Anschluss
Adolf Hitler erreichte bei der Unterredung mit dem Österreichischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg als Zugeständnisse, dass das Parteiverbot der Nationalsozialisten aufgehoben wurde und dass wichtige Ämter in der österreichischen Regierung wie der Innenminister, der Kriegsminister und der Finanzminister mit Nationalsozialisten besetzt werden sollten. Diese Konferenz am 12. Februar 1938 auf dem Berghof (in Obersalzberg/Berchtesgaden) neben der Reichskanzlei in Berlin Hitlers ländlicher Amtssitz war eine einseitige Angelegenheit, weil Schuschnigg unter dem enormen Druck von Hitlers Einmarschdrohung der Wehrmacht in Österreich, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden, zustimmen musste. Wie in diesem Abkommen gefordert, wurde Arthur Seyß-Inquart Innenminister. Dr. Seyß-Inquart war ein Vertrauensmann Hitlers, der bereits im Staatsrat saß, nachdem Schuschnigg Hitler in der Vereinbarung von 11. Juli 1936 (Juliabkommen) die Amnestierung der Nationalsozialisten zugestanden und das Erscheinen von nationalsozialistischen Zeitungen wieder erlaubt hatte. Außerdem wurden schon damals Vertrauensleute der Nationalsozialisten in die Regierung aufgenommen. Mit der Übernahme des Innenministeriums durch Arthur Seyß-Inquart am 16. Februar 1938 war die Polizei unter die Kontrolle der Nationalsozialisten gekommen. Die Nationalsozialisten konnten sich nun wieder, nachdem ihre Partei wie alle anderen vom diktatorischen Ständestaat 1933 verboten worden war, weitgehend uneingeschränkt in aller Öffentlichkeit betätigen.
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1938, Februar - Innsbruck, Wien
Innenstadt
Kundgebungen anlässlich der Legalisierung der Nationalsozialisten in Österreich "Absingung nationaler Lieder"
Große Nationale Kundgebung in Innsbruck
Ein Fackelzug durch dicht bevölkerte Straßen
In: Innsbrucker Nachrichten vom 21. Februar 1938, Seite 4
Innsbruck, 21. Febr[uar]. Gestern, Sonntag, abends sprach es sich plötzlich in der Bevölkerung herum, daß aus Anlaß der freigegebenen legalen Betätigung der österreichischen Nationalsozialisten eine von der Polizei genehmigte Abendkundgebung in der Stadt geplant sei. Rückfragen an zuständiger Stelle bestätigten das Gerücht. Vergatterungsplatz für die nationalen Kreise der Innsbrucker Bevölkerung war der Innrain von der Bürgerstraße bis zum Ursulinenkloster, doch erwies sich dieses Straßenstück bald als zu eng. In Dreierreihen bereit, standen die Kundgebungsteilnehmer vor dem Abmarsch auch in der Colinstraße von der Fallmerayerstraße bis zur Bürgerstraße und im anschließenden Stück der Bürgerstraße bis zum Innrain. Die Polizei hatte sichtlich Vorschrift, jegliches strenge Vorgehen zu vermeiden. Es kam zu keinerlei Reibungen und die Bevölkerung fügte sich willig den Anforderungen der Sicherheitsbehörden.
Waren zwischen 8 und halb 9 Uhr abends aus allen Richtungen der Stadt geschlossene Gruppen unter Absingung nationaler Lieder an den Vergatterungsplatz marschiert, so bot sich dann ab 9 Uhr der Bevölkerung Innsbrucks ein wohl schon lange nicht mehr gesehenes Bild. Geschlossen in Dreierreihen, Gruppen von jungen Männern und Burschen, strammen Schrittes, dazwischen wieder Frauen, Mädelgruppen, Kundgebungsteilnehmer aus allen Bevölkerungsschichten und jeglichen Alters. So ging ein von der Bevölkerung mit stürmischen Zurufen umjubelter Zug, die meisten der Teilnehmer mit brennenden Fackeln in der Hand, erst über den Innrain zur Ottoburg, dann durch die Herzog-Friedrich-Straße und die Maria-Theresien-Straße bis zur Triumphpforte, dort auf den Bismarckplatz und den Anfang der Salurnerstraße abschwenkend, dann durch die Wilhelm-Greil-Straße zum Boznerplatz und durch die Brixnerstraße auf den Südtirolerplatz, wo sich der Zug auflöste.
Wurden zum Beginn des Marsches von den Kundgebungsteilnehmern noch nationale Lieder gesungen, so war bereits in der Maria-Theresien-Straße nur noch stürmisches Heilrufen zu hören, und zwar sowohl von den marschierenden, als auch von der dichtes Spalier bildenden Bevölkerung und von den stark besetzten Fenstern der Häuser herab. Die dicht aufgeschlossenen Dreierreihen zogen am festen Standort des Beobachters etwa eine halbe Stunde lang vorüber, die Zahl der im Fackelzug Mitmarschierenden geht daher in die Tausende, die der Bevölkerung, die sich in den Straßen aus Anlaß der Kundgebung aufhielt, wohl in die Zehntausende.
Auch nach der Auflösung des Fackelzuges kamen die Straßen noch lange nicht zur Ruhe, immer neue Gruppen durchzogen rufend und singend die Stadt, denn überall wurde die Befriedung und neuerliche Verbrüderung gefeiert.
Kundgebung in Wien
Wien, 20. Febr[uar 1938] (A. N.). Nach der Uebertragung der Rundfunkrede des deutschen Reichskanzlers fanden sich in den frühen Abendstunden des 20. Februar vor dem Gebäude der deutschen Gesandtschaft und in deren Umgebung Gruppen von Nationalsozialisten ein und veranstalteten dort eine Kundgebung durch Absingen der deutschen Hymnen und Rufen von Parolen. Die Nationalsozialisten wurden von der bereitgestellten Sicherheitswache abgedrängt, sammelten sich auf dem Karlsplatz und Umgebung noch einmal und zogen unter Absingung nationaler Lieder und unter Heil-Schuschnigg- und Heil-Hitler-Rufen über die Ringstraße bis zum Schottentor. Von dort begaben sie sich in kleineren Gruppen in die Wohnbezirke.
In der oben erwähnten Rundfunkrede (Innsbrucker Nachrichten vom 21. 2. 1938, S. 4) erläuterte Adolf Hitler sein Abkommen mit dem Österreichischen Bundeskanzler.
Unter der Schlagzeile "Hitler dankt Schuschnigg" bringen die Innsbrucker Nachrichten vom 21. Februar 1938 auf Seite 3 dazu einen ausführlichen Bericht, der die "nationale Kundgebung" in Innsbruck (s. o.) mit ausgelöst haben mag.
Details zu den Zugeständnissen von Dr. Kurt Schuschnigg an die Nationalsozialisten verkündete Bundesminister Dr. Arthur Seyß-Inquart anlässlich einer Rede vor Vertrauensmännern des Volkspolitischen Referates in Oberösterreich am 5. März in Linz:
Oesterreichs deutscher Weg
In: Tiroler Grenzbote vom 8. März 1938, Seite 1
[...]
Der Uebergang aus der Kampfzeit zur friedlichen Zusammenarbeit bedingt außer der inneren Umstellung auch klare Richtlinien für das äußere Verhalten in der Zukunft. Dr. Seyß-Inquart betonte, es müsse festgehalten werden, daß die Vaterländische Front die Organisation der politischen Willensbildung in Oesterreich bleibe. Parteipolitische Organisationen der NSDAP., also die politischen Organisationen, die Betriebszellenorganisationen, die SA. und die SS. sind nicht vereinbart und nicht erlaubt. Die Nationalsozialisten werden sich auf dem Boden der Gesetze betätigen, sich zu erlaubten Organisationen vereinigen und an den bestehenden Organisationen und Vereinen mitarbeiten. Dr.Seyß-Inquart kündigte weiter an, daß die Frontmitglieder nationalsozialistischer Gesinnung in allen Gliederungen und Werken der Front zur Mitarbeit gelangen werden. Auch eine Neubesetzung öffentlicher Stellen ist notwendig. Es sind schon Besprechungen über Umbesetzungen in den Gemeindetagen und Landtagen, in den Landesregierungen und anderen öffentlichen Einrichtungen eingeleitet.
Für die Behandlung der Angelegenheiten der nationalen Vereine und der nationalen Presse, die Dr. Seyß-Inquart unterstellt werden, wird in Wien eine volksdeutsche Arbeitsstelle errichtet werden. Diese Arbeitsstelle ist kein Teil der Front. Den nationalen Vereinen werden in Hinkunft keine Hindernisse bei ihrer Betätigung in den Weg gelegt, und es wird mit besonderer Freude aufgenommen, daß der Deutsche Turnerbund wieder das Jugendturnen wird pflegen und sein altes Abzeichen "Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei" tragen dürfen und daß dem Deutschen Schulverein Südmark seine Aufgabe gewährleistet ist.
Der Bundesminister schloß: "Es ist dem Bundeskanzler und Frontführer dafür zu danken, daß er den Weg, den wir gehen wollen, eröffnet hat. Die Grundlagen sind klar, der Weg ist schwer. Aber das Ziel ist groß, das höchste Ziel im volklichen Leben, das Ziel ist das restlose Zusammenstehen der beiden deutschen Staaten zu des deutschen Volkes unteilbarem Schicksal, Glück und Frieden."
Gruß, Lied, Fahnen, Abzeichen.
Der Wortgruß "Heil Hitler!" ist in Oesterreich nicht zu beanständen, wenn er als üblicher Gruß verwendet wird. Die Verwendung dieses Grußes ist in Aemtern, vor den Behörden, in Schulen und Hochschulen und in Amtsstellen der Front unzulässig. Der stumme deutsche Gruß durch Erheben der ausgestreckten rechten Hand ist in gleicher Weise wie der Wortgruß "Heil Hitler!" zulässig.
Das Absingen des Deutschlandliedes ist bei feierlichen Veranstaltungen nationalen Charakters unter der Voraussetzung zugelassen, daß vorerst die erste Strophe der Bundeshymne gesungen wird. Ich bin der Meinung, daß das Deutschland-Lied ["Deutschland über alles", Text: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841, Melodie: Josef Haydn Hob. XXVIa:43] für uns ein zu feierliches Bekenntnis ist, um es bei jeder Gelegenheit auf den Gassen oder in Gasthäusern zu singen. Im übrigen gelten die Vorschriften, die für das Singen und Spielen der Hymnen eines anderen Staates gegeben sind, und unter diese Vorschrift fällt insbesondere das Absingen und Spielen des Horst-Wessel-Liedes ["Die Fahne hoch", Text: Horst Wessel, um 1928, Melodie: vermutlich Volksgut 19. Jh.].
Auch für das Hissen der Hakenkreuzfahne durch österreichische Bundesbürger gelten die allgemeinen Flaggenvorschriften. Es ist jedoch vorgesehen, daß bei besonderen Anlässen, zum Beispiel beim Besuch hoher Persönlichkeiten aus dem Reich sowie zur Feier gemeinsamer Gedenktage über behördliche Anordnung auch österr[eichische] Staatsbürger neben den österreichischen Bundesfarben die Hakenkreuzfahne zeigen können.
Inwieweit das Hakenkreuz als Abzeichen Verwendung finden darf, bleibt der besonderen behördlichen Bewilligung vorbehalten. Den nationalen Vereinen wird es auf ihren Wunsch gestattet werden, das Hakenkreuz in einer zu genehmigenden Verbindung in das Vereinsabzeichen aufzunehmen. Nach dieser für kürzeste Frist in Aussicht genommenen Bewilligungen solcher Abzeichen wird die Behörde angewiesen sein, gegen das Tragen behördlich nicht bewilligter Hakenkreuze als Abzeichen einzuschreiten. Heute darf das Hakenkreuz vor Behörden, bei Ausübung eines öffentlichen Amtes, in Schulen, Hochschulen oder Amtsstellen der Front nicht getragen werden.
Das parteiamtliche Hakenkreuzabzeichen ist für alle Reichsangehörigen frei. Oesterreichischen Staatsangehörigen ist es nicht gestattet, das parteiamtliche Abzeichen oder eine Nachahmung desselben zu tragen.
Nach der Legalisierung gewannen die Nationalsozialisten auch in Tirol enormen Auftrieb. Ihre Aktionen hatten das Ziel der nationalen Einheit im Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich Hitlers.
Innsbrucker Nachrichten vom 11. 3. 1938, S. 4
Innsbrucker Nachrichten vom 10. 3. 1938, S. 5
Aufgrund der massiven Agitationen der Nationalsozialisten gab es auf der anderen Seite Treuekundgebungen für Bundeskanzler Schuschnigg, etwa von der Tiroler Arbeiterschaft (siehe Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. Februar 1938, Seite 4 und am 23. Februar 1938, Seite 4 mit der Schlagzeile "Die Arbeiterschaft steht geschlossen hinter dem Bundeskanzler"). Auch die Kameradschaft der Staatsbediensteten bekannte sich öffentlich mit einem Treuegelöbnis zu Schuschnigg (vgl. Innsbrucker Nachrichten vom 26. Februar 1938, Seite 8), ebenso die Tiroler Bauernschaft, deren Versammlung im großen Sitzungssaal der Tiroler Landesbauernkammer "zu einem machtvollen Bekenntnis für die Unabhängigkeit und Selbständigkeit unseres Vaterlandes und der Treue zu Bundeskanzler Dr. Schuschnigg wurde"; der Landeshauptmann und Landesführer der V[aterländischen] F[ront] Doktor Schumacher, Abt Schuler von Wilten, der Bürgermeister Landeswirtschaftsrat Franz Fischer, dazu die Funktionäre des Bauernbundes und der Bauernkammer waren während dieser Sitzung anwesend (siehe Innsbrucker Nachrichten vom 7. März 1938, Seite 5).
Unter dem zunehmenden Druck, sowohl im eigenen Land in seiner Regierung, wo ihm die nationalsozialistischen Mitglieder immer mehr die Handlungsfähigkeit beschränkten als auch von Seiten des Deutschen Reichs mit Ultimaten und sonstigen Drohungen konfrontiert, sah sich Bundeskanzler Schuschnigg veranlasst, das Volk im Rahmen einer Abstimmung am 13. März 1938 über die Zukunft Österreichs zu befragen. Diese Entscheidung wurde in Innsbruck gefällt.
Volkszeitung vom 9. 3. 1938, S. 7
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1938, 10. März - Wien, Innsbruck
Bundeskanzler Schuschnigg motiviert für die Volksbefragung am 13. März
Die Titelseite der Innsbrucker Nachrichten vom 10. März 1938 hatte folgende Schlagzeile:
Der Bundeskanzler fordert vom österreichischen Volk ein Bekenntnis.
Dann wird der Aufruf von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg publik gemacht:
[...] Die Parole lautet:
"Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Oesterreich, für Friede und Arbeit und die Gleichberechtigung aller, die sich zu Volk und Vaterland bekennen!"
Das ist das Ziel meiner Politik. Dieses Ziel zu erreichen ist die Aufgabe, die uns gestellt ist und das geschichtliche Gebot der Stunde. Kein Wort der Parole, die Euch als Frage gestellt ist, darf fallen. Wer sie bejaht, dient dem Interesse aller und vor allem dem Frieden. Darum Volksgenossen, zeigt, das[s] es Euch ernst ist, mit dem Willen, eine neue Zeit der Eintracht im Interesse der Heimat zu beginnen. Die Welt soll unseren Lebenswillen sehen. Darum, Volk von Oesterreich, stehe auf wie ein Mann und stimme mit Ja! Front Heil, Oesterreich! Schuschnigg.
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1938, 11. März - Wien und Landeshauptstädte
Absage der Volksbefragung
Rücktritt von Bundeskanzler Schuschnigg
Österreichische Nationalsozialisten an der Macht
Adolf Hitler, der offenbar die Ablehnung des Anschlusses an das Deutsche Reich befürchtete, reagierte auf Schuschniggs Ankündigung der Volksabstimmung mit der Mobilmachung der für den Einmarsch bestimmten 8. Armee. Er wies am 10. März 1938 den österreichischen Innenminister Arthur Seyß-Inquart an, ein Ultimatum zu stellen und die österreichischen Nationalsozialisten zu mobilisieren. Am Nachmittag des 11. März willigte Schuschnigg, nachdem er u. a. von Hermann Göring massiv dazu gedrängt worden war, in die Absage der Volksabstimmung ein. Zusätzlichen Druck erzeugten Nationalsozialisten, die einer Weisung aus Berlin folgten, in das Bundeskanzleramt strömten und dort Stiegen, Gänge und Ämter besetzten. Am Abend des 11. März erzwang Hitler den Rücktritt Schuschniggs zugunsten von Arthur Seyß-Inquart. Schußschnigg erklärte also seinen Rücktritt im Rundfunk und befahl dem österreichischen Bundesheer, beim Einmarsch deutscher Truppen keine Gegenwehr zu leisten.
Gleichzeitig begann in Wien und in allen Landeshauptstädten die Machtergreifung durch österreichische Nationalsozialisten, die noch am Abend des 11. März 1938 an zahlreichen öffentlichen Gebäuden Hakenkreuzfahnen hissten, noch bevor der Einmarsch der deutschen Wehrmacht begann.
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1939, 11. März - Österreich
Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung in Österreich
Rückblick auf den 11. März 1938
Zum Jahrestag der Märzereignisse 1938 erschien in der Deutschen Volkszeitung vom 11. März 1939 auf Seite 17 ein Bericht, der Einblick gibt in die Stimmung und in die enorme Spannung von damals:
Seit den geschichtlichen Tages des Umbruchs in unserer Ostmark ist nunmehr ein volles Jahr vorbeigegangen und trotzdem leben jene ereignisvollen Tage in unserer Erinnerung so frisch und eindrucksvoll weiter, als ob seitdem erst wenige Wochen verflossen wären.
