NS-Herrschaft in Südtirol – Kulturmosaik

Die NS-Herrschaft in Südtirol begann mit dem Einmarsch der Wehrmacht am 8. und 9. September 1943 als Reaktion auf den italienischen Frontwechsel. Am 25. Juli 1943 war Mussolini abgesetzt und gefangen genommen worden. An seine Stelle trat Marschall Pietro Badoglio als Ministerpräsident. Obwohl von der neuen Regierung verbal am Kampfbündnis mit dem Deutschen Reich festgehalten wurde, fanden geheime Verhandlungen mit den Alliierten statt, die schließlich am 3. September 1943 zur Kapitulationserklärung der italienischen Regierung führten. Mit der Flucht der königlichen Familie, des Ministerpräsidenten Badoglio, dem Großteil der neuen Regierung und den Oberbefehlshabern der verschiedenen Streitkräfte nach Brindisi wurde die Zweiteilung Italiens eingeleitet, nämlich in das von den anglo-amerikanischen Alliierten besetzte „Königreich des Südens“ und die italienische „Republik des Nordens“, die de facto unter reichsdeutscher Hegemonie stand. Am 12. September 1943 wurde der aufgrund eines Befehls von König Vittorio Emanuele III. verhaftete Benito Mussolini in einer von Adolf Hitler inszenierten abenteuerlichen Aktion befreit und wiederum als Ministerpräsident der am 18. September 1943 neu gebildeten faschistischen „Repubblica Sociale Italiana“ (RSI) eingesetzt. Dieser faschistische Reststaat hatte immerhin noch 63 Provinzen. In Umsetzung des Führer-Erlasses vom 10. September 1943 wurden in den an das Deutsche Reich angrenzenden Gebieten des italienischen Staatsgebietes zwei „Operationszonen“ eingerichtet, die „Operationszone Alpenvorland“ und die „Operationszone Adriatisches Küstenland“. Beide gehörten rechtlich in der gesamten Zeit ihres Bestehens zum Staatsgebiet der von Mussolini regierten RSI. Obwohl die italienische Regierung formell die Staatshoheit beibehielt, war ihr politischer Einfluss marginal. Die deutsche Reichsregierung begründete diese massive Einschränkung der Souveränität mit sicherheitspolitischen wie militärischen Notwendigkeiten und betonte den Übergangscharakter dieser Lösung bis zum erreichten „Endsieg“. Mittels Telegramm vom 9. September 1943 wurde Reichsstatthalter und Gauleiter Franz Hofer von Adolf Hitler zum „Obersten Kommissar des Operationsgebietes Alpenvorland“ ernannt, das die drei Provinzen Bozen, Trient und Belluno umfasste. In diesem Schreiben wurde von Hitler ausdrücklich gefordert: „Die Verwaltung in diesen Gebieten ist so aufzubauen, daß sie jederzeit mit dem deutschen Reiche vereinigt werden können“ (Zitat nach Margaretha Lun, NS-Herrschaft in Südtirol. Die Operationszone Alpenvorland 1943-1945, = Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 22, Innsbruck 2004, Seite 72; diese grundlegende Publikation bildet auch die hauptsächliche Informationsquelle für die hier dargestellten geschichtlichen Ereignisse).
 
Wie im März 1938 in Nordtirol, so wurden auch in Südtirol 1943 die einmarschierenden deutschen Truppen als „Befreier“ bejubelt. Die überwiegend deutsche Südtiroler Bevölkerung hatte unter der italienischen Zwangsherrschaft einen beständigen Kampf um die Erhaltung ihrer Identität geführt. Südtirol war nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugesprochen worden. Die faschistische Regierung verfolgte eine radikale und rigorose Entnationalisierungs- und Italianisierungspolitik, die zur Ausschaltung jeglicher öffentlicher Demonstration des Deutschtums der Südtiroler führte. Alle Komponenten einer die Volksgemeinschaft kennzeichnenden Identifikation stiftenden Indikatoren wurden verboten, insbesondere alle volkskulturellen Aktivitäten. Das Tragen von Trachten wurde ebenso untersagt wie die Verwendung des Deutschen als Amtssprache. Besonders hart traf die deutsche Bevölkerung das Verbot der deutschen Schule. Außerdem kam es zu einer von der Regierung planvoll gesteuerten Unterwanderungspolitik mit Italienern aus dem Süden des Landes, die durch materielle Zugeständnisse und vielerlei Begünstigungen angelockt wurden. Gegen diese Repressionsmaßnahmen, die auf die Eliminierung des Deutschtums und eine komplette Assimilation abzielten, bildete sich in der Südtiroler Bevölkerung das Bewusstsein einer Schicksalsgemeinschaft mit einer starken Betonung der kulturellen Eigenart, soweit dies in der faschistischen Diktatur überhaupt noch möglich war. Unter diesen die ethnische Existenz bedrohlichen Bedingungen formierten sich deutschnationale Gruppierungen, die im Untergrund illegal agierten. Bereits 1925 entstanden verschiedene politisch tätige Jugendgruppen, die, durch die faschistische Gesetzgebung 1928 in die Illegalität gezwungen, eine „Arbeitsgemeinschaft“ gründeten, aus der später der so genannte „Gau-Jugendrat“ (GJR) hervorging. Diese Vereinigungen engagierten sich als Gegenreaktion auf die faschistische Unterdrückung in der Pflege des Deutschtums, mit Vorträgen über deutsche Geschichte, Heimatkunde, Literatur, der Organisation von Ausflügen mit begleitendem Liedgesang. Mit der Machtübernahme der NSDAP in Deutschland 1933 erhielten diese Bestrebungen beträchtlichen Aufwind. Aus dem Gau-Jugendrat bildete sich die politisch-ideologisch wesentlich ausgereiftere „Südtiroler Heimatfront“, die später in „Völkischer Kampfring Südtirol“ (VKS) umbenannt wurde. Diese politische Organisation war nach dem Vorbild der NSDAP gebildet mit autoritärem Führerprinzip sowie dem Ziel der Herstellung der Volksgemeinschaft mit dem Großdeutschen Reich (Lun 2004, Seite 29). In der Folge wurde die illegale Vereinigung mit dem Aufbau einer VKS-Frauenschaft und einer VKS-Jugendorganisation, die sowohl Buben als auch Mädchen aufnahmen, dem Vorbild NSDAP weiter angenähert.
 
Dem Bestreben Adolf Hitlers, möglichst alle Deutschen und somit auch Südtirol in einem Reich zu vereinen, stand seine Bündnispolitik entgegen. Hitler hatte mit Mussolini 1939 den „Stahlpakt“ geschlossen, mit dem sich die „Achsenmächte“ Italien und Deutschland militärische Zusammenarbeit und unbedingte gegenseitige Unterstützung zusicherten. Die Brennergrenze wurde als endgültig festgelegt. Die ethnische Frage sollte durch die „Option“ gelöst werden. Sie sah vor, dass alle auswanderungswilligen Südtiroler im deutschen Reich oder später in eroberten Gebieten angesiedelt werden sollten. Zu ihrer Feststellung errichteten die deutschen Behörden mit Zustimmung der italienischen Regierung die sog. „Amtlichen deutschen Ein- und Rückwanderungsstellen“, mit der Zentrale in Bozen und je einer Zweigstelle in Meran, Schlanders, Bruneck, Brixen, Sterzing sowie eine „Abwicklungsstelle“ in Gröden. Parallel dazu entstand aus Kreisen des „Völkischen Kampfrings Südtirol“, die „Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland“ (AdO; Lun 2004, Seite 22). Diese Arbeitsgemeinschaft hatte ein auf ganz Südtirol verzweigtes dichtes Organisationsnetz, das in seiner Struktur ähnlich der NSDAP in Ortsgruppen und Kreise gegliedert war. Somit war eine effiziente Propaganda gesichert: 86% der Südtiroler entschieden sich für das Deutsche Reich (Lun 2004, Seite 24). Zwischen 1940 und 1943 wurden rund 75.000 Südtiroler umgesiedelt bzw. zum Kriegsdienst eingezogen. Der VKS, dessen Ziel es war, Südtirol ideologisch auf einen eventuellen Anschluss an Deutschland vorzubereiten, wurde durch seine Tätigkeit im Rahmen des Umsiedlungsabkommens im Jänner 1940 als „Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland“ legalisiert. Nun konnten auch wieder die in der Faschistenzeit verbotenen weißen Stutzen (Trachtenstrümpfe) getragen werden, eine Freiheit, die bewusst als Emblem der Zusammengehörigkeit öffentlich demonstriert wurde. Plötzlich galten auch Hakenkreuzfahnen, Hakenkreuzarmbinden und NS-Uniformen nicht mehr als illegal, obwohl das NSDAP-Verbot weiterhin aufrecht blieb (Lun 2004, Seite 30). Für die Deutsch-Optanten war durch die Option die Unterdrückung durch den italienischen Faschismus zu Ende. 1940 wurde den Optanten für Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft zugestanden, ihre Kinder durften wieder deutsche Sprachkurse besuchen, vom faschistischen Regime entlassene Lehrer erhielten ihre Anstellung wieder zurück (Lun 2004, Seite 31). Unter der Führung Peter Hofers konnte die Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland ein ganz Südtirol umfassendes Organisationsnetz implementieren, das in der Folge beim Aufbau der Zivilverwaltung der neu geschaffenen Operationszone Alpenvorland dem Obersten Kommissar in Südtirol äußerst effizient zur Verfügung stand. Die bestens strukturierte Abwicklung der Informationsvermittlung ermöglichte es dem Volksgruppenführer Peter Hofer, ein „Volksaufgebot“ zu organisieren, das mit ca. 10.000 Mann die deutschen Truppen verstärken sollte. Auch aus diesem Faktum wird deutlich, wie die durch die Option erreichte größere Handlungsfreiheit der inneren Festigung der deutschen Volksgruppe zugute kam.
 
