1938/39/40

1938, 19. Mai - Berlin
Paul-Gerhardtkirche, Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 47

Feierstunde
mit Werken zeitgenössischer Tonsetzer der Ostmark zugunsten der Österreich-Hilfe

Programm

Josef Eduard Ploner
"Den Gefallenen". Mittelsatz aus der "Heldenorgel-Suite", Werk 52 (Manuskript)*
Zwei geistliche Lieder, Werk 16* (a. Gottesnähe, b. Dankgebet)

Karl Senn
Bearbeitung von Couperin"s Larghetto* für Violoncello und Orgel
Legende: "Als Christ der Herr am Holze hing" (Manuskript)*

Albert Riester
Zwischenspiel für Orgel (Manuskript)**, komponiert 1937

E[rnst] N[ikolaus] von Reznicek
"Nachtstück" für Violoncello und Orgel

Ferdinand Folba
Vater Unser (Manuskript)*

Franz Neuhofer
Schlußsatz aus der "Österreichischen Orgelsonate", Werk 220a*

*
= Erstaufführungen für Berlin - ** = Uraufführung

Archiv Gilbert Ploner


Besprechung dieses Konzerts in
Signale für die musikalische Welt, 96. Jahrgang, Berlin 1. Juni 1938, Nr. 22/23, S. 364

Eine musikalische Feierstunde in der Paul-Gerhard[t]-Kirche bekam durch Werke zeitgen[össischer] Tonsetzer der Ostmark, die für Berlin Erst- und Uraufführungen waren, einen besonderen Reiz. Überall spürte man im wesentlichen den gemeinsamen Grundcharakter, überall wurden tiefe seelische Erregungen in einer uns vertrauten Melodik zum Ausdruck gebracht. Erwähnt seien nur die ausdrucksstarken geistlichen Lieder (op. 16) von J. E. Ploner und der im Deutschlandlied gipfelnden geschickt gearbeitete Schlußsatz aus F. Neuhofers "Österreichischen Orgelsonate". Willy Jaeger mit feinsinnigem Spiel an der Orgel, J[osef] M[aria] Hauschild mit wertvollem Stimmaterial und Armin Liebermann, der bewährte Cellist, waren die Interpreten.

Gauleiter Franz Hofer sammelt für das Winterhilfswerk, Innsbrucker Nachrichten vom 22.1.1940



1938, 1. Juli - Greiz (Thüringen)
Stadtpfarrkirche Greiz

38. Orgelvesper
veranstaltet von Stadtorganist Alfred Schäufler, Greiz
Ausführende
Als Gast an der Orgel Georg Winkler, Organist der Andreaskirche Leipzig
Frau Gertrud Schleicher, Greiz, Gesang
A[lfred] Schäufler, Begleitung

Programm

W. v. Baussmann
Choralvorspiele: Herzlich lieb hab ich dich, o Herr - Nun sich der Tag geendet

Georg Winkler
Choralvorspiel: Morgenglanz der Ewigkeit

W. A. Mozart
"Halleluja" Arie aus der Kantate Exultate

A. Dvorak
"Singet dem Herrn ein neues Lied"

G[eorg] Winkler
Passacaglia [für Orgel], e-moll, op. 28

E. Nössler
"Immanuel" (15. Jahrhundert) [für] Sopran und Orgel
Bibelworte Gebet Segen

Karl Senn
Vorspiel [für Orgel], d-moll

J. E. Ploner
Choral und Fuge [für Orgel] über "Heilig Vaterland"

N. B. Sämtliche Orgelwerke werden erstmalig in Greiz gespielt.

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1938, Juli - Innsbruck

Ploner widmet dem Pianisten Wilhelm Kempff seine Klavierkomposition Opus 79

Notiz in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Juli 1938, Seite 10

Der Innsbrucker Tonsetzer Josef Eduard Ploner hat seine Komposition "Vier Sätze über den alten Reigen: Kommt, ihr G"spielen" (Werk 79) dem deutschen Meisterpianisten Prof. Wilhelm Kempff, Berlin, zugeeignet. Prof. Kempff hat nun die Widmung mit herzlichem Dank angenommen und einen Besuch in Innsbruck, wo der Künstler von seinen Konzerten her in bester Erinnerung steht, in Aussicht gestellt.

Vergleiche Anmerkung im Werkverzeichnis Ploners bei Opus 79.

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1938, 18. August Imst

75 Jahre "Liederkranz Imst"
Veranstaltungsbericht von Josef Eduard Ploner in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. August 1938, Seite 7

1938, November – Lieder Ploners in Braunschweig
 
Notiz in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. November 1938, Seite 13
 
Kammersängerin Käthe Hecke-Isensee sang die “Nachtlieder” des heimischen Tonsetzers Josef Eduard Ploner mit Erfolg in Braunschweig. Die “Braunschweiger Landeszeitung” schreibt u.a. darüber: “Das Konzert erhielt besondere Bedeutung durch die Lieder des Innsbrucker Komponisten J. E. Ploner. Li-Tai-Pes Lied “Vor meinem Bette heller Morgenglanz” war in der schlichten harmonischen und melodischen Erfindung fast so wirkungsvoll wie eine Volksweise. Die “Braunschweiger nationalsozialistische Tageszeitung”: Die vier Nachtlieder des Innsbruckers Ploner sind wirklich eine wertvolle Bereicherung der Literatur. Große Gesangbogen über eine fein differenzierte Klavierbegleitung, die den letzten Regungen der Worte nachspürt, verleihen den Liedern Gestalt und Gehalt.

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1939, 12. Januar - Zwickau (Sachsen)

Städtisches Orchester Zwickau i[n] Sa[chsen] - 5. Orchester-Konzert
Abend neuer und alter österreichischer Komponisten

Dirigent: Kurt Barth, Solistin: Cläre Frühling (Breslau) Sopran

Programm

Johann Nepomuk David
Partita für Orchester

Josef Eduard Ploner
Ewiger Trost für Sopran und Orchester

Karl Senn
Lieder für Sopran mit Orchesterbegleitung
Alte Weise - Gartenglück - Lebensfreude

Hugo Wolf
Lieder für Sopran mit Orchesterbegleitung
Verborgenheit - Er ist"s - Ich hab in Penna einen Liebsten wohnen

Franz Schubert
Sinfonie Nr. 7 in C-Dur
Zur Erinnerung des 100. Gedenktages der Auffindung des Werkes durch Robert Schumann

Archiv Gilbert Ploner

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1939, 10. Februar Innsbruck

Rundfunksendung: Lieder von Ploner sowie Lieder und die Suite für Harfe von Riester

Tiroler Komponisten im Rundfunk
Notiz in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. Februar 1939, Seite 11

Am 10. d[ieses] M[onats Februar] um 15.30 Uhr bringt eine Tiroler Sendung Lieder und Harfenwerke zweier Tiroler Komponisten der Gegenwart. Aus dem "Nachtlieder-Zyklus" Josef Eduard Ploners [op. 71, vier Lieder] werden drei Lieder gesungen und aus dem "Minnelieder-Zyklus" Albert Riesters ebenfalls drei. Zwischen beiden Liederfolgen steht die viersätzige "Suite für Harfe" [von Albert Riester]. Gesungen werden die Lieder von der bekannten Sopranistin Maria Degischer, die in der Systemzeit ihre Heimat verlassen mußte und sich im Altreich um die Bekanntmachung der Tondichtungen ihrer engeren Landsleute große Verdienste erwarb. Fast an allen Reichssendern sang sie Lieder von Wilhelm Jerger, Robert Ernst, Josef Eduard Ploner, Artur Kanetscheider, Albert Riester, Karl Senn und Rudolf Kattnigg. Bei dem großen österreichischen Konzert, das vor zwei Jahren in München stattfand, sang sie mit durchschlagenden Erfolg zum ersten Mal die drei "Nachtlieder", die nun auch am 10. d. M. gesungen werden. Weitere Mitwirkende der Sendung sind Eduard Heinz (Flöte) und Albert Riester (Liedbegleitung und Harfe).

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1939, 2. März - Bozen
[Katholisches] Gesellenhaus, Großer Saal

Musikalische Feierstunde
Generalprobe
Ausführende
Der Madrigalchor zu St. Georg unter Mitwirkung von Mitgliedern des Pfarrchores,
des Eucharistinerchores und des Pfarrchores von Gries
Orchester: Das verstärkte Kammerorchester des Madrigalchores
Harfe: Dr. Albert Riester
Dirigent: Dr. Anton Mayr

Programm

Josef Haydn
Symphonie Nr. 13

Josef Eduard Ploner
Land im Gebirge, symphonische Dichtung (Uraufführung)
[Werktitel nach 1945: Trauernd Land, op. 81]

Albert Riester
Suite für Harfe

Giovanni Pierluigi da Palestrina
Stabat Mater für 8-stimmigen Doppelchor

Josef Eduard Ploner
Gruß (Caritas est lux) für gemischten Chor, Kinderchor und Orchester [op. 89]

Hugo Wolf
Morgenhymnus (Hymnus) für gemischten Chor und Orchester

Archiv Gilbert Ploner


Der im Bozner Konzertprogramm vom 2. März 1939 angeführte Werktitel der "symphonischen Dichtung" Land im Gebirge bezieht sich nicht auf die gleichnamige "Kantate" (op. 109), die Ploner 1942 zur Aufführung bringen konnte, sondern auf die nach dem Zweiten Weltkrieg in Trauernd Land (op. 81) umbenannte symphonische Dichtung über den Verlust Südtirols 1918.

Durch die Übereinkunft Hitlers mit Mussolini, die Brennergrenze als endgültig zu betrachten, war Ploners öffentlich bekundeter Schmerz über die Abtrennung seiner Heimat (Trauernd Land) nicht opportun, daher hielt er 1939 den Werktitel neutral. Bei einer Aufführung des Werks im Rahmen des 6. Symphoniekonzerts der Innsbrucker Konzertgemeinde im März 1940, wählte er eine ähnliche Vorgangsweise und betitelte damals die Komposition mit November 1918, was den Zeitpunkt der Abtrennung Südtirols an Italien widerspiegelt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ploners Trauernd Land op. 81 zu einem seiner am meisten aufgeführten Werke. Insbesondere wurde die Komposition zu Tiroler Landesfeiertagen im Rundfunk gesendet. Die autographe Partitur, datiert Mai 1936, trägt die Überschrift: Trauernd Land. EineTondichtung der Heimatliebe. Am Schluss dieser autographen Partitur finden sich eigenhändige Vermerke Ploners zu Sendungen der Tondichtung in Radio Tirol, darunter: "[zum] 10. Mal: 2. XI. [19]53 [ zum] 11. Mal [am] 19. 2. [19]55 ([zu] Andreas Hofers Todestag [Dirigent] Walter Hindelang".

