Emil Berlanda (1905-1960)

Emil Berlanda gilt als der stilistisch progressivste Komponist aller Mitglieder der Arbeitgemeinschaft Tiroler Komponisten. Im Unterschied zu den meisten seiner Kollegen war er ein Vertreter der absoluten Musik. Nicht die Thematisierung programmatischer Ideen waren für sein Komponieren wichtig, sondern nahezu ausschließlich musikimmanente Prozesse. Während Josef Eduard Ploner z. B. sein Künstlertum mit einem Dienst an Volk und Heimat verband, so stellte Berlanda sein musikalisches Talent ausschließlich in den Dienst der Kunst. Patriotische Themen waren ihm nicht wichtig, ebenso hat er sich mit der Volksmusik nur im Rahmen von wenigen Aufträgen beschäftigt.

Seine wesentliche und erfolgreichste Schaffensperiode fällt in die Zeit des Nationalsozialismus. Es wäre nun sachlich unkorrekt, alle diese Werke als NS-Musik abzuqualifizieren. Der allgemeinen Geschichte und speziellen Kulturgeschichte dieses Zeitalters mit seiner komplexen Phänomenologie kann man nicht mit von moralischer Empörung evozierten verbal pauschalierenden Rundumschlägen gerecht werden, sondern nur mit fundierter wissenschaftlicher Methodik und davon abgeleiteten schlüssigen Definitionen. Es ist nämlich keineswegs alles, was in der Zeit des Nationalsozialismus an Musik geschaffen worden ist "Nazi-Musik", auch nicht Auftragswerke und auch nicht Kompositionen, deren ideologisch kompatibler Inhalt von den Nazis vereinnahmt werden konnte und zum Teil freilich wurde.

"Nazi-Musik" nach meiner Definition ist eine Komposition, die intentional und inhaltlich für die Propaganda der NS-Ideologie geschaffen wurde und die außerhalb dieses Kontexts ihre ursprüngliche semantische Relevanz verliert.

Nicht NS-Musik sind Kompositionen der NS-Zeit, gleichgültig, ob diese aus freiem Willen oder im Auftrag geschaffen wurden, deren Inhalt auch außerhalb dieses Kontexts noch aktuell bleibt und folglich seine semantische Relevanz nicht verliert. Dieser methodischen wissenschaftlichen Grundlage folgend, kann man nur eine Komposition Berlandas als NS-Musik klassifizieren, nämlich ein einstimmiges Chorwerk mit Bläsern, das er 1938 zum 49. Geburtstag Adolf Hitlers geschaffen und an die Reichskanzlei gesandt hatte (s. u.).

Berlanda hat in seiner Autobiographie (ohne Individualtitel, Typoskript, ohne Jahr, nach 1945, Exemplar im Institut für Tiroler Musikforschung) auf Seite 327 seine Beziehung zum NS-Regime detailliert dargelegt: "In dem mir am 15. August [1945] vom Postamt 2 zugemittelten Fragebogen über meine politische Vergangenheit in den letzten 10 Jahren wurde wahrheitsgemäß vermerkt: Mitgliedschaft zur NSDAP ab 1. Mai 1938, die Zugehörigkeit zum Reichsbund deutscher Beamten bis 1945, jene zur NSV von 1940 bis 45, zum VDA von 1939 bis [19]45 und zu NS Kulturbund (als Komponist) vom Sommer 1937 bis Ende April 1938. Die Pension wurde mir auch nach dem Umbruch weiterbezahlt, weil eine vermeintliche Illegalität, d. i. die Mitgliedschaft zur NSDAP vor dem 13. März 1938 auf Grund der Anrechnung der Mitgliedschaft zum NS Kulturbund als Parteizugehörigkeit durch das Fehlen der mir im Jahre 1939 bei Ausfüllung des parteistatistischen Erhebungsblattes noch unbekannt gewesenen Partei-Mitgliedsnummer nicht nachgewiesen werden konnte."

Emil Berlanda war ein überaus begabter Komponist und ein großartiger Musiker. Er betätigte sich als Chorleiter, virtuoser Organist und viel beschäftigter Liedbegleiter. Prägend für sein Lebensschicksal war seine Erkrankung an multipler Sklerose, die schon erstmals 1938 auftrat und ihn bis an sein Lebensende nicht nur körperlich behinderte. Mit seinem Opus 51, Des LebensVergänglichkeit, der eindrucksvollen Solokantate für Sopran und Streichorchester und Klavier, beschloss er 1950 sein kompositorisches Werk. Die letzten zehn Jahre seines Lebens widmete er sich, bei beständig fortschreitender Krankheit, dem Studium der Musikwissenschaft und wirkte als Lehrbeauftragter für Harmonielehre an der Universität, Kunstkritiker, Verfasser von Rundfunkvorträgen und umfangreichen musikhistorischen Arbeiten über Tirol. Ein ausführlicher Bericht folgt im dritten Teil dieser Zusammenfassung, die das Thema "Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten nach dem Zweiten Weltkrieg" behandelt.




Kurzbiographie von Emil Berlanda in:
Wissenschaft und Kunst in der deutschen Ostmark,
Wien-Graz-Leipzig: Verlag für völkisches Schrifttum 1938, Sp. 549 f., mit Fotoporträt

Bleistiftzeichnung, 1926, vermutlich von Magdalena Berlanda, Archiv Institut für Tiroler Musikforschung

Berlanda Emil,
Komponist, Dirigent an der Universitätskirche in Innsbruck, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten in Innsbruck, wurde am 6. Dezember 1905 in Kufstein in Tirol geboren. Er besuchte in Innsbruck die Realschule, maturierte später, nachdem er schon seit 1922 im Staatsdienst tätig war. Von 1912 bis 1926 betrieb er Musikstudien bei Prof. V. [Wenzel] Skop in Innsbruck (Klavier) sowie am dortigen Konservatorium (Klavier und Musiktheorie bei Prof. Emil Schennich) und legte 1926 an der Musikhochschule in Wien unter Hofrat Prof. [Joseph] Marx die Kapellmeisterprüfung ab. Das Orgelspiel erlernte er als Autodidakt; seit 1932 leitet er den Chor der Innsbrucker Universitäts- (Jesuiten-) Kirche, wo er sich insbesondere für das Musikschaffen der Gegenwart einsetzt. Unter seinen Kompositionen finden sich Lieder, Orgelwerke, Kammermusikwerke, Männer- und gemischte Chöre, Volksliederbearbeitungen, Orchesterwerke (Suiten und sinfonische Musik für Orchester) usw.; besonders benannt seien die Bühnenmusik zum "Spiel vom deutschen Bettelmann" von Ernst Wichert, zu "Das Gastmahl des Balthassar" (Calderon) und die Oper "Zwergkönig Laurin", ferner die kirchenmusikalischen Werke für Chor und Orchester: "Missa symphonica", "Karfreitags-Kantate", "Musik für den Totensonntag", "Auferstanden" usw. Ein Großteil der Arbeiten des Künstlers wurde bei verschiedenen Konzertveranstaltungen und im Rundfunk Oesterreichs, Deutschlands, der Schweiz und der Tschechoslowakei aufgeführt (u. a. auch im Rahmen der internationalen Gesellschaft für moderne Kirchenmusik, Frankfurt, welcher Berlanda als Mitglied angehört) und ausgezeichnet kritisiert. Die gesamte Musikpresse ist sich in der Wertschätzung des hoffnungsvollen jungen Künstlers einig. Er ist verheiratet. Wohnung: Innsbruck, Gutenbergstraße 12. Fernsprecher 4 von 32-18.



1938

Notizen in der Autobiographie von Emil Berlanda

Typoskript (wie oben, im Folgenden "Autobiographie ), S. 220

Der Leiter des kleinen Männerchores von Telfs Hermann Spiehs, seines Zeichens Lehrer und Komponist, erbat sich von Mitgliedern der A[rbeitsgemeinschaft] T[iroler] K[omponisten] kleine und im Volkston gehaltene Männerchöre für ein bevorstehendes Chorkonzert. Ich steuerte mit einem entsprechenden Chor "Sang ein Vöglein wundersam", Text von Bruder Willram (komponiert am 30. Jänner), bei. Zu einer Aufführung ist es wegen Ausfall des geplanten Konzerts damals nicht gekommen.

In der Zeit vom 8. bis 10. Feber [1938] bearbeitete ich für Ploner und den Innsbrucker Kammerchor das Volkslied "Es kommt die Zeit, da ich wandern muss" für gem[ischten] Chor a cap[pella] (op.38/3). Auch die in Aussicht gestandene Aufführung dieses Chores wurde nicht verwirklicht. Hie[r]für waren nicht die Dirigenten Spiehs und Ploner verantwortlich zu machen, sondern die Zeiterscheinungen und der politische Umbruch im März dieses Jahres, der viele der vorgefassten Pläne über den Haufen geworfen hatte [...].

Das in einer Zeitung abgedruckte Gedicht von Blattl: "Wir Kämpfer" habe ich für Männerstimmen (einstimmiger Chor) und Bläser (Blasorchester) am 10. April [1938] komponiert und auf Veranlassung Dr. Ostheimers den Klavierauszug aus Anlass des 49. Geburtstages Adolf Hitlers über ihn an die Reichskanzlei gesendet. Ein Dankschreiben aus der Privatkanzlei des Führers ist am 23. Mai eingelangt. Von einer Aufführung dieses Werkes ist mir nichts bekannt geworden.


Der Text des von Berlanda vertonten Lieds "Wir Kämpfer" ist gedruckt in der Neuesten Zeitung vom 2. April 1938, Seite 8:

Dass sich Berlanda mit der Besetzung des Hitler gewidmeten Werks völlig an die neuen Verhältnisse angepasst und natürlich eine Aufführung erwogen hat, geht aus einem Interview mit Wenzel Josef Meindl, damals Musiklehrer an der Innsbrucker Lehrerbildungsanstalt, hervor, das in der Innsbrucker Dissertation von Christian Wolf (Musikerziehung unterm Hakenkreuz. Die Rolle der Musik am Beispiel der Oberschulen im Gau Tirol-Vorarlberg <= Innsbrucker Hochschulschriften Serie A: Musikpädagogik, hrsg. v. Josef Sulz>, Band 3, Innsbruck 1998) auf Seite 269 wiedergegeben ist:

In Musik war der Lehrplan eigentlich mehr neutral gehalten. Musik hat man vor allem für den Schargesang gebraucht. Es [sic, richtig: Sie?] war weniger für Chorgesang ausgelegt. Auch bei den großen Sängerfesten wie dem in Breslau wurde nur einstimmig gesungen und mit Bläsern dazugespielt. Das war damals einfach die große Nummer, für uns Österreicher aber vollkommen neu. Diese Form des Musizierens haben wir nicht gekannt. Denn, wenn bei uns irgendwo musiziert wurde, haben wir beim Kirchenchor mitgemacht und da hat man sich nun umstellen müssen. Und manche Unsicherheit darüber hat sich dann vielleicht auch auf die Jungen ausgewirkt. Das haben sie schon gespürt und waren unruhig. Die einen haben sich gesträubt, andere haben begeistert mitgemacht.

Emil Berlanda hatte sich im Zuge der allgemeinen Euphorie und Aufbruchstimmung zumindest anfangs kulturell eingebracht. Er bemühte sich zeitlebens sowie vielfach erfolglos um die Aufführung seiner Kompositionen und hoffte vermutlich durch sein Engagement auf eine Besserung dieser Situation. Der Innsbrucker Arzt Dr. Ostheimer war eine Vertrauensperson der NSDAP und so die Vermittlungsstelle, wo schon Josef Eduard Ploner und Karl Senn noch in der Verbotszeit, 1937, geheim in dessen Ordination den Eid auf Hitler geschworen hatten. (vgl. Emil Berlanda, Autobiographie, S. 206).

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1938, 21. August - Kufstein
Konzert auf der Kufsteiner Heldenorgel
Organist: Emil Berlanda
Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 229:

Programm
12 Uhr:
Johann Sebastian Bach:
Präludium und Fuge c-moll
Max Reger: Romanze und Canzonetta
Emil Berlanda: Präludium und Fuge op. 15
Albert Riester: Intermezzo
Josef Eduard Ploner: Partita eroica, 3. Satz
Freie Improvisation über das Deutschlandlied

18 Uhr
Dietrich Buxtehude: Toccata in F
Johann Pachelbel: Fuge über ein Choralthema
J.S. Bach: Präludium und Fuge e-moll
Max Reger: Scherzo
Freie Improvisation über ein Thema von Mozart

Eine Besprechung über dieses Konzert ist (im Kufsteiner Grenzboten) nicht erschienen. Dafür ging mir eine Anfrage des Besitzers von Hotel und Pension "Dreitorspitz" Richard Klausmeyer zu, der sich nach der Orgelvorführung für den 28. August erkundigte und dabei bemerkte:

"Am schönsten wär[e] es ja, wenn Sie selbst wieder am kommenden Sonntag spielen würden, so wie am vergangenen Sonntag zum großen Entzücken von zwei Berlinern, die eigens dazu nach Kufstein fuhren".