Die Bildung der Operationszone Alpenvorland (mit den Provinzen Bozen, Trient, Belluno) erfolgte unter Aufrechterhaltung der staatlichen Souveränität der von Mussolini autoritär regierten „Repubblica Sociale Italiana“. Südtirol blieb somit staatsrechtlich immer ein Teil Italiens. Eine Annexion der Operationszone erfolgte nicht. Die Brennergrenze blieb. Faktisch hatte aber die italienische Regierung keinen Einfluss auf die militärische und zivile Verwaltung der Operationszone. Der Oberste Kommissar Franz Hofer handelte weitgehend autoritär, versuchte aber mit einer konzilianten Politik eine praktikable Form der Koexistenz der Volksgruppen zu erreichen. Die vom Faschismus geschaffenen Verwaltungsstrukturen blieben weitgehend auch personell intakt, mit Ausnahme der Führungspositionen, die meist von Reichsdeutschen besetzt wurden (Lun 2004, Seite 14). In Südtirol konnte dabei primär die einheimische deutsche Bevölkerung, die sich seit der Option in der „Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland“ organisiert hatte, für die Zivilverwaltung herangezogen werden. Von reichsdeutscher Seite wurde die ethnische Situation allerdings als zweitrangig angesehen und vor allem der militärische Aspekt samt der Einhaltung der Bündnistreue mit Italien als politischer Hauptgrund für die Bildung der Operationszone angeführt. Der Oberste Kommissar Franz Hofer hingegen sah darin die Möglichkeit auch einer territorialen Zusammenführung Südtirols mit seinem Reichsgau Tirol-Vorarlberg. So konzentrierte er seine Haupttätigkeit auf Südtirol, während er dem Trentino und der Provinz Belluno nur wenig Engagement zuwandte. Gauleiter Hofer hatte schon im Jahr 1939 eine eigene Dienststelle für Südtirol, das „Grenzlandamt“, geschaffen, das Dr. Wolfgang Steinacker, ein Sohn des Rektors der Universität Innsbruck, leitete. Damit stellte sich Franz Hofer schon damals gegen das Prinzip der Unantastbarkeit der Bündnispolitik mit Italien, die allen reichsdeutschen Dienststellen und NSDAP-Organisationen jegliche offizielle Beschäftigung mit Südtirol verbot und versuchte seinen Traum der Wiedervereinigung aller Tiroler Landesteile zu verwirklichen. Als Oberster Kommissar versah Gauleiter Hofer die höchste Position in der Verwaltungshierarchie und hatte weitreichende militärische Vollmachten. Bei der Besetzung der höchsten Verwaltungsstellen vertraute er auf die Gefolgschaft seines Führungspersonals aus dem Gau Tirol-Vorarlberg. Wie ernst er seine Tätigkeit und gewissermaßen Mission in Südtirol nahm, geht nicht zuletzt daraus hervor, dass er im Unterschied zu seinen Dienstellenleitern aus Innsbruck, die nur ein- bis zweimal wöchentlich für Anweisungen nach Bozen kamen, die meiste Zeit persönlich in seinem Bozner Amtssitz verbrachte. Diese zentrale Dienstelle des Obersten Kommissars befand sich im Bozner Hotel Stiegl im Stadtteil Zwölfmalgreien, wurde aber bald wegen der Nähe zum Bahnhof und der damit verbundenen Bombengefährdung in das ehemalige Kurhaus von Bozen-Gries verlegt. Hofers persönliches Büro wurde in der Bozner Villa Bergheim untergebracht. Wie wichtig ihm seine politische Arbeit in Südtirol war, ist auch daran zu erkennen, dass die Verwaltungs- und ideologische sowie propagandistische Aufbautätigkeit zwanzig Arbeitsbereiche beanspruchte, die mit bewährten Führungskräften besetzt waren, zum Beispiel dem Gaupropagandaleiter und Leiter des Reichspropagandaamtes Karl Margreiter als höchstem Kulturrepräsentanten des Gaus Tirol-Vorarlberg, dem Gauamtsleiter Oberbereichsleiter Franz Pisecky als Presse und Propagandafachmann, weiters für Fragen der Landwirtschaft mit Regierungsdirektor Dipl.-Ing. Fritz Lantschner oder dem Wirtschaftsfachmann Gauamtsleiter Dr. Hans Georg Bilgeri. Der Bereich „Inneres“ wurde dem Innsbrucker Oberbürgermeister Dr. Egon Denz anvertraut, die Abteilung „Justiz“ Dr. Oswald Strizl, Oberlandesgerichtspräsident von Innsbruck. Für die Jugendarbeit wurde der rührige Oberbannführer Otto Weber eingesetzt (Details siehe bei Lun 2004, Seite 105 f.). Die einfachen Angestellten waren meist Südtiroler, zum Großteil aus dem AdO kommend.
 
Die „Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland“ wurde im Oktober 1943 in „Deutsche Volksgruppe“ umbenannt, um den Alleinvertretungsanspruch der Deutschen in Südtirol zu unterstreichen, vor allem aber, um die Zuständigkeit auch auf die „Dableiber“, also jene Südtiroler, die sich bei der Option für Italien entschieden hatten, auszuweiten (Lun 2004, Seite 104). In die Bezeichnung „Deutsche Volksgruppe“ waren auch die Ladiner eingeschlossen. Als „Volksgruppenführer“ fungierte der bisherige Leiter der AdO, der aus Kastelruth stammende Peter Hofer, der am 2. Dezember 1943 bei einem alliierten Bombenangriff ums Leben kam. Nach seinem Tod wurde kein neuer Volksgruppenführer ernannt. Diese Funktion erfüllte nunmehr faktisch Gauleiter Franz Hofer in seiner Funktion als Oberster Kommissar, was sich auch darin zeigt, dass die Deutsche Volksgruppe Südtirol als „Sonderbereich Volksgruppe“ verwaltungstechnisch in das Oberste Kommissariat eingegliedert wurde. Die Leitung dieser neuen Abteilung im administrativen Apparat des Obersten Kommissars wurde dem ehemaligen Kreisleiter der VKS und bisherigen Geschäftsführer der Deutschen Volksgruppe Ferdinand Lauggas zugeteilt.
 
Die 1940 gegründete AdO, die mit dem Einmarsch der Wehrmacht am 8. September 1943 ihre freiwillige Unterstellung unter die Nordtiroler Gauleitung erklärte, wurde nunmehr offiziell anerkannt und erhielt damit eine halbamtliche Funktion. Die „Deutsche Volksgruppe Südtirol“ war in der Zeit der Operationszone Alpenvorland, also über 20 Monate lang, die einzige zugelassene politische Bewegung des Landes und ideologisch als Parallelorganisation der NSDAP ihr nahezu spiegelgleiches Abbild. Damit hatte sie auch wesentlichen Einfluss auf die Neubesetzung der durch die Umwandlung der Administration freiwerdenden Dienstposten. Praktisch wurde die gesamte, seit 1940 bestehende Organisationsstruktur des AdO übernommen, wobei die bisherige Kreiseinteilung ebenso intakt blieb wie deren personelle Besetzung (Lun 2004, Seite 116). In den Landgemeinden ersetzte man hingegen die faschistischen Podestàs ausnahmslos durch Vertrauensleute der Deutschen Volksgruppe Südtirol, die als kommissarische Bürgermeister amtierten und direkt dem Präfekten unterstanden. Die Kreisleiter, die nun nicht mehr ehrenamtlich, sondern als besoldete Funktionsträger tätig waren, erhielten vom Obersten Kommissar je einen Kreisleiter aus seinem Gau zugeteilt, der sie in ihren Aufgabenbereich einführen und auch ideologisch schulen sollte. Nach dem Nordtiroler Vorbild war dem Kreisleiter ein Führungsstab beigegeben. Dem Muster der Verwaltungsorganisation der NSDAP nachgebildet waren die Kreise in Ortsgruppen, Zellen und Blöcke untergegliedert. Außerdem gab es jeweils eigene Kreisgeschäftsführer, Kreisschulungsleiter, Kreisbauern- und Kreisjugendführer, Kreisfrauenschaftsführerinnen, Kreisärzte sowie Kreisbeauftragte für Propaganda, Volksbildung, Volkswohlfahrt und für verschiedene Wirtschaftsstände (Lun 2004, Seite 117). Viele dieser Funktionen wiederholten sich auch auf der Ebene der Ortsgruppen.
 
Die Grundmechanismen faschistischer Machtdoktrin erfolgten nunmehr in umgekehrter Richtung. An die Stelle der Ausschaltung des Deutschtums setzte eine Phase planmäßiger Entitalianisierung ein. Italienische Orts- und Straßenbezeichnungen wurden eingedeutscht, italienischen Schulen geschlossen und jene Strategie, die vormals die italienischen Faschisten unternahmen, um die deutsche Kultur auszumerzen, wurde nun auf deutscher Seite praktiziert, zwar maßvoller, doch ebenso konsequent und erfolgreich. Die faschistischen Machthaber hatten die Pflege des Brauchtums, das Vereinswesen und das Tragen der Tracht verboten. Nunmehr wurden gerade diese „völkischen“ Attribute ganz bewusst zur Demonstration des Deutschtums eingesetzt. Die vom Obersten Kommissar angestrebte Landeseinheit Tirols konnte politisch nicht realisiert werden, sie wurde aber auf ideologischem und kulturellem Gebiet vollständig erreicht.


