Brixentaler Flurritt 1939-44

Der Brixentaler Flurritt war ein Brauch, der sich besonders gut von den Nationalsozialisten vereinnahmen ließ. Gauleiter Franz Hofer sah in ihm "Ein Fest der Heimatliebe, der Gemeinschaft und des Wehrwillens" (Innsbrucker Nachrichten vom 17. Juni 1941, S. 3): Der festliche Ritt sei ein Stück altgermanischer Überlieferung und so ein Zeugnis der Beständigkeit bodenständigen Brauchtums. Welch hohen Stellenwert der Brixentaler Flurritt für ihn als höchsten politischen Repräsentanten des Gaues Tirol-Vorarlberg einnahm, zeigt das Faktum, dass er alljährlich an der Veranstaltung teilnahm, die Festansprache hielt und so zum festen Bestandteil des Rituals gehörte. Auch die vielen und ausführlichen Berichte in den Innsbrucker Nachrichten, seit 2. Juli 1938 offizielles Pressorgan der NSDAP für den Reichgau Tirol-Vorarlberg, erweisen die herausragende Bedeutung, die die führenden Tiroler Nationalsozialisten diesem Brauch als Fest des Bauernstandes, des unbezwingbaren "Wehrbauernstammes im Süden des Reiches", beimaßen. An den eigentlichen Kern des Brauches, den zweimaligen Flurumritt in Kirchberg, schloss sich jeweils eine nationalsozialistische Kundgebung, wo neben dem Gauleiter auch andere führende Parteigenossen aus dem Kreis das Wort ergriffen. Im Mittelpunkt stand dabei das Treuegelöbnis der Bauernschaft des Kreises Kitzbühel an den Gauleiter. Die Tiroler Nationalsozialisten hatten den bereits absterbenden Brauch wieder eingeführt, inhaltlich und formal teilweise verändert, indem z. B. den Zug auch Reiter mit der Hakenkreuzfahne begleiteten oder christliche Assoziationen eliminiert wurden und in seiner Gesamtheit für ihre propagandistischen Zwecke verwendet. Mit zunehmender Verschlechterung der Kriegssituation, wurde der Brauch immer mehr als Bühne zur Agitation für das Durchhalten, zur Treue an den Führer und zur Beruhigung der Bevölkerung, besonders in den Reden des Gauleiters eingesetzt.

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Brixentaler Flurritt 1939
Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. Juni 1939, S. 10 f., mit Fotos
Von Fritz Olbert

Der Brixentaler Flurritt Die Bauern reiten durchs Brixental
Tausende kamen nach Kirchberg Ein frohes Fest nach altem deutschen Brauch

Nirgends in deutschen Gauen haben sich Brauchtum und Lebensgewohnheiten so stark und unverfälscht seit altersher erhalten wie in unseren Alpentälern. Seit germanische Stämme von diesem Land Besitz ergriffen, vor mehr als einem Jahrtausend, blieb ihm der Stempel deutschen Kulturwillens, deutschen Wesens und deutscher Sitte haften. Und dieser germanische Kulturkreis schöpfte von jeher aus der Natur, ihrem Werden und Vergehen und ihrer immer wiederkehrenden neuen Blüte. Der Natur und der Beschäftigung mit ihr als dem Urquell des Lebens entspringen Bräuche und Feste unserer Vorfahren. In unseren Tälern blieb das alte, echt germanische Empfinden bis auf unsere Tage erhalten, wenn es auch in den Jahrhunderten durch mannigfaltige Einflüsse umgeformt, verändert oder gar seines ursprünglichen Sinnes entkleidet wurde.

Einer von jenen Bräuchen, die dem tiefsten Fühlen unseres Volkes entspringen, ist eben der Brixentaler Flurritt, der am Donnertag zum erstenmal wieder in der ursprünglichen, von allen im Laufe der Zeit hinzugekommenen Einflüssen kirchlicher Art befreit, gefeiert worden ist, als ein echtes deutsches Frühlingsfest, das nach den Unbilden des Winters neue Kraft und neue Lebensfreude verleihen soll.

Die Bewohner des ganzen Brixentales waren am Donnerstag auf den Beinen. Schon in den Vormittagsstunden strömten die Menschen aus Kitzbühel und allen Dörfern des Kreises nach Kirchberg, das im festlichen Schmuck der Hakenkreuzfahnen und freudigem Grün prangte. Ein tiefblauer Himmel überspannte das Brixental. Reges Leben und reiben herrscht im Dorf. Die Gasthäuser sind überfüllt. Am Morgen sind zu den bereits anwesenden Gästen des Brixentales neue KdF- [Kraft durch Freude-]Urlauber eingetroffen. Sie finden gleich den "Anschluß". Die Mädchen von der Waterkant wissen im Laufe der ersten paar Stunden schon um unverfälschte Tiroler Mundart Bescheid, nur manchmal stößt man auf Begriffe, die es im Norden "einfach nicht gibt".

Auch die "Wochenschau" ist eingelangt, nämlich der Kameramann, schon ständiger Gast bei unseren Volksfesten, und in den Seitengassen Kirchbergs, in den Höfen reiht sich Kraftwagen an Kraftwagen: Gäste aus allen deutschen Gauen, die sich die Gelegenheit, bei einem echten, bäuerlichen Fest dabei zu sein, nicht entgehen lassen wollen.

Indessen geht es gegen Mittag. In allen Dörfern des Brixentales haben die Bauern ihre besten Rösser aus den Ställen geholt, prächtig mit Flurblumen, Lärchengrün und bunten Bändern geschmückt, es sind ganz prachtvolle Pferde, Stolz der Bauern, die nun in Gruppen den Ritt gegen Kirchberg antreten. Zuerst reiten die aus Hopfgarten, dann die von Brixen im Tale, und aus allen anderen Gegenden schließen sich die Reiter an. In Kirchberg ist das lebhafte Treiben am Höhepunkt angelangt, in der Hauptstraße des Dorfes drängen sich schon Tausende.

Die Musikkapellen empfangen die Reiter, die aus den anderen Dörfern des Brixentales ankommen, mit klingendem Spiel. Auch in den Gasthöfen geht"s schon hoch her.

Gegen 2 Uhr nachmittags langte Gauleiter Hofer in Kirchberg ein. Kreisleiter Hanak war dem Gauleiter entgegengefahren. Stürmische Heilrufe begrüßten unseren Gauleiter, dessen Erscheinen bei allen Festteilnehmern Freude auslöste, bewies unser Gauleiter doch erneut, daß er in Arbeit wie in Festesfreude immer wieder in alle Gegenden unsers Gaues kommt und an den Nöten und Bedürfnissen, dem Aufbauwerk und neuem tatkräftigem Schaffen gleich großen Anteil nimmt wie an echtem, unverfälschtem Brauchtum.


Musik klingt auf. Mächtig krachende Böller, die manchem KdF.-Gast allerdings allzu "unvermutet" kommen, verkünden den Beginn des Festzuges. Gauleiter Hofer steht in seinem Kraftwagen und erwidert mit erhobener Rechten den Gruß der Bauern, die hoch zu Roß vorüberziehen. Die meisten Bauern sind in Tracht. Prächtige Rösser sind es, insgesamt 160, die zum Flurritt aufgeboten worden sind. Auch in der Zahl der Teilnehmer erweist sich der neue Geist, der bei unseren Bauern feste Wurzeln schlägt. Im Vorjahr waren es nur 60 Teilnehmer. Die Bauern verstehen dieses Fest in seinem wirklichen Inhalt.

An der Spitze des Zuges marschiert die Musikkapelle von Kirchberg. In der Spitzengruppe reitet der Kreisbauernführer. Es sind ganz prächtige Bauerngestalten, hart und sehnig, Menschen, denen man Kraft und Arbeitswillen auf den ersten Blick ansieht. Auch ganz Junge sind darunter, die stolz die hohen, schweren Pferde reiten, mit einer Selbstverständlichkeit und Sicherheit, die ihnen im Blut liegt.

Die Westendorfer mit ihrer schönen Tracht finden besonders starken Beifall. Mit Büchsen, Morgensternen und Hellebarden "fahren" sie hoch zu Roß daher, und es ist alter, bäuerlicher Geist wehrhaften Willens, der aus diesen Reitergestalten spricht. Manches Roß tanzt aufgeschreckt durch Musik und die vielen Menschen aus der Reihe. Aber die Bauern beherrschen die Zügel. Mitten im Zug taucht die alte, ehrwürdige Brixentaler Sturmfahne auf, die schon Kampf und Sieg am Berg Isel erlebt hatte.

Im großen Bogen führt der Zug rund ums Dorf, durch die Fluren. Dann geht es zur Festwiese, die rings von Hakenkreuzfahnen und Girlanden geschmückt ist. Ein paar tausend Menschen sind da wohl versammelt. An den Schießständen geht es schon hoch her, und mancher Treffer geht ins Schwarze. Die Sonnenglut hat die Kehlen durstig gemacht. Auch dafür ist gut gesorgt, daß in allen Wirtshäusern Kirchbergs die vollen Fässer nicht ausgehen.

Ein Fanfarenzug der Hitler-Jugend aus Kitzbühel bläst einen hellen Fanfarenmarsch. Gauleiter Hofer und die übrigen Ehrengäste haben auf dem großen Podium Platz genommen. Ortgruppenleiter P[artei]g[enosse] Papp und Bürgermeister Paufler von Kirchberg begrüßen den Gauleiter.


