Michael Gaismair als Kultfigur

1939, 11. Mai - Innsbruck
HJ-Feier für Michael Gaismair
Aufruf zur Teilnahme durch Trommler in historischem Gewand

Appell in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. Mai 1939
Feierstunde der Hitler-Jugend
Innsbrucker! Nehmt alle teil an der Feier der Hitler-Jugend für den Tiroler Bauernführer Michael Gaismair [(1490-1532)] und hört seine "Tiroler Landesordnung".
Ort: Platz vor der alten Universität (Universitätsstraße).
Zeit: Donnerstag, 11. Mai, 20.30 Uhr

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Gaismair

Innsbrucker Nachrichten vom 11. 5. 1939, Seite 5

1939, 11. Mai Innsbruck
Platz vor der alten Universität

Michael-Gaismair-Gedenkstunde der HJ
"Pauken und Fanfaren" zum Einmarsch der HJ-Fahnen
"Dumpfer Trommelwirbel klingt auf" zum Verlesen der Tiroler Landesordnung Gaismairs
"Gemeinsamer Gesang der Kampflieder der Jugend"

Michael Gaismair, ein Kämpfer für Deutschlands Freiheit
Hitler-Jugend ehrt den Tiroler Bauernführer
Nächtliche Feierstunde in Innsbruck Gauleiter Hofer bei der Jugend
In: Innsbrucker Nachrichten vom 12. Mai 1939, Seite 5
Signiert "F. O."

Innsbruck, 12. Mai.
Die Hitler-Jugend unseres Gaues trug schon in der Verbotszeit die Erinnerung an den großen Tiroler Freiheitskämpfer Michael Gaismair in sich. Die Gestalt dieses Mannes, dessen wahrhafte Größe und Bedeutung jahrhundertelang nicht genannt werden sollte, ist in höchstem Maße geeignet, Ansporn und Vorbild zu sein. Es war ein schöner Gedanke, dass sich die Hitler-Jugend entschloß, dem Bauernführer Michael Gaismair eine Gedenkstunde zu widmen; sie verband damit nicht nur die Ehrung eines unerschrockenen Freiheitskämpfers aus der ruhmreichen Geschichte Tirols, sie gedachte damit vor allem der innigen Beziehung zwischen den für seine Zeit so revolutionären Zielen des Bauernführers und den eigenen Ideen, die heute in einer neuen Zeit unsere Jugend in stärkstem Maß beseelen.

Nach Einbruch der Dunkelheit marschierten gestern abends die Abteilungen der Hitler-Jugend auf dem Platz vor der alten Universität auf. Dunkel lag über dem Platz. Fackelträger säumten das weite Viereck, in dem die Züge Aufstellung genommen hatten. Von beiden Seiten der Häuserfronten unterschied man das Schwarz, Weiß und Rot der Hakenkreuzfahnen. Neben der gesamten Führerschaft der Hitler-Jugend und des BDM. waren Ehrenabordnungen der SS und des Reichsarbeitsdienstes erschienen.

Punkt halb neun Uhr flammten die Fackeln auf und erhellten ein eindrucksvolles, stimmungsvolles Bild. Gauleiter Hofer erschien mit Gebietsführer Weber und Begleitung.

Dann hallten Kommandos über den Platz. Pauken und Fanfaren erklangen zum Einmarsch der Fahnen der Hitler-Jugend.

Bannführer Meinrad Steinacker ergriff das Wort zu einer Würdigung des Bauernführers Michael Gaismair, aus der die tiefe Anteilnahme herausklang, die gerade die Jugend an dem Kampf und Schicksal des Bauernführers nehmen muß. Die Hitler-Jugend, so sagte der Redner u[nter] a[nderem], ruft heute die Erinnerung an Michael Gaismair wieder wach, an den Mann, der vor vier Jahrhunderten zur Freiheit in Tirol aufrief. Die Jugend schöpft heute aus der Größe der Geschichte, sieht in Gaimair den Kämpfer gegen Gewalt und Unrecht. In der Zeit, in der die Macht des Reiches nur mehr ein Schatten war und die Bauern unfrei und geknechtet in Fesseln lagen, da stand der deutsche Bauer gegen seine Unterdrücker auf, gegen den Uebermut der Herren, gegen Unfreiheit im Land.