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1938, 19. März - Innsbruck
Jesuitenkirche (Universitätskirche)

Aufführung der Messe op. 19 von Karl Senn
durch Emil Berlanda mit dem Chor der Jesuitenkirche

Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 231

Die schon am Beginn dieses Kalenderjahres durch das Kollegium SJ eingeleiteten Bemühungen um eine Rundfunkübertragung für den 19. März [1938] über Wien und alle österreichischen Sender, für die auch in diesem Jahr wiederum die Aufführung von Karl Senns Messe op. 19 mit Maria Ocherbauer, Graz, als Solistin vorgeschlagen worden war, gedieh zumindest bis zur Ankündigung im Sendetext der Zeitschrift "Radio Wien". Der Umbruch vom 13. März aber verhinderte die gut vorbereitete Sendung, weil nun für "Geistliche Stunden" und ähnliches auch in Österreich kein Platz im Rundfunk mehr war. So sangen wir die Senn-Messe, ohne anderwärts gehört zu werden und ohne Ocherbauer allein.

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1939

Eintrag in der Autobiographie von Berlanda
, S. 237

Über Aufforderung bzw. Einladung der Reichsmusikkammer (Landesleiter von Tirol) vom 5. Mai 1939 zur Mitarbeit an dem "Ostmärkischen Volksliedunternehmen" (Tiroler Liederbuch) sandte ich im Sommer an diese Stelle gewünschte Bearbeitungen: (ohne Opuszahl): 1. Heunt gien ma auf die Alma (aus dem Wipptal) für drei gleiche Stimmen, 2. Andreas Hofers Abschied vom Leben, für dreistimmigen Männerchor, 3. Hietz gien ma af die Alma (aus dem Puster- und Def[e]reggental, auch im Zillertal bekannt) für drei bis vier gleiche Stimmen. Weiters eine Bearbeitung des Bozner Bergsteigerliedes für drei gleiche Stimmen und Gitarre, sowie eine solche von "Still, still" für zwei gleiche Stimmen, 2 Geigen und ein Cello.

[...]

Die unter dem Namen "Chorgemeinschaft Gutenberg" wiederum tätige Typographia [der Vereinsname musste auf Druck der Nationalsozialisten umgeändert werden] hielt noch am 10. Juni 1939 im Breinössl-Saal ihr Frühjahrskonzert "Männerchöre aus alter und neuer Zeit" ab, blieb aber dann für die breitere Öffentlichkeit weniger vernehmbar und veranstaltete konzertante Abende lediglich für einen kleineren und geschlossenen Kreis, wozu insbesondere der im September erfolgte Kriegsausbruch beigetragen hatte, der noch 1939 manche Mitglieder der Chorgemeinschaft zur Front rief. An diesem vorerwähnten Abend v[om] 10. Juni [1939] wurde der Vortrag "Der Männerchor und seine Entwicklung" vom Jahr 1937 wiederholt. Die Vortragsfolge wurde z[um] T[eil] beibehalten, z. T. durch Lieder der Bewegung ergänzt.


Über das oben von Berlanda erwähnte Vorgängerkonzert am 13. November 1937 erschien in der Volkszeitung (Innsbruck) vom 15. November 1937 folgender Bericht:

Was ein Arbeiter-Gesangsverein leisten kann, das hat die Vereinigung "Typographia" am Samstag gezeigt. Das diesjährige Herbstkonzert der graphischen Sänger war dem Volkslied gewidmet. Wer die Typo einige Jahre nicht gehört hat und das Programm einer kritischen Betrachtung unterzog, musste einige Bedenken für den Abend bekommen. Waren doch u. a. Volksliedersätze von Brahms, Guttmann, H. Isaac, E. Lendvei, M. Reger und A. v. Othegraven vorgesehen! Aber schon die ersten Darbietungen boten eine angenehme Überraschung. Die Typo hat unter der Leitung ihres tüchtigen und energischen Chormeisters Berlanda in den letzten Jahren viel gewonnen und die Abwicklung des Programms ging unter starkem Beifall vor sich. Der Stellvertreter des Chormeisters Herr Schneider erläuterte die Entstehung des Chorgesanges und seine Weiterentwicklung bis in die Jetztzeit vor Beginn jeder [eines jeden] der drei Abschnitte und trug damit viel zum vollen Verständnis des Vorgetragenen bei.
Alles in Allem: der Typo kann zu ihrem Aufstieg, der sich nicht nur im Gesanglichen, sondern auch in ihrer stark gewachsenen Sängerschar zeigte, gratuliert werden! Nur vorwärts auf diesem Wege.

Zitat des Artikels nach der Autobiographie von Emil Berlanda, S. 217.
Berlanda merkt an: "(verfasst vom Sekretär der Arb[eiter] Kammer Müller) .

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1940, 12. April - Innsbruck
Großer Stadtsaal

6. Symphoniekonzert
Aufführung von Berlandas Variationen über ein Thema von W. A. Mozart für Orchester op. 40
Veranstaltet von der Konzertgemeinde der Stadt Innsbruck

Vorbericht zum Innsbrucker Konzert am 12. April 1940
in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. April 1940
Von Dr. S[igfrid?] Färber

Zeitgenössische Tiroler Komponisten
Zum 6. Symphoniekonzert der Innsbrucker Konzertgemeinde

Wenn Musik als lebendiges Element der Kultur wirken soll, müssen Musikpflege und Musikschaffen, sich gegenseitig befruchtend, Hand in Hand gehen. Diesem Grundsatz folgend, gibt die Konzertgemeinde der Stadt Innsbruck einer Reihe von Tiroler Komponisten Gelegenheit, im Rahmen eines großen Orchesterkonzerts, des 6. Symphoniekonzerts am Freitag, den 12. April, zu Worte zu kommen. Aus den Orchesterwerken von sieben zeitgenössischen Tiroler Komponisten wurde mit Sorgfalt für das reichhaltige Programm des Abends eine Auswahl getroffen, die einen fesselnden Ausschnitt aus dem heimatlichen Musikschaffen der Gegenwart zu bieten vermag.

Als Altmeister der lebenden Tiroler Komponisten gilt Karl Senn, dessen ganzes Schaffen und auch seine rege Tätigkeit als musikalischer Berater durchaus und entschieden heimatverbunden sind. Auch das zur Aufführung gelangende Werk trägt diese Prägung, das Orchesterwerk "1809", Werk 101, ist im Untertitel als "Totentanz nach Bildern von Albin Egger-Lienz" bezeichnet [vgl. CD-Edition "Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 83 des Instituts für Tiroler Musikforschung (Innsbruck 2011, Track 1-3) mit einer Aufnahme/Konzertmitschnitt des Orchesters der Akademie St. Blasius unter Karlheinz Siessl vom 13. August 2011].

Ein Orchesterwerk programmatischer Tendenz gelangt auch von Josef Eduard Ploner zur Aufführung: "November 1918", Werk 81. Ploner hat sich als theoretischer und praktischer Mitarbeiter Karl Senns bewährt. Wie Karl Senn hat sich auch Peter Marini neben Chorkompositionen dem Bühnenschaffen zugewandt und die theatralischen Musikwerke "Die Hosen des Herrn von Bredow" und "Laurins Klage" geschaffen. Aus letzterem Werk wird das Vorspiel zur Wiedergabe kommen. Mit Liedern mit Orchesterbegleitung sind Albert Riester und Hermann Spiehs vertreten. Der als Chormeister bekannte Artur Kanetscheider reiht sich mit einer "Heiteren Spielmusik für Orchester", Werk 95, dem Programm des Abends ein, einem Werk, das auf dem Boden neuer absoluter Musik, von gut musikantischem Geist getragen, steht [vgl. Doppel-CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 81 des Instituts für Tiroler Musikforschung (Innsbruck 2011, CD 1, Track 4) mit historischen Aufnahmen aus dem ORF-Archiv Studio Tirol enthalten, in einer Einspielung der "Heiteren Spielmusik durch das Große Orchesters des Österreichischen Rundfunks unter Max Schönherr vom März 1953].

Als Abschluß des Konzerts werden die "Variationen über ein Thema von Mozart", Opus 40, von Emil Berlanda zur Aufführung kommen. Berlandas Variationen gemahnen in ihrem harmonischen und kontrapunktischen Aufbau an eines der bedeutendsten Vorbilder moderner Musik, an Max Reger.

Die NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" hat sich für den Kartenverkauf zum 6. Symphoniekonzert zeitgenössischer Tiroler Komponisten zur Verfügung gestellt und gibt verbilligte Karten in ihrer Verkaufsstelle, Museumstraße 21, aus.



Besprechung des 6. Symphoniekonzerts vom 12. April 1940
in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. 4. 1940
Von Dr. Ehrentraut Straffner

Zeitgenössische Tiroler Komponisten
Das 6. Symphoniekonzert der Innsbrucker Konzertgemeinde

Wortlaut der Rezension im Abschnitt Ploner .



Emil Berlandas Komposition Variationen über ein Thema von Mozart op. 40 ist sein erfolgreichstes Werk, mit zahlreichen Aufführungen, so 1942 wieder im Innsbrucker Stadtsaal (s. u.), 1943 in Wien (s. u.), 1947 in Dornbirn, 1950 in Graz, 1952 in Dornbirn, St. Veit an der Glan und Innsbruck, 1956 in Genf mit dem L"Orchestre de la Swisse Romande und unter dem Gastdirigenten Walter Hindelang oder 1977 im Kongresshaus in Innsbruck.

Die Rundfunkeinspielung in Dornbirn aus dem Jahr 1950 mit dem Vorarlberger Rundfunkorchester unter Hans Moltkau, der sich als Dirigent wiederholt für die Komposition einsetzte, z. B. als Gastdirigent bei einem Konzert in Graz, ist verschollen.

Die Rundfunkaufnahme mit dem Innsbrucker Symphonieorchester unter Walter Hindelang aus dem Jahr 1952 ist dokumentiert auf der dem Werk Emil Berlandas gewidmeten Doppel-CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 65 (Innsbruck: Institut für Tiroler Musikforschung 2010, CD 2, Track 8-15).

Den Livemitschnitt von einer Aufführung 1977 mit dem Innsbrucker Symphonieorchester unter der Leitung von Edgar Seipenbusch enthält die ebenfalls dem Werk Emil Berlandas gewidmete Doppel-CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 66 (Innsbruck: Institut für Tiroler Musikforschung 2010, CD 1, Track 12-19), wiederum mit historischen Aufnahmen aus dem ORF-Archiv Studio Tirol.

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1940
Notiz von Emil Berlanda über seine Tätigkeit als Chorleiter der
Typographia
Eintrag in seiner Autobiographie, S. 245:

Die Arbeiten mit der Typographia (Gutenberg-Chorgemeinschaft) gestalteten sich in diesem Jahr weniger fruchtbringend. Der Stand an Sängern schrumpfte durch Einberufungen zur Wehrmacht und zum Kriegseinsatz merklich zusammen. Was verblieb, war ein kleiner Rest von Sängern, mit dem man aber keine Konzerte singen konnte. Man trieb also ausschließlich für sich allein Musik. Veranstaltungen in früherem Rahmen fanden also keine statt. Im August machte man eine Omnibusfahrt ins Ötztal.

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1941
Notiz von Emil Berlanda über die Auflösung der
Typographia
Eintrag in seiner Autobiographie, S. 260:

Die von der Chorgemeinschaft Gutenberg (ehemals Typographia) einberufene außerordentliche Generalversammlung vom 9. Dezember 1941 hatte bei einstimmigem Beschluss die Auflösung dieses Gesangsvereins ausgesprochen.
"Damit hat ein Verein aufgehört zu bestehen, der in den 59 Jahren seines Bestandes eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hat."
"Die Typographia so hieß es im Schreiben vom 11. Dezember 1941[an Emil Berlanda] hat insbesondere in den letzten Jahren ihres Bestandes unter Ihrer künstlerischen Leitung einen schönen Aufschwung erlebt, was sie nur Ihrer eifrigen und zielbewussten Führung zu verdanken hat". Dem mir im Namen aller noch vorhandenen Sänger ausgesprochenen Dank wurde die Bitte angeschlossen, "im Falle der Möglichkeit einer späteren Neugründung dem Verein meine Kraft wieder zur Verfügung stellen" zu wollen.

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1941, 22. Januar - Innsbruck
Landestheater Innsbruck

Uraufführung von Berlandas Ballettpantomime "Abenteuer Casanovas

Vorbericht zur Uraufführung der Abenteuer Casanovas am 22. Januar 1941
in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. 1. 1941, S. 7
(ohne Autor)

Innsbrucker Nachrichten vom 20.8.1938

Das Ballett, das demnächst in Innsbruck zur Aufführung gelang, ist aus den praktischen Forderungen nach einer Pantomime, die im Rahmen einer geschlossenen Handlung abwechslungsreiche Bilder bietet, entstanden. Es wurde der junge Innsbrucker Komponist Berlanda von Intendant M[ax] A[lexander] Pflugmacher mit der Vertonung beauftragt und das Werk nunmehr fest zur Uraufführung für das Tiroler Landetheater Innsbruck erworben.

Emil Berlanda ist im vergangenen Konzertwinter mit seinen "Variationen über ein Thema von Mozart für großes Orchester" hervorgetreten. Dieses Werk haben übrigens auch bekannte Dirigenten Oswald Kabasta und Erich Kloß zur Aufführung angenommen. Für die Symphoniekonzerte 1940/41 hat Berlanda eine Orchesterfassung von J. S. Bachs Toccata in d-moll fertiggestellt, die im April zur Aufführung kommen wird.