Dann sprach Gaupresseamtsleiter P[artei]g[enosse] Pisecky zu den Tausenden über Sinn und Wesen des alten Festes, das hier begangen wurde. Der verwies auf den Sinn des Flurrittes und trat der von gewisser Seite geförderten irrigen Ansicht entgegen, als ob es sich bei diesem Brauch um ein kirchliches Gelöbnis aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges handle. Der Redner betonte, daß dieser Brauch viel weiter zurückgehe und daß der althergebrachte Schmuck der Pferde mit Blumen und Lärchengrün, das Umreiten des Baumes und andere bei dem Brixentaler Flurritt geübte Gepflogenheiten klare Erinnerungen an unsere germanischen Vorfahren aufweisen. Der Redner konnte sich dabei auf das Zeugnis eines katholischen Pfarrers aus dem Kitzbüheler Kreis berufen, der als Chronist dieser Gegend die Entstehung in der Schwedenkriegszeit als hinfällig und den Brauch selbst als einen christianisierten uralten Volksbrauch bezeichnete. Pg. Pisecky führte weiter aus, daß die nationalsozialistische Bewegung, nicht wie man ihr oft fälschlicherweise vorwirft, das alte Brauchtum bekämpft, sondern dieses im Gegenteil mit aller Kraft als wertvollstes nationales Gut pflegt, allerdings nicht duldet, daß dieses Brauchtum von irgendwelchen Splitterkräften und eifersüchtigen Mächten zur Vorspann für ihren eigenen Karren mißbraucht werde. Der deutsche Bauer werde heute wieder als wertvollstes Glied des Volkstums anerkannt und der Bauer in unserem urdeutschen Gau weiß das auch zu würdigen und steht im Festhalten an die alten Sitten und in der Bekundung seines wehrhaften Geistes genau so wie die Männer von Anno Neun heute bereit, für die Gemeinschaft zu arbeiten und, wenn es gilt, alles einzusetzen, so wie es die Art seiner Väter war und die Art dieses urkräftigen Stammes für alle Zeiten bleiben wird.

Dann begann die Vorführung der Pferde und Trachten. Es waren ansehnliche Preise für die besten Pferde ausgesetzt und auch die schönsten Trachten erhielten die Anerkennung in Form von Preisen. Auf der Tanzfläche wurde in dessen ohne Unterlaß getanzt. Und wem"s dabei auch im strahlend-warmen Sommertag zu heiß wurde, so gab"s Gelegenheit zur Erfischung genug. Auf der Festwiese ging"s vor vielen hundert Zuschauern mit lustigen Bräuchen weiter. Zuerst zeigten die besten Turner in Sprüngen über zwei, drei, vier, zuletzt gar fünf Pferde, beachtliches Können und eine gehörige Portion Schneid. Das lustige war aber natürlich das Topfreiten. Mit verbundenen Augen, einer langen Stange bewaffnet, wurden die Reiter gegen einen auf zwanzig Meter Entfernung aufgestellten Pfahl "losgelassen", auf den ein Kübel gestülpt war. Wer den Topf herunterwerfen konnte, war Sieger. Nur wenige schafften das Kunststück. Zumeist zogen sie verzweifelt, mit der Stange in der Luft herumfuchtelnd, gegen Kameramann, Schiedsrichter oder die Zuschauer los, und der Kübel blieb auf seinem Pfahl.

So vergingen die Stunden des festes nur allzu rasch. Am späten Nachmittag verließ Gauleiter Hofer Kirchberg. Zum Abschied brausten dem Gauleiter stürmische Heilrufe zu. Aber das fest war natürlich noch lange nicht zu Ende. Selbst dann nicht, als nach dem heißen Tag drohende Gewitterwolken über den Bergen sich zusammenballten. Da ging"s weiter, wie es sich eben bei einem richtigen bäuerlichen Fest gehört, und ganz begeistert waren die vielen Gäste, KdF. [Kraft durch Freude]-Urlauber und andere, die in Kirchberg in Tirol ein echtes bäuerliches Fest nach altem Brauch und alter Sitte miterleben konnten.

Im nächsten Jahr trifft man sich wieder in Kirchberg, das ist heute schon abgemachte Sache. Denn der Brixentaler Flurritt, der seit vielen Jahrhunderten die Bauern des Tales zusammenrief, wird in den kommenden Jahren immer stärkere Anziehungskraft ausüben und immer wieder die Volksgenossen von fern und nah zu froher Gemeinschaft vereinen. Ein Frühlingsfest im besten Sinne, ein Fest der Gemeinschaft, das ist der Brixentaler Flurritt.

Im Anschluss an den Artikel folgt eine Auflistung der "besten Pferde" (teilgenommen hatten am Brixentaler Flurritt 160 Reiter, 115 Pferde wurden zur Prämiierung vorgeritten), danach die Aufzählung der Namen der Preisträger mit den besten Pferden, den schönsten Trachten und ausgezeichneten Reitern in Tracht.

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Brixentaler Flurritt 1940
Vorbericht
in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. Mai 1940, S. 5
Signiert: "G."

130 Reiter beim Brixentaler Flurritt
Gauleiter Hofer kommt nach Kirchberg Ein reichhaltiges Programm von Veranstaltungen

Wie bereits berichtet, findet der Brixentaler Flurritt am Sonntag, den 26. d[ieses] M[onats] in Kirchberg statt. Gauleiter Hofer wird der Veranstaltung beiwohnen. Die Zahl der teilnehmenden Reiter wird sich auf über 130 belaufen.

Die erste Reiterschar reitet von Hopfgarten um 11 Uhr ab und trifft sich um 12 Uhr mit den Reitern von Westendorf; um 13 Uhr erfolgt der gemeinsame Abritt von Brixen, um 14 Uhr von Kirchberg zum Klausenbach. Die Reiter von Jochberg, Aurach, Oberndorf und St. Johann i[n] T[irol] sammeln sich in Kitzbühel und verlassen in geschlossener Kolonne, mit dem Kreisbauernführer an der Spitze, um 13.30 Uhr die Kreisstadt. Am Klausenbach treffen die beiden großen Reitergruppen um 14.30 Uhr zur feierlichen Begrüßung zusammen. Um 15 Uhr kommen die Reiter in geschlossenem Zug in Kirchberg an.

Dort erfolgt die Begrüßung des Gauleiters und der Ehrengäste, worauf der eigentliche Flurritt mit anschließendem Festzug seinen Anfang nimmt. Die Reiterkolonne umreitet zweimal Kirchberg und schwenkt dann unter Fanfarenklang auf den Festplatz ein. Auf der letzten Runde schließen sich den Reitern zahlreiche Festwagen an. Auf dem Festplatz findet um 15.30 Uhr die Begrüßung durch den Bürgermeister von Kirchberg mit Ansprache des Kreisleiters statt.

Wie im Vorjahre werden auch heuer wieder die besten norischen und Haflinger Pferde prämiiert. Es kommen nachstehende Prämien zur Verteilung: fünf erste Preise zu je R[eichs]M[ark] 50,-, zehn zweite Preise zu RM. 35,- und 25 dritte Preise zu RM. 20,-; außerdem für Fohlen (Jahrlinge) drei erste Preise zu je RM. 20,- und zehn zweite Preise zu je RM. 10,-. Außer den Geldpreisen werden auch Diplome ausgegeben. Für die Trachtenprämiierung stehen ebenfalls zahlreiche künstlerisch wertvolle Diplome zur Verfügung.

Die Pferde- und Fohlenbewertung und die Trachtenschau beginnen um 16.10 Uhr, um 17 Uhr folgt die Preisverteilung. Im Übrigen wird der Nachmittag durch volkstümliche Vorführungen, wie Volksliedersingen, Trachtentanz der Kirchberger Trachtengruppe, Liedvorträge der Westendorfer Jodlerinnen, Reigen der Angehörigen des weiblichen Arbeitsdienstes, turnerische Vorführungen u[nd] a[nderes] m[ehr] ausgefüllt werden.

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Brixentaler Flurritt 1940
Bericht
in den Innsbrucker Nachrichten vom 27. Mai 1940, S. 5 f.
Signiert: "f."

Flurritt nach altem Brauch im Brixental
Gauleiter Hofer in Kirchberg 143 Reiter im großen Festzug Ein Fest wahrer Volksgemeinschaft

Kirchberg, 26. Mai. Im Unterland, wo die Berge ihre Hänge in weichen Wellen zu Tale senken, so daß sie weiten Wiesen und Weiden Raum bieten, die dem Vieh reiches Futter und damit dem Bauern einen gewissen Wohlstand verbürgen, wurde sein Leben niemals so ganz mit dem Kampf um das tägliche Brot ausgefüllt wie wohl oft in kargeren Gegenden. In den behäbigen breiten Häusern mit den langen Söllern unter vorspringenden Dächern wurde altes Brauchtum treu bewahrt. Einen Teil dieses Brauchtums bildet der Brixentaler Flurritt, der alljährlich zur Zeit, in der der Frühling in seiner schönsten Blüte steht, im Brixentale die Bauern zu gemeinsamem Feste vereint. Sie wissen längst, daß sie mit diesem Flurritt nicht ein Gelöbnis ihrer Ahnen während des Dreißigjährigen Krieges erfüllen, die damit von Gott den Frieden ihrer Heimat vor der schwedischen Soldateska erkaufen wollten, sondern daß sie einen aus germanischer Vorzeit überkommenen Brauch erfüllen.

So sind sie auch heuer wieder durch das grünende, blühende Brixental gezogen: 143 Männer und ebenso viele Pferde. Ein herrliches Bild gesunder Kraft und Lebensfreude. Die schönen Haflinger Pferde mit den hellen Mähnen und wallenden Schweifen, die das ganze Jahr hindurch auf den Aeckern harte Bauernarbeit fördern, schreiten so leicht und wiegend über den weichen Wiesengrund, daß die Schwere ihrer Körper in der Harmonie der Bewegung aufgelöst wird. Die Männer auf ihren Rücken gehen sonst neben ihrem Pferde her oder lenken es vom Wagenbock aus, doch sie sitzen sicher im Sattel, oft auch nur auf der Decke, und halten den Uebermut der Tiere fest im Zügel. Viele von ihnen sind in der alten Tracht gekommen, die so viel besser zu dem alten Brauch paßt.

Nach mehrstündigem Ritt kommen die Reiter von Hopfgarten und Westendorf nach Kirchberg. Mit ihnen sind heuer zum ersten Male auch Bauern aus den übrigen Orten des Kreises Kitzbühel geritten. Sie haben wohl nicht gewusst, daß uraltes Gesetz den Schmuck der Pferde mit frischen Zweigen vorschreibt, vor allem der grüne Lärchenbuschen ober dem Schweif nicht fehlen darf. Darum haben sie nur Blumen in die Mähnen oder an das Zaumzeug ihrer Tiere gebunden. Mit dieser Reitergruppe reiten dann die Kirchberger die Landstraße hinaus den Kitzbüh[e]lern und Brixenern entgegen, mit denen sie dann gemeinsam wieder in den Ort zurückkehren. Jeder Ortsgruppe wird die flatternde Fahne mit dem Hakenkreuz vorangetragen, dazwischen grüßen alte Sturmfahnen aus längst vergangenen Kämpfen wieder einmal nach langem Ruhen in dunklen Schreinen die helle Frühlingssonne. Selbstverständlich hat auch jeder Ort seine Musikkapelle mitgebracht, so daß bald von der Spitze, bald vom Ende des Zuges helles Trompetengeschmetter aufklingt.


