Zusammenfassung 1940

 

Tiroler Landestheater Innsbruck

Das Tiroler Landestheater, vormals die zentrale Institution der Vermittlung aktueller Produktionen im Sprech- und Musiktheater und so eine eminente Einrichtung des Kulturtransfers, wurde in der Zeit des Nationalsozialismus aufgrund seiner überragenden propagandistischen Wirkungsmacht völlig in den Dienst der Ideologie gestellt. Insbesondere über die Programmgestaltung konnte man die kulturpolitischen Ansichten und Grundsätze der „neuen Zeit“ eindringlich und nachhaltig der „Volksgemeinschaft“ indoktrinieren. Vordergründig wurde das Bestreben insbesondere der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude, möglichst vielen Menschen den Zugang in den elitären Kulturtempel zu verschaffen, propagandistisch als soziale Fürsorge bekundet, den arbeitsamen „Volksgenossen“ einen würdigen und erholsamen Feierabend zu bieten. Im Grunde war aber damit vielmehr die Absicht verbunden, mit nach Parteinormen geregelter Kulturproduktion, das Denken der Menschen in ideologische Bahnen zu lenken. So war das Programm des Tiroler Landestheaters auch im Jahr 1940 ganz darauf abgestellt, einerseits mit Werken großer deutscher Kunst die nationale Identifikation zu stärken, andererseits mit Betonung des Unterhaltungsmoments, die Besucher auch angesichts des Krieges in einer Scheinwelt unbeschwerter Daseinsfreude bei Laune zu halten. Dementsprechend war das Schwergewicht des Programms wiederum auf Operetten gelegt, bei den Opern auf beliebte Werke, etwa La Bohème von Puccini oder Bühnenkomödien wie Smetanas Verkaufte Braut und Don Pasquale von Donizetti. Wagners Tannhäuser wurde bezeichnenderweise als Festvorstellung zu Hitlers Geburtstag gegeben. Natürlich bevorzugte man auch beim Schauspiel das unterhaltende Repertoire. Lustspiele wie Schwarzbrot und Kipfel von Werner von der Schulenburg oder Kleines Bezirksgericht, ein „heiteres Volksstück“ von Otto Bielen sowie die Komödie Die guten Sieben von Adalbert Alexander Zinn als Innsbrucker Erstaufführung dominierten die Programmfolge im Sprechtheater. Wenn großes Theater geboten wurde, so war die ideologische Begründung der Werkwahl allgegenwärtig. Ein Beispiel dafür ist die Besprechung der Aufführung der Peer Gynt-Bearbeitung Dietrich Eckarts von Karl Paulin in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. Jänner 1940, Seite 6: „Das Symbolisch-Satirische der zweiten Peer Gynt-Hälfte [von Henrik Ibsen] hat immer das Verständnis dieser einzigartigen Dichtung erschwert. Da trat Dietrich Eckart, der dichterische Herold des Dritten Reiches, an das große Werk des Norwegers heran und gab ihm aus tiefster Einfühlung eine Fassung, die den Peer Gynt unserem Volk näher als alle anderen Bearbeitungen rückt. Nur ein Dichter von solcher Volksverbundenheit wie Eckart konnte die Gedankentiefe des Peer Gynt in solch klare, volltönende durchaus körperliche Verssprache kleiden, die nicht nur die volkstümlichen Elemente des ersten Teiles, sondern auch die großartige aber oft dämmerdunkle Symbolik der zweiten Hälfte erst so recht deutsch im reinsten Sinnes des Wortes neu gestaltet.“

Einer ähnlich schwierigen Aufgabe widmeten sich die Darsteller am Tiroler Landestheater mit der Erstaufführung von Gerhard Hauptmanns Rose Bernd am 19. April 1940. Der Berichterstatter schreibt über Werk und Aufführung in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. April 1940, Seite 5: „Eine der stärksten Wurzeln dieser Dramatik dankt der Dichter ohne Zweifel der Liebe zu seiner schlesischen Heimat, seiner Liebe, die ihn in jahrzehntelanger, nimmermüder Menschenbeobachtung eine Fülle lebensechter Gestalten von Fleisch und Blut schaffen ließ. Es steckt zugleich ein Stück Heimatkunst in diesem aus der schlesischen Volksseele heraus geschaffenen Drama.“ Karl Paulin ergänzt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. April 1940, Seite 7: „Daß uns der Dichter Gerhart Hauptmann noch immer viel zu sagen hat, was nur ihm gegeben ist, bestätigte der starke, immer wieder aufbrausende Beifall des gutbesuchten Hauses. Rose Bernd war ein voller Erfolg bester deutscher Bühnendichtung in hervorragender volkstümlicher Darstellung.“

Im Rahmen der „Kulturwoche der HJ“ wurde mit Josef Wenters Komödie Die schöne Welserin ein Stück für die Hitlerjugend gewählt, das geeignet war, in mehrfacher Hinsicht lokalen Kulturpatriotismus hervorzurufen. Karl Paulin vermerkt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Mai 1940, Seite 9: „Unser Landsmann Josef Wenter, Träger des Grillparzer-Preises nach seinem Kanzler von Tirol, trifft auch in diesem Werk den Ton des Burgtheaters, das schon manchen seiner Dramen zum vollendeten Instrument geworden, mit jener künstlerischen Sicherheit, die in klassischer Tradition wurzelt […]. Unser Tiroler Landestheater hatte schon seit längerem die Absicht, Die schöne Welserin herauszubringen und damit nicht nur eine Ehrenpflicht im Rahmen der Pflege tirolischer Dichtung zu erfüllen, sondern unserem Publikum auch ein Schauspiel zu vermitteln, das durch Stoffkreis und Dichtung in engen Beziehungen zu unserer Heimat steht.“ Über die Aufführung berichtet Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Mai 1940, Seite 9: „Die Kulturwoche der Hitler-Jugend hätte ein Lücke aufgewiesen, hätte der Standort Innsbruck nicht auch einen Tiroler Künstler zu Wort kommen lassen. Dies geschah nun am Theaterabend. Der Tiroler Dichter wurde von der Jugend freudigst aufgenommen, reicher Beifall war der Dank an ihn und die Darsteller. So gestaltete sich auch dieser Abend, dem der Führer des Gebietes Tirol-Vorarlberg, Hauptbannführer Otto Weber, beiwohnte, zu einem vollen Erfolg.“

Die Operettensaison startete mit einer von der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude der Wehrmacht vorbehaltenen Sondervorstellung von August Pepöcks Operette Hofball in Schönbrunn im Jänner 1940. Zu diesem Anlass waren der Textdichter Josef Wenter und der Komponist persönlich anwesend (Innsbrucker Nachrichten vom 20. Jänner 1940, Seite 4). Weiters folgten Der Vetter aus Dingsda von Eduard Künneke (1885–1953) und die „Revue-Operette“ Gruß und Kuss aus der Wachau von Jara Beneš (1897–1949). Einen durchschlagenden Erfolg beim Innsbrucker Theaterpublikum erzielte Robert Stolz mit seiner Operette Zwei Herzen im Dreivierteltakt, die vorerst als Film erfolgreich war und erst danach als Der verlorene Walzer in ihrer Bühnenfassung (Libretto: Walter Reisch) verwirklicht wurde. Über die Aufführung am 16. März 1940 schreibt Dr. Josef Seidl in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. März 1940, Seite 5: „Robert Stolz parodiert sich selbst und schildert höchst ergötzlich die Nöte eines Komponisten, dem der Hauptschlager seiner jüngsten Schöpfung um keinen Preis der Welt einfallen will. Und als ihm dann endlich ein liebes, süßes Wiener Mädel, das ihm wie eine gütige Fee erscheint, dazu inspiriert, da hat er das Pech, ihn gleich wieder zu vergessen. Erst im letzten Augenblick findet er das geliebte Mädchen und damit auch den ‚verlorenen Walzer’ wieder. Die amüsante Handlung wird vom Walzerklang der Stolzschen Musik umsonnt: ein weicher schmiegsamer Walzer, ein gefühlvolles Heurigenlied, lustige Duette und Tänze vereinen gemütliches Wienertum und modernen Schmiß und lassen besonders durch die saubere Instrumentierung die Hand des wirkungsbewußten Komponisten erkennen […]. Die Vorstellung war ausgezeichnet besucht und fand eine so herzliche Aufnahme, daß ihr wohl zahlreiche Wiederholungen gesichert sein dürften.“ Diese charmante Operette prägte vor allem das Osterprogramm des Tiroler Landestheaters im Jahr 1940: Karsamstag: Zwei Herzen im Dreivierteltakt. Ostersonntag, nachmittags: Gruß und Kuß aus der Wachau, abends Tannhäuser. Ostermontag, nachmittags und abends: Zwei Herzen im Dreivierteltakt (Innsbrucker Nachrichten vom 23. März 1940, Seite 12).

Wiederum dominierte Franz Lehár mit Paganini und Land des Lächelns die Innsbrucker Operettenbühne. Bei manchen Vorstellungen traten auch bekannte Gäste von auswärts auf, unter ihnen Kammersänger Hans Heinz Bollmann am Pfingstwochenende 1940 in Paganini und von der Staatsoper München Rudolf Gerlach im Land des Lächelns. Hans Heinz Bollmann wurde in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Mai 1940, Seite 7 als „der berühmteste Leharsänger Deutschlands“ vorgestellt, „der nicht nur in den meisten Operetten Franz Lehars, sondern auch in dessen Filmen Frasquita und Friedericke die Hauptrollen gespielt und gesungen hat“.

Das Land des Lächelns wurde in einer Neuinszenierung dargeboten. Dr. Fritz Olbert schreibt darüber in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Mai 1940, Seite 7:

„Zu dem großen Erfolg wirkten alle Kräfte mit hervorragendem Können zusammen. Eine besondere Prägung erhielt die Aufführung durch Kammersänger Rudolf Gerlach vom Staatstheater München als Gast in der Partie des Prinzen Sou Chong. Sein Tenor erzwang sich schon im Auftrittslied stürmischen Beifall, der sich im Laufe des Abends noch steigerte […]. War der Gast eine trotz aller Erwartungen freudige Ueberraschung des Abends, so in nicht geringerem Maße Margot Koechlin in der Partie der Lisa: auch sie immer wieder in Stimme und Spiel bezwingend, jedes Mal sich selbst übertreffend; selten war der Aufstieg der Sängerin, den wir in den zwei Spielzeiten mitverfolgen durften, so hervorstechend wie diesmal, und sie erwies sich dem Gast als ebenbürtige Partnerin […].

Zum Schluß, doch mit Unterstreichung, die zugleich besonderes Lob sein will, sei diesmal die Leistung des Orchesters anerkannt, das sich, diszipliniert, sicher und in vollem Klang der Instrumente dem Spiel einordnete und seinen Teil zum vollen Gelingen des schönen Operettenabends beisteuerte: dies vor allem Verdienst der musikalischen Leitung M[ax] A[lexander] Pflugmachers, der – immer wieder hervorgerufen – den stürmischen Beifall mit den Trägern der Hauptpartien auf der Rampe entgegennehmen konnte: der Dank dafür, daß diese Aufführung sich zu einem der glänzendsten Operettenerfolge der Spielzeit gestaltete.“

Zum Ende der Spielzeit gab es die Uraufführung von Zwei glückliche Menschen (Text: Anne-Liese Schmolz, Musik: Johannes Müller). Diese Vorstellung besuchte auch Gauleiter Hofer, hingegen blieben sowohl die Librettistin als auch der Komponist der Uraufführung fern, aus welchen Gründen auch immer. Die Operette basiert auf einem modernen „Märchenroman mit orientalischem Gepräge“ (Innsbrucker Nachrichten vom 17. Mai 1940, Seite 9). Dominierend waren die Sprechszenen; sie drängten die Musikeinlagen wie das Hauptlied „Ist es nicht wie ein Roman!“, den Tango „Kleines Fräulein, was weißt du von Liebe?“ oder den Walzer „Was macht so ein kleines Mädel ohne Mann?“ wohl sehr in den Hintergrund. Dieses Werk konnte keinen nachhaltigen Erfolg verzeichnen.

Die erste Opernpremiere des Jahres 1940 brachte Ende Jänner Puccinis Bohème. Über eine geschlossene Vorstellung der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude und deren ideologische Intention berichtet Dr. Rainer v. Hardt-Stremayr in den Innsbrucker Nachrichten vom 27. Jänner 1940, Seite 6: „Zu den erfreulichsten Erscheinungen des aufblühenden Kulturlebens unserer Gauhauptstadt gehört es, daß auch Opernvorstellungen, die in früheren Zeiten vor allem wegen der erhöhten Eintrittspreise nur von ganz bestimmten finanziell besser gestellten Bevölkerungskreisen besucht werden konnten, tatsächlich der breitesten Allgemeinheit zugänglich gemacht wurden. Ein bis auf den letzten Platz gefülltes Haus bei der Aufführung von Puccinis Boheme am Donnerstag abends im Tiroler Landestheater war abermals Beweis dafür, daß die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude durch die Veranstaltung geschlossener Vorstellungen für die KdF. tatsächlich die breitesten Bevölkerungskreise erfaßt. Diese Erfassung beruht bekanntlich auf Freiwilligkeit und somit wird tatsächlich einem allgemeinen Bildungsbedürfnis Rechnung getragen, und nicht allein dem Drang nach leichter Unterhaltung, wenn auch so ernste und schwere Kulturschöpfungen, wie es Opern nun einmal sind, in allgemein erschwinglichen Vorstellungen gegeben werden.“

Geschlossene Veranstaltungen im Tiroler Landestheater gehörten zum Kulturprogramm der Hitler-Jugend. So führte der „Veranstaltungsring der Hitler-Jugend des Bannes Innsbruck-Stadt“ am 9. Februar 1940 „seine vierte geschlossene HJ.-Vorstellung im Landestheater durch. Selbstverständlich war auch diesmal wieder das Haus ausverkauft. Aufgeführt wurde das Lustspiel Schwarzbrot und Kipfel von Werner von der Schulenburg“ (Innsbrucker Nachrichten vom 12. Februar 1940, Seite 4). Zu Adolf Hitlers Geburtstag wurde, wie oben bereits erwähnt, als besondere Reverenz an seine Musikvorlieben Richard Wagners Oper Tannhäuser am 20. April 1940 als Festvorstellung gegeben. Dr. Fritz Olbert schreibt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. April 1940, Seite 7: „Ein besonders festliches Gepräge trug die Tannhäuser-Aufführung am Samstagabend anläßlich des Geburtstages des Führers. Die Intendanz des Landestheaters hatte für diese Aufführung Kammersänger Gerhard Hüsch von der Staatsoper Berlin gewonnen, der am Donnerstagabend bereits mit seinem Meisterkonzert in Innsbruck die Zuhörer begeisterte und zu stürmischen Beifall hingerissen hatte.“ Gerhard Hüsch sang die Partie des Wolfram von Eschenbach, während Kammersänger Dr. Julius Poelzer von der Staatsoper München, bei einer nachfolgenden Reprise der Oper Anfang Mai 1940 in der Rolle des Tannhäusers gastierte.

Die NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude führte auch geschlossene Veranstaltungen für die Wehrmacht durch. Ende April 1940 zum Beispiel wurde dafür Bedřich Smetanas Oper Die verkaufte Braut ausgewählt. Diese Vorstellung wurde ideologisch aufgewertet durch die Anwesenheit von Gauleiter Hofer. In der Neuesten Zeitung vom 30. April 1940 (Seite 2) wird zur Reaktion des nicht alltäglichen Opernpublikums vermerkt: „Es war eine wirkliche Freude, mitzuerleben, wie unsere Soldaten, aus denen sich die Theaterbesucher an diesem Abend zum Großteil ‚rekrutierten’, mit Dankbarkeit und Verständnis die anerkennenswerten Leistungen unserer Opernkräfte aufnahmen und wie sich vor allem Frau Reiniger, die in jeglicher Hinsicht alle Voraussetzungen für die von ihr gesungene Partie [der Marie] mitbringt, in die Herzen der Zuschauer hineinmusizierte.“

Als letzte Premiere der Spielzeit 1939/40 gab es Donizettis Opera buffa Don Pasquale, wobei die Kritik besonders die Leistung des Dirigenten Hans-Georg Ratjen hervorhob: „In jeglicher disziplinierter Zurückhaltung verleiht er der sich durch echten Humor und reizende Anmut auszeichnenden Musik Donizettis ein geradezu ‚klassisches’ Gepräge, wodurch er manche aufdringliche Wirkungen der Partitur milderte.“ Gelobt werden ferner das „eminente Maß an Musikalität“ und die „überlegene Führungskraft“ des Dirigenten (Innsbrucker Nachrichten vom 25. Mai 1940, Seite 8).

Mit einem heiter-beschwingten Abend unter dem Motto „Gruß und Kuss aus Innsbruck“, an dessen Durchführung sich „alle drei Gattungen der Bühnenkunst“ beteiligten, beschloss das Tiroler Landestheater die Saison 1939/40 mit einem fulminanten Bühnenfest vor ausverkauftem Haus: „Das festliche Gepräge dieser Abschiedsvorstellung fand noch seinen besonderen Ausdruck durch die Anwesenheit des Gauleiters und Reichsstatthalters mit einer Reihe führender Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“, merken die Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1040, Seite 7, an. Über den amüsanten, teils improvisierten, teils parodierenden Verlauf des Bunten Abends wird ferner informiert wie folgt: „Gruß und Kuß aus Innsbruck lehnte sich bewußt, innsbruckerisch verfärbt, an den Operettenrevue-Erfolg Gruß und Kuß aus derWachau an und wurde eingeleitet durch eine Tiroler Volksspielouvertüre (was sie an Melodien brachte, sagt ja ihr Name) von Hugo Morawetz mit dem Komponisten am Dirigentenpult. Dort zeigten sich auch im Laufe des Abends alle Stabführer der Spielzeit. Als Höhepunkt hervorgehoben seien eine an das Wiener Werkl erinnernde Opernparodie – Rigoletto in der Fassung der Pradler Ritterspiele mit wiederholtem Köpfen – ein Rendevous bei Lehar, das Margot Koechlin als Solistin in über das bereits gewohnt hohe Maß hinausragender, ausgezeichneter stimmlicher Verfassung zeigte, und der Straußsche Frühlingsstimmenwalzer, getanzt von unserem Ballett mit der Ballettmeisterin Lisa Diederich als Fußspitzentänzerin im Mittelpunkt. Die nicht enden wollenden Hervorrufe zu Schluß galten wohl, wie üblich am Spielzeitende, mehr der gesamten Spielzeit als dem Bunten Abend allein. Sie vereinigten tatsächlich alles auf der Bühne, das ganze künstlerische Personal, also auch das ganze Orchester, und dauerten so lange an, bis sich die Künstler und Bühnenarbeiter und alle verborgenen Kräfte, die man sonst nicht sieht und dennoch Voraussetzung für alle Aufführungen sind, bei offenem Vorhang die Hände reichten: Hoffentlich auch ein günstiges Vorzeichen für gemeinschaftliches Kulturschaffen am Tiroler Landestheater in der kommenden Spielzeit.“

Die neue Spielzeit 1940/41 wurde mit einem eminenten Glanzstück deutscher Geistesleistung, nämlich mit dem ersten Teil von Goethes Faust, feierlich und ideologiegerecht eröffnet. Als Kontrapunkt nahm das Tiroler Landestheater den Vogelhändler ins Programm, „der nun schon seit 51 Jahren, immer wieder entstaubt und entrümpelt, über die Bretter unserer Bühnen geht. Das Textbuch gibt Gelegenheit, den Reigen heiterer Muse mit einem Spiel von ausgesprochenem Lokalkolorit zu beginnen, eine Möglichkeit, von der M[ax] A[lexander] Pflugmacher in seiner künstlerischen Gesamtleitung auch ausgiebig Gebrauch machte. Der Wiener Ministerialrat Carl Zeller würde wohl staunen, wenn er heute sein Werk betrachten würde, das sich durch den Zahn der Zeit oder besser gesagt durch den Stift des Intendanten gründlich gewandelt hat […]“ (Innsbrucker Nachrichten vom 2. September 1940, Seite 5).

Große deutsche Literatur präsentierte ebenso die Aufführung von Friedrich Hebbels Die Nibelungen, die im Rahmen der Feierstunde zum 9. November in Erinnerung an den Putschversuch der Nationalsozialisten 1923 in München stattfand. Alljährlich kam es zu diesem Anlass im Tiroler Landestheater zu einer Festaufführung eines ideologisch besonders verwertbaren Meisterwerkes aus deutscher Kulturtradition.

Mit dem Schauspiel Christian De Wet von Arnold Krieger wurde ganz bewusst der Hass auf den Kriegsgegner England geschürt, thematisiert dieses Stück doch den Burenkrieg. „Damals zeigte sich zum ersten Male auch der tiefe politische Gegensatz zwischen dem deutschen Volk und den Briten, der in der glühenden Anteilnahme des zweiten Reiches am Freiheitsringen der Buren gegen die englische Vergewaltigung zu elementarem Ausdruck kam […]. Daher hörte sich dieses Burenschauspiel aus dem Weltkrieg beinahe wie ein Bericht aus unseren Tagen an; man brauchte nur die Namen De Wet und Boethe gegen Herzog und Smuts zu vertauschen“ (Innsbrucker Nachrichten von 5. Dezember 1940, Seite 5). Jan Christiaan Smuts (1870-1950), war südafrikanischer Staatsmann, er hatte 1917 gegen die deutschen Truppen in Deutsch-Ostafrika gekämpft sowie 1919 den Vertrag von Versailles auf Seiten Englands mit unterzeichnet.

Für komödiantische Unterhaltung sorgte das Singspiel Kleines Hofkonzert von Paul Verhoeven und Toni Impekoven, indem die Autoren die pittoreske Welt des Biedermeiers Carl Spitzwegs fantasievoll in Erinnerung brachten; die Musik von Edmund Nick hatte wesentlich Anteil daran. Die Leistung des Komponisten wird in den Innsbrucker Nachrichten vom 26. Oktober 1940, Seite 12 folgendermaßen charakterisiert: „Die Musik Edmund Nicks durchzieht das textlich und darstellerisch geschlossene, abgerundete Zeitbild um 1840 mit einem Hauch gewürzter Gegenwartskunst. Läßt sich auch mit den zeitgenössischen Orchesterfarben manches Stimmungsbild eindrucksvoll untermalen, so ist es andererseits gewagt, stiltreue und doch neuartige Melodik zu finden. Die einzige Ueberwindung dieser Gegensätze bietet sich aus der Beschränkung, und der Komponist hat in seinen knappen, originellen Einlagen diesem Erfordernis geschickt Rechnung getragen.“

Mit Ingeborg, einer Komödie in drei Akten von Kurt Götz, gelangte im November 1940 ein Schauspiel zur Aufführung, das in komödiantischer Überspieltheit mit amüsanten und pointierten Dialogen eine Dreiecksbeziehung als Reizthema auf die Bühne bringt. Damit enthielt das Stück eine für die nationalsozialistische Moralvorstellung von Ehe und Familie überaus problematische Stoffwahl, und Karl Paulins Frage in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. November 1940 (Seite 6) wird aus seiner Sicht durchaus verständlich: „Darf aber heute unser Gegenwartstheater als eines der wichtigsten Instrumente des nationalsozialistischen Kulturwillens von der großen allgemeinen Linie auch in seinen leichtesten Formen abweichen? […] Unser Gefühl in grundsätzlichen, an die Wurzel des Lebens und des Volkes reichenden Dingen hat sich verfeinert und gereinigt. Daher hat heute eine solche Komödie, die, wann auch in leichtbeschwingter humorvoller und blitzender Dialogkunst, die Frage der Ehe und der Treue in einer Weise löst, die sich mit der allgemeinen volkserzieherischen Auffassung nicht deckt, ein anderes Gesicht“.

Karl Paulin sieht jedoch die Aufführung von Ingeborg, die vermutlich überhaupt erst durch die Einflussnahme des Autors Götz zustande kam, in anderer Weise gerechtfertigt: „Humor ist allerdings in unserer Zeit auch auf der Bühne ein so gern gesehener Gast, daß wir aus der Ingeborg keine moralischen Folgerungen ziehen, sondern uns an der glänzenden Darstellung der Komödie unter der Spielleitung Siegfried Süßenguths erfreuen. Götz, selbst Schauspieler, liefert in seinen Stücken ja stets das dankbarste Rollenmaterial, an dem sich die Spielfreude der Darsteller leicht entzündet.“

Unproblematischen Humor brachten hingegen das Wiener Volksstück Fahr’n ma, Euer Gnadn! mit Gesang und Tanz von Oskar Weber sowie die Komödie Aufruhr im Damenstift von Axel Breidahl.

Von besonderem patriotischem Interesse war die Uraufführung des Schauspiels Michel Gaismair am 28. September 1940 aus der Feder des Tiroler Dramatikers Josef Wenter. Der Dichter hatte den Auftrag für dieses Stück von Gauleiter Hofer persönlich erhalten. Die Schauspielmusik komponierte Josef Eduard Ploner. Karl Paulin hielt über die Uraufführung des Michel Gaismair in den Innsbrucker Nachrichten vom 30. September 1940 fest: „Der Abend wurde durch die festliche Musik eingeleitet, die unser heimischer Komponist Josef Eduard Ploner für den Michel Gaismair geschrieben hat. Ihr besonders in den Hörnern, Trompeten und Pauken schwingender kämpferischer Ton kam unter der Stabführung M[ax] A[lexander] Pflugmachers zu voller Wirkung. – Die Uraufführung dieses Schauspiels aus tirolischer Geschichte wurde von dem überfüllten Haus mit stürmischem Beifall aufgenommen, der den Dichter Dr. Josef Wenter, den Komponisten J[osef] E[duard] Ploner und die Hauptdarsteller immer wieder vor die Rampen rief. Lorbeerkränze und Blumen waren die äußeren Zeichen des Dankes und die Anerkennung für eine große, kulturelle und künstlerische Tat.“

Mit dieser Schauspielmusik rückte auch der Komponist Josef Eduard Ploner als Künstler mehr in das Gesichtsfeld der nationalsozialistischen Kulturpolitik. Bislang war Ploner hauptamtlich in der Landesbuchhaltung tätig gewesen. Es wurde zwar angestrebt, für ihn als „altem Kämpfer“ eine soziale und finanzielle Besserstellung zu erreichen, aber seine bisherige künstlerische Arbeit konnte nicht in dem Maße überzeugen, als dass man ihn von seinem Brotberuf in der Landesbuchhaltung hätte freistellen wollen. Erst nach der eindrucksvollen Aufführung des Michel Gaismair – Gauleiter Hofer schätzte den Tiroler Bauernführer über die Maßen – mit der begeisternden Bühnenmusik wurde Ploners Kunst offensichtlich Ernst genommen. Die letzte Aufführung des Michel Gaismair war eine Sonntagnachmittagsvorstellung Ende Oktober 1940, mit der man „auch der Landbevölkerung die Gelegenheit“ geben wollte, „ein gutes Schauspiel auf der Bühne zu sehen, da diese die Abendvorstellung wegen der Länge der Aufführung ohne Uebernachtung in der Gauhauptstadt nicht besuchen kann“ (Innsbrucker Nachrichten vom 26. Oktober 1940, Seite 12).

Aufgrund des großen Eindrucks, den die Aufführungen des Michel Gaismair im Tiroler Landestheater hinterließen, konnte Josef Eduard Ploner es wagen, im November 1940 an Gauleiter Hofer ein Schreiben mit der Bitte „um anderweitige Verwendung“, also um Versetzung aus der Landesbuchhaltung, zu richten.

Ploner begründete seinen Antrag damit, dass er es im Sinne eines bereicherten Kulturlebens für zweckmäßig halte, sein künstlerisches Talent mehr der Allgemeinheit zugute kommen zu lassen. Gauleiter Hofer ging spontan auf diesen Wunsch ein. Nach einigen bürokratischen Hindernissen wurde es Ploner ermöglicht, nun eine in das künstlerische Wirkungsfeld verlagerte Tätigkeit aufzunehmen, nämlich in der „Abteilung II der Reichsstatthalterei (Erziehung, Volksbildung, Kultur- und Gemeinschaftspflege)“ ab Ende Mai 1941 und sich damit künftig schöpferisch völlig in den kulturpolitischen Dienst der Partei zu stellen.

Die Opernsaison der neuen Spielzeit 1940/41 wurde mit Mozarts „Zauberflöte“ eröffnet. Damit hatte man nach Ansicht von Dr. Ehrentraut Straffner in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. September 1940 (Seite 4) ganz bewusst eine ideologiebegründete programmatische Entscheidung getroffen: „Wir glauben, daß die Leitung unseres Landestheaters Mozarts Zauberflöte nicht zufällig als erste Oper dieses Spieljahres auf den Theaterzettel gesetzt hat, sondern daß sie mit dieser Wahl gleichsam die Richtung weisen wollte, in der die Gestaltung des Opernspielplanes der kommenden Spielzeit vor sich gehen soll. Denn Mozarts Zauberflöte ist uns mehr als irgendeine Oper. Ein Musterwerk der Gattung, gilt sie gleichzeitig als die erste artgemäße deutsche Oper überhaupt und damit als ein Kunstwerk von programmatischer Bedeutung.“

Auf Verdis Troubadour folgte gewissermaßen als Höhepunkt und künstlerische Herausforderung Salome von Richard Strauss als Innsbrucker Erstaufführung. Über den herausragenden Erfolg schreibt Karl Senn in seiner ersten Rezension in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. November 1940, Seite 8: „Die Leitung unseres Landestheaters kann stolz sein, solch ein gewichtiges Werk in so würdiger, auch einer Großstadtbühne würdigen Weise, mit einer so außerordentlichen Sorgfalt und einer bewunderungswürdigen Hingabe vorbereitet, herausgebracht zu haben. Zahllose Proben waren wohl notwendig, um ein solches Ergebnis zu erreichen, aber die Mühe hat sich wahrhaftig gelohnt. Es dürfte sich wohl niemand entgehen lassen, diese mustergültige Aufführung unseres Landestheaters zu besuchen und seine Leistungsfähigkeit in einem so hervorragenden Werke zu bewundern. Die Aufführung am Sonntag fand vor ausverkauftem Hause statt. Die freudig erregten und wohl auch durch die erlesene Aufführung überraschten Zuhörer spendeten langanhaltenden Beifall. Die Darsteller konnten mit Kapellmeister [Hans-Georg] Ratjen viele Male vor den Vorhang für den Beifall danken.“

Auf Einladung der Theaterintendanz kam Richard Strauss Ende November zu einer Salome-Aufführung nach Innsbruck. Die Anwesenheit des weltberühmten Komponisten veranlasste die Partei zu einem propagandistisch verwertbaren Auftritt und zur Demonstration von Kulturexpertise. Bei dieser Galavorstellung waren neben Gauleiter Hofer „zahlreiche Vertreter aus Partei, Staat und Wehrmacht im Gau Tirol-Vorarlberg erschienen, die [publikumswirksam] in der großen Fremdenloge im ersten Rang Platz nahmen“. Dr. Rainer v. Hardt-Stremayr schildert in den Innsbrucker Nachrichten vom 26. November 1940, Seite 5, weiter: „Als Dr. Richard Strauß an der Brüstung der Loge auftauchte, wurde er von dem bis auf den letzten Platz gefüllten und festlich gestimmten Haus zunächst minutenlang stürmisch begrüßt. Waren schon die vorangegangenen Aufführungen der Salome in Innsbruck, vor allem die Ersttauführung am Sonntag vor acht Tagen [19. 11. 1940], wirkliche Glanzleistungen unserer Bühne und des Orchesters, so überboten bei dieser Festaufführung im Beisein des Meisters Darsteller und Musiker sich selbst. Als zum Schluß der Vorhang niedergegangen und die letzten Takte verklungen waren, rauschte ein in Innsbruck wohl noch nie da gewesener Beifall durch das Haus. Er galt gleichermaßen dem Schöpfer dieser Oper, der dem Intendanten P[artei]g[enossen Max Alexander] Pflugmacher mit herzlichem Händedruck dankte, wie allen an dieser Aufführung Beteiligten, voran den Hauptdarstellern und dem Kapellmeister Hans Georg Ratjen, der gleichfalls vor den Vorhang gerufen wurde; der Beifall steigerte sich in geradezu ungeahntem Maße, als bei einem der neun ‚Vorhänge’ die Hauptdarstellerin Daga Soederquist, die als Gast von der Wiener Volksoper die Partie der Salome innehatte, allein auf der Bühnenrampe erschien.“

Wenngleich das Tiroler Landestheater auf dem Gebiet der Oper eine beachtliche Leistungsfähigkeit entwickelt hatte, so blieb seine eigentliche Domäne doch die Operette, die nicht nur in der Zahl der Aufführungen, sondern auch in ihrer Attraktion für das Publikum die neue Spielzeit wesentlich prägte. An den beliebten Vogelhändler schloss sich im September 1940 Clivia von Nico Dostal an, eine „farbenbunte, schmissige Operette“, die „irgendwo in Südamerika spielt, in einer kleinen Republik, die auf keiner Landkarte zu finden ist, irgendwo in einer leichtlebigen, abenteuer-verstrickten Welt mit Gauchos, Girls und all dem, was noch dazu gehört. Freunde der Operette kamen ganz auf ihre Rechnung" (Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. September 1940, Seite 6).

Dostals erfolgssichere Operette Clivia wurde für eine Tournee im Dezember 1940 in die Vorarlberger Städte Bludenz, Feldkirch, Dornbirn und Bregenz ausgewählt. Eine Begründung für diese Aktivität findet sich in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Dezember 1940 auf Seite 8: „Das Tiroler Landestheater sieht seine kulturelle Aufgabe nicht nur darin, auf der eigenen Bühne in Innsbruck zu spielen, sondern will auch der Bevölkerung am Lande Gelegenheit geben, Aufführungen des Landestheaters zu erleben. Das ist bei den Entfernungen in unserem Gau eben nur durch Gastspielreisen innerhalb des Gaugebietes möglich. Obzwar die drei Gaubühnen, die ja auch der Intendanz des Tiroler Landestheaters unterstehen, ständig unterwegs sind, hat es sich als äußerst wünschenswert herausgestellt, wenn das Landestheater selbst mit solchen Stücken in die Kreisstädte geht, die ihrer Art nach von den Spielscharen der Gaubühnen nicht aufgeführt werden können.“

Natürlich hatten auch Franz Lehárs Operetten im Innsbrucker Repertoire ihren fixen Platz. Ende November 1940 brachte das Tiroler Landestheater Lehárs berühmtes Land des Lächelns in einer Neuinszenierung heraus. Eine festliche Aufführung des populären Werks zu Gunsten des 2. Kriegswinterhilfswerks bildete Anfang Dezember 1940 zugleich die Abschiedsvorstellung für Musikdirektor Max Köhler, nachdem er dreißig Jahre in Innsbruck künstlerisch tätig gewesen war (Innsbrucker Nachrichten vom 6. Dezember 1940, Seite 4; vgl. eine ausführliche Würdigung des Wirkens von Max Köhler in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Dezember 1940, Seite 3).

Auf Ralph Benatzkys musikalischen Lustspiel Meine Schwester und ich, das nach Meinung der Innsbrucker Nachrichten vom 16. Dezember 1940 (Seite 6) dem Komponisten vor allem „zwischen Inflation und Wirtschaftskrise Gelegenheit gab, damals viel gesungene Schlagerlieder herauszubringen“, folgte als „Weihnachtsoperette“ wieder vor voll besetztem Haus Lauf ins Glück von Fred Raymond, ein „schmissiges“ Werk, das der Komponist anlässlich der Berliner Olympiade 1936 komponiert hatte und das Ottomar Mayr für das Tiroler Landestheater neu bearbeitete und gestaltete. Über die Premiere berichten die Innsbrucker Nachrichten vom 17. Dezember 1940, Seite 7: „Die musikalische Leitung hat Werner Gotsch, der ein gutes Zusammenspiel zwischen Bühne und Orchester ermöglicht und uns die schöne Lisa und die dumme Liebe unwiderstehlich an und ins Herz legte. Die Bühnenbilder Wolf-Georg Reuthers als Gast gefielen ebenso wie der Chorgesang, für den Hermann Keis verantwortlich zeichnete. Die Tanzeinlagen bewiesen wieder, daß wir in Käte [!] und Fred Serno ein Meisterpaar besitzen, dem wir immer wieder dankbar Beifall zollen. Zu ihnen gesellt sich die liebenswürdige Gerti Simpel als Dritte im Bunde. Die Pantomime Der Traum des Spielers verdient besonders genannt zu werden, denn damit bot Fred Serno eine ausgezeichnete Tagesleistung, und es bleibt nur ein kleines Bedauern darüber übrig, daß die ernste Wirkung dieses Tanzes von der schier endlosen Reihe grotesker Einfälle während des Laufs ins Glück überdeckt wurde. Aber eine Operette soll ja heiter stimmen, und dieser Aufgabe wurden alle Beteiligten gerecht, nicht zuletzt die Mädel vom Ballett.“

Für Kindervorstellungen mit „deutschen Märchen“ war es der Intendanz wie schon 1939 gelungen, eine Märchenbühne zu verpflichten. Die „Heimatspiele Deutscher Märchen“ waren mit Hänsel und Gretel in der Spielform eines „Kindermärchens mit Gesang und Tanz“ zu Gast in Innsbruck. Als weitere Vorstellungen waren für Kinder als „Weihnachtsüberraschung“ angekündigt die Märchen Frau Holle, Rotkäppchen, Max und Moritz sowie Schneeweißchen undRosenrot (Innsbrucker Nachrichten vom 12. Dezember 1940, Seite 8).