Aufbau des Standschützenverbandes

Das Fundament der nationalsozialistischen Ideologie war die „Volksgemeinschaft“. Diese war wesentlich über die Kultur, insbesondere die Volkskultur, definiert. Das Konstrukt intendiert einen geschlossenen sozialen, durch Identifikationsfaktoren gefestigten Kreis, der ein- aber auch ausschließt. Wer der Volksgemeinschaft angehört, war durch gesellschaftliche Normen determiniert, die vor allem im Bereich von Kultur wirksam waren. Strukturell war der Umgang mit Kultur auf die Festigung ideologischer Prinzipien angelegt, funktional auf die äußere Darstellung und Umsetzung ihrer Inhalte. Kultur wurde gebraucht und missbraucht. Insbesondere die Volkskultur als kulturelle Darstellungsform von allgemeiner Akzeptanz und spezifischer sozialer Bindung wurde zum bestimmenden Element. Die grundsätzlich reaktionäre Sichtweise der Nationalsozialisten fand in den althergebrachten Traditionen und ihren formal wirksamen Aktionen die deckungsgleiche Verwirklichung ihrer kulturellen Ideale. So erschien es nur folgerichtig, dass Kultur, mit dem Schwerpunkt Volkskultur, eine strategisch fundamentale Rolle in der von Gauleiter Franz Hofer angestrebten Eingliederung Südtirols in sein Herrschaftsgebiet einnahm. Da eine territoriale Wiedervereinigung aufgrund Hitlers weiterhin aufrechter Bündnispolitik mit Italien vorerst nicht realisierbar erschien, verfolgte Gauleiter Hofer, der sich in der Operationszone selbstherrlich gebärdete und wie ein feudaler Landesfürst agierte, sein Ziel mit einer kulturellen Annexion. Probates Mittel dazu war der vom ihm in seinem Gau bereits 1938 initiierte „Standschützenverband“, der alle Schützenvereinigungen, ihre Musikkapellen, weiters Volkstänzer und Schuhplattler sowie musikalische Volkstumsgruppen und Laienbühnen zu einem komplexen und ideologisch effizient einsetzbaren Kulturkonglomerat vereinte. Der Standschützenverband Tirol-Vorarlberg hatte sich im Gau als ideologischer Grundpfeiler bewährt. Schützen und Musikkapellen sowie ihre weiteren kulturellen Verbündeten hatten die Ideologie der NSDAP in zahlreichen Auftritten inszeniert und durch ihre propagandistische öffentliche Wirksamkeit nachhaltig im Volksbewusstsein gefestigt. Der effiziente Einsatz von Kultur für politische Zwecke der Ideologie lässt sich gerade am Beispiel Südtirol exemplarisch demonstrieren. Der Verband der Deutsch-Optanten hatte 1940 weitgehende Handlungsfreiheit erhalten. Obwohl die Provinz Bozen grundsätzlich dem faschistischen italienischen Herrschaftsbereich mit seinen Repressalien angehörte, konnte sich die Volksgruppe, die sich bei der Option für die Auswanderung in das deutsche Reichsgebiet entschieden hatte, unbeeinflusst von den italienischen Zwangsmaßnahmen auch politisch organisieren. Es gelang, den bereits im Zuge der Option geschaffenen Organisationsaufbau von Ortsgruppen und deren der NSDAP nachgebildeten Verwaltungsstruktur weiter zu perfektionieren, so dass beim Einmarsch der Wehrmacht im September 1943 ein intakter, vom Führer der deutschen Volksgruppe Peter Hofer bestens organisierter Verwaltungsapparat bereit stand, der nur darauf wartete, nun offiziell politisch tätig zu sein. Dieses Netzwerk wurde ideologisch zusammengehalten, kulturell initiativ war es nicht. Erst Gauleiter Hofer hat als Oberster Kommissar der Operationszone Alpenvorland bewusst mit der Übernahme der Idee des Standschützenverbandes auch in Südtirol kulturelle Aktivitäten gesetzt, um seine politischen Strategien planvoll zu verfolgen. Im Zeitraum von 1940 bis September 1943 waren beispielsweise keine Musikkapellen oder Laienspielgruppen aktiviert worden, doch nun treten sie scharenweise öffentlich in Erscheinung. Das Vorgehen des Obersten Kommissars war konsequent und effizient. Der organisierte Einsatz von Kultur im Dienst der Ideologie hatte sich im Gau Tirol-Vorarlberg bestens bewährt, er sollte nun auf Südtirol übertragen werden. Darum wurden nun für die kulturelle „Aufbauarbeit“ in Südtirol neuerlich erfahrene Nordtiroler Kräfte herangezogen, unter ihnen der „Landeskulturwalter“ Karl Margreiter, der Gaupressechef Franz Pisecky, der Jugendführer Otto Weber und speziell Cyrill Deutsch, der sich als Allroundmusiker in Kufstein ausgezeichnet hatte, als Referent für die Musikschulen sowie Sepp Thaler (1901 Auer-1982 ebd.), vormals Leiter einer HJ-Kapelle in Innsbruck und führender kultureller Repräsentant der Südtiroler Umsiedler, als „Musikreferent“ im neu gegründeten Südtiroler Standschützenverband. Im Rahmen von „Schulungsappellen“ und „Arbeitstagungen“ oder „Kreistagungen“ wurde in Theorie und Praxis die nötige Breitenwirkung angestrebt. Ein Beispiel für diese Bemühungen ist eine „Arbeitstagung der Ortsgruppenleiter“ am 23. Mai 1944 in Terlan, an der alle Ortsgruppenleiter des Kreises Bozen sowie die Bürgermeister und die Kapellmeister der Standschützen-Musikkapellen teilnahmen. Kreisleiter Franz Kiebacher gab in seiner Eröffnungsansprache einen Überblick über die Aufgaben und Arbeitsgebiete der Ortsgruppenleiter und Bürgermeister, wobei er besonders auf die Förderung des Brauchtums hinwies und seine grundlegende Bedeutung für die Volksgemeinschaft herausstellte. Am Nachmittag referierte dann Sepp Thaler in seiner Funktion als „Beauftragter für [das] Musikwesen im Standschützenverband“ vor den Kapellmeistern über „Aufbau und Entwicklung der Musikkapellen im Rahmen der Brauchtumsarbeit in Stadt und Land“ (Bozner Tagblatt vom 26. Mai 1944, Seite 5).
 
Für den 30. und 31. August 1944 berief Kreisleiter Franz Kiebacher die Ortsgruppenleiter und Ortspropagandabeauftragten des Kreises Bozen zu einer weiteren gemeinsamen Arbeitstagung nach Kastelruth. Während am ersten Tag vor allem Berichte der Mitarbeiter der Kreisleitung über ihre Tätigkeit und ein mit Begeisterung akklamierter Vortrag des Kreisleiters auf dem Programm standen, in dem er besonders auf die „wunderbare Errettung unseres geliebten Führers am 20. Juli“ verwies und daraus die Stärkung der „Siegesgewissheit des deutschen Volkes“ ableitete, so wurde am zweiten Arbeitstag nach einer „erhebenden Morgenfeier“, die das „Wehrhaftigkeits- und Freiheitsideal unseres Volkes“ hervorhob, das Thema „praktische Brauchtumspflege und Standschützenwesen“ von den Vortragenden „Kameraden Sandrini und Nagele“ abgehandelt (Bozner Tagblatt vom 4. September 1944, Seite 3).
 
Auch bei einer im Dezember 1944 nachfolgenden Arbeitstagung der Ortsgruppenleiter des Kreises Bozen galten die „Besprechungen insbesondere dem Standschützenwesen, der Brauchtumspflege und dem Volkshilfswerk“. Die Arbeitstagung schloß mit dem „begeisterten dreifachen Sieg Heil auf den Führer und mit den Liedern der Nation“ (Bozner Tagblatt vom 13. Dezember 1944, Seite 3).
 
Bereits im März 1944 war der umtriebige politische Multifunktionär des Gaues Tirol-Vorarlberg, Bereichsleiter Klaus Mahnert, im Rahmen einer Kreistagung in Neumarkt anwesend, um die Tagungsteilnehmer, „Politische Leiter, Gliederungsführer und Amtsleiter des Kreises Salurn“, in Angelegenheiten bezüglich des Standschützenverbands zu beraten. Der Bericht im Bozner Tagblatt vom 20. März 1944, Seite 3, bringt abschließend folgende Information: „[…] Eingehend wurden dann die verschiedenen Arbeitsgebiete besprochen, insbesondere auch die des Standschützen-Verbandes. Der als Gast anwesende Bereichsleiter Klaus Mahnert gab bei der Besprechung der einzelnen Arbeitsgebiete aus seinem reichen Erfahrungsschatz viele notwendige und nützliche Ratschläge. Mit dem Gruß an den Führer wurde die Kreistagung geschlossen.“ Mitgeteilt wird ferner, dass „Kreisleiter Kamerad Viktor Walch, der, wie die anderen zur Waffen-SS eingerückten Kreisleiter, wieder in den Dienst der Volksgruppe abgestellt worden ist“.
 
Der ebenfalls für den politischen und kulturellen Aufbau in Südtirol eingesetzte Gaupresseamtsleiter Franz Pisecky besuchte zahlreiche Veranstaltungen der Südtiroler Volksgruppe, so einen wohl eigens für seinen Auftritt organisierten „Appell der Beauftragten für Presse und Propaganda“ des Kreises Schlanders Anfang April 1944. Dabei unterrichtete er die anwesenden Pressebeauftragten der verschieden Ortsgruppen „über den Wert des gedruckten Wortes als Kampfmittel besonders im Kriege“ und gab „Richtlinien“ aus „für die Gestaltung der Presse unserer Heimat“ (Bozner Tagblatt vom 12. April 1944, Seite 5). In gleicher Mission war Bereichsleiter Pisecky zum Beispiel Ende August 1944 in Brixen. Das Bozner Tagblatt vom 29. August 1944, Seite 5, bringt dazu einen knappen Bericht:
 
„Im Beisein von Kreisleiter Sepp Hinteregger fand im Saale der Kreisleitung eine Arbeitstagung der Ortspressebeauftragten statt. Nach einer kurzen Morgenfeier [einer mit erhebenden Lesungen, Musik- und Gesangsvorträgen möglicherweise kirchliche Andachten ersetzen wollende Feier] eröffnete Kamerad Hans Fink die Tagung. Anschließend sprach Oberbereichsleiter P[artei]g[enosse] Pisecky über das deutsche Pressewesen. Er schilderte den Werdegang der deutschen Zeitung. Pg. Pisecky gab sodann genaue Weisungen und Richtlinien für die Arbeit der Pressebeauftragten in den Ortsgruppen und schloss mit der Aufforderung, auch diese Aufgabe mit größtem Fleiss durchzuführen.“
 
Als Experte für den Volkstanz kam Karl Horak, Volksmusikforscher, Gymnasialdirektor und langjähriges engagiertes Mitglied der NSDAP mit einem Artikel im Bozner Tagblatt vom 3. Juni 1944, Seite 7, zu seinem kulturpolitischen Einsatz. In zeittypischer Rhetorik bedauert Horak zu Beginn seiner Ausführungen den Niedergang der ländlichen Tanzkultur:
 
„Die bodenverwurzelten Tänze des Bauerntums versiegen und konnten daher auch nicht mehr in die Stadt nachströmen. Je mehr nun die Städter dem Boden entwurzelt wurden, desto weniger empfanden sie die volklichen [!] Grundlagen von Musik und Bewegung und desto mehr unterlagen sie fremden Tanzformen. – Wir haben heute kaum eine Landschaft, wo der Tanz noch in voller Ursprünglichkeit lebt. Ein Vergleich und ein Hinweis auf deutsches oder undeutsches Wesen ist daher schwer, zumal es sich nicht um zahlenmäßig greifbare, sondern um geistige Werte handelt.“ Die rassische Abgrenzung „deutsch“ und „undeutsch“ wird in der Folge differenziert, wobei der „moderne Tanz“ offenbar als „undeutsch“ gilt: „Am hartumkämpften ‚modernen Tanz’ will ich versuchen aufzuzeigen, um was es geht. Was sieht man heute bei einer modernen Tanzunterhaltung? Eine ziellos wogende Menschenmasse, in der jedes Paar den Weg nimmt, der ihm gerade einfällt; verkrampfte und doch kraftlose Gestalten. Knieweich dahinschreitend. Jedenfalls ein Bild, das in krassem Widerspruch zu dem Idealbild deutscher Jugend steht, wie es sich heute millionenfach im deutschen Soldaten verwirklicht.“
 