In Kirchberg wird der Zug der Reiter von Kreisleiter Parteigenossen Braunsdorff begrüßt, der dann an der Spitze des Zuges dem Gauleiter entgegenreitet. Gauleiter Hofer war kurz zuvor, von der Bevölkerung herzlich begrüßt, mit seiner Begleitung eingetroffen. Knappe Meldung, strammer Gruß, dann zieht der Reiterzug vorüber, weiter durch die mit Birkenlaub bestandene Dorfgasse, über den aus dem tiefen Grase gemähten Wiesenstreifen in weiter Runde zurück zum Dorf. Und dann wird der Weg noch einmal gemacht, diesmal gefolgt von den Festwagen, deren Fahrer, fröhliches Volk, schon lange auf diesen Augenblick gewartet haben. Da sind die Maiden vom weiblichen Arbeitsdienst in rotem Kopftuch und blauem Kittel, ein Wagen voll lachender BDM- [Bund deutscher Mädel] Mädeln. Weiter fleißige Spinnerinnen bei der Flachsverarbeitung.


Während sich so Wagen auf Wagen, jeder mit Tannenreis und Fahnentuch und wohl am schönsten durch die frohen Menschen selbst geschmückt, in den Zug reiht, hat dessen Spitze bereits den Festplatz erreicht. Der Bürgermeister von Kirchberg P[artei]g[enosse] Paufler, reitet aus der Reihe und begrüßt den Gauleiter und gibt der Freude über sein Kommen Ausdruck. Dann spricht der Kreisleiter. Er weist auf die uralten Wurzeln dieses Frühlingsrittes hin, die vor einigen Jahren in dem Zwiespalt im Volke zu verdorren drohten. Doch jetzt, da uns der Führer die Volksgemeinschaft geschenkt hat, könne auch der alte Brauch wieder in gesundem Erdreich neu aufleben. Schon das Vorjahr habe bewiesen, daß der schöne Flurritt auch ohne alles fremde Beiwerk bestehen könne. Wenn er heuer wieder trotz des Krieges, trotzdem viele unserer Männer unter Deutschlands Fahnen kämpfen, in so großem Umfang durchgeführt werden könne, so beweise dies wiederum den tiefen Anteil aller Volksgenossen aus Land und Stadt an dem Feste. Wenn jeder einzelne Reiter und mit ihm alle, die zu seinem Hofe gehören, stolz sein würden, für das schönste Pferd einen Preis zu bekommen, so spreche daraus die alte Bauerngesinnung, die Tüchtigkeit und Ehrenhaftigkeit hochhält.


Nun entbot Gauleiter Hofer den Bauern des Brixentales seinen Gruß. Auch er gedachte der Jahre, da uns der Begriff der Zusammengehörigkeit genommen worden war und Deutschland der Spielball fremder Mächte war. Der Führer hat uns alle zusammengeführt und der Bauer vor allem müsse in jeder Stunde spüren, welch großes Verständnis seinen Bedürfnissen jetzt überall entgegengebracht werde. Er selbst sei stolz darauf, bei der Regelung mancher wichtigen Frage der Bauern mitgewirkt zu haben, dem Bauern Erholung nach den Jahren der Not zu ermöglichen. Der Gauleiter wie dann auf das Wiederaufleben aller alten Bräuche hin, auf den gesunden Zug, der sich überall in allen Lebenszweigen durchsetze und gedachte dann der grenzenlosen Erfolge unserer Soldaten. Während wir hier zum Feste uns zusammenfinden, steht die deutsche Wehrmacht tief in Feindesland. Das danken wir dem Führer. Was immer kommen mag, wir sind jederzeit bereit, dem Führer zu gehorchen, damit Deutschland siege, damit unserem Land endlich eine sichere Zukunft gewährleistet werde. Der Gauleiter schloß mit dem Dank an unsere stolze Armee, die im Norden und Westen und Osten unser Vaterland beschirmt, und schloß mit dem Sieg Heil auf den Führer.
Das Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied klingen über den weiten Festplatz, dann löst sich die Menge zu buntem Durcheinander auf. Die Pferde werden zur Prämiierung vorgeführt. Auf dem Tanzpodium zeigen die Mädel vom weiblichen Arbeitsdienst schöne Volkstänze, Jodler trillern, Schuhplattler schnalzen, kurzum frohes Festtreiben entwickelt sich auf dem weiten Wiesenplan und in den Gasthäusern des Ortes.

So ist der Brixentaler Flurritt auch in diesem Jahre trotz Krieg und mancherlei dadurch bedingter Einschränkungen im alten Sinne gefeiert worden, immer und allzeit unentwegt an den Sieg alles Lebens und alle Guten, Hellen und Lichten zu glauben. An den Sieg und die große Zukunft unseres deutschen Volkes.

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Brixentaler Flurritt 1940
Bericht
in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. Mai 1940, mit Fotos (u. a. Musikkapelle)
Signiert: "G."

Brauchtum alter Form in neuer Blüte
Die Ansprachen des Gauleiters und des Kreisleiters beim Brixentaler Flurritt Großkundgebung in Kirchberg

Wir brachten bereits in unserer gestrigen Ausgabe einen kurzen Stimmungsbericht über den Brixentaler Flurritt, der zu einer eindrucksvollen Kundgebung wahrer Volksgemeinschaft im Kriege wurde. Heute tragen wir den eingehenden Bericht über die in allen Teilen gelungene Veranstaltung nach.

Am Sonntag, den 26. d[ieses] M[onats], hatte der Kreis Kitzbühel einen großen Tag. Wie im Vorjahre fand in Kirchberg auch dieses Jahr der Brixentaler Flurritt statt, der von der Bewegung nach der Machtübernahme in der Ostmark in seiner ursprünglichen Gestalt wieder zu neuem Leben geweckt wurde. Trotz der Kriegszeit war die Beteiligung diesesmal noch stärker als im Vorjahre. Wenn man bedenkt, wie viele Männer derzeit im Wehrdienst stehen, so bedeutet dies schon allerhand. 143 Reiter nahmen an dem Ritt teil. Schon in den Vormittagsstunden herrschte nicht nur im Brixentale und in Kirchberg selbst, sondern auch in den übrigen Orten des Kreises reges Leben. Reiterkolonnen und Tausende von Volksgenossen zu Rad und zu Fuß strömten dem Festorte zu. Die aus dem Brixental kommenden Reiter vereinigten sich am Klausenbach mit den aus der Richtung Kitzbühel kommenden Teilnehmern zum gemeinsamen Ritt in das festlich geschmückte Dorf Kirchberg.


Kurz vor dem Eintreffen des Reiterzuges war auch Gauleiter Hofer aus Innsbruck angekommen, dem die nach Tausenden zählende Volksmenge, die sich erwartungsvoll in den Straßen drängte, einen stürmischen Empfang bereitete. Unter dem Spiel von drei Musikkapellen aus Kitzbühel, Brixen im Tale und Itter zogen dann die Reitertrupps, angeführt von Gauamtsleiter P[artei]g[enossen] Braunsdorff, der derzeit den Kreis Kitzbühel leitet, Landrat Pg. Dr. Wersin, Kreisbauernführer Pg. Reisch und Bürgermeister und Ortsbauernführer Pg. Paufler am Gauleiter vorbei, der mit einer großen Zahl von Ehrengästen aus Partei, Wehrmacht und Staat in der Ortsmitte Aufstellung genommen hatte. Zweimal durchritten die Reiter, von denen der Großteil die alte heimische Bauerntracht angelegt hatte, das Dorf und begaben sich dann auf den stimmungsvoll ausgeschmückten Festplatz. Die dort dem eigentlichen Flurritt folgende Kundgebung wurde durch den Kernspruch einer Pimpfenschar [Mitglieder des "Deutschen Jungvolks"] eingeleitet.



Nach der Meldung, die Bürgermeister und Ortsbauernführer Paufler dem Gauleiter verbunden mit einem Treuegelöbnis der Bauernschaft des Kreises Kitzbühel erstattete, begrüßte Gauamtsleiter Braunsdorff den Gauleiter und die Ehrengäste, unter denen, wie schon erwähnt, die starke Abordnung der Wehrmacht auffiel und dankte dem Gauleiter für sein Erscheinen und für die Förderung, die er nun schon traditionell dieser bedeutenden Kundgebung heimischen Brauchtums angedeihen läßt. P[artei]g[enosse] Braunsdorff wies in seinen Ausführungen darauf hin, daß der Brixentaler Flurritt tatsächlich uralte und arteigene Überlieferung darstellt und bezeichnete den Flurritt als ein rechtes Fest der Naturverbundenheit. Der Redner gab weiter seiner Freude Ausdruck, daß nicht nur die am Ritt beteiligten Bauern, sondern alle Volksgenossen der Veranstaltung so reges Interesse entgegenbringen. Wenn auch in diesem Kriegsjahre der Flurritt durchgeführt werden kann und sogar eine größere Beteiligung aufweist, als die gleiche Kundgebung im vergangenen Friedensjahr, so gibt uns das allen die Gewißheit, daß unser altes Brauchtum nicht nur jene zeitweilige Tünche überlebt, sondern einmal wieder in der alten Form geweckt einer Zeit neuer Blüte entgegengeht. Letzten Endes sei dieser Tag ein Fest der Gemeinschaft und nicht nur Besitzer und Reiter können auf ihr Mitwirken stolz sein. Wenn Reiter und Pferd an diesem Tag gar eine Auszeichnung erringen, so nimm daran nicht nur die Familie und Hofgemeinschaft des Bauern freudigen Anteil, das ganze Dorf ist dann von Stolz erfüllt in dem Bewußtsein, durch Leistung das Ansehen des ganzen Kreises gefördert zu haben. Zum Schlusse rief Parteigenosse Braunsdorff den Versammelten die heimatlichen Helden aus Väter- und Urväterzeit in Erinnerung und schloß mit einem Bekenntnis des unbedingten Siegeswillens im Ringen unserer Tage und der unbedingten Treue zum Führer.