Als der damalige Bundeskanzler Schuschnigg plötzlich den Entschluß fasste, Wien zu verlassen, um am 9. März von Innsbruck aus dem deutschen Volk von Oesterreich eine "Volksabstimmung" für Sonntag, den 13. März [1938], anzukündigen, nahm der Gang der Ereignisse ein wesentlich beschleunigtes Tempo an. Bereits der 10. März stand ganz im Zeichen der Auflehnung des Volkes gegen die unvorbereitete Abstimmung, in der der überwiegend große Teil der Bevölkerung ein aufgelegtes Schwindelmanöver erblicken mußte. Wohl bemühten sich noch am 10. März die Behörden der vaterländischen Vereine und Vereinigungen, in beteuernden Aufrufen gegen die Welle der Empörung anzukämpfen und die immer stärker auftauchenden Gerüchte über eine Verschiebung und Abänderung der Volksabstimmung in Abrede zu stellen. Es half nichts mehr! Das Rad der Geschichte drehte sich nun unaufhaltsam und immer rascher vorwärts.
Gegen die Scheinabstimmung
Schon an diesem Tage kam es zu großen Kundgebungen, die ab 6 Uhr abends in der Maria-Theresien-Straße durch die Räumung seitens der Bundespolizei ihr vorläufiges Ende nahm. Hunderttausende von vergeblichen Flugblättern der Vaterländischen Front bedeckten den Boden, nachdem sie sinnlos, ohne meist überhaupt gelesen zu werden, unter die Menge geschleudert worden waren.
Bald wurde der Beschluß der nationalsozialistischen Führung in der Ostmark bekannt, welcher die Stimmenthaltung der österreichischen Nationalsozialisten anordnete. Damit war dem Abstimmungsmanöver überhaupt der letzte Rest einer ernst zu nehmenden Angelegenheit genommen worden.
Noch bewegter gestaltete sich der Ablauf des 11. März. Letztmalig wandte sich der damalige Landeshauptmann [Dr. Josef Schumacher] in einem Aufruf gegen die Stimmung und Ueberzeugung des Volkes und beteuerte, daß von einem Aufschub der Abstimmung keine Rede sein könne.
Der Freitag, 11. März [1938], wurde indessen zu Innsbrucks größtem Tag, dessen ereignisreicher Verlauf kaum erfassend geschildert werden kann. Bereits um die Mittagsstunden marschierten nationalsozialistische Kolonnen durch die Straßen der Stadt, um am Nachmittag die Kundgebungen in größtem Ausmaße wieder aufzunehmen. Als gegen 4 Uhr nachmittags vom Innrain her in langen Züge die Formationen der SA., SS und HJ zu einem Marsch durch die Stadt anrückten, fanden sie noch verschiedene Straßengebiete, besonders um das Landhaus herum, durch Polizei mit gefälltem Bajonett oder von spanischen Reitern abgesperrt. Der Hauptzug bewegte sich über den Burggraben durch die Museumstraße zum Südtiroler Platz und von dort durch die Salurner Straße weiter, um schließlich durch die Anichstraße in die Maria-Theresien-Straße einzumünden.
"Mander, es ist Zeit"
In Sprechchören und auf großen Spruchbändern gab das Volk seinen Forderungen Ausdruck: "Alles für Oesterreich ohne Schuschnigg", "Nieder mit dem Volksbetrug", "Kein anständiger, freier Mann geht am Sonntag zur Wahl", "Diese Wahl, ein Skandal", "Ein Volk, ein Reich, ein Führer", "Mander, es ischt Zeit!"
Neueste Zeitung vom 18. 3. 1938, S. 7
Neueste Zeitung vom 18. 3. 1938, S. 7
[Fortsetzung Deutsche Volkszeitung vom 11. März 1939]
[...] Der Verkehr stockte vollends, die Massen nahmen dem Rathaus gegenüber Aufstellung. Vom "Alt-Innsbrugg" weht eine große Hakenkreuzfahne. [Oberbürgermeister] Dr. [Egon] Denz sprach zu den versammelten Formationen.
Dr. Denz spricht zu den in der Maria-Theresien-Straße aufmarschierenden Formationen
Deutsche Volkszeitung vom 11. 3. 1938, S. 18
Die Massen hielten weiterhin die ganze Straße dicht besetzt. Immer wieder drang aus tausend Kehlen das Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied zum Himmel empor, immer zahlreicher wurde der Flaggenschmuck der Häuser, bis schließlich die ganze Straße in ein Meer von Hakenkreuzfahnen getaucht war.
Nach Einbruch der Dunkelheit war buchstäblich ganz Innsbruck auf den Beinen. Dicht gedrängt, Kopf an Kopf standen die Volksmassen in den Straßen, besonders aber in der Maria-Theresien-Straße, wo die Menschen in fieberhafter Spannung den Mitteilungen lauschten, die der bei "Alt-Innsbrugg" aufgestellte Lautsprecher verkündete. "Volksabstimmung verschoben"; "Rücktritt Schuschniggs"; "Seyß-Inquart vom Bundespräsidenten mit der Führung der Regierungsgeschäfte beauftragt"; "SA, SS Ortspolizei"; so folgte eine Meldung der anderen und ging Beifallssturm der Massen förmlich unter.
Die Machtübernahme
Dann erfolgte die Uebernahme des Rathauses sowie des Landhauses, von denen sich riesige Hakenkreuzfahnen zum erstenmal entrollten. Eine Amtsstelle nach der anderen, wichtige Betriebe und Anstalten wurden besetzt und gesichert. Die Polizei erschien mit Hakenkreuzarmbinden, es gab ein unbeschreibliches Händeschütteln und Umarmen!
Von der Gauleitung ging ein Telegramm an den Führer sowie die Mitteilung an Dr. [Arthur] Seyß-Inquart und den Führer der österreichischen Nationalsozialisten, den kürzlich verstorbenen Major [Hubert] Klausner [ 12. 2. 1939], daß sich die Machtübernahme im ganzen Lande reibungslos abgewickelt habe und als vollzogen betrachtet werden könne.
Ein Fackelzug beendete den Tag, wenngleich die Straßen bis in die späten Abendstunden hinein von der freudigen Erregung vieler Menschen erfüllt blieben.
Am 12. März [1938] trafen dann, stürmisch begrüßt und stundenlang erwartet, die deutschen Truppen ein. Der Anschluß war vollzogen und harrte nur noch seiner formellen Bestätigung durch alle wahlberechtigten Ostmärker.
Überall reibungslos
Auch in allen übrigen Teilen des Landes war die Machtübernahme glatt vor sich gegangen. In Hall hatten sich die dortigen Nationalsozialisten ebenfalls schon am 11. März zu einem Marsch durch die Stadt sowie zu einem Werbemarsch nach Mils, Absam und Thaur in Bewegung gesetzt. Abends fanden große Kundgebungen in der Stadt selber statt. So war es auch in allen anderen größeren und kleineren Orten. Nur in vereinzelten Fällen mussten ein paar Häuflein sich versteckt haltender Frontmilizmannschaften entwaffnet werden, die sich übrigens widerstandslos ergaben [...].
Zum Jahrestag der Ereignisse des „Anschlusses“ veröffentlichte Siegfried Ostheimer in den Innsbrucker Nachrichten Auszüge aus seinem Tagebuch, die einen authentischen Einblick der damaligen Ereignisse aus der Sicht eines engagierten Nationalsozialisten vermitteln.
Aus dem Tagebuch eines Innsbrucker Nationalsozialisten
Innsbrucks Weg zur Befreiung
In: Innsbrucker Nachrichten vom 11. März 1939, Seite 32
Von Siegfried Ostheimer
9. März: Schon im Laufe des Vormittags erfuhren wir, daß im Landhaus und im Statthaltereigebäude in der Herrengasse eine sonderbare geheimnisvolle Tätigkeit herrsche. Wagen mit Papierladungen kamen an und fuhren fort. „Es geht etwas vor.“ Wir wußten ja schon seit zwei Tagen, daß abends Schuschnigg in Innsbruck sprechen wird.
Mittags sah man sehr viele Leute vom Lande, alle mit dem vaterländischen Abzeichen, Funktionäre der Vaterländischen Front, die nach Innsbruck berufen waren. Um 4 Uhr nachmittags wußten wir bereits, daß Schuschnigg eine Wahl für den kommenden Sonntag ausschreiben werde. Wir wollten es zuerst gar nicht glauben und waren bestürzt, denn es war uns klar, daß hier ein Schwindel ohnegleichen aufgezogen werden sollte. Den ganzen Nachmittag fuhr Militär auf Lastautos durch die Stadt. Alles wurde abgesperrt. Schließlich stand am späten Nachmittag Militär vom Bahnhof bis zur Hofburg Spalier. Gegen 6 Uhr abends kommt Schuschnigg, er fährt wie immer den Führer kopierend, stehend im Wagen durch die Stadt, die Schwurfinger zum Oesterreich-Gruß erhoben. Kaum ein Mensch winkt oder grüßt ihn. Wir sind zur Vorbereitung des für 27. März geplanten Deutschen Tages im Lokal der ehemaligen Aerztekammer versammelt. Gegen 9 Uhr kommt der damalige volkspolitische Referent Hauptmann Lienert und berichtet uns über die Bedingungen der geplanten Wahl. Wir alle gehen etwas gedrückt auseinander. Einer sagte damals: „Wir brauchen über den Deutschen Tag nicht mehr zu sprechen, denn entweder ist er bereits ein Gauparteitag der NSDAP. oder wir sitzen alle im Loch.“ Auf der Straße treffen wir eine Menge Versammlungsteilnehmer, meist Leute vom Lande. In allen Gasthäusern sitzen bis spät in die Nacht hinein Gruppen zusammen, alles debattiert, ist erregt und alles schimpft. Die wenigen Schwarzen, die man sieht, tragen die Nase schon wieder bedeutend höher.
10. März: Am Morgen ist in der Stadt das Gerücht verbreitet: die Wahl findet nicht statt. In den Aemtern herrscht größte Erregung, alle Amtsvorstände haben den Befehl erhalten, die Beamten zusammenzurufen, ihnen den unerhörten Wahlvorgang zu erklären und sie zu ermahnen, für Oesterreich und Schuschnigg zu stimmen. In den Straßen beginnen schon gegen Mittag Demonstrationen der V[aterlänischen]F[ront]-Leute und der Sturmscharen für Schuschnigg, es sind immer noch viele Leute vom Land da. Von Autos werden Flugblätter auf die Straße geworfen, die fast niemand aufhebt. Man hat das Gefühl, es treibe jetzt mit Macht einem Ende zu.
11. März: Rundfunk und Presse dementieren neuerdings die Gerüchte von Verschiebung oder Absetzung der Wahl. Unsere offizielle Losung heißt jetzt: „Absolute Wahlenthaltung.“ Gegen zehn Uhr wird es auf den Straßen etwas lebhaft, aber niemand weiß, was eigentlich vorgeht, außer den wenigen Eingeweihten. Um elf Uhr sind schon sehr viele Leute auf der Theresienstraße. Da taucht plötzlich Polizei mit Stahlhelm und Karabiner auf. Also doch noch einmal! Das Gerücht von der Grenzsperre und Zusammenziehung der Truppen ist nun schon ganz allgemein bekannt, und überall hört man: „Wenn sie nur schon kämen, wenn sie nur schon da wären, sonst wird es noch etwas Furchtbares geben. Um 3/4 12 Uhr ist auf einmal sehr viel Polizei in der Stadt. Vor dem Rathaus wird ein Maschinengewehr aufgestellt, ein zweites beim Verkehrsposten vor der Herzog-Friedrich-Straße. Plötzlich beginnt Polizei die Theresienstraße zu räumen. Schnell werden Hindernisse aufgebaut, am Burggraben, Ecke Meranerstraße und bei der Triumphpforte. Es ist ein trüber Tag, es beginnt leicht zu regnen.
Nun klingt schon vom Burggraben her Marschtritt und ein Lied der S[turm]A[bteilung]. Die Polizei macht sich zurecht, die Bajonette blitzen, und jetzt … und jetzt … jetzt ist der Sturm auf einmal durchs Hindernis und die Polizei durchgebrochen, ein Polizist liegt am Boden, das Hindernis ist plötzlich verschwunden, das Maschinengewehr ist wie von der Erde verschluckt. Wir brechen hinter der SA. durch die Absperrung durch und sind plötzlich auf der Theresienstraße, die nun mit einemmal voll Menschen ist, die schreien und singen und Sprechchöre bilden: „Diese Wahl – ein Skandal!“ Da weht plötzlich von einem Haus die Hakenkreuzfahne, darauf vom nächsten und bald von fünf bis sechs Häusern, Spruchbänder werden von BDM [Bund Deutscher Mädel]-Mädeln getragen und verschiedene Inschriften, wie z. B. „Alles für Oesterreich ohne Schuschnigg“. Es bildet sich ein breiter, nicht endenwollender Zug, der, ununterbrochen Rund- und Sprechchöre sprechend, die Straße auf- und abmarschiert, hinaus bis zur Triumphpforte, wo noch das Hindernis steht und noch Polizisten verlegen mit ihrer Maschinenpistole dastehen, vor denen schon kein Mensch mehr Angst hat. Wir hören, an der Ecke Meranerstraße sei es zu einer Säbelschlägerei mit der Polizei gekommen, aber auch dort brechen unsere Leute durch. Mit einemmal wird Ruhe geboten. Dr. Denz spricht von „Alt-Insprugg“ aus, mahnt zur Ordnung und Disziplin, und wir singen dann alle angesichts der wehenden Fahnen des Reiches zum erstenmal auf der Theresienstraße die Lieder der Bewegung.
Von dem Augenblick an reißt der Strom des Geschehens nicht mehr ab, es ist schon halb zwei geworden, die meisten sind noch gar nicht nach Hause gekommen. Kolonnen mit Hakenkreuzfahnen, SA.-Lieder singend, ziehen auf, aber auch die Hitler-Jugend marschiert schon wacker mit. Am frühen Nachmittag versuchen Jugendliche vom Oesterreichischen Jungvolk noch kleine Demonstrationen aufzuziehen, gehen mitten unter uns auf der Theresienstraße auf und ab und begrüßen sich jedes Mal mit den zum Oesterreich-Gruß erhobenen Schwurfingern „Oesterreich!“ Ein Spaßvogel ruft auf diesen Gruß „erwache“. Und so klingt es denn recht lustig „Oesterreich erwache!“ Daraufhin geben sie die Partie auf. Dann sieht man mit einemmal eine Abteilung Oesterreichischen Jungvolk auf Rädern, die an Lenkstangen und Speichen mit rot-weiß-roten Bändern geschmückt sind. Wie sie demonstrierend die Theresienstraße herunterfahren, schallt ihnen plötzlich der alte Innsbruck[er] Narrengruß „Hutleh“ entgegen, und sie entziehen sich der Lächerlichkeit durch eilige Flucht.
Inzwischen marschieren unsere Formationen ununterbrochen durch die ganze Stadt, in Hötting, in Wilten und Pradl hallt ihr Tritt, ertönen ihre Lieder. Die Stadt ist schon mit Hakenkreuzfahnen geschmückt, aber es sind viel, viel zu wenig Fahnen da. Woher sollten wir sie auch haben! Da näht man Hakenkreuzfahnen auf rot-weiße Tiroler Fahnen und hängt die heraus. Innsbruck ist seit 12 Uhr mittags eine nationalsozialistische Stadt. Gegen fünf Uhr ist die ganze Theresienstraße schon schwarz von Menschen.
Plötzlich hört man ein Hornsignal, Militär kommt! So wollen sie es also doch noch versuchen! Wir stehen gerade vor dem Rathaus, drei alte Parteigenossen, eine halbe Kompanie marschiert an uns vorüber. Ganz nahe sind wir den Gesichtern der Soldaten, wir schauen ihnen scharf in die Augen, und sie blinzeln uns vielsagend zu. Als sie vorbei sind, wenden wir uns zueinander und jeder sagt: „Hast du gesehen, wie sie geblinzelt haben?“ Wir sind tief beruhigt. Auf einmal hören wir die Stimme des P[artei]g[enossen] Christoph, er spricht von unserem „Hauptquartier“ im „Alt-Insprugg“, SA. und S[chutz]S[taffel] werden als Hilfswehr eingesetzt und mit Armbinden, auf denen „Ortswehr“ steht, versehen. Sie werden direkt der Polizei unterstellt. Nun ist es uns vollkommen klar, daß wir endlich den Sieg gewonnen haben. Die Stadt braust wie ein Bienensch[w]arm, die Straßen leeren sich überhaupt nicht mehr. Auf einmal schreit jemand ganz laut aus einem Fenster der Theresienstraße: „Schuschnigg hat abgedankt!“ Wir wollen es kaum glauben. Da öffnen sich viele Fenster und von überall hören wir: „Schuschnigg hat im Radio gesprochen und seinen Rücktritt erklärt.“ Und nun gibt es kein Halten mehr, alles ruft und jubelt, einander fremde Menschen umarmen und küssen sich, vielen laufen die hellen Tränen über die Wangen. Auf einmal weht vom Rathaus die Hakenkreuzfahne, da bricht ein Orkan von Jubel aus, die Lieder der Bewegung klingen in die Nacht, die Menge ist trunken von Glück. Auf allen Dächern der Straßenbahnen und Omnibusse sieht man junge Leute, illegale SA. SS, HJ. Sie winken und rufen, die ganze Straße ist auf einmal ein Festplatz geworden.
Und nun öffnet sich das Tor des Rathauses, und Polizei kommt heraus, Hakenkreuzarmbinden an. Diese Polizisten werden fast zerrissen vor Freude. Sie werden auf die Schultern gehoben, im Triumphe herumgetragen und können sich vor Begeisterung der Menge kaum retten. Dann zieht die neue Regierung ins Landhaus ein, und endlich weht auch vom Landhaus unsere Fahne.
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Auch die Innsbrucker Nachrichten bringen für ihre Leserschaft kurz nach dem „Anschluss“ eine detaillierte Übersicht der ereignisreichen Geschehnisse.
