Seite 8) zur Geltung mit der Schlagzeile: „Schmucke Städte und saubere Dörfer. Rattenberg ohne Reklamekitsch – Das ‚Silberne Schwaz’ entrümpelt seine Straßen“:

„[…] Ob wir nun Innsbruck oder Rattenberg, Hall oder Schwaz in unser Blickfeld rücken, jede dieser Städte hat eine besondere Note, hat besondere Schönheiten und verlangt eine andere Betrachtung. Alle aber verlangen die gleiche Ehrfurcht und die gleiche liebevolle Behandlung und Schonung.“

Wie sehr sei aber in der jüngsten Vergangenheit am alten Bild der Städte „gesündigt worden“. Die „lebendige Verbindung mit der Vergangenheit“ sei durch „billige Schlagworte“ verdrängt worden und auch jener „Gemeinschaftsgeist“, der die Städte als „gesunde Organismen geschaffen hatte“. „Die schönen alten Straßenzüge, die heimeligen Plätze und Winkel sind nicht zufällig entstanden, sondern nur durch Unterordnen des einzelnen unter den Willen der Gemeinschaft; sie sind uns als Spiegelbilder der Geisteshaltung unserer Vorfahren überliefert. Die reiche Architektur früherer Zeiten ist durch das baukünstlerische Unvermögen und nicht zuletzt durch die Reklamewut der eben versunkenen Zeit in einem solchen Maße verzerrt worden, daß uns mit Schauder bewusst wird, wie armselig und entwurzelt diese Menschen waren.“

Resümierend kommt der Bericht zu folgendem Schluss:

„Wir, die wir uns auf die Bedingungen mit der Vergangenheit besonnen haben, wollen die reizvollen Städtebilder unseres Gaues wieder in alter Schönheit entstehen lassen.“ Was bisher in diesem Sinn geleistet wurde, wird stolz aufgezählt.

„Die Gauhauptstadt hat mit der Säuberung der Altstadt ein Beispiel gegeben. Im Vorjahre hat die Stadt Rattenberg in vorbildlicher Weise das Straßenbild gesäubert. Nun geht das ‚Silberne Schwaz’, die alte Knappenstadt, daran, seine Straßen zu entrümpeln: Alte, schöne Schilder sollen in neuem Glanz erstehen, schlechte und billige Fabriksware soll durch gute, moderne Handwerksarbeit ersetzt werden, die sich dem Charakter der alten Stadt anpaßt. So wird Schritt um Schritt unsere Heimat von dem Schutt befreit, den die letzten Jahrzehnte in stumpfer Gedankenlosigkeit anhäuften, die Städte und Dörfer werden wieder schöner, sauber und klar, daß wir und unsere Kinder uns drin wohlfühlen.“

Ebenfalls zu diesem Bereich der Traditionspflege gehört ein Aufruf „Hütet die Schätze der Volkskultur!“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Juni 1941, Seite 3. Dieser engagierte Text wurde vermutlich von Frau Dr. Gertrud Pesendorfer, der Direktorin des Tiroler Volkskunstmuseums, verfasst:

„Immer wieder werden die Täler unseres Gaues von Händlern aufgesucht, die alten Hausrat und Werke der Volkskunst zu kaufen trachten. Oft verstehen die Besitzer den hohen kulturellen Wert dieser Stücke nicht zu schätzen und lassen sich Truhen und Schränke, Bilder, Figuren, verzierte Gebrauchsgegenstände usw. um meist lächerliche Preise abschwatzen […]. Wenn aber schon aus irgendeinem Grunde verkauft werden muß, dann sind das Volkskunstmuseum für Innsbruck oder ein Bekannter aus der Umgebung, der alten Hausrat liebt und schätzt, in den meisten Fällen bereit, alle die Dinge zu kaufen, die oft an sich scheinbar unbedeutend sind, aber in ihrer Gesamtheit doch das kulturelle Erscheinungsbild unserer Heimat wesentlich bestimmen.

Wenn stets daran gedacht und vor allem herumstöbernden Händlern, die in manchen Fällen noch keineswegs von dem seit Jahren bekämpften wurzellosen und wahrer Kultur feindlichen Ungeist des Gelderwerbs um jeden Preis frei sind, die Türe gewiesen wird, dann beugen wir einer Verödung unserer bodenständigen Heimatkultur vor, die als Ausdrucksform unserer starken Heimattreue ein Unterpfand unserer noch stärkeren Treue für Volk und Reich ist.“


Bildende Kunst

Die Tiroler Künstlerschaft erwies ihre Einigkeit im Sinn nationalsozialistischer Kulturdemonstration nahezu wiederum geschlossen in der Gau-Kunstausstellung, die im Jahr 1941 zum zweiten Mal abgehalten wurde.

Veranstalter dieser die Partei-Gefolgschaft der Bildenden Künstler bewusst öffentlich zelebrierenden Schau war wegen ihrer propagandistischen Effizienz die Gauleitung Tirol-Vorarlberg der NSDAP „unter dem persönlichen Ehrenschutz des Gauleiters und Reichstatthalters Franz Hofer“; dies wird im Programmheft zur Ausstellung ausdrücklich betont. Um die Attraktivität dieser Veranstaltung zu steigern und ihr besonderes Naheverhältnis zur Partei zu demonstrieren, wurde sie 1941 als Glanzstück in das Programm des Großappells der NSDAP eingebunden, so wie das 4. Landesschießen. Auch die nachfolgenden Gau-Kunstausstellungen behielten ihren repräsentativen Platz im Rahmen dieses gigantisch inszenierten Festes als markantem Symbol der Einigkeit von Partei und „Volksgemeinschaft“. Es ist bezeichnend für die ideologische Brisanz, die der Bildenden Kunst von Parteiseite zukam, wenn bereits ein halbes Jahr nach der ersten Gau-Kunstausstellung für dieses Hauptfest der Tiroler NSDAP neuerlich eine derartige Großveranstaltung, mit beträchtlichem organisatorischem Aufwand, als Prestigeunternehmen in Szene gesetzt werden konnte.

Die Bedeutung des Kunstwerkes als ideeller und materieller Wert in ästhetischer Übereinstimmung mit den Vorgaben der Partei wurde ideologisch aufgeladen mit der funktionalen Zuordnung von Kunst als „hoher kultureller Notwendigkeit für das Volk“. Der damalige Assistent am Institut für Kunstgeschichte der Universität Innsbruck, Dr. Otto von Lutterotti (1909-1991), schreibt in seinem Text „Die II. Gau-Kunstausstellung Tirol-Vorarlberg“ im Heft 2 der Ausgabe von Natur-Kunst-Volk-Leben (1941, Seite 1):

„[…] Erst allmählich besann sich der Künstler, daß sein Schaffen nicht isoliert um seiner selbst willen dasteht, sondern immer die beste Kraft aus dem Volks schöpft und im Volk wiederum die schönste Erfüllung findet. Künstler und Volk sind einander aufs engste verpflichtet“. Die Freiheit der Kunst fände ihre „Grenze im Dienst am Volke“. Das „Volk“ hingegen habe die Verpflichtung „mit Ehrfurcht vor ein Kunstwerk hinzutreten“. In dieser engen Verbindung von Volk und Kunst habe der Künstler sein Bestes zu geben. „Nur der ist Künstler, der auf der Grundlage eines gediegenen handwerklichen Könnens die Kraft zu selbständiger Gestaltung eines geistigen Erlebnisses findet.“ Die zweite Gau-Kunstausstellung zeige, „wie sehr die Künstler unseres Gaues danach streben, sich selbst gegenüber immer strenger zu sein und so ihr Niveau zu steigern, um einmal dem deutschen Volke jene Kunst zu schenken, die jedem zu Herzen geht und jeden mit sich in die Höhe reißt.“

Bei der Ausstellung 1941 in Innsbruck waren 125 Künstler vertreten, darunter die nach dem Krieg renommierten Exponenten der Bildenden Kunst Tirols wie Hilde Nöbl (1912 Innsbruck-2001 ebd.), Max Weiler (1910 Absam-2001 Wien) und erstmals auch Paul Flora (1922 Glurns-2009 Innsbruck), der sich mit 6 Federzeichnungen beteiligte.

Inhaltlich lag der Schwerpunkt auf Landschaftsdarstellungen und Blumenbildern sowie Motiven aus dem Landleben und dem Bauerntum. Mit dieser Thematik wurden sowohl NS-Vorlieben als auch der Geschmack des breiten Publikums hofiert, was zudem ideologisch intendiert war. Erlebnisse ihres Wehrmachtseinsatzes in Bildform steuerte neben anderen Malern Ernst Nepo bei. Mit Anbiederungsmalerei tat sich besonders Thomas Riss (1871 Haslach/Stams-1959 Innsbruck) hervor. Sein Repräsentationsporträt von Gauleiter Hofer wurde als Abbildung an zentraler Stelle im Ausstellungskatalog betont hervorgehoben. Weitere Ölgemälde von Thomas Riss zeigten Oberbürgermeister Dr. Denz, Narvik-Kämpfer oder die Fliegerabwehr. Hubert Lanzinger (1880 Innsbruck-1950 Bozen) porträtierte den Innsbrucker Oberbürgermeister Dr. Denz. Natürlich fehlte auch der „Führer“ nicht in seinem Œuvre. Othmar Schrott-Vorst (1883 Innsbruck-1963 Eppan) schuf eine Bronzeplastik Der Führer, ebenso Kurt Burtscher (1913-1945) aus Bludenz, dessen „Führer“-Kopf den Ausstellungskatalog als repräsentative Abbildung einleitet.

Einen Überblick über die zweite Gau-Kunstausstellung gibt Karl Paulin in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juli 1941, Seite 6:

„[…] In einem charakteristischen, lebensvollen Selbstporträt erscheint der 70jährige Altmeister Thomas Riß, von dem zwei große Repräsentationsbildnisse des Gauleiters und Reichsstatthalters Franz Hofer und des Oberbürgermeisters Dr. Denz einen Seitenraum beherrschen. Ernst Murr gibt eine Frau in spanischer Tracht in delikaten Farben wieder, Hilde Nöbl stellt einen charakteristischen Männerkopfaus, Erwin Lutz bewährt seine impressionistische Eigenart nicht nur in seiner ausdrucksvollen Händestudie, sondern auch in einem fesselnden Mädchenkopf, Andreas Einbergers kraftvolle Porträtkunst prägt sich in dem Löwenhaupt seines Franz-Kranewitter-Bildnisses aus, Walter Kühns überlegene Technik spricht ebenso aus seinem Frauenporträt L. T. wie aus seinem leidenschaftlich bewegten Akt Morgen. Toni Kirchmeyrs Bildnis charakterisiert einen Arzt mit kühlen malerischen Mitteln.

Einen Höhepunkt der Ausstellung überhaupt und der Bildnismalerei im besonderen stellen Hubert Lanzingers meisterliche Porträts Rektor Dr. Steinacker und Hofrat Ruckensteiner sowie sein an malerischer Feinheit unvergleichliches Küchenstilleben dar.

In seiner originellen Bildauffassung und treffsicheren persönlichen Charakteristik bildet Max Weilers Oelgemälde Der Direktor der Oberschule Landeck eine besondere Ueberraschung, weil sich darin ebenso wie in dem Frühlingsbild und den schmissigen Zeichnungen eine eigenwillige ursprüngliche Kompositionskraft des jungen Künstlers offenbart.

Von den im Kriegsdienst stehenden Künstlern sprechen Rudolf Leitgebs Bildnis und Ernst Nepos Kreideporträt des Generalfeldmarschalls List besonders an, Josef Widmoser zeigt zwei herbe Frauenköpfe in Rötel und ein reizendes Kinderbildnis. Aus tiefer Volksverbundenheit zeichnet Bartle Kleber, der an anderer Stelle mit seinen klaren, seinen Landschaften Berghäuser in Warth und Herbst in Fontanella vertreten ist, sein Mädel aus Vorarlberg. Zu den Bildnissen darf man wohl auch Josef Manfredas Studienköpfe Andreas Hofer und Speckbacher zählen.

Viele der Südtiroler Künstler haben sich das Bildnis als künstlerisches Motiv gewählt. Der ältere der Malerbrüder Stolz, Ignaz Stolz, hält in seinem Sarner und seiner Vilnösserin zwei urechte Südtiroler Volkstypen mit unübertrefflicher malerischer Sicherheit fest. Und wie weiß dieser Meister in der temperamentvollen Oelskizze A Bußl den Gefühlsgehalt einer bäuerlichen Szene zu konzentrieren!