"Die Zeit der Uneinigkeit darf nie mehr wiederkehren"

Gauleiter Hofer, der nun das Wort ergriff, wies darauf hin, daß eine der Hauptursachen für die wachsende Beteiligung am Brixentaler Flurritt gewiß auch die Einheit und das Zusammengehörigkeitsgefühl seien, die der Nationalsozialismus dem deutschen Volke wiedergegeben hat. Als wir uneinig waren und Volksfeinde den Norden gegen den Süden, den Österreicher gegen den Deutschen aus dem Altreich, den Katholiken gegen den Protestanten leider mit Erfolg ausspielten, wurde Deutschland zum Spielball fremder Staaten. Erst der Führer hat unseren Fehler in voller Klarheit erkannt und uns wieder zu einer wahren Volksgemeinschaft der Tat zusammengeführt. Diese Einigkeit hat sich auf allen Gebieten glücklich ausgewirkt und darum sind wir alle von dem Empfinden erfüllt, daß die Zeit der Uneinigkeit nie mehr wiederkehren darf. Wir haben die falschen Freunde erkannt, die nur teilen wollen, um selbst zu herrschen.

"Wenn in eurem Dorf ein Einzelner kommt", rief der Gauleiter aus, "und immer wieder das Trennende betont und Sorgen und Gewissenskonflikte in eure deutschen Herzen säen will, so schmeißt ihn hinaus! Wir haben genug gelitten und lassen uns nicht mehr teilen. Wenn heute unserer Väter Bräuche wie von selbst wieder zu Ehren kamen, wenn auf den Schießständen im ganzen Land wieder die Stutzen krachen, wenn unsere Frauen und Mädel wieder unsere schmucken bodenständigen Trachten zeigen, dann wissen wir, daß wir wieder zu unserer Art zurückgefunden haben und dieses Bewusstsein ließ in unsere Herzen ein unaussprechlich stolzes Glücksgefühl einziehen. Die erhabene Vergangenheit unserer Heimat findet die Fortsetzung in der gewaltigen Gegenwart."

Der Gauleiter erklärte, daß wir unsere Eigenart alsTiroler und Vorarlberger hochhalten, daß wir gute Tiroler und Vorarlberger sein wollen, um noch bessere Deutsche zu sein. Unter Hinweis auf die glänzenden Waffentaten und Siege unserer deutschen Volksarmee schloß der Gauleiter mit dem "Sieg Heil" auf den Führer und seine Soldaten, das von der Menge, die anschließend die Lieder der Nation sang, begeistert aufgenommen wurde.

Während nun anschließend die Pferde zur Prämiierung vorgeführt wurden, entwickelte sich auf dem Festplatz buntes Treiben. Die Arbeitsmaiden des Lagers Kirchberg warteten mit Reigentänzen auf, eine Westendorfer Jodlergruppe ließ ihre Lieder erschallen, die Trachtengruppe Kirchberg zeigte Volkstänze, während die Jugendtrachtengruppe derselben Gemeinde schneidige Schuhplattler hinlegte. Viel Beifall holten sich auch die frischen Mädel des Kitzbüheler BDM. [Bund deutscher Mädel] mit ihrem Bandeltanz. Die Tänze der BDM. und der NS.-Frauenschaft wirkten besonders reizvoll dadurch, daß sie nach alter Sitte auf grünem Rasen getanzt wurden.

Im vorhergehenden Festzuge waren die Tanz- und Brauchtumsgruppen mit ihrem stilvoll geschmückten Festwagen aufgefallen. Besonders erwähnt sei der Wagen mit den Spinnerinnen bei der Flachsbearbeitung, den die Frauenschaft von Westendorf stellte.

Die Auswahl der schönsten Männer- und Frauentrachten wurde von der Gausachbearbeiterin für Volkstum und Brauchtum in der Gaufrauenschaftsleitung, P[artei]g[enossi]n Gertrud Pesendorfer, getroffen, die Preise selbst von Kreisschützenmeister Oberforstrat Ing[enieur] v[on] Schollmeyer überreicht. Die Preise bestanden aus Anweisungen auf Trachtenstoffe und Urkunden und sollen auch praktisch der Pflege der heimischen Tracht dienen. Es wurde darauf gesehen, einerseits gut erhaltene alte Trachten zu würdigen, andererseits aber auch die Bestrebungen zu unterstützen, die erneuerte Tracht einzuführen.

Bei der Prämiierung der Pferde, die in ihrem prächtigen Schmuck, bei dem, altem Brauch entsprechend, Lärchenzweige vorherrschten, einen imposanten Anblick boten, erhöhte der Gauleiter

noch auf dem Festplatz die Zahl der ausgesetzten Prämien als Anerkennung für die zahlreiche Beteiligung.

Daß natürlich bei diesem Brauchtumsfest auch ein Schießstand errichtet war, der regsten Zuspruch fand, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Die Organisation dieses Brixentaler Flurrittes 1940 war mustergültig. Die Vorarbeiten dazu hatten, unter der Oberleitung des Pg. Braunsdorff, Männer der Partei und ihrer Gliederungen, des Reichsnährstandes, der NS.-Frauenschaft und der Gemeinden durchgeführt. Um das Gelingen des festes haben besonders der Kreisausbildungsleiter Pg. Godai, Ortgruppenleiter Pg. Papp, Bürgermeister und Ortsbauernführer Pg. Paufler, Kreisbauernführer Pg. Reisch und Bürgermeister Pg. Müller, Kitzbühel, verdient gemacht. Erwähnt sei noch, daß auch die Wehrmacht kameradschaftlich half.

Preise für Trachten
Frauen [...] / Männer [..., pro Kategorie jeweils Aufzählung mit Rang und Namen].

Prämiierungsliste für die Pferde
Fohlen [...] / Haflinger [...] / Noriker [..., pro Kategorie jeweils Aufzählung mit Rang und Namen].

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Brixentaler Flurritt 1941
Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. Juni 1941, S. 3, mit Foto (Volkstanz)
Signiert: "thm."

Der Brixentaler Flurritt ein Festtag der Bauern Gauleiter Hofer sprach auf dem Festplatz in Kirchberg Die Beteiligungsziffern der Vorjahre noch übertroffen

Kirchberg, 16. Juni. Auch in diesem Kriegsfrühjahr ließen es sich die Brixentaler Bauern nicht nehmen, ihr traditionelles und in urdenkliche Zeiten zurückreichendes Frühlingsfest zu begehen: den Brixentaler Flurritt. Wie sehr dieser alte Brauch, der nach dem Umbruch durch die Initiative von Gauleiter Hofer von allen fremden Einflüssen befreit und in seiner ursprünglichen Form wieder durchgeführt wurde, immer mehr an Volkstümlichkeit gewinnt, erweist die Tatsache, daß trotz des zweiten Kriegsjahres die Teilnahme der Reiter und Brauchtumsgruppen noch wesentlich höher war, als im Vorjahre.

Bereits in den Vormittagsstunden des Sonntag ritten die Bauern von Hopfgaren, Westendorf, Brixen, Kitzbühel und den übrigen Orten des Tales auf ihren mit Blumen, Lärchenzweigen und bunten Bändern prächtig geschmückten Rossen zum Treffpunkt am Klausenbach, von wo sich dann die einzelnen Reitergruppen im gemeinsamen Zuge nach Kirchdorf in Bewegung setzten. In der festlich geschmückten Ortschaft war inzwischen Gauleiter Hofer mit zahlreichen Ehrengästen aus Partei, Wehrmacht und Staat von auswärts eingetroffen, um den Vorbeiritt der Brixentaler Bauern abzunehmen. Die Feststraße säumten zahlreiche Volksgenossen, als die 152 Mann starke Reitergruppe unter den schmissigen Marschweisen der Trachtenmusikkapellen eintraf. An der Spitze ritt der Kreisleiter des Kreises Kitzbühel, P[artei]g[enosse] Merath, der den Gauleiter zuvor an der Kreisgrenze eingeholt hatte, und erstattete Meldung. Die Hand zum Gruß erhoben, ritten sodann die Bauern an ihrem Gauleiter vorüber. Man sah manche markante und charakteristische Köpfe, neben den Fahnen der Bewegung, flatterten alte, zerfetzte Sturmfahnen aus den Kämpfen der Vergangenheit lustig im Winde. Die prächtig herausgeputzten Pferde boten mit ihren Reitern, die zum größten Teil in Tracht waren, einen festlichen Anblick.

Nachdem die Lieder der Deutschen den offiziellen Teil der Feier beendet hatten, fanden die anschließenden Brauchtumsvorführungen eine zahlreiche und beifallfreudige Zuhörerschaft. Fröhliche Volkslieder und Jodler klangen auf, Brauchtumsgruppen des Tiroler Standschützenverbandes zeigten volkstümliche Tänze und Reigen, und während noch die turnerischen Vorführungen die Aufmerksamkeit der Besucher erregten, krachten an den Schießständen bereits die Stutzen.



"Ein Fest der Heimatliebe, der Gemeinschaft und des Wehrwillens"

Gauleiter Hofer, der nunmehr das Wort ergriff, betonte eingangs, daß dieser Flurritt viel, viel weiter zurückgehe, als gewisse Kreise noch vor wenigen Jahren wahrhaben wollten. Heute sei es erwiesen und allseits anerkannt, daß dieser Flurritt nicht erst aus dem 17. Jahrhundert stamme, sondern daß wir es bei ihm mit einem aus der Frühzeit unseres Volkes erhaltenen Brauch zu tun haben. Dieser festliche Ritt sei ein Stück altgermanischer Überlieferung, die wir Menschen von heute in dem Bewußtsein weiter pflegen, uns zu der von unseren Ahnen überlieferten Art zu bekennen. Der Schmuck der Pferde ist für uns Symbol der Fruchtbarkeit. Wir dürfen aber auch nicht übersehen, daß die Reiter, die mit Schwert und Spieß ihre Flur umritten, damit ihren Willen bekundeten, die heimatliche Gemarkung vor feindlichem Eingriff zu schützen.