13. Februar bis 13. März 1938
Eine Uebersicht über die politischen Ereignisse
In: Innsbrucker Nachrichten vom 26. März 1938, Seite 10
Am 12. Februar, dem historischen Tag von Berchtesgaden, ließ die Nachricht von der Begegnung zwischen dem Führer und Bundeskanzler Dr. Schuschnigg ganz Oesterreich aufhorchen. Bei den Besprechungen, an denen auch Außenminister von Rippentrop und der damalige österreichische Staatsekretär für Aeußeres Dr. Guido Schmidt, sowie Botschafter v. Papen teilnahmen und die von mittags bis in die späten Abendstunden dauerten, verpflichtete sich Schuschnigg dem Führer gegenüber, dem österreichischen Nationalsozialismus volle Gleichberechtigung zu gewähren und als Garanten hierfür Dr. Seyß-Inquart in das Kabinett aufzunehmen. Das war der Anfang einer Periode von politischen Großereignissen, die der „V. B.“ [Völkische Beobachter, München] in einer Uebersicht noch einmal zusammenfaßt.
13. Februar: Schuschnigg eröffnet dem Bundespräsidenten Miklas die Abmachungen von Berchtesgaden.
15. Februar: Bis spät in die Nacht hinein verhandelt Dr. Schuschnigg mit dem Bundespräsidenten und seinem Kabinett sowie mit Dr. Seyß-Inquart über die Kabinettsumbildung, wobei von klerikaler Seite zahllose Quertreibereien versucht werden. Bundespräsident Miklas sträubt sich, die notwendigen personellen Aenderungen im Kabinett vorzunehmen, so daß sich die Kabinettsumbildung bis in die frühen Morgenstunden des Mittwoch hinzögert. Abends wurde gleichzeitig in Wien und Berlin eine amtliche Erklärung veröffentlicht, in der es heißt, daß bei der Aussprache vom 12. Februar die sofortige Durchführung von Maßnahmen beschlossen worden sei, die ein so freundschaftliches Verhältnis zwischen Deutschland und Oesterreich gewährleisten sollten.
16. Februar: Frühmorgens wird die Zusammensetzung des neuen Kabinetts bekanntgegeben, in dem als Garant für die politische Gleichberechtigung der Nationalsozialisten Doktor Seyß-Inquart das Bundesministerium für Inneres und Sicherheitswesen übernimmt, während der bisherige Innenminister Dr. Glaise-Horstenau als Minister ohne Portefeuille im Kabinett verbleibt und der Staatssekretär für Aeußeres Dr. Guido Schmid Außenminister wird. Gleichzeitig wird der Erlaß einer allgemeinen Amnestie verkündet, die in der Bevölkerung größte Freude auslöst.
17. Februar: Die Kerker öffnen sich, und von ihren Angehörigen und Freunden stürmisch begrüßt, verlassen die verhafteten Nationalsozialisten die dunklen Zellen der Gefängnisse und Strafanstalten.
18. Februar: Bis zum Abend ist die Freilassung der verhafteten Nationalsozialisten beendet und die Gefängnisse und das Konzentrationslager in Wöllersdorf haben sich entleert. In Freudenkundgebungen feiert die Bevölkerung dieses Ereignis. Abends wird wieder gleichzeitig in Wien und Berlin eine zweite amtliche Mitteilung veröffentlicht, in der verkündet wird. daß auf Grund der Abmachung von Berchtesgaden nunmehr der österreichische Nationalsozialist die Möglichkeit zur legalen Betätigung im Rahmen der V[aterländischen] F[ront] und aller übrigen österreichischen Einrichtungen auf dem Boden der Verfassung und in Gleichstellung mit allen anderen Gruppen erhalten solle.
20. Februar: Sonntag mittags um 1 Uhr hält der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler seine große Reichstagsrede, in der er das Ergebnis von Berchtesgaden würdigt und erklärt, daß das Deutsche Reich künftig nicht mehr Verfolgungen des deutschen Menschen an seinen Grenzen dulden werde. Die Worte des Führers werden von der ganzen Bevölkerung Oesterreichs mit tiefer Ergriffenheit und ungeheurer Begeisterung aufgenommen. Zum erstenmal ertönte die Stimme des Führers im österreichischen Rundfunk.
22. Februar: Von Volksfrontkreisen werden neue Quertreiberversuche unternommen, wobei vor allem seitens der christlichen und marxistischen Bonzen des Gewerkschaftsbundes und der Arbeiterkammer eine Unterschriftensammlung in den Betrieben für eine Entschließung veranstaltet wird, durch die der Sinn des Abkommens von Berchtesgaden in sein Gegenteil verfälscht wird.
24. Februar: Dr. Schuschnigg hält im Bundestag eine Rede, die zeigt, daß er weit entfernt davon ist, sich ehrlich auf dem Boden des Abkommens vom 12. Februar zu stellen und mit der er sich bereits selbst vor der Bevölkerung gerichtet hat, bei der die Rede tiefste Empörung und Erbitterung hervorruft.
25. Februar: Es wird ein Pressegesetz erlassen, durch das Störungen des inneren Friedens und der Beziehungen Oesterreichs zu Deutschland unter strenge Strafen gestellt werden und mit dessen Vollziehung Minister Seyß-Inquart beauftragt wird.
26. Februar: Der Nationalsozialist Dr. Jury wird zum Stellvertreter des Ministers Seyß-Inquart bei der Leitung des Volkspolitischen Referats bestellt, durch das die Ueberführung der nationalsozialistischen Bewegung in die Legalität erfolgen soll. Die V. F. nimmt unter dem Drucke der Nationalsozialisten Umstellungen in ihrem Führerapparat vor. Der Landesführer der V. F. von Steiermark muß abtreten.
27. Februar: Der für diesen Sonntag geplante Aufmarsch der SA.-Brigade 5 Graz und mittlere Steiermark ist in der Nacht vorher plötzlich verboten worden. Obgleich daraufhin vom Volkspolitischen Referat und den zuständigen Parteistellen der Aufmarsch abgeblasen wird, werden Abteilungen des Bundesheeres aus Niederösterreich und die Alarmabteilung der Wiener Polizei nach Graz dirigiert, wo das Militär sämtliche Zufahrtsstraßen mit spanischen Reitern und Maschinengewehren usw. abriegelt.
1. März: Nachmittags trifft Minister Seyß-Inquart in Gaz ein. Die Bevölkerung bereitet ihm große Kundgebungen. In den Besprechungen sichert Minister Seyß den Nationalsozialisten das weitere Tragen des Hakenkreuzabzeichens und die Anwendung des Hitler-Grußes zu. Der für den 6. März in Linz angesetzte Deutsche Tag wird von Schuschnigg verboten.
2. März: Der stellvertretende Bundesleiter des Volkspolitischen Referats, Dr. Jury, wendet sich erstmalig in einer Rundfunkansprache an die österreichischen Nationalsozialisten und spricht über die Aufgaben, die aus dem Abkommen von Berchtesgaden erwachsen sowie über die deutsche Sendung Oesterreichs.
4. März: Der Generalstabschef des österreichischen Bundesheeres, Feldmarschalleutnant Jansa, tritt zurück. Sein Nachfolger wird Generalmajor Böhme.
5. März: Minister Dr. Seyß-Inquart fährt nach Linz und wird von der Linzer Bevölkerung in Riesenkundgebungen, an denen sich 40.000 Menschen beteiligen, jubelnd begrüßt. Abends spricht er im Landhaus vor 500 nationalsozialistischen Vertrauensmännern und kennzeichnet unter wahren Beifallsstürmen die deutsche Mission Oesterreichs und die unauflösliche Verbundenheit mit dem Reich.
6. März: Sonntag abends hält der inzwischen in die Tschechoslowakei geflüchtete Generalsekretär der V. F., Zernatto, seine letzte Rundfunkrede, da die Bevölkerung von ihm nichts mehr wissen will.
7. März: Auch in Kärnten verübt das kommunistische Mordgesindel mehrere Ueberfälle. Ein Funktionär der V. F. schlägt einen Schüler, der mit Heil Hitler grüßte, mit einer Stahlrute über den Kopf. Die Wiener Kommunisten propagieren in den Betrieben ohne Erfolg den Streik. Die revolutionären Sozialisten fordern in Flugblättern zum aktiven Kampf gegen die Nationalsozialisten auf. Der klerikale Wiener Bürgermeister Schmitz nimmt in einer Rede vor der V. F. die Volksfrontler gegen die Nationalsozialisten in Schutz.
8. März: Bei einer Konferenz der marxistischen Bonzen in Floridsdorf wird darüber berichtet, daß Schuschnigg einer marxistischen Arbeiterdelegation die Wiederaufmachung der marxistischen Vereine und das Tragen der Abzeichen der Internationale zugesichert habe.
9. März: Abends hält Dr. Schuschnigg in Innsbruck seine Rede, in der er eine verfassungswidrige und ungesetzliche Volksbefragung über die Unabhängigkeit Oesterreichs ankündigt, die binnen drei Tagen im Galopp durchgejagt werden soll.
10. März: Die Entwicklung nimmt jetzt einen dramatischen Verlauf, und die Lage spitzt sich rasch zu. Die NSDAP. gibt die Parole Wahlenthaltung aus. Die V. F. macht krankhafte Anstrengungen für eine Wahlpropaganda und sendet ihre marxistischen Horden aus, die mit Dolchen und Gummiknüppeln ausgerüstet, auf die nationale Bevölkerung losgelassen werden. In Sprechchören brüllen sie ihre Hetzparolen: „Rot-Weiß-Rot, Hitler tot“, „Nieder mit den Nazis“ und „Schuschnigg Heil, die Nazis unters Beil“.
11. März: Schuschnigg verlangt den Rücktritt Dr. Jurys, weil er in einem Artikel die Schuschniggsche Volksbefragung als Verfassungsbruch bezeichnete. Diese Forderung wird natürlich von Minister Seyß abgelehnt, und während Schuschnigg verzweifelt Versuche macht, die Abstimmung doch noch durchzusetzen und sich am Ruder zu halten, verschärft sich die Lage im ganzen Bundesgebiet derart, daß jeden Augenblick der Ausbruch eines blutigen Bürgerkrieges zu befürchten ist.
In Wien muß die Polizei die ganze innere Stadt zernieren, um die nationalsozialistischen Massen, die aus den äußeren Bezirken zusammenströmen und ebenfalls große Demonstrationen gegen die Abstimmung zurückzuhalten.
Da verbreitet ich wie ein Lauffeuer die Nachricht unter den Massen, daß die Volksbefragung abgesagt ist. Und im gleichen Augenblick tritt eine Entspannung ein. Nun überstürzen sich die Ereignisse. Um 19.25 Uhr kündigt Schuschnigg im Radio seinen Rücktritt an, wobei er seinem volksfremden Verhalten noch im Abgehen die Krone damit aufsetzt, daß er erklärt, er weiche der Gewalt, und die Lüge hinzusetzt, daß es unwahr sei, daß die Regierung nicht mehr Herr der Lage wäre. Dann spricht Minister Seyßs-Inquart und verkündet, daß er die Geschäfte der Regierung übernommen habe. Doktor Jury gibt das neue nationale Kabinett bekannt. Die nationalsozialistischen Führer verkünden die Machtergreifung.
12. März: Morgens um 5 Uhr ist Reichsführer Himmler in Wien mit Sonderflugzeug eingetroffen. Um 12 Uhr mittags vernimmt die Bevölkerung unter ungeheurem Jubel die von Dr. Goebbels verlesene Proklamation des Führers, worin er bekannt gibt, daß über alle Grenzen Deutschösterreichs die Soldaten der deutschen Wehrmacht marschieren, die von der neuen nationalsozialistischen Regierung in Wien gerufen seien. Gleichzeitig brausen die deutschen Flugzeuggeschwader über Wien daher und werfen Millionen Flugblätter ab.
Nachts treffen die ersten deutschen Truppen in Wien ein, denen von der Bevölkerung ein jubelnder Empfang bereitet wird.
Um 8 Uhr abends ist der Führer unter noch nie dagewesenen Freudenkundgebungen der gesamten Bevölkerung in Linz eingetroffen und wird von Bundeskanzler Seyßs-Inquart in seiner Heimat begrüßt. Der Führer dankt tiefbewegt und stellt fest, daß es der Wunsch und der Wille des deutschen Volkes selbst sei, das große volksdeutsche Reich zu schaffen; abends wird das Gesetz verkündet, durch das der Anschluß Oesterreichs an das Reich vollzogen wird.
13. März: In einem wahren Triumphzug fährt der Führer von Linz durch das österreichische Land nach Wien, wo er um 17. 30 Uhr eintrifft und wo ihm Millionen einen Empfang bereiten, wie er in der Geschichte Wiens einzig dasteht.
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Auch der Tiroler Grenzbote veröffentlichte zum Jahrestag des „Anschlusses“ eine ausführliche Chronik über die diesbezüglichen Geschehnisse in Kufstein.
Der Sturm der Ereignisse
In: Tiroler Grenzbote vom 12. März 1939, Seite 6
Kufstein, 14. März.
Die Ereignisse überstürzen sich. Der Chronist kommt nicht mehr nach, sie aufzuzeichnen. Nur das Wichtigste kann wiedergegeben werden in dieser Sonderausgabe. Es gäbe von Kufstein allein so viel zu berichten, dass man Seiten und Seiten füllen könnte.
Der Samstag in Kufstein.
Alle diese Tage sind von leuchtender Frühlingssonne erfüllt. Die Luft ist noch märzlich kühl. Umso heißer glüht es in den Herzen.
Ueber den unvergeßlichen Einmarsch der ersten Truppen am Samstag vormittags haben wir bereits berichtet. Diese Truppen waren durch Kufstein gezogen und marschierten am gleichen Tage bis Wörgl und Brixlegg.
Als Reichsminister Dr. Goebbels die Verlesung der Proklamation des Führers beendet hatte, stimmte die berühmte Heldenorgel von Kufstein das Deutschlandlied an, das von den Tausenden mitgesungen wurde. Unter dem erneuten Jubel der Bevölkerung spielte dann die Orgel zum erstenmal in der Geschichte Kufsteins das Horst-Wessel-Lied, in das die Tausende ebenfalls begeistert einstimmten.
SS.-Standarte „Deutschland“ in Kufstein.
Nun war das Anrücken der SS.-Standarte „Deutschland“ angekündigt. Mit von Stunde zu Stunde sich steigender Spannung wartete die Bevölkerung Kufsteins darauf. Waren es doch Truppen, die unsere Stadt selbst in ihren Mauern beherbergen darf. Die Sehnsucht, sie zu empfangen, eilte den SS.-Soldaten voraus. Stunde um Stunde verrann, während die Bevölkerung erwartungsvoll die Straßen säumte. Endlich, vor 1/2 8 Uhr abends, kamen sie. Kopf an Kopf, dichtgedrängt stand die Menge. Ein unbeschreiblicher Jubel erhob sich, als der Stab zu Roß an der Spitze des Zuges herannahte, gefolgt von den feldgrauen Bataillonen der feldmäßig ausgerüsteten SS.-Standarte, die im strammen deutschen Soldatenschritt einem Sturme gleich in die Stadt einrückten und über den Oberen Stadtplatz durch das Spalier der Formationen und Menschenmassen marschierten. Die Begeisterung, die ihnen von der Bevölkerung Kufsteins entgegenschlug, sprengte die Grenzen des Gewohnten. Und Kufstein hat doch schon große völkische Kundgebungen gesehen. Lange dauerte es, bis die Kolonnen alle durch waren, immer neue kamen, jede einzelne vieltausendstimmig begrüßt. Es war auch köstlich zu sehen, mit welchem Schwung die mit sehnigen Pferden bespannten Trainwagen den steilen unteren Stadtplatz nahmen. Die Truppen rückten in ihre Quartiere ein, das Realgymnasium, das Volksschulgebäude usw. Viele kamen aber auch in Privatquartieren unter. Die erste Nacht mag ähnlich gewesen sein wie bei der Mobilisierung 1914. Annehmlichkeiten gab es, wie auf den ganzen langen Marsch von Rosenheim nicht für die Männer im Waffenrock. Sie hatten aber alle strahlende Gesichter. Die Aufnahme, die sie in Kufstein gefunden haben, hat ihnen allen gefallen. Was sie zum Essen brauchten, haben sie selbst mitgebracht, und das war nicht schlecht und nicht wenig. Man war rechtschaffen müde und hungrig, aber es war geschafft.
Kufstein ist mächtig stolz darauf, daß es der Sitz der SS.-Standarte, dieser prächtigen deutschen Kerntruppe, sein darf […].
Der Stab der Standarte 4 mit dem Kommandeur, SS.-Standartenführer Steiner, hat im Hotel Egger sein Hauptquartier. Am Montag rückte noch ein viertes Bataillon ein, das in Kiefersfelden genächtigt hatte.
Der Abend brachte das Erlebnis der großen Rede des Führers in Linz, die durch Lautsprecher übertragen wurde. (Die Leser finden sie an anderer Stelle.) Im tiefsten Herzen ergriffen lauschte die Menge auf dem Oberen Stadtplatz und überall, wo sie gehört wurde.
Von der Festung, wo früher manchmal das nie ernst genommene Kruckenkreuz, eine arge Verbalhornung, zu sehen gewesen, glühte jetzt das Hakenkreuz, aus elektrischen Lampen gebildet. Die Nacht senkte sich nieder, die erste unter guter treuer SS.-Hut. Kufstein hätte ruhig schlafen können, wenn es dazu Lust gehabt hätte.
Der Sonntag in Kufstein […].
Heldenehrung.