Ganz anders, in farbenfroher Lust an der Schönheit dieses herben Menschenschlags zeichnet Oskar Wiedenhofer seinen Seiser Bauern in Tracht und das entzückende Seiser Mädchen. In seinem Gruppenbild Hexen vereinigt sich delikateste malerische Behandlung mit sarkastischem Humor.

An die Kämpfe des Weltkrieges erinnert das Oelporträt des ‚Kaiserjäger-Obersten Ludwig von Tschan’, des Kommandanten des 2 TJR. [Tiroler Jägerregiments], von Rudolf Parsch, der in seinen Porträtzeichnungen der Südtiroler Dichter Otto Rudl, Karl Felderer und Arthur von Wallpach – besonders in diesem letzten altmeisterlichen Blatt – Bildnisse von vollendeter künstlerischer Lebenstreue geschaffen hat.

An das Porträt schließt sich das volkstümliche Gruppenbild, das Genre, an. Die Freude an der farbenreichen heimatlichen Tracht bestimmt mehrere Gemälde, u. a. August Frechs gefühlsdurchleuchtete Heimkehr vom Markt, Walter Kühns Junges Paar, Thomas Walchs Abtrieb von der Alpe und Hans Hilbers Süd- und Nordtiroler. Der Bildhauer Franz Josef Kranewitter, ein Neffe des Dichters, stellt ein Oelbild in naiv-einfacher Art: Tratschende Weiber aus.

Im Südtiroler Saal hängt das Konzert des Mozart-Preisträgers Rudolf Stolz, eine in Wachstempera duftig gemalte idyllische Romanze im Rahmen heimatlicher Landschaft. Sein Bruder Albert Stolz zeigt ein Hirtenbild und einen Sandwerfer. Aus starker volkstümlicher Einfühlung holt Peter Morandell den Vorwurf und die kräftigen Farben seiner Tränke. Die anspruchslosen Aquarelle Rudolf Complojers Ochsenfuhre und Hof am Ritten fallen durch einen besonderen künstlerischen Zug auf.

Die Welt der Blumen und ihr unerschöpflicher Reichtum im Kleinen lockt immer wieder unsere bildenden Künstler. Blumenstücke grüßen den Besucher der Ausstellung gleich beim Eintritt. Neben Ernst Murrs Blumenstilleben lebt in Gerhard Pechlaners Alpenblumen die Art seiner Großmutter, der bekannten Blumenmalerin Anna Stainer-Knittel wieder auf. Thomas Walch zeigt in den Herbstblumen seine eigentliche, im Stilleben liegende Stärke. M[aria] Kistlers Pfingstrosen haben nichts an Farbenpracht verloren, Helene An der Lan bietet duftige Wiesenblumen.

Die zartesten Farbenwirkungen lassen sich im Aquarell erzielen. Da gibt es in der Ausstellung ganz feine, naturatmende Bilder, z. B. Wilhelm Staudingers Leberblümchen, Primel und Enzian, dann die vielen köstlichen Blättchen der Dornbirner Malerin Lisl Weiß und den reizvollen Bergblumenteppich Waldtraud Adams. Herber wirken die Blumenbilder zweier Südtirolerinnen, die flammenden Rosa-Chrysanthemen von Edith Romani-Lutz und die kräftig skizzierte Kaiserpelargonie von Anny Egösi.

Das Tierstück ist durch Andreas Einbergers lebenstreue Geiß und Kitz und Hilde Grubers naturalistisches Aquarell Fische vertreten.“

Anschließend an diese Exponat-Auflistung wurde eine Zwischenbilanz der Besucherfrequenz veröffentlicht (Innsbrucker Nachrichten 3. 7. 1941, S. 6):

„Der Besuch der 2. Gau-Kunstausstellung hat schon in den ersten Tagen nach der Eröffnung das außergewöhnliche Interesse bestätigt, das diese heimatliche Kunstschau in der gesamten Bevölkerung findet. Bis Mittwoch [2. 7. 1941] früh hatten schon mehr als 1000 Personen die Gau-Kunstausstellung besucht. Wie sehr das Bedürfnis nach Kunst und Kunstbesitz immer mehr in weitere Kreise dringt, zeigt auch die Zahl von Kunstwerken, die aus den Beständen der Ausstellung bereits verkauft wurden.“

Der Ausstellungseröffnung am Samstag, den 28. Juni 1941 war eine Selektion der auszustellenden Kunstwerke nach ästhetischen und ideologischen Kriterien vorausgegangen. Dieser Sichtungskommission, die am 19. Juni die Auswahl der Ausstellungsobjekte traf, gehörte auch Gauleiter Hofer an. Die Ausstellungsfläche wurde gegenüber der ersten Gau-Kunstausstellung 1940 beträchtlich erweitert. Neben den prachtvollen Barockräumen der alten Universitäts-Bibliothek (Universitätsstraße 6, 2. Stock) wurde der große Saal der „volkstümlichen Universitätsvorträge“ mit einbezogen. Damit ergab sich auch eine Verbesserung der Lichtverhältnisse. Die Ausstellungsdauer wurde für 28. Juni bis 27. Juli 1941 festgelegt (Innsbrucker Nachrichten vom 21. Juni 1941, Seite 4).

Die feierliche Eröffnung der zweiten Gau-Kunstausstellung 1941 stand wegen ihres propagandistischen Wertes ganz bewusst am Anfang der Veranstaltungsreihe im Rahmen des Großappells der NSDAP. Nach den Begrüßungsworten des Gaupropagandaleiters und Landeskulturwalters Pg. Margreiter stellte Gauleiter Hofer in seiner Eröffnungsansprache in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste aus Partei, Staat und Wehrmacht, seine Zielsetzung heraus anhand dieser Großausstellungen, eine feste künstlerische und ideologisch geschlossene Gemeinschaft zu bilden, damit sein Gau „auch auf diesem Gebiete seinen angemessenen Anteil am Schaffen der Nation leisten könne“.

Kunstwerke hatten in der nationalsozialistischen Ideologie keinen Selbstzweck, sondern ihre Bedeutung lag in der Akzeptanz durch das „Volk“. So passten sich die Künstler inhaltlich und stilistisch weitgehend diesen ideologischen Vorgaben an, denn der Wert eines Kunstwerkes wurde nach seiner Gebrauchsfähigkeit im kulturpolitischen Dienst der Partei bemessen. Der „Erfolg“ solcher Ausstellungen stellte sich ein, wenn möglichst viele Objekte verkauft werden konnten. Damit war nicht vordergründig ein finanzieller Erfolg gemeint, sondern der propagandistische Wert des Kunstwerkes. Das nach den Vorgaben der Partei geschaffene Kunstwerk, und diese Zuordnung betraf nahezu alle ausgestellten Objekte, wirkte in seiner ideologisch bestimmten Motivwahl wie Ästhetik propagandistisch effektiv im Besitztum der „Volksgenossen“ weiter. So wird auch in den Anschlussberichten der Gau-Kunstausstellungen immer wieder als besonderer Erfolg die Tatsache hervorgehoben, dass möglichst viele Kunstwerke verkauft werden konnten, so wie in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. Juli 1941 (Seite 4) mit der Schlagzeile „Voller Erfolg der zweiten Gau-Kunstausstellung“:

„[…] Erfreulicherweise kann ein voller Erfolg der Ausstellung verzeichnet werden, der besonders deutlich wird, wenn man ihn mit den Ergebnissen der ersten Ausstellung im vergangenen Winter vergleicht. So hat sich die Zahl der ausstellenden Künstler um ein Viertel auf 125 vermehrt, während die Zahl der ausgestellten Werke noch stärker zugenommen hat, und zwar ungefähr um die Hälfte auf 306. Während diese Entwicklung das Interesse der Künstlerschaft für diese Gemeinschaftsausstellung des ganzen Gaues erkennen lässt, drückt sich die Anteilnahme der Bevölkerung in einer außerordentlich starken Steigerung der Besucherzahl, die diesmal weit über 4000 betrug, und in der Zahl der verkauften Werke sowie dem Verkaufserlös aus, der mehr als das Zweieinhalbfache dessen erreichte, was bei früheren Ausstellungen erzielt wurde. Es muß anerkannt werden, daß dieses günstige Ergebnis zu einem großen Teil ebenfalls der Künstlerschaft zu verdanken ist. Ein beträchtlicher Teil der ausübenden Künstler ist mit dem Verständnis auf die Anregung des Gauleiters eingegangen und hat die Verkaufspreise der Kunstwerke dergestalt angesetzt, daß auch weniger begüterten Volksgenossen der Erwerb ermöglicht wurde. Wir möchten darin den größten und wichtigsten Erfolg der Ausstellung erblicken, denn diese Entwicklungsrichtung liegt auf der Linie der nationalsozialistischen Auffassung, die darauf gerichtet ist, die im Schaffensgut der deutschen Kunst verkörperten Kulturwerte nicht nur der Anschauung, sondern soweit als möglich dem tatsächlichen Besitz des ganzen Volkes zugänglich zu machen. Der Zweck der Kunstausstellungen kann als erreicht gelten, wenn ihre Ergebnisse zeigen, daß die Künstlerschaft durchgängig diesen Absichten entsprechend handelt. Das steigende Interesse der gesamten Bevölkerung, das schon bei der 2. Gau-Kunstausstellung eindeutig in Erscheinung trat, kann und soll als Anerkennung und Ansporn in dieser Richtung zugleich gedeutet werden […].“


Details


Anlässlich seines 60. Geburtstages wurde Hubert Lanzinger von der Stadt Innsbruck unter dem Ehrenschutz von Gauleiter Hofer in den Räumlichkeiten der Gau-Kunstausstellung in der Alten Universitätsbibliothek eine Ausstellung gewidmet, die einen Überblick über sein Schaffen vermitteln sollte. Zum Werk Hubert Lanzingers merkt Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. Jänner 1941, Seite 5, an:

„[…] Seine Domäne ist das Porträt. Wir erinnern uns an das Bild des Führers, das zu den bekanntesten Darstellungen Adolf Hitlers gehört und auf der Großen Deutschen Kunstausstellung 1937 in München lebhaft diskutiert wurde. Bekannt wurden ferner vor allem die lebensechten und charaktervollen Darstellungen der Bildnisse des Malers Egger-Lienz, des Reichsministers Dr. Toldt und des in Wien wirkenden berühmen Knochenspezialisten Professor Dr. Lorenz Böhler. Unter den Landschaften aus der Heimat des Künstlers sind vor allem Mondnacht im Eisacktal und der Morgen auf der Seiseralm ein großartiges Bekenntnis zur schweigenden und stimmungsschweren Schönheit der Natur.“

Ebenfalls im Jänner 1941 war im Schaufenster der Innsbrucker Kunsthandlung Czichna ein Porträt des akademischen Malers Hans Zötsch (1886 Innsbruck-1957 ebd.) ausgestellt, das den Kommandeur der Schutzpolizei Innsbruck, Major Hermann Balke, darstellte. Weitere Werke des Künstlers wie ein Kinder-Porträt, ein Blumen-Stilleben und sein aus der Gau-Kunstausstellung 1940 bekanntes Gemälde Blick in die Sillschlucht, ergänzten die kleine Präsentation (Innsbrucker Nachrichten vom 18. Jänner 1941, Seite 5).

Im März erhielt der junge Innsbrucker Bildhauer Emmerich Kerle (1916 Innsbruck-2010 ebd.) Gelegenheit, sich im Schaufenster der Kunsthandlung Czichna mit Proben seiner Kunst vorzustellen. Karl Paulin bewertet die ausgestellten Objekte in den Innsbrucker Nachrichten vom 25. März 1941, Seite 7:

„Zwei Reliefs Mädchen an der Quelle und Wanderers Rast tragen noch ausgesprochene akademische Züge, während sich die selbständige formende Kraft des jungen Künstlers, der seine Studien in Wien und München eben beendet hat, in der anmutig bewegten Badenden noch stärker in dem volkstümlich kraftvoll aus Holz gearbeiteten Flötenspieler offenbart. Das reifste Stück der kleinen Schaustellung ist die Porträtbüste Felix Wopfner.“

Verschiedene Ölporträts, Aquarelle, Radierungen und Zeichnungen des akademischen Malers und Graphikers Kurt Stepina, Studienassessor an der Innsbrucker Staatslehrerbildungsanstalt, waren im November 1941 in der Kunsthandlung Unterberger Innsbruck ausgestellt (Innsbrucker Nachrichten vom 8. November 1941, Seite 6).