Gerade deswegen wollen wir auch in der Zeit des Ringens um die Sicherheit unserer Zukunft, dieses fest der Heimatliebe, der Gemeinschaft und des Wehrwillens in würdiger Weise begehen.

Der Gauleiter gedachte dann der Kameraden an der Front, unterstrich die wunderbaren Erfolge des deutschen Volksheeres und gedachte bei dieser Gelegenheit auch der Ruhmestaten der Gebirgsjäger. Die Lehre, die der uns aufgezwungene Kampf uns bringt und die Lehre, die wir aus dem kommenden Endsieg zu ziehen haben, sei einzig und allein die niemals mehr den Geist der Gemeinschaft aufzugeben und dafür Sorge zu tragen, daß wir eine verschworene Gemeinschaft sind und bleiben. Im 17 Uhr beschloß der Gauleiter den Brixentaler Flurritt mit der Ueberreichung der Diplome.

Gauleiter Hofer begab sich gegen Abend in das Aufbaudorf Kelchsau [...].

Besonders bewertete Trachten
1. Preise Männer [..., bis] / 2. Preise Frauen [..., pro Kategorie jeweils Aufzählung mit Rang und Namen].

Prämiierte Pferde
Elf erste Preise [...] / 25 zweite Preise [..., pro Kategorie jeweils Aufzählung mit Rang und Namen].

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Brixentaler Flurritt 1942
Vorbericht
in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1942, S. 3
Unsigniert

Brixentaler Flurritt am 7. Juni

Kirchberg, 2. Juni. Der Brixentaler Flurritt, eine der bekanntesten Brauchtumsveranstaltungen unseres Gaues, deren Ursprünge bis in die Zeit unserer germanischen Vorfahren zurückreichen, findet heuer am kommenden Sonntag, 7. d[ieses] M[onats] nachmittags statt. In altgewohnter Weise werden sich die Reiterzüge aus dem Brixental gegen 14 Uhr in Kirchberg sammeln und nach einem Umritt durch den Ort auf den Festplatz einreiten. Nach einer Kundgebung werden die Trachten bewertet und die Pferde prämiiert. Zur Prämiierung sind Haflinger und Noriker Pferde zugelassen; in gleicher Höhe wie im Vorjahr stehen ansehnliche Preise für die besten und schönsten Pferde zur Verfügung.

Die Veranstaltung ist ferner mit der Freisprechung der Landarbeitslehrlinge und mit reichhaltigen Brauchtumsvorführungen des Standschützenverbandes Tirol-Vorarlberg verbunden. Mit der Preisverteilung an die Besitzer der prämiierten Pferde findet sie ihren Abschluß.

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Brixentaler Flurritt 1942
Bericht
in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. Juni 1942, S. 3 f., mit Fotos
Unsigniert

Der Brixentaler Flurritt
Beteiligung der Vorjahre noch übertroffen

Größte Anteilnahme der Volksgenossen aus nah und fern Gauleiter Hofer sprach zu den Bauern

Kirchberg, 8. Juni. Das farbenbunte Bild, das Kirchberg und seine Umgebung alljährlich am Tage des Brixentaler Flurrittes bietet, ist nun schon altgewohnt, und doch brachte und der letzte Sonntag dortselbst eine Ueberraschung, da das altüberkommene Brauchtumsfest diesmal alle seine Vorgänger noch in jeder Hinsicht zu schlagen vermochte. Dies kann mit Fug und Recht als Zeichen dafür genommen werden, daß der Flurritt für den Kreis Kitzbühel und darüber hinaus den Volksgenossen zu einer Herzenssache geworden ist. Der Stadtschützenverband Tirol-Vorarlberg, dem die Durchführung des festes obliegt, kann mit Genugtuung den Erfolg des Tages buchen, an dem unser heimisches Bauerntum in bisher in diesem Rahmen unerreichter Weise ein Bekenntnis zur wehrhaften Tradition und zum naturverbundenen Sinn der Väter ablegte. Trotz aller Lücken, dadurch entstanden, daß Bauern und ihre Söhne und Knechte gegen den äußeren Feind aufgeboten sind, hatte auch diesmal jede Dorfgemeinschaft des Brixentales und der Kitzbüheler Gegend die schönsten Noriker und Haflinger zum festlichen Malritt gerüstet. Wieder prangten die Pferde im Schmucke von Blumen und Bändern und Lärchenzweigen, die die herkömmlichste Zierde der Reittiere darstellen. In den Sätteln saßen vielfach eisengraue Altbauern neben jungen Buben. Die Reiterzüge aus dem Brixental und aus Kitzbühel vereinigten sich [in] herkömmlicher Weise am Klausenbach, von wo der Zug den festlichen Ritt nach Kirchberg antrat.

178 Pferde waren zur Stelle, also mehr als 1941. Die Reiterschar bot in ihren bunten Trachten, über denen alte Banner und Hakenkreuzfahnen flatterten, ein unvergeßliches Bild, wie sie so zwischen den fahnengeschmückten Häusern von Kirchberg einritt, wo sie von einer festlichen Menge erwartet wurde. Nachmittags war dortselbst Gauleiter Hofer eingetroffen, der vom Stellvertretenden Gauleiter P[artei]g[enossen] Parson sowie Mitgliedern des Gaustabes begleitet war. Der Gauleiter wurde vom Ortsgruppenleiter Pg. Papp begrüßt und von den Volksgenossen, besonders von der Jugend, freudigst empfangen und nahm mit den Ehrengästen, unter denen sich auch Vertreter der Wehrmacht befanden, auf einer Tribüne Aufstellung, vor der unter den Klängen einer Standschützenkapelle der Vorbeiritt erfolgte, der von Kreisleiter P[artei]g[enossen] Merath sowie vom Kreisamtsleiter Landrat Dr. Wersin, Kreisbauernführer Pg. Reisch und Ortsbauernführer und Bürgermeister Pg. Paufler angeführt wurde. Nach dem Passieren des Reiterzuges marschierten die Trachtengruppen vorbei. Die Reiter umritten dann die Kirchberger Flur, hielten dabei einmal an, um den Flurspruch des Kreisbauernführers zu hören und ritten dann auf den Festplatz ein, auf dem ein Maibaum in die Luft ragte und Tribünen errichtet waren. In wenigen Minuten war der geräumige Platz von einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge erfüllt. Pg. Paufler entbot dem Gauleiter und den Volksgenossen nochmals herzlichen Willkomm. Nach einen Festchoral, gesungen von H[itler]J[ugend] und R[eichs]A[rbeits]D[ienst] und gespielt von der Stadtschützenkapelle Kirchberg, sprach Kreisleiter Merath über Sinn und Bedeutung des Flurrittes.


Gauleiter Hofer führte aus, daß sich in den alten Bräuchen der Jahreslauf des bäuerlichen Lebens spiegle und wie darauf hin, daß im Leben der Bauern Arbeit und Mühen alltäglich, Feste aber selten seien. Alle diese Feste aber sind zuvorderst Gelegenheiten der Besinnung auf die unabweisliche Verpflichtung des einzelnen zum Dienst an der Gemeinschaft, da auch der einzelne nur unter dem Schutze der Gemeinschaft leben und gedeihen kann. Der Krieg und erst recht der Krieg unserer Tage, den unsere Gegner uns aufgezwungen haben, ist die Zeit allerhöchster Bewährung und in ihm muß sich der Gemeinschaftsgeist auf das kräftigste entfalten. Dies gilt für den Soldaten an der Front, dies gilt aber auch für die Heimat, für die die Front kämpft. So wollen wir daheim auch gar nicht von Opfern reden, sondern im Hinblick auf Kampf und Einsatz der Soldaten die vermehrten Pflichten unserer Tage erfüllen. Wir wollen die Heimat so betreuen, daß die Frontheimkehrer nach dem Siege diese Heimat in Ordnung und schöner, als sie sie verlassen, wieder finden. Vor allem sollen sie nicht wieder finden den Geist von 1918, den Geist der Wühlmäuse und des Schiebertums, die sich damals breit machen durften und den deutschen Widerstand zerbrachen.
Fortfahrend forderte der Gauleiter gerade von unserem Bauerntum eine der Zeit würdige Haltung und Pflichterfüllung bis zum letzten, wobei er darauf hinwies, daß durch einen restlosen Sieg die Möglichkeit für einen dauerhaften Sieg geschaffen werden müsse.

Wenn der Führer nicht gekommen wäre, so wären die jüdischen Vernichtungsabsichten gegen das deutsche Volk heute wohl schon erfüllt, und daß wir überhaupt noch leben, verdanken wir einzig und allein dem Führer. Die Soldaten, die im Osten kämpfen, haben wohl alle die Vernichtungsabsichten des Weltjudentums erkannt, und auch wir wissen heute alle, daß Juda geschlagen werden muß, damit es dereinst nicht wieder gegen unsere Kinder einen Vernichtungskrieg entfesseln kann.

Für diese unsere Kinder darf uns heute kein Einsatz zu groß werden, auch wenn wir die Früchte dieses Ringens nicht mehr alle werden genießen können. Aber, so sagte der Gauleiter, dem Bauern sind ja solche Gedanken nicht fremd, er ist ja gewohnt, zu säen und zu pflanzen, um erst später zu ernten, und er setzt in seinem Leben so manchen Baum, von dem er weiß, daß erst die Kinder und Enkel die Früchte davon genießen werden. So wollen auch wir für die Zukunft unseres Volkes arbeiten und festhalten an altem Brauch und Vätergeist, weil wir so am besten gesund und stark bleiben, und leben und schaffen in der Erkenntnis, daß wir unter Führung Adolf Hitlers das oft leicht schaffen, wozu spätere Generationen sich sehr hart tun würden, daß wir mit dem Führer an der Spitze, mit Adolf Hitler unter uns Leistungen vollbringen können, die selbst ein deutsches Volks ohne den Führer niemals vollbringen könnte.


Abschließend nahm de Gauleiter die Verteilung der Preise für die bestbefundenen Pferde vor und überreichte einer Anzahl von Landarbeitern und Landarbeiterinnen anläßlich ihrer Freisprechung den Lehrbrief, wobei er ausführte, daß bisher wohl jeder Handwerker seinen Freibrief erhielt, daß man es aber nicht für nötig gehalten hatte, dem Bauern seine fachliche Ausbildung zu bekunden.