Unter den Gastspielen 1940 ragt besonders der Auftritt des Filmschauspielers, Regisseurs und Produzenten Georg Alexander (1888-1945) heraus, der am 22. und 23. April 1940 mit eigenem Ensemble und dem Stück Am Teetisch von Karl Sloboda im Tiroler Landestheater, mit „reichem Beifall quittierte“ Vorstellungen bestritt (Innsbrucker Nachrichten vom 24. April 1940, Seite 5). Der tänzerische Nachwuchs der Tanzschule Fini Pointner präsentierte sich im Juli und Dezember 1940 mit einem anmutigen Programm.

Anlässlich des Kreisappells in Innsbrucks, bei dem nach einem Vorbericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Juli 1940 (Seite 3) „mehr als 60 Standschützenmusikkapellen vor ihrem Landesoberstschützenmeister, Gauleiter Hofer, vorbeimarschier[t]en“, fand „im Anschluß an die Feierstunde und an das Treuegelöbnis der Politischen Leiter“ eine „Festaufführung“ des Dramas aus den Bauernkriegen Florian Geyer von Gerhart Hauptmann im Tiroler Landestheater statt, „als Gesamtspiel des Staatlichen Schauspielhauses München“. Die Einladung der renommierten Münchner Gäste und die Stückwahl hatten dem Anlass entsprechend eine ideologiekonforme Intention: „Aber nicht nur in der Pflege heimatlichen Volkstums erschöpft sich die festliche Gestaltung des Kreisappells der NSDAP., sie will vor allem auch die Verbundenheit des Gaues Tirol-Vorarlberg mit der großdeutschen Kultur betonen […]. In Tirol, dem Lande, in welchem ein Michael Gaismayr die Flamme des Aufruhrs der freien Bauern gegen die Willkür der Geistlichkeit, des Adels und der Grundherren entzündet hat, soll nun das Kampflied des deutschen Bauernkrieges erklingen. Florian Geyer trägt die Idee der Freiheit des Volkes hinaus in die Zeit. Für diese Idee gibt er alles hin, auch das Leben. So wurde auch er zum Künder einer tausendjährigen deutschen Sehnsucht, nach der Freiheit und Einheit des Reiches. Erschüttert von der gewaltigen Sprache des Schicksals erkennen wir, daß es unserer Generation vorbehalten ist, heute, in dieser Zeit, in diesen Tagen und Stunden die Vollendung deutscher Sehnsucht miterkämpfen und erleben zu dürfen. – Florian Geyer wird in der glanzvollen Originalbesetzung, die zum Tag der deutschen Kunst vor dem Führer gewählt worden war, über die Bühne unseres Landestheaters gehen.“


Exl-Bühne

Die Exl-Bühne war das Aushängeschild der großen Tradition Tirols im Bereich des Volksschauspiels: „Die Exl-Bühne kann schlechthin als Musterbeispiel wahrer, echter und schollenverbundener Bühnenkunst genannt werden“, schreibt Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Juli 1940, Seite 8. Ihr Repertoire umfasste vor allem Stücke, die Schicksale und Gestalten zeigten, mit denen sich die Darsteller selbst identifizieren konnten. Treffend bemerkt daher Dr. Pichler im genannten Artikel: „Man muß diesen Gau und seine Menschen kennen, um das gewaltige Künstlertum der Exl-Bühne ganz zu begreifen. Kaum stärker als in Tirol sind anderswo die Menschen durch ihre Umgebung gestaltet. So hart wie die Natur, so aufstürmend in Felsen und Zacken, so sind sie selbst, klobig, hart, treu, unwandelbar […]. Und wenn jemand das Wort findet, diese Fülle zu gestalten, wie etwa ein [Karl] Schönherr, dann erleben die, die es begreifen können, jene Größe, die gerade eben auch aus Schönherrs Dramen spricht: die in Wahrheit große Einheit von Härte und Güte, mit der man den deutschen Stamm der Tiroler zu charakterisieren vermag: mit dieser Einheit, die Liebe und Reinheit in einer harten Schale birgt. Wir können niemals den künstlerischen Wert der größten Heimatbühne der Ostmark, der Exl-Bühne, voll werten, würden wir nicht die Künstler selbst gleichsam als Prototypen ihres Landes verstehen.“

Mit ihrem Programm und dessen idealtypischer Umsetzung waren die Mitglieder der Exl-Bühne so zugleich elitäre Botschafter der Ideologie. Das Wirken der Tiroler Schauspieler beschränkte sich jedoch nicht auf ihre Heimat, wo sie durch die weitgehend lokalgebundene Stoffwahl entsprechende Resonanz beim Publikum erreichten, sondern ihr Spieltopos von heimatlicher Apotheose fand nicht zuletzt aufgrund der großartigen darstellerischen Leistungen auch überregional Anerkennung und Begeisterung. Bevor die Exl-Bühne im Sommer 1940 wieder die Sommerspielzeit im Tiroler Landestheater gestaltete, unternahm sie eine Theatertournee. „Die Reihe der Gastspiele begann am 9. April [1940] am Ständetheater in Prag, wurde dann im Sudetenland fortgesetzt und in der Slowakei beendet“ (Innsbrucker Nachrichten vom 13. Juli 1940, Seite 7). Diesem als ehrenvoll geltenden Einsatz im Dienst nationalsozialistischer Propagandamaßnahmen wird in den Innsbrucker Nachrichten(ebd.) besondere ideologische Relevanz beigemessen: „Diese Gastspielreise der Exl-Bühne war vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda veranstaltet und konnte wieder einmal den Beweis erbringen, daß das Theater und vornehmlich das volkstümliche, Bindeglied aller Volksgenossen und Stämme untereinander ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn dieses Theater unseren auslandsdeutschen Brüdern zum Sendboten und Gruß der Großdeutschen Heimat wird.“

Eine Vorschau über das Programm der Exl-Bühne während ihrer Innsbrucker Sommerspielzeit ist in den Innsbrucker Nachrichten vom 2. Juli 1940 (Seite 7) enthalten:

„Die Exl-Bühne eröffnet am kommenden Sonntag, den 7. Juli, die heurige Sommerspielzeit im Landestheater. Als Eröffnungsvorstellung gelangt eine vollständige Neuinszenierung (in teilweiser Neubesetzung) des bäuerlichen Lustspiels Der Ehestreik von Julius Pohl zur Aufführung. Der Spielplan der ersten Woche umfaßt weiterhin folgende Werke: Straßenblut, Schauspiel von Hans Renz; Erde von Karl Schönherr; Der Wirt an der Mahr, Volksstück aus den Tiroler Befreiungskämpfen von Hans Renz, und als Neuheit Rätsel um Rosel, eine heitere Dorfbegebenheit in drei Aufzügen von Julius Pohl.“

Über den weiteren Spielplan informiert eine Aufstellung in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Juli 1940, Seite 7:

Heute, Samstag, zum ersten Male und morgen Sonntag, als erste Wiederholung der große Lacherfolg Rätsel um Rosel, eine heitere Dorfbegebenheit in drei Akten von Julis Pohl. Für die kommende Woche ist folgender Spielplan festgesetzt: Montag [15. 7. 1940]: Anzengruber-Abend Der Meineidbauer; Dienstag [16. 7.]: Der Ehestreik; Mittwoch [17. 7.]: die Neuheit Rätsel um Rosel; Donnerstag [18. 7.]:Straßenblut, Schauspiel von Renz; Freitag [19. 7.]: aus Kranewitters Einakterfolge Die sieben Todsünden: Der Joch (Trunksucht), Der Med (Trägheit), Der Giggl (Hochmut). Samstag [20. 7.] und Sonntag [21. 7. 1940] zum ersten Male in dieser Spielzeit und teilweiser Neubesetzung: Spiritus (Wenn Tote lachen), Komödie in drei Akten von Rudolf Brix.


Gaubühnen Tirol-Vorarlberg

Die beiden Gaubühnen waren als Wanderbühnen organisiert, die anknüpfend an die große Tradition des Tiroler Volksschauspiels im ganzen Gaugebiet unterwegs waren, mit der Intention, durch Berufsschauspieler eine Vorbildwirkung zu erzielen und in der Programmwahl der Stücke die nationalsozialistischen Bestrebungen der vollkommenen Einbindung aller volkskulturellen Äußerungen in die Parteiideologie voranzutreiben. Dr. Kurt Pichler schreibt in seinem Beitrag „Bühnenkultur bis ins letzte Dorf“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. März 1940, Seite 5, über das ideologiebedingte Vermittlungsprogramm: „Die Bühnenstücke werden aus der Sphäre bäuerlicher, urgesunder, in Heimat und Scholle verwurzelter Art gegriffen. Die Bewohner der Dörfer, die Bauern unseres Gaues sollen hier auf der Bühne ihr eigenes Schicksal wieder finden, Menschen ihres Schlages sollen die tragenden Rollen spielen.“

Neben diesem über die Brücke der Identifikation erreichten Zugang einer entsprechenden Akzeptanz ideologischer Beeinflussung der Landbevölkerung wurde mit dem Wirken der Gaubühne noch eine andere Aufgabe eher realpolitischer Art verknüpft: Man wollte der Landflucht entgegenwirken, vor allem mit Theaterstücken, deren Inhalt diese Problematik bildhaft eindringlich vergegenwärtigen konnte. Als besonders geeignet dafür erschien Ludwig Thomas Magdalena. Die Bauerstochter „Magdalena“ verlässt das Vaterhaus und zieht in die Stadt, wo sie „in Schande“ fällt. „Im grellen Licht zeichnet Ludwig Thoma das Schicksal eines Menschen, der den Boden verläßt, auf den ihn Ahnen gesetzt.“ Theater also mit dem drohenden Zeigefinger: „Es soll dort, wo es notwendig ist, wachrütteln“ (Kurt Pichler in Innsbrucker Nachrichten, 9. 3. 1940, S. 5).

Über das Programm der Gaubühnen Anfang 1940 informiert ein Bericht von A. Eckert in den Innsbrucker Nachrichten vom 16. Jänner, Seite 5: „Die Gaubühne 2 bringt als nächstes Stück aus dem Einakter-Zyklus von Franz Kranewitter Die sieben Todsünden, die drei Einakter Der Gafleiner (Der Neid), Der Joch (Die Trunksucht), Der Naz (Der Geiz). Für die Tiroler literarische Entwicklung bedeutet der Heimatdichter Franz Kranewitter nicht weniger als Gerhart Hauptmann für die gesamtdeutsche Dramatik. Kranewitter ist ein Meister des realistischen Dramas und stellt uns mit seinen kantigen, wie aus Holz geschnittenen Figuren ungeschminktes Leben ins unerbitterlich grelle Rampenlicht. Die Laster, die uns Kranewitter mit erschütternder Unmittelbarkeit vorführt, beziehen sich etwa nicht nur auf das dörfliche Leben der Bauern. Was hier gezeigt wird, soll allgemein gültiges Mahnmal für alle Menschen in Stadt und Land sein, das die verheerenden und sich selbst verzehrenden Wirkungen ungezügelter menschlicher Leidenschaften aufzeigt.

Die Gaubühne 1 bringt als nächsten Stück Krach um Jolanthe, eine Bauernkomödie in drei Akten von August Hinrichs. Ueber 400mal, das ist länger als ein Jahr, ist dieses vom fröhlichsten Humor getragene Lustspiel im Lessingtheater in Berlin Abend für Abend vor ausverkauftem Haus über die Bretter gegangen und hat gleichzeitig einen Siegeszug sondergleichen über alle deutschen Bühnen angetreten. Und das hat seinen guten Grund: Selten hat ein Autor eine so sichere Hand für alle Elemente einer volksechten und unterhaltenden Bauernkomödie bewiesen, und nur selten sind bäuerliche Menschen so fein, so humorvoll und lebenswahr gezeichnet worden. August Hinrichs ist Norddeutscher und der Krach um die Sau Jolanthe spielte sich in der Originalfassung des Stückes ebenfalls in Norddeutschland ab. Bald aber ging man daran, auch eine süddeutsche Fassung herauszustellen und der Erfolg war durchschlagend. Ob in München oder Hamburg, in Stettin oder in Wien – überall erfreute man sich in gleichem Maße an dem erfrischenden Humor dieses Stückes, das so sehr im deutschen Bauerntum verwurzelt ist, daß es in allen Gauen des Reiches den gleichen Anklang findet.“

Alle diese Unternehmen verbanden sich auch mit den Bemühungen der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude, angesichts des Krieges den Wehrmachtsangehörigen kulturelle Betreuung zukommen zu lassen. Im Herbst 1939 waren solche Aktivitäten, wo an den Standorten der Wehrmacht durch Theatervorstellungen, Varietévorführungen und sonstige Darbietungen aller Art „Entspannung und Erholung“ vermittelt werden sollte, noch auf das Gaugebiet beschränkt. Im Jänner 1940 bildete sich aber auf Initiative von Gauleiter Hofer eine Gruppe „von heimischen Künstlern“, die dazu ausersehen war „unsere Soldaten, die bei den Gebirgstruppen im Westen stehen“, zu besuchen, um ihnen „in einer Anzahl von Vorstellungen durch heimische Volkskunst in Wort, Lied und Tanz die Grüße der Heimat [zu] überbringen“ (Innsbrucker Nachrichten vom 19. Jänner 1940, Seite 4).

Teilnehmer dieser volkskulturellen Delegation waren „P[artei]g[enosse] Ing. Max Depolo, der Mundartdichter und Kaiserjägersänger, der Innsbrucker Lautensänger Toni [!] Berktold, die beiden Jodlerinnen Frl. Hepperger [!] aus Thaur [laut Franz Pisecky in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Mai 1940, Seite 6 „der allseits bekannte Vater Höpperger aus Thaur mit seiner Tochter Hanni] und Frl. Klingenschmied von unserer Gaubühne, eine fünf Mann starke Tiroler Bauerkapelle [Dielustigen Felsenmander aus Thaur] und schließlich die Mundartgruppe der Gaubühne Tirol-Vorarlberg unter Leitung von P[artei]g[enossen] Klingenschmied. Die Führung der gesamten Spielgruppe hat Gaufeierabendwart Pg. Gustav Fritz übernommen“ (Innsbrucker Nachrichten vom 19. Jänner 1940, Seite 4).

Über die Konsequenzen für den weiteren Spielplan der Gaubühnen melden die Innsbrucker Nachrichten vom 25. Jänner 1940, Seite 6, dass „die Gaubühne 2 zu Wehrmachtsvorstellungen an die Westfront abberufen“ wurde und man daher zahlreiche Vorstellungstermine absagen oder ändern musste: „Die angesetzten Wehrmachtsvorstellungen werden von der Breinößl-Bühne durchgeführt und zwar [am]: 29. Jänner Imst, 19 Uhr, 30. [Jänner] Hall, 20.30 Uhr, 31. [Jänner] Innsbruck, 16.30 und 20.30 Uhr.“

Auf Wunsch von Gauleiter Hofer und unter seinem Ehrenschutz fand am 4. Mai 1940 im Großen Stadtsaal Innsbruck ein „Bunter Abend“ statt, bei welchem die an der Fahrt zur Westfront „beteiligten Künstler und Künstlerinnen ein Programm vorführten, das genau dem entsprach, das so oft bei den Feldtruppen zur Aufführung kam“. Über den Zweck des Bunten Abends schreibt der Gaupresseamtsleiter Franz Pisecky weiter: „Die Veranstaltung, deren Erträgnis der Betreuung unserer Feldsoldaten gewidmet ist, sollte den Innsbruckern Gelegenheit geben, durch ihren Besuch Darstellern und Vortragenden ihren Dank dafür abzustatten, daß sie ungescheut aller Mühen unseren Brüdern und Söhnen im Westen so viel frohe Stunden bereitet hatten, von denen diese noch lange, lange in schöner Erinnerung zehren, wie aus vielen Feldpostbriefen, die heute noch in die Heimat gelangen, hervorgeht.“

Kreisleiter Dr. Primbs begrüßte als Gastgeber den Gauleiter und die Besucher des Abends. Den folgenden Programmablauf, der weitgehend der annähernd standardisierten Form der vielfach üblichen „Kameradschaftsabende“ entsprach, schildert Franz Pisecky: „[Nach] einem einleitenden Musikstück der Thaurer erntete Hanni Höpperger mit ihren Jodelliedern, bei denen sie ihr Vater begleitete, reichen Beifall. Vater Höpperger hatte dann auch als Solist, der das Hölzerne G’lachter (gemeint ist das Instrument Holz auf Stroh) bearbeitete, den Erfolg auf seiner Seite. Im Rahmen einer solchen Veranstaltung ist es eigentlich schon eine Selbstverständlichkeit, daß P[artei]g[enosse] Max Depolo mit der Filmschlacht am Lemmenhof wieder einmal die Lachmuskeln anstrengte. Viel beklatscht sang dann Lautensänger Berchtold [sic, vgl. o. „Toni Berktold“ in Innsbrucker Nachrichten 19. 1. 1940, S. 4; richtig (?) „Robert Berktold (*1890)] seine Lieder, darunter auch das Kabinettstück von der ‚alten Malerrechnung’. Die gehobene Stimmung, in der sich das Publikum nach diesen Darbietungen befand, hielt in stets gesteigertem Maße während des darauffolgenden Schwankes Alles in Ordnung an. Die Darsteller Gustav Klingenschmid, Frau Mitzi und Grete Klingenschmid, Resi Lüftinger, Herbert Nigg und Gustav Burger fanden auch an dieser Stelle ein Publikum, das erfreut die saftig gebrachte Komik der Posse hinnahm […].“

Die Gaubühne III, die die Breinößl-Bühne in Innsbruck mit belustigenden Volksstücken bespielte, traf im Sommer 1940 ebenso das Los der Wehrmachtsbetreuung. Die Innsbrucker Nachrichten vom 19. Juli 1940, Seite 5, berichten hierzu: „Am Donnerstagnachmittag [18. Juli 1940] gab es auf dem Innsbrucker Hauptbahnhof einen nicht alltäglichen Abschied. Die Mitglieder unserer Gaubühne III unter der Leitung von Albert Peychär, die bisher insbesondere von ihrem Wirken in der Breinößlbühne bekannt ist, sind auf Nordlandreise gezogen, um unseren Truppen in Norwegen Freude, Unterhaltung und Entspannung zu bringen. Die Bühne hat ja schon ihre langmonatige Erfahrung mit den Soldaten der Standorte unseres Gaues, von denen sie im Auftrage der Soldatenbetreuung der Wehrmacht, die durch die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude durchgeführt wird, schon oft mit durchschlagendem Erfolg gespielt hat. Auch in Norwegen werden nun Die drei Eisbären, Alles in Ordnung, Der siebte Bua, Liebe, wie’s im Büchl steht, Die drei Dorfheiligen und Liebe macht blind über die Bretter gehen und den ostmärkischen Truppen fern der Heimat eben diese Heimat nahe bringen. Die zwölf Mitglieder unserer Mundartwanderbühne und die dazu gehörende Jodlertruppe haben zunächst eine weite Reise vor sich, ehe sie vor den Soldaten in Norwegen spielen können […]. In Norwegen wird sich die Gaubühne dann acht Wochen lang aufhalten. Sie wird teils mit dem Schiff, teils mit der Bahn und teils über die Landstraßen von Norden nach Süden unsere dort stehenden ostmärkischen Truppen besuchen. – Was für die Innsbrucker in diesem Zusammenhang natürlich nicht unwichtig ist: an der Breinößlbühne wird weitergespielt, und zwar wird die Spielschar der Gaubühne II auftreten.“


Breinößl-Bühne

Die Breinößl-Bühne im gleichnamigen Innsbrucker „Großgasthof“ war ursprünglich nahezu ausschließlich urwüchsigen, eher derben ländlichen Volksstücken gewidmet, hatte mit der Übernahme der Spielleitung und Repertoiregestaltung durch die Gaubühne sich aber im Niveau steigern können. Die programmatische Grundkonzeption mit Themen aus dem ländlichen, bäuerlichen Bereich blieb zwar weitgehend erhalten, gewann jedoch in seiner Darbietungsweise und inhaltlich an Professionalität. Mit Stücken wie Drei von der Front und Flori rückt ein wurde thematisch auf den Sondereinsatz im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung Rücksicht genommen. Auch Paradestücke der Gauwanderbühne, etwa Der Etappenhase, waren Teil des erfolgssicheren Programms. Lachschlager, darunter Der verkaufte Großvater von Franz Streicher, fanden sich neben ländlich-sentimentalen Idyllen wie die Genre-Klassiker Der Herrgottschnitzer von Ammergau oder Der Jäger vom Fall, beide von Ludwig Ganghofer. Mit der lustigen Dorfkomödie Die Probenacht von Julius Pohl beendete die Breinößlbühne am Pfingstsonntag [11. Mai 1940] ihre Spielzeit 1939/40.

Bereits im Juli 1940 wurde die Breinößl-Bühne wieder aktiv, mit einer Aufführung des ländlichen Lustspiels Wer’s glaubt wird selig von Anton Maly. Darauf folgten die Kassenfüller Alles in Ordnung von Maximilian Vitus und Der Weibertausch von Richard Manz und Georg Stöger-Ostin. Über den fröhlich unbeschwerten Inhalt, der über die Lebensängste der bedrohlichen Zeitumstände hinweghelfen sollte – insbesondere bei den Soldaten, die in der Heimat auf ihren Fronteinsatz warteten, gibt die Beschreibung einer Aufführung der „Bauernposse“ von Veri Geisenhofer Geh, mach die Fensterl auf in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. November 1940, Seite 8, Zeugnis:

„Wie in zahlreichen anderen ländlichen Lustspielen bildet auch in der Bauernposse Geh, mach dei Fensterl auf! von Veri Geisenhofer, die von den Darstellern der Breinößl-Bühne spritzig wiedergegeben wird, das ‚Fensterln’ den Mittelpunkt einer humorvollen Handlung, die den Besucher nicht aus dem Lachen kommen lässt. Man kann es dem Korbi (Leo Gasser) nicht verargen, nachdem er bei der Leni (Resl Lüftinger) einige Male abgeblitzt war, daß er sein Leiterl schließlich beim Kammerfenster des hübschen Stadtfräuleins (Eva Volkmer) anlehnt. Da dieses aber, wie es sich später herausstellt, seine Schwester ist, wendet sich doch noch alles zum Guten. Die Leni erhält ihren Korbi, die Mitzi, das Stadtfräulein, den Sohn des Bachleitners, der ihren schönen Augen zuliebe den Studentenfrack an den Nagel hängt, in die ‚Lederne’ schlüpft und den Pflug zur Hand nimmt. Um die beiden Liebespaare bewegen sich aber noch andere komische Gestalten, wie der lustige Wirt Zum blauen Bock und dessen Weib, der alte Wastl und der Bürgermeister. In die Bauernposse (Spielleitung: Albert Peychär) sind erstmals Gesangsduette und Soloeinlagen eingestreut. In den Pausen Stimmungsmusik der Kapelle Fred Fordan. Die Zuschauer verbringen einen wirklich vergnügten Abend.“


Konzerte in Innsbruck

Gemäß dem ideologiebedingten Kulturauftrag brachte das erste Symphoniekonzert der Innsbrucker Konzertgemeinde des Jahres 1940 am 19. Jänner ausschließlich Werke deutscher Komponisten. Dabei wurde besonders dem nationalsozialistischen „Meister“ Josef Reiter mit der Aufführung eines Satzes seiner Goethe-Symphonie, die er 1931 Adolf Hitler gewidmet hatte, Reverenz erwiesen. Das Konzert enthielt weiters die Burleske für Klavier und Orchester von Richard Strauss, sowie Beethovens Coriolan-Ouvertüre und als Hauptwerk die 1. Symphonie von Johannes Brahms.

Im April 1940 bekamen endlich ehemalige Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tiroler Komponisten – sie war 1938 aufgelöst worden – die lang ersehnte Gelegenheit, sich mit Werken im Rahmen eines prestigeträchtigen Symphoniekonzertes zu präsentieren. Im Vorbericht der Innsbrucker Nachrichten vom 11. April 1940 wird diese Initiative wie folgt begründet: „Wenn Musik als lebendiges Element der Kultur wirken soll, müssen Musikpflege und Musikschaffen, sich gegenseitig befruchtend, Hand in Hand gehen.“ Damit war den Komponisten ein schöpferischer Kollektivismus auferlegt, dem sie unterworfen waren, wenn sie mit ihrem Werk öffentlich akzeptiert werden wollten. Teilweise war diese ideologische Norm keine Behinderung der Schöpferkraft, weil sie ohnehin den künstlerischen Auffassungen der Komponisten entgegen kam, etwa bei Josef Eduard Ploner und Artur Kanetscheider. Bei anderen wiederum bedeutete diese Einengung der schöpferischen Entfaltung sicherlich eine Beschneidung des Talents, etwa bei Emil Berlanda oder bei Karl Senn. Beim Innsbrucker Symphoniekonzert am 12. April 1940 wurden mit Ausnahme von Berlandas Variationen über ein Thema von W. A. Mozart für Orchester allerdings ausschließlich Kompositionen gespielt, deren Entstehung teilweise weit vor die Zeit des Nationalsozialismus zurückreichte.

Die Konzertsaison 1939/40 schloss im Mai mit einem illustren Programm. Es umfasste neben Franz Schuberts „Großer“ C-Dur-Symphonie das Konzert für Violoncello und Orchester in G-Dur op. 42 von Hans Pfitzner mit dem renommierten Solocellisten Ludwig Hoelscher und Tschaikowskys populäre symphonische Dichtung Romeo und Julia. Dr. Ehrentraut Straffner bewunderte in ihrer Rezension in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Mai 1940 (Seite 7) vor allem die Leistung des Orchesters unter seinem Dirigenten Fritz Weidlich: „Die Voraussetzung für diese mustergültige Aufführung war freilich die Tatsache, daß unser verstärktes Orchester derzeit in einer Form ist, die bisher kaum erreicht wurde und die die Auswirkungen der sorgsamen Probenarbeit eines ganzen verflossenen Jahres darstellt.“

Mit der Konzertsaison 1940/41 kam es zu einigen grundsätzlichen Neuerungen. Das Städtische Orchester wurde in Tiroler Landes-Symphonieorchester umbenannt. Damit fanden die Zentralisierungsbestrebungen, wie sie im Tiroler Landestheater bereits realisiert worden waren, im Innsbrucker Konzertleben ihre Fortsetzung. Die treibende Kraft hinter diesen Vorhaben war vermutlich Max Alexander Pflugmacher als Intendant des Tiroler Landestheaters, der im Zuge der Neuregelung die verantwortliche Gesamtleitung aller offiziellen musikalischen Aktivitäten in Innsbruck übertragen erhielt. Musikdirektor Fritz Weidlich behielt noch die künstlerische Leitung des Orchesters. Geplant wurden sechs Symphoniekonzerte im Großen Stadtsaal. Im Konzertsaal der Städtischen Musikschule waren vier „Kammerabende“ vorgesehen, weiters eine Reihe von „außergewöhnlichen“ Konzerte, womit vor allem der Auftritt von auswärtigen Künstlern gemeint war.

Angesichts des Krieges wurde der emotionalen Kraft der Musik ideologisch noch mehr Bedeutung beigemessen: Dr. Siegfried Färber, der Dramaturg des Tiroler Landestheaters, schreibt in seiner Konzertvorschau in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Dezember 1940, Seite 4 dazu: „Die Musik hat in schweren Zeiten eine noch viel wichtigere Aufgabe als in normalen: Sie ist gleichsam unwirkliche Kunst, jene, die am unmittelbarsten das Gemüt und die Seele des Menschen anspricht.“ Aus diesem Grund „vermag sie wie keine andere Kunst den Menschen zu erheben, zu stärken und zu trösten, auch zu entspannen“. Der ideologiestärkende Wert von Konzerten sei evident. „Unsere Staatsführung hat daher heute mit vollem Recht auf die Pflege der Musik ihr besonderes Augenmerk gerichtet.“ Die Gestaltung des Konzertprogramms benötige aber entsprechende ideologiegerechte Sorgfalt: „Die hohen Zwecke, denen die Musik gerade in unseren Tagen dient, fordern eine Programmgestaltung, die alles beiseite läßt, was sich seiner Haltung nach nicht mit der Größe der Zeit verträgt. Aufwühlendes, Problematisches oder Experimentelles hat jetzt keinen Platz im Konzertprogramm.“ Nach solch ideologischen Prinzipien wurde das erste Konzert der neuen Saison (am 6. Dezember 1940) mit Kompositionen elitärer deutscher und russischer Meister im doppelten Sinn „programmatisch“ ausgerichtet. Tschaikowsky mit seinem berühmten Klavierkonzert in b-moll, gespielt von Friedrich Wührer und Nikolaj Rimskij-Korsakovs Scheherazade fanden gezielt Aufnahme im Programm, weniger wegen ihrer Popularität als in offenkundiger Reverenz der politischen Annäherung zwischen Deutschland und Russland, wie sie durch den Abschluss des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts vom 24. April 1939 und vor allem des deutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrags vom 28. September 1939 eingeleitet wurde. Deutschland war mit dem Vorspiel zu Tristan und Isolde von Richard Wagner und mit der symphonischen Dichtung Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss bestmöglich repräsentiert. Dr. Ehrentraut Straffner hält zum Konzertereignis in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. Dezember 1940, Seite 5 fest:

„Die Gestaltung des Innsbrucker Konzertlebens hat im vergangenen Herbst [1940] eine Neuordnung erfahren, die in der Zentralisation der Leitung nicht nur eine straffere Führung gewährleistet, sondern die auch – der ausgezeichnete Besuch des ersten Symphoniekonzerts am 6. Dezember bewies es – durch eine großzügig und klar durchdachte Anrechtswerbung neuen Schwung in die äußere Durchführung brachte […]. Die Vortragsfolge des ersten, als festliche Eröffnung der in neue Bahnen gelenkten Konzerttätigkeit angesetzten Symphoniekonzertes brachte Musik aus dem Zeitalter Richard Wagners. Unser verstärktes Landessymphonieorchester ist heute groß genug, sich an solche Aufgaben zu wagen. Der Streicherkörper scheint uns fülliger, satter im Ton als im Vorjahre, und er ist durch fleißige Probenarbeit auch in einer Weise diszipliniert, die alles Lob verdient. Auch die einzelnen Bläserchöre sind zum Teil mit alten, zum Teil mit neu zugezogenen Kräften ausgezeichnet besetzt, so daß es nur weniger auswärtiger Gäste bedurfte, um Richard Strauß’ Till Eulenspiegel mit seinen zum Solistischen sublimierten Orchesteransprüchen in würdiger Form herauszubringen.“


Kammerkonzerte

In der Reihe der „Kammerkonzerte“ im Konzertsaal der Städtischen Musikschule, die die Konzertgemeinde der Stadt Innsbruck veranstaltete, wurde gleichermaßen bevorzugt deutsches Repertoire gepflegt. So brachte das Innsbrucker Streichquartett (Konzertmeister Roman Wisata, Josef Drevo, Friedl Hasslwanter und Max Becke) im Februar 1940 Beethovens Streichquartett in f-moll op. 95 und Anton Bruckners Streichquintett in F-Dur zur Aufführung, bei dem August Pioro (2. Viola) als Gast mitwirkte. In einem weiteren Konzert am 18. März 1940 veranstaltete „die kammermusikalische Vereinigung der Lehrer der Musikschule unserer Gauhauptstadt, die vor kurzem als Innsbrucker Streichquartett mit sehr großem Erfolg konzertierte“, einen Trio-Abend im Rahmen der Unternehmungen der Städtischen Konzertgemeinde. Pianist war Musikdirektor Fritz Weidlich. Gespielt wurden Klaviertrios von Joseph Haydn, Franz Schubert und Antonín Dvořáks berühmtes Dumky-Trio (Innsbrucker Nachrichten vom 16. März 1940, Seite 5).

Außerhalb der regulären Konzertreihe fand ein Kammerkonzert zum Tag der Hausmusik statt. Diese Veranstaltung stand 1940 im ganzen Reich im Zeichen Franz Schuberts. Diese Wahl „ist unabhängig von der Gelegenheit irgend eines Gedenktages in der Einsicht gegeben worden, daß wohl der Name keines deutschen Meisters so innig mit dem Begriffe der Hausmusik verbunden ist wie der Schuberts“, so Dr. Ehrentraut Straffner in den Innsbrucker Nachrichten vom 21. November 1940, S. 7. Zum Verlauf des Konzerts schreibt sie: „Zwei der bedeutendsten Kammermusikwerke des großen Wiener Meisters, das Streichquartett Der Tod und das Mädchen sowie das große Streichquintett in C-dur, op. 136, erfuhren durch das Streichquartett der Münchner Staatsoper eine so harmonisch ausgeglichene, aus dem Urquell der Musik erfühlte Aufführung, daß alle Zuhörer – der Saal war bis zum letzten Plätzchen besetzt – einfach mitgerissen wurden […]. Zur Auflockerung der Vortragsfolge sang Margot Köchlin vier Lieder, das Gretchen am Spinnrad, Du bist die Ruh, Lachen und Weinen und Der Schmetterling von Schubert. Margot Köchlin, die gefeierte Sängerin unseres Landestheaters, die heuer von der Operette zur Oper aufgestiegen ist, verspricht im Konzertsaal ebenso gefeiert zu werden wie auf der Bühne. Die Begleitung der Lieder besorgte Direktor Fritz Weidlich mit der führenden Sorgfalt, die wir von ihm gewohnt sind.“

Diesem Abend war im November 1940 ein weiteres Kammerkonzert des Innsbrucker Streichquartetts unter Mitwirkung von Fritz Weidlich am Klavier vorangegangen. Neben Mozarts Streichquartett „in D-Dur“ wurden dabei gemäßigt „moderne“ Kompositionen dem Konzertpublikum als Raritäten präsentiert, so der Phantastische Reigen von Julius Weismann und das Klavierquintett op. 12 von Vítězslav Novák aus den Jahren 1896/97. Die Aufführung eines Werks von Julius Weismann (1879-1950) hatte ideologische Hintergründe, war der Komponist doch ab 1934 einer der Ehrenvorsitzenden des Arbeitskreises nationalsozialistischer Komponisten.

Der erste reguläre Kammerabend der Konzertgemeinde des Tiroler Landestheaters im Dezember 1940 brachte eine Begegnung mit zwei überregional erfolgreich tätigen Tiroler Künstlerpersönlichkeiten, dem Pianisten Josef Pembaur d. J. und dem aus Bozen gebürtigen Geiger und Konzertmeister Josef Peischer, die beide in München wirkten. Im Mittelpunkt des Abends stand die Wiedergabe der Sonate für Violine und Klavier in A-Dur op. 130 von Johannes Brahms.


Meisterkonzerte und Gastauftritte

Wiederum bereicherte eine Reihe von international angesehenen Künstlern das Innsbrucker Konzertleben. Bereits im Jänner 1940 konnten die Innsbrucker Musikfreunde das virtuose Geigenspiel von Váša Příhoda bewundern. Dr. Ehrentraut Straffner bringt die begeisternde Atmosphäre dieses Konzerts in ihrer Besprechung in den Innsbrucker Nachrichten vom 17. Jänner 1940 (Seite 5) zum Ausdruck: „Vasa Prihoda ist mehr als ein Virtuose, ist verantwortungsbewußter Künstler einer bemerkenswerten und beeindruckenden Form, das bewies sein Innsbrucker Konzert im Großen Stadtsaal am Montag. Zwar ist seine Technik von so verblüffender Leichtigkeit, so sicher und spielerisch im Ueberwinden auch atemberaubender Schwierigkeiten, daß ihm der Ehrentitel eines der größten Könner auf geigerischen Gebiet auch nicht eine Sekunde streitig gemacht werden kann; aber sein Wollen und Können geht darüber hinaus in die Bereiche rein geistiger Gestaltung. Das bewies nicht nur die Vortragsfolge des schönen, festlichen Konzertes, das neben wertvoller virtuoser Literatur – man hörte die vielbesprochene Teufelstriller-Sonate von Tartini und das D-dur-Konzert von Nicolo Paganini – auch Stücke einer so verinnerlichten Musikalität, wie beispielweise die d-moll-Sonate, op. 121, von Robert Schumann enthielt […]. So wurde der Abend für alle, die ihn hörten – und der Große Stadtsaal war nahezu ausverkauft – zur Freude und zum Erlebnis, und es war nur der selbstverständliche Ausdruck einer bewundernden Begeisterung, wenn Prihoda immer wieder und schier ohne Ende um Zugaben bestürmt wurde.“

Im Februar 1940 trat in der Reihe Meisterkonzerte im Großen Stadtsaal der Berliner Hochschulprofessor Winfried Wolf als Pianist auf, mit einem populären Programm, das die virtuosen Händel-Variationen von Johannes Brahms, Beethovens Mondschein-Sonate, Schumanns Kinderszenen op. 15 und schließlich Franz Schuberts Wanderer-Phantasie umfasste.