Da so der Tanz nach der Ansicht von Karl Horak als Ausdrucksform wesentlich rassisch determiniert ist, zieht er die Schlußfolgerung: „Daraus ergibt sich die Verpflichtung für unsere Jugend. Sie hat die Aufgabe, sich so zu formen, daß sie sich im Leben und auf ihrem Platz voll und ganz bewährt. Gibt es eine bessere Hilfe dazu als ein artgemäßes deutsches Leben, nicht nur bei Arbeit und Pflicht, sondern auch bei Feier und Unterhaltung?“ Für den Aufbau des Standschützenverbandes in Südtirol gibt Karl Horak abschließend folgende Empfehlung: „Wir haben also dem Tanz wieder die Gestalt zu geben und den Platz einzuräumen, die ihm gebühren. Genau so, wie das hernanwachsende Kind zuerst seine heimatliche Mundart lernt, so ist die Grundlage unseres Tanzes der heimische landschaftliche Volkstanz […]. Denn den heimischen Volkstanz zu beherrschen ist selbstverständliche Pflicht für jeden Burschen und jedes Mädel; er hat einen Teil ihres Wesens zu bilden wie Heimatlied und Heimattracht.“
 
Im März 1944 veranstaltete die Kreisleitung Brixen der Deutschen Volksgruppe eine „Brauchtumstagung“, zu der sämtliche Ortsgruppenleiter sowie die Ortsfrauenschaftsleiterinnen und die Jungen- und Mädelschaftsführerinnen neben einer Anzahl von „Kameraden“ (so wurden die Mitglieder der Deutschen Volksgruppe bezeichnet) der Kreise Brixen und Bozen teilnahmen. Somit waren alle wesentlichen Funktionsträger versammelt, die nun von Experten theoretischen und praktischen Anschauungsunterricht in Sachen Volkstumspflege erhielten. Die Tagungsteilnehmer erschienen in der „heimatlichen Tracht“, wie der Bericht im Bozner Tagblatt vom 24. März 1944, Seite 3, ausdrücklich hervorhebt. Über den weiteren Verlauf wird ausgeführt:
 
„Bereichsleiter Richter erläuterte Sinn und Zweck der Tagung. Es folgte dann eine Singstunde, die von dem Kameraden Sepp Thaler aus Bozen gestaltet wurde, der sich ein Vortrag über Germanisches Brauchtum in der Feiergestaltung von Markus Bachmann anschloß. Dann sprach nach einer kurzen Pause Bereichsleiter Richter über das Thema Wie gestalten wir die Feste und Feiern im Dorfe. Ein Volkstanz-Nachmittag, geleitet vom Kameraden Gottlieb Taschler, brachte bunte Abwechslung in die Arbeitstagung. Den Tag beschloß dann ein Gemeinschaftsabend, an dem sich sämtliche Mitarbeiter sowie eine große Menge Volksgenossen der Ortsgruppe Brixen beteiligten. Die besten Brauchtumsgruppen des Kreises waren zu diesem Abend herangezogen worden, der von Kreisleiter Hinteregger mit einer kurzen Ansprache eröffnet wurde, worauf die Volkstanzgruppe von Brixen den Reigen der Vorführungen eröffnete. Die schneidige Standschützen-Musikkapelle Feldthurns in ihrer sauberen Eisacktalertracht unter Leitung von Kapellmeister Alois Sellemond erntete während des ganzen Abends regsten Beifall. Kamerad Max Kehrer, der sich als urwüchsiger Ansager verdient machte, holte den Brixner Männerchor, der ebenfalls vollzählig in seiner schönen Tracht erschienen war, auf die Bühne, der unter der Leitung des Kameraden Konrad Bergmeister und verstärkt durch einige Wehrmachtsurlauber wie in seinen besten Zeiten sang. Ebenso sang der gemischte Chor der Brixner Singgruppe unter demselben Dirigenten heimische Volksweisen. Besonders hervorgehoben muß die Hausmusik der Familie Ploner aus der Ortgruppe St. Peter hinter Layen werden. Drei Brüder dieser Familie im Alter von 8 bis 12 Jahren spielten Geige, der Vater das Cello und der kleine sechsjährige Otto erwies sich am Flügel als ein vielversprechendes Talent. Nach den Vorträgen von Tirolerliedern und Jodlern durch die Mädelsingschar Brixen erntete auch die Volksmusikspielschar der Brixnermädel reichen Beifall. Kamerad Rudolf Bacher aus Natz spielte auf einem selbstgefertigten ‚Tiroler Hackbrett’. Gemeinschaftslieder wechselten mit Vorführungen der Feldthurn[s]er Standschützenmusikkapelle ab. Mit dem Heimatlied [„Wohl ist die Welt so groß und weit“, Text von Karl Felderer (1895 Margreid-1989 Bozen), 1926] endete der Gemeinschaftsabend. Der zweite Tag der Brauchtumstagung begann mit einer weihevollen Horst-Wessel-Gedenkstunde, die von einigen Sprechern, dem Orchester und den Singgruppen der Stadt Brixen durchgeführt wurde. An die Feier schloß sich ein Vortrag vom Kameraden Dr. Hoeniger über Die Bedeutung der Sinnbilder. Zum Abschluß sprach Bereichsleiter Margreiter über das Thema Unser Brauchtum. Anschließend zogen die Tagungsteilnehmer unter Absingung von Gemeinschaftsliedern in das Brixner Lichtspielhaus zu einem Lichtbildervortrag von Frau [Gertrud] Pesendorfer Unsere Heimattracht. Nach dem gemeinsamen Mittagsmahl faßte Bereichsleiter Richter nochmals das Ergebnis der Tagung zusammen und unterstrich die Bedeutung unseres Brauchtums, in der Musik, im Lied und Laienspiel, im Volkstanz und in der Heimattracht, worauf Kreisleiter Hinteregger das Schlußwort sprach und die Tagung mit dem Gruß an den Führer schloß.“
 
Der Bericht vermittelt eine gute Vorstellung vom Strategiekonzept im konsequenten Aufbau des Südtiroler Standschützenverbandes und von seiner intendierten gemeinschaftsbildenden Außenwirkung. Theoretische Anleitung ist mit Formen praktischer Anwendung verknüpft als Vorbildaktion. Inhalt der Vorführung ist die Darstellung aller nur möglichen Ressourcen, die auf eine Stärkung der Identifikation abzielt und somit dem Gefühl der Zusammengehörigkeit sichtbaren Ausdruck verleiht. In diesem Sinne sollten Formen der Volkskultur in konzentrierten Aktionen auch in den Ortsgruppen wirken. So kam es zu einer Fülle ähnlicher Veranstaltungen, bei denen die in den zentralen Zusammenkünften gewonnenen Erfahrungen in die Tat umgesetzt wurden. Ein informatives Beispiel ist ein „Brauchtumsabend“ in Bozen, der in vorbildhafter Weise die kulturellen Möglichkeiten der Stadt im Bereich der Musik in einem ansprechenden und abgerundeten Programm vorstellte. Der offizielle und herausgehobene Charakter dieser Aktion wird auch deutlich durch die Teilnahme des Kreisleiters Franz Kiebacher, von Vertretern der Wehrmacht sowie des Geschäftsführers der Deutschen Volksgruppe Ferdinand Lauggas. Einleitend verwies „Kam[erad]“ Hans Nagele auf den „tieferen Sinn“ der Brauchtumsveranstaltungen hin, der für ihn „in der seelischen Stärkung durch das Erleben wahrer Kunst“ lag. Im Bozner Tagblatt vom 5. Juni 1944, Seite 3, ist eine detaillierte Schilderung des Ablaufes in seiner „auserlesenen Folge von Musik, Lied und Tanz“ zu finden, verfasst von Dr. Luis Santifaller, die ziemlich sicher darauf ausgerichtet war, diese bewusst als Modell geplante Vorstellung propagandistisch zu verwerten:
 
„Nach einem schneidigen Eröffnungsmarsch und der Schubert-Ouvertüre des Bozner Standschützen-Orchesters unter der Leitung von C[yrill] Deutsch betrat der gemischte Chor die Bühne und brachte die Volkslieder Ich hört’ ein Sichlein rauschen, Was seh ich auf dem Wasen und Juhe, Tiroler Land, letzteres mit einem besonders klangvollen Jodler, zum Vortrag. Die Volkstanzgruppe zeigte bei origineller musikalischer Begleitung den Ahrntaler Landler und einen Rheinländer. Eine allseits freudigst begrüßte Ueberraschung war das Auftreten der Familie Hechensteiner. Kam[erad] Hechensteiner und seine drei Töchterlein sangen zur eigenen Zitherbegleitung die Lieder Du mein Tiroler Land und Du mei flachshaarets Diandl. Der stürmische Beifall, der dem prächtigen Viergesang dankte, erzwang noch eine Zugabe Iatz gea i gian mit meine Goas. Nun erfreute wieder das Standschützen-Orchester mit einer melodiösen Darbietung: Alt Wien, Perlen aus Lanners Walzern, worauf der Bozner Mädelchor die Lieder Auf tirolerischen Almen und Ja steig mer auffi aufs Bergele unter lebhaftem Beifall zum Vortrag brachte. Den Beschluß des ersten Teiles machte der Chor des Bozner Männergesangvereines unter Leitung von C[yrill] Deutsch mit den Soldatenliedern Das Kränzlein laß ich trauern, Brecht auf, zu Pferd und Deutsches Reiterlied. Reicher Beifall dankte für die schnittige Wiedergabe dieser schraff tempierten [!], kernigen Lieder.
 