Das Telfer Rathaus erhielt im großen Saal ein Wandfresko von Peter Paul Morandell (1901 Bozen-1976 Innsbruck), das im Februar 1941 vollendet wurde. Private und öffentliche Gebäude wurden in der Zeit des Nationalsozialismus bevorzugt mit Wandfresken geschmückt, deren Motive in der Regel lokalhistorischen Bezug hatten und dem Betrachter so die Botschaft Heimat verbundener Bewohner vermittelten. Solche Bestrebungen wurden von offizieller Stelle gefördert, wie zum Beispiel in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. Februar 1941, Seite 12, zu lesen ist:

„Auch im Gau Tirol-Vorarlberg ist es wieder die Partei und an ihrer Spitze Gauleiter Hofer, der echter, bodenverwurzelter Volkskunst jene Förderung angedeihen läßt, die sich im Laufe der Jahre wohltuend auf das Auge des Beschauers auswirken wird, ist doch das schöne, aus der überreichen Geschichte unseres Landes geschöpfte Freskogemälde sinnvollster Schmuck jeder Heimstatt. Die im ganzen Gau neuerrichteten Schießstände, Dienstgebäude der Wehrmacht, Rathäuser und sonstige öffentliche Bauten tragen solche bereits in zunehmendem Maße.“

Peter Paul Morandells Fresko nahm in seiner Ausgestaltung im Rathaus von Telfs auf die neue Intention des Raumes Bezug, dem keine demokratische Entscheidungskompetenz mehr zukam:

„Das Gemälde stellt symbolhaft den Grundpfeiler des Reiches dar: ein politischer Leiter, die Partei verkörpernd, reicht links dem Bauern und rechts dem Soldaten die Hand. Ein Spruchband trägt die Worte: ‚Front und Heimat’, während in den oberen Ecken das Tiroler Landeswappen und das Telfser Wappen aufscheinen.“

Das Schmücken von Privathäusern mit Fresken heimatkundlichen Inhalts wurde wiederholt propagiert, so in einem Artikel „Heimatliche Kunst als Hausschmuck“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 1. November 1941, Seite 7. Als Begründung wird erklärt:

„Damit werden die persönliche Note des Hauses, bzw. seines Besitzers, seine innere Bindung, seine geistigen und künstlerischen Interessen, mit seinem Heim verbunden. Weiß der Künstler den Charakter der Landschaft, des Baustiles, mit der Art seiner Malerei harmonisch zu vereinen, dann entsteht ein Kunstwerk, das nicht nur den Besitzer, sondern auch alle Beschauer erfreut.“

Als Vorbild wird die Tat eines Südtiroler Umsiedlers herausgestellt, der sein neues Heim in Hötting mit einem Fresko verschönern ließ:

„Er beauftragte seinen künstlerischen Landsmann, den Maler Peter Paul Morandell, mit dem Entwurf eines Wandgemäldes aus heimatlichen Motiven. Der Maler hat dies ganz im Sinne des Bestellers ausgeführt und läßt einen Weinbauern, der gerade vom Wimmen ausrastet, in die heimatliche Landschaft blicken. Die ganze Art der Darstellung ist so echt und warm, daß jedem, der es sieht, das Herz aufgeht.

Wäre es nicht schön, wenn auch andere Hausbesitzer und Siedler solchem Beispiel folgen und anstatt schlechter, kitschiger Klexereien, die man hie und da auch sieht, wirkliche, echte Kunst einladen würde, das eigene Heim mit heimatlichen Bildern von dauerndem Wert zu schmücken?“

Als besonders erwähnenswert hielten es die Innsbrucker Nachrichten am 14. Februar 1941 (Seite 6) zu melden, dass die Kufsteiner Kunstmalerin Hilde Pirlo (1905 Kufstein-1978 ebd.) den „ehrenvollen Auftrag“ erhielt, „ein Ölgemälde von Kufstein als Geburtstagsgeschenk für die Schwester Hermann Görings, Frau Olga Rigele, zu malen.“

Der Malerin Anna Stainer-Knittel (1841 Elbigenalp-1915 Wattens) widmete Karl Paulin in den Innsbrucker Nachrichten vom 26. Juli 1941 (Seite 7) einen ausführlichen Gedenkartikel zu ihrem 100. Geburtstag. Diese Lechtaler Malerin wurde weniger wegen ihrer Künstlerschaft als aufgrund ihrer Abenteuer eine legendäre Frauengestalt. Nach der Überlieferung ließ sie sich bereits als 17jähriges Mädchen an einem Seil die steile Felsenwand hinab in den Horst eines Steinadlers, den ihr Vater geschossen hatte, um ein lebendiges Adlerjunges aus dem Nest zu bergen. Ludwig Steub, der bekannte bayrische Schriftsteller, nahm die Erzählung der jungen Lechtalerin von ihren Adler-Abenteuern unter dem Titel Das Annele im Adlerhorst in seine Kleineren Schriften auf. Damit war das Urbild geschaffen für den erfolgreichen Roman Die Geierwally von Wilhelmine von Hillern, der wiederholt verfilmt wurde, so auch im Tiroler Ötztal in den Jahren 1939/40 (siehe Mosaik des Kulturlebens im Überblick/Zusammenfassung 1940).

Zum 70. Geburtstag von Thomas Riss erschien in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Dezember 1941 (Seite 5) eine ausführliche Würdigung des Malers, der sich unter anderem auch mit Porträts führender Nationalsozialisten, zum Beispiel von Gauleiter Hofer, der Partei als dienstbarer Künstler erwiesen hatte.

Eine nicht alltägliche Ausstellung von „Freizeitkünstlern“, die bei der Reichspost beschäftigt waren, wurde im Jänner 1941 eröffnet. Die Innsbrucker Nachrichten vom 27. Jänner 1941, Seite 3, bringen dazu einen Bericht:

„Am Sonntag [26. Jänner] um 11 Uhr fand in den Räumen der Alten Universitätsbibliothek, die erst vor kurzem die Gau-Kunstausstellung beherbergt hatten, die feierliche Eröffnung der Ausstellung künstlersicher und kunstgewerblicher Arbeiten statt, die von Gefolgschaftsmitgliedern der Deutschen Reichspost im Direktionsbezirk Innsbruck in ihrer Freizeit angefertigt worden sind.

Schon am Ende des Treppenaufganges deutet ein geschmackvolles schmiedeeisernes Schild auf den Charakter der Ausstellung hin, deren Gegenstände alle verfügbaren Räume des ersten Stockwerkes füllen. Posthornklänge kündigten die Ankunft des Reichspostministers Ohnesorge an, der mit Gauleiter und Reichstatthalter Hofer, dem stellvertretenden Gauleiter Hauptdienstleiter Pg. Parson und anderen Ehrengästen eintraf. Die Postmusik leitete die Feier ein, worauf Oberpostrat Dr. Damrau als Leiter der Reichspostdirektion Innsbruck die Gäste begrüßte und den Zweck der Ausstellung erläuterte, die keineswegs mit anderen künstlerischen Schaustellungen in Wettbewerb treten will, sondern nur von den idealen Bestrebungen und der Begeisterung Zeugnis ablegen soll, die in der Freizeitgestaltung der Postgefolgschaft zum Ausdruck kommen.

Nach einem Prolog sprach Kunstmaler Hugo Grimm [(1866 Feldkirch-1944 Kitzbühel)] als Aeltester der Aussteller Worte des Dankes für die umfassende und ausgiebige Förderung künstlerischer Freizeitgestaltung, die in früheren Jahren nie möglich gewesen wäre. Reichsminister Pg. Dr. Ohnesorge hob in seiner Ansprache die Bedeutung geistiger und kultureller Kräfte im Betrieb der Reichspost hervor […].“

Der Tiroler Komponist und Beamter der Reichspost Emil Berlanda war in dieser Ausstellung mit den autographen Partituren seiner Variationen über ein Thema von W. A. Mozart für großes Orchester op. 40 (1939) und der Musik zur Ballett-Pantomime Abenteuer Casanovas op. 41 (1940) vertreten.

Im Rahmen der Aktivitäten der Volksbildungsstätte Innsbruck der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude stellte der Fotograf Dr. Adalbert Defner (1884 Millstatt-1969 Innsbruck) anhand eines Vortrags im Konzertsaal der Städtischen Musikschule seine neuesten Farblichtbilder vor.

Karl Paulin schreibt über diese Veranstaltung in den
Innsbrucker Nachrichten vom 21. März 1941, Seite 6:

„Der jüngste Zweig der Lichtbildkunst, die Farbenphotographie, hat in den letzten Jahren in den breitesten Kreisen immer mehr ausübende Freunde gefunden […]. Dr. Adalbert Defner, seit Jahren weit bekannt durch seine Schwarz-Weiß-Lichtbilder, die in Karten, Kalendern und Publikationen die Schönheit unserer heimatlichen Natur verkünden, sprach über das Farbbild im allgemeinen und seine Anwendung auf die Tiroler Landschaft im Ablauf der Jahreszeiten […]. Nach einer kurzen Einführung in die Technik des Farbfilms und des Farblichtbilddruckes führte Dr. Defner eine sorgsam ausgewählte Folge seiner eigenen Farblichtbilder vor, die im Kranz der Jahreszeiten nicht nur die heimatliche Landschaft und ihre wechselnden Stimmungen, sondern alle Motive umschloß, die das Auge des geübten künstlerisch empfindenden und arbeitenden Lichtbildners erfaßt und in die Versuche mit dem Farbfilm einbezieht […]. Dr. Defners Name und die Anziehungskraft seines Schaffens, das aus der unerschöpflichen Quelle der Schönheit immer wieder neue entzückende Bilder in das nun farbenbelebte Licht hebt, hatten eine solche Menge Besucher herbeigerufen, daß der Saal überfüllt war und der Vortrag am 1. April l[aufenden] J[ahres 1941] wiederholt werden muß. In feinsinnigen Worten zog der Vortragende am Schluß die Grenzlinien zwischen Malerei und der Lichtbildkunst, die dazu bestimmt ist, den Menschen unserer Tage Augen und Herz zu öffnen für die Wunder der uns umgebenden Natur […].“


Film

Während an allen Fronten der Krieg tobte, wurde auch mit Tiroler Beteiligung weiter fleißig gefilmt. Diese Filme waren entweder mit ihrer beschönigenden Traumwelt therapeutischer Natur oder dienten der Kriegspropaganda. In den Innsbrucker Nachrichten vom 20. September 1941 (Seite 7) ist ein Überblick über das deutsche Filmschaffen für die Jahre 1941/42 veröffentlicht. Dabei werden 22 Spielfilme der Tobis Filmproduktionsgesellschaft und 29 Filme der Ufa aufgelistet. Die Filme zeigen historische Themen mit propagandistischer Verwertbarkeit, aber noch mehr zeitbezogene Inhalte mit ähnlicher Intention. Beispiele für beide Kategorien sind der Film Kampf um Germanien mit Beteiligung von Luis Trenker oder Wien 1910, ein Film um den Wiener Bürgermeister Karl Lueger. Das Zeitgeschehen thematisieren zum Beispiel die den aktuellen Krieg verherrlichenden Filme Narvik von Veit Harlan oder Der 5. Juni, ein Film von der Infanterie, den Fritz Kirchhoff mit Karl Raddatz und Karl Ludwig Diehl inszenierte. Eine Vielzahl der Produktionen waren Musikerfilme, Filme über Komponisten wie Richard Wagner, Clara und Robert Schumann oder Edward Grieg, filmische Umsetzungen von Erfolgsoperetten mit Stars wie Marika Röck und Johannes Hesters. Neben der Verfilmung von zeitgenössischen Schauspielen mit ideologischer Dominanz, etwa John Knittels Via mala oder Richard Billingers Gigant – beide Schauspiele waren übrigens damals auch im Tiroler Landestheater zu sehen – standen vor allem unterhaltend-sentimentale Stoffe im Vordergrund, etwa der in Varietékreisen spielende Film Die große Liebe von Alexander Lernet-Holenia mit Zarah Leander oder der Streifen Tanzendes Herz, zu dem Eduard Künneke die Musik schrieb.