Mit einem Programm, das ausschließlich die berühmtesten Klaviersonaten Beethovens enthielt (Pathetique, Waldstein-Sonate, Mondschein-Sonate, Appassionata) präsentierte sich Professor Hans Wolf aus Augsburg dem Innsbrucker Konzertpublikum. Dr. Ehrentraut Straffner meint über diesen „Beethoven-Abend“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 13. September 1940, Seite 7:

„Für den kritischen Beobachter dieses Abends ergab sich vor allem eine bemerkenswerte und in hohem Maße erfreuliche Beobachtung: der ausgesprochen gute Besuch des Abends, der, da Professor Hans Wolf den Innsbrucker Musikfreunden als völlig Unbekannter gegenübertrat, allein auf die Zusammensetzung der Vortragsfolge zurückzuführen sein konnte und der also nicht mehr und nicht weniger besagte, als daß die Pflege guter und wertvoller sogenannter ‚schwerer’ Musik einem offen zutage tretenden Bedürfnis des Publikums entspricht. Der Besuch des Abends bewies es schlagend, daß auch der gewiß spröde und nicht gerade leicht bewegliche Innsbrucker nicht durch eine nur oberflächliche und lediglich der plattesten Unterhaltung dienende Pseudokultur zu gewinnen ist, sondern daß er nach handfesteren und gehaltvolleren Gaben, wie sie eben die ernste, die klassische Musik vermittelt, verlangt.“

Umso mehr bedauerte die Kritikerin, dass der Pianist den hohen Erwartungen nach einem elitären Kunstgenuss, den das Programm versprach, nicht gerecht wurde und eine eher enttäuschende Vorstellung bot: „Wir aber hätten gerade für diesen Abend eine größere und eindeutig gestaltende Persönlichkeit gewünscht, die über die bloße Wiedergabe hinaus diese einmaligen Großwerke unserer deutschen Klavierliteratur in diesem tiefen, einfachen und monumentalen Sinn wiedergegeben hätte, in dem sie längst als Gemeingut deutscher Kulturmächtigkeit im deutschen Volksbewußtsein ihren Platz haben.“

Zwei Liederabende gaben Kammersängerin Adele Kern und Kammersänger Gerhard Hüsch. Beide Veranstaltungen initiierte die Konzertunternehmung Johann Groß. Adele Kern brachte mit ihrem Klavierbegleiter Hans Altmann von der Münchner Staatsoper ein Programm, das mit Arien und Lieder von Mozart, Schubert, Brahms, Hugo Wolf, Richard und Johann Strauß ausschließlich und wahrscheinlich auch ausdrücklich auf nationale Identitätsbestärkung abgestimmt war. Gerhard Hüsch wurde bei seinem Liederabend mit Werken von Schubert, Wolf, Pfitzner und Yrjö Kilpinen im April 1940 von Fritz Weidlich am Klavier begleitet (Innsbrucker Nachrichten vom 20. 4. 1940, S. 8). Ebenfalls im Großen Stadtsaal gaben die Regensburger Domspatzen am 22. Juli 1940 ein viel beachtetes Konzert.

In einer Vorschau auf die Meisterkonzerte der Saison 1940/41 in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. September 1940 (Seite 6) wird darauf verwiesen, dass bei dieser Konzertreihe vor allem deutsche Künstler den Vorzug bekommen. Ausländische Solisten sollten nur „fallweise“ berücksichtigt werden. Eine solche Ausnahme bildete der Auftritt des berühmten spanischen Cellisten Gaspar Cassadó am 4. Oktober 1940. Er spielte Kompositionen von Mozart, Beethoven, Brahms, Schumann und Chopin, also eine weitgehend ideologisch angepasste Stückfolge. Ein weiteres Meisterkonzert der Konzertunternehmung Johann Groß stellte am 29. Oktober 1940 den „Berliner Meisterpianisten“ Professor Johannes Strauß, „der besonderen Namen als Chopin- und Liszt-Spieler hat“, erstmals in Innsbruck vor. Außerhalb der Reihe dieser Meisterkonzerte gab Kammersänger Rudolf Gerlach-Rusnak von der Münchner Staatsoper am 10. Dezember 1940 im Tiroler Landestheater einen Lieder- und Arienabend. Den Schwerpunkt des Programms, bei dem Gerlach-Rusnak von Kapellmeister Hans-Georg Ratjen am Klavier begleitet wurde, bildeten Arien aus Puccinis Bohème, Verdis Aida und Friedrich von Flotows Oper Martha.

Mit einem demonstrativ ideologisch repräsentativen Programm trat am 13. November 1940 das NS.-Symphonieorchester unter der Leitung von Staatskapellmeister Erich Kloß in Innsbruck auf. Auch hier wurde wieder mit Werken von Haydn, Beethoven und Tschaikowsky auf die deutsch-russischen Freundschaftsbemühungen Bedacht genommen. Das „Orchester des Führers“ war eben von einer Reise zurückgekehrt, „die es im Auftrag der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude im Kriegseinsatz absolviert hatte […]. Unter diesen Konzerten waren eine Reihe in Fabriken und solche für geschlossene Betriebe. Auch Konzerte vor der Wehrmacht haben stattgefunden, so in Merseburg, wo in der Waffenmeisterschule vor tausend Soldaten gespielt wurde […]. Das Orchester spielte an wichtigen Werken Tschaikowskys 6. Symphonie, Brahms Erste, Beethovens Achte, die Unvollendete Schuberts und dessen große 7. Symphonie. Auch wurden wieder Solisten eingesetzt. Edith von Voigtländer, [die Innsbrucker Pianistin] Ilse von Tschurtschenthaler und Michael Schmid“ (Innsbrucker Nachrichten vom 13. November 1940, Seite 7). Über die mit diesem Konzertereignis natürlich verbundene eminente Parteipräsenz und deren Inszenierung berichten die Innsbrucker Nachrichten vom 15. November 1940, Seite 3: „Den Erwartungen entsprechend, die man in das zweite Auftreten des NS.-Symphonieorchesters in Innsbruck setzte [vgl. das 1. Konzert im Jänner 1939, in Zusammenfassung 1939], war auch der Andrang zu diesem Konzert sehr groß. Der Saal war ungemein würdig ausgestattet worden, silbergraues Tuch, mit einem goldenen Hoheitsadler geziert, füllte die Rückwand vom Orgelbalkon herab bis zu dem riesigen, für etwa 80 Musiker aufgebauten Podium. An der Spitze zahlreicher Vertreter von Partei, Staat und Wehrmacht wohnte Gauleiter Hofer selbst dem festlichen Konzert bei, als erster Festgast saß an seiner Seite der Gründer und erste Leiter des NS.-Symphonieorchesters Generalmusikdirektor P[artei]g[enosse] Franz Adam.“

Auf einer Tournee kam Ende November 1940 das „Musikkorps einer Ersatz-Marine-Artillerie-Abteilung“ als Gast im Rahmen einer Truppenbetreuungsaktion für mehrere Tage nach Innsbruck. Hier wurde dem insgesamt 47 Mann starken Musikkorps ein attraktives Erholungsprogramm geboten, von dem die Innsbrucker Nachrichten vom 28. November 1940 (Seite 3) berichten:

„Im Rahmen der vom Oberkommando der Wehrmacht durch die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude durchgeführte Truppenbetreuung veranstaltete die Abteilung Feierabend einen Besuch der Breinößlbühne am Dienstagabend [26. 11. 1940]. Am Mittwoch vormittags, in der Zeit von 11 Uhr bis 12 Uhr, gab das Musikkorps ein Standkonzert vor dem Goldenen Dachl […]. In den Nachmittagsstunden wurde wieder im Rahmen der Truppenbetreuung den Gästen ein einzigartiges Erlebnis geboten: eine Fahrt mit der Nordkettenbahn zum Hafelekar […]. Zum Abschluß seines Innsbrucker Aufenthalts gab das Musikkorps am Mittwochabend im Großen Stadtsaal ein Konzert zu Gunsten des Kriegs-Winterhilfswerkes, das vom Gaubeauftragten für das Winterhilfswerk Pg. Elsensohn, veranstaltet wurde. Der schmissige Vortrag bekannter Musikstücke und Märsche riß die Zuhörer immer wieder zu starkem Beifall und Jubel hin.“

Ebenfalls zugunsten des Winterhilfswerks fand am 14. Dezember 1940 ein Konzert im Großen Stadtsaal Innsbruck statt, bei dem zwei Gaumusikzüge des Reichsarbeitsdienstes zusammen auftraten. Mit dem „hiesigen Gaumusikzug unter Obermusikzugführer Schmidt“ vereinigte sich der als Gast anwesende Gaumusikzug München unter „Obermusikzugführer Waelde“ zu einem 84 Mann starken Klangkörper. Über das ideologiegerechte Programm informierten die Innsbrucker Nachrichten vom 12. Dezember 1940 auf Seite 5 in einer Vorschau: „Die Spielfolge bringt Werke von Weber, Schubert, Liszt, Wagner und im zweiten Teil auserlesene, hier zum Teil noch nicht bekannte Märsche unter Mitwirkung eines hundert Mann starken Chores von Arbeitsmännern.“


Verschiedene Veranstaltungen im Rahmen der „Kulturwoche der HJ“

Die alljährlich veranstalten Kulturtage der Hitler-Jugend dienten vor allem den Zweck, in den jungen Menschen den Kulturpatriotismus zu stärken. Dazu wurden zahlreiche Aktivitäten gesetzt: Einerseits konnten sich die Jugendlichen aktiv als Kulturvermittler einbringen, andererseits wurde ihnen in speziellen Vorführungen jene als ideologisch vorbildlich erachtete Kultur eindringlich nahe gebracht. Beispiele solcher Aktionen sind Liederabende und öffentliche Auftritte der HJ mit ihrem „Bannorchester“ oder in anderen musikalischen Gruppierungen. Für einen solchen „Liederabend der HJ“ arrangierte zum Beispiel Josef Eduard Ploner zu den Soldatenliedern „Weit lasst die Fahne wehen“, „Kein schönerer Tod“ und „Es leben die Soldaten“ eine Orchesterfassung (nicht im Werkverzeichnis Ploners). In einer Notiz in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. Mai 1940 (Seite 6) wird betont, dass diese Lieder der Hitler-Jugend „besonders auch durch ihre instrumentale Untermalung […] auffielen. Aus ihnen sprach die feinsinnige Art des Komponisten“.

In der musikalischen Betreuung der Innsbrucker Hitler-Jugend spielte vorweg Fritz Engel (1904-2004) eine bedeutende Rolle. Er bemühte sich auf vielfältige Weise in Konzerten, Singabenden und speziellen Kursen um die musikalische Aus- und Fortbildung der ihm anvertrauten Jugend. Ein besonders Anliegen war ihm die Musik „Alter Meister“, natürlich aus deutscher Musiktradition. Über ein solches Unternehmen berichtet Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. Mai 1940, Seite 6:

„Am Mittwoch fand im Rahmen der Kulturwoche der Hitler-Jugend ein Haus- und Kammermusikabend Alte Meister statt, dem auch der Gebietsführer und die Obergauführerin beiwohnten. Die Ausführenden waren Charlotte Poerschke (Cembalo), Martin Blau, eine Blockflöten- und Singgruppe des BDM. und Streicher des Bannorchesters. Die Leitung hatte Oberscharführer Fritz Engel. Dozent Doktor Ehmann von der Universität Innsbruck gab zwischen den einzelnen Darbietungen Erläuterungen.“ Dr. Wilhelm Ehmann (1904-1989) hatte im April 1940 seine Tätigkeit als Vorstand des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Innsbruck begonnen. Im Konzert waren Werke von Johann Christoph Pezel (1639-1694), Johann Heinrich Schein (1586-1630), Samuel Scheidt (1587-1654), Willem de Fesch (1687-1761), Georg Philipp Telemann (1681-1767) und Johann Sebastian Bach (1685-1750) zu hören.

Zu einem Theaterabend im Tiroler Landestheater, bei dem für die Hitler-Jugend im Rahmen ihrer „Kulturwoche“ eine Aufführung der Komödie Die schöne Welserin von Josef Wenter gezeigt wurde, merkt Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Mai 1940 (Seite 9) an:

„Wenn die Hitler-Jugend im Rahmen ihrer Kulturwoche einen Theaterabend veranstaltete und hier Wenter zur Aufführung gebracht wurde, so schließt sich der Rahmen der Veranstaltungsfolge durch Betonung eines heimatlichen Kunstwerkes. Ist doch unser Josef Wenter durch geschichtliche Dramen und Tierromane einer von jenen, die vor allem auch die Bühnendichtung Tirols in den gesamten deutschen Raum hineintragen. Es ist in diesem Zusammenhang vielleicht interessant zu erwähnen, daß von Josef Wenter zwei vielgespielte und großangelegte Schauspiele stammen: das Schauspiel um den Buchhändler Johann Philipp Palm, den Napoleon hinrichten ließ, und die dichterische Gestaltung des Führererlebnisses (Mussolini) im Drama Spiel um den Staat.

Die Kulturwoche der Hitler-Jugend hätte eine Lücke aufgewiesen, hätte der Standort Innsbruck nicht auch einen Tiroler Künstler zu Wort kommen lassen. Dies geschah nun am Theaterabend. Der Tiroler Dichter wurde von der Jugend freudigst aufgenommen, reicher Beifall war der Dank an ihn und die Darsteller. So gestaltete sich auch dieser Abend, dem der Führer des Gebietes Tirol-Vorarlberg, Hauptbannführer Otto Weber, beiwohnte, zu einem vollen Erfolg.“


Vortragsabende der musikalischen Jugend

Die Nationalsozialisten haben der musikalischen Ausbildung großen Wert beigemessen. Durch Musik konnte vor allem die Gemeinschaftsbildung gestärkt werden. Mit ausgewähltem Liedmaterial wurde die Parteiideologie propagiert und gefestigt. Im aktiven Umgang mit „arteigener Kunst“ konnten das nationale Kulturbewusstsein und der Stolz auf eine große Kulturtradition gefördert und nachhaltig zum Selbstverständnis werden. Wie sehr diese pädagogischen Bemühungen im Dienste der Ideologie erfolgreich waren, wird in einem ausführlichen Bericht über eine Veranstaltung „Junggesang der Musikschule für Jugend und Volk“ von Dr. Ehrentraut Straffner in den Innsbrucker Nachrichten vom 2. Juli 1940, Seite 7, offenkundig:

„Es war für die breite Oeffentlichkeit in Innsbruck eine Ueberraschung zu entdecken, daß in unserer Gauhauptstadt im Laufe knapp eines Unterrichtsjahres eine Singschule mit etwa tausend Schülern aufgebaut worden ist. Zwar ist im Rahmen des alten Musikvereins der Junggesang auch gepflegt worden, aber doch nicht in diesem Ausmaße und mit dem Erfolg, den man an den beiden Abenden der Musikschule für Jugend und Volk im Großen Stadtsaal feststellen konnte.

Schon der Rahmen, in dem die Abende durchgeführt wurden, war festlich und feierlich. Fahnen, Blumen und Grünpflanzen schmückten den Saal und gaben den vielen hundert Kindern, den Mädchen in den bunten Dirndlkleidern und den Buben in ihren Lederhosen, einen hübschen Hintergrund. Im Saale wimmelte es natürlich von Eltern, Verwandten und Geschwistern. Aber auch eine Reihe von Ehrengästen, Vertreter der für das Kulturleben des Gaues verantwortlichen Dienststellen, der Schulbehörden und der Stadtverwaltung waren anwesend und betonten, welch großen Wert gerade heute auf die musikalische Grundbildung und Ausrichtung auf breitester Grundlage gelegt wird […].

Die Vortragsfolge brachte in verschiedenen Abteilungen, deren Zusammensetzung der kindlichen Vorstellungswelt gerecht wurde, Volks- und Kinderlieder oder gute Volksliedbearbeitungen. Zeitweilig waren für die Größeren auch stofflich und musikalisch anspruchsvollere Chöre eingestreut. So hörte man zwei recht unmittelbare Lieder des Lehrers der Musikschule Heinrich Barthelmes, dann die schöne Kantate Lob der Musik von Josef Haas und in einer eigenen Abteilung die Singklassen der Singscharen der Hitler-Jugend, die unter Leitung von Fritz Engel drei Chöre sehr eindrucksvoll zum Vortrag brachten.“

Über die zukünftigen Pläne der Musikschule wird folgendes mitgeteilt:

„Im kommenden Herbst [sollen] den Kindersingklassen auch Musizier- und Singgemeinschaften erwachsener Erwerb[s]tätiger angegliedert werden, in denen wertvolles Singgut erarbeitet werden soll.“ Für das Gelingen dieses ehrgeizigen Vorhabens im Sinne der Stärkung der „Volksgemeinschaft“ bürgte das Engagement des Direktors der Musikschule für Jugend und Volk, Otto Englmaier.

Bei einem Vortagsabend fortgeschrittener Schüler der Musikschule konnte im Rahmen des 5. Vortagsabends im Juli 1940 unter anderen Robert Nessler (1919-1996), der vor einem Jahr noch Schüler Fritz Weidlichs gewesen war, mit der Ouvertüre zu Mozarts Figaros Hochzeit sein Talent als Dirigent demonstrieren (Innsbrucker Nachrichten vom 6. Juli 1940, Seite 7).


Musikkapellen

Die Musikkapellen des Standschützenverbandes hatten ihren großen Auftritt insbesondere bei den Landesschießen und bei Kreisappellen. Ein Beispiel ihrer zentralen akustischen Präsenz im Rahmen solcher Parteifeste und Verbrüderungszeremonien von Ideologie und Volk war der Kreisappell in Innsbruck im Juli 1940. Dem Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. Juli 1940, Seite 7, zufolge war der „Samstag [6. 7. 1940] ab Mittag eigentlich ununterbrochen von Musik erfüllt. Es begann schon mit der feierlichen Einholung der Fahnen der Bewegung von der Kreisleitung in der Maximilianstraße über die Maria-Theresien-Straße und den Burggraben zur Hofburg unter den Marschklängen des Gaumusikzuges. Im Zuge, der sich inmitten eines dichten Menschenspaliers durch die Straßen der Stadt bewegte, wurden die Feldzeichen der SA-Standarte Josef Honomichl und der SS-Standarte 87, dann die Banner der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände, 287 an der Zahl, getragen, und den Beschluß bildeten die alten Schützenfahnen des Standschützenverbandes Tirol-Vorarlberg. Und dann gaben auf Plätzen und in den Parks der Stadt zahlreiche Trachtenmusikkapellen des Standschützenverbandes Platzkonzerte, die überall festlich gestimmte Zuschauer heranzogen. Der Großteil von ihnen begleitete sie dann auf ihren Märschen durch die Stadt in den Hofgarten, wo sich die elf besten Trachtenmusikkapellen des Kreises in Anwesenheit des Kreisleiters Doktor Primbs und des Leiters des Tiroler Landestheaters, Parteigenossen Pflugmacher, mit Marschklängen einen Musikwettstreit lieferten.“

Auch beim abendlichen Tiroler Abend im Großen Stadtsaal, der insbesondere den Südtiroler Umsiedlern gewidmet war, hatten die Musikkapellen Anteil an der Gestaltung. „Die Hattinger Standschützenmusik und die verstärkte Mühlauer Musik gaben den Rahmen, gemischte Chöre und Südtiroler Tänze der Südtiroler Kulturgruppe Innsbruck [Leitung Sepp Thaler] wechselten mit Vorträgen der HJ.-Singspielschar des Bannes und Untergaues Innsbruck-Land, der Sängervereinigung Wolkensteiner und der Jugendgruppe der NS.-Frauenschaft, die Volkslieder brachte; da sah man den alten Tiroler Volksbrauch des Fahnenschwingens, hörte Harmonika-und Jodelvorträge und nicht zuletzt Mundartdichtungen, vorgetragen vom Dichter des Tiroler Kaiserjägerlieds, Max Depolo. Bereits zu sehr fortgeschrittener Stunde, nämlich nach Mitternacht, fand der Tiroler Abend durch die Tanz- und Gesangsvorträge einer Gruppe aus Südtirol einen wahrhaft erhebenden Abschluß; es war das eine Feierstunde, in der die innige Verbundenheit zwischen den Volksgenossen unseres Gaues und den Südtirolern so recht zum Ausdruck kam. Kreisleiter Doktor Primbs schloß diesen Abend mit dem Gruß an den Führer“ (Innsbrucker Nachrichten vom 8. Juli 1940, Seite 7).

Im Rahmen einer „Kreisarbeitstagung“ von Partei und Standschützenverband Anfang Juni 1940 in Imst, an der „zum erstenmal auch alle Ortsschützenmeister und Musikführer teilnahmen“, die „in ihrer heimischen Dorftracht“ erschienen und damit „neben dem Braun der Parteiuniformen das bunte, vielgestaltige Bild der Trachten des Kreises“ repräsentierten, sorgte die Silzer Musikkapelle für den „musikalischen Rahmen“. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass die Silzer Musikkapelle „durch ihre Mitwirkung sinnfällig die Verbundenheit der Bewegung mit dem Standschützenband unterstrich“ (Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juni 1940, Seite 6).


Kameradschaftsabend der Stadtkapelle Kufstein

Da für Kufstein der Fremdenverkehr wirtschaftlich eine besondere Bedeutung hatte, wurden dort gezielt Anstrengungen unternommen, die Attraktivität der Stadt für auswärtige Gäste durch kulturelle Angebote zu steigern. Die Stadtmusikkapelle sollte dabei eine führende Rolle spielen. Laut einem Bericht im Tiroler Volksblatt vom 6. September 1940 (Seite 4) war vorgesehen, dass „nach dem Krieg, wenn der Fremdenverkehr auch in Kufstein wieder voll zur Entfaltung kommen kann“, der Festung eine wichtige Funktion „des kulturellen Lebens der Stadt“ zukommen zu lassen. Geplant war, „die vor Jahren durchgeführten Burgenspiele auf der Festung Kufstein in anderer, zeitgemäßer Form mit heimischen Kräften wieder aufleben zu lassen“. Bei dieser Aktion war der Musikkapelle Kufstein „eine Hauptrolle“ zugedacht. Für die Realisierung dieses Vorhabens hielt die Musikkapelle an verschieden Orten der Festung, auf der Josefsburg, auf dem „Pfauenschwanz“, im Kaiserhöfl und im Hof der Festungswirtschaft Anfang September 1940 Proben ab, um die akustischen Verhältnisse der in Aussicht genommen Lokalitäten zu testen. Danach wurde ein „Kameradschaftsabend“ veranstaltet, der vermutlich vor allem bezweckte, dem Kufsteiner Bürgermeister Verbindlichkeiten für die Zukunft der Musikkapelle abzuringen:

„Stadtkapellmeister [Cyrill] Deutsch hieß das Stadtoberhaupt und die Kameraden der Kapelle herzlich willkommen und bat den Bürgermeister, zu seiner Gefolgschaft zu sprechen. Bürgermeister Max Schierl gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß er Gelegenheit habe, einmal im gemütlichen Kreis der Stadtmusikkapelle zu weilen und den ausübenden Musikern zu sagen, wie sehr ihm das Wohl und Wehe der Stadtkapelle am Herzen liege […]. Unter den Leidtragenden der Systemzeit sei auch die Stadtkapelle Kufstein, deren Wiederaufbau und Reorganisation nunmehr in Angriff genommen werden müsse, nicht so sehr nach innen, sondern mehr nach äußeren Gesichtspunkten des kulturellen Lebens. Die Stadt Kufstein müsse wieder an die alten Traditionen anknüpfen und sich bewußt bleiben, daß sie in erster Linie Fremdenstadt sei, ein Gemeinwesen, in dem die Pflege des Fremdenverkehrs an allererster Stelle stehen müsse.“ Um die Touristen insbesondere bei anhaltend schlechter Witterung in der Stadt zu halten, müssten vermehrt Anstrengungen unternommen werden, das kulturelle Angebot zu bereichern. In dieser Hinsicht habe die Stadtverwaltung eine ganze Reihe von Plänen, die aber erst nach dem Krieg verwirklicht werden könnten. Im Vordergrund stünden dabei Projekte auf der Festung Kufstein als Schauplatz „wirklicher Volksfeste“, bei denen die Musikkapelle substanziell eingebunden sein sollte. Im Verlauf seiner Rede gab der Bürgermeister „den Musikern die Versicherung, daß die Stadtkapelle in jeder Hinsicht auf die Unterstützung der Stadtverwaltung rechnen könne; er werde dafür sorgen, daß Instrumente und Notenmaterial beschafft werden und daß sich die Kufsteiner Stadtmusiker in Bälde in ihrer alten überlieferten Volkstracht werden der Oeffentlichkeit zeigen können. Diese Mitteilungen des Bürgermeister riefen unter den anwesenden Stadtmusikern natürlich lebhafte Freude hervor, die noch gesteigert wurde, als sie vernahmen, daß die Stadtkapelle Kufstein dem Namen und der Organisation nach auch in Zukunft weiter bestehen könne und an eine Umorganisation nicht gedacht sei.“ Nach diesen erfreulichen Botschaften „blieben die Stadtmusiker noch eine zeitlang als Gäste der Stadt in kameradschaftlichem Beisammensein vereint.“


Konzertleben außerhalb Innsbrucks am Beispiel Kufstein

Auch außerhalb der Gauhauptstadt Innsbruck gab es vielfältige Konzertaktivitäten, die vor allem von den Musikkapellen und volkstümlichen Musikvereinigungen geprägt waren. Wenn auch eine Kreisstadt ein ansprechendes, gehobenes musikalisches Kulturangebot anbieten konnte, so war dies zumeist dem Engagement sich animiert einsetzender Einzelpersonen zuzuschreiben.

Über eine solche Persönlichkeit verfügte die Stadt Kufstein mit dem Parteigenossen Fritz Bachler. Fritz Bachler war ein sehr fähiger, vielseitiger Musiker, dazu ein blendender Organisator. Er leitete die Musikschule, veranstaltete Konzerte, spielte eine Reihe von Instrumenten sowie – abwechselnd mit seinem Kollegen Max Greiderer – auf der Heldenorgel. Als „Musikbeauftragter der Stadt“ war er für das komplette umfangreiche Musikgeschehen Kufsteins verantwortlich. In der Saison 1939/40 gelang es Fritz Bachler, in Kufstein erstmals eine ständige Konzertreihe von sechs Meisterkonzerten in Zusammenarbeit mit der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude durchzuführen. Mit großem Verhandlungsgeschick erreichte Fritz Bachler, dass sich selbst bedeutende Künstler mit bescheidenen Honoraren begnügten. Gleichsam als Ersatz überreichte ihnen der Bürgermeister zum Zeichen der Anerkennung ein Bildnis Beethovens.

Kurt Wagner gibt in der Neuesten Zeitung vom 27. Februar 1940 (Seite 4) Einblick in einen Kufsteiner Konzertabend: „Zu einem künstlerischen Genuß gestaltete sich das 4. Konzert der ständigen Konzertreihe am vergangenen Samstag in der Aula der Oberschule [Kufstein], dessen Erfolg sich drei Gäste aus München und das Kufsteiner Streichquartett teilten. Der junge Münchner Geiger Franz Deuber verriet in der F-Dur-Sonate für Violine und Klavier, Werk 57, von Anton Dvorak ausgereiftes geigerisches Können und große technische Sicherheit […]. In Hedwig Welzel, München, lernte man eine vielversprechende Sopranistin kennen, die sich mit Liedern von Franz Schubert, Robert Schumann und Richard Trunk bestens einführte […]. Eine Perle deutscher Kammermusik, Josef Haydns Streichquartett, Werk 3, brachte das Kufsteiner Streichquartett (1. Violine Franz Deuber, 2. Violine Rolf Eberl, Viola Max Greiderer und Cello Prof. Fritz Bachler) zu Gehör, das mit der Aufführung dieses für Haydns Musikschaffen so bezeichnenden Werkes den Musikliebhabern einen erlesenen Genuß und tiefes musikalisches Erleben verschaffte. Die Begleitung der Lieder und der Violinvorträge besorgte am Flügel der dritte Münchner Gast, Marga Münch, in ausgezeichneter Weise. Der Erfolg des Konzertes, der sich in dem überaus herzlichen Beifall kundtat, mag als Dank und Ansporn für das Musikleben der Stadt gewertet werden.“

Außerhalb der Konzertreihe wirkte das Kufsteiner Streichquartett bei Veranstaltungen der NSDAP, deren Gliederungen und Verbände mit. Im Rechenschaftsbericht über das Konzertjahr 1939/40, den Fritz Bachler im Rahmen einer Arbeitstagung Anfang Oktober 1940 in Anwesenheit von Kreisleiter [Hans] Ploner und anderer Parteifunktionäre ablieferte, wird die Zahl dieser Auftritte des Kufsteiner Streichquartetts mit 16 angegeben (Tiroler Volksblatt vom 4. Oktober 1940, Seite 6). In diesem Bericht wird auch darauf hingewiesen, daß die „Stadtmusikkapelle wieder in Gang gebracht werden konnte“ und deren „Standkonzerte auf dem Adolf-Hitler-Platz“ im vergangenen Sommer „ihr gewohntes allseitiges Interesse“ fanden.

Über das erste dieser „Standkonzerte“ notiert das Tiroler Volksblatt vom 19. Juni 1940 auf Seite 3: „Die Standschützenkapelle Kufstein (früher Stadtkapelle) gab am Sonntag, 10.30 Uhr, auf dem Adolf-Hitler-Platz ihr erstes Standkonzert unter ihrer neuen Leitung von Kapellmeister [Cyrill] Deutsch, ehemals Kapellmeister der bekannten Musikkapelle Zwölfmalgreien bei Bozen, und spielte auch beim Festzug. Das Konzert bewies, daß die Kufsteiner Trachten-Standschützenmusik, zusammengesetzt aus bewährten Kräften, ihre Aufgabe ernst auffaßt und das Beste verspricht. Es finden ab jetzt, wie wir erfahren, wieder regelmäßig Abend-Platzkonzerte statt, und zwar jeden Samstag um 20 Uhr auf dem Adolf-Hitler-Platz. Das erste Abendkonzert ist am kommenden Samstag.“

Über das Programm solcher Platzkonzerte in Kufstein informiert das Tiroler Volksblatt vom 12. Juli 1940, Seite 4:

„Diesen Samstag [14. 7. 1940] um 20 Uhr gibt die Stadtmusikkapelle am Adolf-Hitler-Platz ein Standkonzert unter der Leitung des Kapellmeisters Cyrill Deutsch. Vortragsfolge: 1. [Karl] Pichler: Meraner Humor, Marsch. 2. [Johann] Strauß [Sohn]. Ouvertüre zur Operette Prinz Methusalem. 3. [Franz] Lehar: Gold und Silber, Walzer. 4. [Karl] Komzak: Neue Wiener Volksmusik, Potpourri. 5. [Bedřich] Smetana: Einzug der Komödianten aus der Oper Die verkaufte Braut. 6. [Hermann Ludwig] Blankenburg: Treue Waffengefährten, Marsch.“

Im Tiroler Volksblatt vom 9. August 1940, Seite 4, wurde das Konzertprogramm für den 10. August 1940 in Kufstein angekündigt:

„1. Schmied: Mit flatternden Fahnen, Marsch. 2. [Gioachino] Rossini: Ouvertüre Regina. 3. [Julius] Fucik: Donausagen, Walzer. 4. [Camillo] Morena: Telefunken, Potpourri. 5. [Max] Rhode: Dornröschens Brautfahrt, Charakterstück. 6. [Eduard] Wagnes: Felsenfest fürs Vaterland, Marsch.“

Die Musikschule und die Liedertafel Kufstein werden in Pressemitteilungen ebenso präsent gehalten (Tiroler Volksblatt vom 4. Oktober 1940, Seite 8):

„Die von Fritz Bachler geleitete Städtische Musikschule wurde im vergangenen Schuljahr [1939/40] von 275 Schülern besucht. Den Unterricht, der auch die Singschar mit einschloß, versahen fünf Lehrkräfte.“ Mit besonderer Genugtuung wird festgestellt, dass das mit der „Bannführung Kufstein der HJ. ins Leben gerufene HJ.-Orchester“ in einer Besetzung von „rund 30 Spielern“ bei seinen ersten öffentlichen Auftritten „den besten Eindruck gemacht“ habe. Die Kufsteiner Liedertafel habe „ihre Probentätigkeit wieder aufgenommen“ und werde „in Zukunft bei größeren Gemeinschaftsveranstaltungen wieder herangezogen“.


Chorwesen – „Unser ewig Lied: Deutschland“

„Unser ewig Lied: Deutschland. Chorfeier der Wehrmacht, Hitler-Jugend und Innsbrucker Gesangvereine im Stadtsaal“, das ist die Schlagzeile der Innsbrucker Nachrichten vom 3. Februar 1940, Seite 6. Diese „Chorfeier“ wurde zugunsten des Kriegswinterhilfswerks veranstaltet. Sie vereinte Angehörige der Wehrmacht, der Hitler-Jugend, des Deutschen Jungvolkes, die Innsbrucker Gesangvereine und das Städtische Orchester zu einer gemeinsamen musikalischen Kundgebung, bei der die gemeinschaftsbildende Macht des Liedes beschworen wurde: „Das Lied ist der Ausdruck unserer Gesinnung und Haltung. Und wenn ein Volk ein Lied mit solch einer Inbrunst und Begeisterung singt, wie heute wir das Engelland-Lied, so liegt das nicht daran, weil es uns an sich gefällt, sondern wir drücken damit, ohne daß es uns überhaupt bewußt wird, aus, von welch geschlossenem und wehrhaftem Gedanken das ganze deutsche Volk beseelt ist.“ Das Engel(l)and-Lied („Heute wollen wir ein Liedlein singen“, Refrain: „Denn wir fahren gegen Engeland“, Text: Hermann Löns, 1914, gesungen auf verschiedene Melodien, siehe Liederbuch Hellau (1942), Nr. 3 und 4) steht vollends im Dienst der Parteipolitik. Dies zeigt der ganze Ablauf dieser ideologisch aufgeladenen Veranstaltung, die in gemeinschaftlicher Aktion eindringlich vermitteln sollte, „wie tief der Gedanke der Wehrhaftigkeit im deutschen Volke verwurzelt ist“. Das Lied fördert die Begeisterung und die Einstimmigkeit der Überzeugung und wirkt damit als suggestives Medium der Ideologie. Der Artikel (Innsbrucker Nachrichten, 3. 2. 1940, S. 6) gibt diese Stimmung wieder, er vermittelt so auch den Lesern propagandistisch wirksames Anschauungsmaterial: „Mit Fanfarenklang des Deutschen Jungvolkes nahm diese bestgelungene Chorfeier ihren Anfang. Dann trat P[artei]g[enosse] Hanns Kogler als Sprecher vor und verlas Will Vespers Gedicht In die Mitte der Welt, hat Gott uns gestellt! Eine dichterische Schau der bestimmenden Macht und Größe Deutschlands. Der Männerchor des Innsbrucker Gesangsvereins eröffnete die musikalischen Darbietungen mit dem Chorgesang Fackelträger von Hermann Grabner. Wiederum hallten Fanfarenrufe durch den Raum. Hitlerjungen und Pimpfe sangen ihr Fahnenlied: Auf hebt unsre Fahnen! und anschließend das Chorlied Lewer dod as Slav (Lieber tot als Sklave) von Christian Lahusen. Die Wehrmacht brachte das in knappem Rhythmus gehaltene Soldatenlied: Braun wie die Erde und grau wie der Himmel! zum Vortrag. Dann brandeten die Chöre aller Mitwirkenden im Bekenntnis der Treue mit dem Liede Wenn alle untreu werden auf. Josef Pölls feinsinnige Bearbeitung des Liedes vom Guten Kameraden war Zeugnis dafür, daß der Deutsche nicht nur ein guter Soldat, sondern auch unentwegter Kamerad ist. Pg. Hanns Kogler sprach nun von der neuen Zeit, der großen und darum auch ernsten Zeit, in der wir uns alle bewähren müssen. Und der Ruf der vorwärtsstürmenden Jugend mit dem Liede Wach auf, du deutsches Land! war wiederum Zeugnis des geraden Strebens der deutschen Jugend. Der anschließende Gemeinschaftsgesang Siehst du im Osten das Morgenrot war ein Wachruf an alle jene, die noch nicht wissen, worum es heute geht. Dann klang die erhebende Chorfeier in dem Bekenntnis aus: Deutschland! jenes Wort unserer Sprache, das so lange währen wird, wie unsere Ehre und unsere Treue.“

Einen anderen Typus einer Chorveranstaltung mit sozialer Implikation, der jedoch weniger den die Ideologie inszenierenden Zweck erfüllte als primär Unterhaltung mit künstlerischen Darbietungen, vorwiegend aus den Reihen der eigenen Chormitglieder, organisierte die Innsbrucker Liedertafel im Juni 1940. Veranstaltungsort für diesen „Bunten Abend“ zugunsten des Deutschen Roten Kreuzes war der große Saal des Großgasthofes Maria Theresia. Während das nahezu vier Stunden lange Programm ablief, wurde im Rahmen des Kriegswinterhilfswerks für das Deutsche Rote Kreuz und das Deutschen Jungendherbergswerk gesammelt. Der gemischte Chor der Liedertafel gab unter der Leitung von Max Köhler eine Reihe von Chorliedern zum Besten. Den Höhepunkt am Schluss des Liedertafel-Auftritts bildete der gesungene Walzer Rosen aus dem Süden von Johann Strauß. Eine „Streichkapelle“ aus Mitgliedern des Städtischen Orchesters begleitete, sie bot auch instrumentale Einlagen.