Die Tondichtung Trauernd Land op. 81 ist auf der dem Werk Ploners gewidmeten Doppel-CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 74 des Instituts für Tiroler Musikforschung (Innsbruck 2011, CD 2, Track 1) mit historischen Aufnahmen aus dem ORF-Archiv Studio Tirol enthalten, in einer Einspielung des Städtischen Symphonieorchesters Innsbruck unter Walter Hindelang vom 22. August 1955.

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1939, 15. Dezember - Innsbruck
Claudiasaal

Schaffende Kräfte der Heimat - 2. Tiroler Dichterabend
Veranstalter
NSDAP Kreis Innsbruck, Die Deutsche Arbeitsfront,
NSG [Nationalsozialistische Gemeinschaft] Kraft durch Freude
Volksbildungsstätte Innsbruck

Es lesen aus eigenen Werken
J[osefine] M. Urich, Fritz Zelle, Wilhelm Lackinger
Tondichtungen von
Josef Eduard Ploner, Wilhelm Lackinger

Programm

Josef Eduard Ploner
Trio für Geige, Altgeige und Kniegeige, Werk 4 [komponiert 1922/23]
1. Satz: Jugendsehnen und Jugendtrotz
2. Satz: Mit "Wodan" und "Elmar" im Ahrntal
3. Satz: Auf der Wanderschaft
4. Satz: Totenklage Totentreue
Interpreten: Roman Wisata, Friedl Hasslwanter, Max Becke

Fritz Zelle
Gedichte. Aus dem Drama "Heinrich V."

Wilhelm Lackinger
Lieder für eine Singstimme: Vereinsamt Trübes Lied Vorfrühling
Interpreten: Robert Neurauter, Anni Pfund

Wilhelm Lackinger
Gedicht. Der Ring (Eine bedenkliche Geschichte)

J[osefine] M. Urich
Gedichte. Eine Erzählung aus den Tiroler Bergen

Josef Eduard Ploner
Zwei Hymnen für eine Singstimme [und Klavier] von Adolf Pichler: Verhängnis [op. 50/1] Auf dem [richtig: der] Hochiss [op. 50/4]
Interpreten: Robert Neurauter, Anni Pfund



Besprechung des Innsbrucker Konzerts vom 15. Dezember 1939
in der Neueste[n] Zeitung vom 19. 12. 1939
Von Dr. Ehrentraut Straffner

Heimatliches Kunstschaffen
Beim zweiten Tiroler Dichterabend der Volksbildungsstätte Innsbruck hatte man Gelegenheit, ein bisher noch nicht aufgeführtes Streichtrio von Josef Eduard Ploner, ein sehr bemerkenswertes Jugendwerk des bekannten Tiroler Tondichters, zu hören. Zwar deutet sich die stark ausgeprägte persönliche Eigenart der Tondichtungen Josef Eduard Ploners auch in diesem, dem Andenken zweier im Weltkrieg gefallener Kameraden gewidmeten Werk erst an. Es ist weniger herb, voller und reifer im Klang und vor allem durch ein gewisses vorgezeichnetes Programm Ploner nennt die einzelnen Sätze "Jugendsehnen und Jugendtrotz", "Mit Wodan und Elmar im Ahrntal", "Auf der Wanderschaft" und "Totenklage und Totentreue" in das Gewand einer landschaftsgebundenen Romantik gehüllt. Aber gerade das mildernde Element, das durch den Vorwurf und wohl auch durch die Jugend des Komponisten gegeben scheint, gereicht dem Werk zum Vorteil, wird es dadurch doch eingänglicher, weniger unerbittlich und deshalb nicht nur den Anhängern eines strengen Stiles und eines fast asketischen Geistes verständlich. Wieviel konzentrierter und wuchtiger Ploner im Verlaufe seiner künstlerischen Entwicklung jedoch geworden ist, bewiesen dann allerdings die beiden Hymnen nach Texten Adolf Pichlers "Vermächtnis" und "Auf dem Hochiß", mit denen der Abend abgeschlossen wurde und die es verdienen, einen besonderen Platz im deutschen Liedschaffen einzunehmen.

Zum erstenmal hörte man an diesem Abend auch drei Liedkompositionen von Wilhelm Lackinger, der in unserer Besprechung der dichterischen Werke des Abends bereits als Lyriker und Epiker gewürdigt wurde. Es handelte sich um durchaus persönlich geprägte Kompositionen von tiefer Gefühlsdichte, ansprechend, jedoch keineswegs banal in der Harmonik, korrekt im Satz und eindringlich in der Wirkung.

Für die Wiedergabe des musikalischen Teiles des Abends waren erste Kräfte gewonnen worden. Konzertmeister Roman Wisata, Friedl Haßlwanter und Max Becke wurden dem Streichtrio Ploners in jeder Weise vollkommen gerecht, und Engelbert Neurauter, begleitet von der im Spiel überraschend sicheren und feinfühligen Anni Pfund, gestaltete die Lieder, so, daß die anwesenden mit begeistertem Beifall bedankten Komponisten sicher mit der gesanglich tadellosen und musikalisch durchgearbeiteten Wiedergabe voll einverstanden waren.



Über Ploners Jugendfreundschaften berichtet ausführlich Hermann J[osef] Spiehs in seiner Monographie Josef Eduard Ploner. Der Tiroler Komponist (= Schöpferisches Tirol, Band 5, hrsg. v. Hermann Holzmann), Innsbruck 1965, S. 27 ff. Nachfolgend einige Auszüge (S. 27-29):

Ein Bund gleichgesinnter Idealisten (es waren deren bloß wenige!) bildete sich über Betreiben des Lehramtskandidaten Josef Eduard Ploner; anfänglich nur, um der Wanderlust zu frönen. In seinem Merkbüchlein sind einige der gemeinsamen Wanderfahrten bis ins Detail geschildert: so eine Fußreise in die Schweiz, eine durch Süddeutschland und eine Dolomitenfahrt, die das Band der Freundschaft nur noch enger knüpften. Gepresste Soldanellen und Edelweiß zieren heute noch ein kleines Tourenbüchlein, ebenso, als Wahrzeichen ihres romantischen Jugendgefühls, ein Lindenblatt von den Bäumen, die einst noch das Wessobrunner Gebet umraunten. Ploner fügte diesen symbolischen Zeichen den Vermerk hinzu: "Im Gedenken an die Wanderfahrten, die ich mit Elmar und Wodan (zwei seiner Bundbrüder") machte."

Solches Natur- und Volksverbundensein gipfelte damals noch im Mythos der "Götter- und Heldensagen", die bei der Jugend auf fruchtbares Erdreich fielen und Bekenntniskraft besaßen. So war der tiefere, eigentliche Zweck des "Bundes" bald in der Pflege eines historisch-romantischen Ideals zu suchen, für das es den fünf Brauseköpfen anno dazumal an Vorbildern nicht fehlte. Dichter, Musiker und Maler man denke bloß an Eichendorff und Mörike, an Schumann und Richard Wagner, an Richter und Moritz von Schwind sie gaben der Jugend mehr als genug an geistig-seelischen Impulsen, beeindruckten sie zutiefst durch ihre Werke [...].

Um Irrtümern seitens der Leser und gewisser Beckmesser vorzubeugen, soll es gleich vorneweg betont sein: mit politischer und nationaler Betätigung und Zielsetzung hatte diese Handvoll Unentwegter soviel wie nichts zu schaffen. Es ging ihnen lediglich um jenes neu erblühte Kunstidol, das sie in ihrem Jugendüberschwang (gar der gradlinig ausgerichtete und im Südtiroler Volkstum verhaftete Enthusiast Ploner!) zum Teil gefährdet sahen, zum Teil für ihre eigene Fortschrittlichkeit (Persönlichkeitskult) erstrebten. Wer wollte ihnen mithin, die nach dem Zeitgeschmack erwählten "Germanismen" (Wie bei ihrem Vorbild "Wagner" der Götter- und Heldensage entlehnt), zum Vorwurf machen, wo doch die gesamte gesittete Welt dem Genius von Bayreuth huldige und gewiß nichts Anstößiges an den Bezeichnungen seiner Musikdramen und Bühnenhelden gefunden? Also mögen die geneigten und weniger geneigten Leser meiner "Ploner-Biographie" auch diesen Jünglingen und Gralsuchern in den Fußstapfen einen Wodan, Balder (und wie immer sie in ihrem Überschwang sich nannten!) Gerechtigkeit widerfahren lassen [...].

Ploner, damals Kandidat des vierten Jahrgangs der Lehrerbildungsanstalt, ließ sich die Betreuung des von ihm ins Leben gerufenen "Bundes" wohl angelegen sein, das geht schon aus seiner gewissenhaften Führung der Chronik hervor. Daß er diesen "Bruderbund (oft sogar als "Blutsbruderschaft" bezeichnet!) dank seiner Initiative und Kunstbeflissenheit "frumb und deutsch allerwegen" zu gestalten trachtete, gar was die Abhaltung der "Thinge" (Zusammenkünfte) anbelangte, es spricht doch nur zu seinen Gunsten. Ein Vergleich solcher Jugendbetätigung mit dem Heute rückt das Gestern jedenfalls in ein kulturell recht günstiges Licht. Dabei wurde diesen Musensöhnen vom rauhen Alltag der Pflicht wahrlich nichts geschenkt, denn Schule und Leben stellten an sie gar hohe Anforderungen [...].



Einer dieser Zusammenkünfte war zum Beispiel eine Gedenkfeier zum zehnten Todestag von Hugo Wolf am 24. Februar 1913. Spiehs schildert sie wie folgt (in Josef Eduard Ploner, 1965, S. 35f.):

Sie fand im Beisein von interessierten Gästen auf Wallfrieds Bude statt [Wallfried: Pseudonym für den später als Tiroler Lyriker namhaft gewordenen Junglehrer Arnold Fritz]. Ploner selber hielt den Einführungsvortrag anhand einer erst vor kurzem gedruckten Biogaphie über den unglücklichen Komponisten. Angesichts des Bildes von Maler Beda umrahmten sie den Vortrag durch die Wiedergabe einzelner Hugo-Wolf-Lieder, die Toni Schiechtl (ein Gesinnungsgenosse Ploners) mit besonderer Hingabe zu gestalten wußte. Diesfalls hätte sich Ploner kaum einen besseren Interpreten verpflichten können. Diesem mit der Muse Hugo Wolfs besonders vertrauten Sänger war es ja im Verein mit dem Pianisten Alexander Myon und Prof. Walde zu danken, daß in Innsbruck eine ideale Pflegestätte für diesen letzten großen Liedmeister der Spätromantik erstand.