Nach einer kurzen Pause eröffnete das Standschützen-Orchester mit einem bunten Lehar-Allerlei, das mit Schwung die gute Operettenmusik des Altmeisters zu Gehör brachte, den zweiten Teil des Abends. Es folgte wieder der Mädelchor mit dem Volkslied Es war amal am Abend spat und dem Wiegenlied unseres heimischen Tondichters Sepp Thaler, zwei Lieder, die in ihrer melodiösen Zartheit wirkungsvoll herausgebracht wurden. Die Volkstanzgruppe zeigte hierauf einen Siebenschritt und das Dreiertanzl, dessen Doppelfensterl viel Heiterkeit erregte. Neuerlich mit stürmischen Beifall begrüßt wurde die Familie Hechensteiner, die nun das Kapler-Alm-Lied mit seinem vielgeliebten Jodler und das ergreifende Lied Du meine Heimat in harmonisch vollendeter Form vortrug. Vater Hechensteiner sang als Solo-Zugabe noch den berühmten Erzherzog-Johann-Jodler mit der ihm eigenen Modulationskunst. Mit drei Heimatliedern schloß der Chor des Männergesangvereines seine Vortragsfolge; ganz besonders beifällig aufgenommen wurde das klangvolle Lied Etschland, du mein Heimatland. Mit dem zündenden Marsch Alte Kameraden des Standschützen-Orchesters fand der wohlgelungene Abend seinen Abschluß.“
 
Resümierend schreibt Luis Santifaller im Bozner Tagblatt vom 5. 6. 1944 dann über Sinnhaltigkeit und Wirkung der Veranstaltung: „Der unerschöpfliche Reichtum echter schöner Tonkunst heimatlicher Prägung, vom einfachen sinnigen Volkslied bis zur symphonischen Klangfülle orchestraler Musik, froher Volkstanz, kernige Männerchöre und lebfrische Mädelstimmen, in bunter Fülle und mit eingefühltem Kunstsinn geboten, hat auch an diesem Brauchtumsabend den Weg zum Herzen einer Zuhörerschaft gefunden, die gerade in diesen schweren Zeiten mehr denn je zu Heimatkunst und Brauchtum aufgeschlossen ist und daraus neue Kraft schöpft. In diesem aufrichtigen Beifall liegt zugleich schon der Wunsch nach baldiger Veranstaltung eines ähnlichen herzerfrischenden Brauchtumsabends.“
 
Neben den Bestrebungen unter Mithilfe von Experten des Gaues Tirol-Vorarlberg, im Rahmen von Tagungen die Erfahrungen in der Kulturpflege und ihre bewusste wie erfolgreiche Verwendung für ideologische Zwecke in Südtirol zu vermitteln, wurde vom Obersten Kommissariat die Strategie verfolgt, im Rahmen von Vorführaktionen Anregungen zur Nachahmung und Komplettierung der nach dem Vorbild des Gaues Tirol-Vorarlberg aufzubauenden Struktur im kulturellen Bereich zu geben. Anfang März 1944 kamen aus diesem Anlass Jugend-Brauchtumsgruppen aus Landeck nach Meran, wo sie zusammen mit Meraner Jugendlichen einen Brauchtumsabend im Kursaal gestalteten. Dem besonderen Anlass entsprechend waren Kreisleiter Bernard aus Landeck und Kreisleiter Torggler aus Meran sowie der kommissarische Präfekt der Provinz Bozen Dr. Karl Tinzl als politische Repräsentanten anwesend, mit ihnen über zweitausend Besucher. „Sie alle erlebten zwei Stunden der Freude und der Beglückung mit bestem deutschem Brauchtum. Immer wieder brauste herzlicher Beifall für die vorzüglichen Darbietungen der Jugend auf, die mit diesem Abend so recht bewies, wie sehr unsere Jugend Sitte und Brauchtum pflegt und in Ehren hält“, berichtet das Bozner Tagblatt vom 6. März 1944, Seite 3. Weiters wird über den Verlauf des Abends mitgeteilt:
 
„Besonders herzlichen Beifall erntete die stramme Jungschützen-Musikkapelle von Landeck in ihrer schmucken Tracht. Sie leitete auch den Abend mit einem flotten Marsch ein. Dann sprach Kreisleiter Torggler Worte herzlicher Begrüßung und dankte besonders Kreisleiter Bernard, der mit seinen Jugend-Brauchtumsgruppen aus Landeck nach Meran gekommen war, um vor allem unseren Verwundeten Freude und Frohsinn zu bringen und diesen Brauchtumsabend mitzugestalten. Kreisschulrat Mazzagg aus Landeck führte sodann mit würzigem Humor die vielen hundert Menschen in den Brauchtumsabend ein und sprach während des ganzen Abends mit immer wieder herzlichst aufgenommenem Humor die verbindenden Worte zu den einzelnen Darbietungen. Nachdem anschließend wiederum die Jungschützen-Musikkapelle von Landeck eine flotte Weise zum Besten gegeben hatte, sang die Meraner Mädelsingschar, ebenfalls in hübscher Tracht gekleidet, zwei alte Heimatlieder. Ihr schlossen sich Darbietungen der Volksmusikgruppe von Landeck und zwei Almlieder der Bannsingschar von Landeck an. Mit besonderem Beifall begrüßt wurde die Meraner Volkstanzgruppe. Die Jungen trugen Lederhose und weißes Hemd, die Mädel ihre schöne Heimattracht. Sie führten zwei der schönsten alten Volkstänze vor. Anschließend sang die Landecker Standortsingschar das feine Heimatlied ‚Unter den Berglan wird’s langsam grian‘ von Erich Kofler und ‚Ei du falscher Guggu‘.
 
Und nun klang der Standschützen-Marsch auf, unser Hellau, mir sein Tiroler Buam [„Tiroler Schützenlied“, ca. 1860, in: Hellau (1942), Nr. 52], gespielt von der Landecker Jungschützen-Musikkapelle. Es war ganz selbstverständlich, daß gerade dieser Darbietung besonders langanhaltender Beifall gezollt wurde und viele der Anwesenden das Hellau mitsangen. Dann war wieder die Meraner Singschar an der Reihe mit dem Wurzelgraber- und dem Pechersbuam-Lied. Ihr schloß sich die Landecker Volksmusikgruppe mit zwei Heimatweisen an und die Landecker Standortsingschar mit den Liedern ’s ist wohl a schöne Zeit und Zwoa Sternal am Himmel. Nun war wiederum die Meraner Volkstanzgruppe an der Reihe und wiederum ernteten die Meraner Jungen und Mädel für ihre schönen Volkstänze herzlichen Beifall, wie auch die ihr folgende Landecker Bannsingschar mit der schönen Weise Es war amal am Abend spät.
 
Dieser so vorzüglich gelungene Brauchtumsabend der Jugend klang aus mit unserem schönen Heimatlied ‚Wohl ist die Welt so groß und weit’, das die Landecker Jungschützen-Musikkapelle spielte und die vielen hundert Menschen im Saale stehend mitsangen. Es war der sinnvolle Abschluß dieses von Heimatliebe und Ahnenerbe durchdrungenen Abends. Es waren – wie schon eingangs erwähnt – zwei schöne Stunden, in denen unsere Jungen und Mädel aus Meran und Landeck, ausnahmslos in Tracht, Lieder und Weisen, Märsche und Tänze unserer Bergheimat aufklingen ließen und so bewiesen, daß unsere Jugend mit Freude und Begeisterung Sitte und Brauchtum der Ahnen und der Heimat in Ehren hält und mit Fleiß bemüht ist, [sie] weiterzupflegen. Dieser Brauchtumsabend wird allen, die das Glück hatten, dabei gewesen zu sein, noch lange, lange in schönster Erinnerung bleiben.“
 
Auf der Rückreise von Meran nach Landeck machten die 40 Mann starke „Jung-Standschützen-Musikkapelle“ und eine Singschar der Mädelschaft auf dem Hauptplatz in Schlanders Station, wo sie ein kurzes „Standkonzert“ gaben, das zahlreiche, begeisterte und dankbare Zuhörer fand“ (Bozner Tagblatt vom 11. März 1944, Seite 2).
 
Auch der Kufsteiner Kreisleiter Hans Ploner kam, begleitet vom Kreisjugendführer Insam, mit einer Kulturdelegation von Jugendlichen, bestehend aus einer Jugendspiel- und Singschar sowie der Musikkapelle der „Jungmannen“ des Kreises Kufstein nach Südtirol, um den hohen Stand der Brauchtumspflege zu demonstrieren und in einer Vorbildaktion ähnliche Initiativen anzuregen. Das Bozner Tagblatt vom 28. April 1944, Seite 3, schildert die Auftritte in Niederdorf:
 
„Bei strahlendem Sonnenschein marschierten in ihren schmucken Trachten die Gruppen mit klingendem Spiel auf den Hauptplatz ein, wo bereits die Bevölkerung in freudiger Erwartung versammelt war. Durch flott gespielte Märsche wurde die Brauchtumskundgebung eingeleitet. Die musikalischen Darbietungen der jungen, tüchtigen Spielschar verrieten die gediegene Grundlage, die durch den in unserer Heimat bestbekannten Kapellmeister [Cyrill] Deutsch vermittelt wurde.
 
Bürgermeister R. Rainer richtete an Bereichsleiter Ploner und die jungen Gäste herzliche Worte der Begrüßung und erinnerte daran, daß es dem Obersten Kommissar Franz Hofer zu danken sei, daß das Brauchtum eine weitgehende Förderung erfahre. Kreisjugendführer Insam dankte für den gastlichen Empfang und gab dem Wunsche und der Ueberzeugung Ausdruck, daß auch hier die Brauchtumserneuerung Fortschritte zeitigen werde. Während die Jungchöre Volkslieder und Jodler, abwechselnd mit Darbietungen der Musikkapelle zum Vortrag brachten, erfreuten die Tanzgruppen durch alte Zunfttänze und Schuhplattler die Zuschauer. Ganz besondere Erwähnung verdienen dabei die Allerjüngsten, die sowohl durch ihr Können, als auch durch ihr selbstbewußtes Auftreten zu verstehen gaben, daß sie auch später ihren Mann stellen werden. Nach dreistündigem Aufenthalt zog die frohe Schar nach Cortina-Hayden [Cortina d’Ampezzo] weiter.“
 
Auf ihrer kulturpropagandistischen Rundtour kam die Kufsteiner Brauchtumsgruppe im Mai 1944 in die Kreisstadt Bruneck. Bei einem „Gemeinschaftsabend“, wo sie zuerst von Kreisleiter Robert Bernardi herzlich gegrüßt wurde, führte sie dann das „Spiel einer bäuerlichen Hochzeit“ auf. „Musik, Lied und Tanz wurden in vollendeter Echtheit dargeboten“, hielt das Bozner Tagblatt vom 5. Mai 1944, Seite 3, fest. „Selbst der Hochzeitsschmaus fehlte nicht, um das Spiel möglichst der Wirklichkeit nahezubringen.“ Die Dramaturgie für diese Darbietung hatten „Parteigenosse“ [Anton] Katschthaler und „Parteigenossin“ Elfriede Wagner, beide von der HJ-Bannführung in Kufstein, konzipiert. Dieses Spiel Liebn und Huazatn bildete den Höhepunkt einer Brauchtumsveranstaltung im Rahmen des Kreisschießens in Kufstein, an der auch Gauleiter Franz Hofer teilnahm (Tiroler Volksblatt vom 19. Juni 1944, Seite 3).
 