Die Innsbrucker Liedertafel hatte für diesen Abend auch Solisten eingeladen, unter ihnen die Sopranistin Elfriede Ebster-Rieser, die vor allem Lieder und Arien von Mozart darbot. Sie war auch die Interpretin für die „Uraufführung der feierlichen Weise Der Ostmark Heimkehr von Max Moser, Vereinsführer der Innsbrucker Liedertafel“. Im Zeitungsbericht über diese Veranstaltung (Innsbrucker Nachrichten vom 10. Juni 1940, Seite 6) wird auch mitgeteilt, dass der Liedtext zu dieser Uraufführung ebenfalls von Max Moser stamme und dass dieses Gedicht bereits in der Zeitschrift Bergland erschienen sei. Der Bariton Hermann Strele, ein begeistertes Chormitglied, wirkte solistisch bei Duetten mit. Eine Attraktion bildete der Auftritt des blinden Flötisten Ernst Stettner vom Städtischen Konservatorium mit der Pianistin Josefine Wagner: Sie spielten Transkriptionen aus Verdis Traviata. Karl Paulin las Auszüge aus Karl Schönherrs Novelle Tiroler Bauern von 1809. Zum „heiteren Ausklang“ zeigte die Schuhplattlergruppe Steiner „Tiroler Volkstänze“. „Die Festleitung“ lag in Händen des akademischen Malers und Mitglieds der Innsbrucker Liedertafel Hans Zötsch.


Volksbildungsstätte Innsbruck

Die Volksbildungsstätte unter der Leitung von Dr. Ehrentraut Straffner wurde zu einer der zentralen Einrichtungen ideologischer Einflussnahme der NSDAP. Mit einer Vielzahl von Aktivitäten wurde kontinuierlich und effizient parteikonforme Propaganda betrieben. Um diese Unternehmungen noch strategisch vonseiten der Partei zu unterstützen, kam es Anfang des Jahres 1940 zur Gründung der Gauarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung. Diese wurde laut einer Vereinbarung des „Stellvertreters des Führers“ mit dem Reichsminister und dem Reichserziehungsminister ins Leben gerufen (Innsbrucker Nachrichten vom 20. Jänner 1940, Seite 4). „Gauschulungsleiter Parteigenosse“ Dr. Fritz Mang leitete die erste Sitzung, an der „alle an den Fragen der Volksbildung interessierten Stellen der Partei, des Staates und der Gemeinden“ teilnahmen. „Aufgabe“ der neuen Organisation war offensichtlich die Koordinierung und Kontrolle der Arbeit der Volksbildungsstätte. In den Innsbrucker Nachrichten (20. 1. 1940, S. 4) wird definiert: Der Auftrag der Volksbildungsstätte Innsbruck „ist es, die Tätigkeit des Deutschen Volksbildungswerkes und seiner Volksbildungsstätten ideell und materiell zu fördern und für Abstellung etwaiger, bei der Durchführung der Richtlinien der Reichsarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung sich ergebenden Schwierigkeiten Sorge zu tragen“. Die Zentralisierungsbestrebungen kommen deutlich zum Ausdruck in der rigiden Vereinnahmung aller Vorhaben im Bereich der Erwachsenenbildung. Es wird darum auch eindrücklich in der oben erwähnten Sitzung öffentlich die zentral verordnete Vorschreibung verkündet:

„Nunmehr ist einziger verantwortlicher Träger der Erwachsenenbildungsarbeit das Deutsche Volksbildungswerk in der NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude. Es bedient sich hierbei folgender Arbeitsweisen: Vorträge, Arbeitsgemeinschaften, Arbeitskreise, Kurse, Lehrwanderungen, Besichtigungen, Führungen und Kulturfahrten. Außerdem obliegt ihm die ideelle Betreuung des Volksbüchereiwesens und die Errichtung und Führung von Werkbüchereien. Ein wesentlicher Faktor der Volksbildungsarbeit ist das Dorfbuch und die darauf fußende Gestaltung von Dorfabenden, eine Arbeit, die gemeinschaftlich, vor allem mit dem Gauamt für Erziehung geleistet wird. Die musikalische Betreuung der Erwachsenen erfolgt im Rahmen des Musikschulwerkes Gau Tirol-Vorarlberg [Leiter: Max Alexander Pflugmacher], dessen Mitglied das Deutsche Volksbildungswerk ist.“


Details


Der erste „Dorfgemeinschaftsabend“ fand wenige Tage nach dieser Sitzung in Rum statt. Um seine vorbildliche Form öffentlich zu bekunden, erschien über ihn am 30. Jänner 1940 in den Innsbrucker Nachrichten (S. 4) ein ausführlicher Bericht: „Am Sonntagabend fanden sich die Einwohner von Rum zum ersten Dorfgemeinschaftsabend zusammen, der in unserem Gau veranstaltet wurde. Dieser Abend bedeutete einen vielversprechenden Beginn. Es zeigte sich, daß nicht nur der Sinn des Dorfgemeinschaftsabends bereits voll verstanden und gewürdigt wurde, sondern auch das Interesse dafür äußerst rege ist.“

Bei diesem ersten Dorfgemeinschaftsabend, der in einem großen „Gemeinschaftsraum im Baulager“ Rum veranstaltet wurde, bot auch den „zu einer Tagung zusammengekommenen Kreissachbearbeitern für das Dorfbuch aus dem ganzen Gau“ Gelegenheit, „aus der ersten derartigen Veranstaltung Anregungen für die Ausgestaltung der Dorfgemeinschaftsabende in ihren Kreisen mitzunehmen“. Neben politischen Repräsentanten des Ortes, unter ihnen der Ortsgruppenleiter Pg. Raimund Zobl und der Bürgermeister, waren ferner der Leiter des Deutschen Volksbildungswerkes im Gau Tirol-Vorarlberg Dr. Otto Sofka und die Leiterin der Volksbildungsstätte Innsbruck Dr. Ehrentraut Straffner anwesend. Über den Verlauf des Abends erfährt man in den Innsbrucker Nachrichten weiter: „Ein Film vom Skilauf in den Tiroler Bergen bildete den Auftakt. Ueber die Geschichte des Heimatdorfes Rum erzählte Lehrerin Walch in einer lebendigen, fesselnden Art.“ Ihre Schilderungen wurden durch Wortmeldungen aus dem Publikum ergänzt: „Und dies ist ja auch der Zweck der Dorfgemeinschaftsabende, die die einzelnen Dorfbewohner einander näher bringen und ihnen den Sinn für die Gemeinschaft stärken sollen.“ Über „uralte Bräuche“, die „wohl auf alte germanische Sitte zurückgehen und nicht vergessen werden sollen“, berichtete Oberlehrer Holzknecht. Zum Abschluss hielt Direktor Franz Zangerl einen Lichtbildervortrag über die „Formen des Bauernhauses in den verschiedenen deutschen Gauen“. Damit sollte die dörfliche Gemeinschaft wohl gedanklich auch in die große Zusammengehörigkeit des Reiches eingebunden sein. Als Resümee steht in den Innsbrucker Nachrichten: „Dieser erste Dorfgemeinschaftsabend in unserem Gau zeigte die Richtung auf, in der sich diese Einrichtung nun überall entwickeln wird. Man nahm die feste Ueberzeugung mit, daß den Volksgenossen draußen in den Dörfern wirklich Wertvolles gegeben wird. Die Dorfbewohner aber hatten ihre Freude an diesem ersten Gemeinschaftsabend. Auch das Dorf, dies zeigte sich an diesem Abend, steht fest verankert in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft und erkennt seine neuen bedeutungsvollen Aufgaben auf kulturellem Gebiet.“ In der Realität haben sich die dann sehr beliebten Dorfgemeinschaftsabende inhaltlich bald vom rein informativen Erforschen der heimatbezogen Geschichte hin zu geselliger Unterhaltung verändert. Dabei waren Volkslieder, Volkstanz und Volksmusik unabdingbar. Man erzählte Sagen, schilderte Bräuche und führte lustige Theaterstücke auf. Doch auch hier stand neben dem die Gemeinschaft fördernden Zweck der ideologisch bestimmte Gedanke der Restauration von Volkskultur im Zentrum einer vordergründig unterhaltsamen Aktion. Bei solchen Zusammenkünften fanden zudem lokale Parteifunktionäre, insbesondere die Ortsgruppenleiter, Möglichkeiten zu politischer Propaganda.

Typische parteigemäße Veranstaltungen der Volksbildungsstätte Innsbruck waren zum Beispiel ein Vortrag von General von Metzsch über „zeitgemäße wehrpolitische Fragen“ am 8. Jänner 1940 im Konzertsaal der Städtischen Musikschule oder eine Veranstaltung im Claudiasaal unter dem Motto „Volk im Norden tanzt und singt“. Über zwei weitere dem ideologischen Gesamtkonzept entsprechende Aktionen berichtet Dr. Ehrentraut Straffner als Leiterin der Innsbrucker Volksbildungsstätte in den Innsbrucker Nachrichten vom 16. Februar 1940, Seite 4:

„Zwei gelungene Abende, in denen das Brauchtümliche in einer guten und echten Weise in den Vordergrund gerückt war, veranstaltete im Zeitraum der letzten Woche die Volksbildungsstätte Innsbruck. Die erste dieser Veranstaltung brachte Schwänke von Hans Sachs, zu dem bekannten Spiel vom Fahrenden Schüler im Paradeis, zu der Satire Der Teufel nahm ein altes Weib und zu dem derb-geraden Narrenschneiden volkstümliche Lieder. Dr. Zangerl, der Leiter der Spielschar der Hitler-Jugend Hall, leitete den Abend mit einer kurzen Betrachtung über das deutsche Fasnachtspiel ein, in der er mit wenigen Sorten vor allem auch unser heimisches Brauchtum in Zusammenhang mit Hans Sachs und seiner Schwankdichtung brachte. Die Aufführung der Kurzspiele selbst, die nach echter Laienspielart ohne jeden Aufwand von Kulissen und Vorhängen vor sich ging, gelang in einer so durchschlagenden Weise, daß sie bei den Zuhörern, unter denen sich erfreulicherweise sehr viel Jugend befand, hellste Begeisterung auslöste. Die ergänzenden Lieder wurden von einem Mädchenchor der Lehrerinnenbildungsanstalt unter Leitung von Marianne Mayr gesungen, mit feinstem Verständnis, gutem Vortrag und vor allem auch mit vorbildlichem, klarem Stimmansatz.“

Das Laienspiel war Teil im Ausbildungsprogramm der Hitler-Jugend. In den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Juni 1940, Seite 4, wird dazu ausgeführt: „Die Hitler-Jugend als Trägerin nicht nur der politischen, sondern auch der kulturellen Betreuung der Jugend wendet in ihren Spielscharen auch dem Laienspiel größte Aufmerksamkeit zu. Laienspiel der Jugend folgt anderen Gesetzen als die Berufsbühne. Junge Menschen sollen nur sich selbst spielen und Dinge, die ihrem Erlebniskreis entspringen. Neben den unvergänglichen alten Spielen des Hans Sachs wird immer der Ruf nach dem politischen Spiel aus dem Geschehen der Gegenwart heraus ertönen. So suchte die Bannspielschar Innsbruck-Land nach neuen Stoffen und fand sie im Rundfunkvortrag des Schriftleiters Paulin im Reichssender Wien, der das Deutschlandbekenntnis der Dichter Tirols vom Jahre 1809 bis zur Gegenwart in ihren Versen zusammenfaßte. Aus sich selbst heraus gestaltete die Spielschar mit den Liedern bekannter und unbekannter Dichter Einzelszenen aus der Vergangenheit Tirols, die in einfacher und schlichter Weise mit kurzen dramatischen Bildern Jugendschicksale aus dem Jahre 1809 und 1938 aufzeigten.“

Diese über die Natürlichkeit und politischen Naivität der jungen Menschen transportierte ideologische Botschaft wurde propagandistisch verwertet, nicht nur durch den Bericht in der Zeitung, sondern durch Wiederholungen der Darbietung in verschiedenen Gemeinden. „An verschiedenen Abenden, vor allem aber im Dorf, wurden diese Szenen, gespielt mit der Begeisterung der Jugend, überall zu einem starken Erlebnis. Der völkische Stoff der Tiroler Geschichte blieb seit Schönherr und Kranewitter ohne Gestaltung. Er ruft nach jungen Kräften, die sich daran wagen“ (Innsbrucker Nachrichten, 14. 6. 1940, S. 4).

Zur anderen bereits erwähnten Veranstaltung der Innsbrucker Volksbildungsstätte schreibt Dr. Ehrentraut Straffner:

„Ein zweiter, ebenso schöner und anregender Abend wurde unter dem Leitwort Deutsches Volk im Osten durchgeführt. Er brachte zum Vortrag von Gedichten aus oder über das Ostlanddeutschtum Lieder und Tänze, die sich gut und geschlossen zu einem Ganzen fügten. Die Dichtungen, ausgewählte schöne Verse und Prosaproben, wurden von Gauabteilungsleiterin Luzie Ostheimer klar und erlebt gesprochen. Die Lieder sang ein Mädchenchor der Jugendgruppe der NS.-Frauenschaft lebendig und mit natürlicher Frische. Die Volkstänze, die abschließend vorgeführt wurden, tanzte eine Gruppe des Arbeitskreises für Volkstanz der Volksbildungsstätte Innsbruck unter Leitung von Dr. Franz Zangerl in ihrer bekannt netten, natürlichen Art.“

Über die überaus vielfältigen und inhaltlich breit gestreuten Aktivitäten der Volksbildungsstätte gibt eine „Vorschau auf die Veranstaltungsfolge“ für das Winterhalbjahr 1940/41 in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Oktober 1940, Seite 5, Auskunft:

„Die Volksbildungsstätte Innsbruck unter Leitung von Dr. Ehrentraut Straffner hat für den zweiten Kriegswinter wieder einen reichhaltigen Arbeitsplan vorbereitet, um auch auf dem Gebiete der Belehrung und Unterhaltung breiter Volksschichten keinen Leerlauf eintreten zu lassen. Für Vortragsreihen, Arbeitskreise und Kurse sind beste Kräfte gewonnen worden und die Reichhaltigkeit der behandelnden Themen läßt nichts zu wünschen übrig. Geschichte und Politik, deutsches Kultur- und Geistesleben, Volkstum und Heimat werden von berufenen Männern in gemeinverständlicher Weise behandelt, so daß es wohl kaum jemanden geben wird, den nicht der eine oder andere Abend ansprechen und zum Besuche veranlassen würde.

Die Vortragsfolge der Volksbildungsstätte wurde bereits durch den Reisevortrag des in Innsbruck aus früheren Abenden bestens bekannten Bordphotographen Franz Grasser eröffnet, der Indien im Farbenlichtbild zeigte. Zu den großen Fragen der Gegenwart, deren klare Beantwortung mit die Grundlage zum Verständnis des Zeitgeschehens bildet, werden Prof. Dr. Otto Maul mit dem Thema Amerika und wir sowie Dr. Paul Pickeler sprechen, der als Verfasser gut beobachteter Schilderungen der neuen Türkei bereits bekannt ist und zu uns vom Mittelmeerraum in der Weltgeschichte sprechen wird. Zum laufenden Zeitgeschehen, das im kommenden Winter von höchster Bedeutung für uns alle sein wird, hofft die Volksbildungsstätte Schriftleiter Horst Michael aus München als Sprecher zu gewinnen, der allmonatlich an einem Abend die jeweiligen Ereignisse zusammenfassend darlegen und in ihrer Bedeutung für den Endsieg würdigen wird.

Der KdF.-Gauwart Württemberg-Hohenzollern Fritz Mader wird von seiner Kriegsgefangenschaft während des Weltkrieges in Frankreich erzählen, Professor Dr. Erich Feldmann, Bonn, über Deutsche Wehrpolitik. Prof. Dr. Feldmann hat im vergangenen Winterhalbjahr im Gau Tirol-Vorarlberg in mehr als zwanzig Orten seine Zuhörer begeistert.

Die zahlreichen Innsbrucker, die im Vorjahre Prof. Heinrich Werner über Deutsche Dome und Albrecht Dürer sprechen hörten, werden sich freuen, diesem vortrefflichen Gelehrten auch heuer wieder in Innsbruck zu begegnen, und zwar an einem Abend, der heimgekehrten Werken deutscher Kunst gewidmet ist. Das Straßburger Münster, der Isenheimer Altar von Hans Grünewald in Kolmar und der Marienaltar von Veit Stoß in Krakau werden uns von Professor Werner in ihrer vollendeten Schönheit nahegebracht. Ebenfalls in das Reich mittelalterlicher deutscher Kunst führen der junge Dichter Max Wegner, der zu einem im Verein mit der Hitler-Jugend veranstalteten Abend für Tilman Riemenschneider nach Innsbruck kommen wird, und Dr. Hans Thimotheus Kroeber, der den Bamberger Reiter als Idealbild deutschen Wesens deutet. Selbstverständlich lässt die Volksbildungsstätte den 500. Geburtstag Johann Gutenbergs nicht vorübergehen, ohne des Erfinders der Buchdruckerkunst gebührend zu gedenken und ihn zu ehren. Prof. Dr. Enzinger wurde für diesen Gutenberg-Abend gewonnen. Karl Hans Strobl, der beliebte sudetendeutsche Schriftsteller, wird sich heuer den Freunden seiner erfolgreichen Romane selbst vorstellen mit einem Lichtbildervortrag Das deutsche Prag.

Unter dem Leitwort ‚Gesundes Volk’ wird die Volksbildungsstätte erstmalig versuchen, medizinische Fragen in allgemein verständlicher Art in öffentlichen Vorträgen durch Universitätsprofessoren bzw. Aerzte besprechen zu lassen.

Während der deutschen Buchwoche wird Paul Alverdes, der vor allem durch seine feingestaltete Weltkriegs-Novelle Die Pfeiferstube weit bekannt geworden ist, eine Dichterlesung veranstalten.

Ein besonders Verdienst um die Hebung alttirolischen Brauchtums erwirbt sich die Volksbildungsstätte durch die Aufführung des Tiroler Hexenspiels durch Laienspieler. Es handelt sich dabei um die Dichtung eines Tiroler Lehrers des 16. Jahrhunderts, die von Dr. Zangerl der Vergessenheit entrissen worden ist. Nach der erfolgreichen Uraufführung des Films Die Geierwally werden viele Filmfreunde gerne die Gelegenheit wahrnehmen, dessen Hauptdarstellerin, Heidemarie Hatheyer selbst, von ihrer Filmarbeit, und Schriftleiter Karl Paulin vom Urbild des Films, der Tirolerin Anna Stainer-Knittel, erzählen zu hören. Ein zweiter Abend unter Mitwirkung von Karl Paulin ist dem jüngst verstorbenen Tiroler Heimatdichter Josef Pöll gewidmet, dessen feinsinnige heimatkundliche Schilderungen demnächst vom NS.-Gauverlag, in einem Bändchen zusammengefaßt, im Druck erscheinen werden. Die Sängervereinigung Wolkensteiner wird an diesem Gedenkabend für ihren verstorbenen Chormeister mitwirken.

Wieder in die weite Welt führt Gustav Moog, der seinen Zuhörern Unser Kamerun zeigen wird, und Professor Dr. Otto Steinböck, der über Grönland als Land der Zukunft zu sprechen gedenkt. Als guter alter Bekannter wird Franz Resl wieder einer fröhlichen Zuhörerschaft von lustigem Land und lustigen Leuten erzählen.

An Arbeitsgemeinschaften ist vor allem eine solche für weltanschaulich politische Fragen unter der Leitung von Dr. Eduard Porpacy vorgesehen. In einer weiteren Arbeitsgemeinschaft soll die Welt von 1939/40 im Blickpunkt des deutschen Menschen besprochen werden. Auf kunstgeschichtlichem Gebiete werden Arbeitskreise eingerichtet, und zwar [werden] Professor Heinrich Werner Die Malerei der italienischen Renaissance und Professor Ehmann Deutsche Musikgeschichte vortragen. In Zusammenarbeit mit dem astronomischen Institut der Universität Innsbruck ist ein Arbeitskreis für Sternkunde geplant. In das Gebiet der Naturbetrachtung fallen auch die regelmäßigen Wanderungen von Professor Dr. Heinrich Gams.

Der Vertiefung der Kenntnis und Liebe zur Heimat wird ferner ein Arbeitskreis dienen, in dem Dr. Franz Zangerl alpenländischen Volkstanz lehrt. Besuche in Innsbrucker Museen unter fachkundiger Leitung fallen ebenfalls in dieses heimatkundliche Gebiet. Der geschmacklichen Schulung und dem Verständnis für den zweckentsprechenden Gebrauchsgegenstand sollen Bastelkurse dienen, für die bereits alle Voraussetzungen geschaffen und Werkzeuge aller Art bereitgestellt sind. Gretl Karasek führt einen Arbeitskreis für ornamentales Zeichnen, Prof. Josef Pontiller für Schnitzen, Prof. Josef Degn für Holzschnitt.

Die von der Volksbildungsstätte alljährlich durchgeführten Sprachkurse weisen heuer besonders guten Besuch auf. Die Leitung haben Carmen Steffanini für Italienisch, Nina Gogou für Französisch, Prof. Dr. Mayer für Englisch. Nicht unerwähnt bleibe die Sonderbetreuung der Südtiroler durch die Volksbildungsstätte. Hans Kiem und Therese Ertl unterrichten in Rechtschreiben und Kurrentschrift. Außerdem werden für die Südtiroler eigene Kulturfilme vorgeführt.

Sing- und Spielgemeinschaften für Erwachsene durch die Musikschule für Jugend und Volk in Innsbruck ergänzen diesen reichhaltigen Arbeitsplan, der wieder nachdrücklich beweist, daß das kulturelle Leben ungestört durch den Krieg aufrechterhalten wird.“


Tiroler Heimatwerk

Das Tiroler Heimatwerk hatte die Aufgabe, Produkte aus ländlicher Erzeugung zentral zu bewerben und zu verkaufen. Rechtlich war das Tiroler Heimatwerk als Genossenschaft organisiert. Hervorgegangen ist das Tiroler Heimatwerk aus der Tiroler Hausindustrie reg. G.m. b. H. Die Umbenennung in Tiroler Heimatwerk erfolgte im Rahmen der ordentlichen Vollversammlung der Genossenschaft im Dezember 1940 in der Landwirtschaftsschule Imst. Dabei wurden auch neue Satzungen beschlossen. Beteiligt waren neben dem Obmann Pg. Fritz Lantschner der Ortsgruppenleiter Pg. Botschen, die Führerin des BDM.-Obergaues Pgn. Waltraud Mignon, Gauhauptmann Pg. Gustav Linert, „der die Grüße und Erfolgswünsche des Gauleiters und Reichsstatthalters überbrachte“ sowie Pgn. Gertrud Pesendorfer als „Geschäftsführerin“ des Tiroler Volkskunstmuseums.

Nach den neuen Statuten gab es zwei Arten von Genossenschaftsmitgliedern: „Bäuerliche Mitglieder, die sich durch häusliche Tätigkeit einen zusätzlichen Verdienst schaffen, wie z. B. Stickerinnen, Klöpplerinnen, Heimweber, Korbflechter und Flechtblumenerzeuger. Ferner sind in der Genossenschaft die bäuerlichen Kunsthandwerker vereinigt. Zu ihnen zählen Tischler, Schlosser, Schnitzer, Bildhauer, Gürtler, Töpfer, Schüsseldreher, Federkielsticker und Schellenschmiede.“ Laut dem Tiroler Landboten vom 10. Dezember 1940 (Seite 3) setzte sich die Genossenschaft „zum Ziel, den auf einen Nebenverdienst angewiesenen Bergbauern Einkommensquellen zu schaffen sowie heimische Volkskunst aller Art zu fördern“. Dazu sah man vor, die „Verkaufsorganisation in Innsbruck“ weiter auszubauen. Zur Werbung für den Absatz der bäuerlichen Produkte wurde eine Verkaufsausstellung eingerichtet. Eine „entsprechende Schulung“ sollte sicherstellen, „daß nur wirklich hochwertige, geschmackvolle und bodenständiger Art gemäße Erzeugnisse hergestellt werden“. Besonders propagandistisch wirksam wird im Bericht betont, dass sich die Genossenschaft „seit dem Umbruch sehr erfreulich entwickelt“ habe, der Umsatz vom Jahr 1938 bis zum Jahr 1940 habe sich verdreifacht. „Während die Genossenschaft vor dem Umbruch keine Realität besaß, gehören ihr heute ein Haus in Innsbruck (Anichstraße 7) sowie die Wollspinnerei in Matrei a[m] Br[enner].“ In Innsbrucker, Meraner Straße 2, führt das Tiroler Heimatwerk noch gegenwärtig ein Ladengeschäft, mit klassischen wie modisch aktuellen Produkten ländlichen Einschlags, vor allem Bekleidungsstücken.

„Nach einer Ansprache des Gauhauptmannes Pg. Linert und Ausführungen von Pgn. Pesendorfer über die Volkstracht im Gau Tirol-Vorarlberg, schloß Pg. Lantschner die Vollversammlung [des Tiroler Heimatwerks im Dezember 1940 in Imst] mit dem Gruß an den Führer“ (Tiroler Landbote, 10. 12. 1940, S. 3).


Heimatwerk


Trachten- und Brauchtumstag im Bregenzer Wald

Ein von der NS-Propaganda initiiertes Unternehmen zur Festigung der Volksgemeinschaft war der am 19. und 20. Oktober 1940 durchgeführte Trachten- und Brauchtumstag in Bezau im Bregenzer Wald. Gauleiter Franz Hofer war Ehrengast der Festivität, die mit ihrem volkstümlichen Ambiente so ganz seinen Kulturvorlieben entsprach. Mit einer pompösen Inszenierung wurde das erhabene Erbe der Ahnen geehrt. Ruhmreiche historische Begebenheiten fanden im Rahmen eines Festzuges ebenso bildhafte Vergegenwärtigung wie die Besinnung auf die reiche kulturelle Tradition des Bregenzer Waldes, die in der Malerin Angelika Kaufmann auch mit einer überregional anerkannten Persönlichkeit aufzuwarten hatte. Das ganze Konzept stand im Dienst der Selbstdarstellung als geeinte identitätsstarke Gemeinschaft unter der Fahne des „Führers“. Wie selbstverständlich durfte dabei auch das Festschießen am neu eröffneten Schießstand in Bezau nicht fehlen, wurde doch damit vor allem ein unübersehbares Zeichen von Entschlossenheit und Wehrbereitschaft der Bevölkerung gesetzt. Äußerliche Verbundenheit und die Gemeinsamkeit der Überzeugung versinnbildlichte die Trachtenkleidung, während der emotionale Zusammenhalt auch im Lied und in der Musik bei den „Dorfabenden“ seinen Ausdruck fand.
Im Wochenblatt der Landesbauernschaft Alpenland vom 26. Oktober 1940, Seite 822 ff. berichtet Theodor Brase im Detail vom Verlauf der Veranstaltung, wobei er zu Beginn auf die spezielle Funktion der neu auflebenden Brauchtumsarbeit als Stärkung des Miteinanders in der Ortsgemeinschaft, zur Verhinderung der Landflucht, besonders hinweist:

„In den letzten Jahren verflachte zusehends das Volks-Brauchtum und trug die Gefahr in sich, allmählich vom Lande ganz zu verschwinden. Man ging häufig ab vom Althergebrachten und glaubte im Modischen das Heil zu finden. Erst nach der Machtübernahme wurde das alte Volkstum zu neuem Leben erweckt. Partei und Reichsnährstand zählen nun die Förderung alter Volkssitten und Bräuche auf dem Lande mit zu ihren großen Aufgaben, um dadurch auch nicht zuletzt der Landflucht entgegenzusteuern.

Ein schöner Beweis echten Volkslebens war der Kürzlich in Bezau im hinteren Bregenzer Wald stattgefundene Trachten- und Brauchtumstag, zu dem an beiden Tagen auch der Gauleiter Hofer anwesend war. Das Fest wurde am Samstag mit einer großen Tierschau eingeleitet, um deren Veranstaltung sich vor allem der Reichsnährstand verdient gemacht hat. Dabei wurden von etwa 600 Tieren, die aufgetrieben waren, durch das Preisgericht die Schönsten und Besten ausgesucht. Gegen Mittag wurde vom Gauleiter Hofer der Schießstand Bezau eröffnet. Hier hatten die Standschützen und alle Freunde des Schießsports Gelegenheit, durch Meisterschüsse auf die Hauptscheibe, Festscheibe, Meisterscheibe und Serienscheibe auf 50 und 150 Meter schöne Preise zu erringen. Nach der Eröffnung des Schießstandes wurden dem Gauleiter die prämiierten Tiere vorgeführt. Hierbei sah man ganz hervorragende und vorbildliche Leistungen guter Tierhaltungen. Hervorgehoben sei der mit dem 1. Preis ausgezeichnete fünfjährige Stier „Jockl“ der Witwe Agate Fink aus Eindobel-Sulzberg 170 […].

Nach der Preisverteilung fanden Standkonzerte von der Trachtenkapelle und der Kreismusik im Orte statt. In den zwei größten Sälen des Ortes wurden am Abend Dorfabende gestaltet.

Der Sonntag, der eigentliche Trachtentag, wurde durch Wecken der Trachtenmusik und durch Böllerschüsse eröffnet. Omnibusse und eingelegte Sonderzüge der kleinen Bregenzer-Wald-Bahn brachten Tausende von Menschen aus dem Bregenzer Wald nach Bezau und damit zugleich ungezählte herrliche Trachtengruppen.

Auf dem Wiesenhang des Gidele-Bauern versammelten sich am Vormittag Tausende von Wälder und Wälderinnen, um der Feierstunde mit dem Gauleiter beizuwohnen. Festlich geschmückt war der Platz, der zu einer Freilichtbühne ausgestaltet worden war. Von hier aus sah man erst so recht die prächtige Lage dieses Walddorfes, von der Sonne bestrahlt ragten majestätisch die Hangspitze und der Kanisfluh hinter dem Wald empor. Fanfaren eröffneten die Feierstunde. Die Geschichte des Bregenzer Waldes zog in bunter Folge vorüber. Die Bauern an der Bregenzer Ache waren schon seit Alters her Freie. Sie wählten ihren „Landamann“ selbst und hielten jahrhundertelang das Gericht. Vierundzwanzig Räte mit rotem Mantel, Hellebarden und Stangen erschienen. Der Galgen, der auch später im Festzug mitgeführt wurde, stand in Egg unweit von Bezau auf der noch heute genannten „Galgenhalde“. Weiter zog die Geschichte vorüber. Schweden- und Franzosenkriege konnten den Bregenzer Wälder nicht unterkriegen. Er hielt an althergebrachter Ordnung fest. Auch große Künstler brachte der Wald hervor. Angelika Kaufmann, vor etwa 200 Jahren geboren, schuf als echte Bregenzer Wälderin viele Selbstbildnisse in den Trachten ihrer Heimat. Symbolisch traten in dieser Feierstunde junge Mädchen als Schülerinnen dieser großen Künstlerin in der alten weißen Bregenzer Wäldertracht mit Pinsel und Palette auf. Es folgten Bilder aus der Systemzeit mit dem Ringen der nationalsozialistischen Kämpfer um die Freiheit. Die Zeit des Umbruchs war sodann mit den Darstellungen der Wälder und Wälderinnen, die sich um die Fahne des Dritten Reiches scharten, ein eindrucksvolles Schlußbild.

Mittags fand der große Trachten- und Brauchtumszug statt. Die Dorfstraße war umsäumt von den Tausenden, die sich zu diesem Tag eingefunden hatten. Die Kreismusik, die Parteiformationen, HJ. und BdM., die Jugendgruppe der Frauenschaft eröffneten den Zug. Es folgten die Trachtenmusik, die Peitschenknaller aus Marktdorf in den Linzgauer Trachten, Waffenträger und Kindergruppen, die Bregenzer Gerichtsbarkeit, die Schwedengruppe, Kunst und Handwerk im Bregenzer Wald mit vielen Trachtenwagen, der Vorsäßwagen mit Plunder, Saumpferd, Heuleut und Düngerleut, der Alpzug und Alpwagen, ein NSV. [Nationalsozialistische Volkswohlfahrt]-Kindergarten mit Kindern in der Tracht, Bregenzer Wälder Werktagstrachtengruppen, sowie die Stand- und Jungschützen bildeten den Schluß des langen Zuges.
Im Anschluß daran sprach Gauleiter Hofer auf der Festwiese in einer Großkundgebung. Dabei richtete er an die Bregenzer Wälder den Appell, weiterhin so treu und hart zu bleiben wie bisher. Mit einem Bekenntnis zum Führer fand der Trachten- und Brauchtumstag seinen Abschluß.“


Details


Kameradschaftsabend – Tiroler Abend

„Kameradschaftsabende“ und „Tiroler Abende“ waren sehr beliebte Formen geselliger Zusammenkunft. Kameradschaftsabende folgten vielfach auf parteioffizielle Veranstaltungen, als gemütlicher Abschluss im fröhlichen Beisammensein getragen vom Gefühl ideologischer Übereinstimmung. Auch standen sie im Sinn propagandistischer Verwertbarkeit unter einem entsprechenden Motto wie zum Beispiel ein Abend des Reichskolonialbundes im Jänner 1940 in Innsbruck. Die Innsbrucker Nachrichten vom 15. Jänner 1940, Seite 5 teilen über diesen mit:

„Der Kreisverband Innsbruck des Reichskolonialbundes veranstaltet am Samstagabend im Gasthof Maria-Theresia einen Kolonialabend, der zu einem Kameradschaftstreffen wohl aller zu diesem Festabend abkömmlichen Mitglieder des Reichskolonialbundes von Innsbruck und Umgebung wurde und durch starken Besuch aus allen Bevölkerungskreisen werbend für die Ziele des Reichskolonialbundes wirkte. Durch Liedvorträge der Jugendgruppe des Reichskolonialbundes wurde den Besuchern des Abends die Devise Heia-Safari, unter der die Veranstaltung stand, verständlich gemacht, zumal da auch zum ersten Male in Innsbruck Lieder der Eingeborenen von Deutsch-Afrika im Originaltext zu hören waren, dann sinngemäß übersetzt wurden.“ Auf das schon ritualisierte gemeinsame Absingen des Engeland-Lieds folgte schließlich der vergnügliche Teil der Veranstaltung mit Tanz, Glücksrad und zwei eigens errichteten Schießständen. Das Lied mit dem Refrain „Wir fahren gegen Engeland“ besaß angesichts des Krieges mit England besondere Aktualität. Es galt bald neben dem Deutschland-Lied und dem Horst-Wessel-Lied als dritte Nationalhymne. Infolgedessen fiel dieses Lied auch unter die „Verordnung zum Schutz nationaler Symbole und Lieder“. In dieser war verfügt worden, dass das „Singen und Spielen vaterländischer Lieder und nationalsozialistischer Kampflieder in Vergnügungs- und Gaststätte im allgemeinen verboten“ ist. Vom Verbot ausgenommen waren „Gelegenheiten, bei denen zum Singen und Spielen dieser Lieder eine besondere Veranlassung“ vorlag, wie sie beim „Kolonialabend“ des Reichskolonialbundes offensichtlich gegeben war (Innsbrucker Nachrichten vom 27. März 1940, Seite 4).