Um 1/2 11 Uhr sammelte sich die SA. und SS. von Kufstein mit vorangetragener Standarte und marschierte zum Heldenhügel, ebenso die politischen Leiter und die Leitenden Männer in Kufstein. Die Formationen nahmen auf dem Platz vor dem Andreas-Hofer-Denkmal Aufstellung. Der kommissarische Leiter der Bezirkshauptmannschaft Fritz Wille trat vor die Körperschaften hin und sprach kurze, markante Worte: „In dieser geschichtlichen Stunde, da Oesterreich durch den Willen des Führers frei geworden ist, gedenken wir der Toten der Bewegung!“ Ein SA.-Führer aus dem Reich gab das Kommando, die Fahne senkte sich. Ein mächtiger Kranz, gewidmet von den Nationalsozialisten Kufsteins, mit den Hakenkreuzschleifen wurde am Denkmal niedergelegt. Das Lied vom gutenKameraden, gesungen von den Versammelten, klang durch die Stunde des Vormittags. Weihevolle Stille lag über der Heldenstätte, da jener Besten gedacht wurde, die das, was wir erleben durften, mit ihrem Blut besiegelt haben. Nach dem ergreifenden Erleben dieser Augenblicke marschierten die Teilnehmer an der Heldengedenkfeier wieder geschlossen zurück zum Boznerplatz.
Musikzug der SS.
Zugleich mit unserer SS. kam der Musikzug der Standarte „Deutschland“ nach Kufstein. Er gab am Sonntag zu Mittag das erste Konzert vor dem Hotel Egger. Musikzugführer Hauptsturmführer Bunge leitete es. Menschen strömten und lauschten. Es waren Klänge einer straff geführten stattlichen Regimentskapelle, wuchtig, künstlerisch vorgetragen, die den Zuhören ins Herz drangen und sie zu begeisterten Beifallskundgebungen hinrissen.
Und schon harrte wieder das nächste Ereignis der Stunde:
Flaggenhissung.
Ein Sprecher der Gaufilmstelle München, ein SA.-Führer, kündigte um 1/2 1 Uhr das bedeutsame, hier gleichfalls noch nie gesehene Ereignis an. SA., SS., HJ. und B. d. M. rückten auf vor dem Hotel Egger.
Begleitet von dem Bezirkshauptmann Kreisleiter der NSDAP. Fritz Wille, dem Führer der Exekutive SS.-Untersturmführer Rudolf Schluifer und Bezirkshauptmannstellvertreter SS.-Mann Dr. Eduard Prantner, trat Bürgermeister Hans Reisch auf den Platz und richtete weithin vernehmbare kraftvolle Worte an die Volksgenossen. Er grüßt die aufmarschierten Formationen, heißt die SS.-Standarte herzlich willkommen. Erinnert an den tiefen, in seiner Tragweite neuerfaßten Sinn der vormittägigen Heldenehrung. Diese geschichtliche Stunde erfährt durch die Flaggenhissung ihre besondere Weihe. Bürgermeister Reisch schloß: „Es lebe das nationalsozialistische Oesterreich! Es lebe Adolf Hitler, der Führer aller Deutschen!“
In diesem Augenblicke erscheint die Hakenkreuzflagge auf der Spitze des Kaiserturmes der Festung Kufstein, grüßt weit in die Lande hinaus, Symbol der deutschen Einigung. Sie sagt uns, daß Kufstein aufgehört hat, eine Grenzstadt zu sein. Sie liegt nun mitten im deutschen Land.
Die Heldenorgel spielt das Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied. Stumm lauschen die angesammelten Massen mit zum Deutschen Gruß erhobener Hand. Sie sind sich der Bedeutung des Augenblicks bewußt. Von der Gaufilmstelle wurde eine Tonaufnahme gemacht.
General v. Epp und Gauleiter Christoph in Kufstein.
Neuen riesigen Jubel löste es aus, als später durch das Mikrophon verkündet wurde, daß General Ritter von Epp, der Reichsstatthalter von Bayern, in Begleitung von Gauleiter Christoph, Landeshauptmann von Tirol, binnen kurzer Zeit in Kufstein eintreffen werden […].
Gauleiter Christoph führte aus:
„Daß wir Nationalsozialisten und bekennen dürfen in Tirol, verdanken wir dem Führer! Mit Stolz erfüllt es uns, daß der Führer heute bereits in unserer Heimat weilt. Wir grüßen unseren Führer, wir grüßen das neue Deutschland und das nationalsozialistisch gewordene Oesterreich!“
Dem Gauleiter flogen die Heilrufe zu […].
General v. Epp schloß mit einem „Siegheil!“ auf den Führer, das von der Menge in einem Sturm von Begeisterung aufgenommen wurde.
Zapfenstreich.
Der denkwürdige Sonntag schloß würdig mit einem Zapfenstreich eindrucksvoller Art. Der SS.-Musikzug gab ihn gegen 9 Uhr abends als Dank an Kufstein für die herzliche Aufnahme durch die Bevölkerung. Er spielte, vor dem Hotel Egger aufgestellt, das Niederländische Dankgebet und andere meisterhaft vorgetragene Musikstücke, vom Beifall umrauscht. Zuletzt, von allen mitgesungen, [das] Deutschlandlied und Horst-Wessel-Lied. Dann zog die Regimentskapelle, begleitet von den Fackelträgern der SS., mit klingendem Marschspiel durch die Kinkstraße. Die Hitlerjugend von Kiefersfelden marschierte mit. Damit schloß die Reihe der bedeutsamen Veranstaltungen des Sonntag[s], 13. März […].
SS.-Parade
Am Montag, um 11 Uhr vormittags, war unter klarblauem Himmel Parade-Aufmarsch der SS.-Standarte Deutschland über den Oberen Stadtplatz. Der großartige Vorbeizug dauerte über eine Stunde. Die Musik der Standarte spielte auf dem Platze unter einer Menge [von] Zuschauern. Auch die Artillerie-Kompanie des österr. Heeres zog mit.
Das Bundesheer Kufstein und Wörgl ist heute, Montag, vormittag nach seiner neuen Garnison abmarschiert – nach unserer Nachbarstadt Rosenheim!
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1938, 11. März - Hall
Aufmarsch der Nationalsozialisten mit „mehreren Liedern“
Ueber die Kundgebungen der Nationalsozialisten in Hall
In: Innsbrucker Nachrichten vom 12. März 1938, Seite 2
Gegen 12 Uhr mittags sammelte sich auf einem freien Platze im Norden der Stadt die Haller Nationalsozialisten und zogen dann, ungefähr 180 Mann stark, Hakenkreuzbinden zum Zeichen ihrer inneren Verbundenheit am Arme tragend, in die Stadt ein, wo sich bald eine dichte Menschenmenge sammelte, die die Kundgebungsteilnehmer lebhaft begrüßte. Nachdem sie durch mehrere Straßen der Oberstadt gezogen waren, marschierten sie auf den Kaiser-Franz-Josef-Platz, wo sie Halt machten, mehrere Lieder sangen und Sprechchöre, in denen die Gleichberechtigung und Aehnliches verlangt wurde, erschallen ließen. Es war zwar von den Sicherheitsbehörden erhöhte Bereitschaft angeordnet worden, doch gab sich nirgends Anlaß zum Einschreiten, lediglich wurde darauf geachtet, daß die Hauptverkehrswege frei bleiben. Nach dem Aufmarsch in Hall zogen die Teilnehmer zu einem Werbemarsch nach Mils, von dort nach Absam und Thaur und kehrten dann in den späteren Nachmittagsstunden wieder nach Hall zurück.
Am Abend nach dem Eintreffen der Rundfunknachrichten sammelten sich zahlreiche Männer und Frauen am Oberen Stadtplatz und brachen in stürmischen Jubel aus, als vor den in langen Reihe aufgestellten nationalsozialistischen Abteilungen die Hakenkreuzfahne entrollt wurde. Mit einem Zug durch die Straßen der Stadt, dem sich immer mehr Teilnehmer anschlossen und der von der spalierbildenden Bevölkerung mit erhobener Rechten und „Heil-Hitler“-Rufen begrüßt wurde, schloß die nächtliche Kundgebung.
Innsbrucker Nachrichten vom 14. 3. 1938
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1938, 11. März - Innsbruck
Aufmarsch der Nationalsozialisten mit "deutschen Liedern"
Innsbrucks größter Tag Anbruch einer neuen Zeit
In: Innsbrucker Nachrichten vom 12. März 1938, Seite 2
Die überwältigenden Kundgebungen der Nationalsozialisten.
Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, um das zu schildern, was Innsbruck gestern erlebte. Es war Innsbrucks größter Tag, der nicht verheißungsvoller für den Anbruch der neuen Zeit, die der Nationalsozialismus für Oesterreich bringen wird, hätte verlaufen können. Wir beschränken uns deshalb darauf, die gestrigen Ereignisse der Reihe nach zu schildern, denn wer dabei war, wird dieses Erleben für immer mit sich tragen.
Seit den unvergeßlichen Mittagsstunden des Freitag marschierten nach der großen nationalsozialistischen Kundgebung immer wieder geschlossene Formationen mit Fahnen durch die Stadt. Gegen 4 Uhr nachmittags setzte sich vom Innrain her über den Marktgraben ein langer Zug mit zahlreichen Abteilungen der SS., SA. und HJ. [Schutzstaffel, Sturmabteilung und Hitler-Jugend] in Bewegung, der durch den Burggraben und die Museumstraße zum Südtiroler Platz und durch die Salurnerstraße zur Triumphpforte zog, um dort in die Maria-Theresien-Straße einzubiegen. Bei der Abzweigung der Welsergasse stellte sich eine Abteilung Polizei mit gefälltem Bajonett entgegen, worauf der Zug umkehrte. Der Zweck dieser Maßnahme war anscheinend, einen Vorbeimarsch beim Landhaus zu verhindern. Von der Welsergasse bis zur Meranerstraße war die Maria-Theresien-Straße überhaupt gesperrt, bei der Meranerstraße durch Polizei und Militär. Niemand konnte ja zu dieser Stunde auch nur ahnen, daß der Abend die langersehnte Befreiung Oesterreichs bringen sollte.
Innsbruck marschiert.
Im breiten Teil der Maria-Theresien-Straße stand eine große Menschenmenge, aus der sich ein eigener geschlossener Zug formierte, dem eine Fahne vorangetragen wurde. Dieser Zug Bewegte sich in die Anichstraße und begegnete dort dem Hauptzug, der inzwischen durch die Maximilianstraße und die Fallmerayerstraße in die Anichstraße hereingekommen war. Dem Einmarsch von der Anichstraße in die Maria-Theresien-Straße wurde kein wie immer geartetes Hindernis in den Weg gelegt.
Zahlreiche treffsichere, zum Teil flammend-erhebende, teils das Undemokratische des für Sonntag vorgesehenen Wahlsystems kritisierende und glossierende Sprechchöre, deren Lettern zum Teil in riesigen, von der Menge mitgetragenen Spruchbändern über den Menschenwogen leuchteten, wurden von den erregten Massen in einem fort und im Rhythmus des Marschtaktes gerufen [...].
Der Verkehr stockt.
Durch den Aufmarsch der Nationalsozialisten geriet der Verkehr in der Maria-Theresien-Straße, wo sich schon in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten, eine große Menschenmenge eingefunden hatte, völlig ins Stocken. Die Formationen marschierten nun in der Maria-Theresien-Straße in mehreren Gliedern auf und nahmen mit dem Gesicht gegen die Rathausseite zu Aufstellung. Während des Aufmarsches erklangen aus einem Lautsprecher, der in einem Fenster des Großgasthofes "Breinößl" aufgestellt worden war, deutsche Marschlieder. Der Lautsprecher war durch ein Kabel mit einem Mikrophon verbunden, das in einem Fenster des benachbarten Gasthofes "Alt-Innsbrugg" deutlich sichtbar stand [...].
Die mächtige Volkskundgebung des nationalsozialistischen Innsbruck
Neueste Zeitung vom 11. 3. 1938, S. 4
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1938, 11. März - Innsbruck
NSDAP übernimmt Rathaus und Landhaus
Die Machtergreifung in Oesterreich
In: Deutsche Volkszeitung vom 12. März 1938, Seite 2
Innsbruck, 12. März. Gegen 12 Uhr mittags waren bereits alle Zugänge zum Stadtinneren durch starke Polizeiaufgebote in Stahlhelm und mit aufgepflanzten Bajonetten abgesperrt. An den wichtigsten Stellen standen spanische Reiter und bei der Annasäule waren sogar Maschinengewehre aufgestellt. Man wusste, daß die Nationalsozialisten Innsbrucks eine gewaltige Protestkundgebung gegen den unglaublichen "Volksentscheid" planten. Gegen 12 Uhr war die Spannung aufs Unerträgliche gestiegen.
Würde es den einzelnen Abteilungen der SA. und SS. gelingen, ins Stadtinnere zu kommen?
Da brach um 12 Uhr aus dem Gasthof "Delevo" der Sturm 6 der Innsbrucker SA. mit flammendroten Hakenkreuzbinden und wehender Fahne heraus, stieß durch die Polizeiabsperrungen und zig mit festem Schritt über die Erler- und Meranerstraße in die Maria-Theresien-Straße.
Hier wurden die strammen Sturmabteilungsmänner von einem ungeheuren Begeisterungssturm einer vieltausendköpfigen Menschenmenge empfangen.
Und nun kam ein Sturm nach dem anderen herein.
Gegen 1/2 2 Uhr hielt der stellvertretende Gauleiter Doktor [Egon] Denz eine kurze Ansprache von einem Fenster des Gasthofes Alt-Innsbrugg, in der er die Nationalsozialisten Tirols aufforderte, weiterhin äußerste Disziplin zu wahren. Nach der Kundgebung in der Hauptstraße ging es in schneidiger Manneszucht im Werbezug bis in die entlegensten Teile der Stadt, überall vom nicht enden wollenden Jubel der Bevölkerung begrüßt.
Die einzelnen Stürme der SA. und SS. sowie die Abteilungen der HJ. und der politischen Leiter sammelten sich in den Nachmittagsstunden am Innrain und zogen von dort wieder in die innere Stadt, um dann in der Maria-Theresien-Straße geschlossen Aufstellung zu nehmen.
Die einlaufenden Nachrichten überstürzten sich und wurden immer siegversprechender.
Mit Begeisterung wurde der Gruß des Obersten Führers an die Nationalsozialisten Oesterreichs und die Ankündigung, daß die Verhandlungen sehr günstig verliefen und die SA. und SS. sich der Exekutive zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zur Verfügung zu stellen haben, aufgenommen.
In strammem Zug marschierten dann die einzelnen Stürme an ihre Standorte. Die Führung der NSDAP. übernahm gegen 8 Uhr abends das Rathaus, an dem gleichzeitig die Hakenkreuzfahne gehißt wurde. Gegen halb 9 Uhr wurde das Landhaus besetzt und bald wehte auch von dort die Fahne Adolf Hitlers.
In den späten Abendstunden fand dann ein allen unvergeßlicher Fackelzug durch die Hauptstraßen statt unter so gewaltigen Freudenkundgebungen, wie sie Innsbruck seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Es war ein einziges lebendiges Bekenntnis zu Volk und Heimat.
Nach den ersten Uebernahmsverfügungen hielt der Landeshauptmann und Gauleiter Edmund Christoph vom Balkon des Landhauses eine flammende Ansprache, die wir an anderer Stelle des Blattes bringen.
Neueste Zeitung vom 12. 3. 1938, S. 4
[Fortsetzung Deutsche Volkszeitung vom 12. März 1938]
Gleichzeitig liefen aus allen Teilen des Landes Meldungen ein von der Machtübernahme der wichtigsten Aemter und Stellen durch die NSDAP. Dank der unvergleichlichen Manneszucht der gesamten nationalsozialistischen Gefolgschaft, die sich trotz der unsäglichen Leiden und Verfolgungen der letzten fünf Jahre zu keiner einzigen unüberlegten Handlung hinreißen ließ, kam es zu keinerlei Zusammenstößen, und ohne den kleinsten Makel endete dieser große, unvergeßliche, geschichtliche Tag.
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1938, 11. März - Innsbruck
Die NSDAP im Landhaus
Innsbrucks gesamte Polizei nationalsozialistisch
In: Innsbrucker Nachrichten vom 12. März 1938, Seite 7
Schon tauchte da und dort ein Polizist mit der Hakenkreuzbinde am Arm auf, hier schwenkte einer eine Fahne, dort bahnte sich die nationalsozialistische Polizei Innsbrucks mit der Beiwagenmaschine oder dem Kraftwagen nur langsam den Weg durch die Massen. Unbeschreiblich war der Jubel, als der Gauleiter verkündete, daß die gesamte Polizei Innsbrucks nationalsozialistisch sei, auch wenn der eine oder andere dies aus Mangel an Hakenkreuzarmbinden nach außen hin nicht sofort zeigen könne; im Nu war die gesamte Sicherheitswache Innsbrucks mit Armbinden versehen, als der Gauleiter diejenigen Volksgenossen, die eine solche Armbinde besäßen, aufforderte, sie den Polizisten zu geben. Nicht mehr mit vorgehaltenem Bajonett hatten nun die Angehörigen der Exekutive die Menschenmenge zurückzudrängen, sondern es setzte ein ununterbrochenes Händeschütteln und Umarmen zwischen Uniformträgern und Zivilisten ein, als eine Gasse für den angekündigten Fackelzug freizumachen war. Das gleiche galt auch, wenn Angehörige des Bundesheeres aufschienen.
Der Fackelzug
wurde zwar in seiner ursprünglich geplanten Form mit der Begründung abgesagt, daß an die Führer der Nationalsozialisten Tirols durch die Machtübernahme nun andere Aufgaben gestellt seien, als nur ein Fest zu feiern, es gebe für sie nun Arbeit in Hülle und Fülle die ganze Nacht hindurch. Da sich aber am Innrain bereits Tausende von Fackelträgern vergattert hatten, zog trotzdem ein Fackelzug durch die Straßen der von langer, harter Knechtschaft befreiten Stadt, dem sich die zunächst Spalier bildende Menge begeistert anschloß.
Als es bekannt geworden war, daß die nationalsozialistische Führung sich bereits im Landhaus befindet, drängten die unübersehbaren Menschenmassen mit beinahe unwiderstehlicher Gewalt dorthin und konnten nur durch äußerste Kraftanstrengung von aus SS.-Leuten gebildeten Sperrketten zurückgehalten werden, um einen Platz vor dem Eingang des Landhauses freizuhalten.