Seine galanten Abenteuer besteht Casanova in der Ballettpantomime im Getriebe eines venezianischen Karnevals, im Harem eines türkischen Paschas, am Hofe einer phantastischen Prinzessin und auf einer böhmischen Kirmes. In der Buntheit dieses Szenariums hat der Komponist mannigfache Möglichkeiten für eine in ihrem Kolorit stets wechselnde Musik.

Das Ballett wird unter der musikalischen Leitung von Hans Georg Ratjen einstudiert und vom Ballettmeisterpaar Fred und Käti Serno inszeniert. Fred Serno wird die Titelrolle tanzen. Das Werk kommt abwechselnd mit der Oper "Bajazzo" von Leoncavallo oder mit der einaktigen lustigen Oper "Spiel oder Ernst" von Emil von Reznicek zur Aufführung, womit des 80. Geburtstages des Komponisten [Reznicek] gedacht werden wird.



Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 250

Am Tag der Uraufführung [der Abenteuer Casanovas ] erschien in den Innsbrucker Nachrichten ein Zweispalter "Eine Unterredung mit Emil Berlanda" mit dem abgedruckten Bild nach einer Kohlezeichnung von Frl. Rittner, Innsbruck, als Einführung in Art eines Interviews.



Artikel anlässlich der Uraufführung der Abenteuer Casanovas am 22. Januar 1941
in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. 1. 1941, S. 3
(ohne Autor)

Eine Unterredung mit Emil Berlanda
Zur heutigen Uraufführung der Ballettpantomime "Abenteuer Casanovas" am Tiroler Landestheater
In: Innsbrucker Nachrichten vom 22. Jänner 1941, S. 3
Von "R. E.
[Mit einem Porträt: Der Komponist Emil Berlanda - Nach einer Zeichnung von Rittner]

Vertieft sitzt ein junger Mann in der Orchesterprobe der "Abenteuer Casanovas", der Ballettpantomime Sigfrid Färbers, die heute abend am Tiroler Landestheater aus der Taufe gehoben werden soll. Es ist der Komponist Emil Berlanda, der die Musik zu dieser Tanzschöpfung gemacht hat.

"Nun, wie gefällt Ihnen Ihre Musik?" fragen wir ein wenig naiv während einer Pause. Aber Emil Berlanda weiß, was wir meinen.

"Es ist immer ein seltsames Gefühl für einen Komponisten, seine Partitur zum erstenmal vom Orchester gespielt erklingen zu hören. Ich glaube sogar, daß das für einen Musiker noch mehr bedeutet, als etwa für einen Dichter, wenn er sein Werk zum erstenmal auf der Bühne sieht."

"Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee zu diesem Ballett?" fragen wir weiter.

"Auf die Idee kam Sigfrid Färber". Berlanda hält lächelnd einen Herrn fest, der sich eben diskret verdrücken will. Aber es nützt ihm nichts, auch er muß uns Rede stehen und unsere Neugierde befriedigen.

"Wir haben lange überlegt" erzählt Dr. Färber, Dramaturg am Landestheater, "um einen geeigneten Rahmen zu finden, in dem unser Ballett sein Können unter Beweis stellen sollte. Gleichzeitig wollten wir nämlich dem Innsbrucker Publikum, das sich bekannterweise für Tanzkunst sehr interessiert, etwas Neues bieten und die ausgewandelten Pfade der üblichen Tanznummern verlassen. Da regte mich nun die Figur Casanovas und dessen seltsame Abenteuer, die ihn in ganz Europa herumgeführt haben, dazu an, um diese Figur eine Ballettpantomime zu schreiben. Denn gerade die Abenteuer Casanovas, in ihrer Leichtigkeit und Beschwingtheit, schienen mir besonders dazu geeignet, um sich in Tanz, Grazie und Bewegung umsetzen zu lassen. Voraussetzung allerdings war, den geeigneten Komponisten dazu zu finden."

"Und wie ist das geglückt?"

"Intendant Pflugmacher war es, dem vor einiger Zeit bei einem Konzert Tiroler Komponisten [Innsbruck, 12. 4. 1940] ein Werk Variationen über ein Mozart-Thema von Berlanda aufgefallen war. Da er mit Vorliebe junge talentierte Künstler zur Mitarbeit am Landestheater heranzieht, betraute er ihn mit der Aufgabe, die Musik zu Casanovas Abenteuern zu komponieren und drei Wochen später war die Partitur fertig."

Für einen Mann, der bei Tag in der Reichspostdirektion arbeitet, jedenfalls eine bemerkenswerte Leistung. Zu unserem Erstaunen erfahren wir nämlich, daß Emil Berlanda Postbeamter ist und seine Musikstudien am Innsbrucker Konservatorium und an der Musikhochschule in Wien samt Kapellmeisterprüfung nebenberuflich erarbeitete.

"Wie haben Sie es denn fertig gebracht, in verhältnismäßig so kurzer Zeit diese immerhin umfangreiche Komposition zu schaffen?" wundern wir uns.

"Mit Nachtarbeit" meint Berlanda, als handle es sich um die selbstverständlichste Sache der Welt. "Ich hatte allerdings ein paar Tage Urlaub. Im übrigen ist mir die Arbeit sehr leicht gefallen, denn der Stoff hat mich so angeregt, daß mir die Musik einfach zuflog. Das Türkische Bild war allerdings etwas schwierig, denn ich musste mich erst ein wenig mit asiatischer Musik vertraut machen, die von der unsrigen ziemlich verschieden ist. Aber gerade die geographische Verschiedenheit der Bilder (sie spielen in Böhmen, in der Türkei, im Venezianischen Karneval) hat mir auch viele Möglichkeiten gegeben."

"In welcher Richtung beabsichtigen Sie sich weiterhin als Komponist zu betätigen?"

"Mein größter Wunsch wäre es, eine Oper zu komponieren, aber es ist schwer, ein geeignetes Libretto zu finden."

Wir wünschen dem jungen Komponisten recht viel Glück und glauben, daß der Erfolg nicht ausbleiben wird.



Bericht über die Uraufführung der Abenteuer Casanovas am 22. Jänner 1941
in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. 1. 1941, S. 5

Uraufführung des "Casanova"-Balletts
Großer Erfolg am Tiroler Landestheater Ballettpantomime und Musik gefielen ausgezeichnet
Von Dr. Karl Senn
[Mit Foto: Eine Szene aus dem Ballett "Abenteuer Casanovas - Aufnahme: Richard Müller]

Auf der Suche nach einer besonderen Aufgabe für sein Ballett ist der Intendant des Tiroler Landestheaters Innsbruck Max Pflugmacher auf den glücklichen Gedanken verfallen, dafür ein eigenes Werk schaffen zu lassen. Der Dramaturg des Landestheaters Sigfrid Färber entwarf eine Ballettpantomime und ein Innsbrucker Komponist Emil Berlanda wurde mit der Aufgabe betraut, die Musik dazu zu schreiben. So kam das Landestheater am Mittwoch, den 22. d[ieses] M[onats], abends, zu einer Uraufführung eines Balletts, der "Abenteuer Casaovas", die, wie wir gleich feststellen wollen, ausgezeichnet ausgefallen ist.

Das Ballett, die Urform, aus der sich später die Oper entwickelte, stand schon bei den alten Griechen und Römern in hoher Blüte, kam dann über Italien und Frankreich nach Deutschland. In der Folge gab es Zeiten, wo das Ballett wichtiger war als die Oper und ein riesiger Aufwand dafür gemacht wurde. Auch in neuerer zeit ist das Ballett wieder stärker in Aufschwung gekommen. Der "Josephslegende" von Richard Strauß, einem abendfüllenden Ballett, sind eine Reihe anderer derartiger Werke gefolgt, die die Kunst des Balletts vor große Aufgaben gestellt haben.

Es war jedenfalls ein ausgezeichneter Einfall Sigfrid Färbers, Abenteuer Casanovas als Grundlage für ein Ballett zu nehmen und sie so zusammenzufassen, daß eine Reihe von fünf Bildern einen geschlossenen Eindruck hinterläßt. Mit viel Phantasie und gutem Blick für Theaterwirkungen ist hier ein Werk entstanden, das sich sehen lassen kann.

Casanova, geboren 1725 in Venedig, war ein Abenteurer großen Stils, dessen vielfache Verwicklungen in Liebeshändel ihn wiederholt in den Kerker brachten und ihn schließlich, oftmals ausgewiesen, abenteuernd in die ganze Welt jagte: Doch stets vermochte er es, durch Magie und Zauberkünste, deren er sich als in der Kabbala und den alchimistischen Geheimnissen Eingeweihter bediente, sich Ansehen und Stellung zu verschaffen; aber seine Leidenschaft für Liebesabenteuer verstrickte ihn immer wieder in böse Händel, denen er sich nicht immer rechtzeitig durch die Flucht entziehen konnte. Auch mit den berüchtigten Bleikammern in Venedig hatte er unliebsame Bekanntschaft gemacht. Erst nach mehrjähriger Gefangenschaft brachte ihm eine waghalsige Flucht wieder die Freiheit. Schließlich fand er ein Asyl beim Grafen Waldstein in Dux in Böhmen, der ihn als Bibliothekar beschäftigte, wobei er auch Zeit fand, seine Memoiren, die zwölf Bände umfassen, niederzuschreiben.

In der zur Aufführung gebrachten Ballettpantomime werden Ausschnitte aus seinem Leben in fünf phantasievoll gestalteten Bildern gezeigt. Die Musik, die Emil Berlanda zu dieser Ballettpantomime schrieb, paßt sich den szenischen Vorgängen in glückhafter Weise an. Dem pantomimischen Geschehen kommen entsprechende moderne Ausdrucksmittel zur Verwendung, während in den Tänzen zum großen Teil alte Formen, wie Menuett, Gavotte, Polka, Ländler herangezogen werden. In einem eigenartigen türkischen Marsch im zweiten Bild wird morgenländische Musik stimmungsvoll nachgeahmt. Eine zierliche Gavotte bringt das dritte Bild. Am sinnfälligsten wirkt eine böhmische Polka im letzten Bild, die originell ist, Schwung hat und geradezu volkstümliches Gepräge trägt. Dem Orchester sind mitunter heikle Aufgaben zugewiesen, die aber unter der ausgezeichneten Stabführung von Kapellmeister Hans Georg Ratjen spielend gelöst wurden und stellenweise prächtige Klanggebilde ergaben. Dem Komponisten Emil Berlanda, der mit dieser Ballettpantomime zum ersten Male mit einem größeren Werk an die Öffentlichkeit treten konnte, wäre zu wünschen, daß ihm damit auch Erfolg auf anderen Bühnen beschieden sei.

Die Aufführung auf unserer Bühne bot eine seltene Augenweide, sowohl, was die Bühnenbilder betraf, für die Hans Siegert einen prachtvollen Rahmen schuf, wie auch die feinen, stilvollen Kostüme, für die Ferdinand Madl und Edith Lippold verantwortlich zeichneten. Die Hauptdarsteller Fred Serno als Casanova und Käti Serno boten in vielfachen Verwandlungen nicht nur tänzerisch, sondern auch darstellerisch eine ganz ausgezeichnete Leistung, wobei namentlich auch die Deutlichkeit und Verständlichkeit der pantomimischen Gesten zu rühmen ist. Die Tänze des Balletts waren von den beiden Genannten einstudiert und zeigten ein ungemein sauberes Bild fleißiger Arbeit, alles klappte auf genaueste, Gesten und Bewegungen waren einheitlich und stilsicher. Von den übrigen zahlreichen Darstellern seien noch erwähnt: Kurt Lentz als eifersüchtiger Liebhaber im ersten, als Eunuch im zweiten und als Maler im dritten Bild, Otto Grüninger als Pascha, Gerti Simpel, als Lieblingsfrau des Pascha, als Schäfer und als Äbtissin, Isolde von Höfer als hoheitsvolle Prinzessin, Rolf Rehkopf als Zeremonienmeister, Max Rüden als Fürst, Gretl von Heimburg als Schäferin und als unternehmungslustige Novize, Hannelore Denker als geprellter Bauernbursch, nicht zu vergessen der kleine Horst Adolf von Berenkamp als reizender Amor.

Wie wir erfahren, hat das Theater in Düsseldorf auf Grund der erfolgreichen Uraufführung in Innsbruck bereits das Aufführungsrecht für das Ballett "Abenteuer Casanovas" erworben.



Emil Berlanda berichtet hierzu in seiner Autobiographie, S. 253:

Der dieser Uraufführung beiwohnende Intendant der Düsseldorfer Oper Max Krauss hat dem Buch- und Textverfasser und mich zum Erfolg beglückwünscht und eine Aufführung dieses Balletts in Düsseldorf "in großer Aufmachung" versprochen. Von den 6 Innsbrucker Aufführungen des "Casanova" wurden noch zwei weitere anlässlich einer besonderen Gelegenheit besprochen. So schrieb man über die Aufführung vom 10. Feber [1941] in Anwesenheit der Gauleiter Hofer (Tirol-Vorarlberg), Dr. Rainer (Salzburg), Eigruber (Oberdonau) und Dr. Jury (Niederdonau) folgendes:

"Die außergewöhnliche Zugkraft der an einem Abend vereinten Aufführungen der Ballettpantomime Abenteuer Casanovas und der Oper Der Bajazzo drückte sich bisher nicht nur in einer Anzahl sehr gutbesuchter Wiederholungen, sondern auch in der Abwandlung einzelner wichtiger Rollen aus.