Ende Juli 1944 veranstaltete eine Mädelsinggruppe aus Landeck unter der Leitung der Bann-Mädelführerin Bertl Hofer einen Brauchtumsabend in Prad, der wiederum als Anregung und Vorbildaktion dienen sollte. Kreisleiter Wilhelm Wielander, der aus diesem Anlass eigens nach Prad gekommen war, wies auf die besondere Bedeutung der Brauchtumsarbeit hin. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass „die Prader Jugend nun selbst einmal einen eigenen Abend gestalten werde. Danach sangen, spielten und musizierten die Gäste in bunter Reihenfolge und gaben einen Ueberblick über den hohen Stand der Brauchtumsarbeit im Gau Tirol-Vorarlberg“ (Bozner Tagblatt vom 9. August 1944, Seite 5). In gleicher kulturpolitischer Mission kam Anfang September die bei den Schwazer Kulturtagen preisgekrönte Mädelsinggruppe unter anderem nach Kaltern, um einen „Gemeinschaftsabend“ zu gestalten. Hier sprach ebenso der Ortsgruppenleiter seinen Wunsch öffentlich aus, dass in seiner Gemeinde „alles darangesetzt wird, ähnliche Sing- und Spielgruppen ins Leben zu rufen. Es sei dies ein wichtiger Teil der Jugenderziehung“ (Bozner Tagblatt vom 5. September 1944, Seite 7). Zuvor schon hatten die Sing- und Spielscharen des Kreises Schwaz beim ersten von der Kastelruther Ortsgruppe veranstalteten „Dorfgemeinschaftsabend“ mit ihren originellen Darbietungen, deren programmatische Gestaltung vermutlich von Karl Horak stammte, für Begeisterung gesorgt. Dieser Abend in Anwesenheit zahlreicher politischer Prominenz – die Schwazer Kulturgruppe zum Beispiel wurde demonstrativ von Kreisleiter Aichholzer begleitet – bot ausreichend Raum für propagandistische Auftritte. Dass diesem Gemeinschaftstreffen über den Kameradschaftscharakter hinaus offizielle Bedeutung beigemessen wurde, kam schon dadurch zum Ausdruck, dass die Veranstaltung mit dem „Gruß an den Führer“ und den „Liedern der Nation“, also dem Deutschland- und Horst-Wessel-Lied, beschlossen wurde (Deutschlandlied: „Deutschland über alles, Text: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1841, Melodie: Joseph Haydn, 1797; Horst-Wessel-Lied: „Die Fahne hoch! Die Reihen fest geschlossen“, Text: Horst Wessel, ca. 1928, Melodie: vermutlich 19. Jhdt.).
 
Das Bozner Tagblatt vom 29. August 1944 bringt Seite 5 folgenden Bericht über die gemeinschaftsfördernde und vorbildhaft wirkende Initiative:
 
„Gegen 21 Uhr marschierte die Standschützen-Musikkapelle mit schneidigen Weisen auf dem Dorfplatz auf und begab sich in die grossen Räume des Gasthofes Lamm, die bis zum letzten Plätzchen gefüllt waren. Ortsgruppenleiter Dr. [Walter] Simek begrüsste den Kreisleiter von Bozen, Kamerad Franz Kiebacher, sowie die erschienenen Gäste, unter denen sich der Kreisleiter von Schwaz, Bereichsleiter Pg. Aichholzer, befand und eröffnete den Abend, in dessen Verlauf die Schwazer Gäste eine szenische Darstellung der vier Jahreszeiten in Gesang und Spiel ausgezeichnet brachten. In den Zwischenpausen spielte die Kastelruther Standschützenmusikkapelle unter ihrem rührigen Kapellmeister Josef Goller flotte Weisen. Als besondere Ueberraschung gaben die Schwazer ein kleines Musikstück zum besten, das seinerzeit ein alter blinder Kastelruther Musikant, Plunger Tonl genannt, komponierte. Die frohen Stunden vergingen leider viel zu schnell, und jeder hätte gerne noch länger den Darbietungen der Schwazer Gäste beigewohnt, welche den Abend zu einem glänzenden Erfolg gestalteten und reichen Beifall ernteten. Ortsgruppenleiter Dr. Simek dankte am Schluss den Gästen für den vorzüglich gelungenen Abend und gedachte in warmen Worten der Kameraden im feldgrauen Rock, welche draussen im schweren Abwehrkampf stehen, sowie der für die Freiheit Grossdeutschlands vor dem Feind gebliebenen Helden. Er mahnte alle Anwesenden zu unbedingter Treue, Pflichterfüllung und Opferbereitschaft. – Mit dem Gruss an den Führer und den Liedern der Nation fand der Abend seinen würdigen Abschluss.“
 
Über einen weiteren, den kulturellen Aufbau befördernden Besuch aus dem Gau Tirol-Vorarlberg, teilt das Bozner Tagblatt vom 4. Oktober 1944 auf Seite 3 mit: „Im großen Saale des Hotels Tirolerhof in Klobenstein wurde am Donnerstag abends ein Brauchtumsabend veranstaltet, zu dem sich eine ansehnliche Menschenmenge eingefunden hatte. Eine Mädelschar aus der Lehrerinnenbildungsanstalt in Feldkirch, geführt von ihrem Direktor und eine weitere Mädelgruppe aus Feldkirch, trafen hier ein und wurden am Bahnhof von der hiesigen Mädelgruppe empfangen. In ihren schmucken Trachten hielten die Gäste die Zuhörer durch ihre vorzüglich dargebotenen Heimatlieder und durch einige lustige Darbietungen im Banne und ernteten immer wieder stürmischen Beifall. Die Standschützenmusikkapelle des Ortes umrahmte den Abend mit vielen beifällig aufgenommenen Musikvorträgen. Am Schluß dankte Ortsgruppenleiter Lintner der frohen Mädelschar, die aus so weiter Ferne zu uns gekommen war. Die Mädelsingschar war dank ihrer ausgezeichneten sängerischen Leistungen beim Preissingen des Gaues Tirol-Vorarlberg im vergangenen Sommer 1. Preisträger geworden.“


Kameradschaftsabend - Bunter Abend

Kameradschaftsabende fanden zumeist im Anschluss an Parteiversammlungen und sonstige Zusammenkünfte statt, bei denen der Kameradschaftsgedanke dominierte und Musik den klanglichen Hintergrund bildete. Beispiele sind Abschlussfeste von Lehrgängen, Soldatentreffen oder Ortsgruppenappelle, die einerseits der Arbeitsplanung dienten, andererseits im Auftritt hoher politischer Funktionäre, etwa der Kreisleiter, nicht nur die politische Linie vorgaben, sondern auch propagandistisch wirksam wurden, um vor Ort Gefolgschaftstreue und Zuversicht zu vermitteln. Sie alle endeten oftmals mit einem in gemeinschaftlicher ideologischer Vertrautheit ausklingenden gemütvollen Beisammensein. Zum Verlauf eines solchen Appells in Neumarkt gibt ein Artikel im Bozner Tagblatt vom 15. Jänner 1944, Seite 5, Auskunft. Hier ist zwar nicht eigens ein anschließender Kameradschaftsabend erwähnt, doch gibt die Schilderung einen guten Einblick über Intention und Ablauf der Versammlung:

„Nach längerer Unterbrechung fand dieser Tage ein Ortsgruppenappell statt. Bei der vorangehenden Ortsstabbesprechung wurden sämtliche Belange der Gemeinde eingehend erörtert. Im festlich geschmückten Saale des Lichtspieltheaters wurde hierauf der Ortsgruppenappell vom Ortsgruppenleiter Toni Menghin eröffnet. Er begrüßte unseren Kreisleiter Gruber-Wenzer, worauf dieser das Wort ergriff und eingangs seiner Rede des gefallenen Volksgruppenführers Peter Hofer gedachte. In seiner Rede legte Kreisleiter Gruber-Wenzer dar, welche Aufgaben unsere Volksgenossen zu erfüllen haben und mahnte, daß jeder seiner Pflicht in der Heimat so gewissenhaft und treu nachzukommen habe, wie der Soldat an der Front. In ruhiger, sachlicher Form sprach dann ein weiterer Redner über das Kriegsgeschehen an allen Fronten und brachte klar und sicher zum Ausdruck, warum Deutschland siegen muß. Zum Schluß wurde in einer zündenden Ansprache auf die besonderen Pflichten jedes Einzelnen zur Erreichung des Endsieges hingewiesen. Die Ausführungen der Redner fanden reichen Beifall, und nach kurzen Worten des Dankes an die Redner und Ermahnung an die Anwesenden, auch im kommenden Jahr bedingungslosen Einsatz zu leisten, wurde der Ortsgruppenappell geschlossen.“

Einen ganz ähnlichen Verlauf nahm ein Ortsgruppenappell in Klobenstein, wo Ende Jänner 1944 der Geschäftsführer der Südtiroler Volksgruppe, „Kamerad“ Ferdinand Lauggas, in einer zündenden Ansprache sein Auditorium begeisterte. Über die Reaktion der anwesenden Zuhörer berichtet der offensichtlich propagandistisch geschulte Korrespondent: „Mit Verständnis und Begeisterung folgten die zahlreichen Zuhörer seinen Ausführungen und bezeugten mit ihrem Beifall den unbeugsamen Siegeswillen des Deutschen Volkes. Ein gemütlicher Kameradschaftsabend mit Gesang und Musik beendete dieses schöne Treffen aller Kameraden und Kameradinnen aus dem weiten Rittnergebirge“ (Bozner Tagblatt vom 4. Februar 1944, Seite 3).

Eine „Ortsgruppenversammlung“ in Tiers im Februar 1944 wurde ebenfalls mit einem gemütlichen Beisammensein und den für einen „Dorfgemeinschaftsabend“ üblichen volkskulturellen Beiträgen in emotionalem Miteinander abgeschlossen. Wie so ein Abend in bunter Fülle ablaufen konnte, gibt ein Bericht von einer Kreistagung in Kaltern im Bozner Tagblatt vom 1. Mai 1944 wider, Seite 3:

„Am 26. und 27. April fand in Kaltern eine erweiterte Kreistagung des Kreises Bozen statt, an welcher die Ortsgruppenleiter, Propagandaleiter, Wohlfahrtsbeauftragten, die Frauenschaftsleiterinnen, der gesamte Kreisstab und die Gliederungsführer des Kreises Bozen teilnahmen. Zu Beginn der Kreistagung sprach der Kreisleiter über die Aufgaben und Arbeiten der kommenden Monate. Bereichsleiter Dr. Mang hielt anschließend einen weltpolitischen Vortrag, der den Sinn und Zweck des Kampfes der europäischen Völker gegen den asiatischen Osten erklärte. Hierauf fanden gesonderte Arbeitsbesprechungen statt. – Am Abend des 26. April fanden sich die Teilnehmer, sowie viele Volksgenossen aus dem Dorfe im großen Festsaale zu einem Brauchtumsabend ein, der von der neu gegründeten Heimatbühne, der Standschützen-Musikkapelle und anderen Mitwirkenden der Ortsgruppe bestritten wurde. Das Lustspiel Das Versprechen hinter dem Herd, mit dem die Heimatbühne zum erstenmal auftrat, wurde unter der Leitung des Kam[eraden] Gustl Leitner sehr gut dargestellt. Die gut geschulte Mädel-Singgruppe brachte mehrere Heimatlieder mit erstaunlicher Exaktheit zum Vortrage. Zwei Kameradinnen sangen schöne volkstümliche Duette und erwarben sich begeisterten Beifall. In den Pausen spielte die Standschützen-Musikkapelle mit sauberer Wiedergabe Märsche und Unterhaltungsmusik. Am 27. April abends wurde die Tagung beendet und die Teilnehmer kehrten in ihre Heimatdörfer zurück.“ Aus diesem Beitrag wird ersichtlich, wie sich der Standschützenverband mit Musikkapelle, Laienspielgruppe und Mädelsingschar schon organisiert hatte und wie weiterhin durch den Auftritt von Parteigrößen aus dem Gau Tirol-Vorarlberg die kriegserhaltende Propaganda vorangetrieben wurde.