Im Torbogen des Sitzes der neuen nationalsozialistschen Tiroler Landesregierung stand der Fahnenträger mit dem siegreich wehenden Sturmbanner, flankiert von SS.-Leuten, und im Inneren des Landhauses gab es keinen wichtigen Zugang, der nicht von einem strammen Doppelposten bewacht gewesen wäre [...].
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1938, 11.-13. März - Umland von Innsbruck
Die Bevölkerung in emphatischer Erwartung
Aufmarsch der "neugegründeten Musikkapelle" Mayrhofen und der "Arbeitermusik" Jenbach
Stimmungsbilder aus Stadt und Land
In: Innsbrucker Nachrichten vom 14. März 1938, Seite 6
Innsbruck, 13. März [...].
Auf Beobachtungsfahrt über Land.
[...] In Hall, das natürlich reichen Flaggenschmuck trägt hatte sich, wohl in der Erwartung des seit Stunden angekündigten Einmarsches deutscher Truppen aus der Richtung Kufstein, am Unteren Stadtplatz eine größere Menschenmenge angesammelt, die bei jedem durchfahrenden, mit irgendeinem Zeichen der Befreiung versehenen Kraftwagen mit stürmischen Sieg Heil-Rufen und erhobener Rechten Spalier standen, aber auch in den kleinen und kleinsten Straßen des schmucken Salinestädtchens, in denen um die vierte Nachmittagsstunde lebhafte Bewegung herrschte, sah man die Leute ausnahmslos den deutschen Gruß leisten. Es gab überhaupt keinen Soldaten, keinen Gendarmeriebeamten, der nicht mit Heil Hitler! und erhobener Hand gegrüßt hätte.
Der Wallfahrtsort Absam ist nationalsozialistisch.
Wie tief bereits nationalsozialistisches Gedankengut auch im Bauernstand verwurzelt ist, zeigte uns auszugsweise eine Spritzfahrt über die Dörfer nach Innsbruck. Nahezu jedes Bauernhaus in Absam hatte Fahnenschmuck angelegt, die Bauernbuben auf den Straßen ebenso wie die Erwachsenen und das grauhaarige Vaterle oder Muatterl begrüßten uns mit erhobener Hand und Sieg Heil!- oder Heil Hitler!-Rufen. An nahezu jedem Haus war ein Symbol des neuen nationalsozialistischen Deutschösterreich angebracht, wobei es oft köstlich war zu beobachten, wie sich die Bauern über den Mangel an Hakenkreuzflaggen hinweggeholfen haben. So sah man vielfach auf rotem Tuch mit schwarzer Farbe aufgemalte Hakenkreuze, zum Teil hatte man aus den österreichischen Fahnen rot-weiß-rot den weißen Streifen herausgeschnitten, die roten Teile zusammengenäht und ein sichtlich mit großer Hast und gerade nicht immer ganz symmetrisch gelungenes Hakenkreuz aufgemalt, während man sich in den meisten Häusern wegen absoluten Tuchmangels mit dem Ankleben von papierenen Hakenkreuzfähnchen oder mit Farbe an die Hausmauer angemalten Hakenkreuzemblemen begnügen mußte, bis es ja schließlich doch möglich sein wird, den geradezu ungeheueren Bedarf an Hakenkreuzfahnen und Flaggen, der zur Zeit eben beim besten Willen und trotz Tag- und Nachtarbeit aller einschlägigen Firmen nicht zu befriedigen ist, doch nachzukommen. Die gleichen Eindrücke empfing man in Thaur, Rum, Arzl und in Mühlau, und es war rührend zu sehen, mit welch ehrlicher und aufrichtiger Begeisterung die Bauern auf der Straße den deutschen Gruß erwiderten.
Das war Zirl z. B. schon weit besser mit Fahnenmaterial ausgerüstet, denn hier wehten überall große und kleine Embleme von den Fenstern und Gesimsen, auf dem Dorfplatz hatte gerade eine starke SA.-Abteilung mit Fahnen Aufstellung genommen, um die sich mehrere hundert Menschen drängten und ihr begeistert zuriefen, und als wir die Richtung nach Seefeld nahmen, begegneten uns am Zirler Berg und auf der ganzen Strecke bis Seefeld zahlreiche große Militärlastschnellwagen, aus der Richtung Scharnitz kommend, darunter zum Teil requirierte, mit Firmenaufschriften versehene Zivilschnellastwagen aus bayerischen Orten, die alle Gepäck und Material der nachmittags in Innsbruck bei jubelndem Empfang einmarschierenden Schupoabteilungen mit sich führten.
Wer gestern Seefeld besuchte, der wußte, daß dieser Ort hundertprozentig nationalsozialistisch ist.
Wir machten und geradezu eine Aufgabe daraus, ein Haus zu suchen, an dem keine Hakenkreuzflagge geweht hätte. Wir vermochten diese Aufgabe nicht zu lösen. Hoteliers, Geschäftsleute, Hoteldiener, Angestellte und Bauern aus Seefeld und der weiteren Umgebung füllten die Straßen des Ortes, nahezu alles trug Hakenkreuzarmbinden, aber jeder hatte ein Hakenkreuzabzeichen an die Brust gesteckt. Das Leben spielte sich vollkommen in ruhigen, gewohnten Bahnen ab, in den Gasthäusern saßen die Bauern bei ihrem Sonntagskartenspiel, mit der Hakenkreuzbinde am Arm, und nur als die Linzer Rede des Führers in den überall eingerichteten Rundfunklautsprecher auf Schallplatten wiedergegeben wurde, lauschte alles mit gespanntester Aufmerksamkeit den befreienden Worten unseres Führers Adolf Hitler.
Auf der Rückfahrt, etwa um 19 Uhr, begegneten uns auf der Fahrt nach Innsbruck auf der ganzen Strecke Kraftwagen aus Bayern in endlosen Kolonnen, die den Sonntag benützt hatten, um nach Innsbruck zu fahren und dort den mitreißenden Pulsschlag der befreiten deutschen Alpenstadt am grünen Inn selbst zu erleben und mitfühlen zu dürfen.
[...]
In Wattens.
Von dort wird uns geschrieben: In Wattens wurde am Samstag, den 12. d[ieses] M[onats März 1938] am Dorfplatz durch eine Lautsprecheranlage die Rede des Führers übertragen, die von der begeisterten Menschenmenge mit größter Aufmerksamkeit angehört wurde. Nach der Ansprache wurde der Ortsführer der Nationalsozialisten Wattens, Josef Garger, zum Bürgermeister ausgerufen. In Fritzens folgte die Amtsübernahme der Gemeindegeschäfte durch Oberlehrer Pertramer. Die ganze Umbildung erfolgte in beispielloser Disziplin, und es ereigneten sich in Wattens und Umgebung wie in Fritzens, Baumkirchen, Volders keinerlei Zwischenfälle. Die SS. und die SA. stellten sich sofort nach Bekanntwerden des Rücktrittes der Regierung der Exekutive zur Verfügung. Am Sonntag trug die Ortsgemeinde Wattens reichen Fahnenschmuck, wobei besonders die vielen Hakenkreuzfahnen auffielen.
Große Tage für das Zillertal.
Aus Mayrhofen eingelangten Berichten entnehmen wir: Am Freitag [11. 3. 1938] vormittags veranstalteten die Nationalsozialisten von Hintertux, Tux, Magnesitwerk Tux, Finkenberg, Mayrhofen, Dornauberg und Brandberg von Mayrhofen aus eine Demonstrationszug nach Zell. Nach dem Rückritt Schuschniggs stellte sich die SA.-Abteilung Mayrhofen der Gendarmerieabteilung Mayrhofen zur Verfügung. Ihre erste Tat war, die Frontmiliz, die sich im Dachboden des Schulhauses verborgen hatte, zu entwaffnen. Ihr Kommandant, Lehrer Schartner, wurde mit einem Nervenschock im Bette gefunden. Gegen 12 Uhr wurde Ing. Kunsek fernmündlich verständigt, daß er zum Bezirkshauptmann von Schwaz ernannt sei.
Am Samstag [12. 3. 1938] abends um 1/2 8 Uhr veranstalteten die Nationalsozialisten Mayrhofens und Umgebung vom Bahnhofplatz aus einen Fackelzug, an dem sich schätzungsweise 1500 Personen beteiligten. Voraus die neugegründete Musikkapelle Mayrhofen, geführt von ihrem schneidigen Tambour Maier, SA.- und SS.-Formationen, deutsche Mädchen und Frauen, Hitlerjungen und Parteigenossen aus der ganzen Umgebung. Nach dem Umzuge versammelten sich die Teilnehmer im Café "Dengg" zu einem Kameradschaftsabend. Leider konnte der große Saal nur einen Teil der Teilnehmer fassen. Prokurist Wiesbauer vom Magnesitwerk Tux hielt eine Festrede. Außerdem sprach noch Schuldirektor i. R. Oberforcher zu seinen alten Schülern.
[...]
Aus Schwaz wird uns berichtet: [...].
Die Entwaffnung der Frontmiliz im Enzenbergerschlosse und im Postamte usw. erfolgte gleichfalls noch in der Nacht ohne nennenswerten Widerstand. Am Samstag [12. 3. 1938] nachmittags mußten zwei Heimatwehrfanatiker in Schutzhaft genommen werden, weil ihre Schmähungen und Verwünschungen, z. B. "in vierzehn Tagen werde man den Nazi die Hand schon wieder herunterhauen" und "er wünsche, im Naziblute waten zu können" zur berechtigten Empörung Anlaß geboten hatten.
Der anbrechende Abend brachte Parteikameraden beiderlei Geschlechts aus der näheren und weitern Umgebung, so von Wattens, Jenbach usw. In der "Einöd" formte sich ein Fackelzug von schier endloser Länge, der sich gegen 8 Uhr in der Richtung zur Stadt in Bewegung setzte. Die ungeheure Lichterschlange nahm unter Vorantritt der Arbeitermusik und der Fahnenträger ihren Weg durch die Innstraße, Lendstraße, Sigismundstraße, Franz-Josef-Straße, Pfarrplatz über den Lahnbach ins "Dorf" (Falkenstein- und Hußlstraße), die Kirschenallee entlang zur Innallee, an deren Südausgang der Vorbeimarsch erfolgte.
Am Sonntag [13. 3. 1938] war völlige Geschäftssperre. Es folgten mehrere Festnahmen von Persönlichkeiten, die in den letzten Jahren politisch hervorgetreten sind. Den ganzen Nachmittag standen Parteiformationen vor dem Amtsgebäude und dem Grafenhaus, sowie eine dichtgedrängte Menge auf den beiden Gehsteigen der Franz-Josef-Straße in Erwartung des kommissarischen Landesleiters.
[...]
In Kitzbühel, Hopfgarten und St. Johann fanden jubelerfüllte Kundgebungen statt. Die Zahl der Teilnehmer wird auf 5000 geschätzt.
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Neueste Zeitung vom 22. März 1938, Seite 3
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1938, 11.-13. März - Unterinntal
Kundgebungen der Nationalsozialisten finden Begeisterung
In Brixlegg und Rattenberg Musikkapellen mit dabei
Scharenweise Beitritte zur NSDAP
Begeisterte Siegeskundgebungen im Unterinntal
Die neuen Bürgermeister
In: Deutsche Volkszeitung vom 15. März 1938, Seite 7
Signiert: "J. G."
Am Freitag [11. 3. 1938] veranstaltet(e) die NSDAP. der Orte Kramsach, Brixlegg und Rattenberg gemeinsam eine Kundgebung, an der 600 bis 700 Personen im Zuge teilnahmen. Der Zug wurde in Brixlegg, Rattenberg und Kramsach von einer großen spalierbildenden Menschenmenge stürmisch begrüßt. Es war ein Aufmarsch, wie man ihn seinesgleichen in den Gemeinden noch nie gesehen hat.
Am Stadtplatz in Rattenberg sprach Kreisleiter Willi und forderte Wahlenthaltung von allen Nationalen. Als der Rücktritt Schuschniggs bekannt wurde, steigerte sich die Begeisterung ins Unermeßliche.
Samstag [12. 3. 1938] abends hielt die Ortsgruppe Brixlegg eine Siegeskundgebung ab, an der auch die Musikkapelle und die Feuerwehr teilnahmen. Sonntags [13. 3. 1938] war die gleiche Kundgebung in den Orten Rattenberg und Brixlegg, bei der 1600 Personen mit Musikkapellen anwesend waren. Ganz Rattenberg war ein Menschenmeer, getragen von einer Begeisterung, die zu schildern unmöglich ist. Koll und Dr. Schneider [Rechtsanwalt in Rattenberg] sprachen zu der Menge. Als äußeres Zeichen hatten fast alle Häuser Fahnen gehisst. Bei allen Veranstaltungen wurde der SA., SS. und der HJ. wegen des strammen Auftretens besonderer Beifall gezollt.
Im Gerichtsbezirk Rattenberg wurden folgende Bürgermeister kommissarisch eingesetzt [folgt Auflistung der Orte und Namen].
In Brandenberg fand am Sonntag [13. 3. 1938] eine Besprechung statt, bei der 180 Bauern und Holzarbeiter der NSDAP. beitraten. Oberlehrer Gasser sprach dabei über die Bedeutung der neuen Zeit.
Wie bekannt sein dürfte, ist Kramsach die erste Gemeinde Oestereichs, die unseren Führer Adolf Hitler vor sechs Jahren zum Ehrenbürger ernannte, und sie wird bei der Abstimmung am 10. April beweisen, daß sie in der vordersten Reihe verbleiben [wird].
Trotz Heimwehrterror und Verbot waren wir nie tot!
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1938, 11.-12. März Unterland
Machtübernahme der Nationalsozialisten
"Absingen nationaler Lieder"
Die Machtübernahme in Kirchberg
In: Kitzbüheler Nachrichten vom 19. März 1938, Seite 7
Von Kirchberg ging am 11. d[ieses] M[onats März] eine Abteilung der Partei und der SA. nach Hopfgarten, um bei dem Demonstrationszug der Nationalsozialisten teilzunehmen. Die Gendarmerie verbot zwar zuerst den Demonstrationszug, und drohte, mit der Waffe vorzugehen, und Militärassistenz von Wörgl anzufordern. Die Antwort aber war. "Wir marschieren, macht, was ihr wollt!" Dann wurde der Umzug doch gestattet. Unter Jubel der Bevölkerung, Absingen nationaler Lieder und Sprechchören marschierten die Nationalsozialisten durch den Markt.
Abends waren die Nationalsozialisten im Hotel Darer versammelt. Der Rücktritt Schuschniggs wurde mit Freude, der Antritt der neuen Regierung mit großer Begeisterung aufgenommen. Ortsgruppenleiter Hermann Papp, ein vom System schwer verfolgter alter Kämpfer, sowie SA.-Truppführer Sebastian Krimbacher ordneten sofort die Entwaffnung der Frontmiliz an, die sich im Schulhaus eingesperrt hatte. Die Entwaffnung verlief reibungslos; es wurden 17 Mannlichergewehre, ein schweres Maschinengewehr, Munition und sämtliche Uniformen der Frontmiliz abgenommen.
Der Samstag [12. 3. 1938] stand im Zeichen der Machtübernahme. Die unselige V[aterländische] F[ront] und ihre Unterorganisationen wurden aufgelöst und sämtliches Material beschlagnahmt.
Abends wurde ein Fackelzug veranstaltet, an dem sich die Musikkapelle von Kirchberg, die sich sofort der NSDAP. zur Verfügung gestellt hatte, dahinter die Ortsgruppenleitung, SA., NS.-Frauenschaft, Parteigenossen, Hitlerjugend und ein großer Teil der Kirchberger Bevölkerung sich beteiligten. Der Zug wurde von der Bevölkerung mit großem Jubel begrüßt. Von den Häusern flatterten Hakenkreuzfahnen. Die Auflösung des Zuges erfolgte vor dem Gasthaus Kals. Vorher hielt P[artei]g[enosse] Paufler eine zündende Ansprache.
Die Waffenbeschlagnahmen nehmen ständig zu, ein Zeichen, daß unsere Feinde gut gerüstet waren. Die Jugend meldet sich mit großem Andrang zur Hitlerjugend, deren Stand heute schon achtzig Mitglieder beträgt.
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1938, 11.-12. März - Landeck
Aufmarsch der Nationalsozialisten für freie Wahl
"Nationale Lieder" - Stadtkapelle Landeck eskortiert Gauleiter Edmund Christoph
Freudige Kundgebungen in Landeck
In: Neuste Zeitung vom 17. März 1938, Seite 5
Von der Ortsgruppenleitung Landeck der NSDAP. wird uns berichtet: Die Ereignisse der letzten Tage haben auch in Landeck stärksten Widerhall gefunden. Freitag [11. 3. 1938] mittags sammelten sich beim Gasthof "Löwen" mehrere hundert Nationalsozialisten, um in einem Aufmarsch durch die Stadt ihre Missbilligung gegen die beabsichtigte "Abstimmung" kundzutun. Der Demonstrationszug formierte sich, wurde jedoch nach kurzem Wege durch gefällte Bajonette zur Umkehr gezwungen. Den ganzen Nachmittag über marschierten Kolonnen durch Landeck und Umgebung und forderten in Sprechchören freie Wahl. Abends sammelten sich ungefähr 1500 Personen zu einem Fackelzug, wie ihn Landeck noch nie gesehen. Die Begeisterung kannte keine Grenzen, nationale Lieder wurden gesungen und überall wurde der Zug mit Sieg-Heil-Rufen stürmisch begrüßt. Das Straßenbild am Samstag [12. 3. 1938] stand ebenfalls im Zeichen der Ereignisse.