Der Kameradschaftsgedanke bestimmte nicht zuletzt einen „Weihnachtsabend der Wehrmacht“, bei dem Verwundete des Standortes Innsbruck Weihnachtsgeschenke erhielten. Ausdrücklich war die Bevölkerung zu dieser Feier eingeladen, die auch in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Dezember 1940 (Seite 5) angekündigt wurde: Für entsprechende Stimmung zwischen Besinnlichkeit und Fröhlichkeit sorgte die Musik bei einem äußerst bunten Programm. „Ein vierstimmiger Männerchor einer Gebirgsjäger-Ersatzkompanie singt Krippenlieder von Josef Pöll (Wiegenlied, Südtiroler Weihnacht, Deine Wangelan sein röselerot, Buama-potz schliggra) und Volkslieder mit Jodlern von Josef Pöll (Mei Denai hat Wangai, ’s Zeisele, ’s Fruajahr, Der Wein). Das Musikkorps eines Gebirgsjäger-Ersatzregiments spielt den Kreuzritter-Fanfarenmarsch, Weihnachts-Bläserchoräle, im heiteren Teil spielt die Musik die Ouvertüre zu Webers Oberon, dann ‚Lehariana’, den Strauß-Walzer Geschichten aus dem Wienerwald. Das Gitarreduett Lorenz-Schletterer bringt zwei konzertante Stücke, Legende und Bolero. Als besondere Ueberraschung des Abends wird ein prominenter Tiroler Tenor der Wiener Oper, begleitet von Musikdirektor Fritz Weidlich eine Arie aus Butterfly sowie Lieder aus Land des Lächelns (‚Dein ist mein ganzes Herz’), Zarewitsch (Wolgalied) und Giuditta singen.“

Der „Tiroler Abend“ schloss vor allem die ländliche Bevölkerung bei gemeinsamer Unterhaltung zusammen. Diese gemeinschaftsbildenden und Identifikation stiftenden Treffen wurden von den nationalsozialistischen Ortsgruppen mit organisatorischer wie finanzieller Unterstützung gefördert, vielfach überhaupt selbst organisiert. Ein Beispiel für eine solche emotional der Heimat verbundenen Veranstaltung findet sich in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Juli 1940 (Seite 4) vermerkt unter der Überschrift „Tiroler Sängerabend in Söll“. „Im Gasthof Post traf sich die Bevölkerung von Söll und Umgebung zu einem Tiroler Abend. Eine Innsbrucker Sängergruppe trug Volksweisen und Jodler vor. Besonders die Jodlerinnen Frieda Höpperger und Wilhelm [!] ernteten viel Beifall. Die beiden ‚Seppl’ der Gesellschaft (Ortner und Sojer), letzterer aus unserem Orte, lösten mit ihren köstlichen Reimen fröhliche Lachsalven aus. Auch Humorist Sepp Fröschl unterhielt die Gäste aufs beste.“


Brauchtumspflege am Beispiel des Weihnachtsfestes

Die Nationalsozialisten legten auf die Pflege des Brauchtums besonderen Wert. Zu den wichtigen Aspekten dabei zählte die Stärkung der Gemeinschaftsbildung, doch auch die Förderung von Traditionsbewusstsein. Den Ursprung der meisten Bräuche verlegte man in mystische Vorzeiten der Ahnen, und schon aus diesem Verständnis heraus brachte man ihnen besondere Wertschätzung entgegen. Viele Bräuche betrachtete man jedoch als durch den Einfluss des Christentums in Form und Inhalt entstellt. Infolgedessen ging man daran, diese als fremd betrachteten Elemente zu eliminieren oder Bräuche überhaupt gänzlich umzugestalten, indem man insbesondere zu religiösen Festzeiten neue Brauchtumsformen erfand. Ein Beispiel dafür ist das christliche Weihnachtsfest, das im Fühlen und Denken der Bevölkerung einen nahezu unverrückbaren Platz im Zusammenhang mit der Kirche einnahm. Die Strategen der nationalsozialistischen Ideologie hatten erkannt, dass eine Neuorientierung und Umformung des Weihnachtsfestes vor allem über die Schuljugend erfolgreich sein konnte und setzten also entsprechende Initiativen. Daher wurde die Lehrerschaft in eigens dafür konzipierten Veranstaltungen geschult und auch beauftragt, die vorgestellten Erkenntnisse den Schülern zu übermitteln.

Über eine solche Aktion informieren die Innsbrucker Nachrichten vom 6. Dezember 1940 (Seite 3) mit der Schlagzeile „Weihnachten – ein echt deutsches Familienfest“:

„Im großen Musikvereinssaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war, fanden sich am Mittwochabend die Erzieher und Erzieherinnen sämtlicher Schulen Innsbrucks ein. Der Beauftragte des Kreisleiters für Erzieher hatte die Lehrerschaft gerade in dieser Zeit wieder einmal zusammengerufen, weil auch sie berufen ist, beizutragen zur Pflege und Wiedererweckung deutschen Brauchtums zur Weihnachtszeit.

Im Mittelpunkt des Abends stand ein Vortrag des Pg. Dr. Herbert Seidler über ‚Sinn und Geschichte der deutschen Weihnacht’, in dem der Redner die deutschen Züge unserer Weihnacht herausstellte. Weihnachten ist eine alte germanische Feier, das Fest der Jahreswende, des wiederkehrenden Lichtes nach der Wintersonnenwende. Der Redner ging dann auf die Entwicklung des Weihnachtsbaumes und der Weihnachtsbräuche ein. Weihnachten ist ein echt deutsches Familienfest. In der Familie ist der Gedanke der Wiedergeburt des Lichtes, an die ewige Erneuerung des Lebens am ergreifendsten und tiefsten erlebbar.

Anschließend an diesen Vortrag sprach der Beauftragte des Gauleiters für Erzieher, Gauamtsleiter Pg. Josef Prantl, über die Einsatzbereitschaft des Lehrers.

Im zweiten Teil des Abends brachte Pg. Arthur [!] Kanetscheider, dem ein Streichquartett und eine Mädelsingschar von der Lehrerbildungsanstalt und zwei Kinderchöre zur Seite standen, das echte weihnachtliche Volkslied. Nicht die konzertreife Vollkommenheit der Darbietungen, sondern die Sangesfreudigkeit der Jugend, deren helle Stimmen gerade der Weihnachtszeit ihr natürliches Gepräge verleihen, standen [!] hier im Vordergrund. Unter dem Lichterbaum sollen wieder alte, ewig junge Weisen erklingen und ebenso soll in der Schule die weihnachtliche Note wieder auf dem Boden völkischen und somit artgemäßen Brauchtums stehen. Das Empfinden für echt und falsch, für heimisch und fremd, muß zu einer Richtschnur werden, deren Einwirkung sich der einzelne nicht mehr zu entziehen vermag.“ Dies sollte auch für das Weihnachtslied gelten, das von allen christlichen Implikationen „gesäubert“ wurde und nur noch auf den germanischen Ursprung des Festes sowie seine gedanklichen Ableitungen Bezug nehmen sollte.


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Kulturprogramm für Südtiroler Umsiedler

Gemäß der Übereinkunft zwischen Adolf Hitler und Benito Mussolini, die Brennergrenze als endgültig zu betrachten, war vorgesehen, für die Südtiroler Bevölkerung, die sich zum „Deutschtum“ bekannte, Möglichkeiten für eine Ansiedlung entweder im Gau Tirol-Vorarlberg oder im geplanten Eroberungsgebiet anzubieten. Im Gau Tirol-Vorarlberg wurde dazu die Dienststelle Umsiedlung Südtirol eingerichtet. Der Gauamtsleiter dieser neuen Behörde, Dr. Georg Bilgeri, veröffentlichte dazu im Familienkalender Alpenheimat, Innsbruck 1941 (Seite 102-106), eine Zusammenfassung der Tätigkeit seiner Dienststelle. Vorerst erklärte der Autor die organisatorischen Abläufe der Volksabstimmung: „Bereits im Juni 1939, einige Tage nach der Vereinbarung vom 23. Juni 1939 mit Italien, wurden vom Reichsführer SS in seiner Eigenschaft als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums die amtlichen deutschen Ein- und Rückwanderstellen in Südtirol mit der Hauptstelle Bozen und den Zweigstellen in Meran, Brixen, Bruneck, Sterzing und Tarvis mit der Aufgabe errichtet, die ganzen organisatorischen Voraussetzungen für die Abstimmung zu schaffen und diese dann selbst vorzubereiten und durchzuführen […]. Das stolze Ergebnis der Option [von den 229.500 Abstimmungsberechtigten votierten 166.488 für Deutschland, siehe Innsbrucker Nachrichten vom 11. 1. 1940, S. 1], deren Frist nach kaum zweimonatiger Dauer bereits am 31. Dezember 1939 endigte, wird für alle Mitarbeiter dieser Dienststellen und für die Volksgruppe selbst ein einmaliger, schöner, überreicher Lohn für die schwere und mühevolle Arbeit gewesen sein.“

Unter großem Zeitdruck wurde in Innsbruck die Dienststelle Umsiedlung Südtirol eingerichtet und bald erweitert, da bereits während der Optionsfrist die Abwanderung der Südtiroler einsetzte. Über den aktuellen Betriebsablauf berichtet Dr. Bilgeri im Kalender Alpenheimat 1941: „Die Zahl der Abwandernden steigerte sich bald auf durchschnittlich 250 Menschen täglich […]. Die in Innsbruck ankommenden Umsiedler werden von einigen Helfern in Empfang genommen und auf die Empfangsstelle geleitet, die sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes befindet […]. Bei jedem Empfang wird mit kurzen Worten der Willkomm des Reiches zum Ausdruck gebracht und auf die Bedeutung des Tages verwiesen. Ausgegebene Merkblätter erleichtern dem Umsiedler seine nächsten Schritte und Maßnahmen und machen ihn mit den hauptsächlichen Einrichtungen des Reiches bekannt. Jeder Südtiroler wird auf der Empfangsstelle durch eigene Ärzte untersucht und durch eine eigene Röntgenstation geführt […].Ein eigener Omnibus steht bereit, die mit den Örtlichkeiten nicht vertrauten Umsiedler in die bereitgestellten Quartiere zu bringen […]. Aus einer auf der Empfangsstelle ausgegebenen Kontrollkarte vermag jeder Umsiedler selbst festzustellen, an welche Abteilung der Dienststelle Umsiedlung Südtirol er sich in den nächsten Tagen zu wenden hat. Es ist dafür gesorgt, daß jeder Umsiedler in längstens drei bis vier Tagen sämtliche Stellen passiert hat, bereits am ersten Tage in den Besitz der Einbürgerungsurkunde gelangt, die in einer kleinen Feierstunde ausgehändigt wird, und nach diesem Zeitpunkt seine Fahrt an den neuen Wohnort und Arbeitsplatz antreten kann.“

Die Südtiroler Lehrer beispielsweise wurden nach einer Schulung durch den NS-Lehrerbund, die sie „mit den Richtlinien des nationalsozialistischen Erziehungswesen vertraut machen sollte“, in ihrer neuem Heimat in den Schuldienst übernommen (Innsbrucker Nachrichten vom 30. März 1940, Seite 5).

„Um den Umsiedlern aber außer Arbeit und Verdienst auch entsprechende Wohnungen zur Verfügung stellen zu können, wurde bereits bei Beginn der Umsiedlungsaktion ein großzügiges Siedlungs- und Wohnbauprogramm in Angriff genommen […]. Überall im Gaugebiet sind Wohn- und Siedlungsbauten im Entstehen begriffen, einzelne bereits fertiggestellt und bezogen, ein Großteil steht unmittelbar vor der Vollendung. Tausende von Wohnungen werden also demnächst für die Aufnahme unserer Südtiroler Volksgenossen bereitstehen. Bis zu diesem Zeitpunkte werden den Umsiedlern Privatquartiere und Unterkünfte in Gasthäusern zur Verfügung gestellt“ (Georg Bilgeri in Alpenheimat 1941, S. 106).

Über die Unterbringung und Aufnahme der Südtiroler Umsiedler in der Bevölkerung melden die Innsbrucker Nachrichten vom 6. April 1940, Seite 9:

„Nicht nur in der Gauhauptstadt selbst ist alles vorgesorgt, um die Umsiedler aus dem Süden würdig zu empfangen, sondern auch das Netz der Betreuung erstreckt sich über den ganzen Gau. Es ist klar, daß eine möglichst zweckmäßige Verteilung der Südtiroler Volksgenossen über den ganzen Gau angestrebt wird, um Schwierigkeiten in der Unterbringung, die eben doch mit den vorhandenen Möglichkeiten rechnen muß, weitgehend auszuschließen. Ueberall in den Städten und Dörfern unseres Gaues treffen wir heute die Volksgenossen aus Südtirol, Bauernfamilien, Handwerker, ehemalige Beamte, Arbeiter […]. – Eine Fahrt durch unseren Gau galt dem Zweck, sich von der vorsorglichen Unterbringung der Volksgenossen aus Südtirol zu überzeugen. Ein Eindruck herrscht überall vor: Die herzliche Aufnahme der Umsiedler durch die Bevölkerung in unseren Städten und Dörfern. Da haben sich überall Parteistellen, stattliche und kommunale Aemter in den Dienst der Umsiedlungsaktion gestellt. Die Bürgermeister erachten es als ihre erste Pflicht, für reibungslose Unterbringung der Südtiroler Sorge zu tragen […]. – Ueberall sind Südtiroler Familien untergebracht: im Zillertal, im Unterinntal, in Hopfgarten, Kirchdorf, St. Johann, Fieberbrunn und in anderen Orten. Man merkt es schon, wenn man ins Dorf kommt, daß die Südtiroler Volksgenossen hier untergebracht sind […]. – Wenn wir mit den Männern und Frauen aus Südtirol sprechen, kommt die feste Zuversicht über ihre Zukunft zum Ausdruck […]. – Mit welcher Umsicht und welchem Ernst die schwierige Arbeit der Unterbringung der Volksgenossen aus Südtirol bewältigt wird, versteht man erst dann voll und ganz, wenn man hört, wie viele, immer wieder verschiedene Umstände berücksichtigt werden müssen: Beruf, Familie, Kinderzahl, Möbeltransporte, Vermögensübertragungen, persönliche Wünsche, Wohnungsfragen, eine fast endlos scheinende Kette von Arbeit, die doch möglichst rasch bewältigt werden muß.“


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Die Südtiroler Umsiedler wurden natürlich auch ideologisch betreut und auf ihre neue Aufgabe im Verbund mit dem Deutschen Reich eingeschworen. Viele von ihnen hatten sich schon zur Wehrmacht gemeldet. Gauleiter Hofer unternahm mit einer Südtiroler Delegation Anfang April 1940 eine Besichtigungsfahrt zum Lager Innsbruck-Mühlau und zu Truppenteilen, in deren Verband junge Südtiroler eingegliedert waren. Auf diese Demonstration folgte im „dichtbesetzten Bierwastlsaal“ ein „Kameradschaftsabend“ mit den „gegenwärtig in Innsbruck weilenden Südtirolern“ unter Beteiligung führender Parteifunktionäre wie Gauamtsleiter Dr. Bilgeri, Gauinspektor Pg. Klaus Mahnert, „mehrerer Gauamtsleiter und weiterer Vertreter der Partei und anderer Ehrengäste“ (Innsbrucker Nachrichten vom 8. April 1940, Seite 5). Der Abend begann mit „Sprech- und Liedvorträgen“ der Hitler-Jugend sowie Fanfarenklängen des „Deutschen Jungvolkes“. Danach begrüßte Gauleiter Franz Hofer die neu angekommenen Südtiroler. In seiner Rede würdigte Hofer ausdrücklich „die vorbildliche Volkstreue der Südtiroler“. Er erinnerte an das Vorbild des Südtiroler Bauerführers Michael Gaismair, „der schon vor Jahrhunderten für ein vorgeschautes Großdeutsches Reich wehrpolitische, wirtschaftliche und soziale Forderungen aufgestellt“ habe. Mit geschickter Rhetorik betonte der Gauleiter, dass die Südtiroler „nicht als ungebetene Gäste, sondern als Gleiche zu Gleiche kommen und als solche willkommen“ seien. Sie hätten, „um als Deutsche unter Deutschen leben zu können, das schwerste Opfer auf sich genommen und sogar die Bindung zum Boden aufgegeben, um die Bindung des Blutes zu erhalten“. Darum versicherte der Gauleiter den Anwesenden – und über den Bericht in den Innsbrucker Nachrichten auch medial verbreitet – allen Südtiroler Umsiedlern: „Wir im Gau Tirol-Vorarlberg sind bereit und entschlossen, zusammenzurücken und sie als Brüder aufzunehmen. Und wenn wir nicht alles schaffen können und viele von ihnen nicht in den Bergen Tirols und Vorarlbergs, sondern anderwärts im großdeutschen Raum, im geschlossenen Siedlungsgebiet oder sonst wo ihre Bleibe finden, immer wird der Gau Tirol-Vorarlberg als Rückhalt, als engere Heimat ihrer und unserer gemeinsamen Ueberlieferung mit dem Herzen bei ihnen bleiben.“ Auf diese wohlüberlegte aufputschende Rede des Gauleiters, die mit „wiederholter jubelnder Zustimmung“ aufgenommen wurde, beteuerte ein Vertreter der Südtiroler Umsiedler im Namen aller, dass sie „ins Reich kommen, nur deshalb, weil Deutschland es will. Die Südtiroler wollen dazu beitragen können, daß dieser Krieg so beendet wird, wie es sein muß: mit dem Sieg Großdeutschlands“. Die ideologisch aufgeheizte Atmosphäre fasst der Autor des Zeitungsartikels am Ende seines Beitrags so zusammen: „Die Ansprache klang in ein begeistert angenommenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus und zur Kampf- und Schicksalsgemeinschaft aller Deutschen und mit dem Engelandlied aus. Daran schloß sich, durch Musikvorführungen und Darbietungen von Trachtengruppen umrahmt, noch eine Stunde herzlicher kameradschaftlicher Verbundenheit.“

Für die kulturelle Betreuung der Südtiroler Umsiedler schuf die Dienststelle Umsiedlung Südtirol einen „Veranstaltungsring“. Das Programm sah Aufführungen im Tiroler Landestheater, Filmvorführungen und „Bunte Abende“ vor. Für eine Woche im September 1940 etwa war folgendes Programm festgelegt (Innsbrucker Nachrichten vom 23. September 1940, Seite 6):

Montag, 23. September, 20.30 Uhr, Bierwastlsaal, Tonfilmvorführung der Gaufilmstelle mit Wochenschau „(ab 18 Jahre)“; 20 Uhr, Tiroler Landestheater, Der Vogelhändler, Operette von Karl Zeller, Organisation: NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude.
Dienstag, 24. September, 20 Uhr, „Bunter Abend – 2 Stunden Unterhaltung“ im Stadtsaal, Organisation: NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude; 20 Uhr, ebenfalls im Zusammenwirken mit KdF, im Tiroler Landestheater als Alternativprogramm Fahr’n ma,Euer Gnaden, Volksstück mit Musik.
Mittwoch, 25. September, 20 Uhr, Tiroler Landestheater, Clivia, Operette von Nico Dostal.
Donnerstag, 26. September, 20.30 Uhr, Tonfilmvorführung mit Wochenschau der Gaufilmstelle im Bierwastlsaal.

Auch auf dem Land war man bemüht, den Südtiroler Umsiedlern durch Gemeinschaft stiftende Veranstaltungen ihr Schicksal zu lindern. Im Tiroler Volksblatt vom 18. Dezember 1940 (Seite 3) erfährt man unter dem Titel „Tirolerabend für Südtiroler Rückwanderer“ von einer solchen solidarischen Aktion:

„Ein lustiger Abend hat am Samstag, den 14. Dezember, im Auftrag der Kreisverwaltung der DAF., NSG. [Deutschen Arbeitsfront, Nationalsozialistischen Gemeinschaft] Kraft durch Freude, für die in Kufstein weilenden Volksgenossen aus Südtirol stattgefunden, und zwar gleich in doppelter Auflage: Im Großen Eggersal und im Saal beim Neuwirt. Er hatte den Zweck, den Südtiroler Rückwanderern einmal wieder ein paar heitere Stunden zu bieten, und nach dem Verlauf dieses Abends darf man wohl sagen, daß dieses Ziel in jeder Hinsicht erreicht worden ist. Die Südtiroler, Männer, Frauen und Mädchen, haben sich vortrefflich unterhalten. Der heitere Teil des Abends wurde in der Hauptsache von den bekannten Gebrüdern Feiersinger und einer Wörgler Volkssängerin und Jodlerin bestritten, die die schönsten ihrer Tiroler Liedln zum besten gaben und damit stürmischen Beifall fanden. Neben Bürgermeister Max Schierl hatte sich auch Kreisleiter Hans Ploner eingefunden, der an die Südtiroler herzliche Worte der Begrüßung richtete und ihnen die Versicherung gab, daß sich der nationalsozialistische Staat, die Partei, allzeit ihrer annehmen und immer trachten werde, ihnen das Leben in ihrer neuen Heimat schön zu machen. So verlief der Abend, bei dem den Erschienenen auch ein kleiner Imbiß gereicht werden konnte, an beiden Orten im Zeichen wahrer Volksgemeinschaft und fröhlicher Lebensbejahung, deren Betonung wir auch in diesem Kriege nicht verlernt haben.“

Auch das Deutsche Volksbildungswerk nahm sich der Südtiroler Umsiedler an, um ihr berufliches Fortkommen zu erleichtern. Im Claudiasaal wurden wöchentlich zweimal verschiedene Kurse angeboten. Initiator war der Berufsförderungsring der Dienststelle Umsiedlung Südtirol. Das Deutsche Volksbildungswerk und die Abteilung Berufserziehung-Betriebsführung der Deutschen Arbeitsfront teilten sich die Aufgaben, die Kursteilnehmer für ihr neues Berufsleben vorzubereiten. Der Unterricht enthielt die Fächer Rechtschreibung, Grammatik und Kurrentschrift, dazu Geschichte, Geographie und Literatur. Kleine Vorträge aus den verschiedensten Fächern ergänzten die Ausbildung. Berufsbezogen waren Kurse für Maschinschreiben und Kurzschrift. Über die ideologische Implikation dieser Fortbildungsmaßnahme erklären die Innsbrucker Nachrichten vom 23. April 1940, Seite 5: „Darüber hinaus aber bilden die Unterrichtskurse für die Südtiroler Volksgenossen auch eine richtige Gemeinschaft, in der die Möglichkeit zur Aussprache über aktuelle Fragen, über das politische Geschehen, über weltanschauliche und sozialpolitische Fragen besteht, eine Aussprachengemeinschaft also, die weit über den Zweck eines bloßen Unterrichtskurses hinaus allen Teilnehmern Werte vermittelt.“ Es wird zudem erwähnt, dass die „Kameradschaftsführer der Dienststelle Südtirol, die in eigenen Kursen des Deutschen Volksbildungswerkes zusammengefaßt sind“, eine „besondere Schulung, die sich auch auf das weltanschauliche Gebiet erstreckt“, erhalten.

Die Akademie der Wissenschaften in Wien nützte im Rahmen von „sprachvergleichenden Dialektstudien“ die sich durch die Anwesenheit von Südtiroler Umsiedlern ergebende Gelegenheit, Sprachproben Südtiroler Mundarten zu dokumentieren. Im Auftrag der Akademie führte Dr. Ruht, der „technische Beamte“ des Phonogrammarchivs, im Geologischen Institut der alten Universität Dialektaufnahmen mit Südtirolern durch, die nach dem Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. Juli 1940 (Seite 4) bezweckten, „die Volkssprache Südtirols für die Zukunft genau nach dem Wort- und Lautbild, wie es gesprochen wird, festzuhalten“. Unterstützt wurde Dr. Ruth dabei vom Innsbrucker Universitätsprofessor Dr. Josef Schatz, dem Germanisten und Dialektforscher, der die Gewährspersonen auswählte.


Städtebauliche Maßnahmen

Aufgrund der starken Zuwanderung aus Südtirol wurde der Bau von Wohnungen vordringlich. Im ganzen Gaugebiet, doch vor allem in Innsbruck, unternahmen die Gauleitung und die zuständigen Dienststellen große Anstrengungen, den immensen Bedarf an neuen Wohnungen systematisch durch ein Bauprogramm zu organisieren. Im Herbst 1939 wurden diese baulichen Tätigkeiten in Innsbruck aufgenommen. Im Februar 1940 konnte am Sillufer bereits das Richtfest für den ersten großen Wohnbaublock gefeiert werden. Die Innsbrucker Nachrichten vom 12. Februar 1940, Seite 3, melden:

„Innerhalb weniger Wochen, in denen durch den außergewöhnlich harten Winter die Bautätigkeit besonderen Schwierigkeiten begegnete, wurde eine fast beispiellose Arbeitsleistung vollbracht. Fünfhundert Arbeiter schufen drei Monate lang ohne Unterlaß am ersten großen Wohnbaublock für die Südtiroler Volksgenossen, so daß nun bereits das Richtfest stattfinden konnte. Die Feier erhielt durch die Teilnahme Gauleiter Hofers, der in Begleitung seines Beauftragten für das Wohnungs- und Siedlungswesen, Gauhauptstellenleiter Tusch, erschien, besondere Bedeutung. Ferner nahmen an der Feier teil Mitglieder des Gaustabes, zahlreiche Politische Leiter, der Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Innsbruck, Pg. Dr. Denz und Vertreter der Bauherrin, der Neuen Heimat, Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft der DAF. [Deutschen Arbeitsfront], und der ausführenden Baufirmen […]. Ein Polier begrüßte im Namen der Gefolgschaften den Gauleiter und hielt in launiger Weise den herkömmlichen Richtspruch. Sodann sprach Gauhauptstellenleiter Pg. Tusch, der dem Gauleiter für seinen tatkräftigen Einsatz und die Förderung dankte […]. Unter stürmischem Beifall der Arbeitskameraden sprach Gauleiter Hofer, nachdem der Richtkranz an dem stolzen Bau hochgegangen war, über die Bedeutung des Baues […]. Mit herzerfrischenden Worten dankte der Südtiroler Ploner im Namen der Gefolgschaft dem Gauleiter und versicherte ihn des besten Willens aller, an diesem Werk so weiter zu schaffen wie bisher.

Die Lieder der Nation beendeten die erhebende Feier, nach der die Arbeitskameraden unter Vorantritt des Gaumusikzuges zum Richtschmaus ins Hotel Maria Theresia zogen. Gauleiter Hofer weilte dort ebenfalls im Kreise der Arbeitskameraden, die ein paar fröhliche Stunden nach Wochen harter Arbeit und des vorbildlichen Einsatzes verbrachten.“

Mit einem weiteren Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Februar 1940, Seite 3, wird spezifiziert:

„So entsteht drunten am Sillufer ein ganz neues Stadtviertel, das der Gegend bald ein ganz neues Gesicht verleihen wird. Besonderer Wert wurde auch hier, gleich den neugeschaffenen Bauten am Sillufer, auf geschickte Einfügung der Gebäude in den herrlichen Rahmen unserer Heimatlandschaft gelegt.

Die fertiggestellten Wohnbauten […] sind schon bezogen und stellen eine mustergültige Lösung der Wohnungsfrage dar. Die Häuserfronten umschließen weite Höfe. Hölzerne, zweckmäßig angeordnete Balkone geben den Bauten auch auf den Hofseiten einen freundlichen Anblick.“

Die massive Bautätigkeit hatte natürlich Auswirkung auf das städtebauliche Gesamtkonzept. Da die Nationalsozialisten vor allem aus ideologischen Gründen großen Wert auf Denkmal- und Naturschutz legten, wurden Ausnahme-Baugenehmigungen erforderlich, die der „Führer“ Adolf Hitler selbst erteilen musste. So wurde für Innsbruck eigens ein Erlass über städtebauliche Maßnahmen dekretiert. Sein Wortlaut im Reichsgesetzblatt findet sich auch in den Innsbrucker Nachrichten vom 23. März 1940, Seite 3:

„Erlaß des Führers und Reichskanzlers über städtebauliche Maßnahmen in der Stadt Innsbruck. Vom 15. März 1940.

Für die Stadt Innsbruck ordne ich die Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen an, die zur Anlage und zum Ausbau sowie zur planvollen Gestaltung der Stadt erforderlich sind.

Ich beauftrage den Gauleiter des Gaues Tirol-Vorarlberg der NSDAP., Franz Hofer, die im § 1, Abs. 2 und § 3 des Gesetzes über die Neugestaltung deutscher Städte vom 4. Oktober 1937 (Reichsgesetzblatt I, S. 1054) erwähnten Maßnahmen zu treffen.

Der Beauftragte kann seine Befugnisse auch über das Gebiet der Stadt Innsbruck hinaus auf das Gebiet der Gemeinden Arzl und Rum ausdehnen, soweit dies zur Durchführung seiner Aufgabe erforderlich ist […].“

Die Innsbrucker Nachrichten (23. 3. 1940, S. 3) kommentieren diese Anordnung von höchster Stelle wie folgt:

„Das Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte vom 4. Oktober 1937 findet nur für die städtebaulichen Maßnahmen Anwendung, deren Durchführung der Führer und Reichskanzler, wie im vorliegenden Falle für Innsbruck, anordnet. Die Absicht, die diesem Gesetz zugrunde liegt, sprach der Führer am 30. Jänner 1937 vor dem Reichstag in unzweideutiger Weise mit den folgenden Worten aus:

‚Als äußeres Zeichen für diese große Epoche der Wiederauferstehung unseres Volkes aber soll nunmehr der planmäßige Ausbau einiger großer Städte des Reiches treten.’

Wenn der Führer die Anwendung dieses Gesetzes, das auf eine bestimmte Anzahl von Städten beschränkt ist, unter denen sich bisher u. a. Berlin, München, Nürnberg, Weimar und Linz befanden, jetzt auch auf unsere Gauhauptstadt ausgedehnt hat, so kann diese Auszeichnung nicht nur die Volksgenossen Innsbrucks, sondern des ganzen Gaues Tirol-Vorarlberg mit dankbarer Freude und Stolz erfüllen. Innsbruck wird in der Folgezeit jene großzügige Ausgestaltung erfahren, die dieser Stadt als Zentrum unseres Grenzgaues, nach ihrer Geschichte und nicht zuletzt wegen der Einmaligkeit ihrer landschaftlichen Lage sowie ihrer Bedeutung als Schnittpunkt der Verkehrswege von Nord nach Süd und West nach Ost zukommt.“

Innsbrucks Oberbürgermeister Dr. Denz stellt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 5. Juni 1940 (Seite 5) fest:

„Trotz der durch den Krieg notwendig gewordenen Beschränkung und des Mangels an Arbeitskräften ist in der Gauhauptstadt das größte Bauprogramm in Angriff genommen worden, das in Innsbruck jemals durchgeführt worden ist. Die mit der Umsiedlung der Volksgenossen aus Südtirol und dem raschen wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Aufschwung der Stadt zusammenhängenden Probleme machten die Durchführung eines Wohnbauprogramms notwendig, das allein für sich betrachtet ein gewaltiges Stück Arbeit darstellt. Eine Reihe von Wohnbauten wurde bereits fertiggestellt. Die im Bau befindlichen oder vor kurzem in Angriff genommenen Projekte im Rahmen des gesamten Bauprogramms in unserem Gau werden zur Beseitigung des Wohnungsmangels beitragen. In Pradl ragen die Mauern der neuen Wohnbauten bereits hoch empor, manche Bauten stehen bereits unter Dach, andere Bauten wurden soeben vergeben und werden unmittelbar in Angriff genommen. Entlang der Gumpstraße werden weitere Bauten errichtet. In der Fischergasse werden allein über 300 Wohnungen erbaut. Alles dies geschieht unter Ueberwindung aller Schwierigkeiten, die sich insbesondere aus der Knappheit an Arbeitskräften ergeben. Diese Bauten, die jetzt in Angriff genommen werden, werden nach Beendigung des Krieges in der Durchführung eines gewaltigen Bauprogramms Ausdruck und Vollendung finden. Der Führererlaß über die Neugestaltung der Gauhauptstadt Innsbruck bietet hiefür den großen, weitschauenden Rahmen.“

Neben den Bauunternehmungen für die Südtiroler Umsiedler gab es noch zahlreiche weitere städtebauliche Maßnahmen wie dem Bau der neuen Innbrücke in der Reichenau (Innsbrucker Nachrichten vom 13. Mai 1940, Seite 3), die Fertigstellung der neuen Mühlauer Innbrücke und die damit verbundene Abtragung der alten „Lokalbahnbrücke“ und der „Notbrücke“ (Innsbrucker Nachrichten vom 13, Februar 1940, Seite 3). Über die Neugestaltung der Maria-Theresien-Straße melden die Innsbrucker Nachrichten vom 1. Oktober 1940, Seite 3:

„Anläßlich des Vorbeimarsches der Standschützenformationen vor dem Gauleiter im Anschluß an die Eröffnung des Dritten Landesschießens zeigte sich die Maria-Theresien-Straße in Innsbruck seit Wochen wieder einmal mit völlig neuem Gesicht: Es waren nämlich die umfangreichen Gleisverlegungsarbeiten der Lokalbahn und die dadurch bedingte Instandsetzung der Straßendecke gerade zu diesem Zeitpunkt fertig geworden […]. Es gibt in der Maria-Theresien-Straße für die Straßenbahn keine Eingleisigkeit und damit auch keinen Gegenverkehr mehr, das lästige und zeitraubende Warten der Züge vor den eingleisigen Strecken, falls ein Gegenzug unterwegs war, ist endgültig ausgefallen […]. Nun läuft je ein Schienenstrang links und rechts der Annasäule und doppelgleisig ist auch der Bogen zur Anichstraße. Durch die Anlage von Gehsteiginseln an den Haltestellen ist eine weitere Gefahrenquelle sowohl für den Fußgänger als auch für den schienenfreien Straßenverkehr ausgeschaltet worden“.

Im Dezember 1940 wurden die in das historische Gebäude mit dem Goldenen Dachl verlegten Diensträume für das Standesamt „in einer schlichten, aber um so würdigeren Feierstunde ihrer Bestimmung übergeben“ (Innsbrucker Nachrichten vom 12. Dezember 1940, Seite 5). Als Begründung für die Verlegung des Standesamtes in dieses exklusive historische Ambiente wird in den Innsbrucker Nachrichten weiters mitgeteilt:

„Oberbürgermeister Dr. Denz übergab nun die neuen Räume ihrer Bestimmung und bekannte sich in klaren und eindringlichen Worten zur nationalsozialistischen Auffassung über die Ehe, die niemals nur Angelegenheit der Eheschließenden sein könne, sondern ein Akt tiefster Verpflichtung dem Volk und damit dem Staat [gegenüber] sein müsse. Der Staat habe die Pflicht und Schuldigkeit, alles zu tun, um seinen Volksgenossen die Bedeutung dieses Schrittes auch durch einen würdigen äußeren Rahmen klar werden zu lassen. Gerade das Standesamt habe wie kaum ein anderes Amt eine besondere Bedeutung. Es müsse Hüterin der Rassenreinheit, Wahrerin der Volksgesundheit sein und dafür sorgen, daß die Schicksalsnormen unseres Volkes, die Nürnberger Gesetze, Geltung haben.

Der Oberbürgermeister betonte, daß er bewußt für das Standesamt einen Neubau abgelehnt habe, denn diese, für die Gemeinschaft so bedeutungsvolle Stätte müsse in höchstem Maße heimatliche Verbundenheit und heimatliche Kunst ausstrahlen. Gerade durch die Lage inmitten der schönen Altstadt sollen die uralten Mauern den Eheschließenden auf den Gedanken der Geschlechterkette, der volkschaffenden Ahnenreihe führen.

Mit einer Mahnung an die Gefolgschaft des Standesamtes, ihren Beruf nicht als trockene Beamte, sondern als wahre Nationalsozialisten auszuüben, schloß der Oberbürgermeister mit einem Dank an alle Männer, die sich um dieses Werk verdient gemacht haben.“

Das Innsbrucker Standsamt befindet sich auch heute noch in den historischen Räumlichkeiten des Hauses mit dem Goldenen Dachl, Herzog-Friedrich-Straße 15.