Aus der Rede klang das Schicksal Michael Gaismairs, der sich an die Spitze der von dem jüdischen Kanzler Salamanca gedrückten Bauern stellte, das Schicksal des einfachen Bauernsohnes; wie im Mai 1525 die Bauern nach dem Aufstand die Macht erlangten und wieder verloren, als Unterstützung ausblieb; wie der in Meran aufgerufene Landtag auseinandergesprengt wurde: Der Henker wütete im ganzen Land, gehenkt und gevierteilt wurden alle, deren man habhaft wurde. Michael Gaismair mußte fliehen. Aber von der Schweiz her erließ er seine Tiroler Landesordnung, die Recht und Freiheit verkündet, gegen Fron und Knechtschaft zu Felde zieht. Von überall her, von Salzburg, Venedig und Padua kämpfte Michael Gaismair gegen die Unterdrücker. Versuche der Befreiung des Landes schlugen fehl. Aber sein Geist blieb seither lebendig.

Dumpfer Trommelwirbel klingt auf, als der Führer des Bannes Innsbruck-Stadt, Oberstammführer Erwin Höllwarth, die Tiroler Landesordnung Michael Gaismairs verliest, aus der es wie die Vorahnung einer neuen Zeit klingt, die erst vier Jahrhunderte später Wirklichkeit werden sollte.

Michael Gaismair ist in Padua von jüdischer Mörderhand gefallen. Gedungene jüdische Meuchelmörder erdolchten ihn. [Das ist eine ideologisch fundierte Interpretation, die durch keinen historischen Quellenbeweis bestätigt wird]. Die Worte des Stammführers klingen in die Verpflichtung aus, das Gedenken des Bauernführers Michael Gaismair, der für Deutschland gefallen ist, hochzuhalten und zu ehren.

Gemeinsamer Gesang der Kampflieder der Jugend und die Klänge der Fanfaren umrahmten die eindrucksvolle Feierstunde, aus der der feste, niemals wankende Wille unserer Jugend sprach. So galten auch die letzten Worte des Redners unserem Führer, der gleich dem Bauernführer aus Tirol aus dem Bauernblut der Ostmark stammt und das wahrmachte, was Michael Gaismair in einem Punkt seiner Landesordnung forderte:

Niederreißen die Burgen im Land und sie stark und fest aufbauen an den Grenzen!

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1939, 11. Mai - Innsbruck
HJ-Feier und Michael Gaismair als Propaganda-Idol

Kommentar in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. 5. 1939, S. 6, mit Porträt von Michael Gaismair
Signiert: "W."

Michael Gaismair der große Tiroler Bauernführer
Es ging um die Freiheit der Bauern
Im Kampf gegen Habsburg und Kirche Zur Feier der Hitler-Jugend am 11. Mai

Notzeiten haben es an sich, daß sie Männer hervorbringen, die hart, stark und stolz sind. Männer, die nur auftreten, weil sie den Weg kennen und die Kraft in sich spüren, ihr Volk zu befreien, Unrecht wieder gutzumachen. Sie sind dann da, wenn die Zeit reif ist und ein wilder Sturm reißt alles nieder, um neue Ordnung zu schaffen.

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts lastete schwerste Bedrängnis auf dem deutschen Volk und die Bauern wurden von Adel und Kirche gepeinigt und unterdrückt. Unbeschreiblich war die Not der Bauern, unbeschreibliche Anmaßung und Dünkel der geistlichen und weltlichen Herren. Da flammten die ersten Burgen und Klöster auf und wie ein gewaltiger Aufschrei ging es durch die deutschen Lande. Die Bauern standen auf. Um die schwarze Fahne mit dem roten Bundschuh scharten sich die Haufen Florian Geyers; da und dort standen Männer auf, die die Bauern anführten und die Ordnung und Zucht in die wilden Haufen brachten und der Knechtschaft und Tyrannei den Kampf ansagten. Rebellen wurden sie genannt, da sie sich in schwerster Not aufbäumten wider Härte und Fron. Aber niemand wusste das besser, als jene, die lieber den Pflug, als Morgenstern und Schwert geführt hätten, daß dieser Kampf ein gerechter war. Es ging um Freiheit und menschliche Behandlung der Bauern und wurde geführt für die Freiheit des Bekenntnisses.