Dann fand die Bekanntgabe der Preisträger im Trachtenwettbewerb statt. Neben vielen schönen, alten Trachten fanden dabei auch die Werktagstrachten Beifall. Es ist überaus erfreulich, daß die liebevolle Pflege, die das Trachtenwesen in unserem Gau findet, dazu geführt hat, die Trachten aus der Erstarrung einer Museumsangelegenheit zu erlösen, und mit Genugtuung kann festgestellt werden, daß die erneuerte Alltagstracht sich durchzusetzen vermochte.

Zum Abschluß warteten Brauchtumsgruppen mit ausgezeichneten Vorführungen auf. Damit war der Brixentaler Flurritt 1942 beendet. Langsam ritten auf allen Straßen und Wegen die Reiter des Flurritts heimwärts zu ihren Höfen, wie ihre Vorfahren nach dem Flurritt heimgeritten waren und so wie die Nachkommen heimreiten werden, wenn der Kampf um das Schicksal Deutschlands und Europas einmal in Geschichte und Liedern fortleben wird als der Sieg unseres Volkes über das Böse in der Welt.

Die Preisträger im Volkstrachten-Wettbewerb sowie die Besitzer der mit Preisen ausgezeichneten Pferde werden noch veröffentlichen.

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Brixentaler Flurritt 1943
Bericht
in den Innsbrucker Nachrichten vom 29. Juni 1943, S. 3 f., mit Fotos (u. a. Volkstanz)
Unsigniert

Ein Bekenntnis zum Brauchtum: Der Brixentaler Flurritt

Kirchberg, 28. Juni. Der Brixentaler Flurritt, der am 27. Juni wie in den früheren Jahren in Kirchberg bei Kitzbühel zur Durchführung gelangte, wurde auch diesmal wieder zu einer machtvollen Kundgebung der Lebendigkeit unseres Väterbrauchtums, sowie des absoluten Siegesglaubens und der Einsatzbereitschaft aller Volksgenossen in unserem schönen Berggau. Der Ablauf der Veranstaltung wiederholt sich alljährlich in der Weise, die schon traditionell geworden ist. Was aber besonders erfreulich festgestellt zu werden verdient, ist der Umstand, daß auch im vierten Kriegsjahre, was an Beteiligung und Leistung betrifft, wieder eine Steigerung eingetreten ist. Neben den heimischen Reitern und den Brauchtumsgruppen des Kreises, waren aus nah und fern Tausende von Besuchern nach Kirchberg geströmt, unter denen sich neben manchem Fronturlauber auch eine größere Anzahl verwundeter Wehrmachtskameraden befanden, die besonders willkommene Gäste des Brauchtumstages waren.

Die Jugend aus den Dörfern war zum großen Teil in den erneuerten Festtags- oder Werktagstrachten gekommen. Dieser Fortschritt in der Trachtenarbeit ist besonders erfreulich und im Hinblick auf die heutigen Schwierigkeiten doppelt anerkennenswert.

Nicht unerwähnt darf auch das Auftreten der vor einigen Monaten aufgestellten Jungschützenkapelle des Kreises Kitzbühel des Standschützenverbandes bleiben, deren 13- bis 14-jährige Spielleute sich auf den ganzen Kreis Kitzbühel verteilen. Trotzdem aber zeigten sie in Kirchberg, daß ihr sichtlicher Eifer in der kurzen Zeit ein sicheres Zusammenspiel erreichte, mit dem sie schneidig und flott ihre Weisen zu Gehör brachten.

Schon am Vormittag sammelte sich in den einzelnen Orten des Brixentales die Reiter zu einem immer stärker werdenden Zuge, dem sich zuletzt noch die Kirchberger Reiterkolonne einreihte und mit ihm zum Klausenbach ritt, wo dann auch die Reiter von Jochberg, Aurach, Oberndorf, St. Johann und Kitzbühel eintrafen. Vom Maibaum am Klausenbach setzte sich dann der gesamte Reiterzug nach Kirchberg in Bewegung, voran Kreisleiter P[artei]g[enosse] Merath und Landrat Pg. Dr. Wersin, sowie Kreisbauernführer Pg. Reisch und der Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Pg. Paufler.

Kurz vor dem Eintreffen der Reiter war der Stellvertretende Gauleiter P[artei]g[enosse] Parson, in dessen Begleitung sich der Leiter der A d O Peter Hofer befand, in Kirchberg angekommen. Auch von der Wehrmacht waren aus den umliegenden Standorten Vertreter als Ehrengäste, an der Spitze Major Härter, anwesend. Nach dem Vorbeiritt vor dem Stellvertretenden Gauleiter schwenkten die Reiter zum Festplatz ein, auf dem nach einem Festspruch der Hitler-Jugend und der Begrüßung durch den Ortsgruppenleiter, Kreisleiter Pg. Merath, den Stellvertretenden Gauleiter und alle Gäste willkommen hieß. Der Kreisleiter machte dabei mit Bedauern die Mitteilung, daß es dem Gauleiter wegen einer vorübergehenden Erkrankung diesmal nicht wie sonst üblich möglich war, zum Flurritt nach Kirchberg zu kommen.


Dann ergriff der Stellvertretene Gauleiter, Befehlsleiter Pg. Parson, das Wort und wies darauf hin, daß seit dem letzten Flurritt in einem Jahr schwerster Kämpfe unsere Soldaten einen Opfergeist und ein Heldentum ohnegleichen bewiesen haben. Aber auch die Heimat hat es im vierten Kriegsjahr verstanden, die Arbeitsleistung und Einsatzbereitschaft der vergangenen Jahre noch zu übertreffen. Neben den Bauern und Arbeitern, deren Leistungen augenscheinlich sind, hat sich aber die deutsche Frau, die an vielen Stellen den eingerückten Mann vertritt, besonders tapfer und einsatzbereit gezeigt. Dieses Lob gilt im höchsten Maß auch für unsere Bäuerinnen, wie für die deutschen Mütter. Wenn wir nun in einer so ernsten Zeit wiederum den Brixentaler Flurritt durchführen, so hat dies seine volle Berechtigung, denn der Flurritt ist ja keine Unterhaltung, es ist einer der Rechenschaftsberichte der Heimat, Bekenntnis zum bodenständigen Brauchtum und ein Beweis des Glaubens an unsere Zukunft. Wenn in unserer Heimat am Ende des vierten Kriegsjahres so viele Menschen zur Begehung eines altehrwürdigen Brauchtums zusammenkommen, dann zeigt dies am besten unseren unbeirrbaren Siegeswillen. Es ist beim Brixentaler Flurritt nicht anders als bei unseren Kreisschießen. Pg. Parson wandte sich dann an die anwesenden Soldaten: "Ihr, meine Kameraden, die Ihr im grauen Rock unter uns weilt, Ihr seid doch viel glücklicher und geht viel selbstsicherer hinaus in den Kampf, wenn Ihr wißt, daß wir daheim nicht nur arbeiten, sondern auch bemüht sind, die Heimat froh und damit mutig, vor allem aber deutsch in Art und Brauch zu erhalten. Es lohnt sich dann schon für eine solche Heimat zu kämpfen und zu arbeiten! Für all Euren Kampf und für all Eure Arbeit", wandte sich der Stellvertretende Gauleiter sodann an die Versammelten, "habe ich Euch den Dank unseres Gauleiters zu sagen. Es ist mehr geleistet worden als erwartet werden konnte. Dieser Dank aber ist für uns alle eine Verpflichtung, niemals müde zu werden, sondern immer bessere Leistungen aus uns herauszuholen. Auf solche Weise statten wir auch einen kleinen Teil unserer Dankesschuld dem Führer gegenüber ab."

Nach der Rede des Stellvertretenden Gauleiters fand die Prämiierung der mit Preisen ausgezeichneten Pferde statt. Die Bewertung hatte ergeben, daß das Pferdematerial in diesem Jahr bedeutend besser als im Vorjahre war. So konnten diesmal 20 Pferde gegen nur 14 im Vorjahr erste Preise und 31 Pferde gegen 20 Pferde 1942 zweite Preise erhalten. Mit dritten Preisen wurden 45 und mit vierten Preisen 15 Pferde ausgezeichnet. Prämiiert wurden nur Noriker und Haflinger Pferde, die am Flurritt teilgenommen hatten. Nach dem Umritt der mit dem ersten Preis ausgezeichneten Pferde überreichte der Stellvertretende Gauleiter den sieben besten landwirtschaftlichen Lehrlingen des Kreises Diplome und, als Erinnerungsgabe des Gauleiters, Bücher. Anschließend fand dann die Verkündigung der Sieger im Trachtenwettbewerb statt.

Zum Abschluß des Brauchtumstages gab es dann eine Stunde heimischen Brauchtums, die von Tanz- und Singgruppen sowie Musikkapellen des Standschützenverbandes, des Arbeitsdienstes weiblicher Jugend, Kindergruppen und Hitler-Jugend durchgeführt wurde.

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Brixentaler Flurritt 1944
Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Juni 1944, S. 3
Unsigniert

"Wehrbauernstamm im Süden des Reiches"
Der Brixentaler Flurritt, ein Bekenntnis zu Heimattreue und Einsatzbereitschaft

Kirchberg, 12. Juni. Die hervorragende Stellung, die der Brixentaler Flurritt schon wegen seiner Ursprünge in germanischer Vorzeit im Schatz des Brauchtums unserer Bergheimat einnimmt, kam auch bei der diesjährigen Wiederholung dieses einzigartigen Brauches überzeugend zum Ausdruck. Trotz der Erschwernisse, die im 5. Kriegsjahr auch seiner Beibehaltung und Durchführung entgegenstehen mussten, war sowohl hinsichtlich des Umfanges der Beteiligung bäuerlicher Reiter, als auch der Anteilnahme der Bevölkerung kein Abfall gegen frühere Jahre festzustellen.