Das Tiroler Filmereignis bildete die Produktion von Ludwig Anzengrubers Volksstück Der Meineidbauer durch die Tobis Filmgesellschaft unter der Regie von Leopold Hainisch mit Darstellern der Exl-Bühne. Wie der Film Die Geierwally wurde das Anzengruber-Heimatdrama im filmbewährten Sölden im Ötztal gedreht. Im Spätsommer 1941 lud die Filmgesellschaft Vertreter der Medien zu einem Lokalaugenschein, um die Besonderheiten dieser Produktion vorzustellen. Für die Innsbrucker Nachrichten war Heinz Cornel Pfeifer anwesend, der seinen Bericht in der Ausgabe vom 27. August 1941, Seite 3, veröffentlichte. Über die Vorbereitungen der Dreharbeiten ist zu lesen:

„[…] Am Rande der Schlucht führt ein schmales Weglein, dem gegenüber das technische Personal der Tobis gerade dabei ist, eine lange Gleitbahn für die Kamera aufzurichten. Hier soll die Szene gedreht werden, in der die Burger-Gabi, dargestellt von Ilse Exl, mit dem verschollenen Sohn Franz des Meineidbauern Matthias ferner zusammentrifft, der später von seinem Vater in die tiefe Schlucht gestürzt wird. Die Kamera wird auf die Gleitbahn rollend das Paar begleiten und es nach einer Schwenkung silhouettenhaft mit der Sicht auf die Schlucht aufnehmen […]. Vom Transformator jenseits der Schlucht läuft ein 1400 Meter langes dickes Gummikabel hie[r]her, das den Strom für die vieltausendkerzigen Lampen liefert. Infolge der vorgerückten Jahreszeit mußte das Motiv des Kreuzweghofes an den Fuß des Wilden Kaisers verlegt werden, während der Felssturz, der zum Schluß den Meineidbauer verschüttet, so daß nur mehr die zum Schwur aufgereckte rechte Hand aus der Mure ragt, in Umhausen gedreht wird. Ueber einen sich siebenfach windenden Bergpfad wird dort durch Pioniere eine Sprengung von gewaltigem Ausmaß vorbereitet. 15 Bohrlöcher, die ungefähr 200 Kilogramm Dynamit aufnehmen, werden in die Felsen oberhalb des Serpentinenweges getrieben, so daß die Entladung einen Felssturz von ungefähr 50.000 Kubikmeter Gestein auslöst, der den Meineidbauer mit sich reißt und unter sich begräbt.“

Neben der filmischen Einbindung der gewaltigen Naturkulisse wurde auch bei der Auswahl der Schauspieler und bei Requisiten auf Authentizität besonderes Augenmerk verlegt. „Sowohl der Ort der Handlung, als auch die gewählten Motive, die Darsteller und alle im Bild aufscheinenden Requisiten sind nach der unbeugsamen Forderung des leitenden Regisseurs Hainisch ins letzte Detail echt […]. Echt ist alles an diesem Film – von der Einrichtung der Stuben im Berliner Atelier, die aus dem Museum stammen und bestes altes Tiroler Handwerk darstellen, bis zu den Kleidern, die aus dem Innsbrucker Volkskunstmuseum sind und herab zu den Holzknechtäxten, Schnitzmessern und Taschenfeiteln. Bewußt hat Hainisch darauf verzichtet, die Beile oder andere Geräte von den Bauern zu entlehnen. Sie sind ebenfalls aus dem Museum und er meint, wenn so ein Oetztaler Bauer diese Axt in die Hand nimmt, das alte Innungszeichen darauf sieht und dann mit Liebe den Stiel umfasst, daß der Schwung und die daraus entstehende optische Wirkung eine ganz andere ist, als es etwa eine billige Nachahmung, die der Bauer verachtet, erzeugen würde. Ilse Exl zeigt uns unter anderem das ‚Pflugkleid’, ein schweres, über hundert Jahre altes handgewebtes Stück, das jeder fühlenden Bauernhand das Herz im Leibe höher schlagen läßt. Auch der reichhaltige Exl-Fundus mußte herhalten, um nur Originales vor das scharfe Auge der Kamera zu stellen. So spielt Ludwig Auer als Quirin die älteste Handharmonika Tirols, und was an Requisiten unmöglich alt beschafft werden konnte, wurde getreuest nach Museumsstücken nachgebildet.“

Über die Zusammenarbeit mit den Darstellern der Exlbühne äußert sich der Regisseur enthusiastisch:

„Jeder dieser Darsteller trägt seinen Anzengruber in der Tasche, besser aber noch in Kopf und Herz. Jede Körperhaltung, jede Geste, jeder Gesichtsausdruck, Wortklang und Satz wird immer wieder versucht und abgewogen, der Sinn von Rede und Gegenrede erschürft, in unermüdlicher Arbeit an sich selbst Ausdruck und Wort zu höchster Darstellungskraft gesteigert und erst, wenn eine Szene wirklich sitzt und bis auf die unbedeutendste Kleinigkeit ausgefeilt ist, treten sie vor die Kamera.“

Vor der Uraufführung des Films am 18. Dezember 1941 in München, wurde eine Szene von Berlin aus im Fernsehrundfunk in Anwesenheit von Pressevertretern und Publikum zu Werbezwecken gesendet. Über die eindrucksvolle Performance der Darsteller und die besondere Atmosphäre der Liveübertragung melden die Innsbrucker Nachrichten vom 23. Juli 1941, Seite 3:

„[…] Eduard Köck als Matthias Ferner, Anna Exl als Gabi und Leopold Esterle als Sohn geben eindrucksvollen Sätzen eine geradezu niederschmetternde Wucht. Die Pressevertreter sind in eine Ecke des nicht allzu geräumigen Zimmers gedrängt, die nicht für eine der drei hin- und herfahrenden Kameras, für den Mikrophongalgen oder für eine der unzähligen Lampen gebraucht wird, die zusammen mit den Scheinwerfern eine geradezu tropische Hitze verbreiten. Sie haben weder das Gefühl, in der Kulisse einer Bühne zu stehen, noch den Aufnahmen eines Filmes beizuwohnen. Beim Filmen würde die Szene vielfach unterteilt sein, häufig unterbrochen werden, und auf der Bühne findet man wiederum diese schärfst angespannte Konzentration nicht, die dieser Aufnahme für den Fernsehfunk ein ganz eigenes Gepräge gibt. Künstler von großer Kraft sind da, die für einen Zeitraum von einer Viertelstunde bis zur völligen Hingerissenheit selbstvergessen aufgehen in der Handlung, eins werden mit der Rolle.

Als im Anschluß an die Szene den Hörern und Zuschauern alle Hauptdarsteller der Exlbühne vorgestellt wurden, waren die drei, die soeben gespielt hatten, noch etwas benommen, aber im regen Frage- und Antwortspiel gab Eduard Köck dann Auskunft über das Werden und Wachsen der heute so berühmten Exlbühne, die seit reichlich vierzig Jahren sich die Pflege des guten Volksstückes angelegen sein lässt und es – das darf man heute schon sagen, zu großem Erfolg im Film bringen wird.“

Einen Tag nach der Münchner Premiere fand die Innsbruck Erstaufführung am 19. Dezember 1941 statt. „Zur zweiten Spielzeit um 17.45 werden folgende Darsteller der Exl-Bühne bei der Vorführung anwesend sein: Ilse und Anna Exl, Ernst Auer, Ludwig Auer und Mimi Auer-Gstöttner, Eduard Köck, Leopold Esterle und Hertha Agostini, außerdem Regisseur Leopold Hainisch und Professor Rudolf Kattnig, der die Musik geschrieben hat (Innsbrucker Nachrichten vom 19. Dezember 1941, Seite 5).

Die Innsbrucker Aufführung wurde von der NSDAP als Gelegenheit zu einem propagandistischen Auftritt wahrgenommen. Karl Paulin schildert in den Innsbrucker Nachrichten vom 20. Dezember 1941 (Seite 6) die glanzvolle Innsbrucker Kinopremiere, bei der sich der Gauleiter, sein Stellvertreter und weitere führende Männer aus Partei, Wehrmacht und Staat zufrieden zurücklehnen und mit Stolz die Macht der Ideologie feiern konnten angesichts dessen, was auf der Leinwand an suggestiven Bildern mit Landschaft, Volkscharakteren und der unübertrefflichen Schauspielkunst der Exl-Leute vermittelt wurde.

„[…] Tiroler volksverbundene Kunst schuf das Gestaltende dieses Films, Tiroler Landschaft, sparsam und doch eindrucksvoll der Umgebung von Sölden im Oetztal entnommen, schenkt ihm den Naturrahmen. Das Schäumen und Brausen der Oetztaler Ache gibt den Schlußszenen des Films die dramatische Melodie. Die Musik des Films stammt von Rudolf Kattnigg, der ja auch lange mit dem Tiroler bzw. Innsbrucker Musikleben verbunden war. So wird der Euphono-Film der Tobis, der seit gestern in Innsbruck läuft, nicht nur das Meisterwerk Ludwig Anzengrubers, sondern auch die Kunst der Exl-Leute, als edle Frucht des tirolischen Heimatbodens und seiner schöpferischen Kräfte, der weiten deutschen Welt verkünden.“

Zwei bedeutende Tiroler Vertreter der deutschen Kinowelt, Franziska Kinz und Hermann Brix, kamen Ende November 1941 nach Innsbruck, um bei der Erstaufführung des Films Die Kellnerin Anna, in dem sie unter der Regie von Peter Paul Brauer die Hauptrollen spielten, persönlich anwesend zu sein. Karl Paulin sah dies als einen Anlass, in seinen Innsbrucker Nachrichten vom 28. November 1941 (Seite 3) ausführlich zu berichten:

„[…] Innsbruck begrüßt in den Hauptdarstellern mit stolzer Freude zwei Tiroler Künstler, deren Werden und Wachsen mit der Stadt am Inn verbunden bleibt. Denn Franziska Kinz wurde schon bei ihren ersten Gastspielen mit ihrem Lehrer und Förderer, dem unvergeßlichen Fritz Basil, an der Innsbrucker Bühne als bedeutsames, hoffnungsvolles Talent erkannt, und Hermann Brix hat sich in den ersten Jahren seiner schauspielerischen Tätigkeit in seiner Heimatstadt viele Herzen gewonnen. Nun vertreten beide ihre Heimat Tirol im Reich der darstellenden Kunst, daher kam der Jubel, der nach der gestrigen festlichen Erstaufführung in Innsbruck Franziska Kinz und Hermann Brix vor dem Vorhang umbrandete, aus heimatlich, begeisterten und dankbaren Herzen.“

Die Leistungen der beiden Tiroler Schauspielerpersönlichkeiten charakterisiert Karl Paulin folgendermaßen:

„Wer brächte für diese Kellnerin Anna und ihr Schicksal tiefer seelische Kräfte mit als Franziska Kinz, die große Darstellerin verhaltener herber Frauen, an denen das Glück vorüber geht oder die erst nach heldischem Kampf mit sich selbst gewinnen. Bisher hatte die Kinz in ihren Filmrollen meist ländliche, bäuerliche Charaktere geformt, diesmal gibt sie einen Typ aus kleinbürgerlicher städtischer Umwelt, füllt ihn aber mit menschlicher Substanz bis an den Rand […]. Das Verhaltene, Maßvolle der schauspielerischen Formung, das die Kinz kennzeichnet, ist wohl ein tirolisches künstlerisches Heimaterbteil, denn es zeichnet auch die Darstellung unseres Hermann Brix als Stefan Burgstaller aus. Was schon an dem jungen Schauspieler, der vom Innsbrucker Stadttheater aus, dem heutigen Landestheater, den Sprung zur Großstadtbühne und nun zum Film gewagt hat, so sympathisch berührte, das edle, durchaus künstlerische Maß in Wort und Geste, gibt nun auch einen Stefan durch alle Wandlungen des inneren Halt und Kern, aus dem schließlich, trotz aller Verlockungen und Irrwegen, der Sieg des berufenen Künstlers naturnotwendig erwächst […].“


Film: Die Kellnerin Anna


Das Genre „Kulturfilm“ war ein Spezialgebiet der Bavaria Filmgesellschaft. Wiederholt wurde in ihren Produktionen das Thema Landleben und Bauernwelt, wohl auch mit ideologischem Seitenblick, idealisiert und so propagandistisch wirksam dargestellt. Im Frühjahr 1941 drehte die Bavaria einen Kulturfilm Bergbauern im Stubai. Das Szenarium bildete neben der gigantischen Bergwelt des Tales ein idyllisch gelegener Bauernhof oberhalb von Neustift. Nach dem Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. April 1941 (Seite 3) inszenierte der von Walter Leckbusch gestaltete Streifen mit eindrucksvollen, von Kameramann Joseph Rubner eingefangenen Stimmungsbildern „den Einklang von Mensch und Heimat, Lebenskampf und Natur im Daseinskreis der Tiroler Bergbauern […]. Nichts ist gestellt. Die Bauern, darunter ein prächtiger Alter von 75 Jahren mit markigen Zügen, leben uns ihren arbeitsreichen Alltag im Wandel der Jahreszeiten vor. Aber auch der freundliche Glanz des Feierabends leuchtet wärmend auf. Ist das harte Tagewerk getan, dann sitzt man des Abends wohl auf der Bank vorm Haus. Der Bauer raucht sein Pfeifchen, die Bäuerin sitzt am Spinnrad, das junge Volk singt zur Zither ein heimatliches Lied. Noch einmal umfassen liebevoll die Blicke der Bergdorfbewohner das berggegürtete Rund im stillen Abenddämmern; von schneeigen Höhen leuchtet abschiednehmend der Widerglanz der Sonne herüber.“