Nach Beschluß der würdig verlaufenen Feier, den Manen Hugo Wolfs geweiht, begaben sich die Veranstalter in das "Speckbacherstübel" zu einem richtiggehenden Trauersalamander mit einem kräftig intonierten "Fiduzit", was der Verblichene vom Musikantenhimmel aus sicherlich mit einem Schmunzeln quittiert haben mochte, wenigstens hegte der Chronist Ploner diese Überzeugung.


1940, Jänner – Ploner als Organist bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung
 
Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 5. Jänner 1940, Seite 5
 
Am Donnerstagnachmittag gab es im großen Stadtsaal ein Fest besonderer Art: 652 Kinder von insgesamt 218 Innsbrucker Familien wurden vom Reichsbund der Kinderreichen unter Mitwirkung der Kreisfrauenschaft beschenkt. Auf zwei langen Tafeln häuften sich die Pakete mit dem köstlichen Inhalt zu Bergen, erwartungsvoll von tausend lachenden Kinderaugen betrachtet. Durch den ganzen Saal zogen sich die vielen Tischreihen, an denen vor Weihnachtsgepäck und Schokoladetassen die kleinen Gäste mit ihrer Begleitung saßen. Hoch ragte vor der Orgel die lichterschimmernde Tanne auf, das Symbol dieses Festes, flankiert von Fahnen der Bewegung.
An der schönen Feier nahmen in Vertretung des Kreisleiters Kreisamtsleiter Pg. Oelhafen und Bürgermeister Christoph mit Politischen Leitern und anderen Gästen teil.
Nach einem durch 30 Trommler und Fanfarenbläser des Jungvolkes vorgetragenen Marsch, eröffnete der Landesleiter des Reichsbundes der Kinderreichen, Pg. Buemberger, die Bescherung mit einer kurzen und herzlichen Ansprache an Mutter und Kinder und dankte dem Gauleiter und dem Oberbürgermeister der Gauhauptstadt für die reichliche Spende, die das Fest in diesem Umfang zu gestalten ermöglichte. Dann trug Pg. Ploner auf der Orgel feierliche Weisen vor und die Singschar der NS.-Schwesternschaftsschülerinnen brachte Weihnachts- und Kinderlieder zu Gehör [...].

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1940, 12. April - Innsbruck
Großer Stadtsaal

6. Symphoniekonzert der Innsbrucker Konzertgemeinde
Zeitgenössische Tiroler Komponisten

Karl Senn: Totentanz [aus: 1809 (1937/38)]
Josef Eduard Ploner: November 1918
[später: Trauernd Land op. 81, vgl. oben beim 2. März 1939]
Artur Kanetscheider
: Heitere Spielmusik op. 95 (um 1930)
Emil Berlanda: Variationen über ein Thema von W. A. Mozart op. 40 (1939)
Peter Marini: Vorspiel für Orchester
Albert Riester: Orchesterlieder
Hermann Josef Spiehs: Orchesterlieder


Grosser Stadtsaal in Innsbruck vor der Bombardierung, 1943, Archiv Gilbert Ploner



Besprechung des Innsbrucker Konzerts vom 12. April 1940
in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. 4. 1940
Von Dr. Ehrentraut Straffner

Zeitgenössische Tiroler Komponisten
Das 6. Symphoniekonzert der Innsbrucker Konzertgemeinde

Das sechste Symphoniekonzert der Konzertgemeinde der Stadt Innsbruck am letzen Freitag im Großen Stadtsaal war ausschließlich Werken zeitgenössischer Tiroler Komponisten gewidmet. Das war ein Wagnis, das die Tiroler Komponisten Direktor Weidlich und seinen Musikern nicht hoch genug anrechnen können. Denn naturgemäß ist die Anteilnahme des Publikums an zeitgenössischen, also an noch unbekannten Werken, deren Wert oder Unwert erst erkannt werden muß, zumindest zweifelhaft. Dazu kommen noch die besonderen technischen Anforderungen, die gerade moderne Kompositionen immer wieder an das Orchester stellen und der besondere Anspruch, der an die Gestaltungsgabe von Dirigent und Orchester, die sich ja in Neuland bewegen, gestellt ist. Auch für den Referenten ergeben sich bei der Besprechung eines solchen Abends Schwierigkeiten mancherlei Art; kann er doch bei der Fülle des verschiedenartig Neuen, das auf ihn einstürmt, nicht in dem Maße jedem einzelnen Werke gerecht werden, wie er möchte, erliegt er doch wider Willen der Gefahr, seiner Wesenheit besonders Genehmes vor alles Übrige zu stellen. Diese ganz natürliche Tatsache muß von jedem aufrichtigen Referenten einem Urteil vorangestellt werden, das notwendigerweise nicht abschließend sein kann. Erscheinen trotzdem einige Werke besonders hervorgehoben, so geschieht das, weil der Referent von ihnen die Überzeugung einen über den Rahmen eines Kompositionsabends hinausreichenden Wertes gewonnen hat.

In diesem Sinne ist hier in der Reihe der Vortragsfolge zuerst
Karl Senns "Totentanz 1809 nach Bildern von Albin Egger Lienz" zu nennen. Dieses Werk verrät eine Kunst der Instrumentierung, der Mischung der Klangfarben, der Verwendung der einzelnen Instrumente, die allein Anerkennung verlangt. Inhaltlich ist es, wie schon der Name angibt, ganz und gar auf ein bestimmtes Subjekt, auf die musikalische Ausdeutung oder besser noch Ausmalung der 1809-Bilder von Egger-Lienz gestellt. Es verlangt also bestimmte Voraussetzungen. Wem diese aber geläufig sind, dem erscheint die Situation unmittelbar vor Augen und auch dem, dem das "Programm" nicht geläufig ist, eröffnet sich zumindest das Erlebnis eines tragischen Geschehens voll kriegerischer Unerbittlichkeit.

Völlig anders stellt
Josef Eduard Ploner ein verwandtes tragisches Geschehen, das er "November 1918" nennt, dar. Sein Werk scheint beruhigter, gänzlich ohne die "Programmeffekte" Senns, will aus dem absolut Musikalischen verstanden werden. Dabei treffen wir gerade im Figuralen der Streicher Bekanntes, stilistisch von Ploner und nach unserer Kenntnis zeitgenössischer Tiroler Musik lässt sich nur bei Ploner von einem persönlichen Stil sprechen bereits Festgelegtes.

Von den bisher bekannt gewordenen Proben absoluter Musik
Artur Kanetscheiders scheint uns die am Freitag zur Aufführung gebrachte "Heitere Spielmusik für Orchester" am versprechendsten, wenn wir uns beim Miterleben auch mehr auf spritzige, temperamentvolle Einzelheiten als auf den etwas zerrissenen Gesamteindruck berufen können.

Eine große und freudige Überraschung bereitete
Emil Berlanda mit seinen "Variationen für Orchester nach einem Thema von Mozart". Dieses in seiner ganzen Haltung Harmonik, Instrumentation, inhaltliche Deutung sehr stark von Max Reger abhängige Werk ist mehr als eine gewissenhafte Epigonenarbeit. Allein die Sorgfalt der Durcharbeitung verdient Lob. Sie zeigt Gewissenhaftigkeit, Selbstkritik und innere Bescheidenheit bei einer Fülle angeborener Fähigkeiten am Werk.

Die Vortragsfolge brachte außerdem noch ein stark vom Wagner-Epigonentum beeinflusstes Vorspiel von
Peter Marini, Orchesterlieder von Albert Riester und Hermann Spieß, Kompositionsproben von Tiroler Tondichtern, die alle bei anderer Gelegenheit wir erinnern an Klavierstücke von Marini, an Lieder von Riester und an in ihrer Einfachheit bestechende Lieder von Spieß Besseres gegeben haben.

Das Orchester unter der Leitung von Direktor Weidlich entledigte sich seiner schwierigen Aufgabe in durchaus anerkennenswerter Weise. Gerade so schwierige Kompositionen wie der "Totentanz" von Karl Senn gelangen plastisch und mit der notwendigen klanglichen Differenziertheit. Als Solistin des Abends hörten wir die ausgezeichnete Ilse von Eccher, die auch ihrer nicht gerade dankbaren Aufgabe gute Seiten abzugewinnen verstand. Die recht zahlreich erschienenen Zuhörer folgten mit Interesse dem Abend, und es gab herzlichen Beifall bei fast allen der im einzelnen angeführten größeren Werke des Abends.

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Innsbrucker Nachrichten vom 28. 9. 1940
Das Landesschießen wird am Samstag, den 28. d. M., mit einem Großkonzert am Adolf-Hitler-Platz eingeleitet. Das Konzert, das um 18.30 Uhr beginnt, wird von 25 Standschützenkapellen des Kreises Innsbruck, die vor dem Landestheater Aufstellung nehmen, ausgeführt.
Im Rahmen des Landesschießens steht ferner die festliche Uraufführung von Josef Wenters "Michel Gaismair" im Tiroler Landestheater, deren Beginn auf 19.30 Uhr angesetzt wurde
.

Standschützenverband - Landesschießen - Kreisschießen und Appelle



1940, 28. September - Innsbruck
Tiroler Landestheater

Michel Gaismair
Schauspiel in drei Akten (neun Bildern) von Josef Wenter und A[dolf] E[duard] Frauenfeld
Musik von
Josef Eduard Ploner [op. 105]

Uraufführung

Vorbericht zur Uraufführung des Michel Gaismair
im Völkischen Beobachter München vom 19. 9. 1940
Von Theodor Mühlich

Im Rahmen einer besonderen Veranstaltung, wird am Samstag, 28. September, das neueste Drama des erfolgreichen Tiroler Dramatikers Josef Wenter, des "Burgtheaterdichters", am Tiroler Landestheater in Innsbruck uraufgeführt.

[...] In der Nähe von Kufstein, am Nordufer des Thiersees, in dessen klarem Wasser sich der bizarr geformte Pendling spiegelt, erhebt sich der Theaterbau, den sich die Bauern von Thiersee, in deren Blut, wie bei allen Tirolern, die Liebe zum Theaterspielen steckt, im Jahre 1927 errichtet hatten. Von Zeit zu Zeit brachten die Bauerndarsteller dort außer dem Passionsspiel auch klassische Werke, wie Schillers "Wilhelm Tell", heraus.

Außer dem "Andreas Hofer" sollten seinerzeit noch weitere Dramen aus der großen geschichtlichen Vergangenheit Tirols auf dieser Tiroler Heimatbühne aufgeführt werden. So war auch das Drama "Michael Gaismayr", wie uns der Dichter erzählte, für die Tiroler Heimatbühne in Thiersee bestimmt. Gauleiter Hofer gab Josef Wenter den Auftrag, das tragische Geschick des großen Tiroler Bauernführers dramatisch zu gestalten. Die Gestalt Michael Gaismayrs nahm aber in der Auswertung durch den Dichter stilistisch eine Form an, die sich für die Aufführung auf einer Laienbühne nicht mehr eignete. Dr. Wenter beabsichtigt jedoch, das Drama entsprechend umzuarbeiten, so daß es später auch in Thiersee aufgeführt werden kann.