Eine spezielle Form eines Kameradschaftsabends veranstaltete die Ortsgruppe Meran für ihren Ritterkreuzträger Obergefreiten Pirhofer, dessen Heldentaten an diesem Abend einmal mehr propagandistisch wirkungsvoll ausgebreitet und als Animation für die Jugend eingesetzt wurden. Durch den Pressebericht im Bozner Tagblatt vom 13. Juni 1944, Seite 5, wurde dieses Ereignis mit seiner suggestiven Wirkung insbesondere auf die Wehrbereitschaft allgemein zugänglich:

„Die Ortsgruppe Meran veranstaltete kürzlich im Hotel Bristol einen Ehrenabend für ihren ersten Ritterkreuzträger Obergefreiten Richtkanonier Pirhofer, zu dem die Vertreter der Wehrmacht und zivilen Behörden, Kriegsversehrte und Fronturlauber, darunter auch ein Bruder des Ausgezeichneten, sowie viele Kameraden und Kameradinnen erschienen waren.

Eine Mädelsinggruppe empfing mit frohem Lied den Ritterkreuzträger und seine Familienangehörigen am Hoteleingang, die unter den Klängen eines schneidigen Marsches der in Tracht erschienenen Meraner Standschützenmusikkapelle den Saal betraten. Kamerad Runger [von] der Kreisleitung begrüßte den Ritterkreuzträger im Namen der Ortsgruppe und der Frontkämpfer des letzten Weltkrieges, die stolz darauf seien, daß der kämpferische Geist und die ruhmreiche Tradition der Tiroler Regimenter im heldenhaften Einsatz der heutigen Jugend die Fortsetzung gefunden haben. Tapferkeit war immer schon eine Tugend des deutschen Mannes, und wenn auch Treue und Tapferkeit am Ausgang des Weltkrieges geschmäht wurden, der Führer hat die Soldaten- und Mannesehre wieder hergestellt. Die heldenhafte Tat unseres Ritterkreuzträgers, der den Mut nicht verlor und den Widerstand nicht aufgab, auch als er schon auf allen Seiten vom Feind umringt war, ist für uns ein Symbol, nicht zu verzagen, nicht zu erlahmen, sondern auszuharren bis zum Siege. Kamerad Johannes [Runger?] gab eine packende Schilderung eines Kriegsberichtes wieder, die den Einsatz und die Taten des Gefeierten würdigte.

Kreisleiter Torggler brachte dem Ritterkreuzträger den Stolz und die Freude der Meraner Bevölkerung über diese hohe Ehrung zum Ausdruck […]. Am Schlusse seiner Rede überreichte der Kreisleiter dem Obergefreiten Pirhofer einen Siegelring mit dem alten Meraner Stadtwappen […]. Die von Märschen der Standschützenmusikkapelle und Chören der Mädel und Jungen umrahmte Feier hinterließ bei allen Anwesenden nachhaltigen Eindruck.“

Kameradschaftsabende wurden offiziellerseits von den Ortsgruppen, aber ebenso von der Kreisleitung auch für Soldaten veranstaltet, um die enge Verbindung zwischen Wehrmacht und Bevölkerung zu betonen. Die Durchführung war zumeist der „Mädelschaft“ übertragen, beispielsweise im Februar 1944 in St. Pauls. Das Bozner Tagblatt vom 11. Februar 1944, Seite 3, bringt dazu einen kurzen Bericht: „[…] Ein reichhaltiges Programm mit heimatlichen Liedern, Einaktern und Vorträgen bot viel Unterhaltung, besonders die Liedvorträge der Geschwister Hechensteiner fanden ungeteilten Beifall. Auch die Soldaten selbst trugen mit Liedern und Ziehorgelvorträgen sehr zur Belebung und Bereicherung des Programmes bei. Ein Offizier dankte der Mädelschaft für den wohlgelungenen Abend.“

Die im sozialen Beisammensein über einen längeren Zeitraum entstehenden freundschaftlichen Bindungen, zum Beispiel bei verschiedenen Kursen oder Schulungen, wurden bewusst gefördert. Sie fanden ihre äußere Bestätigung in der gemeinschaftlichen Organisation und Durchführung eines Kameradschaftsabends. So beschloss einen zwölftätigen Lehrgang von ca. 120 Schulhelferinnen aus allen Schulkreisen der Provinz Bozen im „Ausbildungslager“ in Brixen ein „wohlgelungener Kameradschaftsabend“. Im Bericht von dieser Veranstaltung im Bozner Tagblatt vom 24. August 1944, Seite 5, wird ausdrücklich vermerkt, dass dabei „auf schönste Weise der kameradschaftliche Zusammenhalt zum Ausdruck kam, auf dessen bewusste Förderung von der Lagerleitung besonderer Wert gelegt wird“. Die Teilnehmerinnen hatten selbst Programm und Ausführung gestaltet. „Spiel, Tanz, Gesang, kleine Aufführungen und mancherlei Scherz wechselte in bunter Reihe bei diesem Kameradschaftsabend.“ Es wird hier auch mitgeteilt, dass mit dieser Vorstellung die Reihe der 15 Schulungslager, die in den letzten Wochen zu Brixen, St. Christina und Meran für Berufs- und Hilfslehrer abgehalten worden waren und die „einen wertvollen Beitrag zum Aufbau unseres Schulwesens darstell[t]en“, beendet war.

Mit einen inhaltlich ähnlichen Konzept warteten die Mädchen der Ende Jänner 1944 eröffneten Oberschule in St. Christina im Grödental auf. Ihre Darbietung wird im Bozner Tagblatt vom 5. April 1944, Seite 5, als „bunter Abend“ bezeichnet. Eine Singgruppe in Tracht brachte „Lieder unserer Heimat in den Bergen“ zum Vortrag, unterbrochen von kurzen „Lustspielen, die unter den Zuschauern tosendes Lachen hervorriefen“. Für Abwechslung sorgten die „drei Schrammeln“ mit ihren Ländlern und Märschen. Als Attraktion für die anwesenden Kinder – es war eine Nachmittagsveranstaltung – wurde das Märchen Rumpelstilzchen aufgeführt, während das erwachsene Publikum durch „lustige Scharaden und Liedspiele“ in die Gestaltung mit einbezogen war und damit Bühne und Zuschauer „ zu einer einzigen Gemeinschaft“ zusammenfanden. Den Ausklang bildeten „zwei wunderschöne und erstklassig vorgetragene Heimatlieder“. Als Resümee wurde gezogen: „Spiel, Lied und Brauchtum hatten die Menschen aus dem Alltag gerissen und jung werden lassen unter den Jungen.“ Mit einer weiteren originellen Darbietung erfreuten die Mädchen Soldaten eines Luftwaffen-Erholungsheimes: „Vom ersten Augenblicke an flocht sich ein enges Band der Kameradschaft um Zuhörer und Bühne, und insbesondere die lustigen Heimatlieder, die kurzen Zwischenspiele, in welchen die Spielerinnen [Szenen] aus dem täglichen Schulleben gaben und schließlich gemeinsame Lieder und Spiele zwangen unsere Soldaten zu wahren Lachsalven. Auch hier gab wieder die Singschar mit ihren dreistimmigen Chorliedern mit einer ernsteren Note den Abschluß.“

Noch im April 1945 gestaltete die „Mädelschaft“ in Kortsch unter dem propagandistischen Motto Ein fröhlich Herz, ein fester Sinn einen „vorzüglich gelungenen Brauchtumsabend“. Das Programm sah „in bunter Folge frische Heimatlieder, Volkstänze und Musik vor. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt und die Mitwirkenden ernteten lebhaften Beifall“ (Bozner Tagblatt vom 4. April 1945, Seite 3). Die Bezeichnungen Bunter Abend und Brauchtumsabend werden vielfach synonym gebraucht. Die Standschützen-Musikkapelle St. Lorenzen im Pustertal veranstaltete gegen Ende Februar 1944 in Folge mehrere Bunte Abende, die sich programmatisch kaum von einem Brauchtumsabend oder Kameradschaftsabend unterschieden. Bei solchen Veranstaltungen präsentierte sich oft die politische Elite mit Ansprachen, so wie auch hier der Ortsgruppenleiter oder der Kreisleiter, der einen der nachfolgenden Abende mit seiner Präsenz beehrte: „In wechselvoller Reihenfolge kamen Musikstücke, Solovorträge, lustige Gesangstücke und kleine Theaterszenen zum Vortrag. Die einzelnen Stücke wurden sehr gut und humorvoll vorgetragen, sodaß die Besucher einige Stunden herzlich lachen konnten […]“ (Bozner Tagblatt vom 26. Februar 1944, Seite 2).

Fast zur selben Zeit initiierte die im Zuge des Aufbaus des Standschützenverbandes neu errichtete „Spielgruppe“ in Neumarkt einen „Bunten Abend“, der als soziale Aktion für das Volkshilfswerk gedacht war. „Der Andrang zu den beiden gegebenen Vorstellungen war derart groß, daß mancher zu seinem Leidwesen keinen Einlaß mehr fand. Der Männerchor von Neumarkt sang schöne Heimatlieder, die Jugend zeigte ihr sportliches Können, und die Spielgruppe konnte mit einigen Einaktern und Possen zeigen, daß sie trotz ihres kurzen Bestehens mit Hingabe bei der Sache war und mit einem gelungenen Start das Publikum köstlich unterhielt“ (Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3). Hier stand eindeutig das Schauspiel im Vordergrund, die Musik diente wohl nur als Bindeglied zwischen den einzelnen theatralischen Elementen und zur Pausengestaltung.