Der Film als machtvolles Medium der Propaganda wird besonders mit den „Wochenschauen“ in die Tat umgesetzt. Diese effiziente Strategie in der Beeinflussung der Bevölkerung fand in Zeiten des fortschreitenden Krieges eine enorme Steigerung ihrer Durchschlagskraft durch zahlreiche organisatorische und inhaltliche Neuerungen. Die Innsbrucker Nachrichten vom 8. Jänner 1941 informieren dazu ausführlich, auf der Grundlage eines wohl allgemein und zentral verbreiteten Propagandatextes des Reichsministeriums für Propaganda und Volksaufklärung:

„[…] Wenn der deutsche Film auch während des Krieges beispiellose Erfolge aufzuweisen hat, wenn der Kinobesuch sich nicht nur gehalten hat, sondern sich sogar in aufsteigender Linie befindet, so hat an dieser erfreulichen Entwicklung neben den ausgezeichneten Spielfilmen nicht zuletzt auch die Wochenschau ihren erheblichen Anteil. Mit der Gründung der Deutschen Wochenschau G.m.b.H. findet eine Entwicklung, die sich bereits seit Kriegsbeginn durch einheitliche Herstellung der Wochenschauen angebahnt hatte, ihren Abschluß.“ Damit wären die Zentralisierungsbestrebungen im Sinn einer einheitlichen Berichterstattung abgeschlossen. Über das begeisterte berufliche Engagement der beteiligten Reporter ist für den Leser animierend herausgestellt:

„Unsere Reporter – ganz gleich, ob sie zu den 80 gehören, die jetzt draußen in den Propagandakompanien als Soldaten in vorderster Front das große Geschehen mit der Kamera festhalten, oder zu den zivilen Berichtern hier in der Heimat – sind von einem wahren Fanatismus für ihre Arbeit besessen. Sie sind ihr völlig verhaftet, mit Leib und Seele verschrieben – und sie müssen es sein, wenn sie wirklich Wochenschaureporter sein wollen.“ Über den praktischen Organisationsablauf und den Materialaufwand wird mitgeteilt: „Während vor dem Kriege die Wochenschauen zwölf Wochen hintereinander liefen, ist die Spielzeit seit Kriegsausbruch auf vier Wochen verkürzt worden. Das bedeutet, daß im kleinsten Lichtspieltheater des verstecktesten Dorfes nicht später als nach längstens vier Wochen die Wochenschau landet. Das bedeutet andererseits aber für alle Wochenschauschaffenden erhebliche Arbeitsvermehrung und Konzentration. Denn durch diese Aufteilung ist die Zahl der Kopien praktisch vervierfacht worden, und zwar von rund 400 auf 1700. Das bedeutet einen Verbrauch von zwei Millionen Meter Rohfilm. Die deutsche Einheitswochenschau, die in engster Zusammenarbeit mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda hergestellt wird und sich dessen weitgehender Unterstützung und Förderung erfreut, ist sich ihrer verantwortungsvollen Aufgabe bewußt! Sie wird sie, wie bisher, auch in Zukunft zu meistern wissen. Dafür dankt ihr ein ganzes Volk. Es dankt den Männern der Heimat, den Männern an der Front. Denn alle setzen sich jeden Tag von neuem mit ganzem Herzen für ihre große Aufgabe ein.“

Zum Inhalt solcher Wochenschauen melden die Innsbrucker Nachrichten vom 14. Juli 1941 (Seite 7) unter der Überschrift „Unvergleichliche deutsche Kriegswochenschau“:

„[…] Das deutsche Volk kennt sie alle […] An [die] hundert Kriegswochenschauen wird es bald gesehen haben. Sie enthielten, zumal in den ‚Pausen’ dieses großen Ringens, nicht ausschließlich Szenen des Kampfes, sondern auch Bilder von der inneren Front. Aber neu und beispiellos und sich daher tief dem Gedächtnis eingrabend waren doch in erster Linie die, die vom Kriege gleichsam selbst geschaffen waren. In immer neuen Bildern und Gesichtern traten sie vor das deutsche Volk, das sie mit atemloser Spannung erlebte und sich von ihrer sachlichen, nüchternen und wirklichkeitstreuen, dabei unerhört schwungvollen Sprache mitreißen und erheben ließ, immer wieder gepackt von dem Geist, der aus jedem einzelnen dieser Filmberichte sprach.“ Der Text, der wohl auch beim Leser eine ähnliche Begeisterung entfachen sollte, ist so in sich selbst eine raffinierte Propagandamaßnahme. „[…] So stürmt sie [die Wochenschau] vorüber. Kaum wagt man noch zu atmen, wenn ihre letzten Bilder vorüber sind. Man hat einen Blick in eine andere Welt getan – grauenhaft die Aufnahmen aus dem Blutkeller von Lemberg – aber dieses Gefühl hält nur kurz an. Dann erfüllt Stolz den Zuschauer, selber fühlt er sich von einem unbändigem Kampfgeist gepackt […].“

Der Einsatz des Films als suggestives Mittel im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung, insbesondere der psychologischen Aufrichtung der Verwundeten, kommt in einer Aktion zum Ausdruck, wo auf Initiative der Partei Ende Jänner 1941 Verwundete aus den Innsbrucker Lazaretten als Gäste zu Filmvorführungen der Kammerlichtspiele geladen wurden. In den Innsbrucker Nachrichten vom 29. Jänner 1941 ist Seite 24 zu lesen:

„[…] Soldaten und ihre Pflegerinnen, Schwestern und Freiwillige Helferinnen vom Roten Kreuz sowie Politische Leiter, an ihrer Spitze Kreisleiter Pg. Doktor Primbs, füllten den großen Zuschauerraum bis auf den letzten Platz. – Nach der Wochenschau begrüßte Kreisamtsleiter Parteigenosse Renck die Kameraden von der Wehrmacht sowie die Parteigenossen.“ Nach seiner emotional geführten Rede „scholl kräftig aus allen Kehlen das Sieg Heil auf den Führer und seine siegreiche Wehrmacht durch den Raum.“ Über das bewusst gestaltete, die Moral der Verwundeten aufrichtende inhaltliche Konzept der Filmvorführung wird angeführt: „Es folgte zunächst ein Kulturfilm über den Bau von Panzerwagen, die in den großen Schlachten des vergangenen Jahres unseren Soldaten entscheidende Hilfe geleistet haben. Die Bilder zeigten so recht den Einsatz der Heimat, die ihre besten Kräfte dem Schmieden der Waffen widmet. Dann folgte der Hauptfilm, der mit seinen Bildern von der Olympiade, dem Erscheinen des Führers inmitten der jubelnden Hunderttausende das deutsche Volk im Frieden schlechthin darzustellen scheint. Und dann in raschem Wechsel die Bilder von Front und Heimat, die in dieser Vorstellung doppelt eindrucksvoll wirkten, denn es war ja nicht die Heimat allein da, sondern auch die Front. Darum freute man sich doppelt, daß die Heimat den Soldaten ein so vollwertiges Dokument des deutschen Volkes im Frieden und im Kriege zu bieten vermag.“

In die Propagandamaßnahmen mittels Film eingebunden war auch die Hitlerjugend. Dem Film wurde ein besonderer Wert in der ideologischen Erziehung beigemessen. Zu diesem Zweck gab es eigene „Filmstunden“ für die Hitler-Jugend, wo im Rahmen dieser Beeinflussungsstrategie entsprechende Filme vorgeführt wurden. Ähnlich dem „Tag der Hausmusik“ propagierte die Partei diese Aktion reichseinheitlich zentral. Damit kam neben der an sich schon grundsätzlich ideologisch fundierten Unternehmung zusätzlich wieder der nationalsozialistische Fundamentalbegriff der „Volksgemeinschaft“ zur Geltung. Am 12. Oktober 1941 erfolgte in allen Gauen die festliche „Eröffnung der Filmstunden der Hitler-Jugend“. Über den Ablauf dieser Zeremonie erfährt man in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Oktober 1941, Seite 4:

„Wie im ganzen Reich wurden auch in unserem Gau am Sonntag, den 12. Oktober, die Filmstunden der Hitler-Jugend mit einer kurzen Feier eröffnet. In allen Standorten des Gaues, in denen sich feste Lichtspielhäuser befinden, hatte sich die Hitler-Jugend versammelt, um den Worten des Reichsministers Doktor Göbbels [!] und des Stabsführers der Reichsjugendführung Möckel, die um 11 Uhr vormittags über alle deutschen Sender zur Jugend des Führers sprachen, zu lauschen. In den Lichtspielhäusern des Gaues hatten sich rund 4500 Hitlerjungen und Angehörige des Bundes Deutscher Mädel eingefunden. In den mit Fahnen der Hitler-Jugend geschmückten Sälen folgte dem Fahnenlied [„Vorwärts! schmettern die hellen Fanfaren“, 1933, Text: Baldur von Schirach, Melodie: Hans Otto Borgmann] die Vorführung der neuesten Wochenschau und eines für die Jugend besonders geeigneten Filmes. In den meisten Fällen war es der Film Friedrich Schiller. In Innsbruck versammelten sich über 1100 Angehörige der Hitler-Jugend in den Kammerlichtspielen und im Triumph-Kino. Hier wurden die Filme Friedrich Schiller und Kameraden gezeigt. In den Filmstunden der Hitler-Jugend, die die Gaufilmstelle in Zusammenarbeit mit der Gebietsführung der Hitler-Jugend durchführt, werden in den kommenden Wintermonaten Tausende von Angehörigen der Hitler-Jugend unseres Gaues Gelegenheit haben, im Rahmen von Gemeinschaftsveranstaltungen Filme zu sehen, die nicht nur interessant sind, sondern vor allem erzieherisch wirken. Es kommen grundsätzlich nur die besten deutschen Filme in den Jugendfilmstunden zur Vorführung. Wochenschauen geben den Jungen und Mädel Gelegenheit zu sehen, was der deutsche Soldat leistet und vermitteln der Jugend das Bewußtsein, daß dieser Kampf nicht nur für die Gegenwart ausgefochten wird, sondern für die Zukunft, in der sich die Jugend der Leistungen unserer Soldaten würdig zu erweisen hat.“

Den erzieherischen Wert des Films für die Jugend betonte Reichsminister Dr. Goebbels in seiner oben erwähnten, über den Rundfunk verbreiteten Rede:

„[…] Man dürfe nicht verkennen, daß der Film natürlich als große und in die Tiefe dringende Massenkunst in stärkster Weise auch der Unterhaltung zu dienen habe. Aber in einer Zeit, in der der gesamten Nation so schwere Lasten und Sorgen aufgebürdet würden, sei auch die Unterhaltung staatspolitisch gesehen von großem Wert. Neben seiner Aufgabenstellung, als Unterhaltungsfaktor das Volk in seinen Freuden und in seinen Entspannungen liebevoll und hilfsbereit zu begleiten, müsse der Film in seiner modernen Entwicklung als nationales Erziehungsmittel erster Klasse gelten. Damit übe er gerade am bildungsfähigsten und bildungshungrigsten Teil des deutschen Volkes, an seiner Jugend, seine Mission als nationaler Erzieher aus.“

Weiters gibt der Artikel von der Goebbels-Rede in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Oktober 1941 (Seite 2) Ansichten des Reichsministers über die Intention der Filmstunden und über die allgemeine Funktion des Films in der Gesellschaft wieder:

„[…] Durch diese erste Filmfeierstunde der Hitler-Jugend im Herbst 1941, der 900.000 Jungen und Mädel in den deutschen Filmtheatern beiwohnten, erhalte der deutsche Film bei der nachwachsenden Jugend schon in ihren frühen Jahren eine Breiten- und Tiefenwirkung von ungeahnten Ausmaßen. Es solle sich in diesen Stunden, so betonte der Minister, nicht ausschließlich nur um die innere und äußere Ausrichtung der deutschen Jugend handeln, im Gegenteil, wir betrachteten es als unsere Aufgabe, auch der Jugend in diesen harten Zeiten Entspannung und auch Unterhaltung im besten Sinne zu bieten. ‚Wir führen die deutsche Jungend in die Filmtheater hinein, da sie heute nicht mehr Brutstätten staatsfeindlicher und subversiver Anschauungen, sondern nationale Erholungs- und Erziehungsstätten im wahrsten Sinne des Wortes sind […].’“


Film


Rundfunk

Der Rundfunk war, wie der Film, der Unterhaltung und Propaganda gewidmet. Mit Kriegsausbruch erhielt er auch eine zusätzliche Funktion, nämlich die akustische und emotionale Verbindung der Soldaten mit der Heimat nicht abreißen zu lassen. Diese Seite des Rundfunks wird in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. Mai 1941 (Seite 5) mit folgenden Worten umschrieben:

„Besonders der Hörer in der Heimat muß sich immer wieder vor Augen halten, daß die gleichen Aetherwellen, die ihm Freude und Unterhaltung, Besinnliches und stürmisches Zeitgeschehen vermitteln, für unsere Soldaten draußen an den Fronten mitunter die einzige Verbindung mit der Heimat darstellen.“ Der Inhalt des Berichts bezieht sich auf die Ankündigung, dass der Großdeutsche Rundfunk am 23. Mai 1941 allabendlich drei verschieden Rundfunkprogramme senden wird:

„Das Reichsprogramm, täglich von 5 Uhr früh bis 2 Uhr nachts, behält nach wie vor seinen Charakter bei und ist von jedem Hörer gemäß der ihm zugängigen Programmhinweise jederzeit einzustellen.