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts war die Not der Bauern, die vom Adel und der Kirche ausgebeutet und unterdrückt wurden, unbeschreiblich. Da standen in allen deutschen Landen die Bauern auf und scharten sich um ihre Führer, Klöster und Burgen gingen in Flammen auf. Während die Erhebung im Reich blutig zusammenbrach, rief Michael Gaismayr seine Bauern neu zum Kampfe, der erst nach langer Vorbereitung gleichzeitig im ganzen Lande ausbrach. Während die siegreichen Bauern aber noch am großen Landtag in Innsbruck mit Erzherzog Ferdinand unterhandelten, rückten die kaiserlichen Truppen unter Frundsberg von Oberitalien gegen Tirol vor. Die Bauern wurden geschlagen und der Führer der Aufstandsbewegung, Michael Gaismayr, floh in die Schweiz. Dort stellte er die Tiroler Landesordnung auf, die eine durchgreifende Reichsreform auf bäuerlicher Grundlage erstrebte. Schon dieser Erlaß der Tiroler Landesordnung, die erst Jahrhunderte später. Allerdings in einem weiter umfassenden Rahmen, Verwirklichung finden sollte, stempelt Gaismayr zu einem politisch befähigten Kopf von überragender Bedeutung. Nochmals stellte sich der Bauernführer den Kaiserlichen entgegen, wurde aber in blutigen Gefechten geschlagen und entfloh ins Venetianische. Von dort aus betrieb er seine Sache weiter, bis er im Jahre 1532 unter den Dolchstößen gedungener Söldlinge verblutete.

In drei Akte (zehn Bilder) hat Wenter das Heldenleben des großen Tiroler Bauernführers zusammengedrängt. Als geschichtliche Quellen benutzte er die Arbeiten von Frauenfeld, mit dem der Dichter auch szenische Ideen durchsprach, von Graf Bossi-Fedrigotti sowie das Werk Zimmermann "Der deutsche Bauernkrieg".

Die größte Freude für den Dichter ist es, wie er uns abschließend bekannte, daß sein Werk, zu dem ein Tiroler, Josef Eduard Ploner, die Musik schrieb, in seinem Heimatland aufgeführt wird.

Besprechung der Uraufführung des Michel Gaismair
im Völkischen Beobachter München vom 1. 10. 1940
Von Friedrich W[ilhelm] Herzog

[...] Die Uraufführung des "Michel Gaismair" im Tiroler Landestheater fand in Anwesenheit des Dichters einen stürmischen Erfolg. Der Spielleiter Siegfried Süßenguth gab auch dem Erzherzog Ferdinand das tückische Habsburgerprofil. Hanns Kurth war ein kraftvoller, trutziger Titelheld. Friedrich Ulmer spielte als Gast den Frundsberg als eindrucksvolle Landknechtsnatur. Hans Siegerts farbenschwere Bühnenbilder dienten dem Spiel in gleicher Eindinglichkeit wie die Begleitmusik von Josef Eduard Ploner, die in ihrer Klanghärte nicht ohne Größe war.

Besprechung der Uraufführung des Michel Gaismair
in den Innsbrucker Nachrichten vom 30. 9. 1940
Von Karl Paulin

Der Bericht schließt nach einer ausführlichen und teilweise kritischen Besprechung der Theateraufführung mit dem Absatz:

Der Abend wurde durch die festliche Musik eingeleitet, die unser heimischer Komponist Josef Eduard Ploner für den "Michel Gaismair" geschrieben hat. Ihr besonders in den Hörnern, Trompeten und Pauken schwingender kämpferischer Ton kam unter der Stabführung M. A. Pflugmachers zu voller Wirkung. Die Uraufführung dieses Schauspiels aus tirolischer Geschichte wurde von dem überfüllten Haus mit stürmischem Beifall aufgenommen, der den Dichter Dr. Josef Wenter, den Komponisten J. E. Ploner und die Hauptdarsteller immer wieder vor die Rampen rief. Lorbeerkränze und Blumen waren die äußeren Zeichen des Dankes und der Anerkennung für eine große, kulturelle und künstlerische Tat.

Ploners Bühnenmusik zu Wenters
Michel Gaismair op. 105 ist auf der Doppel-CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 74 des Instituts für Tiroler Musikforschung (Innsbruck 2011, CD 1, Track 5/Vorspiel und Track 6/Zwischenaktsmusik) mit historischen Aufnahmen aus dem ORF-Archiv Studio Tirol enthalten, in einer Einspielung des Städtischen Symphonieorchesters Innsbruck unter Walter Hindelang vom 20. Januar 1960.


Programmheft zur Aufführung von Josef Wenters "Michel Gaismair", Archiv Gilbert Ploner



Ploners Freund und ehemaliger Kollege in der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten Hermann Josef Spiehs schreibt über die Bühnenmusik zu Michel Gaismair (in Josef Eduard Ploner, 1965, S. 107-109):

[...] "Heldisch schreitend, nicht zu breit", lautet die erste Tempoangabe in der Partitur. Und aus dem makabren Paukenwirbel löst sich das ebenfalls düstere "Gaismayrmotiv" [folgt Notenzitat] als ein eindringliches Hornsolo, das dann bald die Streicher übernehmen und das nach kurzer Überleitung vom "Schicksalsmotiv" abgelöst wird [folgt Notenzitat].

In einer 72 Takte währenden Passacaglia nehmen als erste die Kontrabässe wieder das Gaismayrmotiv auf, um es zur Durchführung zu bringen. In nicht weniger als neun Varianten erklingt es in den verschiedenen Instrumentalgruppen, bis dann nach einer starken Tempoverbreiterung, diesmal akkordgewaltig, neuerdings das Schicksalsmotiv ertönt, bloß vier Takte lang, dennoch lange genug, um als Menetekel empfunden zu werden. Noch einmal verflüchtigt sich das sohin angedeutete Unsal [Unheil] für den Helden der Handlung ein lieblicher Zwiegesang ertönt, von Oboe und Bratsche als melodisches Duett gestaltet, das "Thema der Marei", des blinden Mädchens aus dem Volke. Dieser Cantus firmus aus dem 16. Jahrhundert [folgt Notenzitat] wurde schon um 1550 gedruckt und hat sich als Kostbarkeit in Text und Ton bis auf unsere Tage erhalten. Doch schon kündet sich das Unheil verstärkt an, in Form des Landsknechtsmarsches, dem sich die Leitmotive 1 und 2 zugesellen, bis sich ein schwungvolles Allegro als "Sturmmusik", gekrönt von einem mächtigen Choral (ebenfalls mit c. f.), unter dem Gedröhn der Lärminstrumente (Pauken, Becken, Glocken, Trommeln) emporsteigert zu einer gewaltigen Koda, die man als Apotheose auf den Helden empfindet, der um sein Volk Leib und Leben lassen mußte.

Von menschlich- fühlsamer Art zeigt sich die "Zwischenaktmusik", ein Liebesidyll, bei aller Hoffnungslosigkeit hinweisend in die reinsten Sphären trotz dem vorbestimmten Verzicht. Hier wird das Gaismayrmotiv, herb und mannhaft, vom Thema der geliebten Marei umsonnt; jenes, von Posaunen und Fagotts vorgetragen, dieses von den Streichinstrumenten, die ihm nebstbei durch anmutige Passagen und Figurationen besonderen Reiz verleihen, durch das ätherische Tongeriesel der Silberharfe das Ewigweibliche versinnbildend. Der Abgesang der Geigen und die im Pianissimo verhauchenden Arpeggien der Harfe machen uns beides glaubhaft: die Romantik der Liebenden und die Romantik dieser "Michael-Gaismayr-Musik".

Archiv Gilbert Ploner

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1940, 24. November - München
Evangelische Johanneskirche, Preysingplatz

Geistliche Abendmusik zum Totensonntag
Ausführende
Elisabeth Christl (Sopran), Georg Graunert (Baß), Gustav Schoedel (Orgel)

Programm

Josef Eduard Ploner
"Media vita in morte sumus"
Invokation, Passacaglia, Fuga brevis et Coda [op. 32]

Johannes Brahms
"Ihr habt nun Traurigkeit", Sopransolo aus dem Deutschen Requiem

Choralvorspiele
Johann Gottfried Walther
Warum betrübst du dich, mein Herz
Johann Sebastian Bach
Wer nur den lieben Gott läßt walten

Johannes Brahms
Vier ernste Gesänge für eine Baßstimme
Denn es gehet dem Menschen - Ich wandte mich - O Tod, wie bitter bist du - Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete

Johann Sebastian Bach
Passacaglia in c-moll

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1940/41

Liederblätter des Reichsgaues Tirol-Vorarlberg
Herausgegeben von Jos[ef] Eduard Ploner in Zusammenarbeit mit Karl Horak
Potsdam: Ludwig Voggenreiter 1940
Blatt bzw. Folge 1-7
Ab Folge 8/1941: Liederblätter für Tirol und Vorarlberg, siehe unten

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Blatt 1 ([September?] 1940)

1. Volk, unser Volk
"Hell wie der Morgenschein, blank wie die Fahnen" (3 Strophen)
Worte und Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Postdam.
Aus Wallner "Wir steh(e)n im Morgenrot" [Potsdam: Voggenreiter 1938]



2. Das Greifensteiner Kampflied (3 Strophen)
"Nu huß, sprach der Michel von Wolkenstein"
Worte und Weise: Oswald von Wolkenstein (1378-1445)
Instrumentalbegleitung: "Fanfare in Es", "Landkn[echts]trommel"
Anmerkungen, neben Worterklärungen:
Gekürzt, die Urschrift hat 7 Strophen.
(Greifenstein ist eine der trotzigsten Burgen des Landes nordwestlich von Bozen. Dort belagerte der in der Reichsacht stehende Landesfürst Friedrich m[it] d[er] leeren Tasche 1418 die aufständischen Adeligen und Bauern. Die drei Gebrüder Wolkenstein hatten entscheidenden Anteil an der siegreichen Abwehr dieser Belagerung.)