Damals war dem Land Tirol eine seiner größten Führergestalten erstanden: Michael Gaismair. Er war es, der wie jener oberösterreichische Bauernführer Steffl Fadinger von den Bauern einstimmig zum obristen Hauptmann gewählt wurde und der sie anhielt, nicht zu plündern, nicht zu rauben und zu morden, sondern das Recht zu suchen und die Freiheit. Michael Gaismair war Bauernsohn aus Fleuns bei Sterzing und die Gaismair waren ein uraltes Tiroler Bergbauerngeschlecht. Vom Schreiber des Landesfürsten an der Etsch, Leonhard von Völs, brachte er es durch Fleiß und auf Grund seiner Fähigkeiten zum Sekretär des Bischofs von Brixen. Da lernte er die Not des Bauern von dieser Seite gründlich kennen und sein rechtschaffenes Herz empörte sich über die Grausamkeit und die kalte Berechnung der Kirche, wenn es um Vorteile und Macht ging.

Da türmte die Kraft in diesem starken Manne und er sah seine Berufung darin, den Bauern aus Schmach und Bedrängnis zu helfen; die Ehre und Freiheit der Bauern sollte wiederhergestellt werden.

Die umsichtige Art, mit der er den Aufstand im Gegensatz zu anderen Ländern vorbereitete, ließ seine großen Fähigkeiten erkennen. Er entfesselte den Kampf nicht wie viele andere nur an einem Ort, um dann die Kampfhandlungen der augenblicklichen Lage anzupassen, sondern er organisierte den Aufstand so, daß er im ganzen Lande gleichzeitig losbrach. Er hatte das, was ein umsichtiger Führer haben soll, er hatte ein Programm, nach dem er handelte und die Vorgänge bestimmte. Um die untragbaren Zustände der damaligen Zeit zu ändern und den Bauern zu helfen, hat er eine, auf einfachem bäuerlichen Empfinden fußende Landesordnung erlassen, deren Punkte uns heute überraschen, denn wir sehen im Nationalsozialismus vieles davon verwirklicht.

Der zu jener Zeit bestgehaßte Mann Tirols, der jüdische Schatzgeneralmeister des Landesfürsten, Gabriel von Salamanka, den das Volk einen stinkenden Juden und "asarianischen Pöswicht" nannte, war, bevor der Bauernaufstand losbrach, außer Land geflohen, weil er genau wusste, was seiner geharrt hätte. Als am 13. Mai 1529 die Bauern schlagartig losbrachen, besetzten sie den geistlichen Mittelpunkt Tirols, die Bischofsstadt Brixen und kurze Zeit darauf waren die Bauern Herren des Landes, Gaismair berief einen Bauerntag nach Meran, wo er die Klagen der Bauern sammelte und sie am großen Landtag in Innsbruck Ferdinand, dem 20jährigen Landesfürsten aus dem Hause der Habsburger, vorlegte. Ferdinand nahm die Forderungen der Bauern zum Großteil an; aber während er mit ihnen unterhandelte, war er insgeheim durch das Geld der Fugger unterstützt, und Soldaten und die kaiserlichen Truppen, die unter Frundsberg in Oberitalien standen, eilten nach Tirol.

Gaismair sah ein, daß er durch die scheinbare Annahme seiner Forderungen von Ferdinand nur hingehalten worden war und sagte nun in seinem gerechten Zorn den offenen Kampf an. Gaismair, dem es an der geschulten Truppe und an den nötigen Unterführern fehlte, zog in diesem Kampf gegen das kaiserliche Heer den Kürzeren und musste in die Schweiz flüchten, wo er auch die Tiroler Landesordnung aufstellte und weiterhin eifrig über die Grenze herüber sein Ziel verfolgte. Das Land selbst aber war weiterhin von Tausenden von Söldnern belagert, die jede Regung des Volkes rücksichtslos unterdrückten.