Die von der Musik Emil Berlandas beschwingten und begleiteten fünf pantomimischen Bilder von Sigfrid Färbers Abenteuer Casanovas ließen einige neue Kräfte in Erscheinung treten, so Hannelore Denkers Lieblingsfrau im Harem, Gerti Schulz" Schäfer in Die Prinzessin , Isolde v. Höfers Äbtissin in Amor im Nonnenkloster und in dem dunkeläugigen, temperamentvollen schönen Bauernmädchen der Böhmischen Kirmes in dem wir das Gretchen unseres klassischen Schauspiels Rita Kocurek kaum erkannt hätten- Leoncavallos Bajazzo [...]



Berlanda bemühte sich vergeblich an beinahe allen Bühnen Deutschlands um eine Aufführung seines Balletts. Karl Schönherr (Radio Wien) z. B. bedauerte seine Absage einer konzertanten Aufführung im Rundfunk damit, dass "laut höherer Anordnung" nur Werke gespielt werden durften, die keinen "fremdländischen Einschlag" aufwiesen. Aus diesem Grunde müsse das türkische Bild ausbleiben und auch die Klosterszene könnte nicht berücksichtigt werden (Berlanda, Autobiographie, S. 255).



Aufführungen der Ballettpantomine Casanovas Abenteuer gab es jedoch 1942 in Teplitz-Schönau (5 Vorstellungen) und Budweis (9 Vorstellungen). Emil Berlanda berichtet dazu (Autobiographie, S. 269 f.):

Die Reichssendeleitung Berlin hatte zwar zu Beginn dieses Jahres den Klavierauszug zur Ballettpantomime "Abenteuer Casanovas" angefordert, eine konzertante Aufführung oder eine Szenenfolge in Form einer Suite kam nicht zustande. Dafür ist zum Vertragsabschluss mit Teplitz-Schönau noch ein solcher mit Budweis hinzugetreten. In Teplitz brachte das in Innsbruck bis zum Sommer 1941 verpflichtet gewesene Tanzpaar Serno die Einstudierung heraus, in Budweis jene blonde Tänzerin Marta Feix, die ich doch 1936 damals war sie am Innsbrucker Stadttheater engagiert gewesen bei einem Unterhaltungsabend der Typographia am Klavier begleitet habe.


Innsbrucker Nachrichten vom 28. August 1940, Seite 3


Eine Aufnahme der Abenteuer Casanovas mit dem Innsbrucker Symphonieorchester und dem Dirigenten Walter Hindelang aus dem Jahr 1955 ist auf der dem Werk Emil Berlandas gewidmeten Doppel-CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 65 (Innsbruck: Institut für Tiroler Musikforschung 2010, CD 1, Track 4-8) enthalten. Eine ausführliche Inhaltsbeschreibung aller fünf Bilder nach dem Programmheft der Uraufführung ist im Booklet dazu wiedergegeben.

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1941, 11. April - Innsbruck
Großer Stadtsaal

Konzert des Landes-Symphonieorchesters
Aufführung der Bearbeitung von Bachs Toccata und Fuge in d-Moll von Berlanda (ohne Opuszahl)

Bericht zum Konzert am 11. April 1941
in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. 4. 1941
Von Dr. Karl Senn

Konzert des Landes-Symphonieorchesters am 11. April 1941
Das fünfte Symphoniekonzert, das am Freitag, den 11. April, vom verstärkten Landes-Symphonieorchester unter Leitung von Musikdirektor Fritz Weidlich gegeben wurde, eröffnete Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge in d-moll. Dieses Orgelwerk, dessen Einmaligkeit in seiner musikalischen Haltung und Tiefe gerade in der Aufführung durch die Orgel ganz eindringlich zur Auswirkung kommt, wurde schon des öfteren für Orchester bearbeitet und gerade von großen Orchestern gerne als Glanzstück gespielt.

Die Orchesterfassung für die Aufführung am Freitag stammt von dem heimischen Komponisten Emil Berlanda. Diesem, der ja selbst Organist ist, ist es gelungen, unter getreuer Anlehnung an das Original, das Orgelmäßige in die Orchesterfassung zu übertragen. Insbesondere brachten strahlende Blechsätze feierliche Stimmung, wie überhaupt die Bearbeitung gut Kenntnis von orchestralen Wirkungsmöglichkeiten zeigte.

Das Hauptwerk des Abends, mit allgemeiner Spannung erwartet, war Anton Bruckners Neunte Symphonie. Bruckner schrieb diese Symphonie in den Jahren 1891 bis 1894, ohne sie vollenden zu können. Vom letzten Satz sind nur wenige Skizzen vorhanden, die aber keinen Aufschluss geben, wie er ihn zu gestalten gedachte. Als er seine Kräfte schwinden fühlte, empfahl er, besorgt um dem Abschluss dieses gewaltigen Werkes, sein (1884 vollendetes) Tedeum als Schlußsatz anzufügen. Der Eindruck des Werkes, das ohne Schlußsatz gebracht wurde, ist gewaltig [...].

Das Tedeum war in der nationalsozialistischen Ära nicht opportun. Um dennoch ein Konzert in abendfüllender Länge anbieten zu können, hatte Berlanda von Fritz Weidlich den Auftrag zur Bach-Bearbeitung erhalten (Autobiographie, S. 241 f.). Berlanda erklärt dazu:

Eine weitere Arbeit betraf die Orchesterfassung von J. S. Bachs Orgeltoccata und Fuge d-Moll. Weidlich war es, der sich von mir eine solche wünschte und zwar aus zweifachen Gründen: Er beabsichtigte die Aufführung von Bruckners IX. Sinfonie. Da ein gemischter Chor à la Musikvereinschor von ehedem, nicht existierte, kam eine Aufführung des Te Deums von Bruckner als Anhängsel nicht in Frage. Seiner Meinung nach passte lediglich ein Bach'sches Werk dazu. Da aber die Orgel im Stadtsaal nicht mehr ganz in Ordnung war, musste er von einem Orgelvortrag absehen und kam auf den Gedanken, das genannte Bach'sche Werk von mir instrumentieren zu lassen. Bezüglich der Orchesterbesetzung nahm ich je zu Bruckners IX. Sinfonie zur Grundlage. Entgegen der Orchesterfassung von [Leopold] Stokowski, die rein orchestral angelegt ist, versuchte ich in meiner Fassung dem Orgelklang irgendwie nahezukommen und arbeitete daher mit Aliquotstimmen. Den Orchesterklang als solchen wirken zu lassen war mir hie[r]bei Nebensache. Diese Bearbeitung entstand in der Zeit vom 1.-8. Dezember 1940.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Berlandas Bearbeitung der d-moll-Toccata von Bach für großes Orchester nur einmal aufgeführt, am 9. Jänner 1950 in einem Symphoniekonzert im Innsbrucker Stadttheater unter Fritz Weidlich. Das davon produzierte Rundfunkband wurde am 27. Jänner 1950 gesendet, ist aber derzeit im Archiv des ORF Studio Tirol leider nicht mehr auffindbar.

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1941, 20. April - Kufstein
Festung
Übertragung im Großdeutschen Rundfunk

Spiel Berlandas auf der Heldenorgel zum Geburtstag Adolf Hitlers
Uraufführung eines Orgelstücks von Gottfried Rüdinger

Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 258f.:

Wenige Tage vor dem 20. April ich war damals längere Zeit dienstlich nach Kufstein abgeordnet worden [...] erschien Musiklehrer [Max] Greiderer, Kufstein, im Speisehaus Eppensteiner (ich war gerade beim Mittagessen) und frug mich, ob ich am 20. April nachts den Orgelpart für die Sendung des Münchner Rundfunks anlässlich des Geburtstages Adolf Hitlers übernehmen möchte. Diese Reportage von der Kufsteiner Heldenorgel wäre als Abschluss-Sendung dieses Tages geplant und wäre dabei eine für diesen Zweck eigens von dem Münchner Komponisten [Max-Reger-Schüler und Professor an der Akademie der Tonkunst] Gottfried Rüdinger [(1886-1946)] geschriebenes Orgelwerk zur Aufführung zu bringen. Greiderer selbst könne diesen Auftrag aus spieltechnischen Gründen (das Werk war ihm zu schwierig) nicht übernehmen. Nach Einsicht in das Manuskript sagte ich zu, wodurch die Engagierung eines Organisten aus Rosenheim oder Innsbruck (Koch) hinfällig geworden ist. So kam es zu dem mitternächtlichen Spiel auf der Heldenorgel.



Notiz in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. April 1941

Radio-Uebertragung der Kufsteiner Heldenorgel
Im Rahmen der Ringsendung des Großdeutschen Rundfunks anläßlich des Geburtstages unseres Führers wird am 20. April um 24 Uhr das Spiel der Heldenorgel in Kufstein übertragen. Zur Aufführung gelangt ein Werk von Gottfried Rüdinger, München, die Orgel spielt der bekannte Innsbrucker Komponist Emil Berlanda.



Notiz im Tiroler Volksblatt Kufstein vom 21. April 1941

Rundfunkübertragung der Kufsteiner Heldenorgel
Im Rahmen der Ringsendung des Großdeutschen Rundfunks anläßlich des Geburtstages unseres Führers wurde auch unsere Heldenorgel in das Programm mit eingeschaltet. Am Sonntag um Mitternacht, Punkt 24 Uhr, erklangen durch den Aether die Weisen unserer Heldenorgel, gespielt von dem bekannten Innsbrucker Komponisten Emil Berlanda, der ein Werk von Gottfried Rüdinger (München) zur Aufführung brachte. Der Großdeutsche Rundfunk brachte u. a. am Sonntag vorm[ittags] ein Morgensingen der Hitler-Jugend mit Liedern aus der Heimat des Führers, durchgeführt von Spielscharen der alpenländischen Gaue.

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1941, August - Kufstein
Festung

Konzerte Berlandas auf der Heldenorgel
Orgelwerke von Berlanda, Buxtehude, Pachelbel, Reger und Improvisationen

Notiz im Tiroler Volksblatt Kufstein vom 22. August 1941

Gastspiel auf der Heldenorgel
Emil Berlanda aus Innsbruck gastiert diesen Samstag und Sonntag auf der Heldenorgel. Seine Vortragsfolge ist folgende: Samstag, 12 Uhr: Toccata von D. Buxtehude; Fuge über einen Choral von J. Pachelbel; Freie Improvisation über ein Thema von W. A. Mozart Sonntag, 12 Uhr: Präludium in D von E. Berlanda; 2 kleine Stücke von Max Reger; Freie Improvisation.
(1)

1941, September - St. Florian
Stiftskirche, Bruckner-Orgel
Stift, Redoutensaal

Teilnahme Berlandas als Juror beim am Orgelwettbewerb

Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 263f.:

Eine mir bereits in Kufstein zugegangene Einladung zum Orgelwettbewerb (Improvisationswettbewerb) in St. Florian auf der Brucknerorgel verleitete mich, in Unkenntnis davon, daß dieser nur für Organisten des Gaues Oberdonau ausgeschrieben worden war, meine Teilnahme anzumelden. Das aufklärende Antwortschreiben war von einem gewissen Franz Kinzl, Musikreferent beim "Kulturbeauftragten des Gauleiters und Reichsstatthalters in Linz" unterfertigt. Das war doch der ehemalige Militärkapellmeister von Innsbruck. Die in diesem Antwortschreiben ausgesprochene Einladung an dem Wettbewerb als Mitglied der erweiterten Jury teilzunehmen, nahm ich gerne an, zumal mich auch [Alois] Forer dazu aufmunterte. So fuhren wir am 13. September zusammen nach Linz [Berlanda war damals zur Ablegung der Inspektorenprüfung in der Postdirektion zu Wien], wo wir gemeinsam übernachteten; am 14. waren wir in St. Florian: es gab dort ein Wiedersehen mit vielen Bekanten: mit Franz Kinzl, Josef Messner, Franz Sauer, Johann Nep[omuk] David und Daxperger. Bei dieser Gelegenheit lernte ich auch den ständigen Organisten von St. Florian Prof. [Adolf] Trittinger kennen, der mir u. a. auch verriet, dass er bereits 1936 und dann auch später mehrmals mein opus 15 [Präludium und Fuge für Orgel, 1932] auf der Brucknerorgel gespielt hätte. Der Orgelwettbewerb selbst hinterließ gute Eindrücke. Nach dem Wettbewerb und der Preisverteilung waren Teilnehmer, Veranstalter und Juroren Gäste des Reichstatthalters und Gauleiters Eigruber. In dem Redoutensaal wurde ein Abendessen gegeben, wofür die Abtrennung einer kleineren Anzahl von Lebensmittelkarten-Abschnitte notwendig war.