Sonntag [13. 3. 1938] vormittags kam der neue Landeshauptmann und Gauleiter [Edmund] Christoph zu kurzem Besuch, was wiederum zu freudigen Kundgebungen Anlaß gab. In feierlichem Zuge wurde er unter Vorantritt der Stadtkapelle zur Bezirkshauptmannschaft geleitet; später verweilte er einige Zeit im Kreise seiner Mitkämpfer.
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1938, 11. März - Innsbruck
Gauleiter Edmund Christoph schickt "Huldigungstelegramm" an Hitler
Innsbrucker Nachrichten vom 12. 3. 1938, S. 8
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1938, 12. März - Innsbruck
Edmund Christoph präsentiert sich in der Presse als "kommissarischer Landeshauptmann und Gauleiter der NSDAP Tirols"
Deutsche Volkszeitung vom 12. 3. 1938, S. 1
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1938, 14. März - Innsbruck
Die Schlagzeile in der Presse:
Das jubelnde Innsbruck begrüßt die einmarschierenden deutschen Truppen
In: Neueste Zeitung vom 14. 3. 1938, S. 3
Neueste Zeitung vom 14. 3. 1938, S. 3
Neueste Zeitung vom 14. 3. 1938, S. 3
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1938, 13. März - Innsbruck
Innenstadt
Begrüßung der deutschen Truppen:
Tiroler Regimenter nehmen Aufstellung "mit klingendem Spiel" und rücken "unter Vorantritt der Musikkapelle" wieder in ihre Kasernen ein
Einzug der deutschen Truppen in Innsbruck
In: Innsbrucker Nachrichten vom 14. März 1938, Seite 8
Innsbruck, 13. März.
Der ursprünglich bereits für die frühen Nachmittagsstunden angekündigte Einmarsch der reichsdeutschen Truppen [am Sonntag, 13. 3. 1938] in die Landeshauptstadt erfolgte erst nach 9 Uhr abends. Nach 8 Uhr zog die Innsbrucker Garnison, das Tiroler Jägerregiment und das Leichte Artillerieregiment Nr. 6, unter klingendem Spiel aus ihren Kasernen durch die Museumstraße über den Burggraben in die Maria-Theresien-Straße, wo die österreichischen Truppen auf der Ostseite der Maria-Theresien-Straße in der Länge von der Triumphpforte bis zum Triumphtonkino Aufstellung nahmen, um später die Wehrkameraden aus dem Reiche mit präsentiertem Gewehr zu begrüßen.
Als die Truppen Aufstellung genommen hatten, wurde durch einen Lautsprecher vor dem Innsbrucker Landhause die mit hellen Begeisterungsausbrüchen aufgenommene Rede des Führers und Reichskanzlers in Linz, deren Wortlaut wir an anderer Stelle wiedergeben, übertragen. Dann wurde es aber nach mehrstündigem Hoffen und Warten ernst mit dem Einmarsch. Schon von weitem dröhnten brausende Sieg-Heil-Rufe in den nächtlichen Himmel, als die reichsdeutschen Truppen durch die Anichstraße, Kaiser-Josef-Straße, Maximilianstraße in die Maria-Theresien-Straße einmarschierten.
[Fortsetzung Innsbrucker Nachrichten vom 14. März 1938]
Voran drei Kraftwagen mit höheren Offizieren, Flak-Wagen (Flugzeugabwehrkraftfahrzeuge), daran reihten sich zahlreiche Militärkraftradfahrer, weiter etwa 30 motorisierte Einheiten mit Bedienungsmannschaften, den Schluß der motorisierten Abteilung bildeten wieder zahlreiche Kraftradfahrer.
Unbeschreiblich war der Jubel, der die ersten Kolonnen begrüßte und der sich noch zu frenetischen Kundgebungen in Form, von Sieg-Heil-Rufen, Sprechchören, Fahnenschwenken steigern sollte, als die Fußtruppen angerückt kamen.
Voran der Kommandant auf stolz tänzelndem Schimmel, dahinter einige berittene Offiziere, die Regimentsfahne und dann im flotten Marschschritt die in blendender körperlicher Verfassung ankommenden Fußabteilungen, immer wieder unterbrochen von Maschinengewehrabteilungen, Tragtiertrupps, dampfenden Fahrküchen, Schnellastwagen usw.
Stellenweise ergoß sich ein wahrer Blumenregen über die Soldaten aus dem Bayernlande, Händeschütteln und Freudenausbrüche, bewegte Szenen, wo immer das Auge hinblickte. Mehr als eine Stunde lang zogen die Truppen an dem zu ihrer Ehrenbegrüßung mit präsentiertem Gewehr aufgestellten Wehrkameraden aus Innsbruck und einer Innsbrucker Polizeiabteilung in feldmäßiger Ausrüstung vorüber. Vor dem Tiroler Landhause nahmen den Vorbeimarsch der einmarschierenden Truppen ab: von reichsdeutscher Seite der Präsident des Senates der freien Stadt Danzig, SS.-Brigadeführer Dr. Greiser, Generalleutnant Döhla und sein Adjutant Hauptmann Müller, Staatssekretär SA.-Obergruppenführer Hoffmann in Vertretung des Reichsstatthalters General Ritter von Epp, NSKK.-Staffelführer Fritz Heinrich Muskulus und Oberstleutnant Hübner, die Adjutanten des Reichsstatthalters Ritter von Epp, der vortragende Legationsrat und deutsche Generalkonsul Geheimrat Dr. e. h. Saller, Generalmajor von Kochhausen, Kommandant der Kriegsschule München; von österreichischer Seite: Landeshauptmann und Gauleiter Edmund Christoph, Landesstatthalter Dr. Knöpfler, der mit der Führung der Division betraute Generalstabsoberst Eglseer, Bürgermeister Dr. Denz, Landesrat Hartwig, Landesrat und Landebauernführer Wurm, SA.-Brigadeführer Vinzenz Weidacher, SS.-Standartenführer Sicherheitsdirektor Erwin Fleiß.
Auf der linken Seite der Maria-Theresien-Straße waren die Parteiformationen aufgestellt.
Die reichsdeutschen Truppen bezogen die Innsbrucker Kasernen, ebenso rückten die Tiroler Truppen und die Bundespolizei wieder unter Vorantritt der Musikkapelle in ihre Unterkünfte ein.
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1938, 13. März - Innsbruck
Goebbels verliest Hitler-Rede:
Es "erklingen von tiefer Inbrunst getragen die Hymnen des deutschen Volkes" -
"Wieder ertönen die deutschen Hymnen in ergreifendem Ernst"
Der Einmarsch der deutschen Truppen
In: Deutsche Volkszeitung vom 14. März 1938, Seite 5
Innsbruck, 13. März. Die Maria-Theresien-Straße prangte am Samstag [12. März] im Schmucke unserer flammenden Siegeszeichen. Kopf an Kopf drängte sich eine schier unzählbare, erwartungsfreudige, festlich gestimmte Menschenmenge. Stramme SS.-Männer versehen den Absperrdienst im weißen Hemd mit der Hakenkreuzarmbinde. Auch die wenigen in der Riesenmenge fast untergehenden Wachleute tragen unser Siegeszeichen am Aermel. Welch ein Unterschied gegenüber den "spontanen Massenkundgebungen" des Systems mit den Spalieren von aufgepflanzten Bajonetten. Ein Wachmann und ein SS.-Mann fahren auf einem Kraftrad durch die Reihen der dicht gedrängten Menschenmenge, ein Symbol der Zusammenarbeit zwischen Exekutive und den Wehrabteilungen der Bewegung im neuen Oesterreich.
Und dann kommen die ersten Soldaten aus dem Reich auf ihren Krafträdern, die Vorhut. In schneidiger Fahrt sind sie, kaum gesichtet, verschwunden, ein erhebendes Bild deutscher Wehrkraft und deutschen Wehrwillens. Begeisterter Jubel begleitet sie auf ihrer Fahrt. Dann wieder gespanntes Warten und jetzt kommen Kraftwagen mit reichsdeutschen Offizieren und SA.-Männern. Und wieder dasselbe Bild eines schier unbeschreiblichen Empfanges: Wieder gespanntes Warten und jetzt von neuem brausender Beifall: Der Landeshauptmann und Gauleiter Edmund Christoph und der volkspolitische Referent Hauptmann Linert fahren im Kraftwagen durch das Spalier; nicht minder starker Beifall grüßt den Wagen des Stabes der SS.-Standarte. Die jüngsten unserer braunen Kämpfer, Jungvolk, Hitlerjugend und BDM., lassen es sich nicht nehmen, Spalier zu stehen beim freudigen Empfang der ersehnten Brüder aus dem neuen Reich. Nach der ergreifenden Proklamation des Führers, verlesen durch Dr. Göbbels, erklingen von tiefer Inbrunst getragen, die Hymnen des deutschen Volkes. Ungeheure Spannung hält die Gemüter in Bann.
Das erscheinen wieder Kraftwagen mit SA. Aus dem Reich, von unbeschreiblichen Jubel umbrandet, mit Blumen überschüttet. Die Straße ist nur mehr ein einziges wogendes Meer flammender Hakenkreuzfähnchen. Jetzt halten die Wagen inmitten der begeisterten Menge und der Kreisleiter von Eichach hält eine kernige mitreißende Rede, die noch einmal den fast unausdrückbaren Jubel unserer übervollen Herzen ausklingen lässt. Ein tiefes Glücksgefühl ergreift uns, als wir erfahren, daß unser Führer die Geschicke unserer engeren Heimat in die Hand nimmt, daß wir nun endlich eins sein dürfen mit dem großen Mutterlande. Mit tiefer Ungeduld harren wir dem für sechs Uhr abends angekündigten Einzug der Truppen aus dem Reich, von dem uns jetzt nichts mehr trennen kann und wird, entgegen. Wieder ertönen die deutschen Hymnen in ergreifendem Ernst und Feier und dann klingt diese geschichtliche Kundgebung in nicht enden wollendem "Sieg Heil", "Heil Hitler" und "Ein Volk-ein Reich"-Rufen.
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1938, 14. März - Innsbruck
Der Landeshauptmann von Tirol und Gauleiter Edmund Christoph entbietet den "Willkommgruß an die Wehrmacht"
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Innsbrucker Nachrichten vom 13. März 1941, Seite 5
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1938, 14. März - Innsbruck
Bundeskanzler Arthur Seyß-Inquart verlautbart das Bundesverfassungsgesetz vom 13. 3. 1938
Das "Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich" wurde am 13. März 1938, dem Tag nach dem Einmarsch, in Linz von Adolf Hitler und von Dr. Arthur Seyß-Inquart für Österreich vereinbart und noch am gleichen Tag in der Kabinettssitzung der Regierung Seyß-Inquart in Wien beschlossen. Am 14. März 1938 veröffentlichten die Innsbrucker Nachrichten auf der Titelseite die "Grundzüge für den Aufbau Deutschösterreichs", wo auch dieses Bundesverfassungsgesetz bekannt gegeben wurde:
Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Oesterreichs mit dem Deutschen Reich
Aufgrund des Artikels 3, Absatz 2, des Bundesverfassungsgesetzes über außerordentliche Maßnahmen im Bereich der Verfassung, BGBl. 1, Nr. 255/1934, hat die Bundesregierung beschlossen:
Artikel 1. Oesterreich ist ein Land des Deutschen Reiches.
Artikel 2. Sonntag, den 10. April 1938, findet eine freie und geheime Volksabstimmung der über 20 Jahre alten deutschen Männer und Frauen Oesterreichs über die Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich statt.
Artikel 3. Bei der Volksabstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Artikel 4. Die zur Durchführungsergänzung dieses Bundesverfassungsgesetzes erforderlichen Vorschriften werden durch Verordnung getroffen.
Artikel 5. 1. Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt am Tage seiner Kundmachung in Kraft.
2. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.
Seuß-Inquart, Glaise-Horstenau, Wolff, Hueber, Menghin, Jury, Neumayer, Reinthaler, Fischböck.
Das verfassungsgemäße Zustandekommen dieses Bundesverfassungsgesetzes wird beurkundet.
Seyß-Inquart m. p. [manu propria/eigenhändig]
Weiters wurde u. a. die Einführung des "Reichsrechts" in Österreich verfügt und das Bundesheer in die deutsche Wehrmacht integriert. "Deutschösterreichs Bauern" gehörten nunmehr zum "Reichsnährstand".
Tiroler Bauernzeitung vom 22. 3. 1938, S. 1
Reichsgesetz in Österreich
In: Tiroler Grenzbote vom 18. März 1938, Seite 2 und
in: Volkszeitung vom 18. März 1938, Seite 9
Berlin, 17. März. Im Reichsgesetzblatt vom 16. März sind im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Oesterreichs mit dem Deutschen Reich u. a. folgende Reichsgesetze und Verordnungen veröffentlicht worden:
1. Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Einführung deutscher Reichsgesetze in Oesterreich vom 15. März 1938.
1
1. Der Geltungsbereich der Verordnungsblätter des Reiches erstreckt sich auf das Land Oesterreich.
2. Reichsgesetze, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Wiedervereinigung Oesterreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 verkündet werden, gelten für das Land Oesterreich, soferne ihre Inkraftsetzung für das Land Oesterreich nicht ausdrücklich vorbehalten ist.
2
Im Land Oesterreich sind vom Tage des Inkrafttretens dieses Erlasses sinngemäß anzuwenden:
1. Das Reichsflaggengesetz vom 15. September 1935mit der Maßgabe, daß Juden das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten ist.
2. Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933.
3. Das Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember 1933 in der Fassung des Gesetzes vom 3. Juli 1934.
4. Das Reichsstatthaltergesetz vom 30. Jänner 1935.
5. Die Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. Oktober 1936.
6. Das Reichsgesetz über die Meldepflicht der deutschen Staatsangehörigen im Ausland vom 3. Februar 1938.
3
1. Ueberleitungsvorschriften erläßt der Reichsminister des Inneren oder der Reichsstatthalt der in Oesterreich mit Zustimmung des Innenministers.
Oesterreichische Landesregierung.
Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die österr[eichische] Landesregierung vom 15. März 1938:
1. Die österr[eichische] Bundesregierung führt die Bezeichnung Oesterreichische Landesregierung .
2. Ich betraue den Reichsstatthalter in Oesterreich mit der Führung der Oesterreichischen Landesregierung. Er hat seinen Sitz in Wien.
Gauleiter Josef Bürckel aus Saarpfalz wurde als kommissarischer Leiter der NSDAP von Österreich eingesetzt und mit der besonderen Aufgabe der organisatorischen Vorbereitung der Volksabstimmung in Österreich betraut, die für 10. April 1938 festgelegt wurde.
Der genannte Artikel vom 14. März 1938 in den Innsbrucker Nachrichten auf Seite 1 enthält auch die Mitteilung, dass Bundespräsident Wilhelm Miklas zurückgetreten ist:
Wien, 13. März (A. N.) Der Bundespräsident hat über Ersuchen des Bundeskanzlers mit Schreiben vom 13. März seine Funktionen zurückgelegt. Hiermit gehen gemäß Artikel 77, Punkt 1 der Verfassung 1934 seine Obliegenheiten auf den Bundeskanzler Dr. Seyß-Inquart über.
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1938, März - Innsbruck
Ganz Tirol feiert die Machtergreifung
Innsbrucks Adolf-Hitler-Platz
In: Innsbrucker Nachrichten vom 14. März 1938, Seite 5
In den Nachmittagstunden des gestrigen Sonntags zeigte der alte Rennweg, diese schönste Alleeanlage Innsbrucks, die nun einige Jahre lang Dollfußplatz geheißen hatte, ein festliches Bild. SS.-Züge in Stahlhelm und feldgrauen Mänteln marschierten auf, dann folgten die SA., der Bund deutscher Mädchen, die Jugendgruppe der deutschen Frauenschaft und die Hitler-Jugend, alle mit ihren Hakenkreuzfahnen, und nahmen Aufstellung in der Nähe des Stadttheaters, vor dem ein ganzer Park von deutschen Tankabwehrgeschützen stand und größte Beachtung der immer zahlreicher herbeiströmenden Scharen fand, die von dem klingenden Spiel angezogen wurden, das aus den Anlagen gegen den Hofgarten zu ertönte. Dort konzertierten abwechselnd eine reichsdeutsche und eine österreichische Militärmusikkapelle und die Amraser Kapelle in ihrer kleidsamen Tracht spielte schneidige Märsche.
Immer dichter wurde die Menge und gegen 4 Uhr standen, soweit das Auge reichte, viele Tausende Kopf an Kopf und wohl keiner war darunter, der nicht mit Stolz und Freude sein Hakenkreuz trug. Viele schwenkten Wimpeln und Fähnchen und alle strahlte die Freude über die Ereignisse der letzten Tage aus den Augen.
Gegen halb 5 Uhr nachmittags bestieg der neue Magistratsdirektor Dr. Oefner die Lautsprecheranlage und hielt folgende Ansprache:
Deutsche Volksgenossen, Bürger der Stadt Innsbruck!
In Vertretung des dienstlich verhinderten kommissarischen Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck, Dr. Egon Denz, nehme ich als sein erster Beamter die solange ersehnte Gelegenheit wahr, zum erstenmal nach vielen Jahren wieder deutsche Volksgenossen aus dem Reiche in so großer Zahl in Innsbruck begrüßen zu können. An dem Jubel der Bevölkerung der Stadt haben unsere deutschen Gäste erkennen können, daß uns nicht eine Bruderschaft des Wortes, sondern eine des Blutes verbindet. Was eine ganze Welt nicht wahr haben wollte, ist jetzt dieser Welt augenfällig bewiesen: Wir sind ein einig Volk von Brüdern!
Hiefür haben die Nationalsozialisten draußen im Reich und hier in Oesterreich Tag und Nacht gekämpft; um diesen Zustand für alle Zeiten zu sichern, werden wir Nationalsozialisten Tag und Nacht arbeiten. Wir haben uns dies in den vergangenen Verbotsjahren oft und oft gelobt, wir wollen es halten.