In herkömmlicher Weise zogen die Reitergruppen von allen Seiten in den Vormittagsstunden heran. Zum großen Teil mussten sie schon sehr früh aufbrechen, um die beiden Sammelpunkte Brixen-Hof und Gundhabing zu erreichen, wo sie mit den Flurritt verbundene Beurteilung der Pferde durch den Kreisbauernführer P[artei]g[enossen] Reisch, den Landstallmeister Ingenhaeff und ihre fachkundigen Helfer durchgeführt wurde. Die beiden großen Reitergruppen zogen dann von Osten nach Westen zum Klausenbach heran, wo sie sich vereinigten. Es bot sich hier ein besonders eindrucksvolles und ansprechendes Bild: die Spitzen der beiden Reiterzüge, die sich genau vor der Brücke trafen und mit lautem Zuruf des deutschen Grußes begrüßten, die Pferde prächtig aufgezäumt und mit frischgrünen Lärchenzweigen geschmückt, die Reiter zum größten Teil in den abwechslungsreichen, zum Teil sehr alten Trachten und über allem die flatternden Hakenkreuzfahnen. Der Reiterzug, nunmehr an die anderthalbhundert Pferde stark, umritt den Maibaum am Klausenbach und zog geschlossen gegen Kirchberg. Am Ortseingang setzten sich der Kreisleiter P[artei]g[enosse] Merath und der Landrat Pg. Dr. Wersin zu Pferd an die Spitze des Zuges und führten ihn weiter zum Vorbeiritt vor dem Gauleiter.

Gauleiter Hofer war kurz vorher in Kirchberg eingetroffen. Inmitten des Ortes erwarteten ihn zahlreiche Ehrengäste, darunter SS-Obergruppenführer P[artei]g[enosse] Schaub und der Standortälteste der Wehrmacht aus Innsbruck, Generalleutnant Freiherr von Faber du Faur. Die Jungschützenmusikkapelle des Kreises Kitzbühel, Mädel- und Kindergruppen und die Bevölkerung, die in dichter Masse die Straßen säumte und in der die zahlreichen Trachten das Bild bestimmten, bereiteten dem Gauleiter einen überaus herzlichen Empfang.

Mit der Standschützenkapelle Kitzbühel an der Spitze kam nun der Reiterzug heran, Kreisleiter Merath erstattete dem Gauleiter die Meldung und die Reiter zogen am Gauleiter und den Ehrengästen vorbei.

Nach Beendigung des Vorbeirittes begab sich der Gauleiter zum Platz der großen Kundgebung, die mit Fanfarenklängen und einem von Kreisamtsleiter P[artei]g[enosse] Wallner gesprochenen Fürspruch eingeleitet wurde. Hernach ritten die Flurreiter auf den Kundgebungsplatz ein, geführt von Ortgruppenleiter Parteigenossen Paufler, der den Gauleiter namens der Reiterschar begrüßte. Nach dem Vortrag des "Flurrittliedes" von Pg. [Norbert] Wallner, das in der Vertonung hier zum ersten Male zu hören war, eröffnete Kreisleiter Merath die eigentliche Kundgebung mit einer Ansprache, worin er dem Gauleiter den Dank dafür aussprach, daß dieser das Heiligste und Wertvollste wieder zum vollem Leben erweckt hat: die Liebe zur Heimat, die die Menschen zur höchsten Treue und zu jedem Einsatz für unser großes Vaterland befähigt.

Gauleiter Hofer erinnerte in seiner Ansprache an den Aufbau ohnegleichen, der seit 1938, als der Brixentaler Flurritt zum ersten male als überlieferungsechter altgermanischer Brauch wieder auflebte, auf allen Gebieten geleistet wurde. Unsere Bauern wissen es am besten, wenn sie ihre Wirtschaftslage, den Zustand ihrer Höfe und ihre Viehbestände von damals mit den heutigen vergleichen. Aber der Neuaufbau beschränkte sich nicht allein auf das materielle Gebiet, sondern war nicht geringer auf dem geistigen. In dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Gemeinschaft hat sich das große deutsche Wunder vollzogen, der Führer hat uns wider den Glauben an Deutschland gegeben.

Voll unerschütterlichen Glaubens und felsenfester Zuversicht

Der Flurritt in seiner heutigen Form ist nicht zuletzt auch ein Rechenschaftsbericht über die Haltung der Heimat und ihre Leistungen in abgelaufenen Jahren. Ebenso wie die Kreisschießen, die nun überall im "Land im Gebirge" durchgeführt werden, ist auch dieser alte Brauch eine Kundgebung des unerschütterlichen Glaubens, daß dieser Krieg, möge er dauern wie lange er wolle, mit unserem Sieg enden wird. In diesem Zusammenhang verwies der Gauleiter darauf, daß er überall im Lande gelegentlich der Kreisschießen während der Zeit, als die Invasion täglich erwartet wurde, dieselbe eisige Ruhe und felsenfeste Zuversicht und eine Haltung, die zu allem entschlossen war, vorgefunden habe. Die gleiche Einstellung wird auch die Haltung der Menschen im Gau Tirol-Vorarlberg in den jetzt bevorstehenden Wochen und Monaten schicksalhafter Entscheidungen bestimmen.

Den Sinn der Brauchtumsarbeit umriß der Gauleiter mit dem Hinweis darauf, daß in Großdeutschland keine Gleichmacherei und keine "Kollektivierung des deutschen Menschen" in Frage komme. Jeder deutsche Stamm schöpft aus seiner bodenverbundenen Eigenart seine stärksten Kräfte und in seiner Vielgestaltigkeit wird das deutsche Volk seine ideenreiche, schöpferische Kraft bewahren, die ihm immer zu eigen war und der es seine Befähigung zum Aufbau und Aufstieg verdankt. Dies gilt auch für den Wehrbauernstamm im Süden des Reiches, der dieses Land wieder zu dem machen wird, was es einst sein Kanzler genannt hat: zur Zitadelle des Reiches.

Es müssen harte Menschen sein, die der Lösung dieser Aufgabe mächtig sind. Im Lebenskampf unserer Bergbauern, die trotz der Schwere der Arbeit mit niemand tauschen möchten, die von ihren Höfen frei und weit ins Land hinaussehen, ist diese Härte gewachsen, sie sind Herrenmenschen und wollen keine Almosenempfänger sein. Seine Härte aber hat der Volksstamm in unseren Bergen durch seine eiserne Disziplin und seine unerschütterliche Treue zu Führer und Reich neuerdings in der Zeit bezeugt, als der größte Verrat an Deutschland in diesem Kriege verübt wurde. Die gleiche Härte wird sich auch weiterhin bewähren, je stärker der Druck des Feindes wird, denn um so fester wird auch unsere Gemeinschaft werden. Auch die Städte unseres Gaues haben es bei und nach Luftangriffen bereits bewiesen, daß wir hinter keinem anderen Gau des großdeutschen Reiches zurückstehen.

So soll auch dieser Flurritt ein Ausdruck der Geschlossenheit und Entschlossenheit sein, ein Ausdruck des Vertrauens zu unseren Soldaten und des Glaubens an den Führer, der Deutschland zum größten Sieg seiner Geschichte führen wird.


Die Ausführungen des Gauleiters wurden von den Kundgebungsteilnehmern, die den weiten Platz in dichten Massen füllten, mit wiederholten Zustimmungskundgebungen aufgenommen. Dem Gauleiter wurden nunmehr die erstklassig prämiierten Pferde vorgeführt, deren Reiter aus seiner Hand die Anerkennungsurkunden entgegennehmen konnten. Auf Grund der strengen Prüfung konnten elf Pferde erstklassig beurteilt werden. Ihre Besitzer sind folgende: [..., folgt Namensliste].

Zur Prüfung waren nur Pferde der norischen und der Haflinger Rasse zugelassen, die am Flurritt teilgenommen hatten.

Die guten Zuchtergebnisse und die einwandfreie Haltung des Pferdebestandes im Kreis Kitzbühel wird nicht nur durch die hohe Zahl der erstklassig prämiierten Pferde bewiesen, sondern auch dadurch, daß über 70 Pferde in die 2. Klasse eingereiht werden konnten. Auch um diese Beurteilung zu erfahren, muß ein Pferd noch sehr hohen Anforderungen genügen.

Die Überreichung der Anerkennungsurkunden an die besten Landwirtschaftslehrlinge des Kreises durch den Gauleiter in Verbindung mit dem Flurritt ist nun ebenfalls schon zum festen Brauch geworden. Diese Ehrung wurde heuer folgenden Lehrlingen zuteil: [..., folgt Namensliste].

Den Abschluß der Kundgebung bildeten Darbietungen zahlreicher Sing- und Tanzgemeinschaften aus dem ganzen Kreis unter Leitung von P[artei]g[enossen Norbert] Wallner. Begleitet von der Jungschützenmusikkapelle, bot die Jugend des Kreises einen lebensvollen Ausschnitt aus ihrer Brauchtumsarbeit. Wir sahen ausgezeichnete Schuhplattler und andere Volkstänze und erlebten in vielerlei Abwandlungen das heimische Volkslied, das in seiner gesunden Verbindung von Gemütstiefe und köstlichem Humor kaum in einem zweiten Gebiet des Gaues in so reicher Fülle vorzufinden ist, wie in seinem nordöstlichen Teil. Mit dem Hellau-Lied ["Hellau! Mir sein Tirolerbuam"?] fand der Tag sinn- und stimmungsvollen Ausklang.