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1941, Jänner - Innsbruck

Musik-Ausstellung mit Werken von Berlanda
Veranstaltet von der Reichspostdirektion

Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 265:

In einer von der Reichspostdirektion Innsbruck gezeigten Ausstellung, die im Jänner [1941] eröffnet wurde und das "künstlerische und kunstgewerbliche Freizeitschaffen von Gefolgschaftsmitgliedern aus den Gauen Tirol-Vorarlberg und Salzburg" darbot, war ich mit den Partituren von op. 40 [Mozart-Variationen] und [op.] 41 [Abenteuer Casanovas] sowie mit einem Druckexemplar von op. 9 [Toccata für Orgel, Köln: Hasslwanter ca. 1930] vertreten. Die Ende Februar 1941 erschienene Zeitschrift "Die deutsche Post" berichtete über die durch den Reichspostminister Ohnesorge eröffnete Ausstellung u. a.:

"Die Tondichter hatten als Proben ihres Schaffens gedruckte und handschriftliche Partituren, Auszüge aus Operetten, Tänze, Märsche und Lieder beigestellt, darunter die Partitur der am Vortage am Landestheater Innsbruck aufgeführten Tanzpantomime "Casanovas Abenteuer" von Emil Berlanda. Postinspektor bei der Reichspostdirektion Innsbruck."

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1942, 28. September - Innsbruck
Großer Stadtsaal

Konzert des Symphonieorchesters des Reichsgaues Tirol-Vorarlberg
Aufführung der Mozart-Variationen op. 40 von Berlanda

Bericht zum Konzert am 28. September 1942
in den Innsbrucker Nachrichten vom 30. 9. 1942
Von Dr. Karl Senn

Erstes Symphoniekonzert
Professor Ludwig Hoelscher als Gast am Solo-Cello
Unter Leitung von Hans-Georg Ratjen fand am Montag, den 28. September, im Großen Stadtsaal das erste Symphoniekonzert des Symphonieorchesters des Reichsgaues Tirol-Vorarlberg statt. Engelbert Humperdincks Vorspiel aus den Tonbildern zu "Dornröschen", einem vor 40 Jahren uraufgeführten Ausstattungsstück mit Musik, eröffnete den Abend. Das Vorspiel ist eine saubere, mit dem thematischen Material geschickt umgehende geschmackvolle Arbeit, in der Stimmung von nachwagnerischer, heute schon ziemlich angestaubter Romantik, Gefallen suchend in weichen, oft zu weichen Farben und Harmonien, aber für das Orchester eine klangschöne Aufgabe. Emil Berlandas "Sieben Variationen über ein Thema von Mozart" wurde vor zwei Jahren hier unter Musikdirektor Weidlich uraufgeführt. Das Mozartsche Thema ist in den sieben Variationen vielgestaltig verarbeitet, in den verschiedensten Kombinationen harmonisch interessant gestaltet, abwechslungsreich aufgebaut, effektvoll instrumentiert und so von eindringlicher Wirkung.

Als Solist für das Konzert war Professor Luidwig Hoelscher mit Anton Dvoraks H-moll-Konzert für Violoncello und Orchester gewonnen worden [...].

Das Konzertprogramm vom 28. 9. 1942 umfasste noch das Cellokonzert von Dvorak und die zweite Symphonie von Johannes Brahms.



Eintrag zu dieser Aufführung in der Autobiographie von Berlanda, S. 268:

Die Aufführung der "Mozart-Variationen" am 28. September [1942] erfolgte im Konzert aus Anlass der "Festlichen Eröffnung des Reichgautheaters Innsbruck" (Stadtsaal. Sehr gute Aufführung unter Hans Georg Ratjen). Das hiesige Sinfonieorchester war durch Mitglieder des Münchner Opernorchesters verstärkt worden. Peter Kreuder [(1905-1981), Komponist, Dirigent, Pianist, mit dem NS-Regime teils konform, teils in Konflikt] wohnte dem Konzert ebenfalls bei, begeisterte sich an dem Streicherklang der 5. Variation und versprach mir noch am Abend, einen geeigneten Verleger für dieses Werk ausfindig zu machen. Als ich ihn dann am nächsten Vormittag anrief, hatte er bereits darauf vergessen gehabt. Böhme, der sich bereits im Frühjahr 1942 mit dem Gedanken getragen hatte, [die Mozart-Variationen] op. 40 in seinen Verlag zu nehmen, war an der Teilnahme zur Festwoche und an dem Besuch des Sinfoniekonzerts vom 28. September verhindert. Zunehmende Papierknappheit und zunehmende Schwierigkeiten im Absatz neuer Werke, alles Dinge, die sich bis zum Herbst ungünstig für eine allfällige Verlagsübernahme auswirken mussten, haben die Absichten des Verlegers immer wieder hinausgeschoben.

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1942

Zum Schicksal von Berlandas Bach-Bearbeitung

Eintrag in der Autobiographie von Berlanda, S. 273 f.:

Das Material zur Bach'schen Orchesterfassung [der Toccata und Fuge in d-Moll] wurde mir vom NS Sinfonieorchester im Jänner zurückgesandt, weil "infolge Einziehung einer großen Anzahl von Orchestermitgliedern zur Wehrmacht eine Aufführung des Werkes ganz unmöglich" geworden war. Wegen Aufführungen dieser Bearbeitung schrieb ich weiters an [Joseph] Keilberth, Konrad [Anton Konrath?], [Viktor] Keldorfer und an [den Regisseur Georg Wilhelm?] Papst [(1885-1967), dem NS-Regime nahe stehend]. Von ihnen ist ein Antwortschreiben nicht eingelangt. Vogt, der wie er mir schrieb nach wie vor an einer Aufführung der Bearbeitung "das allergrößte Interesse hatte" und "eine solche für eine günstigere Zeit in jedem Falle vorsehen wollte", damals aber durch die "sehr große Orchesterbesetzung" an einer Aufführung verhindert war, sandte die Partitur über mein Ersuchen an [Wilhelm] Furtwängler (Berlin). Von Furtwängler kam folgendes, vom 18. Juni [1942] datiertes Schreiben unter Anschluss der Partitur:

"Anliegend sende ich Ihnen die Bearbeitung der Bach'schen Toccata wieder zurück. Sie ist sicher sehr klangvoll und dankbar für das Orchester geschrieben und wird möglicherweise an vielen Orten gut aufgenommen werden. Für mich kommt sie für eine Aufführung nicht in Frage, da ich solche Bearbeitungen wenn ich sie auch nicht gerade missbillige, doch prinzipiell in meinen eigenen Konzerten nicht zur Aufführung bringe. Ich danke Ihnen, dass Sie mir Ihr Werk zugänglich gemacht haben und verbleibe [vermutlich Deutscher Gruß, Heil Hitler etc.]

(Eine Wandlung: im Jahr 1929 dirigierte Furtwängler doch die Uraufführung der Schönberg'schen Orchesterfassung von Bachs Orgelpräludium und Fuge Es-Dur in Berlin).

Bemühungen, eine Aufführung meiner Orchesterwerke op. 40 bis 43 (einschließlich des Balletts und der Bach-Orchesterfassung) bei [Fritz] Weidlich [dem Dirigenten der Uraufführung von 1940 in Innsbruck] in Lemberg zu erreichen, blieben ohne Erfolg. Seit Juni [1942] als Musikdirektor in Lemberg (für Oper und Konzerte) tätig, brachte ich Weidlich mein Anliegen schriftlich (auf welches man nicht reagierte) und mündlich (anlässlich seiner Anwesenheit in Innsbruck zu Weihnachten, die dem Besuch seiner in Innsbruck zurückverbliebenen Familie galt) vor. Aber es war zwecklos, darüber weiter zu reden. Dafür erzählte er mir, der sich als durch Pflugmacher aus Innsbruck hinausgeworfen betrachtete, dass er in Lemberg ausgezeichnet lebe und mit ausreichenden Lebensmittelzulagen versorgt wäre, in der Villa eines vertriebenen Juden komfortabel wohne und dass er bereits einen einflussreichen Kreis von Freunden und Bewunderern seiner Kunst versammle, der bis über Krakau hinaus reiche, wo er sich öfters zeige und dort ein gerngesehener Gast bei höchste Funktionären der Partei sei

Weidlich kehrte nach dem Krieg wieder als Musikdirektor nach Innsbruck zurück.

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1942

Kulturnotizen von Berlanda

Eintrag in der Autobiographie, S. 279:

In diesem Jahre [1942] instrumentierte ich für [den Innsbrucker Theaterintendanten Max] Pflugmacher eine größere Suite aus einer seiner Operetten, deren Musik nur im Klavierauszug vorlag. Für die Mitte April begonnene und in drei Monaten beendete Arbeit wurde ich mit 500 RM honoriert, was nahezu das Doppelte des Post-Monatsgehaltes ausmachte.

Das von Josef Eduard Ploner im Auftrag des Gauleiters (Hofer) herausgegebene "Liederbuch für Front und Heimat" des Gaues Tirol-Vorarlberg ([Vorwort] Dezember 1941) wurde mir von der Reichsmusikkammer mit dem Ersuchen um Beurteilung zugemittelt.

Eine Einladung, der Hans-Wagner-Schönkirch-Gemeinde in Wien beizutreten, konnte ich nicht annehmen, weil die mir bekannt gegebenen Programme der einzelnen Veranstaltungen meinem Geschmack nicht gerecht wurden. Denen zufolge hatte ich mit meiner Musik nahezu keine Aussicht auf Aufführungen. [Hans Wagner-Schönkirch (1872-1940): Komponist, Chorleiter].




Eintrag in der Autobiographie, S. 280:

In dieses Jahr [1942] fiel die letzte öffentliche Mitwirkung als Pianist. Im Rahmen eines von der Reichspostdirektion durchgeführten Lazarettabends im Hotel Maria Theresia, welches von der Wehrmacht beschlagnahmt und als Lazarett eingerichtet wurde, spielte ich am 15. September eine freie Phantasie über "Ein Männlein steht im Walde". An diesem Abend begleitete ich auch Betty Schreiner, eine mit ganz guter Stimme begabte Postangestellte auf dem Klavier; außerdem noch bei zwei weiteren Veranstaltungen der Postdirektion und der Postsportgemeinschaft in anderem Rahmen.

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1942

Notizen Berlandas zu Einberufung und Universitätsstudium

Eintrag in der Autobiographie, S. 282:

Ein Einberufungsbefehl zur Wehrmacht vom 20. März [1942] wurde rückgängig gemacht, ich blieb bis auf weiteres noch uk [unabkömmlich]. Eine von mir früher u[nd] zwar am 16. Jänner eingebrachte Vormerkung für den Feldpostdienst wurde nicht positiv behandelt, weil bei mir die Voraussetzung hinsichtlich einer "aufzuweisenden Militärdienstleistung bzw. einer vormilitärischen Ausbildung bei einer Parteiformation oder dem Postschutz" nicht zutrafen.

Die Tatsache, dass nunmehr neben der normalen Mittelschulmatura auch die an der Universität abzulegende Begabtenprüfung als Voraussetzung für die Zulassung zum Hochschulstudium anerkannt war, veranlasste mich, beim Ordinarius des musikwissenschaftlichen Instituts Prof. Dr. Wilhelm Ehmann nähere Erkundigungen hierüber einzuziehen. Da die Vorbedingungen für die Zulassung zu dieser Prüfung gegeben waren, reichte ich am 7. Dezember 1942 um ihre Ablegung ein und belegte meine Eingabe mit den vorgeschriebenen Unterlagen: Lebenslauf, Nachweis der arischen Abstammung, Vorstudien und Studien nach Schulbesuch, Zeugnisabschriften, polizeiliches Führungszeugnis und Lichtbild. Als Beispiele musiktheoretischer Betätigung gaben die Bach-Orchesterfassung der d-moll Toccata und der Vortrag über den Männerchor und seine Entwicklung die erforderlichen Belege ab. Wohl folgte auch ein Verzeichnis über aufgeführte eigene und über durch mich zur Aufführung gebrachten fremde Werke mit, lediglich nur als Nachweis einer praktischen Betätigung und einer entsprechenden musikalischen Literaturbildung. Eine eigenkompositorische Betätigung war für die Zulassung zur Prüfung selbst belanglos. Zu diesem Schritt angeregt wurde ich vor allem durch die von mir besuchten, einmal wöchentlich stattfindenden Vorträge über "Stilkunde in der Kunstgeschichte" (Univ. Prof. Dr. Werner).

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1943

Emil Berlanda als Klavierbegleiter

Notiz in seiner Autobiographie, S. 295:

Im Jänner und Februar [1943] wirkte ich bei zwei Abenden (Kameradschaftsabend des Landesgerichts und der Stabskompagnie) am Klavier als Begleiter (Gesang: Betty Schreiner) mit. Eine weitere Mitwirkung bei einem Lazarettabend, der wiederum von der Reichspostdirektion veranstaltet worden war, sagte ich wegen der Vorbereitungen zur bevorstehenden Begabtenprüfung ab. [Die Begabtenprüfung an der "Alpenuniversität Innsbruck" legte Berlanda im März 1943 ab und erhielt so die Berechtigung für die Zulassung zum Studium der Philosophie (Musikwissenschaft), laut Autobiographie, S. 301.] Im April ergab sich durch eine Verhinderung des Kapellmeisters Ratjen die Möglichkeit, in einem Konzert die an unserem Theater wirkenden Opernkräfte Björn Forsell (Bariton) und Rudolf Christ (Tenor) am Klavier in Hall i. Tirol zu begleiten.