Daneben bringen die Sender Luxemburg, Weichsel und Alpen ergänzend in der Zeit zwischen 20.15 bis [richtig: und] 22 Uhr Unterhaltungs- und Tanzmusik. Schon die Auswahl dieser Sender zeigt, daß insbesondere unsere Soldaten die Empfänger dieser Sendung sein sollten […].

Als drittes Programm wird zu den gleichen Abendstunden, und zwar über den Deutschlandsender, Orchester-, Opern- und Kammermusik zu hören sein, darunter auch wie bisher die sonntags von 18.10 bis 19 Uhr gesandten [!] philharmonischen Konzerte.

Der aktuelle Rundfunk, u. a. mit seiner politischen Zeitungs- und Rundfunkschau, den Betrachtungen zur politischen Lage, den Frontberichten, den Sendungen Aus dem Zeitgeschehen sowie den Vorträgen der drei Wehrmachtsteile bleibt daneben in vollem Umfange bestehen.

Das Wunschkonzert, der erfolgreiche Mittler zwischen Heimat und Front, legt zwischen seine 75. Veranstaltung (25. Mai) und seine 76. Veranstaltung (7. September 1941) eine Sommerpause, in der aber trotzdem die Verbindung zwischen Front und Heimat auch auf diesem Gebiet keineswegs abreißen soll; denn unsere deutschen Künstler sind auch im Sommer bei unseren Soldaten an der Front. Hieß es nun im Wunschkonzert ‚Die Heimat reicht der Front die Hände’, so startet eine neue Sendereihe unter dem Motto ‚Die Front reicht ihrer Heimat jetzt die Hand’ am Sonntag, den 1. Juni 1941, in der Zeit zwischen 18 und 20 Uhr.

Die weiteren Veranstaltungen dieser Sendereihe sind am 8. Juni und von da ab vierzehntägig jeweils am Sonntag von 18 bis 20 Uhr. Die Frontbühne in Ost und West, in Nord und Süd, am Atlantik und im Gouvernement, nördlich des Polarkreises und unter südlicher Tropensonne sind die Podien, auf denen Solisten, Orchester und Chöre vor getrennten Mikrophonen in gemeinsamer Sendung den Hörer erfreuen. Und vor diesen Podien sitzen unsere Frontsoldaten aller Waffengattungen. Ihr Beifall wird dem Hörer in der Heimat bestimmt ein Bild davon vermitteln, wie die künstlerische Truppenbetreuung die Herzen unserer Soldaten gewonnen hat.

Und noch eines: Heinz Goedecke, der Gestalter der Wehrmacht-Wunschkonzerte, wird im Sommer seine Soldatenhörer draußen besuchen und seine Stimme – umgekehrt als sonst – grüßend von draußen in die Heimat senden. Er kann dann am 7. September mit neuen, starken Eindrücken und nach den Klängen der Fanfare, die uns stets wohlbekannt bleiben wird, verkünden: ‚Wir beginnen das 76. Wunschkonzert für die Wehrmacht‘.“

Neben diesen Programmneuerungen blieben die ansprechenden und beliebten Sendereihen der einzelnen Reichssender im Reichsprogramm bestehen, so u. a. das Hafenkonzert aus Hamburg, Unser Schatzkästlein aus Berlin, die Leipziger Sendung Für jeden etwas, Das singende, klingende Frankfurt, So klingt’s bei uns in Wien und vor allem Das deutsche Volkskonzert.

Im Jänner 1941 konnte das Jubiläum „Ein Jahr Kameradschaftsdienst des Großdeutschen Rundfunks“ begangen werden. Diese Sendung diente der Verbindung der Familienangehörigen mit ihren Soldaten. Es konnten Nachrichten über Familienangelegenheiten via Rundfunk mitgeteilt werden, zum Beispiel Geburten oder akut eingetretene Notfälle. Der tägliche Kameradschaftsdienst hatte seine Sendezeit von 5 bis 6 Uhr früh, er wurde ausgestrahlt über den Deutschlandsender sowie die Großsender Bremen, Luxemburg, Weichsel und Donau. Die Innsbrucker Nachrichten vom 22. Jänner 1941 (Seite 18) gaben folgende Rundfunk-Statistik bekannt:

„Seit Bestehen hat der Kameradschaftsdienst 94.613 Durchsagen an Soldaten gegeben, hiervon waren 48.110 Textdurchsagen und 46.503 Geburtsmeldungen für die Front. Für Norwegen wurden 8599 Durchsagen gemacht, für die Kriegsmarine 11.836. Besondere Familienereignisse: 7095 Meldungen. Die Suche nach Feldpostanschriften nahmen 1682 Durchsagen in Anspruch. Für [die] Suche nach Vermißten und Verwundeten wurden insgesamt 5107 Meldungen durchgegeben. Grüße von der Familie mit der Mitteilung, daß daheim alles gesund und wohlauf [sei] und daß die Feldpost bald Näheres bringen werde, wurden allein an 5468 Soldaten gegeben. Außerdem noch zahlreiche Meldungen für Fundsachen, Suche nach Kameraden, Suche nach ehemaligen Weltkriegsteilnehmern, wichtige geschäftliche Mitteilungen und dergleichen mehr […].“

Am 3. Dezember 1941 veröffentlichen die Innsbrucker Nachrichten (Seite 3) mit der Schlagzeile „Der Rundfunk im Kriege“ einen Artikel, in dem vor allem die Funktion des Rundfunks als Unterhaltungsmedium hervorgehoben wird. Millionen hörten den Rundfunk und um Millionen sei die Zahl der Hörer im Krieg gestiegen.

„Dementsprechend besteht die Aufgabe des Programms und der Programmgestaltung darin, all diesen Millionen zu dienen, zu ihrer Entspannung und Unterhaltung beizutragen. Am Feierabend nach des Tages Arbeit, in den kriegswichtigen Betrieben der Heimat ebenso wie im Ruhequartier nach langen Tagen harter Kämpfe, wird an den Rundfunk diese Forderung ganz besonders gestellt und ihre Erfüllung wird selbstverständlich erwartet. So ist denn auch die Vortragsfolge gerade in den letzten Wochen diesen berechtigten und verständlichen Wünschen noch mehr als bisher angepasst worden […]. Hervorstechend bei der jüngsten Form der Programmgestaltung erscheint der flotte Gang. Wer einmal einen Abend lang mit Aufmerksamkeit vor seinem Lautsprecher saß, dem muß die offensichtliche Bemühung aufgefallen sein, es in nichts zu ermüdenden Wiederholungen kommen zu lassen. Halbstunden-, ja Viertelstundensendungen verschiedensten Themas lösen einander ab. Der Musik gebührt der Vorrang, aber dazwischen kommt auch das Wort zur Geltung. Und die Prägung der kurzen Wortsendungen erfordert sogar noch größere Hingabe und Aufmerksamkeit als die Gestaltung der Musiksendungen.

Aber zweifelsohne richtet sich die größte Aufmerksamkeit des breitesten Publikums gerade auf die Musik, die aus dem Lautsprecher klingt. Und es ist hier und in diesem Zusammenhang der richtige Platz für eine Bemerkung zu dem Thema ‚Volk und Musik’. Es muß einmal gesagt werden, daß wir eben auch im Hinblick auf das Rundfunkprogramm heute jenes Kunstwerk als das wertvollste ansehen müssen, das weitesten Kreisen unseres Volkes ein wirklich wertvolles Erlebnis ist. Je größer dabei die beeindruckte und angesprochene Hörerzahl, um so höher ist das Werk zu bewerten.“

Neben den Liveübertragungen wurden Rundfunksendungen anhand von Schallplattenaufnahmen programmiert. Ende Jänner 1941 machte der Reichsender München im Gaugebiet von Tirol-Vorarlberg für die Gestaltung von „heimatgebundenen“ Rundfunksendungen verschiedene Aufnahmen auf Schallplatte. In Innsbruck waren dabei die „beiden Musikkorps der Wehrmacht, die derzeit ihren Standort in Innsbruck haben und ein Soldatenchor unserer Gebirgsjäger“ eingesetzt. Für andere Sendungen hatten zum Beispiel auch Die lustigen Inntaler bei den Aufnahmen mitgewirkt. Die Durchführung der Aufnahmen schildern die Innsbrucker Nachrichten vom 31. Jänner 1941, Seite 7:

„[…] Der Senderaum lag diesmal im Grauen Bären. Zuerst wurde im großen Saal musiziert, aber da stellte es sich heraus, daß sich der Ton von der Bühne her für die Schallplattenaufnahme zu sehr brach, und daraufhin übersiedelte der ganze Musikzug der Gebirgsjäger in einen kleinen Nebenraum. Von dort aus sah man ein Kabel in den Garten hinausgehen, wo es in den Rundfunkwagen des Reichssenders München mündete. Ein Fernsprechapparat in der Aktentasche stellte zunächst die Verbindung zwischen dem improvisierten Senderaum und dem Rundfunkwagen her. Dieser Rundfunkwagen erfüllte eine doppelte Aufgabe. Zunächst einmal ist er ein fahrender Verstärkerraum. Er bringt nämlich die durch den Draht hereingeleitete Musik auf jene Lautstärke, wie sie der Reichssender München für eine Schallplattenaufnahme braucht. Vom Rundfunkwagen läuft zur Uebertragung ein weiteres Kabel zum nächsten Fernsprechapparat, von dort geht es über die Telephonleitung in die Fernsprechzentrale der Reichspostdirektion Innsbruck, dort übernimmt das Innsbrucker Verstärkeramt die Sendung, schaltet sie auf das vom Reichssender München gemietete Kabel nach München um, und dort wird im Rundfunkhaus gleichzeitig, während in Innsbruck die Musik spielt, die für die Sendung notwendige Schallplatte ‚geschnitten’. (Der Ausdruck ‚Schneiden’ wird in Fachkreisen deshalb angewendet, weil eine Nadel in die glatte Wachsplatte jene Rillen hineinschneidet, die wir im umgekehrten Verfahren von Grammophonplatten her kennen und zur Führung der Grammophonnadel benützen.)

Musik, die im Rundfunk übertragen werden soll, bedarf nämlich ganz empfindlicher Platten, die der Rundfunkwagen aus technischen Gründen nicht mit sich führen kann. Trotzdem hat auch der Rundfunkwagen sein eigenes Schallplattenaufnahmegerät mit, auf dem er gleichzeitig Probeaufnahmen macht. Sofort nach dieser Aufnahme kann man die Platte auf einem Schallplattenapparat abspielen […]. Wenn es also in nächster Zeit einmal so weit ist, daß uns aus unserem Rundfunkempfänger Militärmusik aus Innsbruck entgegenschallt, dann wissen wir, wie diese Musik zustande gekommen ist. Wir werden sie vom Reichssender München hören, verbreitet wird sie aber für unseren Bereich vom Aldranser Sender in Innsbruck, und dorthin kommt sie von München nach Innsbruck auf dem gleichen Kabel wiederum zurück, auf den sie anläßlich der Aufnahme nach München geleitet worden war.“

Die Innsbrucker Nachrichten vom 14. August 1941 veröffentlichen auf Seite 5 eine „Warnung an Schwarzhörer“ und am 29. Oktober auf Seite 5 eine Aufstellung, welche Rundfunksender abgehört werden dürfen.