Ich will und kann nicht alle begrüßen und nennen, der Stadt Innsbruck ist jeder deutsche Volksgenosse, habe er welchen Rang und welche Stellung immer, komme er zu Fuß oder im Auto, lieb und teuer. Die Stadt Innsbruck und ihre Bürger wollen alles tun, um ihnen den Aufenthalt mit den beschiedenen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, möglichst schön zu gestalten. Besonders aber möchte ich die Tausende von Repräsentanten des deutschen Wehrwillens begrüßen, deren Verbände in brüderlicher Eintracht mit denen Oestereichs hier am Platze vereinigt sind. Daß sie hier stehen, verdanken wir dem über alles geliebten Führer des deutschen Volkes, dem jetzt Oesterreich und mit ihm Nordtirol seine Freiheit zu danken hat. Er ist der Freiheitsheld des 20. Jahrhunderts.
Deutsche Volksgenossen! Zum Danke für diese Tat unseres Führers, die wir nur durch unsere Liebe vergelten können, hat der kommissarische Bürgermeister der Stadt Innsbruck verfügt, daß dieser Platz, auf dem Sie soeben stehen, für alle Zukunft Adolf-Hitler-Platz genannt werden soll. Unserem Führer Adolf Hitler, ein dreifaches Sieg-Heil!
In dieses Sieg-Heil stimmte die Menge begeistert ein und als hierauf das Deutschland- und Horst-Wessel-Lied gespielt wurden, da sangen Tausende, ergriffen, mit entblößten Häuptern, mit. An der Hofburg aber und am Stadttheater prangten schon in großen, deutlichen Lettern die Worte: "Adolf-Hitler-Platz".
Reibungslose Einquartierung der deutschen Truppen in Innsbruck
Notiz in: Innsbrucker Nachrichten vom 14. März 1938, Seite 5:
Die Einquartierung der in Innsbruck eingezogenen deutschen Wehrmachtteile forderte von der städtischen Verwaltung eine außerordentliche Arbeitsleistung, die unter der vorzüglichen Organisation des Magistratsdirektors Doktor Oefner trotz der kurzen Zeit einwandfrei gelöst werden konnte. Die verschiedenen Untergliederungen wurden zum Großteil in den Schulen, aber auch in den Gaststätten, Turnhallen und in den Stadtsälen untergebracht.
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Heute schulfrei morgen Schulfeiern
Notiz in: Innsbrucker Nachrichten vom 14. März 1938, Seite 5:
Innsbruck, 13. März. (A.N.) Vom Landesschulinspektorat wird mitgeteilt: Anläßlich des geschichtlichen Ereignisses der Machtübernahme ist für alle Volks-, Haupt- und Mittelschulen Montag, den 14. März d[ieses] J[ahres 1938], schulfrei.
Der Vorsitzende des Tiroler Landeschulrates, Schulinspektor Leuprecht, erläßt einen Aufruf an alle Schulleitungen und Direktionen der öffentlichen Lehranstalten Tirols, in dem es u. a. heißt: Um dem Anbruch der neuen Zeit eine besonders feierliche Note zu verleihen, hat der Landeschulrat verfügt, daß am Dienstag, den 15. März 1938, im Rahmen von Schulfeiern der Jugend die Größe und Wucht des Umbruches voll und ganz vor Augen geführt wird. Dazu ergehen genaue Weisungen, die hier auszugsweise wiedergegeben werden. 1. Beflaggung des Schulhauses mit Hakenkreuzfahnen; 2. Bereitstellung von Rundfunkgeräten für Gemeinschaftsempfänge; 3. Gemeinsame Feier des Umbruchs durch den Lehrkörper; 4. Der deutsche Gruß im Schulhaus für Lehrkräfte und Schüler verpflichtend; 5. Versammlung der Schüler zum gemeinsamen Rundfunkempfang einer aus Innsbruck übertragenen Feierstunde in einem geeigneten Raum oder unter freiem Himmel.
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1938, 16. März - Innsbruck
"Erste Funksendung" für die Schuljugend Tirols
HJ- und BDM-Spielschar Innsbruck singt und spielt
"Lieder der Nation" zum Ausklang
Die Trommeln der neuen Zeit sie übertönen das alte Leid
In: Innsbrucker Nachrichten vom 17. März 1938, Seite 7
Am 16. d[ieses] M[onats März] hatte die Schuljugend Tirols ihre erste Funksendung. Unter Leitung von Hans Berger und Fritz Huber brachte die HJ.- und BDM.-Spielschar Innsbruck prächtige Sprüche und Lieder zur Aufführung. Fanfaren und Trommeln leiteten die eindrucksvolle Weihestunde ein. Mit heller Begeisterung und Siegesfreude folgten die Sprüche und Lieder der Jugend. Eindrucksvoll war ihr Bekenntnis: "Ein Blut, ein Volk, ein Reich ein Führer!"
Anschließend richtete Pg. Lehrer Ernst Madersbacher folgende markige Worte an die Jugend Tirols:
Tiroler Buben und Mädel! Deutsche Jugend von Tirol!
Vor mehr als 1200 Jahren zogen bei Kufstein, über den Seefeldersattel und über den Fernpaß unsere Vorfahren in unsere heutige Heimat und besiedelten das Land am Eisack, an der Etsch und am Inn. Deutscher Bauernfleiß hat in diesen 1200 Jahren das Land gerodet und besiedelt bis hinauf zur Grenze des ewigen Eises. Deutsch waren unsere Vorfahren und deutsch ist das Blut, das in unseren Adern rollt.
Tiroler Buben und Mädeln! Unsere herrlichen Dörfer und Städte, unsere stolzen Burgen, sie sind die Zeugen uralter deutscher Siedlungen seit mehr als tausend Jahren. Das goldene Dachl, die eisernen Mander in der Hofkirche und alles, was in unserer Heimat aus Stein und Erz erbaut wurde, ist von deutscher Künstlerhand geschaffen worden.
Große Männer, die Tirol dem deutschen Volke gab.
Große Männer hat Tirol dem deutschen Volks geschenkt. Um das Jahr 1200 zog Walther von der Vogelweide au seiner Südtiroler Heimat hinaus in die deutschen Lande, wanderte von Burg zu Burg und sang seine Lieder von deutscher Lieb und Treue. Kanzler Wilhelm Biener, der wegen seiner aufrechten Gesinnung auf der Festung Rattenberg enthauptet wurde, Michael Gaismayer, der mutige Bauernführer, sie alle waren tapfere deutsche Männer, aufrechte kernige Tiroler. Als ganz Deutschland unter der Fremdherrschaft Napoleons schmachtete, stand Andreas Hofer als erster in deutschen Landen auf und vertrieb die Franzosen aus dem Lande. Und so ist er einer der größten deutschen Freiheitshelden geworden.
Die deutsche Schicksalsgemeinschaft.
Durch mehr als tausend Jahre haben wir dieser deutschen Schicksalsgemeinschaft angehört und im Weltkriege wurde dieses unlösbare Band der Zusammengehörigkeit besiegelt durch das Blut unserer toten Helden, die gegen eine Welt von Feinden kämpften. Auf allen Schlachtfeldern des Weltkrieges, an der Piave, in den Dolomiten, in Galizien und in Flandern ruhen sie Grab an Grab in fremder Erde, mit den anderen deutschen Brüdern. Nach dem Kriege haben uns die Feinde einen Frieden diktiert und willkürliche Grenzen gezogen. Die deutschen Lande wurden zerstückelt.
Damals, 1918, kehrten Eure Väter von der Front heim, es schien, als hätten sie den furchtbarsten Krieg aller Zeiten verloren, aber es schien nur so. In Wirklichkeit haben sie den Weltkrieg gewonnen, denn nach 2000 Jahren deutscher Uneinigkeit und Zerrissenheit ging eine jahrhundertealte Sehnsucht in Erfüllung:
Alle Deutschen waren einig und hielten zusammen. Was Walther von der Vogelweide in seinen Liedern erzählte, war nun Wirklichkeit geworden. Es kam zur Anschlussstimmung im Jahre 1921.
Damals im Jahre 1921 erklärte die österreichische Nationalversammlung in Wien, die sich aus Abgeordneten aller Stände und Parteien zusammensetzte: Deutschösterreich ist ein Bestandteil des Deutschen Reiches. Da wurde das Tiroler Volk im Jahre 1921 zur Abstimmung aufgerufen und 94 Prozent aller Tiroler haben sich für den Anschluß an das Deutsche Reich erklärt. Unsere Feinde aber verhinderten es, uns anzuschließen.
Die Fahnen des geeinten deutschen Volkes wehen über unserer Heimat.
Ueber allen Dörrfern und Städten unseres Heimatlandes wehen nun die Fahnen des geeinten deutschen Volkes. In dunklen Kellern und Schlupfwinkeln hatten wir die Fahne versteckt und vergraben, in tiefer Nacht haben wir uns in den vergangenen Jahren im Hochwald zusammengefunden, um ein Pechfeuer geschart haben wir geschworen, daß wir dieser Fahne ewig treu sein werden und für sie kämpfen wollen, bis einst der Tag kommt, wo wir sie Dir, deutsche Jugend von Tirol, in die Hand drücken können und Du sie weiter tragest in eine glücklichere Zukunft.
Nun ist der Tag angebrochen und ein deutscher Frühling ist gekommen in die Gaue unserer österreichischen Heimat. Auf dem Kamm der Alpen und der Karawanken bis hinunter zum Ungarland stehen die tapferen Soldaten des geeinten 75-Millionen-Volkes und am heimatlichen Himmel über unseren ewigen Bergen ziehen, den stolzen Adlern gleich, die Geschwader unserer herrliche Luftflotte und schützen die Heimat.
Buben und Mädel! Sagt es Euren Vätern, nun brauchen sie nicht mehr zu bangen um die Freiheit unserer Heimat, Tirol wird die Felsenburg des Deutschen Volkes, das unbezwingbare Bollwerk im deutschen Süden sein. Sagt es Euren Müttern, nun brauchen sie nicht mehr besorgt sein um Eure Zukunft, Ihr werdet Arbeit und Brot finden und ein gesichertes Leben im großen Deutschen Vaterlande.
Adolf Hitler, der größte Sohn unserer österreichischen Heimat, einigte nach jahrhundertelanger Zerrissenheit alle Deutschen in einem großen, mächtigen Reich. Von der Etsch bis an den Belt, wie es im Deutschlandliede heißt, vom Reschenscheideck, vom Brenner, vom ewigen Eis unserer Berge bis hinauf zur blauen Nord- und Ostsee reicht unser geliebtes deutsches Vaterland.
Tiroler Buben und Mädel! Erhebt nun die Hand zum deutschen Gruß, grüßt den Führer mit einem dreifachen kräftigen Sieg Heil!
Die Lieder der Nation beschlossen die erste Funksendung an die Schuljugend Tirols.
Ähnlich in: Deutsche Volkszeitung vom 17. März 1938, Seite 6
Zusätzliche Titelzeile: Feierstunde der Jugend Tirols.
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1938, 25. März - Wörgl
Gemeinsame Feierstunde aller Wörgler Schulen
Liedvorträge des Knaben- und Hauptschulchors
Deutschland-Hymne und Horst-Wessel-Lied als Krönung
Wörgler Nachrichten
Schulfeier
In: Tiroler Grenzbote vom 30. März 1938, Seite 3
Freitag, den 25 März [1938], versammelten sich zum erstenmal in Wörgl sämtliche Schüler und Schülerinnen der Volksschule, Hauptschule und gewerblichen Fortbildungsschule zu einer gemeinsamen Schulfeier in der großen Turnhalle der Hauptschule, die vom Herrn Direktor sehr geschmackvoll und festlich geschmückt worden war. Die Feier erhielt den ehrenden Besuch des Herrn Bezirksschulinspektors Josef Sailer und des Herrn Bürgermeisters Josef Gollner sowie der Ortsführer der SA. und HJ. Schulrat Stricker sprach einleitende Worte und begüßte die Ehrengäste, die Lehrpersonen und die 800köpfige Jugendschar mit einem herzlichen "Heil Hitler!". Es folgten ein dreistimmiger Knabenchor "Frisch gesungen", das Gedicht "Frühling über Deutschösterreich", vorgetragen von Gretl Avanzini. Herr Hauptschullehrer Hermann März hielt die Festsansprache. Er führte der Jugend das geschichtliche Werden des Ersten, Zweiten und Dritten Reiches vor Augen und würdigte in treffenden Worten die neue, angebrochene große Zeit. Jubelnder Beifall seitens der Jugend war der Lohn der Rede. Hauptschüler Sigmar Kunath sprach in einem Gedichte dem Führer Dank. Der vierstimmige Chor "Wanderlust", vorgetragen von der gesamten Hauptschuljugend unter Leitung des Herrn Fachlehrers Alfred Schmid, fand großen Beifall, die Jugend zeigte, daß sie etwas kann, wenn der Wille und die Freude vorhanden sind. Schulrat Stricker sprach schließlich Dankesworte an die Ehrengäste sowie an alle, die zum Gelingen des Schulfestes beigetragen. Mit der Deutschland-Hymne und dem Horst-Wessel-Lied sowie einem kräftigen "Sieg-Heil!" auf den Führer und Retter unserer Heimat wurde die einzig schön verlaufene Schulfeier beendet.
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1938, 16. März - Wien
Verordnungen zur Organisation der HJ
Fanfaren und Trommeln für die HJ
Baldur von Schirach über Oesterreichs Hitler-Jugend
In: Innsbrucker Nachrichten vom 17. März 1938, Seite 6
Wien, 16. März. Reichsjugendführer Baldur v. Schirach erörterte in einer Jugendführersitzung in Wien den Aufbau der Jugendorganisationen in Deutschösterreich, wobei er bekanntgab, daß das Armdreieck an den Uniformen die Farben der Bundesländer zeigen soll und die HJ.-Jugend Oesterreichs das Recht zum Tragen des Edelweißabzeichens, ferner bei besonderen Anlässen auch das Tragen von weißen Strümpfen erhält. Als Stichtag für das Goldene Ehrenzeichen der Jugend bleibt der 2. Oktober 1932 als der Tag von Potsdam nach wie vor in Kraft. Als Stichtag für die Aermelstreifen der HJ. Oesterreichs bestimmte er den 11. März 1938. Baldur v. Schirach gab auch bekannt, daß sich ein Autozug mit HJ.-Uniformen, 10.000 HJ.-Armbinden, 30 Fanfaren und 30 Trommeln auf dem Wege nach Wien befindet.
Gebietsführer sollen erst nach der Volksabstimmung bestimmt werden, vorerst setzte Baldur v. Schirach Beauftragte für die einzelnen Bundesländer ein, und zwar: Im Lande Wien [...]; im Lande Tirol Unterbannführer Willi Holzknecht [...].
[...]
Unfallversicherung der Hitler-Jugend.
Wie die Pressestelle des Jugendführers des Deutschen Reiches amtlich mitteilt, sind mit sofortiger Wirkung im Zuge der organisatorischen Maßnahmen für den Aufbau des Obergebietes Oesterreich sämtliche Mitglieder der österreichischen Hitler-Jugend (Deutsches Jungvolk, Junge Mädel, Hitler-Jugend, B[und] d[eutscher] M[ädel] und das B. d. M.-Werk "Glaube und Schönheit") gegen Unfall und Haftpflicht im Rahmen des vom Reichsschatzmeister der NSDAP. vollzogenen Vertrages versichert worden.
Als Vorbildorganisation der HJ kamen die Saarländer Pimpfe nach Innsbruck.
Saarländer Pimpfe ziehen mit Fanfaren und Trommeln in Innsbruck ein.
Neueste Zeitung vom 28. 3. 1938, S. 3
Deutsche Volkszeitung vom 5. 4. 1938, S. 13
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1938, 26./27. März - Innsbruck
Innenstadt
Samstag:
60 Pimpfe mit Fanfaren und Trommeln aus dem Saarland treffen in Innsbruck ein
Am Sonntagmorgen: 1800 Jugendliche singen und spielen in der Maria-Theresien-Straße
In Innsbruck klingt es "hier mit Schwegeln und Trommeln, dort mit Fanfaren, drüben mit Blechmusik", mit "Musikkapellen und Spielzügen der Wehrmacht"
Der Weckruf der HJ hallt durch die Straßen
In: Deutsche Volkszeitung vom 29. März 1938, Seite 11
Kaum war am Sonntag, den 27. März das erste Morgendämmern angebrochen, als überall in den noch schlafenden Straßen Innsbrucks Hitlerjugend zu ihren Sammelplätzen eilte. Die Kälte und der leichte Schneefall hatten keinen zurückgehalten. Im Gegenteil! Konnten sie doch jetzt frei und ungehindert ihres Weges gehen, während sie vor wenigen Wochen noch vorsichtig um die Ecke schielend auf verschiedenen Pfaden in den Wald schleichen mussten, um sich im Kreise der Kameraden zu treffen.
Und so wollte diesmal erst recht keiner fehlen. BDM. und selbst die kleinsten Jungmädeln, sowie Jungvolk und HJ. in ihren weißen Hemden waren vollständig angetreten.
Um etwa 6 Uhr marschierten die Kolonnen aus drei verschiedenen Richtungen, vom Berg Isel, von St. Nikolaus und von Pradl her singend und musizierend, möglichst viele Straßen bestreichend, gegen das Stadtinnere. Musikkapellen und Spielzüge der Wehrmacht begleiteten sie. Ihre Märsche und die frischen Lieder weckten allenthalben die noch schlummernde Stadt und kündeten gleichsam, daß die Jugend allen anderen voran ihre Fahne in die neue Zeit tragen wird. Durch ihren Gleichschritt, ihr Singen und ihre Selbsterziehung sollen alle im Glauben an Deutschlands Zukunft bestärkt werden. In einem der Züge marschierten auch die am Samstag bei uns eingetroffenen sechzig Saarländer Jungens alle mit Fanfaren und Trommeln ausgerüstet. Mit ihnen fühlt sich Tirols HJ. besonders schicksalverbunden.