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1943, 12. April - Solbad Hall (u. a.)
Stadtsaal

Liederabend - Am Flügel Emil Berlanda
Veranstaltet von der NS.-Gemeinschaft "Kraft durch Freude

Bericht über das Konzert vom 12. April 1943
in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. 4. 1943
Von Heinz Cornel Pfeifer

Liederabend Christ-Forsell in Solbad Hall
Im Rahmen der Gautournee, die der lyrische Tenor Rudolf Christ und der lyrische Bariton Björn Forsell unseres Reichsgautheaters, veranstaltet durch die NS.-Gemeinschaft "Kraft durch Freude", in mehreren Kreisstädten durchführen, wurde am Montag, den 12. April, der erste "Lieder- und Arienabend" im Stadtsaal von Solbad Hall abgehalten. Die beliebten Sänger glänzend bei Stimme wiederholten das reichhaltige Programm, das sie im Herbst in der Gauhauptstadt zum Vortrag brachten, und rissen den vollen Saal zu herzlichen Beifallskundgebungen hin. Stilvoll und mit feiner Einfühlung begleitete Emil Berlanda am Flügel.



Aenne Michalsky, Archiv Institut für Tiroler Musikforschung

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1943

Emil Berlanda wieder als Klavierbegleiter

Notiz in seiner Autobiographie, S. 296:

Von den weiteren in Aussicht genommenen Abenden in Landeck, Kufstein und Schwaz konnte ich nur bei dem Konzert in Landeck am 21. April [1943] mittun. Die übrigen zwei Mitwirkungen musste ich sofort absagen, weil Unsicherheit und ein Schwächegefühl in der rechten Hand, das ich erstmals am 4. April gelegentlich einer Korrepetitionsstunde mit Paula Epp plötzlich verspürte, derart zunahm[en], dass ich für ein einwandfreies Spiel nicht mehr eintreten konnte [...].

Gegen den Herbst zu konnte ich wiederum an eine musikalische Mitwirkung als Begleiter denken. Ich nahm daher den Plan, im Rahmen von K[raft] d[urch] F[reude] Konzerte mit [der Sopranistin Aenne] Michalsky zu veranstalten, wieder auf und fixierte im Einvernehmen mit der Sängerin das Programm mit alten Arien und Liedern von Brahms, Grieg und Dvorak. Da aber nach Mitteilung der Innsbrucker KdF-Stelle eine Konzerttourne in den Wintermonaten nicht in Frage kam, verschob man die ganze Angelegenheit bis zum Frühjahr, bzw. Sommer des folgenden Jahres.

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1943, 12. Dezember - Wien
Konzerthaus

Aufführung der Mozart-Variationen op. 40
Bericht in seiner Autobiographie, S. 284:

Mit den Mozart-Variationen versuchte ich auch in diesem Jahr mein Glück [...].

Bei meiner ersten Anwesenheit in Wien im November (s[iehe] später) besuchte ich ein sonntägliches Konzert der Wiener Sinfoniker unter [Anton] Konrath im großen Konzerthaussaal. Zwei Tage später spielte ich diesem Dirigenten in seinem Büro (Konzerthaus) die Mozart-Variationen und die Partita am Klavier vor. Nach Aussage Konraths kam das letztgenannte Werk für eine Aufführung in seinen Konzerten nicht in Frage, wohl aber eine solche von op. 40, das ihm sehr zu gefallen schien. Die damals schon spruchreif gewordene Absetzung eines für die Aufführung vorgesehenen Hornkonzerts von Kaufmann (?) wegen Erkrankung des Solisten machte den Einschub der Mozart-Variationen in das Programm möglich. Mit Zustimmung des Leiters der Konzerthausgesellschaft Dr. [Friedrich] Reidinger wurde die Aufführung für den 12. Dezember festgesetzt. Die Zusendung des Notenmaterials erfolgte am 18. November. Bei der Generalprobe am 11. Dezember um 15 Uhr im Mozartsaal des Konzerthauses war ich wieder in Wien anwesend, ebenso beim Konzert und der Aufführung am 12. [Dezember] (15. 30 Uhr) [...].

[Fortsetzung S. 286:] Dieser zweite Aufenthalt in Wien anlässlich der Aufführung wurde finanziell durch [Max] Pflugmacher ermöglicht, der es erreichte, dass mir über mein Ansuchen vom 20. November an Gauleiter Hofer ein Betrag von 150 RM aus dem Titel der Künstlerhilfe ausbezahlt wurde.



Besprechungen des Wiener Konzerts vom 12. Dezember 1943

In: Wiener Neueste Nachrichten vom 14. Dezember 1943
Von "Matzenauer" (laut Berlanda)

Konrath hat sich wieder dankenswert der Jugend angenommen, er führte die "Variationen über ein Thema von Mozart" auf, die der Innsbrucker Musiker Emil Berlanda geschrieben hat: ein unzweifelhaftes Reger-Erlebnis spricht daraus, aber auch ein Ernst der Arbeit, ein Sinn für die Sprache des Orchesters und ein anziehender geistiger Charakter, der Interesse für das andere und weitere Schaffen Berlandas erweckt [...].



In: Neuestes Wiener Tagblatt, Wochenausgabe vom 17. Dezember 1943
Von "Skorzeny" (laut Berlanda)

Eine interessante Neuheit hörte man auch bei Konrath: die Mozart-Variationen für Orchester des jungen Innsbrucker Komponisten Emil Berlanda, eine gesund-neuzeitliche Arbeit [...].

Archiv Institut für Tiroler Musikforschung


In: Neues Wiener Tagblatt vom 20. Dezember 1943
Von "Skorzeny" (laut Berlanda)

Verdienten Erfolg hatte der junge Innsbrucker Emil Berlanda mit seinen von Konrath und den Symphonikern überzeugend musizierten Variationen über ein Thema von Mozart. Noch schlägt das Reger-Erlebnis durch, doch ist die Anlage, Abwandlungstechnik und Orchesterbehandlung, die Geist und Haltung künden, persönliche, eigenständige Art unverkennbar, so daß man gerne auch andere Arbeiten Berlandas kennenlernte [...].



In: Große Volkszeitung Wien vom 20. Dezember 1943
Von W. Pichler
Im Konrath-Konzert stellte sich Emil Berlanda mit Variationen ein, die, in Regerschen Bahnen wandelnd, ein Mozart-Thema kunstvoll abwandeln, um zum Schluß in eine wohlgeformte Fuge zu münden. Das Stück wurde beifällig aufgenommen.



In: Völkischer Beobachter Wien vom 23. Dezember 1943
Von "Repp" (laut Berlanda)

Anton Konrath ließ im zehnten Sonntag-Symphoniekonzert zwischen Mozart und der sehr lebendig gestalteten Siebenten von Schubert neue Variationen über ein Mozartsches Thema von Emil Berlanda erklingen. Der Komponist verleugnet Regers Muster nicht, doch sucht er sowohl in der Wahl des sehr volkstümlichen Themas wie in dessen Behandlung klare und eingängliche Linien. Die Schlußfuge erweist einen ebenso gekonnten wie dem Ausdruck und den zusammengefaßten Steigerungen dienenden Kontrapunkt [...].



In: Das kleine Blatt Wien vom 23. Dezember 1943
Von Hedi Schulz
Konzert am Sonntagnachmittag
Das zehnte Konrath-Konzert am Sonntagnachmittag war in der Hauptsache Schubert gewidmet: seine große C-Dur-Symphonie erklang wieder einmal in himmlischer Länge. Einleitend hörte man eine Mozart-Ouvertüre und Emil Berlandas "Variationen über ein Thema von Mozart", eine einfache, saubere Arbeit, die Regersche Einflüsse nicht leugnen kann. Nach diesem beifällig aufgenommenen Werk sang die junge Wilma Lipp [...] Lieder von Joseph Marx [...].

In: Deutsche Zeitung in den Niederlanden Amsterdam vom 12. Januar 1944
Von "Ortner" (laut Berlanda)
Ein Symphoniekonzert unter Prof. Anton Konrath enthielt als wertvolle Bereicherung "Variationen über ein Thema von Mozart" des Innsbrucker Komponisten Emil Berlanda. Die Meinung der Fachleute geht einhellig dahin, dass sich in diesem Werke ein starkes Talent bekundet, das auch über ein technisches Rüstzeug von bedeutendem Ausmass verfügt. Emil Berlanda baut sein Werk zielstrebig auf und weiss die reichlich und sicher angewandte Kontrapunktik vor dem Missbrauch als Selbstzweck zu bewahren.



In: Westdeutscher Beobachter Köln-Stadt (amtliches Organ der NSDAP und sämtlicher Behörden) vom 4. Januar 1944
Von "Matzenauer" (laut Berlanda)
[...] Der Innsbrucker Komponist Emil Berlanda ist von Anton Konrath an einem Sonntagnachmittag mit "Variationen über ein Thema von Mozart" den Wienern vorgestellt worden erfreulich, daß ein Abseitiger, ein Musiker von Ernst und Können, auch von eigener Haltung, die in diesem Werk durch ein starkes Reger-Erlebnis durchschimmert, die Gelegenheit erhalten hat, sich zu melden [...].



Bericht in der Autobiographie von Berlanda, S. 299:

Am Tage meiner Rückfahrt [von Wien], am 15. Dezember [1943], wurde Innsbruck das erste Mal bombardiert; davon erfuhr ich im Zuge bei Hallein. Da der Innsbrucker Bahnhof auch etwas abbekommen hatte, musste man bereits in Hall den Zug verlassen. Von dort ging ich bis zur Loreto-Bahnkreuzung zu Fuß die Trambahn verkehrte nach dem Angriff nicht mehr, wegen Stromausfall -, von dort nahm mich ein deutsches Wehrmachtsauto bis zur Hungerburg-Talstation mit. Saggen wurde nicht angegriffen, wohl aber wies die innere Stadt allerhand Beschädigungen auf, u. a. sank an diesem Tage auch die Orgel an der Jesuitenkirche in Schutt und Asche.

Berlanda war bis zur Auflösung des akademischen Kirchenchores der Jesuitenkirche am 9. September 1938 dessen Leiter gewesen und dort auch Organist tätig.

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1943, 7. Oktober - Innsbruck
[Großer Stadtsaal?]

Konzert des Gau-Symphonieorchesters
Uraufführung der Partita für Violine und Orchester op. 42 von Emil Berlanda
Veranstaltet von der NS.-Gemeinschaft "Kraft durch Freude



Bericht über das Konzert vom 7. Oktober 1943
in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. 10. 1943
Von Hermann J[osef] Spiehs

Nachdem sich Karl Senn als Rezensent zurückzog, wurde Hermann Josef Spiehs, auch ein ehemaliges Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten, sein Nachfolger.

Erstes Symphoniekonzert
Uraufführung der Partita von Emil Berlanda
Den Auftakt zur kommenden Konzertsaison bildete das Konzert unseres Gau-Symphonieorchesters am 7. Oktober. Intendant M[ax] A. Pflugmacher hatte das Vorspiel zu R. Wagners Oper "Die Meistersingen von Nürnberg" an die Spitze der Vortragsfolge gesetzt. Strahlend und glanzvoll hoben sich die einzelnen Leitmotive und Themen aus dem klingenden Urgrund: das weihevolle Meistersinger-Thema, das Werbemotiv des Walter Stolzing, die Fanfarenklänge der Meisterzunft, der Abgesang von Walters Preislied und zum Schluss der bildhaft wirkende, von hellen Trompetenstößen umschmetterte Klangjubel auf der Festwiese. Alles in allem ein musikalisches Ethos, ein Klangideal, das längst Weltgeltung errungen hat.

Die Uraufführung einer dreisätzigen "Partita" von Emil Berlanda begegnete besonderem Interesse. Der durch die "Mozart-Variationen" und eine "Ballettmusik" in weiteren Kreisen bekannt gewordene Innsbrucker Komponist hat mit diesem neuen Opus erneut Zeugnis abgelegt von musikalischer Könnerschaft und Begabung. Das Werk hat mit der alten Partiten- bzw. Suitenform (bedeutet soviel wie mehrsätzige Tanzfolge) vor allem das Festhalten an der Grundtonart gemein, des weiteren eine gleichgerichtete innere Gesetzmäßigkeit, was den Werkaufbau anbelangt und das Verhältnis der drei Einzelsätze zueinander. Wie denn überhaupt der Formwille des Komponisten auch in dieser Arbeit klar zutage tritt. Seine Kenntnis der Farbpalette des modernen Orchesters bewahrt ihr darüber hinaus vor Eintönigkeit. Die fast durchweg solistisch behandelten Instrumente und Instrumentalgruppen ergaben prächtige Kontraste und gewaltige Tuttiwirkungen zum Schluß der einzelnen Teile. Schon die wenigen Takte der volltönigen Einleitung zeigten von originaler Erfindungsgabe und einen gutgeschulten Sinn für Klangfarbenmischung. Das motivisch unterteilte Thema wird sodann anschließend von der Sologeige imitiert, im Wechsel zwischen Dur und Moll ausgeweitet; während die Streicher und Holzbläser figural ihre eigenen Wege gehen und so, da und dort von der Akkordik der Blechbläser gestützt, das harmonisch-polyphone Grund- und Beiwerk schaffen. Der dominierende Charakter der Sologeige blieb hie[r]bei unverkennbar. Er bedingt, von den wenigen Tempoverbreiterungen allgemeiner Natur abgesehen, den Fluß des Satzganzen und übersteigert sich gegen Schluß in kadenzartiger Form. Einem Orgelpleno vergleichbar, beschließt das volle Orchester mit dem Anfangsmotiv wuchtig und breit den Satz I mit einem großen Sekundenschritt und in jener tonalen Grundhaltung, die der Fachmusiker als das "Dorische" bezeichnet. Der Satz II ist bedeutend ruhiger getönt und kam verhältnismäßig am klarsten zum Ausdruck. Die gedämpften Streicher und die ebenfall ruhig fließenden Linien der Bläser ließen den an Melos reichen, synkopierten und mit besonderen Klangakzenten versehenen Part der Sologeige wirklich geigerisch und tänzerisch (hier im Sinne von Bewegung) ausschwingen. Gipfelpunkt des Ganzen: Satz III, eine Passacaglia, gegründet auf ein nicht zu überhörendes Baßthema (übrigens ein verlockendes Fugenthema), nach altem Herkommen immer wieder anklingend. Hatte sich schon die Sologeige vorher damit in Permanenz erklärt, so übernahmen es späterhin Fagotts, Posaunen und Hörner und letztlich das ganze Orchester, um es einem äußerst effektvollen Schlusse zuzuführen, der wahrhaftig den Gesamtbau der Gedanken krönt und dem Klangsinn und Formwillen des Komponisten alle Ehre macht. Bei all der teilweisen Herbheit der Klänge und Stimmführungen muß Berlanda gerade in dieser Arbeit eine persönliche Note und Reife zuerkannt werden: das aber ringt Achtung ab und verdient Beachtung.