Mode als Alternative zur Tracht

Mit der Schlagzeile „Die Röcke werden länger“ gaben die Innsbrucker Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 8. September 1941 (Seite 4) einen Rückblick auf die „Herbstmodenschau der Wiener Modellgesellschaft“ in Innsbruck.

„Die Wiener Modellgesellschaft Haus der Mode zeigte im Großgasthof Maria Theresia eine Herbstmodenschau. Erlesener Geschmack in Farbe und Linienführung, Reichtum an Einfällen und sorgfältige handwerkliche Ausführung waren wieder die Kennzeichen der neuesten Schöpfungen der Wiener Mode, die in großer Auswahl wirkungsvoll vorgeführt wurden. Diese Modeschöpfungen werden mit Recht als Ausdruck unseres Kulturwillens gewertet und unterstreichen aufs beste den deutschen Führungsanspruch in ganz Europa in allen Fragen gediegener Lebensgestaltung. Unter Anpassung an die Erfordernisse der Kriegszeit waren mit geringen stofflichen Mitteln allein aus Meisterschaft der Schöpfer dieser Modelle Kleider, Kostüme und Mäntel geschaffen worden, die die uneingeschränkte Zustimmung der fachkundigen Zuschauer – es waren vor allem die Schneiderinnen zu der Schau eingeladen worden – finden mußten. Da gab es keinen ‚neuesten Schrei der Mode’, keine großen Ueberraschungen, und doch trugen alle Modelle eindeutig den Charakter des Neuen und kündigten die Linien der künftigen modischen Entwicklung an.

Da sind vor allem die ein wenig länger gewordenen Röcke zu erwähnen, die künftig wieder das Knie bedecken sollen. Der Abschluß wird durch Pelzverbrämung oder Stickerei reizvoll betont. Ebenso leise wie das Längerwerden der Röcke wird die Senkung der bisher sehr geraden Schulterlinie angedeutet, so bei einem ärmellosen Abendkleid, dessen Kimonoschnitt die Armkugel in schöner Rundung in die Schulter einbezieht. Auch im kommenden Winter bleiben die Kleider hochgeschlossen. Aparte Raffungen der Bluse oder des Rockes, besonders liebevolle Ausarbeitung des Rückens, schön geführte Kanten und Taschen beleben die einfachen Kleidchen. Und dann trägt man wieder viel Stickerei. Vor allem die Hüftenpartie wird gerne durch Soutachestickerei oder Tamburierung betont, was die Trägerin durchaus nicht stärker erscheinen läßt, sondern im Gegenteil die Figur auf das vorteilhafteste umschließt. Farbige Bordürenstickerei, Paillettenapplikationen, breite Hüftenpassen mit Goldstickerei, Bordüren in Cerise-Seide schmücken die neuen Kleider, die im Schnitt die Jumperform bevorzugen. Pelze sind bewußt sparsam, aber in vollendeter Harmonie mit dem Kleidungsstück der neuen Mode eingeführt, die auch Samt als besonders schmeichelnden Werkstoff für Kostüme kennt.

Von den zahlreichen Modellen mögen kurz einige besonders aparte Zusammenstellungen erwähnt werden: Eine Komplet-Jacke zu Kleid aus grünem Samt mit Stoff kombiniert, ein rotbraun karierter Komplet-Mantel, Kante mit Persianerstickerei eingefaßt, auf beiden Seiten zu tragen; ein schwarzes Stoffkleid mit schickem Knopfverschluß an Hals und Aermeln und rot-grün eingearbeitetem Hüftenstreifen; ein elegantes Nachmittagskleid, dessen Schürze mit dreifarbiger Bordürenstickerei reich geschmückt, auch als Cape getragen werden kann; schwarze Nachmittagskleider mit Satinapplikationen, Paillettestickerei oder breiter Passe in Goldstickerei, schließlich für anspruchsvolle Gelegenheiten ein großes Abendkleid, dessen silbergrauer Blusenteil über terrakottafarbene Blumen- und Traubenapplikationen in den schwarzen Rock fließt oder ein Phantasiekleid aus Goldstoff, dessen köstliche Stickerei an die Gewänder des Mittelalters erinnert, wie sie uns Bilder alter Meister zeigen. So bringt die Wiener Mode wieder eine Fülle neuer Anregungen, ohne den Frauen die Freude an den Kleidern zu verderben, die sie sich schon früher mit Geschmack und Bedacht auf die eigenen Möglichkeiten ausgesucht haben.“

Während dieser Bericht in den Innsbrucker Nachrichten über neueste Tendenzen der Mode die Ausnahme bildete und Informationen über Bekleidung hauptsächlich der Trachtenerneuerung gewidmet waren, brachte die Zeitschrift Bergland bis zum Einstellen ihres Erscheinens Anfang 1943 in allen Heften Beiträge zu den aktuellen Neuheiten der „Wiener Mode“. Unter dem bezeichnenden Titel „Frau im Spiegel“ wurden ausführlich die neuesten Modelle vorgestellt. Ab Heft 11/12 des Jahres 1939 erhielt die ursprünglich ausschließlich der Mode vorbehaltene Rubrik die Bezeichnung „Frau und Heim“, womit die Berichterstattung mit Kochrezepten, Inneneinrichtungen, Design bis zur Präsentation von Kinderspielzeug erweitert wurde.

Verantwortlich für den Inhalt der Zeitschrift war wie beim offiziellen Presseorgan der NSDAP, den Innsbrucker Nachrichten, Karl Paulin. Damit war nicht nur eine parteikonforme Informationsstrategie gewährleistet, sondern auch den Vorlieben des überaus kulturbeflissenen Chefredakteurs entsprechend ein Schwerpunkt auf Kulturthemen gelegt, wie zum Beispiel Künstlerporträts, Auszüge aus Romanen und Kurzgeschichten oder Proben aktueller Lyrik. Bergland war ein Mosaik des Kulturlebens der Ostmark, wobei Tirol eine dominierende Stellung einnahm. Die Zeitschrift, als deren Herausgeber die NS-Gauverlag und Druckerei Tirol-Vorarlberg Ges. m. B. H. fungierte, erschien in Innsbruck und war im Reichsgebiet verbreitet.

Im Heft 8 des Jahres 1939 widmete sich die Rubrik „Frau im Spiegel“ auf Seite 41 ff. auch der „ländlichen Tracht“:

„Die Tracht in ihrer bodenständigen Form ist uns lieb. Wenn die Städterin auch das Sommerkleid vorzieht, auf dem Land, für die Radpartie und in den Ferien gibt es für sie doch nur das Dirndlkleid. Es kommt nicht selten vor, daß manche Landfrauen erst durch die Städterin wieder auf ihre traditionelle Bekleidung aufmerksam gemacht werden. Die Pflege unserer bodenständigen Trachten wird in fast allen Fachschulen für Damenkleidermacherei als ernstes Studium betrieben; Vorträge in Museen und Fachzeitschriften lenken die Geschmacksrichtung. Zu dem guten Bild unserer Dirndlmode trägt nicht zuletzt der Reichtum der Ostmark an wirklich schöner bodenständiger Kleidung bei; hier wird das Studium der Trachtenkunde wahrlich zum Vergnügen, denn es gibt genügend Anregung für die nähbereiten Hände. – In Wien schätzt man vor allem das Kleid der Wachauerin und gleich nachher die Tirolertracht in allen ihren reizvollen Abwandlungen. Natürlich sind auch die Kostüme der Linzerinnen, der Steirerinnen und Kärntnerinnen lebhaft gefragt; gilt es doch immer, das Dirndlkleid nach seinem Äußeren zu wählen und die Farben auf Haut und Haare abzustimmen.

Der sommerliche ‚Staat‘ der Frauen mit Dirndlkleid, Schürze, Bluse und dem ländlichen Strohhut aus grobem Stroh verlangt natürlich auch nach dem richtigen Schuh. Unsere Trachtenhäuser bemühen sich unermüdlich, Neues zu entwerfen und zu erzeugen. So gibt es Schuhe aus derbem Leinen in leuchtenden Farben, die zum Dirndlkleid der Städterin richtig abgetönt sind. Kopftücher mit edlen Handdruckmustern, Schürzen in künstlerischen Zeichnungen, Stickereien auf Hutband und Joppe und sonst allerlei liegen verlockend bereit. Auch der Schirm ist wieder aufgetaucht, nachdem es Frauen gibt, die ihre Haut wieder schonen und mit einem Luftbad allein ihr Auslangen finden.

Selbst am Badestrand merkt man den Einfluß der ländlichen Mode. Ein Bademantel in ländlichem Streifenmuster mit bauschigen Ärmeln und tailliertem Leib, mit silbernen Trachtenknöpfen, langem, reichgefaltetem Rock und der gleichen kurzen Hose dürfte an unseren Alpenseen weit mehr Gefallen erregen als ein ‚Beachcoat‘ aus weißem Pikee oder blumigem Frottee. Und wenn an heißen Hochsommertagen selbst das Dirndlkleid als lästig empfunden wird, gibt es reizende, rückenfreie Kleidchen aus ländlichen Stoffen mit passepoiliertem Miedergürtel, kleinen Flügelärmeln und Trachtenknöpfen. Das Kostüm aus handgewebtem Leinen, die Joppe für kühle Tage, das grüngekantete graue Lodenkostüm, der weiße Capemantel aus Loden, der vierbahnige Ausflugsrock, die Bluse aus gemustertem Waschstoff mit gekrausten Ärmeln und dem taillierten Leib, sportliche Waschkleider aus ländlichen Kattunen und vieles andere mehr stammen aus unseren Trachtenhäusern.

Für Auto- und Radfahrerinnen oder Frauen, die ihr Dirndlkleid auf der Reise benützen wollen, gibt es reizende Sommerkleider im Stil des Dirndlkostüms mit leuchtendfarbigen Schürzen.

Sommers und winters finden wir im Bodenständigen immer wieder etwas Neues, das die Blicke der Frauen anzieht. Und, Hand aufs Herz, auch die Männer sind begeistert, wenn die Auserlesene ihren städtischen Putz manchmal ablegt und jäh verändert dasteht; ein Bild lachender Lebenslust und einer Farbenpracht, die nie auffällt, niemals ermüdet und die Menschen immer wieder aufs neue erobert, wenn sie ihre natürliche Empfindung für die heimatliche Landestracht bewahrt haben.“

Dieses Plädoyer für die „heimatliche Landestracht“ verfolgt ein völlig anderes Konzept als jenes von Gertrud Pesendorfer, die Tracht getreu nach den historischen Vorbildern wieder zu aktualisieren. Die von den Modehäusern angepriesene „Dirndlmode“ bringt dazu im Gegensatz ein Konglomerat verschiedenster „ländlicher“ Stilelemente, die den schnelllebigen Gesetzen der Mode adäquat entsprechen.


Wiener Mode


Straßennamen von Innsbruck

Im Zuge der Bautätigkeit und der Eingemeindung umliegender Ortschaften wurde es notwendig, die neu entstehenden Straßen und Plätze zu benennen. Außerdem wurden die durch die Eingemeindung verursachten Doppelbezeichnungen beseitigt. So gab es bisher nicht weniger als drei Kirchgassen, drei Fürstenwege und zwei Andreas-Hofer-Straßen. Auch kam es zu einigen Umbenennungen von Straßennamen, die den Nationalsozialisten suspekt waren. Die Innsbrucker Nachrichten vom 8. Februar 1941, Seite 6, geben diese Maßnahmen kund:

„[…] Desgleichen wird nach dem Krieg auch die Erzherzog-Eugen-Straße, welcher Name heute vollständig gegenstandslos geworden ist, zur Erinnerung an den großen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen, der u. a. im November 1711 zu Besprechungen mit Kaiser Karl VI. in Innsbruck weilte und beim Wirt Florentin im heute noch bestehenden Gasthof Burgriesen wohnte, Prinz-Eugen-Straße heißen.