3. Das Spingeser Schlachtlied
"Jatz wölln mir giahn gegn die Franzosn zgegen giahn" (6 Strophen)
Worte: Karl Franz Zoller (1748-1829) / Weise: aus Sterzing
Instrumentalbegleitung: "2 Flöten od[er] Schwegeln", "Trommel"
Anmerkungen, neben Worterklärungen:
Gekürzt, die Urschrift hat 10 Strophen.
Spinges ist ein Dorf nördlich von Brixen am Ausgange des Pustertales. Die Schlacht bei Spinges gegen die von Süden herrückenden Franzosen fand am 2. April 1797 statt. Obgleich den Tirolern die Munition ausgegangen war, blieben sie Sieger, da sie die Schusswaffen als Hiebwaffen benutzten (siehe 6. Strophe).



4. Auf tirolerischen Almen
"Auf tirolerischen Almen, da singen die Schwalmen" (4 Strophen)
In ganz Tirol verbreitet



5. Deine Wangelen
"Deine Wangelen sein röselerot" (3 Strophen und Nachgesang, als verkürzte 4. Strophe)
Wiegenlied aus Eppan

Quelle: Franz Friedrich Kohl und Josef Reiter, Echte Tiroler Lieder im Volke gesammelt und für das Volk eingerichtet. Große Neuausgabe, Band 2, Leipzig-Zürich [1915], Nr. 46, S. 127 ff.



6. Das saggrische Leben
"Kannst machen, was willst, mi bringst decht nit um!" (3 Strophen)
Worte: J[osefine] M. Urich / Neuere Weise

Anmerkung am Schluss von Blatt 1 (Seite 8):
Alle Lieder können natürlich auch einstimmig gesungen werden.
Die Sätze in diesem Blatt stammen, [hs. Korrektur Ploners mit Rötel:] falls nichts anderes angegeben, [gedruckt:] vom Herausgeber Jos[ef] Eduard Ploner und gehören dem Ludwig Voggenreiter Verlag

Wortlaut nach einem "Korrektur-Exemplar" Josef Eduard Ploners; dieses Exemplar ist auf Seite 1 gedruckt mit "Oktober 1940/Blatt 1" datiert, von Ploner jedoch, jeweils mit Rötel, "Oktober" gestrichen, darunter hs.: "Sept.", ferner "Blatt" gestrichen, darunter hs. (wohl irrelevant) "Folge 4".; Korrektur Ploners auch in Quellenangabe zu Nr. 1: Bei "Wir stehen" das "e" eliminiert (richtig: "stehn").


Archiv Institut für Tiroler Musikforschung

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Folge 2 (Oktober 1940)

7. Deutschland, heiliges Wort
"Deutschland, heiliges Wort, du voll Unendlichkeit" (1 Strophe)
Worte: Eberhard Wolfg[ang] Möller / Weise und Satz: Georg Blumensaat
Anmerkung:
Eigentum des Georg Kallmeyer Verlages, Wolfenbüttel



8. Belagerung von Kufstein (1504)
"Nun wöllt ihr hören singen jetzund ein neu Gedicht" (8 Strophen)
Keine Angabe zu Text und Melodie
Anmerkung: Worterklärungen



9. "Sandwirt Hofers Leiblied" 1809
"Tiroler, lasst uns streiten jetztund fürs Vaterland" (4 Strophen, Satz 3-stimmig)
Volksweise
Anmerkungen:
Kann 1, 2 oder 3 stimmig gesungen werden.
Andreas Hofers Gasthaus im Passeiertal in Südtirol hieß "Zum Sandwirt".
Andreas Hofer (geb. 1767; erschossen 20. Februar 1810 auf Befehl Napoleons in Mantua).



10. Mei Dianal ist kloan
"Mei Dianal ist kloan wia a Muskatnüssai" (4 Strophen)
Aus dem Unterinntal
Instrumentalbegleitung: "Klampfe" (Gitarre)
Anmerkung: Worterklärungen



11. Vintschgauer Nachtwächterruf
"Lost auf ös Hearn und laßt enk sagn" (1 Strophe)
Vintschgau oberes Etschtal



12. Der Tyroler Nachtwache
"In stiller Bucht, bei finstrer Nacht, schläft tief die Welt im Grunde" (3 Strophen)
Worte: Josef v[on] Eichendorff / Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam

Anmerkung am Schluss von Folge 2 (Seite 8):
Die Sätze in diesem Blatt stammen, falls nichts weiteres angegeben, vom Herausgeber Jos[ef] Eduard Ploner und gehören dem Ludwig Voggenreiter Verlag

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Folge 3 (November 1940)

13. Des Mannes Sinn
"Des Mannes Sinn sei unerschütterlich wie Stein"
Kanon zu 2 Stimmen
Worte: Walther von der Vogelweide / Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



14. Aufrecht, das gilt!
"Aufrecht, das gilt, Unrecht, das schilt"
Kanon zu 3 Stimmen
Aus einem Tiroler Gerichtsbuch des 17. Jh. / Weise Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



15. Treu leben!
"Treu leben, todtrotzend kämpfen, lachend sterben"
Kanon zu 3 Stimmen
Worte: Aus der Edda / Weise: Jos[ef] Eduard Ploner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



16. Und setzet ihr nicht das Leben ein
"Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein"
Kanon zu 3 Stimmen
Worte: Friedr[ich] v[on] Schiller / Weise: Heinrich Spitta
Eigentum des Georg Kallmeyer Verlages Wolfenbüttel



17. Ein Held zog aus
"Ein Held zog aus in finstrer Nacht, nach Deutschland rief er voller Macht" (3 Strophen)
Worte: Hermann Mahnert (1903-[19]28) / Weise und Satz: Jos[ef] Eduard Ploner
Instrumentalbegleitung: "Flöten od[er] Geigen" (zweistimmig), "Pauken od[er] Trommel, alternativ für beides: "od[er] Klavier"
Spielanweisung:
Die 2. Strophe ohne Instrumente / Die 3. Strophe nur mit Schlagzeug



18. Wir wissen Weg und Ziel
"Mach keine Worte, Kamerad, der gleiche Schritt ist Pflicht" (3 Strophen)
Dichter unbekannt / Weise: Adolf Leuprecht (1937) / Satz: Jos[ef] Eduard Ploner
Instrumentalbegleitung: "Fanf[are in] Es", "Trommel"
Eigentum des Komponisten



19. Lang war die Nacht
"Lang war die Nacht, und lang war die Not"
Worte: Herbert Böhme / Weise: Heinrich Spitta
Eigentum des Georg Kallmeyer-Verlages Wolfenbüttel



20. Wenn alle untreu werden
"Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu" (4 Strophen)
Worte: Max v[on] Schenkendorf / Weise des Liedes: "Wilhelmus v[on] Nassauen" /
Satz: Cesar Bresgen
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam
Aus Baummann: "Morgen marschieren wir", Liederbuch der deutschen Soldaten
[Potsdam: Voggenreiter 1941 (sic)]



21. Uns ward das Los gegeben
"Uns ward das Los gegeben, ein freies Volks zu sein" (3 Strophen, nur Text)
Nach der gleichen Weise zu singen [wie Nr. 20]
Worte: Werner Gneist
Eigentum des Bärenreiter-Verlages, Kassel

Anmerkung am Schluss von Folge 3 (Seite 8):
Die Sätze in diesem Blatt stammen, falls nichts weiteres angegeben, vom Herausgeber Jos[ef] Eduard Ploner und gehören dem Ludwig Voggenreiter Verlag

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Folge 4 (Dezember 1940)

22. Sterzinger Mettenjodler
"Djo djoiri" (3-stimmig)
Anmerkung:
Dieser "Andachts"-Jodler soll vor Einbruch des liturgischen Cäcilianismus noch um 1830 in der Christmette meiner Geburtsstadt Sterzing gesungen worden sein. (Ploner)



23. Es hat sich halt aufton
"Es hat sich halt aufton das himmlische Tor" (4 Strophen)
Aus Nauders-Nordtirol
Anmerkung, zum "Alleluja"-Refrain am Schluss des Lieds:
Dieser "liturgische" Jodler ist als Protest gegen den volksmusikdrosselnden Cäcilianismus zu verstehen.

Das Halleluja ist ein Lobesruf, insbesondere aus den (jüdischen) Psalmen des Alten Testaments. Ploner und Horak brauchten daher eine Rechtfertigung, um das Lied 1940 komplett mit dem "jüdischen" wie "christlichen" Ruf der Schlusstakte wiedergeben zu können.

Quelle: Franz Friedrich Kohl und Josef Reiter, Echte Tiroler Lieder im Volke gesammelt und für das Volk eingerichtet. Große Neuausgabe, Band 1, Leipzig-Zürich [1913], Nr. 1, S. 1 f.



24. Mit Schnall und Gfall
"Liebste Hirten, lasst euch sagen" (5 Strophen)
Aus Kastelruth
Anmerkung: Worterklärungen (zu Mundart)

Der Text ist trotz weitgehend christlichen Inhalts wortgetreu wiedergegeben, laut
Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 2, [1915, wie oben Liederblatt Nr. 5], Nr. 44, S. 116 ff.



25. Es blühen die Maien
"Es blühen die Maien bei kalter Winterszeit" (2 Strophen)
Aus dem Brixental, auch im Pustertal bekannt

Quelle: Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 1, [1913, wie oben Liederblatt Lied Nr. 23], Nr. 9, S. 16 f.

Ploner und Horak haben die 1. und 3. Strophe von Kohl unverändert übernommen.
In der 2. Strophe (Ploner, bzw. 3. Strophe bei Kohl) wurden die Worte des Anfangs von Verszeile 4 "Es scheinet und weinet" ersetzt durch die Parallelstelle aus der 2. Strophe (bei Kohl) "von feren ein Steren", jedoch, abweichend vom Original, in der Variante "von ferne die Sterne".



26. O Tannenbaum
"O Tannenbaum, o Tannenbaum, du trägst ein" grünen Zweig" (3 Strophen)
Aus Westfalen
Keine Angabe zu Text und Melodie



27. Viel Brot wächst in der Winternacht
"Viel Brot wächst in der Winternacht, weil unterm Schnee frisch grünt die Saat" (2 Strophen)
Worte: Fr[iedrich] Wilh[elm] Weber / Weise: Ernst Moritz Henning
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam. Aus "Nun brennen viele Kerzen" [hrsg. v. E. M. Henning?, Potsdam: Voggenreiter 1939]



28. Wir geben dir all Müh und Not
"Wir geben dir all Müh und Not" (2 Strophen)
Worte: Joseph Georg Oberkofler / Weise und Satz: Jos[ef] Ed[uard] Ploner

1. Wir geben dir all Müh und Not.
Du aber gibst uns Korn und Brot.
Oft macht uns Sturm und Feuer irr.
Doch deiner Spur begegnen wir.

2. Wir sind ganz tief zur Erd gebeugt.
Sie groß uns deine Wunder zeigt.
Das Tagwerk lässt uns wenig Zeit.
Du schenkst uns deine Ewigkeit.

Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam

In diesen religiös geprägten Zeilen wird nicht ausgesprochen, wer das "Du" ist.
Die Worte wären, in der Sprache und mit den Metaphern ihrer Zeit, auf Gott ebenso zu beziehen wie auf den "Führer".



29. Hohe Nacht der klaren Sterne
"Hohe Nacht der klaren Sterne, die wie weite Brücken stehn" (3 Strophen)
Worte und Weise: Hans Baumann
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam. Aus [Hans] Baumann [Hrsg.]: "Die Morgenfrühe" [Potsdam: Voggenreiter, vor 1940 oder 1940, 6. Auflage 1943]



30. Zünde an die Kerzen
"Zünde an die Kerzen, heilige, schöne Nacht" (2 Strophen, 3. Strophe "wie Str. 1")
Worte und Weise: Paul Hermann
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam. Aus "Fahne der Kameradschaft" [zusammengestellt von Gustav Schulten und Ludwig Voggenreiter, Potsdam: Voggenreiter o. J., vor 1940?]



31. Neigt das Jahr sich zum End
"Neigt das Jahr sich zum End, ein Stern aus dem Dunkel entbrennt" (2 Strophen)
Auch im Kanon
Worte und Weise: Paul Hermann
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam. Aus "Nun brennen viele Kerzen" [hrsg. v. Ernst Moritz Henning?, Potsdam: Voggenreiter 1939]



32. Gleichwie beim letzten Hammerschlag
Aus dem Oberinntal (aufgez[eichnet] von Herm[ann] J[osef] Spiehs) / Teilweise Umdichtung: Jos[ef] Eduard Ploner

Original (Aufzeichnung von Josef Hermann Spiehs aus Fließ vom 24. November 1937 und von ihm für 4-stimmigen Männerchor gesetzt) in:
Hirten- und Krippenlieder aus Nord- und Südtirol für verschiedene Chor- und Instrumentalbesetzung, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten, Innsbruck 1938, S. 19.
Ploners Umtextierung für das Liederblatt 1940 vermeidet jeden christlichen Bezug.

1. Original
"Gleich wie beim letzten Hammerschlag das alte Jahr vergangen,
so hat im selben Augenblick das neue angefangen.
Wir danken dir, o großer Gott, für das verfloss"ne Jahr:
Wohl daß du und behütet hast vor Unglück und Gefahr!"

1. Umtextierung Ploner
Gleich wie beim letzten Hammerschlag das alte Jahr vergangen,
so hat im selben Augenblick das neue angefangen.
Wir danken fürs empfangne Gut in dem verflossnen Jahr,
wie oft sind wir behütet worden vor Unglück und Gefahr!

2. Original
"Bei vielen hat in diesem Jahr die Uhr geschlagen aus,
sie sind jetzt nicht mehr hier, sie sind im Bretterhaus.
Vielleicht kann es mit mir und dir im neuen Jahr so geh"n?
Wie werden wir, o großer Gott, vor"m Richterstuhl besteh"n?"

2. Umtextierung Ploner
Bei vielen hat in diesem Jahr die Uhr geschlagen aus,
sie sind jetzt nicht mehr hier bei uns, sie sind im Bretterhaus.
Vielleicht kann es mit mir und dir im neuen Jahr so gehn?

Wir aber wolln auch Not und Tod im neuen Jahr bestehn!

3. Original
"Gib, Vater, uns die große Gnad, daß wir zu dir uns wenden,
die wahre Buß" ergreifen g"schwind vor unserm Lebensende.
Es kommt für uns ein neues Jahr und wir sein jetzt außer G"fahr.
Das wünschen wir, und alle gleich, wohl zu dem neuen Jahr!"

3. Umtextierung Ploner
So kämpfen wir mit allem Mut, daß unsre Kraft es wende
Und wir all Mühn bestehen gut vor unserm Lebensende.
Und kommt für uns das neue Jahr mit Freud und Leid und viel Gefahr.
Wir kämpfen mit viel Mut und Kraft auch in dem neuen Jahr!


Anmerkung am Schluss von Folge 4 (Seite 8):
Alle mehrstimmigen Sätze können auch ein- bez[iehungs]w[eise] mehrstimmig gesungen werden.
Die Sätze in diesem Blatt stammen, falls nichts weiteres angegeben, vom Herausgeber Jos[ef] Eduard Ploner und gehören dem Ludwig Voggenreiter Verlag

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Folge 5 (Jänner 1941)
Kinder und Wiegenlieder

33. Eia popeia!
"Eia popeia, schlags Giggele toat,
es legt mir koane Eier und frisst mir mein Broat!" (1 Strophe)
In Tirol ganz bekannt



34. Es regelet, es schneibelet
"Es regelet, es schneibelet, es geaht a kalter Wind" (1 Strophe)
Aus der Innsbrucker Gegend



35. Eia popeia, mei rigglate Kuah
"Eia popeia, mei rigglate Kuah" (1 Strophe)
Aus dem Zillertal



36. Und "s Vögei hat gsungen
"Und "s Vögei hat gsungen am Vogelbeerbam obn" (2 Strophen)
Aus dem Unterinntal



37. Wenn der Guggu schreit
"Wenn der Guggu schreit, aft is Langiszeit [!]" (4 Strophen)
Aus der Schwazer Gegend



38. Frau Holle tuat das Wasser tragn
"Frau Holle tuat das Wasser tragn mit goldenen Kandln"
Aus dem Wipptal
Anmerkung:
Frau Holle lebt in diesem uralten Liede als Göttin der Fruchtbarkeit und des Lebens fort. Unter "Bründl" ist der in Tirol bekannte "Kindl-Brunnen" gemeint. Erste bekannte Aufzeichnung stammt vom Altmeister [Ignaz Vinzenz?] Zingerle.



39. Willst du wissen, wia der Bauer
"Willst du wissen, wia der Bauer sein Haber aussaant" (2 Strophen)
Aus Kastelruth
Anmerkung:
Die Kinder ziehen im Kreise singend zumeist ohne sich die Hände zu reichen umher und ahmen im zweiten Teil des Liedes die Arbeitsbewegung nach. Eigenartig der periodische Bau des Liedes, der auch in verschiedenen Varianten vorkommt.



40. Rita, rita Rößle
"Rita, rita Rößle! Z" Bregenz staht a Schlößle" (3 Strophen)
Aus der Bregenzer Gegend
Anmerkung:
Musterbeispiel eines wahrscheinlich aus dem Norden stammenden Liedes im sogenannten f-Typus.



41. Säge, säge Holz
"Säge, säge Holz abnand" (1 Strophe)
Aus Vorarlberg



42. Der Stubenreiter
"Hoppa rita Rößle, z" Bürsch dört stoot a Schlößle" (3 Strophen)
Bludenzer Mundart / Worte und Weise: F. K. Geiger
Aus der Liedersammlung Wirthensohn-Geiger, Bludenz



43. s Kätzle
"I weiß a Kätzle herzig nett" (3 Strophen)
Alemanisches Kinderlied, aufgez[eichnet] v[on] A. Schmitt
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam
Aus der Liedersammlung Wirthensohn-Geiger, Bludenz



44. Der Frieder steht am Zaun
"Der Frieder steht am Zaun, Was gibt es da zu schaun" (4 Strophen)
Worte: Otto Scholz / Weise und Satz: Ernst Woitsche
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



45. Schlaf, mei Kindl, und dram
"Schlaf, mei Kindl, und dram, der Mond" (3 Strophen)
Worte: Ingeborg Friedel / Weise: Jos[ef] Eduard Ploner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



46. Und du, mei kloans Büabl
"Und du, mei kloans Büabl geah" (3 Strophen)
Worte: Ingeborg Friedel / Weise: Jos[ef] Eduard Ploner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam

Anmerkung am Schluss von Folge 5 (Seite 8):
Die Sätze in diesem Blatt stammen, falls nichts weiteres angegeben, vom Herausgeber Jos[ef] Eduard Ploner und gehören dem Ludwig Voggenreiter Verlag

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Folge 6 (Feber 1941)
Aber heunt sein miar kreuzfidel!

47. Aber heunt sein miar kreuzfidel!
1. "Aber heunt sein miar kreuzfidel, heunt gian miar nit so schnell [...]"
2. "Aber in dem Schoß Abrahams [...]" (2 Strophen)
Oberinntal

Vgl. Variante in Text und Melodie bei Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 2, [1915, wie oben Liederblatt Lied Nr. 5], Nr. 225, S. 371.

Text bei Kohl-Reiter:
1. "Heut sein mer wieder kreuzvitriol, heunt sein mer wieder sternvoll"
2. "Mei Schatz ist von Pinzgerland"
Eisacktal. (Kastellrut [!]). Brixental. Unterinntal.



48. Undrahrer-Lied
"Uan und zwaa fürcht mir nöt" (2 Strophen)
Unterinntal
[Raufliedgstanzeln]



49. Die ersten drei Tanzlen
"Die ersten drei Tanzlen, die andern dazua" (2 Strophen)
Sarntal



50. Zizipiprl
"Zizipiprl" (1 Strophe)
Schnelligkeits-Schnaderhüpfel / Aus der Haller Gegend



51. Hi! Ho!
"Hi! ho! Mei Vater ischt a lustiger, hi, ho, Söckl gwesn" (2 Strophen)
In ganz Tirol

Quelle: Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 1, [1913, wie oben Liederblatt Lied Nr. 23], Nr. 250, S. 370 f.

Text und Melodie bei Ploner-Horak und Kohl-Reiter identisch.



52. I mag nit Küahhüatn
"I mag nit Küahhüatn, mag nit Sauhüatn" (1 Strophe)
Eisacktal

Quelle: Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 2, [1915, wie oben Liederblatt Lied Nr. 23], Nr. 222, S. 369.

Melodie und Text (abgesehen von minimalen Dialektvarianten) bei Ploner-Horak und Kohl-Reiter identisch.



53. In Klausn isch Kirchtig
"In Klaus isch Kirchtig, da geahts lustig zua" (4 Strophen)
Eisacktal
Instrumentalbegleitung: "2 Blockflöten (C u[nd] F.) od[er] 2 Geigen / Baßinstrument Okt[ave] tiefer"



54. In Vatern sei Häusl
"In Vatern sei Häusl is mit Habernstroh deckt" (6 Strophen)
Unterinntal und Brixental



55. Sauschneider
"Ihra Neun müaßn sein, wenns an Saubärn wölln schneidn" (1 Strophe)
Pustertal

Quelle: Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 2, [1915, wie oben Liederblatt Lied Nr. 23], Nr. 95, S. 211 f.

Text und Melodie bei Ploner-Horak und Kohl-Reiter identisch.