Um halb 7 Uhr langten die drei Kolonnen gleichzeitig aus allen Richtungen in der Maria-Theresien-Straße ein. Durch die vorbildliche Organisation standen in wenigen Minuten volle 1800 BDM.-Mädchen und Hitlerjungen samt allen Spielzügen zum Höhepunkt der Kundgebung
erstmalig in ihrer Gesamtheit angetreten.
In starken Abteilungen bildeten DJ. BDM und HJ ein Viereck um die Musikzüge. Fanfarenstöße und Trommelwirbel der wackeren jungen Saarländer wechselten mit Märschen und gemeinsamen Liedern der 1800. Staunend blieb stehen, der gerade des Weges kam, und bald waren alle Fenster aufgeflogen; die frische Jugend und die flotten Klänge öffneten auch die müdesten Augen für das neuartige Geschehen unserer Zeit.
Dem Jugendgeist des abgetretenen Systems war selbst nach fünf Jahren des Bemühens eine Kundgebung dieses Ausmaßes nie möglich. Die Jungend des Führers schuf es in wenigen Tagen. Das leichte Schneetreiben gab der Feier mitten im allgemeinen Jubel der Tage jenen ernsten Unterton, der diesen Wochen größter Entscheidung angemessen ist.
Besonders eindrucksvoll war schließlich der Abmarsch. Ohne die geringste Stockung teilten sich die Abteilungen nach allen Richtungen und durchzogen hier mit Schwegeln und Trommeln, dort mit Fanfaren, drüben mit Blechmusik noch einmal die jetzt schon belebten Straßen.
Deutsche Volkszeitung vom 5. 4. 1938, S. 13
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1938, 4. April - Innsbruck
Südtirolerplatz
Münchner Polizeimusik begleitet Aufmarsch der Innsbrucker HJ
Aufbruch der HJ nach Linz "mit Sang und Klang"
"2100 BdM. und HJ." singen "Ein junges Volk steht auf"
Die "deutschen Hymnen" als Finale
Am 4. April 1938 fand in Linz anlässlich der Werbekampagne Adolf Hitlers, der am 5. April 1938 von einem Aufenthalt in Klagenfurt her nach Innsbruck kam, eine Großkundgebung im Zusammentreffen der Jugend des Altreichs mit der Deutschösterreichs statt. Vor der Abreise der Tiroler Delegation wurde auf dem Südtiroler Platz eine eindrucksvolle Abschiedsfeier inszeniert:
500 Tiroler Jungen und Mädeln fuhren nach Linz
Große Kundgebung vor der Abfahrt
In: Innsbrucker Nachrichten vom 4. April 1938, Seite 7
Innsbruck, 4. April. Auf dem Südtirolerplatz, der schon seinen Festschmuck für den Empfang des Führers anlegte, fand am Samstag [1. April] abends vor der Abreise der 500 Tiroler Jungen und Mädeln zur gewaltigen Kundgebung der Hitlerjugend in Linz an der Donau noch eine erhebende Abschiedsfeier statt. Immer dichter drängte sich die Zuschauermenge und der Ordnerdienst der SA. hatte es nicht leicht, den für die Jugend benötigten Raum freizuhalten. Nach 18 Uhr erfolgte unter klingendem Spiel der voranschreitenden Münchener Polizeimusik der Aufmarsch der Innsbrucker Hitlerjugend. Zuerst kamen die Jungen, Trommler an der Spitze, und ihre schwarzen Fahnen mit dem weißen S flatterten im Abendwind. Dann kam der BdM., von den Allerkleinsten angefangen, bis zu den großen Mädeln. Von der anderen Seite marschierten hinter dem Vereinigungsbrunnen die Saarländer Pimpfe hervor und spielten wieder schneidige Märsche. Kommandorufe ertönten und wurden selbst von den kleinsten Knirpsen so stramm befolgt, daß es nur so klappte. Nun erst kamen die Abreisenden mit ihren weißen-rot-weißen Fahnen: 250 Mädeln in Dirndlkleidern und 250 Jungen in kurzen Lederhosen und weißen Hemden, alle mit Rucksäcken. Hierauf wurde dem Bannführer die Meldung erstattet, daß 2100 BdM. und HJ. zur Kundgebung angetreten seien, und aus ebensovielen jungen Kehlen brauste das Lied über den weiten Platz "Ein junges Volk steht auf" [Text und Melodie von Werner Altendorf, in: "Hellau! Liederbuch für Front und Heimat des Gaues Tirol-Vorarlberg", hrsg. v. Josef Eduard Ploner, Potsdam 1942, Nr. 32].
Neueste Zeitung vom 4. 4. 1938, Seite 3
[Fortsetzung Innsbrucker Nachrichten vom 4. April 1938]
Zusammenschluß der ganzen deutschen Jugend
Vor der tannenreisigumgrünten Eingangshalle war eine Rednerkanzel aufgestellt und von diesem erhöhten Platz sprach nun im Auftrage des Bannführers Wilhelm Holzknecht zu seinen Kameraden. Zum erstenmal nach der Machtübernahme, so führte er aus, kann heute die Hitlerjugend diese Kundgebung durchführen.
Heute abends marschieren die Bannfahnen der HJ. des ganzen Reiches in Braunau über die Innbrücke nach Oesterreich ein und symbolisieren damit den Zusammenschluß der ganzen deutschen Jugend.
Er erinnerte daran, daß es nicht immer leicht war, der HJ. anzugehören. Da drüben, im Gebäude der Polizeidirektion seinen wohl fast alle Mitglieder der damals illegalen HJ. einvernommen und schikaniert worden, manche habe man aus den Schulen hinausgeworfen und sechs Monate eingesperrt. Die Jugend will aber nicht zurückblicken, sie schaut nur mehr vorwärts in die große Zukunft, die ihr gehören wird. Wenn manche sagen, die Jugend solle nicht politisieren, so könne dem nur entgegnet werden, daß der Zweck der HJ. nicht Politik sei; sie wolle nur nach den Grundsätzen leben, die der Führer für das ganze Volk aufgestellt habe. Die Klassengegensätze, die früher schon zwischen den Kindern der Reichen und Armen bestanden haben, kennt die HJ. nicht, jeder trägt dieselbe Uniform, jeder hat dasselbe zu leisten. Die HJ. will eine tüchtige, harte Jugend heranbilden, die später einmal ihren Mann zu stellen vermag, der BdM. will Frauen erziehen, die auch in schwerer Zeit nicht gleich verzagen. Die HJ. will auf Wanderungen und Fahrten die Schönheiten Deutschlands kennen und das große Vaterland lieben lernen.
Die HJ. will eine Jugend sein, die nicht frägt, warum sie für Deutschland arbeitet, eine Jugend, die nur dem Nationalsozialismus lebt. Das ist ihr Ziel und dieses Ziel wird sie auch erreichen.
Von der Erwachsenen aber, die wissen, daß ihre Kinder in der HJ. gut aufgehoben sind, erbittet und verlangt die Jugend, die selbst noch nicht zur Wahl gehen darf, daß sie auch in ihrem Namen dem Führer am 10. April ihr freudige "Ja!" geben.
Der jugendliche Redner schloß seine begeisterten Worte mit einem dreifachen Sieg Heil auf den geliebten Führer, die deutschen Hymnen erklangen und dann marschierten die Abreisenden in den Bahnhof ein. Bald darauf fuhr ein Zug ein, der 500 Jungen und Mädeln aus allen Städten und Tälern Vorarlbergs brachte, die mit stürmischen Jubel begrüßt wurden. Neue Wagen wurden angekuppelt, die Tiroler Jugend stieg ein und dann ging es mit Sang und Klang hinaus, dem großen Erlebnis entgegen.
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1938, März Tirol
Tiroler Arbeiter werden in das Altreich eingeladen.
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Neueste Zeitung vom 24. März 1938, Seite 3
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Neueste Zeitung vom 29. März 1938, Seite 3
Auf den höchsten Bergen Österreichs weht die Hakenkreuzfahne.
Notiz im Tiroler Grenzboten vom 25. März 1938, Seite 6
Hakenkreuzfahne auf dem Großglockner. Am 17. d[iese]s [Monats März] haben drei Angehörige des SA.-Sturmes Matrei in Osttirol unter sehr schwierigen Verhältnissen den 3798 Meter hohen Gipfel des Großglockners bestiegen und um 12 Uhr mittags auf dem Gipfel die Hakenkreuzfahne gehißt. Es dauerte nicht lange, da erschienen Flugzeuge, die den mächtigen Eisriesen grüßend umkreisten. Auch der höchste Berg der Oetztaler Alpen, die 3774 Meter hohe Wildspitze, trägt schon seit mehreren Tagen eine Hakenkreuzfahne, die von Tiroler Bergsteigern gehißt wurde.
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Neueste Zeitung vom 17. März 1938, Seite 5
Aus der Kampfzeit!
So manche Erinnerung an die schwere Zeit, in der es den völkischen Menschen des deutschen Oesterreich versagt war, seine Meinung frei und offen zu bekennen, taucht jetzt wieder auf. Vielfach behalf sich das junge Volk damit, die Freiheit seiner Berge aufzusuchen, um dort die drückende Herrschaft der damaligen Gewalthaber zu vergessen und seiner Gesinnung frei und offen Ausdruck zu geben.
So schrieb der vormalige Dietwart des deutschen Turnvereines, Karl Leipert, an einem schönen Augusttag des Jahres 1933 folgenden von ihm verfaßten vierten Vers des Horst-Wessel-Liedes in das Gipfelbuch am Glungezer:
Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen,
SA. marschiert im deutschen Oesterreich,
trotz schwarzer Niedertracht und feigen Mordgeschossen
kehren wir heim ins Dritte Deutsche Reich.
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1938, erste Hälfte März - Österreich
Die obligate Vereidigung der österreichischen Soldaten und "öffentlichen Beamten" auf Hitler
Die Alternative: ihre Entlassung
Juden ausdrücklich von Vereidigung ausgeschlossen
Die organisatorische Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich wurde konsequent vorangetrieben. Das österreichische Bundesheer wurde in die deutsche Wehmacht eingegliedert und die Soldaten wurden auf den Führer Adolf Hitler vereidigt.
Neueste Zeitung vom 18. 3. 1938, S. 7
Ebenso wurde die Tiroler Exekutive vereidigt.
Neueste Zeitung vom 21. 3. 1938, S. 3
In den Innsbrucker Nachrichten vom 16. März 1938 erschien auf Seite 4 eine Kundmachung über die Grundsätze der Vereidigung der österreichischen Beamten:
Vereidigung der öffentlichen Beamten.
Juden sind nicht zu vereidigen.
Wien, 15. März. (A. N.) Die "Wiener Zeitung" bringt eine Kundmachung des Reichsstatthalters für Oesterreich, wodurch der Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Vereidigung der öffentlichen Beamten des Landes Oesterreich bekannt gemacht wird. Der Führer und Reichskanzler hat auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes über die Wiedervereinigung Oesterreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 mit Erlaß vom 15. März folgendes angeordnet:
1: Die öffentlichen Beamten des Landes Oesterreich haben beim Eintritt in den Dienst einen Diensteid zu leisten.
2: Der Diensteid der öffentlichen Beamten lautet:
Ich schwöre: Ich werde dem Führer des deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Pflichten gewissenhaft erfüllen. So wahr mir Gott helfe.
3: Die im Dienst befindlichen Beamten sind unverzüglich gemäß 2 zu vereidigen. Jüdische Beamte sind nicht zu vereidigen.
4: Jude ist, wer von mindestens drei der Rasse nach volljüdischen Großeltern abstammt. Als Volljude gilt ein Großelternteil ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgesellschaft angehört hat. Als Jude gilt, der von zwei volljüdischen Großeltern abstammende jüdische Mischling,
a) der am 16. September 1935 der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat oder danach in sie aufgenommen wird;
b) wer am 16. September 1935 mit einem Juden verheiratet war oder sich danach mit einem Juden verheiratet.
5: Wer sich weigert, den Eid zu leisten, ist vom Dienst zu entheben.
6: Die zur Durchführung dieses Erlasses erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erläßt der Reichsstatthalter (österreichische Landesregierung).
7: Der Erlaß tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft.
Wien, den 15. März 1938.
Der Führer und Reichskanzler.
Der Reichsstatthalter Seyß-Inquart.
Dieser Erlass betraf in Innsbruck auch den Vorstand des Musikwissenschaftlichen Instituts an der Universität Innsbruck Prof. Dr. Wilhelm Fischer, der jüdischer Abstammung war. Er hatte in der Volkszeitung. Unabhängiges Tagblatt für die Interessen der Arbeiter und Angestellten vom 11. März 1938, auf Seite 7 eine Veranstaltung in der Reihe Volkstümliche Vorträge derUniversität Innsbruck angekündigt:
Montag, den 14. März, Schlag 8 Uhr abends, findet im Hörsaal 3, Alte Universitäts-Bibliothek, Universitätsstraße 6, der zweite Vortrag des Herrn Universitäts-Professors Dr. Wilhelm Fischer: "Oesterreichs Tonkunst im Wandel der Zeiten" (mit Vorführungen und Lichtbildern) statt. Seit den Glanzzeiten der Babenberger blüht die Tonkunst auf österreichischem Boden. Der erste Vortragsabend hat bis an die Schwelle der großen klassischen Zeit geführt, der zweite setzt mit dem Zeitalter Haydns und Mozarts ein und behandelt unter Vorführung zahlreicher Meisterwerke das 18. und 19. Jahrhundert. Ausführende: Elfriede Ebster-Rieser (Gesang), Mimi Haselberger (Klavier).
Nachdem die Tiroler Lehrerschaft ihren Eid abgelegt hatte, begann sie eine intensive Werbe- und Schulungstätigkeit. Mit besonderem Eifer beteiligte sich dabei Norbert Wallner, der sich nach dem Krieg als Volkskundler und Volksmusikforscher einen Namen machte. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten gelangte er in bedeutsame Stellungen in der Partei, war er doch schon in den Verbotsjahren beherzt für den Nationalsozialismus tätig gewesen.
Notiz in der Deutschen Volkszeitung vom 22. März 1938, Seite 6
Mit der am Mittwoch, den 23. März 1938, um 20 Uhr im Saale des "Grauen Bären" stattfindenden Versammlung, in der P[artei]g[enosse] Norbert Wallner über das Thema: "Ein Volk ein Reich ein Führer" sprechen wird, beginnt der NS.-Lehrerbund seine Werbe- und Schulungstätigkeit. Die gesamte Erzieherschaft Innsbrucks wird zu der morgigen Versammlung herzlich eingeladen.
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1938, März Österreich/Ostmark
Eliminierung der Juden aus dem Kultursektor amtlich
Grundsätzliche Anwendung "besonderer Sorgfalt" zur "Sicherung der bodenständigen Grundlage der Tonkunst und Musikpflege"
Nachdem die jüdischen Bürger aus der Beamtenschaft ausgeschlossen worden waren, ergriffen die Nationalsozialisten auch Maßnahmen, um sie im Kulturbereich zurückzudrängen und schließlich ganz zu eliminieren.
Die Innsbrucker Nachrichten vom 16. März 1938 bringen auf Seite 4 einen Bericht über
Die Tätigkeit des nationalsozialistischen Landeskulturamtes
Wien, 15. März. (A. R.)
Wie gemeldet wird, hat das nationalsozialistische Landeskulturamt (Landeskulturleiter Hermann Stuppäck) seine Tätigkeit im ganzen Umfange der ihm zustehenden Befugnisse aufgenommen. An allen öffentlichen Kunst- und Kulturinstituten sowie an allen anderen wichtigen Stätten des Kulturlebens wurden kommissarische Leiter ernannt, so daß die Weiterführung und Entwicklung der Obliegenheiten im nationalsozialistischen Sinne gewährleistet ist.
Es folgen die Namen der neuen "kommissarischen Leiter" für Wiener Institutionen, etwa für das Burgtheater, die Staatsoper, die Akademie der bildenden Künste etc. Dann kommt der Bericht auf die Musik zu sprechen:
[...] Besondere Sorgfalt wurde der Sicherung der bodenständigen Grundlage der Tonkunst und Musikpflege zugewendet, in welchen Kunstzweigen der jüdische Einfluß bisher besonders vordringend gewesen ist. Demgemäß wurde die kommissarische Leitung der Wiener Symphoniker, des Wiener philharmonischen Orchesters, der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, der Universaledition, des neuen Wiener Konservatoriums, des musikwissenschaftlichen Verlages und der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger in bewährte nationale Hände gelegt.
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Grenzbote vom 18. März 1938, Seite 5
Jüdische Verzweiflungstat.
Schon kurz nach dem Einmarsch der deutschen Truppen und dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich kam es im März 1838 in Tirol zu einer Verzweiflungstat in einer jüdischen Familie, die das ganze Ausmaß des unerträglichen sozialen Umfelds der ständigen Demütigungen und Verfolgungen sowie der Aussichtslosigkeit einer Besserung für jüdische Bürger in ihrer unerbittlichen Konsequenz auf überaus tragischer Weise ausdrückt.
Jenbach. Selbst gerichtet. Auf seinem Ansitz in Schroffenhaus wurde der 61jährige Tiroler Großindustrielle Friedrich Reitlinger, Besitzer der Jenbacher Hüttenwerke, auf eigenes Verlangen von seiner Tochter Johanna erschossen. Hierauf richtete Johanna Reitlinger die Waffe gegen sich selbst und starb an der Verletzung. Reiltlinger, der jüdischer Abstammung war, galt als einer der unsozialsten Betriebsführer Tirols.
Der Nachsatz mit gleichsam dem Lebensresümee „unsozialer Betriebsführer“ ist im Kontext der berichteten Tragik von unerträglichem Zynismus und zeigt, wie verroht, verblendet und verhetzt eine Gesellschaft gewesen sein muss, die so einen gehässigen Kommentar akzeptieren konnte.
„Arisierung“ der Jenbacher Berg- und Hüttenwerke
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Tiroler Landbote vom 4. August 1938, Seite 12
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Tiroler Landbote vom 11. August 1938, Seite 13