NS-Projekte im Dienst des Tourismus betrafen den Ausbau von Skiabfahrten im Zusammenwirken von Verkehrsamt, Skischule Innsbruck und Skiklub Innsbruck. Von der Seegrube zur Hungerburg wurde eine neue, sportlich attraktive Abfahrt gebaut. Auf der Familienabfahrt der Mutterer Alm erfolgten Verbesserungen (Innsbrucker Nachrichten vom 31. August 1940, Seite 7 bzw. vom 23. November 1940, Seite 5).


Universität

Die Universität hatte sich ebenso in den Dienst der nationalsozialistischen Ideologie gestellt. Diese Institution, die ein Hort der Wahrheitsfindung und ein Vorbild für berufliches Ethos sein sollte, passte sich in allen Fakultäten und Lehrstühlen den Erwartungen der Nationalsozialisten an, ja mehr noch, vielfach war diese Gleichschaltung des Denkens und Handelns mit großem Engagement verbunden. Die Universität als Symbol des geistigen Fortschritts, verbunden mit der Erwartungshaltung der Entwicklung, Betreuung und Bewahrung des menschlichen Wissens, hat sich der NS-Ideologie völlig unterworfen. In den einzelnen Wissensgebieten wurden die Schwerpunkte bewusst auf jene Fachbereiche gelegt, die die Ideologie hofieren konnten. Ein Beispiel dafür sind die „Altertumswissenschaften“, die sich bei ihren Ausgrabungen und sonstigen Forschungen bemühten, bewusst germanischen Mythenbildungen wissenschaftlichen Unterbau zu verschaffen. Ein Beispiel von vielen schildert der Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. November 1940 (Seite 4) unter der Überschrift „Wissenschaft als Quelle der Volksgeschichte“. Dort wird ein Text von Dr. S. Bergmeister auf der Grundlage eines von ihm geführten Interviews mit dem Althistoriker Prof. Dr. Franz Miltner, Dekan der philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck, veröffentlicht. Anlass für die Veröffentlichung war die Ankündigung eines Vortrags über „Die deutsche Aufgabe der Altertumswissenschaft“ in der Aula der Universität, den Prof. Miltner am 18. November 1940 halten sollte. Die Statements des Dekans der philosophischen Fakultät geben deutlich die völlige gedankliche Umklammerung durch die NS-Ideologie wieder:

„Der Nationalsozialismus, der auf allen Gebieten bahnbrechende Reformen brachte und rücksichtslos mit allem Formelkram vergangener Zeiten aufräumte, ließ auch durch die Stuben wissenschaftlicher Forschung den Wind der neuen Zeit brausen und fegte hinweg, was nicht art- und volksverbunden war. Er setzte an die Stelle der Wissenschaft, der sogenannten ‚absoluten Objektivität’, die sich in tausenderlei Meinungen zersplitterte und durch ihre geschraubten, oft auch artfremden Theorien und Thesen das eigene Volk entfremdete, die politisch geführte und ausgerichtete Wissenschaft, die im Dienst des Ganzen, der Gesamtheit des Volkes steht […]. Die Altertumswissenschaft, der die antiken Schriftsteller und das ganze antike Bildmaterial als Quellen dienen, ist dazu berufen, uns Kunde von der Frühgeschichte unseres Volkes zu geben. Eben in dieser Erschließung der antiken Welt unter Bezugnahme auf die Geschichte des deutschen Volkes, liegt die Bedeutung und der Wert des Humanismus, der naturgemäß heute nicht mehr im Sinne eines Erasmus von Rotterdam aufgefaßt werden kann, sondern der bewußt in der Erziehung des jungen Menschen zum Deutschen eingesetzt wird.“

Professor Miltner war ein Experte der antiken Literatur und versuchte auf der Basis dieses Wissens Querverbindungen zur deutschen Frühgeschichte herzustellen. Sein wissenschaftliches Hauptwerk Germanische Köpfe der Antike (Potsdam 1938) befasste sich mit germanischen Heer- und Volksführern. Über die Forschungen an seinem Institut wird erklärt: „Im Institut des Professors befassen sich die Studienbeflissenen mit antiken Schriftstellern und mit antikem Bildmaterial, um daraus wertvolle Hinweise auf die Frühgeschichte unseres Volkes zu gewinnen.“

Ein wesentlicher Aspekt der universitären Forschungsarbeit im Bereich der Altertumskunde waren Ausgrabungen im Gaugebiet, um den Nachweis möglichst lang anhaltender rassischer Kontinuitäten zu beweisen. Solche Bestrebungen wurden von Gauleiter Hofer unterstützt. In den Innsbrucker Nachrichten (15. 11. 1940, S. 4) wird dazu veröffentlicht: „Wie die Altertumswissenschaft praktisch arbeitet und die aus ihren Forschungen gewonnenen Erkenntnisse verwertet, zeigt uns deutlich ein Vertiefen in die Geschichte der Bewohner und der Besiedlung unseres Heimatgaues selber. Herkunft und Siedlungsgebiet der illyrisch-dinarischen Rasse sind heute von der Altertumswissenschaft aufgeworfene Fragen, die durch die Ausgrabungen der letzten Jahre in Tirol selbst in einen größeren Geschichtskreis gestellt wurden. In Tarrenz, in Imst und in Vill bei Igls wurden solche Ausgrabungen mit Erfolg durchgeführt. Aufschlußreiche Ergebnisse über die Geschichte dieser Rasse, die für die Siedlungsgeschichte unserer engeren Heimat von größter Bedeutung ist, wurden erzielt. So wurde in Imst ein Urnenfeld aus dem 8. und 9. Jahrhundert vor der Zeitenwende, in Tarrenz eine Kultstätte aus den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende aufgefunden. Besonders ergiebig waren die Arbeiten in Vill bei Igls, wo Frau Prof. Miltner, die Gattin des Universitätsprofessors, die Ausgrabungen mit großem Verständnis leitet. Eine große illyrische Siedlung mit einem Heiligtum und öffentlichen Versammlungsräumen, die außergewöhnlich gut erhalten sind, wurden ausgegraben. Die Mauerreste der Bauten sind über mannshoch. Es dürfte sich wohl um die bedeutendste Fundstätte auf diesem Gebiete handeln. Die Arbeiten wurden hier von einer studentischen Arbeitsgemeinschaft durchgeführt. Studenten haben während ihrer Ferien im neuen Geist der Zeit wertvolle Gemeinschaftsarbeit getan, die der Erforschung der Heimatgeschichte zugute kommt […]. Dem Zustandekommen dieser für die Forschung wertvollen Arbeiten hat Gauleiter Hofer größte Anteilnahme zugewendet. Seinem Entgegenkommen und seiner Förderung ist es zu verdanken, daß die Arbeiten so weit gediehen sind. Altertumswissenschaft hilft somit tatkräftig mit, die vergangenen Tage der Frühgeschichte des deutschen Volkes aufzuhellen und uns ein echtes Bild jener Zeiten unbändigen Ringens nach Freiheit und Bestehen zu geben. Wissenschaft wird damit wieder volksnahe und volksbezogen und schlägt eine Brücke vom Heute in die ruhmreiche Vergangenheit unseres Volkes. Damit wird aber auch die wieder etwas in Verruf gekommene humanistische Bildung rehabilitiert, die sich als wichtiger Mittler zwischen einst und jetzt zeigt.“


Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Das Tiroler Landesmuseum wurde nach einer Schließzeit im Herbst 1939, verbunden mit Umbauarbeiten und einer teilweise Neuaufstellung der Sammlungen, im Jänner 1940 wieder öffentlich zugänglich. Eine diesbezügliche Verlautbarung bringen die Innsbrucker Nachrichten vom 20. Jänner 1940, Seite 4. An diese Information knüpfte sich freilich auch eine Werbung für den Besuch des Ferdinandeums:

„Entsprechend dem allgemeinen Bestreben im Reiche, die Museen und anderen kulturellen Institute auch in der gegenwärtigen Zeit so weit wie möglich dem Volke zugänglich zu machen, wird nun ab Sonntag, den 21. Jänner, auch das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum seine Tore für den allgemeinen Besuch wieder öffnen. Vor allem werden die auch für den Schulbesuch wichtigen Abteilungen für die Tiroler Vorgeschichte, der Waffensammlung, dem Saal der Stadt Innsbruck, dem Andreas-Hofer-Saal und der Abteilung für Tirolische Landkartenkunde sowie die ganze Sammlung Plastik und Kunstgewerbe wiedereröffnet. Durch eine teilweise Neuaufstellung wurde es ermöglicht, eine Reihe von Gegenständen zu zeigen, die bisher aus Platzmangel im Depot des Museums aufbewahrt werden mußten. Die Eröffnung der Gemäldegalerie, in der die in umfangreicherem Maße notwendigen Schutzmaßnahmen mit einer seit langen geplanten Neuordnung verbunden werden, ist zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht genommen.“

Im Juni 1940 erschien in den Innsbrucker Nachrichten ein weiterer Artikel über das Tiroler Landesmuseum. Darin wird festgestellt, dass sich die Besucherzahl gegenüber dem Vorjahr „bedeutend“ gesteigert habe. Der Berichterstatter führt das lebhafte Interesse an lokaler Geschichte und Kulturtradition auf das Bedürfnis zurück, gerade in Kriegszeiten „nach Parallelen geschichtlicher Größe in der Vergangenheit“ Ausschau zu halten. Das Museum bildete mit seiner Demonstration konzentriert ruhmvoller Vergangenheit den idealen Bezugspunkt für die Propaganda einer fest geschlossenen, in traditionsreicher gemeinsamer Geschichte gewachsenen Volksgemeinschaft: „Einen Querschnitt durch die traditionsreiche Geschichte und das kulturelle Schaffen unseres engen Heimatlandes vermitteln uns in einzigartiger Form die reichen Schätze des Tiroler Landesmuseums als Zeugen großer Tage und blühender Kultur“ (Innsbrucker Nachrichten vom 8. Juni 1940, Seite 6). Besonders nachdrücklich wird der Museumsbesuch der Schuljugend nahe gelegt. Für sie sei vor allem geeignet der „Saal der Stadt Innsbruck mit den schriftlichen und bildlichen Erinnerungen an die Geschichte der Landeshauptstadt und ein Raum mit alten Tiroler Landkarten“. Gleichfalls empfehlenswert wäre der „Waffensaal“ mit einer „Fülle von Schutz-, Angriffs- und Jagdwaffen, wie Dolche, Schwerter, Hellebarden usw. des 16. bis 19. Jahrhunderts“. Die Gemäldegalerie konnte noch nicht besichtigt werden: „Nach der geplanten Neuaufstellung und der Restaurierung verschiedener Bilder wird auch diese Abteilung des Museums so bald wie möglich wieder der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht werden.“ Schließlich wird noch darauf verwiesen, dass dem Tiroler Landesmuseum seit dem „Umbruch“ seitens der Partei und vor allem durch Gauleiter Hofer „großzügige Förderung zuteil wurde.“


Bildende Kunst und Ausstellungen

Im April 1940 wurde im Taxishof eine Kunstausstellung präsentiert, die sich von den üblichen Ausstellungen dadurch unterschied, dass die dabei vorgestellten Kunstwerke im Auftrag der Partei geschaffen wurden. Die Maler und Graphiker des Kreises Innsbruck nämlich „wurden beauftragt, unsere Zeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungen zu deuten und zu symbolisieren“. Dr. Kurt Pichler führt in den Innsbrucker Nachrichten vom 20. April (Seite 9) dazu weiter aus: „‚Heimat und Front’ könnte man als Leitspruch über die Ausstellung setzen.“ Dann werden Beispiele dieser kuriosen, ganz in Parteigefolgschaft konzipierten Schau angeführt:

„Eine Studie von Toni Winter zeigt einen vorstürmenden Krieger […]. Leopold Fetz schuf einen Wandbildentwurf in drei Teilen: Wehr, Scholle und Geist […]. Martha Strele ist durch ein Oelgemälde und durch eine Zeichnung vertreten. Das Oelbild Das goldene Ehrenkreuz und die Zeichnung Deutscher Spruch sind ideenmäßig aus unserer Zeit gegriffen. – [Erwin] Lutz [-Waldner] zeigt drei Entwürfe von Wandbildern, die durch ihre Farbgebung auffallen. Am besten gefällt uns der Entwurf Arbeitsdienst. Es gibt keine Farbe, die dieses Bild nicht in verhaltener Form, aufweisen würde. Die anderen Entwürfe Bereitschaft und Aufbruch sind einfacher, der ursprünglichen Konzeption näher geblieben […]. Max Weiler ist durch ein Oelgemälde Sie sölln nur kemmen vertreten. Der soldatische Geist unserer Jugend soll durch zwei Gestalten verkörpert werden. Wir glauben, daß ihm dies auch gelungen wäre, wenn er nicht den einen der beiden Jungen das Messer hätte ziehen lassen […]. Lois Alton ist durch drei Werke vertreten: durch ein Oelgemälde Südtiroler Rückwanderer und durch zwei Farbzeichnungen MG. im Kampf und Wachtposten […]. Ernst Degn zeigt ein Gemälde Illegaler Fahnenträger und einen Freskenentwurf 11. März 1938 […]. Sepp Ringel zeigt einen Entwurf für ein Fresko und eine Komposition Die Illegalen. Franz Köberl bringt zwei Freskoentwürfe Front und Heimat und Tiroler Schützen. Besonders das zweite Bild ist ganz Ergebnis und Erlebnis unserer Zeit: der Wehrgedanke, von den Alten gewahrt, von der Jugend wieder aufgenommen und an die Kinder weitergereicht, vermittelt hier – vor allem durch die Einfachheit der Darstellung – stärksten Eindruck. Ein Plakatentwurf von Hans Zötsch befriedigt nicht durchaus. – Dagegen sind die Zeichnungen Ernst Nepos Offiziere an der Westfrontausgezeichnete Porträts. – Raimund Wörle ist durch vier Werke vertreten. Der Künstler spricht vor allem aus der Heimkehr […]. Ein großes Oelgemälde von Robert Saurwein Tiroler Scheibenstand bildet ein Gegenstück zum Entwurf [Franz] Köberls […]. Genialität zeigen wieder die Skizzen Wilhelm Prachenskys aus dem Polenfeldzug. Besonders die Zerschossene Brücke ist in ihrer unmittelbaren Wirkfähigkeit eine ausgezeichnete Leistung. – Die Südtiroler, ein Aquarell von Gretl Karasek, zeigt deren malerische Art und Eigenart […].

Hans Boresch hat seinem bekannten Führerbild eine Zeichnung in Kreide folgen lassen, die ganz ausgezeichnet ist. Ein Pastell von Josef Arnold, Hinter der Front, ein Mutterbild von Grimm, ein Oelgemälde von August Trech lassen auch diese Künstler zu Wort kommen. –Gebirgsjäger, Tod im Stacheldraht und Angriff, drei Holzschnitte von Karl Krepcik, vermitteln in ihrer kunstvollen Art tiefen Eindruck. – Altmeister Thomas Riß zeigt ein Gemälde: Der Standschütze. Ein Gipsentwurf Hans Pontillers, als Fassadenschmuck für eine Kaserne gedacht, bringt ein altes Motiv in neuer Gestaltung.“

Die bildenden Künstler des Kreises Innsbruck, auch der nach dem Krieg bis in die Gegenwart zu Recht wegen seiner großen Künstlerschaft so verehrte Max Weiler, haben sich vollends den Erwartungen der Partei gefügt und mit solchen Aktionen ihr Talent und ihre Kunst der Ideologie geweiht. Durch ihren sozialen Status als Vorbild haben die bildenden Künstler mit ihrem öffentlichen parteikonformen Wirken nicht unwesentlich dazu beigetragen, die Propaganda der NSDAP zu stärken. Wie sehr diese Vereinnahmung nahezu die gesamte Künstlerschaft Tirols betraf, wird in der großen „Gaukunstausstellung“ in der alten Universitätsbibliothek in Innsbruck offenkundig, die am letzten Novembertag 1940 unter zahlreicher Beteiligung der Parteiprominenz eröffnet wurde. Neben dem Gauleiter waren sein Stellvertreter „Hauptdienstleiter Pg. Parson“, Kreisleiter Dr. Primbs und fast alle Gauamtsleiter anwesend. Auch Vertreter der Wehrmacht und des Reichsarbeitsdienstes fanden sich als Ehrengäste ein. Der Staat war durch Gauhauptmann Pg. Linert vertreten, die Stadt Innsbruck durch Pg. Christoph. Die Universität repräsentierte der Rektor Pg. Prof. Dr. Steinacker, die Künstlerschaft des Gaues der geschäftsführende Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste Prof. Max von Esterle. Über die ideologisch geprägte Intention dieser Prestigeausstellung schreibt Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 29. November 1940, Seite 5:

„Es ist ein beglückendes Gefühl, zu sehen, daß selbst während des Krieges die Schöpferkraft unserer Künstler keineswegs erschlafft ist, ja, im Gegenteil, der Impuls zur Verewigung deutscher Kunst nur stärker geworden ist. Und dies ist ja letzten Endes nicht nur eine Aufgabe des stammesmäßigen Gefüges, dies ist vor allem ein deutsches Gebot. Denn der, der heute nicht mithilft, an der Front oder in geistigen Belangen der Heimat für Deutschlands Stellung in der Welt einzutreten, ist nicht wert, den Namen unseres Volkes zu tragen. Daß es unter den Künstlern unseres Gaues keinen gibt, der diesen Ruf nicht verstanden hätte, bietet den Beweis des hohen Ernstes, der einer solchen Berufung zukommt.“

In seiner Eröffnungsrede stellte Gauleiter Franz Hofer mit sichtlichem Stolz fest, dass „seinem Rufe zu dieser Ausstellung über hundert Künstler gefolgt seien“. Diese „erste Kunstausstellung“ des Gaues Tirol-Vorarlberg verdiene die Bezeichnung „Gauausstellung im vollen Maße, weil in ihr zum ersten Mal fast die gesamte Künstlerschaft des Gaues“ vertreten sei. Mit „besonders herzlicher Freude und Anerkennung“ begrüßte Hofer die Teilnahme der Südtiroler Künstler.

Gemäß dem Bericht von der Eröffnung der „Gaukunstausstellung“ unter der Schlagzeile „Die gesamte Künstlerschaft des Gaues stellt aus“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 2. Dezember 1940 (Seite 3) ging der Gauleiter in der weiteren Folge seiner Eröffnungsrede vor allem auf die praktische Bedeutung und ideologische Verwertbarkeit von Kunst ein. Hofer „erinnerte dabei an die umfangreichen Bauvorhaben, die im Gau auf dem Gebiete der Siedlungstätigkeit in Ausführung begriffen sind.“ Diese Bautätigkeit stelle zugleich hohe Anforderungen an die Künstlerschaft, denn mit ihr sollte die Ausschmückung der Wohnstätten Hand in Hand gehen. „Die Südtiroler […] sollen in geschmückten Häusern auch künstlerisch ausgestaltete Wohnungen finden.“ Dazu müssten die Kunstwerke erschwinglich sein und in den Wohnungen „als Freude[n]bringer nach des Tages Mühe und Arbeit wirken“. Diese ideelle soziale Funktion sei „der höchste Sinn und die schönste Erfüllung eines jeden Kunstwerkes“. Die Künstlerschaft müsse sich anstrengen, „Bannerträger dieser Idee zu werden“.

Zum Abschluss der Gaukunstausstellung am 31. Dezember 1940 rief der Gauleiter alle beteiligten Künstler zusammen, um ihnen eindringlich noch einmal seine vor allem sozialbedingte Funktion von Kunst für ihr weiteres Schaffen als Richtlinie zu unterbreiten. Ihre Kunstwerke sollten nicht als elitäre Renommeestücke für begüterte Käufer geschaffen werden, sondern unter dem Schlagwort „Kunst ins Volk“ prinzipiell der Allgemeinheit gewidmet sein und auf diese Weise „als wertvoller Schatz in der Familie wirklich lebendig“ bleiben. Diese ästhetische und funktionelle Neuausrichtung von Kunst war natürlich von eminenter parteipolitischer Tragweite, wurde doch über die Kunstwerke und ihre suggestiven Motive auch das gedankliche Rüstzeug der Parteiideologie nachdrücklich weiterwirkend bis in die privatesten Bereiche der Menschen getragen. Wie sehr sich die bildenden Künstler damals schon dem Geschmack des breiten Publikums angepasst hatten, kommt besonders in den Verkaufszahlen ihrer Werke zum Ausdruck. Die Gauausstellung war mit 200 Werken beschickt worden. Von diesen fand während der relativ kurzen Zeit der Ausstellungsdauer mehr als ein Viertel einen Käufer. In den Innsbrucker Nachrichten vom 2. Jänner 1941 (Seite 5) wird folgendes Resümee gezogen: „Nicht nur der künstlerische, sondern auch der materielle Erfolg ist demnach als verheißungsvoller Beginn einer erfolgreichen Arbeit auf dem Gebiet des Kulturschaffens im Gau Tirol-Vorarlberg zu bewerten.“


Ausstellungskatalog


Im Juli 1940 präsentierte Siegfried Amerstorfer eine Fotoausstellung im Taxishof Innsbruck. Karl Paulin schreibt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 5. Juli 1940, Seite 4: „Ein junger Innsbrucker Lichtbildner, Siegfried Amerstorfer, der sich im Beruf kunstgewerblich betätigt, zeigt gegenwärtig im Taxishof eine Reihe eigener Lichtbilder, die sowohl in der Motivwahl wie in der Erfassung neue Wege beschreiten, was bei der Unzahl guter, ja vorzüglicher Lichtbilder immerhin etwas bedeutet […]. Zwischen Licht und Schatten liegen tatsächlich die schönsten seiner Motive, er weiß um das Geheimnis unscheinbarster und doch feinster Wirkungen des Schattens, ob ihn nun eine Bank, ein Gitter, ein Geländer oder eine Mauer wirft. Er weiß auch um die von Tausenden unbeachtete Schönheit im Kleinsten, fängt den Duft einer zarten Frühlingsblüte, die Anmut eines Jungmädchenantlitzes, die herbe Größe des Kopfes einer alten Bäuerin auf und entlockt auch den nüchternsten Dingen einen Reiz, der oft nur in der besonderen Blockrichtung und Beleuchtung liegt.“

Über die spezifische Motivwahl für Fresken an öffentlichen Bauten gibt ein Bericht von Hans Cornel Pfeifer in den Innsbrucker Nachrichten vom 28. Oktober 1940, Seite 6, Auskunft: „Immer mehr bürgert sich neuerlich wieder das Freskogemälde an den Außenfronten der Häuser sowohl als auch als dekorativer Wandschmuck im Inner[e]n ein. Für Bauten, die einem besonderen Zweck zu dienen haben, wie Gemeindehäuser, Schießstände, Gasthöfe u. dgl. gibt die deutsche Geschichte des Altertums und Mittelalters in überreicher Fülle geeigneten Stoff, der meist noch in inniger Beziehung zur engeren Heimatgeschichte steht, während Privatbauten mehr bodenverbundene symbolische Gestalten und Begebenheiten wählen werden, die zu Land und Leuten, Brauchtum und Kultur Bindung haben. Ein mit schönen Fresken geschmücktes Heim wird immer einen schmucken und einladenden Eindruck machen und den Bewohnern ein weithin sichtbares Zeugnis ihres Kunstsinnes ausstellen.“ Als beispielhaft werden Fresken angeführt, die Sepp Ringel für eine Wohnsiedlung in Hall geschaffen hatte: „Die Gestalten sind überlebensgroß, in Freskotechnik gehalten, jedoch in Mineralfarben gemalt, die eine höhere Wetterbeständigkeit verbürgen. Eines der Bilder zeigt drei Gestalten, den Salzhäuer, den Salzträger und den Kaufmann, während ein Kahn die einstmals dort blühende Innschiffahrt versinnbildlicht. Ein anderes stellt die Obstleserinnen dar, an dessen Ausführung auch Kunstmaler Prantl, der derzeit beim Heer steht, mitgewirkt hat, weitere der Sämann, die Schnitterin mit Kind und den Kraxentrager mit Hirtenknaben. Die wuchtigen Darstellungen aus der Künstlerhand Sepp Ringels, der verhältnismäßig erst spät durch Ernst Nepo zur Freskomalerei gekommen ist, beweisen hohes Können und tiefschürfende geistige Durchdringung seiner Gestalten, die immer lebenswahr, echt und bodenverwurzelt wirken.“ Diese „volksverbundene“ Ästhetik fand die ausdrückliche Förderung des Gauleiters.

Dem Innsbrucker Maler Walter Kühn wurde im März 1940 in „den Räumen des ersten Ranges“ im Tiroler Landestheater eine Ausstellung gewidmet. Gezeigt wurde ein Überblick über sein künstlerisches Schaffen mit Originalzeichnungen, Graphiken, Aquarellen und Hinterglasmalereien sowie Fotos von seinen Ölgemälden, Wandbildern und illustratorischen Arbeiten. Die Reportage in den Innsbrucker Nachrichten vom 4. März 1940, Seite 6, nennt einige Werkbezeichnungen wie Berggruppe, Bau der Innbrücke bei Roppen, Peitschenschwinger, Heutragende Bäuerin oder Verschlagener Bauer. Daraus kann man folgern, dass sich Walter Kühn auch weitgehend den Kunstansichten der Nationalsozialisten gefügt hatte und viele seiner Werke im Einklang mit den ästhetischen Vorgaben der damaligen Kulturpolitik entstanden.

Ein Ölgemälde Der Steinwerfer von Max Weiler war im März 1940 im Kunsthaus Unterberger Innsbruck ausgestellt (Neueste Zeitung vom 12. März 1940, Seite 4).

Landschaftsbilder aus der Dolomitenwelt von Franz Schwetz wurden im September 1940 im Schaufenster der Innsbrucker Kunsthandlung Czichna gezeigt (Innsbrucker Nachrichten vom 21. September 1940, Seite 8).

Nach dem Ableben von Artur Nikodem (1870-1940) erschien in den Innsbrucker Nachrichten, dem offiziellen Presseorgan der NSDAP, am 14. Februar 1940 ein Nachruf von Josef Anton Steurer. Er schloss mit dem Satz: „Und das [Gedenken an seine Kunst] ist unser Dank für seine einmalige Kunst, für sein Dasein.“

Dies ist darum bemerkenswert, weil Artur Nikodem kein angepasster Künstler war. Ganz im Gegenteil, er konnte nach dem „Anschluss“ seine malerische Tätigkeit aufgrund seiner Verweigerung nur zurückgezogen und ohne Möglichkeit des Ausstellens ausüben. Er war zudem aus einer Reihe von Künstlervereinigungen ausgeschlossen worden. Vierzehn seiner in der Staatlichen Sammlung Nürnberg ausgestellten Werke wurden von der staatlichen Behörde als „entartete Kunst“ beschlagnahmt und Teile seines Werks zerstört (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Artur_Nikodem, 26. August 2013).

Besondere Wertschätzung wurde einem „Führerbild“ des Tiroler Malers Heinrich Berann zuerkannt. Dr. Kurt Pichler widmet diesem Bild in den Innsbrucker Nachrichten vom 2. März 1940 (Seite 7) folgende Würdigung:

„Der Tiroler Maler Heinrich Berann, ein bekannter Graphiker und Maler, der durch Gemälde eigener Prägung auffällt, hat das Bildnis des Führers auf die Leinwand gebannt. Es ist ein Oelgemälde. Persönliche Auffassung zeigt die Stellung: Der Führer steht am Rednerpult. Der untere Abschluß des Bildes ist durch die Stützleiste des Pultes gegeben, auf der die machtvoll geballte Faust ruht. Die Lichtquelle bleibt unsichtbar. Das Licht selbst fällt von links unten nach rechts oben schräg ein, beleuchtet die mächtige Gestalt, während das Antlitz hoch erhoben im Schatten bleibt. Das vermittelt einen eigenen Eindruck. Das Gesicht des Führers ist dem grellen Schein entzogen. Der Blick ist in die Ferne gerichtet, als sehe er die Zukunft. Edel ist die Haltung, edel der Ausdruck, der sich im Antlitz spiegelt. Die Runen des Wissenden haben sich in das Gesicht gegraben.

Berann verstand es, diese psychischen Gegebenheiten nicht nur direkt darzustellen, sondern durch die dem Bild beigegebenen Attribute noch zu verstärken. So ist z. B. der Mantel in kühnem Schwung um die Schultern gelegt, der Kragen auf der einen Seite hochgeschlagen. Es ist überhaupt ein Aufwärtsdrängen, ein Hinauf, das hier gestaltet wurde und das im Blick, der alle Taten der Vergangenheit und des Kommenden zu vereinen scheint, gipfelt. Im Hintergrund des Bildes wird die mächtige Klaue des Hoheitsadlers sichtbar. Auch dies scheint uns eine gelungene Idee; der Eindruck des Kraftvollen wird verstärkt.

Das Bild, das bei Czichna [Innsbruck] zur Ausstellung kommt, ist nicht nur das bisher beste Bild des Malers (der Graphiker hatte auch früher schon Großes geleistet), es ist darüber hinaus ein außerordentlich interessantes Beispiel moderner Gestaltgebung im Gemälde. – Dem Künstler, der übrigens im graphischen Atelier des NS.-Gauverlages tätig ist, gelang mit seinem letzten Werk zweifellos ein großer Wurf.“

Mit Beginn der Spielzeit 1940/41 wurde Heinrich Berann im Tiroler Landestheater eine Ausstellung gewidmet, zu der Josef Manfreda in den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Oktober 1940, Seite 5 eine ausführliche Besprechung vorlegte. Manfreda bedauert, dass „diese Bilder in so eingeschränkten und ungünstigen Räumen“ präsentiert würden. Die Beleuchtung wäre völlig unzulänglich und die Bildwirkung sei infolge der „ungünstig liegenden Lichtquellen“ und der sich daraus ergebenen „unvermeidlichen Blendreflexe zerstört“. Gerade Beranns Bilder bräuchten, „um die Düsterheit der Farben nicht zum Nachteil zu bringen, strahlendhelles Tageslicht, am vorteilhaftesten Oberlicht“. Gezeigt wurden in der Präsentation Ölbilder wie Kranke Seele, Hexenverbrennung, Einsame Nacht, Bettler, Bergsee, Drei Zinnen, Spätherbst, Toskana. Zum Stil und zu den Vorlieben im Schaffen des Künstlers stellt Josef Manfreda fest: „Beranns Kunst ist ‚Ausdruckskunst‘ im besten Sinne des Wortes. Wer den Künstler kennt, weiß, daß nur seine Oelbilder, mit den schweren, düsteren Farben, seinem wahren Wesen entsprechen und in diametralem Gegensatz stehen zu seinen Landschaften und Figurenbildern auf seinen Prospekten (Reklameheft von der Hafelekarbahn, von Salzburg usw.). Auf letzteren sehen wir frohe Farbenfreudigkeit, flutendes Licht und wärmende Sonne. Es ist dies ein treffliches Beispiel, wie sehr ein willenstarker Mensch, durch äußere Umstände gezwungen, in der Lage ist, sich umzustellen.“

In zwei Auslagenfenstern der Innsbrucker Kunsthandlung Unterberger wurde im Juni 1940 eine Reihe von Schülerarbeiten gezeigt, die in der Berufsfachschule für Bildhauerei der Staatsgewerbeschule Innsbruck unter der Leitung von Professor Hans Pontiller entstanden waren. Diese Präsentation sollte von der ausgezeichneten Ausbildung der jungen Bildhauer Zeugnis ablegen. Neben der Schnitz- und Modellklasse war 1940 die „Arbeit in Stein und das Auftragen für Bau- und Grabmalkunst hinzugekommen“. Außerdem informiert Fritz Olbert in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Juni 1940, Seite 6, dass die jungen Menschen, die mit 14 Jahren in die Schule eintreten, in vierjähriger Schulzeit „eine gründliche Ausbildung erhalten, die ihnen die Lehrzeit und eine zweijährige Gehilfenzeit ersetzt“. Zur Intention der pädagogisch-künstlerischen Einrichtung wird erklärt: „Aus diesen Arbeiten der Berufsfachschule für Bildhauerei spricht die Zielsetzung, die für das Schaffen dieser jungen Menschen gilt: sie ist die Wiederherstellung der Einheit von Kunst und Handwerk. Dem Lehrer obliegt es, die schöpferischen Kräfte und die Mittel zu entwickeln, aus denen der neue Geist deutschen Kunstschaffens zu schönster Form finden soll. Daß gerade in der Richtung auf diese Ziele bereits viel erreicht ist, zeigen schon die wenigen zur Schau gestellten Stücke der kleinen, aber sicherlich beachtenswerten Ausstellung. Es ist umso erfreulicher, als in ihr vom Schaffen junger Menschen berichtet wird, die in emsiger Arbeit und aus echtem künstlerischen Drang heraus die Grenze des ‚Schulhaften’ bereits weit hinter sich gelassen haben.“

Über die Verleihung des „Mozartpreises 1940“ an den Dichter Josef Wenter und den Maler Rudolf Stolz siehe die Ausführungen weiter unten im Abschnitt „Literatur“.


„Völkische“ Ausstellungen

Im Oktober 1940 präsentierte das Taxis-Palais eine Ausstellung „Das Bauernhaus der Ostmark“. Initiatoren und Gestalter waren die Landesgruppe Tirol des Deutschen Heimatbundes in Zusammenwirken mit der Arbeitsgemeinschaft der östmärkischen Landesgruppen des Heimatbundes in Wien. Nach einer Mitteilung in den Innsbrucker Nachrichten vom 8. Oktober 1940 (Seite 5 f.) hatte diese Ausstellung insbesondere einen aufklärenden informativen Zweck, denn es sollte mit dieser „Uebersicht über die verschiedenen Gehöfteformen in der Ostmark“ vor allem der „Stadtbevölkerung Sinn und Verständnis für volkskünstlerisches Gestalten auf dem Lande erweckt“ werden. Gauleiter Franz Hofer eröffnete die Ausstellung im „Beisein der Vertreter der Dienststellen von Partei, Wehrmacht und Staat“. Zum Inhalt der Ausstellung wird berichtet: „120 Bilder, alle geographisch von Ost nach West, von Nord nach Süd geordnet, offenbaren die Vielfalt der Hausformen der Ostmark. 16 Großaufnahmen zeigen die Hausformen in ihrem Verhältnis zur Landschaft, in die sie hineingestellt sind, und das volkskünstlerische Element, das manches Bauernhaus zu einem wahren Schmuckstück bäuerlichen Gestaltungswillen macht.“ Besonders eindrucksvolle Bauernhäuser wurden als nachgebildete Modelle gezeigt. Dabei zog man vor allem Leihgaben aus dem Tiroler Volkskunstmuseum und dem Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz heran. Doch auch Schüler der Knabenhauptschule Leopoldstraße hatten solche Modelle speziell für diese Ausstellung angefertigt. Das Ambiente der Ausstellung hatte man sorgfältig auf deren Inhalt abgestimmt: „Die sehr geschmackvolle Aufmachung des Ausstellungsraumes, die Architekt Schatz, Innsbruck, besorgte, nimmt den Besucher gleich gefangen und schafft jene Aufgeschlossenheit, die für die Zwecke der Ausstellung nur günstig sein kann. Erntekränze schmücken die Wände, Blumensträuße und Schalen mit Früchten ziehen den Blick auf sich. Man bewundert die wunderbare Farbenzusammenstellung, den erlesenen Geschmack. Tannenbäume an den Wänden beleben den Raum.“ Die Schau war als Wanderausstellung konzipiert; sie wurde nach der Innsbrucker Präsentation, die am 15. Oktober endete, in Salzburg und Graz gezeigt. Danach sollten die Zeichnungen der Hausformen als Anschauungsmaterial für Schulen verwendet werden.