56. Hansel und Gretel
"Idldjoidiri [...] An [!] Hansel und Gretel sind beide gut" Leut" (6 Strophen)
Jodler aus Bizau (Vorarlberg) / mitgeteilt von Schulrat Büchele Ant[on], Bregenz



57. Wenn mei Weib in Zügn liegt
"Wenn mei Weib in Zügn liegt, so greif is nach der Giga" (1 Strophe)
Bregenzerwald
Instrumentalbegleitung; "Geige".



58. Es war einmal a kleiner Mann
"Es war einmal a kleiner Mann, he juhe" (10 Strophen)
Bregenzerwald [Scherzlied]

Anmerkung am Schluss von Folge 6 (Seite 8):
Alle Lieder können einstimmig und auch ohne Instrumente gesungen werden.
Die Sätze in diesem Blatt stammen vom Herausgeber Jos[ef] Eduard Ploner und gehören dem Ludwig Voggenreiter Verlag

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Folge 7 (März 1941)
"Im Felde, da ist der Mann noch was wert" (Schiller)

59. Du mußt an Deutschland glauben
"Du mußt an Deutschland glauben so fest" (4 Strophen)
Worte: Herm[ann] Claudius / Weise: Jos[ef] Eduard Ploner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



60. Vivat, jetzt geht"s ins Feld
"Vivat, jetzt geht"s ins Feld mit Waffen und Gezelt" (6 Strophen)
Worte und Weise: Älteres Volkslied aus Franken / Satz: Cesar Bresgen
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam / Aus "Morgen marschieren wir", Liederbuch der deutschen Soldaten [hrsg. v. Hans Baumann, im Auftr[ag] d[es] Oberkommandos d[er] Wehrmacht, Potsdam: Voggenreiter, 2. "veränderte" Auflage 1939]



61. Es hat der Krieg ein großes Feld
"Es hat der Krieg ein großes Feld, er sät" (3 Strophen)
Worte und Weise: Hans Baumann / Satz: Franz Biebl
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam / Aus "Morgen marschieren wir", Liederbuch der deutschen Soldaten [wie Nr. 60]



62. Prinz Karl
"Auf einem schönen grünen Wasen ließ Prinz Karl zur Tafel blasen" (5 Strophen)
Vorarlberg / Satz: Jos[ef] Eduard Ploner
Der Satz ist Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam

Ploner bezieht das Lied in einer Anmerkung explizit auf "Erzherzog Karl". Weiters führt er dort aus:
Erzherzog Karl schlug 1796 als deutscher Feldmarschall die Franzosen unter Jourdau und Moreau, womit Süddeutschland von den Feinden befreit wurde. Die Schwarzwälder drängten Jourdans geschlagene Truppe über den Rhein (siehe Goethes "Hermann und Dorothea", 6. Gesang). Straßburg wurde aber nicht berannt.

Das Lied preist diese Heldentaten von "Prinz Karl".



63. Duxer Lied an die Tyrolischen Landesvertheidiger 1797
"Wax auf, beym Schlaggerer! Auf mit den Stutzen" (3 Strophen)
Worte: Peter Paul Staudacher, 1797 / Weise: Norbert Wallner
Anmerkung: Worterklärungen, u. a.: "wax auf: frisch auf", "Schlaggerer: Sapperment"
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



64. Hui auf! Der Feind ruckt ins Land!
"Hui auf! Der Feind ruckt ins Land! Diaide [Jodler]" (3 Strophen)
Tiroler Landsturm (etwa 1820) / Satz: Jos[ef] Eduard Ploner

Instrumentalbegleitung: "Flöten od[er] Schwegeln".
Die 2 Flöten (Schwegeln) können von einer Trommel im Rhythmus der Bläser begleitet werden.



65. Andreas Hofers Abschied vom Leben
"Ach, Himmel, es ist verspielt" (5 Strophen)
Burggrafenamt, Eisacktal, Vintschgau / Satz: Jos[ef] Eduard Ploner

Instrumentalbegleitung: "Auch mit Instrumenten (3 Geigen, 3 Flöten usw.)"; im Exemplar aus Josef Eduard Ploners Nachlass die "3" vor "Geigen" mit Bleistift korrigiert zu "2".
Der Satz ist Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam.

Anmerkungen:
Nach der 5. Strophe zum Text: "Gekürzt", ferner:
Andreas Hofer wurde auf Befehl Napoleons am 20. 2. 1810 in der Festung Mantua (Italien) erschossen. H[au]pt[mann] Masson war nur einer der sechs urteilssprechenden Offiziere des Kriegsgerichtes. Wahrscheinlich soll es Bisson heißen, da dieser franz[ösische] General als Festungskommandant von Mantua für das Urteil verantwortlich war. Die Erschießung Hofers war für Bisson gewissermaßen die Rache für die durch Hofer an ihm im April 1809 erzwungene schmähliche Kapitulation Innsbrucks. Nach Aussage von Kajetan Sweth, des Adjutanten und letzten Begleiters Hofers, soll Andreas Hofer dieses Lied selbst gedichtet und im Kerker zu Mantua noch gesungen haben.



66. Der Kampf ist schwer
"Der Kampf ist schwer, der Kampf ist hart" (4 Strophen)
Worte: Herybert Menzel / Weise: F[ritz] H[ans] Blaudßun
Eigentum des Ludwig Voggenreither Verlages Potsdam. Aus "Fahne der Kameradschaft" [zusammengestellt von Gustav Schulten und Ludwig Voggenreiter, Potsdam: Voggenreiter o. J., vor 1940?]

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Liederblätter für Tirol und Vorarlberg
Herausgegeben von Jos[ef] Eduard Ploner in Zusammenarbeit mit Karl Horak
Potsdam: Ludwig Voggenreiter 1941
Folge 8-10

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Folge 8 (April 1941)
Alte Meister

67. Die Hofweise
"Mir ist versperrt des Glückes Tor" (1 Strophe)
Walter von der Vogelweide (etwa 1165-1230)
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam

Anmerkung:
Dieses im Jahre 1198 an Leopold VI. von Österreich gerichtete Gedicht ist eine Bitte um ein Lehen, zumindest um eine Unterkunft am Wiener Hof. Da die Bitte nicht erfüllt wurde, zog Walther in die Fremde und fand bei König Philipp Unterkunft.



68. Frühling auf Hauenstein
"Vergangen ist mein Herzensweh" (2 Strophen)
Worte und Weise: Oswald von Wolkenstein (1377-1445)
Übertragung ins Neuhochdeutsche: Dr. Hans Lederer-Innsbruck
Anmerkungen zu Text und Notation



69. Das Hildebrandlied
"Ich will zu Land ausreiten" (7 Strophen)
Volksdichtung (gekürzt) / Satz: Johann Stahl in Rhaws Bicinia 1545
Anmerkung: Worterklärungen

Original: Joannes Stahl, Ich wil[l] zu Land ausreiten, in: Georg Rhau, Bicinia gallica, latina, germanica, Tomus Primus, Wittenberg 1545 (bzw. Georg Rhau, Musikdrucke aus den Jahren 1538-1545 in praktischer Neuausgabe, Bd. 6, hrsg. v. Bruce Bellingham, Kassel etc. 1980, Nr. 94, mit 1 Textstrophe, dabei gegenüber Ploner drei Varianten in der Lesart des Textes und der vorletzte Ton in der Oberstimme nicht als erhöhter Leitton).



70. Frundsberg
"Mit Fleiß und Müh ich nie hab gspart" (3 Strophen)
Ludwig Senfl in Forsters "Ausbund schöner teutscher Liedlein I, 1552
[Georg Forster, siehe RISM A/I 1552/27]

Original ("Mein Fleiß und Müh") in: Ludwig Senfl, Deutsche Lieder zu vier bis sieben Stimmen. II. Teil: Lieder aus Johannes Otts Liederbuch von 1543, hrsg. v. Arnold Gering und Wilhelm Altwegg (= Sämtliche Werke, Bd. IV), Wolfenbüttel-Zürich 1962, Nr. 19 (vierstimmig) und Nr. 20 (fünfstimmig).

Bei Ploner ist die Melodie ein Konglomerat aus Senfls vier- und fünfstimmiger Fassung, der Text weist Varianten auf, besonders in Strophe 2 und 3.

Original ("Mein Fleiß und Müh") von Ludwig Senfl vierstimmig zum Beispiel auch in: Georg Forster, Ein außzug guter alter vñ newer Teutscher liedlein einer rechten Teutschen art auff allerley Instrumenten zubrauchen außerlesen, Nürnberg 1539, Nr. 105.



71. Innsbruck, ich muß dich lassen
"Innsbruck ich muß dich lassen" (3 Strophen)
2-stimmiger Satz nach der Urschrift von Heinrich Isaak (etwa 1445-1517)
Heinrich Isaak schrieb dieses Lied im Jahre 1500 anläßlich seiner Abberufung durch Kaiser Maximilian von Innsbruck nach Florenz, wo er 1517 verstarb.

Originaler vierstimmiger Satz des Lieds in: Heinrich Isaac, Weltliche Werke I, hrsg. v. Johannes Wolf (= Denkmäler der Tonkunst in Österreich, Jg. XIV/1, Bd. 28), Graz 1959, Nr. 12; Verzeichnis der Quellen bzw. Vorlagen (z. B. in: Georg Forster, Ein außzug guter alter und newer Teutscher Liedlein [...], Nürnberg 1539, Nr. 36) siehe dort. Laut Kommentar zum Lied bei Franz M[agnus] Böhme, Altdeutsches Liederbuch. Volkslieder der Deutschen nach Wort und Weise aus dem 12. bis zum 17. Jahrhundert, Leipzig 1877, Nr. 254, ist die Melodie aus dem 15. Jahrhundert wohl eine "Volksweise", möglicherweise, doch keinesfalls gewiss von Heinrich Isaac; Isaacs Satz ist ca. 1475 zu datieren.

Die Melodie bei Ploner entspricht dem Original, als 2. Stimme verwendet Ploner die originale Bassstimme.