Gaismair, der einen neuen Plan ausheckte, stieß, nachdem der Bauernaufstand in Süddeutschland zusammenbrach, mit den aufständischen Salzburgern, die sich immer noch wacker hielten, zusammen. In Zell am See, Radstadt und Paß Lueg kam es zu blutigen Kämpfen. Gaismair, der aber das Hoffnungslose der Lage einsah, schlug sich über das Pustertal ins Venezianische durch. In der Republik Venedig fand der glühende Feind der Habsburger Unterhalt und betrieb von dort aus seine Sache, die er noch nicht verloren gab, weiter. Habsburg und der politische Katholizismus wussten genau um die Fähigkeiten dieses großen Mannes und 1532 ermordeten [historisch nicht erwiesen, ganz unwahrscheinlich und so nur zur antijüdischen Propaganda:] zwei jüdische Söldlinge den großen Bauernführer Michael Gaismair in Padua.

Seine Taten waren groß und sein Geist hat weiter gelebt in all den Jahren und ist immer wieder aufgeflammt in jenen Männern, die für Freiheit ihres Landes kämpften. Das Blut jener Bauern ist nicht umsonst geopfert worden, der Nationalsozialismus hat jene Ziele, die sich Gaismair gesetzt hat, in größerem und weiterem Umfange verwirklicht.

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1940, 28. September - Innsbruck
Uraufführung des Michel Gaismair von Josef Wenter und Alfred Eduard Frauenfeld

Kommentar in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. 9. 1940, S. 6, mit Porträt von Michael Gaismair (wie am 10. 5. 1939, S. 6)
Von Gaupresseamtsleiter Franz Pisecky

Michel Gaismair ein deutscher Volksheld

Aus Anlaß der heute, Samstag, stattfindenden Uraufführung des "Michel Gaismair" von Josef Wenter und A[lfred] E[duard] Frauenfeld schrieb Gaupresseamtsleiter Pisecky nachstehenden Beitrag.

Es hat in der Geschichte unserer Heimat mehr als einen Mann gegeben, der in der Beurteilung des Zeitgeschehens und in seinem Streben seiner Zeit weit vorauseilte. Es ist nur natürlich, daß solche Männer mit den damals herrschenden Gewalten in Konflikt kommen mussten. Sie handelten unter dem Zwange ihrer Erkenntnis und ihres Gewissens, nicht in der Absicht, den eigenen Vorteil zu suchen, sondern zum Nutzen der Allgemeinheit, für die sie eine Besserung der als krank erkannten Verhältnisse erkämpfen wollten. Daß es kaum einem dieser Männer beschieden war, sein großes Ziel zu erreichen, ist einerseits darin begründet, daß alle damals herrschenden Mächte sich gegen sie verbündeten und sie mit dem Hasse, der aus dem schlechten Gewissen entspringt, so lange bekämpften und verfolgten, bis das gehetzte Wild endlich gestellt und zur Strecke gebracht war. Daß sich anderseits das Wirken dieser Männer nicht in einer dauernden Wandlung ausdrückte, hatte seinen Grund wieder darin, daß die Masse des Volkes damals noch nicht reif genug war, die Gedanken derer, die der Entwicklung vorauseilten, zu erfassen und weiterzuführen. Wenn es der einen oder der anderen Führerpersönlichkeit auch gelang, zu ihren Lebzeiten die Massen aufzurütteln und zu gewinnen, so sank diese Masse, wenn sie einmal des Führers beraubt war, doch wieder in die dumpfe und untätige Niedergeschlagenheit zurück, die für die Unterdrücker des entrechteten Volkes die Grundlage der Herrschaft war.