Ausdrücklich wird nochmals auf die politische Intention dieser Ausstellung verwiesen: „So wird die Ausstellung den ihr von den Veranstaltern zugedachten Zweck, in der Stadt Verständnis für bäuerliches Wesen und bäuerliche Wohnkunst zu erwecken und mancherlei Vorurteile zu bekämpfen, erfüllen. Das bestehende Bauernhaus ist ja keineswegs, wie allzu eifrige Techniker manchmal behaupten, den geänderten Wirtschaftsweisen gegenüber überlebt und für bäuerliche Neubauten nicht mehr verwendbar. Dies zeigt auch ein Preisausschreiben, das vor kurzem der Deutsche Heimatbund in Norddeutschland für die Neugestaltung des Bauernhauses erließ. Das Ergebnis war, daß der alte bewährte Typ beibehalten wurde und daß eben diese Form, die mit allen Veränderungen, die geänderte Wirtschaftsvorgänge erfordern, völlig vereinbar ist.“

Im Jahr 1940 wurde die erste „Kreisausstellung“ in Imst eröffnet. Diese Schau stand in Zusammenhang mit dem „Kreisappell“. Während beim Kreisappell die Verbände und Gliederungen der NSDAP ihren Rechenschaftsbericht ablieferten, sollte diese „Kreisausstellung“ einen Überblick über Geschichte, Wirtschaft und Volkskultur des Kreises Imst von der Vergangenheit bis in die Gegenwart vermitteln. Handwerkliche Traditionen wurden anhand von Objekten ebenso bildhaft veranschaulicht wie die Volkstracht, das Schützenwesen oder die Entwicklung des Fremdenverkehrs. Auf die überregionale Bedeutung der Imkerschule Imst wurde mit Stolz verwiesen, auch auf die besondere Pflege der Obstkultur, die, begünstigt durch die nordwindgeschützte Lage vieler Oberländer Orte, „kostbares Edelobst von feinstem Geschmack und guter Haltbarkeit“ hervorbringt. Ein besonderer Teil der Ausstellung widmete sich der Kunst: „Thomas Riß und Thomas Walch, Meister Grimm und Hugo Engl, die im Kreis Imst ihre Heimat haben oder ihm durch ihr Leben und Schaffen eng verbunden sind, zeigen einige ihrer besten Werke“, betont M. Randolf in den Innsbrucker Nachrichten vom 31. August 1940 (Seite 9). Dazu meint sie: „Künstlerischen Doppelklang hat der Name Kranewitter, jener des Oheims wie des Neffen. Franz Josef Kranewitter hat den ausdrucksvollen Kopf des großen Tiroler Dramatikers Franz Kranewitter in fesselnder Plastik nachempfunden. Seine feinen Schnitzwerke wie seine Aquarelle und Zeichnungen sind gleichermaßen durchdrungen und getragen vom Willen zu heimatgetreuer Eigenart, wie gerade seine hier abgebildete Gruppe Vater und Sohn klar aufzeigt. Professor Gabl, der berühmte Zeitgenosse, ist mit zwei prachtvollen lebendigen Porträts vertreten. H. Hilbers liebt starke Farben als Hauptträger künstlerischen Ausdrucks.“

Mit diesem Ausstellungskonzept, das in der Folge von mehreren Kreisen im Gau in ähnlicher Form weitergeführt wurde, hatte man gewissermaßen die Grundlagen für die später nach dem Krieg entstandenen Heimatmuseen vorweggenommen. Wie bei den Dorfgemeinschaftsabenden anfangs die Idee der Schaffung eines „Dorfbuches“ als ideeller Identifikationsträger Pate stand, waren bei den Kreisausstellungen ebenfalls als Ergebnis die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls aufgrund anschaulich dokumentierter gemeinsamer Lebensart und anerkannter Kulturleistung erwünscht.


Details


Literatur

Eine besondere Auszeichnung für das Ansehen der Tiroler Literatur bedeutete die Zuerkennung des renommierten „Mozartpreises“ an den Dramatiker Josef Wenter, den er zusammen mit dem Maler Rudolf Stolz am 3. November 1940 in der Aula der Universität Innsbruck überreicht bekam. Die Feier wurde zu einem gesellschaftlichen Ereignis, das natürlich auch in der Lokalpresse entsprechenden Widerhall fand. Die Innsbrucker Nachrichten vom 4. November 1940 bringen einen ausführlichen Bericht von der Verleihungszeremonie (Seite 5). Schriftleiter Karl Paulin hatte bereits am 2. November eine umfassende Würdigung der beiden Preisträger veröffentlicht. Dem besonderen kulturellen und auch propagandistisch verwertbaren Anlass entsprechend, nahmen neben dem Gauleiter zahlreiche weitere Ehrengäste an der Preisverleihung teil. Nachdem der Innsbrucker Universitätsrektor Professor Dr. Harold Steinacker die Festgäste begrüßt hatte und „seiner Freude darüber Ausdruck“ gab, dass „diesmal zwei Volksgenossen aus der Heimat mit dem Preis bedacht werden, hielt Prof. Dr. [Heinrich] Hammer seine Laudatio auf den Maler Rudolf Stolz“. Dr. Kurt Pichler erklärt in den Innsbrucker Nachrichten (4. 11. 1940, S. 5): „Einer besonderen Wertung wurden die Fresken in der Innsbrucker Bahnhofshalle unterzogen. Die Kompositionen des Malers zeigen tiefe Verbundenheit mit den Menschen, dem Volks- und Brauchtum der Heimat. Das aber besagt, daß sie zugleich echtes Deutschtum beinhalten.“ Es folgte die Ansprache von Professor Dr. Raimund von Klebelsberg, der als Vorsitzender des Kuratoriums für den Mozartpreis in seiner Rede auf die Intention der Stiftung einging: Diese sei geschaffen worden, „um dem Künstlertum des Grenzlandes Anerkennung zu bieten. Denn gerade an diesem liegt es, deutsche Wesenart in der Kunst zu demonstrieren. So wie der Maler Stolz diese Aufgabe lebt, so ist es auch beim zweiten Mozartpreisträger Dr. Josef Wenter, der heute in Baden bei Wien lebt und schafft. Geschichte und Natur sind die beiden Wurzeln, aus denen er die Kraft des dichterischen Werkes zieht. Sie sind in einer Sprache gestaltet, durch die die Musik klingt, der er sich zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn verschworen hatte. Wie stark die Kräfte der Heimat in Wenter wirksam sind, beweist auch sein dramatisches Schaffen. Neben den Gestalten der großen deutschen Geschichte finden sich Schauspielstoffe aus der Heimat. Heldische Persönlichkeiten der deutschen Vergangenheit werden von Wenter zu neuem Leben auf der Bühne erweckt.“

Ergänzend wird zum literarischen Schaffen Josef Wenters in den Innsbrucker Nachrichten vom 9. November 1940 (Seite 11) mitgeteilt: „Dr. Josef Wenter […], der erfolgreiche Dramatiker des Wiener Burgtheaters, ist in ganz Großdeutschland bekannt und anerkannt, dessen Bühnen die großen geschichtlichen Dramen aus der deutschen Kaiserzeit und aus der tirolischen Geschichte immer wieder zur Aufführung bringen. Wie sehr Wenters Schaffen die großdeutsche Gedankenwelt umspannt, zeigen seine Tragödien Der deutsche Heinrich, Heinrich VI und Johann Philipp Palm sowie der Erzählband Salier und Staufer, der Gestalten aus dem deutschen Mittelalter verlebendigt. Der Tiroler Geschichte entnommen sind Wenters Dramen Der Kanzler von Tirol, Die schöne Welserin und sein erst kürzlich in Innsbruck uraufgeführtes Drama aus dem Tiroler Bauernkrieg Michel Gaismair.“

Nachdem der Rektor der Universität Innsbruck Prof. Steinacker die Überreichung der Preisurkunden vorgenommen hatte, hielt er noch eine ideologisch überzeugende Ansprache. Eingangs stellte er nämlich fest, dass „ein Volk von seinen Grenzen aus lebe. So fest wie die Menschen an diesen Grenzen stehen, so fest stehe das Reich, so hoch wie die Kultur an diesen Grenzen blühe, so wird es um die Kultur des Reichs bestellt sein […]. Gerade die Kunst des Alpenraumes sei eine Gewähr, daß das Gefühl für naturhafte künstlerische Gestaltung wach sei und reifste Früchte trage […]. Auch Rudolf Stolz und Josef Wenter sind zwei Künstler, die der gesamtdeutschen Kunst neue Werke hinzufügen. Die Ehrung durch den Mozartpreis erfülle also ihren vollen Sinn.“ Mit der Dankesrede von Dr. Josef Wenter fand der Festakt nach einem Streichquartettsatz von Ludwig van Beethoven, mit dem „Gruß an den Führer“ und den „Liedern der Nation“ den üblichen ideologisch geforderten Abschluss solch offizieller Festakte mit maßgeblichem Parteieinfluss (Innsbrucker Nachrichten vom 4. November 1940, Seite 5).

Einige Woche zuvor hatte Josef Wenter mit einer Dichterlesung das Wintersemester 1940/41 des Volksbildungswerks im Gau Tirol-Vorarlberg eröffnet. Dem Renommee des Dichters entsprechend war der Gaupropagandaleiter „Parteigenosse“ Dr. Karl Lapper mit „zahlreichen anderen führenden Persönlichkeiten der Partei und ihrer Gliederungen“ anwesend, die der Gaustellenleiter Pg. Dr. Sofka zu Beginn der Veranstaltung begrüßen konnte. In seiner Ansprache gab Dr. Sofka auch einen Überblick über die Aufgaben und Ziele des Volksbildungswerkes. Nach einer Mitteilung in den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Oktober 1940 (Seite 5) hätten sich die Veranstaltungen gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Insgesamt wurden 1.242 Veranstaltungen mit 127.330 Teilnehmern durchgeführt. Zum Verlauf der Dichterlesung wird berichtet: „Nach weiteren Begrüßungsansprachen von P[artei]g[enossi]n Ehrentraut Straffner, in denen sie das Schaffen des Dichters würdigte, betrat dieser selber das Lesepult. Schon mit den ersten Worten hatte er die Brücke zu seinen Hörern geschlagen. Mit dem Abschnitt ‚Ligusterschwärmer’ aus einem noch unvollendeten Roman, mit dem der Dichter seine Lesung eröffnete, zeigte er sich als warmer Tierfreund, wie wir ihn aus seinen herrlichen Tierbüchern bereits kennen […]. Besonderen Beifall fand Josef Wenter, als er in humorvollen Worten von den verschiedenen Tiroler Spezialitäten erzählte, vom Tiroler Speck, von der Zubereitung der Knödel […] oder vom ‚Melchermus’[…], von einem guten Tropfen Wein oder von den verschiedenen Schnäpsen in unserem Bergland […]. Aus seinen Dramen las Dr. Wenter die rührende Abschiedsszene Elisabeths vom Landgrafen Ludwig aus der Landgräfin von Thüringen und die dramatische Schlussszene aus Der deutsche Heinrich. Die Lesung des Dichters, der ein guter Interpret seines Schaffens ist, fand einen Beifall, wie wir ihn nie bei derartigen Veranstaltungen erlebten. Die nicht enden wollenden Zustimmungsbekundungen erwiesen das Ansehen, das der Tiroler Dichter gerade in seinem Heimatland genießt.“

Ein weiterer, im nationalsozialistischen Kulturbetrieb verehrter und preisgekrönter Dichter, Josef Georg Oberkofler, fand im Jahr 1940 auch wiederum gebührende Aufmerksamkeit.

Im Rahmen eines Vortragsabends des Deutschen Heimatbundes, Gruppe Tirol, sprach Karl Paulin über Leben und Werk des vielfach gefeierten Dichters. Dr. Kurt Pichler schreibt dazu in den Innsbrucker Nachrichten vom 23. Februar 1940, Seite 4: „Es war doppelt interessant, die Deutung eines Mannes zu hören, der, selbst tief verwurzelt in Heimat und Scholle, über Leben und Dichtung Oberkoflers sprach. Und wirklich, wir fanden unseren Blick auf vieles hingelenkt, das uns bisher vielleicht verschlossen geblieben war. Karl Paulin gab einen klaren tiefgeschauten Aufriß über des Künstlers Schaffen, in dem sich wuchtig gestaltet auch dessen Leben spiegelt […]. Es war außerordentlich glücklich, daß Schriftleiter Paulin in seinem Vortrag den Weg des Dichters an Hand des Lyrikers aufzeigte, die großen Epen von Sebastian und Leidlieb über das Stierhorn zum Bannwald nur in das Gefüge des Lebenswerkes einbauend. Denn an Hand der Gedichte wurde die Deutung des Lebens J. G. Oberkoflers zu klarer Schau: Paulin zeigte nicht nur den Weg, er belegte seine Deutung durch Zitate der bedeutendsten Gedichte, wobei ein Vortrag der Wucht Oberkoflerscher Sprache voll und ganz gerecht wurde […]. Karl Paulins Dichterschau begleitete die Teilnehmer an diesem Abend als starkes Erlebnis.“

Die Volksbildungsstätte Innsbruck gab 1940 Josef Georg Oberkofler persönlich Gelegenheit zu einer Lesung. Dies ist einer Ankündigung in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. April 1940 (Seite 7) zu entnehmen: „Es ist eine Verpflichtung und ein selbstverständlicher Dank, den die Heimat Tirols größtem zeitgenössischen Dichter schuldet, die die Volksbildungsstätte Innsbruck mit der Veranstaltung einer Eigenlesung Josef Georg Oberkofler erfüllt. Wie bekannt, ist Josef Georg Oberkofler im Dezember des vergangenen Jahres für seinen Roman Der Bannwald mit dem Volkspreis für deutsche Dichtung ausgezeichnet worden. Josef Georg Oberkofler wird an diesem Abend aus seinen beiden Gedichtbänden Nie stirbt das Land und Triumph der Heimat und selbstverständlich aus dem preisgekrönten Roman Der Bannwald vorlesen.“

„Volksverbundene Dichter erleben Tirol – Auf Dichterfahrt in die ostmärkischen Gaue – August Hinrichs, Walter Stanietz und Franz Tumler in Innsbruck“, so lautet die Schlagzeile in den Innsbrucker Nachrichten vom 18. April 1940, Seite 5. Die drei Dichter waren als Repräsentanten „volksverbundener“ Literatur „von Rang und Ruf“ unter der „Führung des Vertreters der Abteilung Schrifttum des Reichspropagandaministeriums, Pg. Dr. Otto Henning“ im Zuge einer „Dichterfahrt“ in Innsbruck angekommen. Im Rahmen ihres dreitägigen Aufenthalts wurden sie als Paradevertreter der nationalsozialistischen Literaturproduktion durch einen Empfang bei Gauleiter Franz Hofer geehrt. Der Bericht schließt mit der Feststellung: „Am nächsten steht unserem Land und Volk allerdings Franz Tumler, der erst jüngst durch Verleihung des Literaturpreises der Reichshauptstadt Berlin ausgezeichnet worden ist. Der junge, aus Gries bei Bozen gebürtige, in Oberdonau herangewachsene und gereifte Dichter ist schon früh durch die meisterliche Novelle Das Land von Lausa und Duron bekannt geworden; der Roman Der Ausführende, zahlreiche feinsinnige Gedichte und Erzählungen, darunter Der Soldateneid und Der erste Tag, haben Tumler rasch in die erste Reihe hoffnungsvoller junger Dichter gerückt. Unsere Innsbrucker Nachrichten haben erst vor kurzem Tumlers Skizzen An einen Freund im Feld und Die abendliche Stunde gebracht“.

Zurecht als Sensation verkündete die Neueste Zeitung vom 14. Mai 1940 (Seite 4) in großen Lettern die Tatsache, dass sich in dem Paket mit literarischen Werken der Gegenwart, das Alfred Rosenberg dem „Führer“ Adolf Hitler als Geschenk zu seinem Geburtstag am 20. April 1940 überreicht hatte, auch Bücher von zwei Tiroler Autoren, Josef Georg Oberkofler und Franz Tumler, befanden. In seiner Widmung hatte Alfred Rosenberg geschrieben: „Mein Führer! Die mir unterstellten Dienststellen, Amt Schrifttumspflege und ‚Kreisstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums’ haben auch in diesem Jahr zehn der wertvollsten Bücher aus dem schöngeistigen Schrifttum unseres Volkes zusammengestellt, die Ihnen Freude bereiten mögen.“ Zu dieser elitären Auswahl gehörten Der Bannwald und Das Stierhorn von Josef Georg Oberkofler sowie Der Soldateneid von Franz Tumler.


Details


In seinem Überblick „Vier Wochen im Zeichen der Kultur unseres Gaues“ gedenkt Dr. Kurt Pichler in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. Dezember 1940 (Seite 6) auch des 70. Geburtstages von Dr. Otto Rudl. „Rudl war lange Zeit Stadtarzt in Bozen. Der Schriftsteller wurde vor allem durch seine ‚Hieslgschichten’ bekannt. Sie sind der Ausdruck echtester Tiroler Dichtung. Dort wo man seine meisterhafte Dialektdichtung verstehen konnte, wurde sie weit drinnen im deutschen Land zum Spiegelbild Tirols.“ Ferner verweist Dr. Pichler auf die Herausgabe der Prosa-Schriften von Josef Pöll, die Karl Paulin unter dem Titel Stimmen der Heimat herausgebracht hatte. „Es war zu fürchten, daß nach dem Tode dieses einzigartigen Menschen [Josef Pöll] seine Lebensarbeit in Bezug auf naturwissenschaftliche Forschung und zu tiefst innerlicher Erlebnisdichtung verloren gehe. Karl Paulin hat nun aus den verschiedensten Zeitschriften und Zeitungen die Aufsätze gesammelt, die ein klares Bild auf den Dirigenten der weitbekannten Wolkensteiner wirft. Dies[es] Werk in einer kulturellen Ueberschau zu erwähnen, und über den Rahmen einer Buchbesprechung herauszuheben, scheint vermessen. Dies wird es jedoch in diesem Augenblick nicht mehr, wo man die Erfahrung gewinnt, daß die Stimmen der Heimat in einer Sammelausgabe ein Gut des Volkstums bewahren, das andererseits der Vergessenheit preisgegeben wäre.“

Mit folgendem Text wurden die Stimmen der Heimat in der Neuesten Zeitung vom 22. Oktober 1940 (Seite 4) beworben: „Der Name Josef Pöll ist weit über die Grenzen Tirols hinaus in Verbindung mit der Innsbrucker Sängervereinigung Die Wolkensteiner und deren Sängerfahrten im Altreich, in der Schweiz und in Italien bekannt geworden als der Schöpfer jener vielen gemütvollen und heiteren Tiroler Volkslieder, die den Sängern begeisterten Beifall einbrachten. Josef Pöll war nicht nur ein Meister der Lieder, sondern auch ein hervorragender Schilderer und Verkünder seiner Heimat Tirol. Ein tirolischer Adalbert Stifter stimmt in diesen Aufsätzen und Studien ein einzigartiges Preislied Tirols an.

Das Buch wird in seiner tiefen, allgemein-deutschen Innerlichkeit und Gefühlswärme als Zeugnis tirolischer Eigenart von dauerndem Wert sein und so in unserer engeren Heimat seinen Eingang in jedes Haus finden.“


Details zu Josef Pöll


Einen ähnlichen konservatorischen Zweck verfolgten die Bemühungen der „Adolf-Pichler-Gemeinde“, die sich die „volkstümliche Verbreitung wertvoller Tiroler Dichtung zum Ziel setzt“. Bei der Jahreshauptversammlung der Vereinigung konnte deren Vorstand Univ.-Prof. Dr. Sperlich vor allem auf den „in Vorbereitung befindlichen Auswahlband Franz Kranewitters hinweisen, der die wichtigsten Prosawerke des großen Dichters und sein zeitgeschichtlich bedeutsames Epos Der Kulturkampf umfassen soll“. Mit Genugtuung wird festgestellt, das es der Adolf-Pichler-Gemeinde gelungen sei, „im Einvernehmen mit den Erben Kranewitters und durch die selbstlose Arbeit des Redaktionsausschusses alle Voraussetzungen für das Erscheinen dieses Nachlassbandes zu sichern“ (Innsbrucker Nachrichten vom 14. Februar 1940, Seite 5).

Dr. Kurt Pichler brachte eine Anthologie tirolischer Literatur heraus, die die namhaftesten Vertreter einer den NS-Idealen entsprechenden Dichtung demonstrativ vereinte. Der Initiator dieser Unternehmung stellte sein Vorhaben unter die Prämisse "Erdnahe Tiroler Dichtungen der Gegenwart". Es ist bezeichnend, dass es dazu keiner besonderen Auslese bedurfte und somit nahezu alle Repräsentanten des damaligen Literaturbetriebs mit Proben von Lyrik oder Kurzgeschichten vertreten sind.

"Wir wollten ein Tiroler Dichterbuch zusammenstellen, ein Dichterbuch, in dem der Ruf der Heimat Symbol und Gestalt wurde; wir haben die Stimmen gesammelt, die heute für ein lebendiges Tirol zeugen. Denn gerade Tirol hat eine große Zahl von Künstlern hervorgebracht, die, tiefverwurzelt in Heimat und Scholle, ihre Werke unter diese Leitsterne stellen. In den Schriften eines Schönherr, eines Joseph Georg Oberkofler, in den Büchern all jener, deren Stimme Ruf und Besinnung geworden ist, klingt das uralte Lied, dessen Akkorde das Land geprägt. Damit hat die Dichtung unserer Zeit zu den echten Werten allen Seins zurückgefunden, zu den Werten, die in Boden und Blut verankert sind, zu den Werten des Landes, das uns geboren, des Volkes, dessen Erbe wir antreten. Joseph G. Oberkofler, der geniale Künder des Gesetzes der Natur, schrieb einmal an den Herausgeber dieses Dichterbuches: Was können wir mehr tun in unserem Leben, als das dem Volke einigermaßen zurückerstatten, was wir von ihm durch Sippe und Heimat empfangen haben.

Das ist Bekenntnis unserer Tage: Der Künstler und damit auch der Dichter schafft aus dem Volk für das Volk. Und darinnen liegt der Schlüssel einer Gestaltung mit Ewigkeitswert; denn nicht der schafft über seine Zeit hinaus, der die Gegenwart verleugnet, sondern der, der mitten in ihr stehend für alle Zukunft ihre Eigenart prägt: In der Gegenwart liegt der Kern des Kommenden, in der Gestaltung des Jetzt die Wurzel des Einst."


Lebendiges Tirol


Rundfunk

Der Rundfunk war das wichtigste Informations- und Propagandamedium. Noch mehr als die Zeitungen und die im Kino vor Spielfilmen gezeigten „Wochenschauen“ (in der Regel Kriegsberichte) konnte der Rundfunk durch Spontaneität und akustische Präsenz, die insbesondere bei den suggestiv wirkenden Reden des „Führers“ und seiner wichtigsten Gefolgsleute als emotionales Erlebnis wirkte, seine Botschaft vermitteln. Den öffentlich zum Beispiel in Gasthäusern über den Rundfunk verbreiteten Nachrichten und anderen akustischen Beiträge zum Zeitgeschehen wurde solche zentrale Wichtigkeit eingeräumt, dass man die Störung durch Nebengeräusche aller Art ausdrücklich untersagte und sogar unter Strafe stellte. In den Innsbrucker Nachrichten vom 24. Juli 1940 (Seite 8) wurde dazu eine Mitteilung veröffentlicht, die neben ihrer Funktion der Aufklärung jene der Warnung beinhaltete: „In nächster Zeit werden Plakate in sämtlichen Gastwirtschaften unseres Gaues angeschlagen, die jeden Gast auffordern, während der Uebertragung von Rundfunknachrichten keinerlei Störung zu verursachen. Es ist ein Gebot des guten Geschmacks und des Verständnisses für die Ereignisse unserer großen Zeit, wenn während der Uebertragung von Nachrichten, Frontberichten, Erläuterungen zum Wehrmachtsbericht oder zur politischen Lage in den Räumen in einer Gastwirtschaft allgemeine Rücksichtnahme auf das Abhören des Rundfunks herrscht und es wäre ebenso unentschuldbar wie unbegreiflich, wenn es heute noch einen Volksgenossen oder eine Volksgenossin gäbe, die nicht das persönliche Taktgefühl oder das politische Verständnis für die Notwendigkeit dieses selbstverständlichen Gebotes aufzubringen in der Lage wären. Nichts ist im Augenblick einer derartigen Rundfunkübertragung wichtiger, wie das Wort des Rundfunksprechers, das für das ganze deutsche Volk bestimmt ist, und niemand darf sich vermessen, in einem solchen Falle seine eigenen Bedürfnisse und Belange über die der ganzen deutschen Nation zu stellen. Es darf nicht erst eine mehr oder minder zarte Aufforderung zum Schweigen oder zur Unterlassung anderen Lärms notwendig werden, und es darf schon gar nicht zu irgendwelchen Debatten kommen, ob nun die Rundfunkübertragung oder die allgemeine Unterhaltung vom Standpunkt der Mehrheit gerechtfertigt erscheint. Wenn das Rundfunkgerät eingeschaltet ist, dann hat nur der Sprecher das Wort. Im Gau Tirol-Vorarlberg ist dabei noch zu berücksichtigen, daß die Empfangsverhältnisse in unserem Bergland, besonders in den größeren Orten und in der Gauhauptstadt, recht ungünstig sind. Der Empfang unterliegt mehr als auswärts atmosphärischen und anderen Störungen, das ist ein Grund mehr, weitere Störungen durch überflüssigen Dazwischenreden, Geschirrgeklapper und sonstige Essgeräusche, Stühlerücken, Türenschlagen und was sich sonst noch unliebsam bemerkbar zu machen pflegt, zu unterdrücken. In diesem Zusammenhang sei auf eine gerichtliche Entscheidung in Darmstadt hingewiesen, die die Forderung nach Unterlassung jeder Störung bei der Uebertragung von Rundfunknachrichten in Gaststätten als keine unbillige Zumutung betrachtete und einen Störenfried entsprechend unter Strafe stellte. Dies möge denen, die bisher schon wußten, wie sie sich bei der Uebertragung wichtiger Rundfunksendungen zu verhalten haben, eine Genugtuung, denjenigen aber, die es bisher nicht wissen wollten, eine Warnung sein.“

Noch deutlicher wird eine Warnung vor dem Abhören ausländischer Sender mit folgender Schlagzeile in den Innsbrucker Nachrichten am 2. März 1940 (Seite 2) ausgesprochen: „Das Abhören der Auslandssender kein ‚Kavaliersversehen’. Strafen bis zu fünf Jahren Zuchthaus für Rundfunkverbrecher – Urteile der deutschen Sondergerichte“. Im anschließenden Bericht werden das Abhören ausländischer Sender als „moralische Selbstverstümmelung“ angesehen und die „Täter“ als „Volksschädlinge“ bezeichnet. „Das deutsche Volk rechnet rücksichtslos mit solchen Verbrechern ab, die seine Widerstandskraft gefährden“, lautet der in seiner brutalen Zeitrhetorik furchteinflößende Schlusssatz, auf den dann sechs Beispiele von Verurteilungen angeführt werden, die aufgrund des „Verbrechens“ einen ausländischen Rundfunksender als Informationsquelle benutzt zu haben, ergangen waren. Mit der Zuspitzung der Kriegslage wurden später solche „Verbrechen“ mit der Todesstrafe geahndet.

Die Reden Adolf Hitlers im Rundfunk leiteten oftmals vorausgehend Zeremonien ein, wobei die versammelten Zuhörer mit salbungsvollen Reden von Parteigrößen auf das kommende Ereignis eingestimmt wurden. Über einen solchen „Gemeinschaftsempfang“ einer Hitler-Rede im Dezember 1940 teilten die Innsbrucker Nachrichten vom 11. Dezember auf Seite 7 mit:

„Zum Gemeinschaftsempfang der heutigen Rede des Führers wurden in sämtlichen öffentlichen und privaten Betrieben des ganzen Reiches Betriebsappelle angesetzt.

Im Mittelpunkt der zahlreichen Veranstaltungen dieser Art im Gau Tirol-Vorarlberg und in der Gauhauptstadt stand ein Appell im Großen Stadtsaal für die gesamte Gefolgschaft des Gauleiters und Reichsstatthalters […]. Pg. Parson verwies in seiner Ansprache auf die tiefgreifende Kraft, mit der jede Führerrede das gesamte deutsche Volk erfasst und auf die gespannte Aufmerksamkeit der ganzen Welt, die den Atem anhält, wenn Adolf Hitler spricht […]. Der zweite zu gleicher Stunde abgehaltene Großappell vereinigte die Mitglieder der Kreisleitung, der Dienststelle des Landrates und die gesamte Gefolgschaft des Oberbürgermeisters. Dieser Appell wurde durch eine Ansprache des Kreisleiters Pg. Dr. Primbs eingeleitet, der u. a. darauf verwies, daß die gewaltige Persönlichkeit des Führers schon in der Zeit, während noch unsere Soldaten mit der Waffe in der Hand vor dem Feinde stehen, weit in die Zukunft blickend die Planungen für den friedlichen Aufbau des Reiches entwirft und mit starker Hand schon jetzt die Grundlagen dafür schafft […]. An die Ansprachen der Hoheitsträger schloß sich die Uebertragung der Führerrede an, die mit atemloser Spannung und Aufmerksamkeit angehört wurde. Mit den Liedern der Nation und dem Sieg Heil als Treuegruß an den Führer fanden die Betriebsappelle ihren Abschluß.“

Der Rundfunk war eminenter Vermittler des Gedankens der „Volksgemeinschaft“ und in gewissem Sinn auch ihr Symbol. Er erreichte nahezu alle „Volksgenossen“ und verband sie zu einer großen Gemeinschaft, die aktuell Anteil haben konnten am gemeinsamen Erlebnis. Um diese prinzipielle Aura des Mediums Rundfunk optimal ausnützen zu können, wurden spezielle Sendungen konzipiert, die aufgrund ihrer volksnahen Struktur, indem die Hörer in die Gestaltung miteinbezogen waren, den psychologisch nachhaltig wirkenden Effekt der Zusammengehörigkeit einmal mehr verstärkten. Diese geschickt auch untergründig Ideologie transportierenden Sendungen waren überaus populär und über Jahre von anhaltendem Erfolg begleitet. Ein solcher Rundfunkschlager war das „Wunschkonzert“, das in Zeiten des Krieges zum „Wehrmachts-Wunschkonzert“ funktional ausgeweitet wurde. Anfang Dezember 1940 sendete der Großdeutsche Rundfunk sein 50. Wehrmachts-Wunschkonzert. Das Tiroler Volksblatt vom 2. Dezember bringt auf Seite 2 dazu einen ausführlichen Bericht, der die Intention und Geschichte darlegt, statistische Daten zur Sendung bringt und so in seiner Gesamtheit einen informativen Beitrag zum damaligen Rundfunkwesen vermittelt: Anfangs wird darauf verwiesen, dass das Wehrmachts-Wunschkonzert „hervorragender Mittler zwischen Front und Heimat“ sei, „eine Brücke, die über die Aetherwellen das ganze deutsche Volk miteinander verbindet“. Die Erfüllung von Musikwünschen seitens der Soldaten stehe im Mittelpunkt der Sendung „und zugleich der uns alle heute mehr denn je beseelende soziale Gedanke, daß einer für den anderen in unserer Gemeinschaft einsteht, so wie wir es seit Weihnachten 1934 gewohnt sind, als zum ersten Mal im Rundfunk ein Wunschkonzert erklang. 74 Wunschkonzerte des Großdeutschen Rundfunks werden bisher verzeichnet, davon 50 für die Wehrmacht, und durch alle klang der Leitsatz: ‚Sie wünschen, wir spielen, geholfen wird vielen!’ Was ist allein in den 50 Wehrmachts-Wunschkonzerten geleistet worden! Sie sind mehr als Konzerte und unterhaltende Veranstaltungen gewesen; sie sind in jedem Fall eine feierliche Kundgebung des deutschen Gemeinschaftswillens im Kriege. Am 5. Oktober 1939 erklang zum ersten Male die Melodie des England-Liedes, das unsere Herzen hochreißt. Zur Bilanz der Wehrmachts-Wunschkonzerte gehört eine Geld- und Sachwertspende von über 7 1/2 Millionen Mark, davon die ansehnliche Summe von mehr als 900.000 Mark aus dem Auslande. 1,2 Millionen Briefe mußten im Rundfunkhaus gelesen und erledigt werden. 6.300 deutschen Soldaten wurde die freudige Kunde über die Aetherwellen zugetragen, daß daheim ein Bube oder ein Mädel angekommen ist. 637 Zwillingsgeburten und 18 Drillingsgeburten wurden verkündet, 47 Patenschaften vermittelt, 10 verwaisten Kindern konnten Adoptiveltern gewonnen werden, und was die Geburten betrifft, so erhielt das 10. Wehrmachts-Wunschkonzert in dieser Hinsicht eine besondere Note, als einem unserer braven Soldaten die Geburt seines 19. Kindes angesagt wurde. 44.634 Soldatennamen sind bisher genannt worden […].“


Film

Das Tiroler Filmereignis des Jahres 1940 war die „Welturaufführung“ des Films Die Geierwally im August in Innsbruck. In den Medienberichten wurde besonders darauf hingewiesen, dass diese Produktion „ohne jede Konzession an ein geschminktes Salonbauerntum“ entstanden sei. Dr. Kurt Pichler stellt in den Innsbrucker Nachrichten vom 10. August 1940 (Seite 11) fest: „Was uns Tiroler jedoch besonders freut, ist die Tatsache, daß der Filmschöpfer sich den Menschen und der Landschaft unserer Heimat zuwandte, um sie in ein filmisch-unverfälschtes Bild zu fassen. Kaum andere Schauspieler hätten die Rollen, die sie zu spielen haben, in diesem Fall besser verkörpern können, als gerade die Exl-Leute […]. Unser Wunsch, Tirol in seiner landschaftlichen und menschlichen Eigenart dem weiten deutschen Raum sichtbar und erlebbar zu machen, wurde durch Steinhoffs Film weitgehend erfüllt.“ Kurt Pichler merkt an, dass dieser Film eigentlich ein Experiment sei, weil es bisher noch kein Regisseur gewagt habe, ohne Atelieraufnahmen einen Film ausschließlich naturgetreu zu realisieren. Aus diesem Grund hatten Ötztaler Bauern und Bäuerinnen die Komparserie gestellt. Die entscheidende Idee sei Hans Steinhoff bei der Betrachtung eines Gemäldes von Albin Egger-Lienz gekommen: „Da ist ihm bewußt geworden, daß ein Film entstehen müsse, der Art und Eigenart, inneres und äußeres Gesetz des Tiroler Bauern zu zeigen hat, und zwar so, wie er wirklich ist, ohne allen sentimentalen und romantischen Duiöh-Zauber, den verstädterte Romanschreiber und Filmregisseure vergangener Jahre darum gewoben haben.“

Über die Uraufführung des Films äußert sich Karl Paulin in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. August 1940 (Seite 3 f.). Er verwandelt sein emotionales Kinoerlebnis begeistert in Worte:

„Ursprüngliche Leidenschaft beseelt und erfüllt die Menschen dieses Films, den alten Fenderbauern ebenso wie seine Tochter Wally. Diese Leidenschaft prallt so hemmungslos und elementar aufeinander, daß wir im ersten Teil des Films ihre vernichtende Wirkung ahnen. Ein solches Grundmotiv, mit stärkster darstellerischer Kraft durchgeführt, hebt den Film auf eine dramatische Höhe, von der der zweite Teil, das gute, in eine rauschende Fülle volkstümlichen Lebens gekleidete Ende fast wie eine Verflachung wirkt. Freilich nur deshalb, weil eben der Rhythmus, die schicksalshafte Dämonie des ersten Teiles an künstlerischer Wirkung kaum zu überbieten ist.

So herrlich die Oetztaler Landschaft um Sölden den Film überstrahlt, seine Stärke liegt in der Charakterzeichnung, die, ähnlich wie Karl Schönherr und Albin Egger-Lienz, keine Typen formt, sondern Einzelmenschen, die im Zusammenprall ihre Grenzen zu sprengen drohen. Daher der elementare Ansatz zur Tragödie, die schließlich in eine Idylle mündet. Alpenländische Schauspielkunst, vorwiegend tirolischen Gepräges, hat wohl noch nie in einem Film so über Stoff und Anlaß triumphiert, wie in der Geierwally: Was ist doch Eduard Köcks Fenderbauer für ein mächtiger Kerl, in seiner Kraft wie in seiner rücksichtslosen Härte, die sogar vor brutaler Züchtigung der eigenen Tochter nicht zurückschreckt, nur dem alten Grutz in Schönherrs Erde vergleichbar.

Und wie tief läßt uns Heidemarie Hatheyer in das Leid eines unverstandenen, ungeliebten Mädchenherzens blicken, wenn sich auf den Höhepunkten ihrer Darstellung, die im Ausdruck des Antlitzes manchmal an Franziska Kinz erinnert, ihre Züge zu versteinern scheinen. Ein so herbes, stolzes, trotziges Bergmädel hat der deutsche Film wohl kaum bisher gesehen. Zu dieser Geierwally paßt wirklich niemand anderer, als der von ihr aus dem Felsenhorst geborgene junge lebende Geier, ihr Hansl, der übrigens in seiner erstaunlichen Spielsicherheit, besonders in den Kampfszenen, in die erste Reihe der Darsteller gehört. Das ist’s kein Wunder, daß Sepp Rist, der kraftstrotzende Bären-Josl, sich so lange diesem herben Mädel entzieht und erst so spät zur Geierwally findet. Dem um manche Schattierung dunkler gezeichneten Nebenbuhler Vinzenz gibt Leopold Esterle die Züge des bäuerlichen Intriganten. Außer dem Geier hat die Wally droben in der sturmumbrausten Alpenhütte nur einen Freund, den alten Klettenmeier, dem Ludwig Auer ein so treuherzig gemütvolles Wesen gibt, daß er dem weltverlassenen Mädel das geheimnisvolle Tor der Saligen Fräulein in einer von zauberhaft fließenden und webenden Wolkenbilder belebten Szene – eine technische Meisterleistung der Filmkamera – erschließen kann.