72. Lob der Musik
"Mit Tanzen und Springen" (3 Strophen)
Leonhard Lechner / (geb. etwa 1553 in Eppan [richtig: im Etschtal], Südtirol, gest. 1606 in Stuttgart als Hofkapellmeister)



Archiv Gilbert Ploner

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Folge 9 (Mai 1941)
"Maienzeit bannet Leid"

73. Maibaumspruch
"Aus des Waldes Mitte hat man mich gebracht"
Kanon zu 2 Stimmen
Worte: Josef Pöll / Weise: Leo Eiter
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



74. Maienzeit bannet Leid
"Maienzeit bannet Leid, Fröhlichkeit ist gebreit"" (2 Strophen)
Worte und Weise: Neidhardt von Reuenthal (13. Jhdt.) / Satz: Norbert Gerhold (1941)
Der Satz ist Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam



75. O wunniglicher, wohlgezierter Mai
"O wunniglicher, wohlgezierter Mai dein Lustgeschrei" (2 Strophen)
Worte und Weise: Oswald von Wolkenstein (1377-1445)
Übertrag[ung]: Dr. Hans Lederer / Satz: Norbert Gerhold (1941)


Archiv Institut für Tiroler Musikforschung


76. Die liebe Maienzeit
"Die liebe Maienzeit hat Tanz und Spiel bereit"
Kanon zu 4 Stimmen
Joseph Haydn (1731-1809)

Original: Liebe zur Kunst ("Wer Lust zu lernen hat", Text: Friedrich von Logau) Hob XXVIIb:40



77. Nachtigallenkanon
"Alles schweiget, Nachtigallen locken mit süßen Melodien"
[Kanon] zu 3 Stimmen
Wolfg[ang] Amadeus Mozart (1759-1791)

Autorschaft von W. A. Mozart nicht erwiesen, ebenso nicht die von Joseph Haydn, unter der der Kanon auch vorkommt, mehrfach, z. B. in: Wir Mädel singen. Liederbuch des Bundes Deutscher Mädel, hrsg. v. Kulturamt der Reichsjugendführung, Wolfenbüttel-Berlin: Kallmeyer 1937), in: Der Singkreisel. Schulkanons für alle Gelegenheiten, hrsg. v. Fritz Jöde (= Bausteine für Musikerziehung und Musikpflege, Werkreihe [101], Main: Schott o. J. oder in: Komm sing mit! Österreichisches Liederbuch, hrsg. v. Anton Dawidowicz, Innsbruck: Helbling 1980. Der Kanon könnte vielleicht eher ein Produkt aus dem frühen 20. Jahrhundert sein.



78. Willkommen, lieber schöner Mai
"Willkommen, lieber schöner Mai"
Kanon zu 3 Stimmen
Worte: [Ludwig] Hölty, Weise: Franz Schubert (1797-1828)

Original: Aus Franz Schuberts Mailied D 244, jeweils die ersten Verse von Strophe 1 und 2.



79. Nicht länger ist Winter
"Nicht länger ist Winter, schon grünet"
Kanon zu 4 Stimmen
Mündlich überliefert


Archiv Institut für Tiroler Musikforschung


80. Empor
"Nun schwingt der Lenz die blauen Fahnen" (3 Strophen)
Worte Anton Renk / Weise: Jos[ef] Eduard Ploner
Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam


81. O, du schöani, süaßi Nachtigall
"O, du schöani, süaßi Nachtigall" (3 Strophen)
Hopfgarten, Eisack- und Pustertal / Satz: Albert Riester
Instrumentalbegleitung: "2 ad lib[itum] Blockflöten"

Quelle: Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 1, [1913, wie oben Liederblatt Lied Nr. 23], Nr. 35, S. 75 f.


82. Das Seiser-Alm-Lied
"Es wearn die Wiesn grüan" (4 Strophen)
Aus Kastelruth / Satz: Jos[ef] Eduard Ploner

Quelle: Kohl-Reiter, Echte Tiroler Lieder, Band 1, [1913, wie oben Liederblatt Lied Nr. 23], Nr. 31, S. 67 ff.

Bei Kohl-Reiter 13 Strophen: Ploner-Horak 1 = Kohl-Reiter 1, P-H 2 = K-R 4, P-H 3 = K-R 5, P-H 4 = K-R 7.


Anmerkung am Schluss von Folge 9 (Seite 8):
Alle Lieder können natürlich auch einstimmig und ohne Instrumente und in einer anderen Tonart gesungen werden.
Sämtliche Sätze sind Eigentum des Ludwig Voggenreiter Verlages Potsdam.

"Morgenfeier" der Hitler-Jugend auf dem Adolf-Hitler-Platz in Innsbruck, Innsbrucker Nachrichten vom 2.5.1939

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Folge 10 (Juni 1941)
Norbert Wallner-Lieder (15)

83. Das Feuer loht
"Das Feuer loht. Flammende Zungen steigen froh" (2 Strophen)
Worte und Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreither Verlages Potsdam.
Aus Wallner "Wir steh(e)n im Morgenrot" [Potsdam: Voggenreiter 1938]



84. Junges Geschlecht
"Ernst blicken wir gradaus, blicken wir der Zeit ins Angesicht" (3 Strophen)
Worte und Weise: Norbert Wallner



85. Kampf
"Liegt eine halbe, schlafende Welt kraftlos im Dunkel" (3 Strophen)
Worte und Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreither Verlages Potsdam.
Aus Wallner "Wir steh(e)n im Morgenrot" [Potsdam: Voggenreiter 1938]



86. Das Lied vom Segen im Blute
"Wir singen das Lied, das jubelnde Lied vom Segen in unserem Blute" (3 Strophen)
Worte und Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreither Verlages Potsdam.
Aus Wallner "Wir steh(e)n im Morgenrot" [Potsdam: Voggenreiter 1938]



87. Wir singen von der Fahne
"Wir singen von der Fahne, die in den Morgen steigt" (3 Strophen)
Worte und Weise: Norbert Wallner
Eigentum des Ludwig Voggenreither Verlages Potsdam.
Aus Wallner "Wir steh(e)n im Morgenrot" [Potsdam: Voggenreiter 1938]

Seite [6-8] folgt ein Alphabetisches Verzeichnis der Liedanfänge in Nr. 1-10 der Liederblätter.



Die Liederblätter waren für den praktischen Gebrauch bestimmt. Insbesondere zielte ihre Bestimmung ab auf die sogenannten "Dorfgemeinschaftsabende", wo neben der Brauchtumspflege, der Volkstanz und auch das Volkslied überaus geschätzt wurden. Mit diesen Initiativen versuchten die Nationalsozialisten die Gemeinschaft zu fördern und den Individualismus zurückzudrängen. Im Erleben von Gemeinsamkeit mit Tanz und Gesang konnte ideologisch auf die Menschen Einfluss genommen werden. (Details siehe unten Anmerkung (6).

Der erste Dorfgemeinschaftsabend im Gau Tirol-Vorarlberg fand am 29. Jänner 1940 in Rum statt (Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 30. Jänner 1940, Seite 4). Nach diesem verheißungsvollen Beginn, verbreiteten sich solche Veranstaltungen in zunehmendem Maß über das ganze Land. Weitere Adressaten der Liederblätter waren natürlich auch die Hitler-Jugend, der Bund Deutscher Mädel, die "Arbeitsmaiden" und ähnliche Organisationen.

Innsbrucker Nachrichten vom 23.6.1944



Mit den Liederblättern versuchte Josef Eduard Ploner, der ziemlich sicher die Ideen tragende Persönlichkeit dieser Unternehmung gewesen sein dürfte, einen Grundbestand von Liedern für ein allgemein bekanntes und zu pflegendes Repertoire unter das Volk zu bringen. Dazu wurde vermutlich von Anfang an ein Konzept für den Inhalt des Gesamtprojekts zumindest in groben Umrissen erstellt. Im Mittelpunkt stand natürlich Tirol (Vorarlberg spielt beim Volkslied in den Liedblättern eine untergeordnete Rolle) mit ausgewählten Volksliedern und einem umfangreichen Bereich historischer Lieder, sowohl Liedern der großen Tiroler Ahnherren der Musik, wie Walther von der Vogelweide, Oswald von Wolkenstein, Leonhard Lechner, als auch Liedern um den Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer und um die Tiroler Freiheitskämpfe. Auch die Lieder über historische Begebenheiten in Tirol dienten der Verfestigung eines tirolischen Nationalbewusstseins, mit der Verklärung einer glorreichen Vergangenheit als Basis für eine neue hoffnungsvolle Zukunft.

Bei der Redaktion der Lieder wurde von Ploner mit großer Sorgfalt zu Werke gegangen. Auf eventuelle Abänderungen wird meist verwiesen. Der praktischen Ausführung der Lieder dienen die einfache zweistimmige Bearbeitung und der Hinweis, dass alle Lieder auch einstimmig gesungen werden können. Die große Anzahl an Kanons stärkte wiederum das Gemeinschaftserlebnis.

Das neu geschaffene, ideologisch befrachtete und teilweise vereinnahmte Liedmaterial war zur Zeit der Publikation und Verbreitung der Liederblätter des Reichgaues Tirol-Vorarlberg bereits in großer Fülle vorhanden. Populäre Neuschöpfer von Liedern mit überwiegend ideologisch ausgerichtetem Inhalt waren insbesondere Hans Baumann (vgl. z. B. seine Beiträge im Liederblatt der Hitler-Jugend 1938, Reichsführerlager Weimar, Wolfenbüttel-Berlin 1938, hrsg. v. Bannführer Wolfgang Stumme, Musikreferent im Kulturamt der Reichsjugendführung) oder Helmut Majewski mit der Ausgabe seiner Kampf- und Feierlieder. Bläserausgabe der Jungen Gefolgschaft 1. Folge, Potsdam 1940 (Stimmen) und 1941 (2. veränderte Ausgabe, Partitur).



In Tirol stammten solche Neuschöpfungen NS-ideologisch konformer Lieder freilich auch von Josef Eduard Ploner, noch mehr und heftiger aber von Norbert Wallner mit seiner Liedersammlung Wir stehn im Morgenrot. Lieder der kämpfenden Ostmark, die bereits 1938 bei Voggenreiter in Potsdam erschien. Die Tiroler Liedbeiträge sind weitgehend über den lokalen Bereich hinaus nicht verbreitet gewesen sowie überregional kaum wahrgenommen worden. In populären Liederbüchern der Nationalsozialisten wie z. B. Das neue Soldaten-Liederbuch. Die bekanntesten und meistgesungenen Lieder unserer Wehrmacht, herausgegeben von F[ranz] J. Breuer, 3 Bände, Mainz: Schott [ca. 1942/43] sind keine Gesänge von Tiroler Liedschöpfern enthalten. Ein Exemplar aller drei Bände des neuen Soldaten-Liederbuchs befindet sich im Tiroler Volksliedarchiv (ohne Signatur), jeder mit einen Stempel von Johann Groß Innsbruck, das heißt, das Werk wurde im Geschäft des Innsbrucker Verlags- und Musikhandelshauses vertrieben.




AUFFÜHRUNGEN
VON KOMPOSITIONEN
JOSEF EDUARD PLONERS
(19. MAI 1938 bis
12. JULI 1944)

1938/39/40

1941/42

1943/44

Werkverzeichnis


Komponisten

Josef Eduard Ploner
Emil Berlanda
Karl Senn
Artur Kanetscheider
Karl Koch
Josef Gasser
Peter Marini
Albert Riester