Viele dieser Verfechter der Volksrechte fielen nach ihrem Tode der unverdienten Vergessenheit anheim. Die finsteren Mächte, die weit über das ausgehende Mittelalter hinaus ihre Zwangsherrschaft über die Menschen ausübten, hatten auch Gewalt über die Chronisten und Geschichtsschreiber. Was das für die Beurteilung revolutionärer Gestalten bedeutete, ist wohl jedem einleuchtend. Es ist ja im übrigen auch so, daß selbst gut gesinnte Beurteiler wahrhaft große Männer ihrer Zeit oder der nahen Vergangenheit nicht im entsprechenden Ausmaß zu würdigen vermögen. Es wird wohl heute keinen Deutschen und überhaupt niemanden auf der Welt geben, der die Bedeutung Adolf Hitlers nicht nur für unser Volk und für unsere Tage, sondern für die von ihm geschaffene neue Zeitepoche auch nur annähernd zu erfassen vermag. Ohne die Person des Führers und seine übermenschliche Leistung durch einen Vergleich herabmindern zu wollen, mag dieses Beispiel doch verständlich machen, wie das Wirken eines großen Mannes, wenn es nicht anerkennend, sondern gehässig gewertet wird, durch eine der herrschenden Schicht hörige Beurteilung nicht nur herabgedrückt, sondern geradezu ins Gegenteil umgebogen werden kann.

Ein solches Schicksal ward einem Manne zuteil, der vor vier Jahrhunderten aus der Mitte des deutschen Stammes unserer Berge auftrat und den einmal richtig erkannten Weg getreu seiner Überzeugung mit Geschick und Tapferkeit bis zum bitteren Ende ging. Dieser Mann war Michel Gaismair, der große Bauernführer des 16. Jahrhunderts.

Die Erhebung des deutschen Bauerntums war von den Bischöfen und Herren in Blut und Tränen bereits erstickt, als sich in den alpenländischen Gebieten noch einmal das Volk zum Kampfe gegen seine Schinder und Ausbeuter erhob. Schon lange vor seinem ersten kämpferischen Auftreten muß Gaismair, den seine Gegner mehr in anerkennender Furcht als mit Verachtung den "Ketzerfürsten" nannten, an der Vorbereitung der Erhebung der Tiroler Bauern und Knappen gearbeitet haben. Als er im Jahre 1525 in das offene Licht der politischen Bühne trat, zeigte es sich jedenfalls, daß er landauf, landab als der Führer der Entrechteten galt, dem der gemeine Mann aus freien Stücken Treue und Gefolgschaft hielt. Auf Grund der Meraner Artikel, bei deren Abfassung er zu zumindestens entscheidend mitgewirkt haben muß, forderte der ehemalige Sekretär des Bischofs von Brixen, die Einberufung eines Landtages. Erzherzog Ferdinand, der in Spanien geborene Habsburger, versand es, die Bauernschaft dadurch hinzuhalten, daß er sich eine Zeitlang den Anschein gab, als wolle er den gerechten Forderungen ein geneigtes Ohr leihen. In Wirklichkeit war der Erzherzog, zusammen mit seinem bösen Geist, dem Juden Gabriel aus Salamanca, den Bischöfen und dem Erzplutokraten jener Zeit, Fugger, von keiner anderen Bestrebung geleitet, als von der, Zeit zu gewinnen. Als erst eine Streitmacht zur Stelle war, ließ der Habsburger die Maske fallen. Als Gaismair einer Ladung nach Innsbruck Folge leistete, wurde er verräterisch festgesetzt. Erst nach vielen Wochen gelang es ihm, aus der Haft zu entkommen. Er flüchtete in die Schweiz und arbeitete von dort aus mit den Freunden in der Heimat zusammen. In den ersten Wochen des Jahres 1526 schrieb Gaismair in seiner "Tiroler Landesordnung", die er gedruckt verbreiten ließ, die Forderungen nieder, für die er selbst und seine Anhänger kämpfen wollten. Wenn wir diese Artikel von Gaismairs Landesordnung heute überlesen, so erfüllt uns notgedrungen verwunderte Achtung darüber, daß dieser Mann in so früher Zeit mit absoluter Klarheit Richtlinien aufstellen konnte, die heute als das Kernstück der nationalsozialistischen Weltanschauung durch die große Revolution, die wir selbst miterleben durften, zu Grundlagen der völkischen Gemeinschaft im nationalsozialistischen Reiche Adolf Hitlers gemacht wurden. Weltanschauliche, politische und soziale Forderungen, wie sie in dieser Landesordnung aufscheinen, sind so zeitnahe, als wären sie in unseren Tagen niedergeschrieben. Man kann beispielsweise mit Fug und Recht sagen, daß unser Tiroler Höferecht und damit auch das nationalsozialistische Erbhofrecht schon von diesem Bauernführer 1526 begründet wurden. Wie hoch stand doch ein Geist über dem Ungeist jener Tage, der verlangte, daß man die Zwingburgen im Lande brechen, daß man dafür aber starke Festungen an den Grenzen zum Schutze des Reiches aufführe sollte! Zinsherabsetzungen, Altersversorgung, die Umwandlung von Klöstern in Spitäler, ja die Austrocknung und Urbarmachung von Sümpfen, die Steigerung des Getreideanbaues, all das erschien Gaismair notwendig, um eine Besserung der Lage seiner Volksgenossen herbeizuführen und damit eine innere Befriedung zu erreichen. Wenn wir von Gaimair außer dieser Landesordnung keine Kunde hätten, es würde genügen, um ihm einen Platz in der Ehrenhalle der Nation zu sichern.