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Brixentaler Antlaßritt 1946

Der Antlaßritt
in: Friedrich Haider, Tiroler Volksbrauch im Jahreslauf, Innsbruck etc. 1968, S. 290-293

Vom Antlaß- oder Blutstag hat der Umritt der Gemeinden Brixen, Kirchberg und Westendorf seinen Namen. Wird die vormittägige Fronleichnamsprozession bei Schlechtwetter ausgesetzt, so findet der Antlaßritt bei jedem Wetter statt. Nur im Falle einer Überschwemmung bleibt er aus. Pfarrer Matthias Mayer, der bekannte Heimatforscher aus Going, hat diesem alten Brauch eine wertvolle Schrift gewidmet ["Der Brixentaler Antlaßritt 1946", Brixen i. T. 1946], worin es über den Antlaßritt heißt:

"Die ganze Form des Antlaßrittes weist größte Ähnlichkeit mit den auch anderswo, vor allem in Altbayern, verbreiteten Pferdeumritten, besonders zu Pfingsten, Georgi oder am Leonhardstage, auf. Es sind damit fast immer kirchliche Pferdesegen und Evangelienlesungen verbunden. Die Ziele solcher Prozessionen sind zumeist Kapellen und Kirchen, die den sogenannten Roßheiligen, Stefan, Martin, Georg und Leonhard, geweiht sind. Meist spielt das Umreiten eines natürlichen Baumes oder eines Maibaumes eine wichtige Rolle. Auch beim Brixentaler Antlaßritt ist dies der Fall, und man kann ruhig annehmen, daß einst nicht die Kapelle, sondern ein Maibaum am Klausenbach oder diese Grenze selbst als uralte Malstätte das Ziel der Reiter war. Dies, wie das Mittragen von Baumzweigen, sogenannten Maien, und das beinahe für eine Pflicht gehaltene Behängen der Pferde mit Lärchzweigen, altgermanischen Fruchtbarkeitssymbolen, läßt auf einen sehr alten, christianisierten Flurumritt schließen. Die Kapelle am Klausenbach soll früher den heiligen Johannes als Patron gehabt haben. Die Nachricht, sie sei einst dem heiligen Leonhard geweiht gewesen, ist leider gänzlich unverbürgt, sonst würde auch das ein passender Zug im ganzen Gemälde dieses Brauches sein.


Solche Pfarritte mit dem Allerheiligsten waren einst im Gebiete der Salzburger Erzdiözese viel häufiger. Im Jahre 1456 hatte sich sogar das dortige Provinzialkonzil dagegen ausgesprochen. Eine im Brixental vorhandene Überlieferung, es sei einst beim Unterlassen des Antlaßrittes eine Pferdeseuche ausgebrochen, reiht sich sehr gut dem Gedankengang an einen viel älteren Pferderitt und Segen ein. Möglicherweise könnte man auch in einem Gelöbnis, das anlässlich einer Pferdekrankheit gemacht worden wäre, den allerersten Ursprung dieser berittenen Prozession sehen oder in ihr nichts anderes erblicken als den Rest einer jener im Mittelalter beliebten Wallfahrten nach entlegenen Heiligtümern. So zogen z. B. im 14. Jahrhundert auch die Pfarreien des Tiroler Unterlandes Söll, St. Johann i, T. und Brixen nach Georgenberg.

Aber abgesehen davon, daß uns bestimmte Nachrichten darüber fehlen, ob man solche Bittgänge wirklich beritten vollführte, deuten eben allzu viele Einzelheiten, wie das Mitführen von Maien, das Bekränzen der Pferde, das Umreiten der Maibäume u. a., auf uralten Fruchtbarkeitsglauben hin. Insoferne diese Umzüge in vorchristlicher Zeit beritten waren", sagt Hindringer, blieben sie es auch, nachdem sie die Kirche übernommen hatte. Das Mitführen des heiligsten Sakraments machte diese Ritte zu Fronleichnams- oder Antlaßritten." Der Brauch könnte ja dann anlässlich der Schwedengefahr wiederum erweckt und neuerlich verlobt worden sein. Das hat vielleicht die Phantasie des Volkes zur Vorstellung eines wirklich stattgefundenen und abgeschlagenen Schwedeneinfalls geführt. Der an sich uralte Brauch dürfte so mit einem späteren, neuerlichen Verlöbnis in sagenhafter Verschlingung zu einem einzigen Ereignis verschmolzen sein.

Das lässt sich über den Brixentaler Antlaßritt sagen, wenn man auf halbwegs sicherer Grundlage bleiben und nicht seiner Phantasie oder irgendwelchen Wunschträumen freien Schwung lassen will. So wurde es auch seit Jahrhunderten gehalten."

Nun will ich den Antlaßritt beschreiben, wie ich ihn selbst gesehen habe. Mittags versammelten sich die in ihrer Tracht oder zumindest in ihrem besten Kleide erschienenen Reiter von Kirchberg, Brixen im Thale und Westendorf vor dem großen Dekanatsgebäude in Brixen im Thale. Die Westendorfer und die Kirchberger hatten vorher noch in ihrem Heimatorte die vor den Kirchen aufgestellten Maibäume umritten und sich dann geschlossen nach Brixen im Thale begeben. Punkt ein Uhr steht vor der mächtigen Brixner Kirche ein schön geschmücktes Roß, zumeist ein Schimmel, bereit für den Herrn Dekan, der nun pünktlich mit dem Allerheiligsten aus der Kirche kommt. Mit einem feierlichen Umritt um den mächtigen Kastanienbaum im ummauerten Hof des Dechantenhofes beginnt der eigentliche Antlaßritt. Dabei läuten die Glocken, und die Brixner Musik spielt an der Spitze des Zuges feierliche Weisen. Der Zug der Reiter ist paarweise geordnet.

Für das hohe Alter des Brauches sprechen neben den Umritten um lebende Bäume oder Maibäume, den Sinnbildern der alten Lebensbäume, die strengen Sitten der Zugsordnung. In alter Zeit soll die Teilnahme am Antlaßritt den besitzenden Bauern vorbehalten gewesen sein. Diese Bestimmung wurde dann gelockert, und gegenwärtig ist jeder Reiter willkommen. Heute führen die Kirchberger den Zug an. Als erste sind die beiden "Zueseher" an der Reihe, die alljährlich neugewählten Dorfaufseher des Weilers Klausen. Sie tragen zwei Fähnlein, das eine weiß-rot, das andere weiß-grün. Dann ist der Stöcklbauer da mit seiner "Stöcklfahne", die einer seiner Vorfahren stiftete. Neben ihm reitet sein Nachbar. Es folgen die zwei Zueseher von Spertendorf, dann die zwei von Bockern. Als nächste sind da die weiteren Klausner Bauern, ein Paar Bauern aus dem Weiler Wetzing, ein Paar vom Nasenbauern, ein Paar Spertendorfer und ein Paar von Bockern. Die weitere Rangordnung der Kirchberger ist frei. Den Mittelteil des gesamten berittenen Antlaßzuges bilden die Brixner, die für sich selber wieder eine Ordnung haben, die den Kirchbergern ähnelt. Voran ist hier der Jagerbauer mit Fahne.

Nun kommt die Gruppe mit dem Allerheiligsten. Jede der drei Gemeinden stellt zwei Kirchenpröpste mit brennenden Lichtern in Laternen. Dann ist die Geistlichkeit da in Chorrock und mit Stola. Der Dekan oder sein Stellvertreter trägt das Allerheiligste.

Auch die Westendorfer, die den Schluß bilden, haben ihre Zugsordnung. Als letzter reitet der Kummererbauer. Sein Hof liegt an der Grenze gegen Hopfgarten zu. Hopfgaren soll auch einmal am Antlaßritt teilgenommen haben.

Pfarrer [Matthias] Mayer behauptet in seiner schon zitierten Schrift: "Zuerst wird ein im Hof des Dechantsgebäudes stehender Kastanienbaum zugleich mit der Kirche umritten " Ich [Friedrich Haider] sah den Antlaßritt im Jahre 1966 und konnte bemerken, daß die Antlaßreiter wieder den früheren Brauch aufnahmen, das heißt, sie umritten den Kastanienbaum allein. Ist der Zug am Dorfende angelangt, so kehrt die Brixner Musik um. Betend ziehen die Reiter durch Lauterbach, Bockern und Spertendorf. Sind die Reiter auf der Höhe von Bockern angelangt, so läuten die Kirchberger Glocken. Beim Eingang des Dorfes, zunächst dem "Stöcklmarterl", wartet schon die Kirchberger Musik, die den Zug bis zum "Badl", dem Ortsausgang von Kirchberg in Richtung Kitzbühel zu, begleitet. Sind die Reiter am Kirchbühel des Ortes angelangt sie sind nun schon eine Stunde geritten und es ist zwei Uhr , so setzen die Glocken aus und auch die Musik hat ihr klingendes Spiel eingestellt. Man hört nur mehr lautes Beten und das Sterbeglöcklein. Hier wird kurz haltgemacht und den Reitern der Segen erteilt. Der Zug setzt sich wieder in Bewegung in Richtung Klausenkapelle, die in etwa einer halben Stunde erreicht wird. Die Reiter ziehen an der Kapelle vorbei, umreiten einen in der Nähe aufgestellten Maibaum und kehren dann zur Kapelle zurück. Davon, daß, wie Dr. [Matthias] Mayer behauptet, Maibaum und Kapelle umritten werden, konnte ich nichts bemerken. Dies ist wohl auch nicht gut möglich, da der Zaun zu beiden Seiten de Kapelle dies verhindern würde. Sind die Reiter zur Kapelle zurückgekehrt, die die Inschrift "Bis hierher und nicht weiter kamen die schwedischen Reiter 1643" trägt, so sitzen fast alle Reiter ab. In der Kapelle werden nun die vier Evangelien gelesen und dann der Wettersegen nach allen Himmelsrichtungen hin erteilt.

Die Pferde werden getränkt. Beim Hansenbauer steht für die Reiter eine große Schüssel saurer Milch zur Labung bereit. Auch dies ist altes Herkommen.

In gleicher Ordnung wie beim Herritt geht es zurück zum Kirchberger Stöcklmaterl. Da verlassen die Kirchberger den Zug und umreiten noch einmal ihren Maibaum. Die Brixner und die Westendorfer trennen sich in Brixen im Thale. Bevor sich die Westendorfer, daheim angekommen, auflösen, ziehen sie noch einmal um den Maibaum.

Dann ist der festliche Antlaßritt zu Ende, der schon Tage vorher die Gemüter in seinem Bann hatte. Viel Vorarbeit mußte geleistet werden. Die Pferde waren sauber geputzt und geschmückt. Selbstverständlich musste auch das Ortsbild festlich wirken.

Ein Fest ist wieder vorbei, in dem sich ehrwürdiger Kultbrauch der Vorzeit und christliche Sitte wie so oft die Hände eichen. So mancher mag heute darüber die Nase rümpfen und alle diese Bräuche als "Unsinn" abtun. Wobei allerdings zu bemerken ist, daß der läppische Aberglaube der Gegenwart mit Holzklopfen und dergleichen Unsinn nie an den sinnigen Bruch einer jahrtausendalten Vergangenheit heranreicht.