Mit sofortiger Wirksamkeit wird der von der Sillbrücke nach Amras führende Fürstenweg, der sich längs des Nordhanges des Paschberges hinzieht, in Paschbergweg umbenannt, die frühere Kirchgasse in St. Nikolaus, dort in älterer Zeit nach der dort gelegenen Schmelzerischen Behausung in Schmelzergasse und die Kirchgasse in Hötting zur Erinnerung an die bekannte, besonders im 16. Jahrhundert tätige Innsbrucker Malerfamilie Dax als Daxgasse bezeichnet. Desgleichen erhält die frühere Algunder Straße am Sandbühel im westlichen Hötting, die vom Schlotthof führt den Namen Schlotthofweg, die von der Höttinger Au zur Sonnenstraße führende Auffahrt die Bezeichnung Höttinger Auffahrt und die Andreas-Hofer-Straße in Mühlau den richtungsweisenden Namen Haller Straße.

An Neubezeichnungen erhält in Wilten in der Nähe der Verlängerung der Egger-Lienz-Straße zur Erinnerung an den bekannten Orientalisten und Historiker Jakob Philipp Fallmerayer eine Straße dessen Namen. Wie erinnerlich wurde die seinerzeit schon bestehende Fallmerayerstraße beim Landesgericht zu Ehren des Blutzeugen der Bewegung im Gau Tirol-Vorarlberg in Friedrich-Wurnig-Straße umbenannt. Quer zur Fallmerayerstraße entstand die Spergesstraße zum Gedenken an den verdienten Kartographen und Historiker Josef Fr[ei]h[errn] von Sperges, der als Präsident der Akademie der bildenden Künste in Wien ein besonderer Förderer der Tiroler Künstler war.

Zwei Parallelstraßen in Südost-Pradl heißen nunmehr Josef-Pöll-Straße und Lönsstraße. Professor Dr. J[osef] Pöll, der bekannte Heimatforscher und Botaniker, Ehrendoktor der Universität Innsbruck und Inhaber des Ehrenringes der Stadt Innsbruck sowie des Mozartpreises, hat sich besonders um die Pflege des Volksgesanges verdient gemacht, während der Heidedichter Hermann Löns, welcher am 27. September 1914 vor Reims fiel, einer der meistgesungenen deutschen Dichter der Neuzeit ist. Neu entstanden ist auch zwischen den großen Neubauten in Pradl, welche den Blocknamen Lindenhof und Ahornhof sowie Am Rain und Am Roßsprung erhielten, zur Erinnerung an die berühmte Baumeisterfamilie Türing, welche um 1470 an einer Reihe bedeutender Bauwerke u. a. dem Wappenturm, wesentlich beteiligt waren, die Türingstraße. Bei den angeführten Blocknamen, zu welchen noch in der Nähe die Wohnbauten Eichhof und Panzig kommen, handelt es sich durchwegs um alte Flurnamen, nur Am Roßsprung soll sich nach der im Tiroler Landreim von 1557 stehenden Erzählung zugetragen haben, daß zur Zeit Erzherzog Sigmund ein Edelknabe auf einem Pferd an dieser Stelle einen 40 Schuh breiten Graben übersprang. Ein weiterer Flurname ist An der Furt (rechts und links der Gaswerkbrücke) An der Sill (der Südtiroler Neubaublock in der Nähe des Schlachthofes, nur rechts der Sill) und der Pradler Saggen dortselbst.

Am Ende der die Viaduktbögen durchführenden Verlängerung der Prinz-Eugen-Straße (Erzherzog-Eugen-Straße) wird ein großer Platz ausgespart, der zur Erinnerung an den 1930 ermordeten Vorkämpfer des Nationalsozialismus Horst-Wessel-Platz benannt wird, während zwischen diesem und dem Inn in der Nähe des Flughafens zu Ehren des heldenmütigen Vorkämpfers der deutschen Wiedergeburt der am 26. Mai 1923 auf der Golzheimer Heide bei Düsseldorf von den Franzosen erschossene Albert Leo Schlageter mit seinem Namen Pate stehen wird. Die Verbindung zwischen den Plätzen stellt etwas nördlicher die Schönererstraße her. Georg Ritter von Schönerer war der bekannte deutschnationale österreichische Politiker und Vorkämpfer des Antisemitismus.

Zur Vermeidung weiterer Unklarheiten erhält der östliche Teil der Kapuzinergasse nach dem berühmten Innsbrucker Maler des 15. Jahrhunderts den Namen Sebastian-Scheel-Straße und die zwei Straßen in der Nähe der Gaswerkbrücke die Namen Lützowstraße und Moltkestraße. Adolf Freiherr von Lützow war der Führer der nach ihm benannten Freischar, der auch eine Tiroler Scharfschützenabteilung angehörte, während die zweite Straße ihren Namen nach dem großen Feldherrn Hellmuth [!] Graf von Moltke trägt.

Abschließend wäre noch zu erwähnen, daß der vor dem Landhauserweiterungsbau liegende freie Platz die Ortsbezeichnung Landhausplatzbekommt, womit nunmehr alle möglichen Irrtümer und Fehlbezeichnungen vermieden werden und restlose Klarheit in die Namensgebung der Straßenzüge Innsbrucks gebracht wurde.“

Ein weiterer Bericht über Innsbrucks Straßennamen erschien in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. Oktober 1941, Seite 3; dieser Artikel enthält aber keine neuen Informationen.


Im Zentrum des Fremdenverkehrs – das Innsbrucker Verkehrsamt

Das „Verkehrsamt“ in Innsbruck wurde 1941 im Gebäude Burggraben 3 zentral untergebracht. Dort befindet es sich heute noch. Das Verkehrsamt stand ganz im Dienst des Tourismus, der selbst in Kriegszeiten ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor war. Über die vielfältigen Aufgaben des Innsbrucker Verkehrsamtes berichten ausführlich die Innsbrucker Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 4. Oktober 1941, Seite 5:

„[…] Während der Fremdendienst des Verkehrsamtes am Hauptbahnhof den durch die Züge bedingten Stoßverkehr auffängt und auf die bereitgestellten Quartiere des Stadtgebietes verteilt, sind die Aufgaben für die Angestellten in der Schalterhalle des Verkehrsamtes selbst in ähnlichem Rahmen jedoch etwas weiter gespannt. Das Verkehrsamt ist nicht eine reine Einrichtung für die Stadt allein, es hält die Verbindung mit den anderen Verkehrsämtern und Fremdenverkehrsorganisationen derart aufrecht, daß jeder, der es will, von Innsbruck aus auch in irgendeinem beliebigen anderen Ort des Reiches bestens untergebracht werden kann. Vor allem aber wirkt sich das Verkehrsamt für den laufenden Fremdenstrom als Verteiler für das ganze Gaugebiet aus. Denn hier ist es bekannt, wie die Platzverhältnisse an sämtlichen Fremdenverkehrsplätzen unseres Gaues – damit genau genommen an allen Orten – beschaffen sind.“

Vor allem im kommenden Winter 1941/42 wäre das Innsbrucker Verkehrsamt wegen der großen Anzahl von Wintersportveranstaltungen vor große Aufgaben gestellt, um den Ruf Innsbrucks als „Stadt der Bergsteiger und Skiläufer“ gerecht zu werden. Im Einklang mit den Veranstaltern, die zum Teil ihren Sitz nicht in Innsbruck haben, müssten die anstehenden zahlreichen, insbesondere organisatorischen Abläufe bestmöglich durchgeführt werden. Mit Stolz wird festgestellt, „daß der Gau Tirol-Vorarlberg auch jetzt im Kriege aufnahmefähig zur Beherbergung einer großen Zahl von erholungssuchenden Urlaubern ist“. Aufgrund dieser Situation wird als Zielvorstellung vorgegeben, „die Fremdenverkehrswirtschaft unseres Gaues jetzt im Krieg nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern für die Zeit nach dem Krieg erst recht aufzubauen“. Darum sei die Fremdenverkehrswerbung essenziell für den zukünftigen Erfolg:

„Jetzt bleiben aus verschiedenerlei Gründen die erholungssuchenden Gäste aus dem ganzen Reichsgebiet sozusagen von selbst bei uns hängen. Wenn wir aber nicht durch ständige Werbung und Bewährung die Eignung unseres Gaues als Fremdenverkehrsgebiet herausstellen, dann könnten, wenn einmal wieder die Grenzen geöffnet sind und der Fremdenverkehr frei verströmen kann, wohin er will, für uns sehr fühlbare Ausfälle entstehen.“

Im künftig neu geordneten Europa, wo vor allem für die „deutsche Reiselust“ ein weiter Raum entsteht, müssten daher große Anstrengungen schon jetzt unternommen werden, um „die Anziehungskraft unserer Alpen“ auch künftig aufrecht zu erhalten. Um diese für die Tiroler Wirtschaft so bedeutsamen Arbeiten effizient leisten zu können, wurde das Innsbrucker Verkehrsamt in ein repräsentatives Ambiente verlegt mit der Unterbringung an zentraler Stelle samt Sanierung der Räumlichkeiten.

„Die große Schalterhalle zur rechten Hand neben dem Eingang wurde in würdiger Form ausgebaut. Das Haus selbst ist ehrwürdigen Alters, ein typischer Innsbrucker Altstadtbau. Die Schalterhalle, ein großes säulentragendes Gewölbe, diente in ihrer ursprünglichen Aufgabe als – Nobelstallung. Ihr Boden wurde ausgehoben und vertieft, dadurch die Halle von ihrer ursprünglich etwas drückend wirkenden Niedrigkeit befreit, die die mächtigen Säulen zu schlanker Wirkung erhöht. Das kommt dem ganzen Raume zugute, der auf diese Weise typische Innsbrucker Charakteristika in sich vereint: älteste Bautradition mit neuzeitlichen Verbesserungen. Selbst im strengsten Winter ist es trotz des Steinfliesenbelages am Boden in der Schalterhalle immer angenehm warm, aber vergeblich wird man Oefen oder Heizkörper suchen; es wurde hier eine elektrische Beheizungsanlage unterhalb des Fußbodens eingebaut.

Während im ersten Stockwerk die Innsbrucker Stadtbücherei untergebracht ist, befinden sich im zweiten Stock die Kanzleiräume des Verkehrsamtes und des ihm angeschlossenen Innsbrucker Verschönerungsvereines. Sein Wirken beschränkt sich nicht, wie man vielleicht meinen möchte, auf Büroarbeit allein. Es ist in seiner Organisation soweit aufgebaut und selbständig gemacht, daß es von sich mit modernsten Mitteln für unseren Fremdenverkehr werben kann. In eigenen technischen Räumen können sämtliche Lichtbildarbeiten ausgeführt werden. Hier werden Werbeschallplatten besprochen, mehr noch als das, auch eigene Tonfilme hergestellt, zum Teil sogar Filmaufnahmen. Durch Durchbrechen starker Mauern konnten mehrere kleine Räume zu einem eigenen Kinosaal vereint werden, in dem die Werbefilme an Ort und Stelle überprüft und den Interessenten vorgeführt werden können. Fremdenverkehrswerbung muß, soll sie wirksam sein, mit modernen Mitteln geschehen. Sie kann sich nicht auf die Arbeit im engbegrenzten Fremdenverkehrsgebiet selbst beschränken, sie muß weit darüber hinaus greifen, in Friedenszeiten also auch über die Staatsgrenzen und selbst die des Kontinents. Wir können es uns gut vorstellen, daß bei den Lichtbildvorführungen auf deutschen Schiffen als Kulturfilm ein Werbefilm von Tirol-Vorarlberg läuft, mehr noch, daß in deutschen und ausländischen Reisebüros Werbematerial von Innsbruck nicht bloß aufliegt, sondern auch im Laufbild vorgeführt werden kann. Die Direktoren dieser Büros kennen ihrerseits wieder die Bedürfnisse des Landes, in dem sie arbeiten, sie werden auch zu uns reisen, um von Werbematerial aus ganz Deutschland auch solches aus Innsbruck und unserem Gau mitnehmen zu können. In je ansprechenderem Rahmen ihnen dies gezeigt werden kann, umso beeindruckter werden sie sein und sich auch darauf entsprechend einstellen. Der intime Kinosaal weist hie[r]für technisch und architektonisch die besten Voraussetzungen auf. Er ist das Muster eines deutschen Kleinkinos. Seine offizielle Einweihung wird er erfahren, wenn im Laufe des kommenden Winters in ihm in festlichem Rahmen die Uraufführung des von Kräften des Verkehrsamtes der Stadt Innsbruck im vergangenen Winter hergestellten Tonfilms von den NSKK.-Wintersportkämpfen 1941, die bekanntlich in Innsbruck abgehalten wurden, stattfinden wird.“


Autor: Manfred Schneider
Stand: 28. September 2013