Gaismair muß nach nicht allzu langem Aufenthalt in der Schweiz wieder nach Tirol zurückgekehrt sein. Als nämlich Versprengte des großen Bauernkrieges in St. Gallen zusammenkamen, erhielten sie auf dieser streng geheimgehaltenen Tagung durch geheimnisvolle Männer die schriftliche Einladung einen "Ungenannten Edelmannes aus dem Etschland" zu einer Besprechung an einem verschwiegenen Ort. Als diese Besprechung zustandekam, da erkannten die Abgesandten in dem Junker aus Tirol keinen Geringeren als Michel Gaismair. Schon war ein Tag im Frühling 1526 zu einem Ueberfall auf den Waffenstapelplatz Glurns bestimmt, als eines Tages Hans Gaismair, der Bruder und nächste Mitarbeiter Michels, durch gemeinen Verrat den Häschern des Erzherzogs Ferdinand ausgeliefert wurde. Hans Gaismair wurde nach Innsbruck gebracht und nach grauenvollen Foltern gevierteilt.

Weder der persönliche Verlust noch die Entmutigung seiner Mitverschworenen aber konnte Gaismair davon abbringen, seinen Weg weiter zu verfolgen. Im Salzburgischen kämpften Bauernhaufen gegen Truppen Ferdinands und des schwäbischen Bundes. Mit einigen Fähnlein Wohlbewaffneter stieß unverhofft der aus Tirol heranmarschierende Gaismair zu ihnen und wies den Angriff einer Abteilung des schwäbischen Bundes auf den Paß Lueg blutig zurück. Als anerkanntem Feldobersten der wehrhaften Haufen von Tirol und Salzburg wäre es ihm fast gelungen, sich in den Besitz der Festung Hohensalzburg zu bringen. Da jedoch über Kufstein der alte Eisenfresser Jörg Frundsberg und von Osten der österreichische Fronvogt Graf von Salm mit seinen "Ratzen" im Anmarsch waren und die Pinzgauer bei Zell schon geschlagen waren, brach Gaismair die Belagerung der Festung ab und zog sich auf Altenmarkt an der Enns zurück. Er begann Radstadt zu belagern. Inzwischen hatte sich die Hoffnung auf eine neuerliche Bauernerhebung in Schwaben als trügerisch erwiesen. Nach dem Tode Florian Geyers und anderer namhafter Hauptleute fand sich dort nirgends mehr ein Führer. Der Gegner konnte seine ganze Macht gegen Gaismair heranführen. Dieser jedoch verstand es, sich von Radstadt durch eine Kriegslist aus der Schlinge zu ziehen, in der ihn seine Widersacher schon rettungslos gefangen wähnten. Mit 600 Mann zog Gaismair und sein Mitkämpfer Päßler in das Gebirge und kamen über den Rauriser Tauern und weiter über Innichen gegen Bruneck. Die Ueberrumpelung dieses Platzes misslang jedoch. Immer den zornig hinterhereilenden Frundsberg täuschend, erwies sich Gaismair auf diesem Rückzug als ein Meister militärischer Führung und brachte seine Treuen unversehrt über Buchenstein hinüber in venezianiches Gebiet. Die Dogenrepublik nahm ihn mit seiner Mannschaft gastlich auf.