Prof. Bernhard Leßmann, Konzertmeister der Berliner Oper, meisterte den heiklen Solopart mit technischer und intuitiver Sicherheit und machte sich als Wegbereiter um das Werk in hohem Maße verdient. Desgleichen Intendant M[ax] A. Pflugmacher, der sich ja die Förderung der heimischen Komponisten schon lange angelegen sein läßt.

Anton Bruckners III: Symphonie beschloß das Programm. M. A. Pflugmacher entfesselte die Klangpracht des Werkes, dem das Blech gar wirksame Höhepunkte verlieh, mit sichtlicher Passion. Das Orchester gehorchte spielfreudig, einzelne klanglich-dynamische Differenzierungen (Präzision im Bläsereinsatz, volles Ebenmaß der Streicher) dürfe der nunmehr einsetzende Probenbetrieb wohl von selbst ergeben. Das von Mitgliedern der Bay[e]rischen Staatskapelle verstärkte Orchester, den Dirigenten und Solisten sowie den anwesenden Tonsetzer Emil Berlanda ehrte lauter Beifall.



Bericht über das Innsbrucker Konzert vom 7. Oktober 1943
in: Völkischer Beobachter Münchener Ausgabe. Kampfblatt der national-sozialistischen Bewegung Großdeutschlands vom 15. 10. 1943
Von Dr. Albert Riester



Symphoniekonzert in Innsbruck
Innsbruck, 14. Oktober
Mit den festlichen Klängen des Meistersingervorspiels von R. Wagner wurde der symphonische Winter 1943/44 eröffnet. Die Durchführung der Symphoniekonzerte liegt bei der NS.-Gem[einschaft] "Kraft durch Freude" und dem Reichsgautheater Innsbruck. Mit Spannung wurde die Uraufführung der dreisätzigen "Partita für Solovioline und Orchester" des Tiroler Komponisten Emil Berlanda erwartet. Berlanda, durch seine Mozartvariationen und seine Ballettmusik in weiten Kreisen bekannt geworden, hat neuerdings sein gediegenes satztechnisches Können und seine starke Erfindungsgabe unter Beweis gestellt. Polyphon gearbeitet, ergibt sich ein oft wunderbar schönes Wechselspiel zwischen der Sologeige und den solistisch gehaltenen begleitenden Instrumentalgruppen. Besondere Tiefe und Innerlichkeit atmet der langsame 2. Satz. Eine Passacaglia mit strahlenden Höhepunkten beschließt das Werk, das das Wollen der alten Meister glücklich mit modernem Empfinden verbindet und ungemein farbig und klanglich differenziert orchestriert ist. Professor Bernhard Leßmann, Berlin, war dem Werk ein virtuoser und verständnisvoller Wegbereiter. Der Komponist und seine Mithelfer konnten einen starken Beifall buchen. M. A. Pflugmacher, der Dirigent des durch Mitglieder der Bayerischen Staatskapelle verstärkten Reichsgau-Symphonieorchesters, beschloß den schönen Abend mit Anton Bruckners 3. Symphonie.



Bericht über das Innsbrucker Konzert vom 7. Oktober 1943
in: Rheinisch-westfälische Zeitung vom 18. 10. 1943 (Nr. 491)
Von Felix von Lepot

Sinfonische Uraufführung in Innsbruck
Eine große, wertvolle dreisätzige "Partita" des namhaften Innsbrucker Komponisten Emil Berlanda hatte bei ihrer Uraufführung durch das Gausinfonieorchester in Innsbruck unter der Leitung von Intendant Pflugmacher starken Erfolg. Der Solopart des Werkes, das ebenso durch neuzeitlichen orchestralen Farbenreichtum wie durch stilistische und formale Geschlossenheit und seinen architektonisch wirksamen Aufbau besticht, wurde ausgezeichnet von dem Berliner Konzertmeister Bernhard Leßmann bereut.

Zitat nach einer Abschrift von Emil Berlanda (Typoskript) in seiner Sammlung von Aufführungsberichten (Institut für Tiroler Musikforschung, Archiv).



Weitere Aufführungen der Partita op. 42 sind bisher nicht bekannt.
Im Februar 1954 erfolgte eine Aufnahme des Stücks für den Österreichischen Rundfunk mit dem Innsbrucker Symphonieorchester unter der Leitung von Walter Hindelang und mit dem Violinsolisten Franz Bruckbauer (von 1949-1976 Professor für Violine am Konservatorium in Innsbruck). Dieses wertvolle Tondokument ist auf der Doppel-CD
Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 65 (Innsbruck: Institut für Tiroler Musikforschung 2010, CD 1, Track 1-3) enthalten.



Zur Premierenfeier berichtet Emil Berlanda in seiner Autobiographie, S. 289:
Dank der ausgezeichneten Wiedergabe durch den Solisten, der das gehalten hatte, was er versprach und dank der guten Orchesterleistung war die Aufführung am 7. Oktober 1943 ein großer Erfolg. Nach dem Konzert waren Lessmann, Pflugmacher und seine Frau meine und meiner Frau Gäste. Da in dieser Nacht um 0.30 Uhr der zwanzigste Fliegeralarm mit besonderer Eindringlichkeit gegeben wurde, begaben wir uns in den Luftschutzraum unseres Wohnhauses. Die in Frack, Smoking und Abendkleidern erschienene kleine Gruppe nahm sich im Luftschutzkeller wohl sonderlich genug aus. Diesmal blieb es nur beim Alarm wie bisher. Also begossen wir nach der Entwarnung unser neugeschenktes Leben mit einer Flasche Sekt.

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1943, Innsbruck

Preisausschreiben "fröhlich beschwingter Orchesterwerke"
Teilnahme von Emil Berlanda mit Sinfonische Variationen op. 43

Details siehe Abschnitt Ploner .

Berlanda in seiner Autobiographie, S. 294:

Die Partitur von op. 43 [Sinfonische Variationen für Orchester] ging unter dem Kennwort "Glaube" an die Hauptkulturstelle des Gaupropagandaleiters in Innsbruck ab. Für das von dieser Stelle ausgeschriebene Preisausschreiben für "fröhlich beschwingte Orchesterwerke" hatte ich kein anderes Werk zur Verfügung. Allerdings, fröhlich beschwingt ist sein Inhalt gerade nicht, aber ich sandte es trotzdem ein.

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1944, Innsbruck

Berlanda zum Ergebnis des Preisausschreibens von 1943 und über Kompositionsaufträge

Eintrag in seiner Autobiographie, S. 310

Die Partitur von opus 43 (sinfonische Variationen) kam im September und wie vorauszusehen war, ohne in die engere Wahl gezogen zu werden, zurück. "Unabhängig vom künstlerischen Wert der Komposition" wurde von einer Bewertung abgesehen, "da das Werk nicht den im Preisausschreiben gestellten Anforderungen entsprach". Dafür wurde mir als "Arbeitsentschädigung für die besten geschriebenen Werke" ein Betrag von einhundert Reichsmark angewiesen und gleichzeitig die Einladung zur Teilnahme am nächsten "bereits in Aussicht" gestandenen Wettbewerbs ausgesprochen.



Einer Einladung der NS-Hauptkulturstelle vom 31. Mai, eine festliche Musik für die Feiergestaltung in der Dauer von 5-8 Minuten zu schreiben, bin ich nicht nachgekommen.

Auch dem Wunsche Prof. [Ferdinand] Grossmanns, [des künstlerischen Leiters der Wiener Sängerknaben], ihm geeignete Kompositionen für die Wiener Sängerknaben zur Verfügung zu stellen, habe ich nicht entsprochen.

Ilse Exl, [Schauspielerin und bis 1955 letzte Direktorin der Tiroler "Exl-Bühne ], die in jener Zeit viel mit dem Film in Berührung gekommen war, versprach mir, bei der Vergebung einer Filmmusik behilflich zu sein. Es blieb beim Versprechen.

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1944, Innsbruck

Berlanda über Verlagspläne

Eintrag in seiner Autobiographie, S. 311

Albert Bennefeld [in Berlin], der bekanntlich an einer Verlagsübernahme von op. 40 [Mozart-Variationen] und [op.] 42 [Partita] Interesse bekundete, musste im Jänner [1944] mitteilen, dass es ihm "zur Zeit unmöglich gemacht worden sei, sich mit der Annahme neuer Werke zu befassen", weil damals über Weisung der Reichsmusikkammer in Anbetracht der verheerenden Zerstörungen im deutschen Verlagswesen nur eine bestimmte Anzahl von Klavierwerken nachgedruckt werden dufte und weil hinsichtlich der Neuerwerbung von Orchesterwerken Richtlinien noch nicht ergangen seien. Dennoch wollte Bennefeld mit mir in Verbindung bleiben.

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1944

Emil Berlanda als Klavierbegleiter

Notiz in seiner Autobiographie, S. 311:

Eine Mitwirkung irgendwelcher Art scheiterte an der in diesem Jahr [1944] ständig zunehmenden Unsicherheit im Klavierspiel. Dies war der Grund, warum ich Bierschwale [Berliner Konzertagent, mit den Mitgliedern der Arbeitgemeinschaft bestens bekannt und um Aufführungen ihrer Werke bemüht] abschreiben musste, der mir im Frühjahr zu einer Wehrmachts-Konzerttournee mit [Aenne] Michalsky und anderen Mitwirkenden verhelfen wollte. Eine leichte Besserung ließ mich wieder an die Durchführung des geplanten Liederabends mit dieser Sängerin im Gau Tirol denken, aber dieses Vorhaben konnte wegen des allgemeinen Konzertverbots nicht ausgeführt werden. Das Schicksal hatte der Sängerin recht gegeben, "die schon lange nicht mehr an unsere gemeinsamen Novemberkonzerte geglaubt" und sich daher mit der Zusendung der Programmvorschläge Zeit gelassen hatte.

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1944, 20. August - Kufstein
Festung

Emil Berlanda letztmals an der Heldenorgel

Notiz in seiner Autobiographie, S. 311:

Am 20. August [1944] habe ich in Kufstein zum letzten Male auf der dortigen Heldenorgel gespielt.

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1944

Emil Berlanda als Musikkritiker

Bericht in seiner Autobiographie, S.311-313:

In dieses Jahr fällt die erste Betätigung als Musikkritiker, oder wie man damals so schön sagte, als Kunstberichter. (Ich selbst aber ging über den blossen Kunstberichtens hinaus!). Der bisherige Kritiker der Zeitung ("Innsbrucker Nachrichten") J. H. [Hermann Josef] Spiehs, zuletzt als Musikprofessor an der Lehrerbildungsanstalt tätig, übersiedelte mit dieser Anstalt aus Innsbruck nach Zell am Ziller (Ausweichlager). Unter der Bedingung, dass Schriftleiter Karl Paulin, der meine Mitwirkung als Kritiker fernmündlich erbat, dafür Sorge trage, dass mir von seiten der Postdirektion wegen dieser Tätigkeit in Anbetracht meiner krankheitsbedingten vorübergehenden Beurlaubung keine Unannehmlichkeiten erwachsen, und nach Rücksprache mit meinem Arzt Dr. [Siegfried] Ostheimer, nahm ich an. In Frage kam die Besprechung (und Beurteilung) von Konzerten und Opernaufführungen einschließlich etwaiger Umbesetzungen. Als erstes Konzert kritisierte ich den Abend des Kölner Kammerorchesters vom 1. März, als letztes den Dahlke-Trioabend vom 7. Mai [1944]. Von dieser Tätigkeit erhielt u. a. auch Dr. Matzenauer in Wien durch die Zeitung (mit vollem Namen gezeichneten Kritiken) Kenntnis. "Dass Sie jetzt in den I-N Kritiken schreiben so bemerkt er u. a. öffnet sich für Sie eine schöne, aber für einen selbst Schaffenden auch nicht unproblematische Gelegenheit, für die Kunst etwas zu tun". Er wünschte mir hie[r]zu viel Glück. Prof. [Wilhelm] Ehmann, mit dem ich weiterhin in Verbindung blieb, beneidete mich um meine "Arbeit als Musikreferent keineswegs, so wichtig auch diese Arbeit" war. "Hoffentlich", so schrieb er weiter, "haben Sie mehr Glück darin, als Ihre Vorgänger".