Welch prachtvolle Köpfe ragen aus diesem Film! Neben dem Fenderbauern und dem Klettenmeier die alte Magd Luckard, von Mimi Gsöttner-Auer ganz hervorragend dargestellt, Anna Exl als Ochsenwirtin, dann die beiden ‚Klötze von Rosen’, Nicodemus und Leander, von Georg Vogelsang und H[ans] A[dalbert] Schlettow wie ein Zwillingspaar ungehobelter Urmenschen köstlich wiedergegeben. Dann der joviale Oberförster, in dem wir Franz Ludwig, ein weiteres beliebtes Mitglied der Exl-Bühne, erkennen.

Vor allem aber unser Hans Kratzer, der als Dorfbote mit der Kraxe, besonders aber in seinem abenteuerlichen Kopfputz, seinem schauspielerischen Naturell, so oft im Rahmen der Exl-Bühne bewährt, nach Herzenslust die Zügel schießen lassen kann […]. Daneben Franzl Grüner als frischer, spielflinker ‚Hüterjunge’, ein echter Oetztaler Bub, übrigens der einzige, der seine heimatliche Mundart ganz unverändert gebraucht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.

Bilder von überwältigender Schönheit begleiten den Film. Mit dem rhythmischen Sensenschwung des Fenders und seiner Tochter nimmt er einen wundervollen Auftakt, Innenszenen von stärkster Wirkung folgen, die winterliche Hochwelt erwacht, Wolken und Berge wuchten auf und zerfließen, und Volksszenen, an denen das halbe Oetztal um Sölden und Längenfeld in Volkstracht und Musik teilnimmt, geben dem letzten Drittel den bodenständigen Stil. Zu allem klingt eines der schönsten Pöll-Lieder unseres jüngst verschiedenen Meisters, das Zeisele mit seiner herzerschließenden Melodie, aus einer Szene und gibt der Geierwally auch noch diesen echten Tiroler Volkston.

Kein Wunder, daß am Schluß der Welt-Uraufführung Hans Steinhoff und die Hauptdarsteller, die ganz seltsam schlicht und einfach menschlich aus den Filmbildern nun vor die Rampe traten, immer und immer wieder von stürmischen Beifall begrüßt und bedankt wurden. Tirol dankt allen, die diesem tirolischen Film ihre Kraft, ihre Liebe und ihre Kunst mit ins Leben gegeben haben.“


Film: Die Geierwally


Wiederholt war diese Filmproduktion medial begleitet worden. Anfang Februar 1940 veranstaltete die Tobis-Film-GmbH in Sölden einen Pressempfang. Am Vortag hatte der Stellvertretende Gauleiter Pg. Parson den vorwiegend aus Berlin angereisten Medienvertretern den Stolz des Gaues, das Tiroler Standschützenwesen, in einem Vortrag nähergebracht. Auf der Fahrt in das Ötztal konnten die Journalisten dann in Oetz und Umhausen die Realität in Augenschein nehmen, als dort zu ihrem Empfang Standschützenkompanien angetreten waren. Im Rahmen der Pressekonferenz hob der Regisseur hervor, dass 70 Prozent der Darsteller seines Films bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal vor die Kamera kämen. Er erhoffe sich dadurch besondere Natürlichkeit, denn in diesem Film liege das Hauptgewicht nicht auf der Routine der Schauspielkunst, sondern auf der Darstellung eigenen Lebens und eigener Art der Einheimischen. Am nächsten Vormittag hatten die Gäste Gelegenheit, die Filmarbeit bei Außenaufnahmen und die technischen Einrichtungen eingehend zu besichtigen (Innsbrucker Nachrichten vom 8. Februar 1940, Seite 5).

Die letzten Außenaufnahmen wurden Ende März 1940 auf dem Hafelekar gedreht. Hermann Fink informierte darüber in den Innsbrucker Nachrichten vom 22. März 1940, Seite 4: „Vor einigen Tagen wurden die Außenaufnahmen für den Film Die Geierwally, den der bekannte Regisseur Steinhoff dreht, im Oetztal beendet. Die letzten Außenaufnahmen werden in den kommenden Tagen am Hafelekar hoch über Innsbruck gedreht. Für diese Aufnahmen wurde eine geschickt in den Rahmen der Landschaft passende Holzhütte erbaut. Das ist der Schauplatz, an dem sich das Schicksal jener sagenhaften Geierwally aus dem hintersten Oetztal entscheidet. – Ueber die Geierwally wird schon seit Wochen im ganzen Lande gesprochen. Im Oetztal, wo ja der Großteil der Außen- und Innenaufnahmen gedreht wurde, herrschte bis in die letzten Tage ein fieberhaftes Treiben. Wirkten doch an den Aufnahmen über 600 Personen aus dem Tale mit.“

Unter dem Titel „Die Exl-Leute wurden im Otztal gefilmt“ erschien in den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Juli 1940 (Seite 4) eine weitere Meldung über die Filmarbeiten, die auch auf technische Details einging: „Fast acht Monate war Hans Steinhoff in Sölden tätig. Oft konnte wegen ungenügender Sonne nicht gedreht werden. Diese Ausfälle und andere technische Schwierigkeiten waren mit in Kauf zu nehmen, um des künstlerisch hoch gestreckten Zieles willen, der Natur und den in ihr lebenden Menschen so nahe wie möglich zu kommen. So grandios die Landschaft im Oetztal auch ist, soll sie jedoch nicht Kulturfilmcharakter erhalten und Selbstzweck in dem Film werden. Im Vordergrund steht vielmehr – Hans Steinhoff betont dies immer wieder – die menschliche Dramatik, die menschliche Leidenschaft. Die Landschaft, die Berge bleiben immer nur Rahmen, Resonanzboden für die starke Handlung […]. Im Café Riml in Sölden war ein provisorischer Kinoraum hergerichtet, in dem das laufend gedrehte Material vorgeführt wurde. Man behielt so immer Kontrolle über die Arbeit. Kürzlich hatten wir Gelegenheit, eine Reihe von Mustern aus dem Film zu sehen. Die dramatischen Ausschnitte zwischen Heidemarie Hatheyer und Eduard Köck benahmen uns fast den Atem. Die optische Sprache des Kameramannes Richard Angst ist von starker Dynamik. Die Proben ließen zur Genüge erkennen, daß hier ein einzigartiger Film in Arbeit ist, dessen Sprache und Ausdruck an die Wurzeln menschlichen Erlebnis rühren. Es spricht für die künstlerische Initiative des deutschen Filmschaffens, daß ein solches Werk im Kriege entsteht.“

Insbesondere zwei Tiroler Schauspielerpersönlichkeiten war es gelungen, im Film eine Starrolle darzustellen: Franziska Kinz und Hermann Brix. Franziska Kinz erreichte eine solche Reputation, daß ihr bei ihrem Heimatbesuch im Februar 1940 in Innsbruck anlässlich der Erstaufführung des Films Aus erster Ehe, in dem sie die Hauptrolle spielte, seitens der höchsten Repräsentanten der NSDAP im Gau ein Empfang bereitet wurde. Die Innsbrucker Nachrichten vom 14. Februar 1949 (Seite 4) vermelden: „Als die Künstlerin in Innsbruck eintraf, wurde sie am Hauptbahnhof im Namen des Gauleiters von Gaupropagandaleiter, Landeskulturwalter Pg. Dr. Lapper, empfangen, der die Künstlerin in ihrer Heimat willkommen hieß. Gegen Mittag fand ein Empfang in der Kanzlei des Oberbürgermeisters Dr. Denz statt. Am Spätnachmittag wurde die Künstlerin von Gauleiter Hofer empfangen, der ihr den Gruß ihrer engeren Heimat übermittelte.“

Franziska Kinz war eine ungewöhnlich erfolgreiche Schauspielerin und an führenden Bühnen engagiert, in München, Darmstadt oder Berlin. Aufgrund ihrer herausragenden künstlerischen Leistungen führte sie den Titel „Staatsschauspielerin“. Die aus Kufstein gebürtige Filmdiva, wohnte, wenn sie nicht als viel eingesetzter Star mit Dreharbeiten beschäftigt war, in St. Martin in Gnadenwald, wo sie sich im „Sixta-Heim“, benannt nach einem ihrer berühmtesten Filme Frau Sixta, bei dem sie als Hauptdarstellerin Frau Sixta reüssiert hatte, von ihrer anstrengenden Tätigkeit erholte und auf neue Aufgaben vorbereitete. Ein Spezifikum von Franziska Kinz nach ihrer Theaterkarriere im Filmbetrieb wurden die Charakterisierung von Frauen aus ihrem ländlichen Umfeld und vor allem Mutterrollen. Sie legte größten Wert auf Innerlichkeit und Wahrhaftigkeit, vermied die üblichen Schablonendarstellungen, die mit der bäuerlichen Aura so vielfach verknüpft waren. Hermann Fink charakterisiert dies in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. April 1940, Seite 6: „Franziska Kinz hatte klar und deutlich erkannt, daß es in Hinkunft ihre Aufgabe sein sollte, durch ihre Darstellung der Tiroler Bergbauernfrau das wahre Gesicht und den wahren Charakter der Tiroler Bergbauernfrauen im Filme darzutun. Sie sagte damit – und sind wir froh – all jenen Filmschaffenden den offenen Kampf an, die glaubten, es sei nicht wichtig, wer die Rollen für die Frauengestalten übernehme, es genüge vor allem, wenn sie Trachten und Bräuchen und vielleicht auch typischen Merkmalen unserer Bergmenschen in irgendeiner Form entsprächen. Die Folge war dann, daß wir im Film Menschen sahen, die wohl Tiroler Trachten trugen, vielleicht auch einige Tiroler Brocken sprachen, ansonst aber der Arteigenheit unserer Bergmenschen fremd und fern waren […]. Selbst der Fremde, der unser Land nicht kennt, verspürt bald den großen Unterschied zwischen jenen ‚fremden’ Tirolern und Franziska Kinz, der wirklichen Tirolerin […]. Ihr künftiges Schaffen gilt, wie Franziska Kinz selbst sagt, ganz der echten naturnahen Darstellung der Frauen unseres Tiroler Berglandes.“

Franziska Kinz war während der Zeit des Nationalsozialismus sonst nur noch bei wenigen Filmen präsent. Nach dem Krieg konnte sie ihre Karriere als Schauspielerin und Filmdarstellerin aber wieder intensivieren und bis zum Ende der 50er-Jahre erfolgreich fortsetzen. Ihr Mitwirken bei NS-Propagandafilmen in kleinen Rollen, zum Beispiel Hitlerjunge Quex und Flüchtlinge, beide 1933 entstanden, dürfte hauptsächlich ihrem künstlerischem Engagement und wohl kaum einer Nahebeziehung zur NS-Ideologie zuzuschreiben sein, war sie doch damals noch mit dem SPD-Reichstagsabgeordneten Carlo Mierendorff (1897-1943) liiert, einem erklärten Gegner des Nazi-Regimes.

Hermann Brix hatte nach seinem Schauspieldebüt in Innsbruck bald eine große Karriere starten können, mit Auftritten im Deutschen Volkstheater in Wien und den Münchner Kammerspielen. Von dort wurde er für die noch kleine Rolle des jungen Kaiser Franz Josef im Film Maria Ilona der Terra Filmkunst GmbH in Berlin engagiert. Filmpartner von Hermann Brix waren damit berühmte Stars wie Willy Birgel, Paula Wessely oder Paul Hörbiger. Sein nächster Film war Alarm auf Station III, mit Gustav Fröhlich und Kirstin Helberg in den Hauptrollen. In der Verfilmung von Richard Heubergers Opernball (1939) trat er mit dem Publikumsliebling Heli Finkenzeller auf. Brix’ erste große Hauptrolle brachte sein vierter Film Die gute Sieben, wo er den Sohn eines alternden Filmstars darstellte, der nach sechs enttäuschenden Ehen eine siebte eingehen möchte. Die Handlung des Films bringt eine Vielzahl von komödiantischen Aktionen, in denen sich das Schauspieltalent von Hermann Brix in idealer Weise entwickeln und ausleben konnte. Hermann Brix wirkte auch bei NS-Propagandafilmen mit, beispielsweise beim Kriminalfilm Falschmünzer oder beim Spionagefilm Die goldene Spinne (1943) Diese Filme wurden vom „Oberkommando der alliierten Siegermächte“ wegen ihres kriegsverherrlichenden, rassistischen und volksverhetzenden Inhalts unter Verbot gestellt. Nach dem Krieg verfasste Hermann Brix in Innsbruck eine Reihe von Theaterstücken und Hörspielen. Ab 1966 hatte er einen Lehrstuhl für Schauspielkunst an der Universität Innsbruck inne und leitete die zugehörige Studiobühne. Axel Corti, Ernst Grissemann, Volkmar Parschalk oder auch Dietmar Schönherr wurden von ihm ausgebildet.

Der Film Im Schatten des Berges, den die Bavaria-Filmkunst im Sommer 1940 in den Stubaier Alpen drehte, vereinte Franziska Kinz und Eduard Köck gemeinsam in einem Filmprojekt. Die Hauptrolle in diesem Streifen über die „Opferbereitschaft der alpinen Rettungsmänner“ spielte Attila Hörbiger. Die Innsbrucker Nachrichten kündigten am 23. Oktober 1940 (Seite 8) an: „Der Film wird ungewöhnlich schöne Außenaufnahmen aus unseren Tiroler Alpen bringen.“

Ebenfalls mit Attila Hörbiger und Eduard Köck produzierte die Filmgesellschaft Märkische-Panorama-Schneider-Südost im Herbst 1940 im Gschnitztal den Film Wetterleuchten um Barbara nach dem gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1938 von Irmgard Wurmbrand, „der aus der Fülle der Schicksale des Befreiungskampfes und des Umbruchs in der Ostmark ein Einzelschicksal herausgreift und damit jene ereignisschweren Tage, die bereits Geschichte wurden, in der Erinnerung wieder aufleben läßt“ (Innsbrucker Nachrichten vom 29. Oktober 1940, Seite 7). Nach 1945 wurde der Film in Deutschland verboten.


Film: Wetterleuchten um Barbara


Ebenfalls im Jahr 1940 entstand in Ötz der Spielfilm Hochzeitsnacht, unter anderem mit der Münchner Schauspielerin Heli Finkenzeller, jedoch ohne Tiroler Akteure (Innsbrucker Nachrichten vom 5. Oktober 1940, Seite 8).

Am 1. Oktober 1940 gaben die Innsbrucker Nachrichten auf Seite 6 bekannt, dass die Ski-Legende Guzzi (Gustav) Lantschner sich nun als Kameramann bewähre und für die Tobis-Filmkunst GmbH einen „Kulturfilm über die Arbeit der Tiroler Bergbauern drehe. Projektpartner waren Gustavs Bruder Otto Lantschner und Harald Reinl, ebenfalls ein brillanter Skifahrer und nach dem Krieg sehr erfolgreicher Regisseur von Abenteuerfilmen.

Ein weiterer nationalsozialistischer Propagandafilm entstand im Zusammenwirken mit der Hitler-Jugend und für diese. Der Film mit dem Titel Aus der Geschichte des Fähnleins Florian Geyer schilderte das ausgelassene Treiben zweier „Fähnlein“, an die 100 „Pimpfe“, mit Schneeballschlachten, „erbitterten Kämpfen“, sausenden Schussfahrten durch den tief verschneiten Wald und lustigen Abende in der heimeligen Skihütte. Diese Thematik begeisterte Darsteller wie Zuschauer. Burg Laudegg bei Ladis bildete die Hauptkulisse, Tiroler Pimpfe unter Aufsicht des „bekannten“ Innsbrucker Sportlehrers E. Wieser waren die Hauptakteure. Ein weiterer Ort der Handlung war ein kleines Häuschen am Patscherkofel. Der Filmproduzent Bavaria-Filmkunst GmbH nahm den fröhlichen, für Jugendliche auch spannenden Steifen in ihr Kulturfilmprogramm auf. Voll Stolz melden die Innsbrucker Nachrichten vom 11. Oktober 1940 auf Seite 4 die große Akzeptanz dieses Films, der vor seiner Veröffentlichung Gauleiter Hofer und dem Gebietsführer der Hitlerjugend präsentiert worden war. „Ueberall wo er [der Film] hinkam, löste er die Begeisterung der Jungen, besonders der Pimpfe, aus. Dieser erste Versuch ist nun gelungen und ermutigte die Bavaria-Filmkunst Ges. m. b. H. im Einvernehmen mit der Gebietsführung der HJ. Tirol-Vorarlberg einen zweiten Film zu drehen. Dieser Film, der das Leben und Treiben der Hitler-Jugend in den Bergen zeigt, ist nun fast vollendet und wird noch in der Spielzeit 1940/41 vorgeführt.“

Solche Filme wurden speziell für die Hitler-Jugend geschaffen und in „Filmstunden“ im Rahmen der „Erziehungsarbeit der Hitler-Jugend“ gezeigt. Diese ideologisch fundierte Intention ist im Bericht „Aus der Geschichte des Fähnleins Florian Geyer. Ein Pimpfenfilm voll Lebenslust und Kampfesfreude – Der erste Winterfilm der Hitlerjugend in den Bergen Tirols“ in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. August 1940 (Seite 7) deutlich ausgesprochen: „Die Filme, die das Leben und Treiben der Hitler-Jugend und den tiefen Sinn und Zweck dieser jungen Formation beleuchten, sind noch dünn gesät, und nicht alle können einer strengen Beurteilung standhalten. Dabei aber ist es von ganz außerordentlicher Wichtigkeit, daß wir heute, da dem Film eine so große und bedeutsame Rolle in der Erziehung und Aufklärung der breitesten Schichten unseres Volkes zukommt, auch das wahre Gesicht der Hitler-Jugend und die tiefsten Gedanken, die in der Erziehungsarbeit der deutschen Jugend liegen, klar vor Augen geführt bekommen. Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, daß diese Jugend nicht nur in Sport und Spiel und frohem Lagerleben Zeitvertreib sowie körperliche Ertüchtigung des einzelnen für sich selbst und Schulung und Bereicherung des eigenen Wissens sucht, sondern, daß hinter der Schulung ein tiefer Ernst steht, der Ernst, der dem einzelnen Jungen die Pflicht auferlegt, sich geistig, körperlich und seelisch für die kommende Zeit vorzubereiten, die für unser Volk ungeheuer groß sein wird und die von jedem einzelnen, unter Voraussetzung eines absoluten Pflichtbewußtseins seiner Nation gegenüber, das äußerste verlangt.“

Über die besondere Bedeutung des Films als Erziehungsmaßnahme im Rahmen der Jugendbetreuung weiß Sepp Lehner in den Innsbrucker Nachrichten vom 11. Oktober 1940, Seite 4:

„Gerade der Jugend, die so leicht beeinflußbar ist, muß man gute Filme vorsetzen können. Was wurde manchmal von Jungen und Mädel nicht alles unternommen, gerade solche Filme zu sehen, die für sie verboten waren. Elternhaus und Schule wurden mit allen Mitteln umgangen, um doch ins Kino zu kommen und den Film zu sehen. Das war gefährlich genug in der Zeit, in der das Filmwesen in den Händen jüdischer Kapitalisten lag und auch in ihrem Sinne der Besucher beeinflußt wurde. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde nicht nur darin Wandel geschaffen, sondern es wurde auch der Film in die Erziehungsarbeit der Hitler-Jugend eingebaut. Seit der Machtübernahme wurden im Gau Tirol-Vorarlberg fast 400 Filmstunden der Hitler-Jugend durchgeführt, d. h. mindestens an jedem zweiten Tag fiel ein Film in einer Filmstunde nur für die Hitler-Jugend. In diesen Filmstunden wurden fast 50 Filme annähernd 35.000 Hitlerjungen, BDM.-Mädeln, Pimpfen und Jungmädel gezeigt.

In den Filmstunden sprechen Redner der HJ. Sie legen Jungen und Mädel den Sinn der Filmstunden klar und besprechen den Film. Es werden nicht allein Filme von staatspolitischer Bedeutung gezeigt, sondern auch Lustspiele, geschichtliche Abenteuer- und Kulturfilme werden geboten. Die Besprechung der Filme gibt Gewähr darüber, daß der Film nicht als billiges Vergnügen aufgefaßt wird, sondern daß die Jugend vor allem aus ihm etwas lernt. Die gesamte Jungendfilmarbeit der HJ. erfolgt im engsten Einvernehmen mit der Gaufilmstelle der NSDAP. Die organisatorischen Aufgaben sowie die Durchführung der Jugendfilmstunden in den Einheiten und Standorten mit Lichtspieltheatern obliegt der Stelle Jugendfilm in der Gaufilmstelle. Bis jetzt können wir keine allzu große Zahl an guten Filmen für die Jugend aufzählen. Mit dem Hitlerjungen Quex wurde dem Film der Jugend eine neue Richtung gegeben. Es folgt der Landdienstfilm der Hitler-Jugend Die Erde ruft. Der Adolf-Hitler-Marsch der deutschen Jugend, bei dem auserwählte Hitlerjungen Hunderte von Kilometern zurücklegen und ihre Fahnen in einem Sternmarsch zum Reichsparteitag nach Nürnberg tragen, wurde in dem Film Der Marsch zum Führer verewigt. Der Film lief in der Spielzeit 1939/40 durch alle Gaue des Großdeutschen Reiches und wurde von aller Jugend begeistert aufgenommen.“

Die Zeremonie der Innsbrucker Erstaufführung des Propagandafilms Der Marsch zum Führer für die Jugendlichen schildert Hermann Fink in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. März 1940, Seite 3:

„In Anwesenheit von Vertretern der Partei, Wehrmacht, des Staates und der Stadt fand am Mittwochabend in den Kammerlichtspielen in Innsbruck die Erstaufführung des von der Hitler-Jugend selbst gedrehten Films Der Marsch zum Führer, das Bilddokument des Adolf-Hitler-Marsches, statt. – Fanfarenrufe des Deutschen Jungvolkes leiteten die Feierstunde ein. Stehend sang die Hitler-Jugend darauf das Lied ‚In den Ostwind hebt die Fahnen’.

Im Vorprogramm wurde ein Landdienst-Werbefilm gezeigt. In der Pause klangen die Weisen des Spielmannszuges des Bannes Innsbruck-Stadt durch den Raum. Dann wurde der Film des Sternmarsches der Hitler-Jugend zum Parteitag nach Nürnberg gezeigt. Als erste traten den Marsch die Hitlerjugend des Gebietes Ostland an. Ihnen folgte bald die Marscheinheit Ostmark, die der kürzlich tödlich verunglückte Stabsleiter des Gebietes Tirol-Vorarlberg Bannführer Willi Holzknecht, anführte […]. Mit dem Treuebekenntnis ‚Deutschland, heilig Wort’ klingt dieser geschichtliche Film aus. Stehend sang anschließend die Innsbrucker Hitler-Jugend nach dem Lied ‚Jetzt müssen wir marschieren’.“

Die suggestive, propagandistisch so wirksame Kraft des Filmes stand ganz allgemein im Dienst der NS-Machthaber. Es wurden viele Anstrengungen unternommen, nicht nur das Repertoire an ideologisch verwertbaren Filmen zu mehren, sondern auch das Angebot an Vorführungen zu steigern und die gesamte Infrastruktur zu verbessern. Ein wichtiges Medium der Beeinflussung machten die sog. „Wochenschauen“ aus, die vorrangig der Kriegsberichterstattung dienten und in ihrer meist übertrieben begeistert vermittelten Informationsfülle den Nationalstolz der Zuschauer anfeuerten und eine Siegesgewissheit allgemein verbreiteten. Um diese positiv stimmenden Nachrichten im Reichsgebiet systematisch zu verbreiten ordnete Dr. Goebbels als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda im Mai 1940 an, daß künftig in allen Orten Deutschlands neben dem regulären Abendprogramm der Filmtheater Sonderveranstaltungen durchzuführen seien, um dem großen Interesse des Publikums an Wochenschauberichten entgegenzukommen. Allen „Volksgenossen“ sollte damit die Möglichkeit gegeben werden, diese Wochenschauen anzusehen, zumal „das Verlangen aller Bevölkerungskreise nach Bildberichten“ nie so groß gewesen sei „wie jetzt in dem uns aufgezwungenen Krieg“ (Innsbrucker Nachrichten vom 22. Mai 1940, Seite 4). Die Wochenschauvorführungen wurden zu einem überwältigenden Erfolg, auch in Innsbruck.

Die Innsbrucker Nachrichten (22. 5. 1940, S. 4) betonen euphorisch, „daß bereits bei den Sonntagsvormittags-Veranstaltungen in den Lichtspieltheatern der Gauhauptstadt die Kinokassen regelrecht gestürmt wurden“. Infolgedessen sollen die „Veranstaltungen von verbilligten Wochenschau-Sondervorführungen an Sonntag-Vormittagen“ auch zu einer „vorläufig ständigen Einrichtung werden“. In den „Kleinen Kammerspielen“ hatte laut der Zeitungsmeldung die Gaufilmstelle gleichzeitig mit der täglich wiederholten Vorführung von Wochenschauen begonnen, bei verbilligten Eintrittspreisen und einem kaum zu bewältigenden Besucheransturm. Zu Inhalt und Ablauf dieser Wochenschauen wird erklärt: „Es handelt sich hier nicht, wie so manche meinen, um eine Aneinenderreihung mehrerer Wochenschauen auch aus früheren Tagen oder um die Vorführung der Ufa-, Tobis- und Fox-Wochenschauen nebeneinander (denn die Wochenschauen entstehen ja bekanntlich in einer einzigen Arbeitsgemeinschaft), sondern um die Vorführung der jeweils letzten herauskommenden Wochenschau, an die dann noch Kulturfilme soldatischen Inhalts schließen, die auf ihren Spezialgebieten das Allgemeinwissen um unsere deutsche Wehrmacht noch vermehren helfen […]. Begreiflicherweise ‚zieht’ die jetzt laufende Wochenschau ganz besonders, zeigt sie doch bereits die ersten Laufbilder vom unaufhaltsamen Vormarsch unserer Soldaten in Luxemburg, Holland und Belgien […]. Ob wir nun Truppenteile sehen, für die vorhandene Straßensperren kein Hindernis bedeuten, die die schlechtesten Wald- und Feldwege für ihren Vormarsch benutzen, im Feuer des Feindes auf Floßsäcken über Flüsse und Kanäle setzen, ob uns die gesprengten Brücken, die zerstörten Bahnhöfe einen Eindruck von der Wucht der Kämpfe im Westen geben oder ob uns in Bildern der Angriffsgeist unserer Luftwaffe so recht zum Bewusstsein kommt, wenn die Verwüstungen gezeigt werden, die feindliche Flieger bei ihrem feigen Ueberfall auf die nichtbefestigte Stadt Freiburg verursachten, – die Gesamtwirkung der Wochenschau verdichtet sich, besonders zu ihrem Ende, zu einer gewaltigen Schlachtensymphonie, für die das aus Zeiten des Weltkrieges her wieder aufklingende Lied von der Wacht am Rhein sinngemäße Untermalung ist.“

In diese Kategorie der Kriegsanimation durch den Film gehört das „Filmwerk“ Feldzug in Polen der Reichspropagandaleitung der NSDAP, das aufgrund seiner propagandistischen Potenz am 15. Februar 1940 in allen Lichtspieltheatern Innsbruck gezeigt wurde. Die festliche Erstaufführung bei vollem Haus in den Kammerlichtspielen besuchte Gauleiter Hofer in Begleitung „vieler Ehrengäste der Bewegung“, der Wehrmacht und der Stadt. „Der Gaumusikzug umrahmte die festliche Aufführung mit schneidigen Soldatenmärschen.“ Wiederum wurde – wie so oft – das Engeland-Lied symbolisch inszeniert.

Ernst Kainrath skizziert Inhalt und Entstehung des Films Feldzug in Polen in den Innsbrucker Nachrichten vom 16. Februar 1940 (Seite 3): „In einer Gemeinschaftsarbeit der deutschen Wochenschauen ist hier ein Filmwerk entstanden, das in seiner ungeschminkten Realistik der Größe des Geschehens in weitestem Maße gerecht wird. In einer geschickt zusammengestellten Bilderfolge […] rollen vor unseren Augen die Ereignisse ab […]. Herbert Windt schrieb zu diesem packenden Geschehen eine wirkungsvolle musikalische Untermalung und Fritz Hippler mit seinen Kameramännern, unter denen auch unser Guzzi Lantschner stand, schufen prachtvolle Bilder.“

Um die nationalsozialistische Filmpropaganda bis in das letzte Dorf verbreiten zu können, war die Gaufilmstelle eingerichtet worden. Ihr Vorführwagen reiste kontinuierlich durch das ganze Gaugebiet. In den Innsbrucker Nachrichten vom 20. Juli 1940 (Seite 8) wird von der Tournee der Gaufilmstelle nach Hinterriß berichtet. Unter der Schlagzeile „Der Tonfilmwagen im entlegensten Dorf Tirols“ wird besonders betont, dass durch diesen, mit vielen technischen und organisatorischen Schwierigkeiten verbundenen Auftritt „das letzte und auf Fahrwegen am schwierigsten erreichbare Dorf mit der Filmpropaganda erfaßt“ werden konnte.

Auch die erste Vorführung des Films Die Geierwally für die bei den Dreharbeiten mitwirkende Ortsbevölkerung wurde von der Gaufilmstelle in Längenfeld im Ötztal veranstaltet. Der Bericht davon in den Innsbrucker Nachrichten vom 24. August 1940 (Seite 6) unter dem Titel „Ein ganzes Dorf sieht sich auf der Leinwand“ vermittelt eine lebhafte Vorstellung von solchen Filmvorführungen der Gaufilmstelle:

„Der kleine Saal ist belagert, und drinnen sitzen sie schon auf den Fensterstöcken und säumen stehend die Wände, obwohl draußen der herrlichste Sonnenschein lacht. In der kurzen Pause zur neuen Vorstellung muß SA. und Feuerwehr die Leutchen durch Absperrung gruppenweise einlassen, sonst gibt es wieder einmal Kleinholz. Auch hier stand der Vorführer bis 2 Uhr nachts am Gerät, und zur 9-Uhr-Vorstellung gab es um die Plätze eine so handfeste Keilerei, daß eine Anzahl Burschen nur mehr in ziemlich zerrupften Zustand ins Innere des Saales gelangen konnten.

Der Gaufilmleiter Pg. Uli Ritzer berichtet übrigens, daß das immer und überall so sei, nicht nur bei diesem Film mit so ausgesprochenem Lokalkolorit. In einem Dorf des Kreises Innsbruck war einmal der Andrang so gewaltig, daß die Türen samt Angel und sogar Türstöcke mit ausgerissen wurden und etliche Fenster in Scherben gingen, während in einem anderem Dorf die Burschen aufs Klavier gestiegen waren, bis auf die Saiten durchbrachen und die Gaufilmstelle schließlich noch das Klavier ersetzen mußte. So nebenbei gingen noch 30 Stühle in Fransen. An solchen Schlaglichtern läßt sich erst so richtig erkennen, was die Gaufilmstelle der Partei eigentlich an kultureller Arbeit in diesem Berggau leistet und wie bildungshungrig, gesund und aufnahmefähig dieses Volk ist, das durch Jahrzehnte, ja Jahrhunderte in unverantwortlicher Weise vernachlässigt und beiseite geschoben wurde.“

Ein Machwerk der Terra-Filmkunst GmbH Jud Süß kam schon im Jahr seines Erscheinens (1940) in die Innsbrucker Kinos. Dieser problematische Film wurde als „Kulturfilm“ in der Neuesten Zeitung vom 30. Oktober 1940 (Seite 5) angekündigt. In dieser Zeitung war eine den Film vorbereitende Artikelserie „Jud Süß – Hebräer, Mätressen und ein Galan“ von beispielloser Abgeschmacktheit und Hässlichkeit als Hetzkampagne vorangegangen. Zum Film schreibt Dr. Kurt Pichler nun: „Wir wollen vorwegnehmen, daß dieses Lustspiel trotz seiner spannenden und krassen Handlung durchaus die Grenzen des Künstlerischen wahrt und sich nirgends in eine Nur-Propaganda verliert. Die Tatsachen, die hier gezeigt werden, sind so überzeugend, so für sich sprechend, daß sie keiner grellen Farben bedürfen, um sie in ihrer Wirkung zu steigern.“ Dieses so charakterisierte Szenario bildete ja gerade die „volksbildnerische“ Intention des Films, indem hier Vorurteile und Klischees in Rahmen einer platten Handlung zu einem glaubhaft wirkenden Selbstverständnis hochstilisiert werden. „Eine Handlung von größter Spannung, voll Grauen, und – am Ende – voll tiefer Befriedigung spielt sich vor unserem Blick ab […]. Der Film, der unter der Spielleitung Veit Harlans lief, dessen Drehbuch in Gemeinschaft mit E[berhard] W[olfgang] Möller vom Spielleiter selbst geschrieben wurde, ist eine einmalige Leistung. Dem Streifen wurden von kompetenter Stelle höchste Prädikate beigelegt. Von ihm kann man ohne jede Uebertreibung sagen, daß ihn jeder Deutsche gesehen haben muß.“


Verwaltungs-Akademie Innsbruck

Die Verwaltungs-Akademie diente der Ausbildung und Umschulung der Beamten im nationalsozialistischen Sinn. Zur Eröffnung des Sommersemesters veröffentlichte der Studienleiter, Univ.- Prof. Dr. jur. Hermann Haemmerle, in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. April 1940, Seite 5, einen Artikel, der Einblick gibt in die Intention und Arbeit dieser Bildungsinstitution:

„Die Verwaltungs-Akademie Innsbruck nimmt am 15. April 1940 ihren Studienbetrieb nach einer kurzen Unterbrechung wieder auf […].

Die aus den Beamtenhochschulen hervorgegangenen Verwaltungs-Akademien, die sich heute über das gesamte Reichsgebiet erstrecken, werden von der Erkenntnis getragen, daß dem Beamten im nationalsozialistischen Staat besondere Verpflichtungen auferlegt sind. Verwalten bedeutet eine besondere Form des Dienstes an der Volksgemeinschaft. Der Beamte verwaltet sein Amt weder um dieses Amtes noch um des Staates willen, sondern zum Besten des deutschen Volkes. Dies berechtigt ihn zum Stolz, denn er ist durch seine Tätigkeit der Gesamtheit enger verbunden als mancher anderer Volksgenosse. Dies führt aber auch zu erhöhter Verpflichtung, denn die Gemeinschaft verlangt von ihren Dienern erhöhten Einsatz, die enge Beziehung zur Volksgemeinschaft verpflichtet den Beamten zu genauer und pflichtgetreuer Arbeit im Interesse der Volksgesamtheit.

Zu solcher echten Beamtenarbeit zu befähigen und zu erziehen ist das Ziel der Verwaltungs-Akademien. Die Verwaltungs-Akademie dient demnach der politischen und beruflichen Fortbildung der Beamten sowie der Behördenangestellten und der Angestellten der öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf weltanschaulicher und wissenschaftlicher Grundlage. Sie will die Beamten zu verantwortungsbewußten, charakterfesten und zu selbständiger Leistung fähigen Persönlichkeiten erziehen, die sich bewußt in den Dienst der deutschen Volksgemeinschaft und des nationalsozialistischen Staates stellen.

Die Aufgabe der Verwaltungs-Akademien besteht nicht in der trockenen Weitergabe überkommenen Fachwissens, sondern in seiner Neuvermittlung aus nationalsozialistischem Geist heraus […].

Die deutschen Verwaltungs-Akademien sind die Träger der fachlichen Fortbildungsarbeit, die die deutschen Berufsbeamten selbst wünschen, um ihre Aufgaben im Dienste des Staates und damit im Dienste des deutschen Volkes besser erfüllen zu können […]. Der Lehrplan der Verwaltungsakademie sieht neben Vorlesungen über weltanschauliche Fächer (Geschichte der Bewegung, Volk und Staat, Volk und Rasse) Lehrveranstaltungen aus den verschiedensten Gebieten der Rechtswissenschaft (Verfassung, Verwaltung, Kommunalrecht, Einführung in das bürgerliche Recht, Vertrag und Unrecht, Ware und Geld, Boden, Familie und Erbe), der Volkswirtschaft (Volkswirtschaftslehre, Geld und Kredit, Landwirtschaft, Handwerk und Industrie, Handel und Verkehr, Sozialpolitik, Finanzwirtschaft) und der politischen Geschichte vor. Das sechssemestrige Studium kann durch eine Diplomprüfung abgeschlossen werden.“


Autor: Manfred Schneider
Stand: 26. August 2013