Von Padua aus widmete sich Gaismair mit rastlosem Eifer zu neuem Kampfe. Ferdinand zitterte mit seinem Klüngel in der Innsbrucker Burg vor diesem Manne, dem scheinbar kein Unternehmen unmöglich war. Gedungene Meuchelmörder befreiten Ferdinand wie so manchen Habsburger von dem Gegenstand seiner Furcht. Sie brachten den abgeschnittenen Kopf Gaismairs nach Innsbruck und erhielten dafür ihren Schandlohn. Ein großes Leben hatte ein allzu frühes und grausames Ende genommen.

Es wurde schon darauf hingewiesen, daß beeinflusste Chronisten alles daransetzen, die Kunde von der Größe Gaismairs zu verschweigen oder gar aus der Welt zu schaffen. Man hat darüber hinaus Gaismair gerade aus seinem Aufenthalt im Venezianischen und aus der Verbindung, die er mit der Signoria anknüpfte, hinterhältig den Vorwurf des Landesverrates angedrechselt. Er ist allerdings schmählich, daß solche Verdächtigungen von einer Seite erfolgten, die jederzeit bereit war, jede Verbindung mit den Feinden der deutschen Nation einzugehen, wenn solche Verbindungen nur persönlichen Vorteil einbrachten. Wir wissen heute aber doch, daß die Arbeit Gaismairs fern der Heimat nur der Befreiung seines geliebten Volkes und der Größe des deutschen Reiches galt, dessen Führer und bewußter Bürger Gaismair nach seiner Ueberzeugung war. In einem Erzherzog, der selbst landfremd, nur von Landfremden und Volksfeinden umgeben war, konnte Gaismair allerdings nicht das Ideal eines Fürsten sehen und Habsburg konnte für ihn nicht das Geschlecht sein, das eine gedeihliche Entwicklung Deutschlands gewährleistete.

Man hat Gaismair oft den Vorwurf gemacht, er habe sich in Venezien bereichert und dort ein prunkvolles Leben geführt. Wir brauchen uns jedoch nur die wenigen Jahre zurückerinnern, dann haben wir ja Beispiele genug, wie die geistigen Erben Ferdinands in unserem Jahrhundert während des Kampfes der nationalsozialistischen Bewegung um die Macht immer wieder und immer wieder versuchten, die Führer der Bewegung bei ihren Kameraden zu verdächtigen, um zu erkennen, was wir von derartigen Vorwürfen zu halten haben, wie sie dem Tiroler Bauernführer von seinen Gegnern gemacht wurden. Für uns ist er jedenfalls ein Vorbild. Wir stellen ihn neben die Großen unseres Volkes und rechnen ihn stolz zu den Beispielen, auf die wir unser Volk und insbesondere unsere Jugend hinweisen können. Die Zeit einer Geschichtsbetrachtung, die kein anderes Ziel kannte, als die schlimmen Seiten eines verlotterten Herrentums zu verschleiern, jedes Aufbegehren gegen Misswirtschaft aber als Verbrechen hinzustellen, ist vorbei. Von dem Standpunkte unserer wiedergewonnenen Freiheit und unserer neuerstrittenen Größe sehen wir zurück auf die von Tragik erfüllte deutsche Geschichte der vergangenen Jahrhunderte. Wir urteilen, indem wir die Männer, die im Laufe dieser Geschichte eine Rolle spielten, nach ihrem Einsatz und nach ihrem Charakter werten. Von diesem Standpunkte aus aber kann es über Michel Gaismair nur ein Urteil geben: Er war ein Mann und ein Held, ein Führer und Kämpfer wie selten einer.

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1944
Gebirgsregiment der Waffen-SS nach Michael Gaismair benannt

Mitteilung in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1944, S. 3

Anlässlich des 7. Landesschießens in Innsbruck wurde ein Gebirgsregiment der Waffen-SS nach Michael Gaismair benannt.
In den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1944, S. 3 wird dazu Gauleiter Hofer zitiert:
"In diesem Sinne erfüllt es uns mit Stolz, daß der Reichsführer-SS [Himmler] einem Gebirgsregiment der Waffen-SS den Namen Michael Gaismair verliehen hat."