Möglichste Objektivität und Unbestechlichkeit, Zivilchourage und Wahrheitsliebe waren für mich die grundlegenden Voraussetzungen für die Durchführung der mir anvertrauten Arbeit als Kritiker. Daher verurteilte ich auch alles das, war mir nicht gut gewählt oder gebracht schien. Josef Eduard Ploner hatte dies erkannt und schrieb mir auf eine Oeggl-Kritik ,in der ich die Vortagsfolge bemängelte, aus Tarrenz u. a. folgendes: "Ich möchte zumindest in Eile und Kürze Ihnen meine Anerkennung für Ihre mutige Besprechung anlässlich des Oegglabends zollen. Die zwei letzten Absätze waren es, die meine Aberkennung auslösten".

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1944, 13. April - Innsbrucker Nachrichten

Emil Berlanda: Lieder- und Arienabend Georg Oeggl
Konzertkritik von Emil Berlanda in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. 4. 1944, S. 4



Lieder- und Arienabend Georg Oeggl

[Georg Oeggl (1900 Innsbruck - Wien 1954) war als Bariton in Wien an verschiedenen Theatern engagiert. Nachfolgend die zwei letzten Absätze von Berlandas Artikel.]

[...] Abschließend noch ein allgemeines Wort zur Vortragsfolge: Es mag vollkommen angezeigt erscheinen, für Lieder- und Arienabende in den Kreisstädten unseres Gaues z. B. ein Programm zu erstellen, welches die an ein solches Publikum zu stellenden Anforderungen nicht zu sehr überspannt; unmotiviert war es jedoch, uns in Innsbruck mit einem Programm aufzuwarten, das durchwegs aus Liedern und Arien bestand, die einen überkommenen Grundstock für jeden Sänger bilden. Es hätte wohl erwartet werden dürfen, daß neben bekanntem Liedgut auch weniger Bekanntes desselben Komponisten berücksichtigt worden wäre, oder mehr Abwechslung Platz gegriffen hätte, ohne die Aussicht auf anerkennenden Erfolg zu schmälern.

Gerade die aus der Verpflichtung eines Sängers der Kunst gegenüber erwachsende Ausschöpfung des noch weniger bekannten, aber musikalisch hochwertigen Liedschaffens unserer Meister und die Erfassung ihrer seelischen Struktur ist ein Teil jenes Undeutbaren, das einen noch so glänzenden Bühnensänger und Darsteller sehr oft sogar zum weniger befriedigenden Liedsänger macht - mit anderen Worten: für einen Sänger, der bestrebt ist, Mittler der Kunst zu sein, bildet zur Erreichung dieses Zieles ein tieferes Eindringen in das Liedschaffen die unerläßlichste Voraussetzung.

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1944

Emil Berlanda als Musikkritiker
(Fortsetzung)

Bericht in seiner Autobiographie, S. 313-314:

Weniger erbaut von meiner Kritikertätigkeit waren die Frau des [Innsbrucker Theater-] Intendanten [Max] Pflugmacher, Margareta Castana und die wieder nach Innsbruck übersiedelte Thora Hauck, verwitwete Sandbichler, die von starken Freundeshänden getragen ihre Tätigkeit an der hiesigen Musikschule als Gesangspädagogin aufnahm. Die nicht sehr belobende Anerkennung, die ihr erstes Auftreten als Sängerin in Innsbruck durch mich gefunden hatte, brachte sie zur Verzweiflung. Über den Direktor der Musikschule bis zum Oberbürgermeister und Gauleiter hinauf, wurde von ihr alles in Bewegung gesetzt, um mich als Kritiker unmöglich zu machen und dies gelang ihr: denn am 21. April [1944] hatte ich im Gauhaus einen Krach mit dem Kulturreferenten [Fritz] Engel und am 27. April wurde ich von meiner vorgesetzten Dienststelle [bei der Reichspost] wegen meiner Tätigkeit als Kritiker einvernommen und mir am 19. Mai [1944] durch eine Vorzeige-Verfügung der Reichspostdirektion das Kritisieren von Amtswegen untersagt, unter Androhung der Einleitung eines Dienststrafverfahrens im Falle einer weiteren, auch nur gelegentlichen Tätigkeit als Kritiker. In diese Angelegenheit mischte sich auch Dr. Fankhauser vom Stadtmagistrat ein, und ließ mir dieser durch Toni Grad, gelegentlich eines Seminars (Grad leitete weiterhin die [musikwissenschaftlichen] Seminare in Vertretung [Wilhelm] Ehmanns) sagen, dass er es wohl zu verhindern wisse, dass weiterhin etwas von mir aufgeführt werde, wenn ich wieder einmal nicht gut über (seinen Schützling) Thora Hauck schreiben sollte. Als Kritiker erhielt ich eine Zuschrift lediglich vom Bühnenbildner Siegert, der sich beschwerte, dass ich seine Arbeit zu wenig herausgestrichen hätte. Als besonderen Artikel veröffentlichte ich im November 1944 in dieser Tageszeitung "Musikdurchklungene Bergheimat". (2)

Mit Schreiben vom 13. Oktober wurde ich zu einer Besprechung in die Redaktion der "Innsbrucker Nachrichten" geladen, weil man dort meine "eventuelle Mitarbeit auf einem bestimmen Gebiete in Aussicht genommen" hatte. Es handelte sich vor allem darum, in wöchentlichen Einführungen auf bemerkenswerte Musiksendungen des Rundfunks aufmerksam zu machen. Diese Einführungen, für die oftmals meine in zwei Bänden gesammelten Ausschnitte aus der Radio-Zeitschrift "Radio Wien" der Jahrgänge 1936 bis 1938 wertvolle Unterlagen lieferten, begannen am 15. Oktober [1944]. Bis Ende 1944 erschienen 8 solche Einführungen.



Nach dem zweiten Weltkrieg war Emil Berlanda Musikkritiker der Volkszeitung und verfasste von Dezember 1945 bis Jänner 1952 mehrere hundert Besprechungen und Berichte. Details dazu folgen im dritten Abschnitt "Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten nach dem Zweiten Weltkrieg .

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1944

Plan der Pensionierung wegen fortgeschrittener Erkrankung

Berlanda in seiner Autobiographie, S. 316-317:

Den Gedanken einer freiwilligen Pensionierung hatte bereits [Theaterintendant Max] Pflugmacher im August 1943 ausgesprochen. Ihm schwebte der Plan vor, mir durch das Reichpropagandaministerium ein Stipendium von monatlich 250 RM zukommen zu lassen, wofür ich alle meine neugeschaffenen Werke, sofern sie für eine Aufführung durch das Innsbrucker Reichsgautheater oder das Gausinfonieorchester in Frage kommen würden, dem Intendanten Pflugmacher zur tantiemenfreien Uraufführung überlassen hätte müssen. Ich konnte mich aber damals aus Gründen einer finanziellen Sicherstellung und auch infolge der stets undurchsichtiger werdenden Verhältnisse nicht entschließen, ein Gesuch um freiwillige Pensionierung einzureichen. Umso mehr akzeptierte ich diesen Plan später, also im Oktober 1944, da nun die Pensionierung mit Ablauf des Kalenderjahres unaufschiebbar geworden war und kam beim damaligen Gauleiter und Reichsstatthalter Hofer mit einem Ansuchen vom 4. Oktober um die Zuerkennung eines solchen Stipendiums ein. In diesem Zusammenhang erbat ich mir auch von Prof. Dr. Wilhelm Ehmann seine Meinung über diese Angelegenheit. So wie ein Stipendium aus dem Titel einer kompositorischen Tätigkeit erreichbar war, so wurde ein solches auch für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten vergeben. Da aber Pflugmacher eine "kürzere Leitung zum Gauleiter" hatte als der an der Nordsee stationierte Ehmann, einigte man sich auf den Vorschlag Pflugmachers. Diesem habe ich das betreffende Ansuchen vom 4. Oktober noch am gleichen Tage zwecks Weiterleitung übergeben. Ob dieses auch tatsächlich den Empfänger erreicht hatte, weiss ich nicht. Jedenfalls haben die kurz darauf verfügten Einschränkungen aus der Proklamation des totalen Kriegseinsatzes manche Vorsätze und begonnene Arbeiten über den Haufen geworfen. Von dieser Angelegenheit habe ich nichts mehr gehört.

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1944

Emil Berlandas musikpraktische Tätigkeit an der Universität Innsbruck und seine landeskundlichen Forschungen

Bericht in seiner Autobiographie, S. 318

Mit 6. Juni [1944] übernahm ich die Probentätigkeit im Collegium musicum. Wir probten mit dem Orchester (mit Cembalo) Bachs viertes Brandenburgisches Konzert und eine Suite von [Johann Christoph] Petz [(1664-1716)], sowie Bachs h-moll Suite und eine Abendmusik von Karl Marx [(1897-1985)]. Im Wintersemester leitete ich zur Gänze das Seminar "Harmonielehre" über Auftrag des wieder zum Wehrdienst eingezogenen Dr. [Julius] Alf und mit Einverständnis des damaligen Dekans. Als Instrument stand mir ein Spinettino zur Verfügung. Das Anerbieten Prof. [Adolf] Helboks im Institut für Volkskunde die Stelle einer bezahlten wissenschaftlichen Hilfskraft anzunehmen, musste ich im November [1944] noch ausschlagen, weil ich noch nicht als Pensionist anzusehen war. Das Lateinstudium wurde im Dezember 1944 bei Prof. Tusch begonnen. Meine in diesem Jahr begonnenen Arbeiten im Museum [Ferdinandeum], in der Universitätsbibliothek und im Landesarchiv (Herrengasse) beschränkten sich auf die Sammlung von Unterlagen für die Dissertation.

Von allen erreichbaren Tageszeitungen Innsbrucks aus der Zeit von 1790 bis 1860 schrieb ich alles das heraus, was auf die Innsbrucker Musik- und Opernpflege Bezug nahm. Außerdem bildeten die im Landesarchiv aufbewahrten Akte[n] und Akt[en]vermerke des bay[e]rischen Kreiskommissariats und des österreichischen Guberniums, die ich ebenfalls in Abschrift gesammelt hatte, einen äußerst wertvollen Behelf

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1945

Statement zum Kriegsende 1945 von Emil Berlanda
Aus seiner Autobiographie, S. 320 f.:

Man wird sich dieses Jahr [1945] sehr gut merken. Es brachte im Mai den äußeren und inneren Zusammenbruch, eine neuerliche Umwertung der Werte, in der menschlichen Denkungsweise und der Ideologien, weiters die äußerliche Wiederherstellung eines neuen Österreichs und eine oftmals von blindem Hass triefende Verurteilung alles dessen, was in den Jahren 1938 bis 1945 an Gutem außerhalb des Krieges und seinen Auswirkungen geschah. Auf einmal gab es eine fast unübersehbare Legion von sogenannten Widerstandskämpfern und Ka-Zettlern (KZ = Konzentrationslager) und viele, die noch vor kurzem das Parteiabzeichen getragen hatten, verwahrten sich öffentlich, jemals Mitglieder der NSDAP gewesen zu sein, solche stempelten sich selbst oft als "Partisanen". Sie sperrten nun auch ihr Maul weitest auf und fühlten sich als Avantgardisten einer neuen und besseren Zeit, einer neu angebrochenen Epoche, in der die Begriffe Humanität und Menschenrecht wieder etwas zu sagen haben würden. Man lernte die Menschen kennen: Korruption und Gesinnungslumperei, Denunziation und Übervorteilung des weniger Redegewandten und des mit weniger Skrupeln belasteten Mitmenschen waren an der Tagesordnung. Verbrecher ließ man aus den Gefängnissen frei, ein Unterschied zwischen kriminellen und politischen Häftlingen zerfloss in Eins ineinander. Die entleerten Gefängnisse füllten nunmehr die "Nazischweine und Kriegsverbrecher". Reichsdeutsche wurden unter dem Verfall ihrer Vermögenswerte in das neue Deutschland, das wiederum bei Kufstein und Scharnitz begann, abgeschoben, und dunkle Elemente und Ausländer vergriffen sich unter dem Schutz der Behörde oder aus eigenem an dem Eigentum der nur irgendwie "naziverdächtigen" Mitmenschen und der der Volksgerichtsbarkeit überantworteten Parteifunktionäre. Viele unserer Mädels begrüßten die einrückenden Neger und Amerikaner mit Blumen und Küssen, und jene waren es vornehmlich auch, die sich vielfach mit Hilfe ihrer Besatzungsfreunde aus den von ihnen bezogenen Wohnungen Möbelstücke, Kleidungsstücke und andere Einrichtungs- und Wertstücke zueigneten, in ähnlichen Besitze sie wahrscheinlich zeitlebens nie gekommen wären. Jeder, der als Soldat seine Pflicht getan hatte, war nun zu einem Schwein und Kriegsverbrecher geworden.