Mit einem ähnlichen Programm wie in St. Lorenzen präsentierte sich im Mai 1944 hingegen der Standschützenverband in Deutschnofen, dessen Abfolge im Bozner Tagblatt vom 23. Mai 1944, Seite 3, als „Brauchtumsabend“ klassifiziert ist. Veranstalter war die Ortsgruppe, die mit dieser öffentlichen Demonstration stolz auf den Aufbau des Standschützenverbandes verweisen konnte, wirkten doch neben der Mädelsingschar auch die Standschützen-Musikkapelle und die Heimatbühne mit. Ein „Bunter Abend“ in Klobenstein wird im Bozner Tagblatt vom 13. März 1944 auf Seite 3 wie folgt beschrieben: „[…] Am Nachmittag und am Abend gab es in den Sälen des Gasthofes Spögler in Lengmoos einen Bunten Abend, der bestens organisiert war. Der Dirigent des neuerstandenen Orchesters, Prof. Dr. Kofler [in Südtirol waren auch die Orchester Teil des Standschützenverbandes], erntete mit seinen tüchtigen Musikern reichen und verdienten Beifall. Das Singen der Mädelschaft und das kleine Schrammelquartett brachte eine schöne Abwechslung in die Unterhaltung.“ Untertags war schon im Rahmen der Sammelaktion für den letzten „Opfersonntag“ die neugegründete Standschützenmusikkapelle von Klobenstein „mit ihrem rührigen Obmanne Paul Bachmann zum erstenmale in ihrer schmucken Tracht“ ausgerückt. Das „Marschkonzert“ auf dem Hauptplatz hatte einen derart großen finanziellen Erfolg, dass „fast das Dreifache früherer Sammlungen erreicht wurde“.

Einen wirklich bunten Abend, der diese Bezeichnung verdient (Bozner Tagblatt vom 10. Jänner 1944, Seite 3: „Großer bunter Abend“), veranstaltete Anfang des Jahres 1944 die Wehrmacht im Innichener Lichtspieltheater. Die Aktion stand bezeichnenderweise unter dem Motto Für jeden etwas. Der Ertrag war für das Winterhilfswerk bestimmt. „Die Leitung hatte Willi Reinert, der aus urechter Wiener den Abend ganz groß gestaltete. Den größten Erfolg hatte er mit seinem unerschöpflichen Humor. Otto Rothe mit seiner Conzertina und Maria Unterstainer, unsere bekannte Volkssängerin, waren neben Nikolaus Holzer auf der Violine die hervorragendsten Solisten. Das Streichorchester und der Männergesangverein Innichen, ein Quintett, ein Mädelchor, Zitherduos, Spielgruppen usw., trugen mit ihren guten Leistungen zur gelungenen Gestaltung des Abends bei. Der Beifall und der Dank der Bevölkerung, vor allem unseren Kameraden der Wehrmacht gegenüber, zeigt so recht unsere Volksgemeinschaft.“


Standschützen-Musikkapellen

Die Standschützen symbolisierten stellvertretend die unbedingte Wehrbereitschaft der Volksgemeinschaft, während ihre Musikkapellen mit oftmals semantisch determinierten Weisen wie zum Beispiel dem Andreas-Hofer-Marsch, dem Standschützen-Marsch und diversen Heldenmusiken ideologiegerecht für die akustische Inszenierung sorgten. Musikkapellen und Schützen standen dadurch völlig im Dienst der Ideologie. Wie sehr dies ihre eigentliche Bestimmung war, zeigt das Faktum ihrer Aktivierung und vielfach überhaupt Neugründung im Rahmen des Aufbaus des Standschützenverbandes, der nun in der Operationszone unter der Schirmherrschaft des Obersten Kommissars konsequent und zügig voranschritt. In Südtirol bestand aufgrund der besonderen politischen Situation – de jure gehörte die Provinz Bozen immer noch zum Herrschaftsbereich Mussolinis, de facto verfolgte der von Hitler eingesetzte Oberste Kommissar Franz Hofer seine politischen Ziele mit nahezu uneingeschränkter Willkür – ein Verbot sämtlicher Parteien. Die Deutsche Volksgruppe war aber faktisch ideologisch und in ihrer Organisationsstruktur eine Kopie der NSDAP. Dies erweist sich schon dadurch, dass Zusammenkünfte ihrer Funktionäre mit dem „Gruß an den Führer“ endeten und bei feierlichen Treffen die „Lieder der Nation“ den emotional wirkungsvollen Schlusspunkt setzten. Die Vorgängerorganisation der Deutschen Volksgruppe hatte schon in der Zeit der Option ein über das ganze Land verstreutes Netz von Ortsgruppen geschaffen, das vor allem der Information, Propaganda und Werbung diente. Nunmehr schuf dieses strukturell so effiziente politische Verwaltungsgebilde die Voraussetzung für den raschen kulturellen Aufbau nach Vorgaben der nationalsozialistischen Ideologie in einer Kopie der Usancen und Institutionen im Reichsgau Tirol-Vorarlberg. Für die zügige Aktivierung respektive Neugründung der Standschützenkapellen hatte Gauleiter Franz Hofer als Oberster Kommissar der Operationszone Alpenvorland Sepp Thaler berufen, dem er aufgrund seiner Tätigkeit in der Kulturarbeit mit den Südtiroler Auswanderern, seiner Mitwirkung als Hornist im „Gaumusikzug“ und der Leitung der Innsbrucker HJ-Musikkapelle diese Aufgabe zutraute. In seiner Funktion als „Musikreferent“ im neu gegründeten Südtiroler Standschützenverband verstand es Sepp Thaler, mit großem Engagement und Organisationsgeschick in kürzester Zeit erfolgreich zu sein. Nahezu jede Ortsgruppe verfügte im Lauf des Jahres 1944 wiederum über eine eigene Standschützenkapelle. Viele Südtiroler Musikkapellen waren schon im 19. Jahrhundert gegründet worden, konnten aber als Folge des Ersten Weltkriegs und insbesondere aufgrund italienischer Repressionsmaßnahmen gegenüber der deutschen Bevölkerung in der Zeit des Faschismus ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben. Nun wurden sie wieder aktiviert, zum Teil neu gegründet. Die ersten Musikkapellen traten in Gemeinden des unmittelbaren Wirkungskreises von Sepp Thaler auf. In seinem Heimatort Auer gab die Standschützen-Musikkapelle im März 1944 ihr erstes öffentliches Konzert. Das Bozner Tagblatt vom 22. März 1944, Seite 5, enthält dazu eine kurze Notiz: „Unsere Standschützen-Musikkapelle gab am Sonntag unter Leitung des Dirigenten Sepp Thaler ihr erstes Konzert. Die aus 20 Mann bestehende Kapelle in ihrer schmucken Tracht machte ihre Sache recht gut, was auch im Beifall der vielen Zuhörer zum Ausdruck kam. Nach diesem guten Anfang kann man berechtigte Hoffnung auf eine günstige Weiterentwicklung unseres Musiklebens haben.“ Die hier ausgedrückte Wunsch ging in Erfüllung, denn schon wenige Tage später trat die Standschützen-Musikkapelle Auer im Rahmen einer Sammelaktion anlässlich des „fünften Opfersonntags“ Anfang April 1944 wieder öffentlich mit einem Konzert in Erscheinung, „das bei den vielen Zuhörern großen Beifall auslöste. Er war auch verdient, denn die Stücke wurden unter der Stabführung Sepp Thalers exakt vorgetragen […]“ (Bozner Tagblatt vom 5. April 1944, Seite 5). Ein „Platzkonzert“ der Standschützen-Musikkapelle Auer folgte noch im Sommer 1944. Das Bozner Tagblatt vom 2. August 1944 schreibt dazu, Seite 5: „Am letzten Sonntag erfreute uns die hiesige Standschützen-Musikkapelle mit einem reichhaltigen Programm, das von Kapellmeister Sepp Thaler klangreich zum Vortrag gebracht wurde. Wir Auerer haben den Wunsch, die Kapelle recht oft hören zu können.“
 
Das neue Jahr 1944 eröffnete die Musikkapelle Eppan mit einem Platzkonzert. Sie war vermutlich die erste, die sich in Südtirol wieder öffentlich mit einem Konzert hören ließ. Das Bozner Tagblatt vom 11. Jänner 1944, Seite 3, informiert darüber: „Unsere Herzen ergriff ein freudiges Gefühl, als unsere neugegründete Musikkapelle mit einem schneidigen Marsch zum Hauptplatz anmarschiert kam, wo sich bereits der Ortsausschuß und eine ansehnliche Volksmenge eingefunden hatten. Das Erstlingskonzert, bei welchem die 30 Mann starke Kapelle außer einigen Märschen einen Walzer und auch eine Ouvertüre zum Vortrag brachte, gab Zeugnis vom großen Fleiße und kameradschaftlichen Zusammenwirken unserer braven Musikanten, welche es in wenigen Wochen bereits auf eine staunenswerte musikalische Höhe gebracht haben.“
 
Wenige Tage später, am 16. Jänner 1944, trat die Algunder Musikkapelle erstmals wieder in Erscheinung, als sie ihrem Kapellmeister Anton Schrötter zum 68. Geburtstag aufspielte. Zum Abschluss dirigierte Sepp Thaler den Standschützenmarsch seines Innsbrucker Freundes Sepp Tanzer (1907 Matrei am Brenner-1983 Kramsach), dem Leiter der Gaumusik Tirol-Vorarlberg. Der Bericht im Bozner Tagblatt vom 20. Jänner 1944, Seite 3, vermittelt einen Einblick in die Programmgestaltung solcher Auftritte. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die Algunder Musikkapelle als die weitaus beste des Landes galt, sie konnte ein Repertoire spielen, das die meisten der übrigen Standschützenkapellen überfordert hätte.
 
„Am Sonntag, dem 16. Jänner, rückte unsere [Algunder] Musikkapelle zum ersten Male wieder aus. Es galt dem wohlverdienten Kapellmeister Anton Schrötter, der sein achtundsechzigstes Lebensjahr erreicht hat, ein Ständchen zu bringen. Wiederum ertönten die geschulten Harmonieklänge und man hatte das Gefühl, eine Militärkapelle in Tracht zu hören.
 
Es ist erstaunlich, nach so langer Pause eine derart feine Wiedergabe der schönen Stücke hören zu können. Kapellmeisterstellvertreter Heinrich Frasnelli, der zugleich als Musikbeauftragter des Kreises Meran tätig ist, schwang umsichtig den Dirigierstab. Es wurde nachstehendes Programm geboten: Hessen-Marsch von Vernklau, Kaiserwalzer von Joh. Strauß, Melodien aus der Operette Eva von Lehar, Ouvertüre zur Oper Tankred von G. Rossini und als Abschluß der schmissige Standschützenmarsch von Sepp Tanzer, Kapellmeister des Gaumusikzuges in Innsbruck. Diesen Schlußmarsch dirigierte der Musikreferent Sepp Thaler, welcher eigens zur Kapellmeistergratulation gekommen war und während des Ständchens als Waldhornist mitwirkte.
 
Bei dem nachfolgenden Imbiß im gastfreundlichen Unterdorner-Hof betonte der Obmann Matthias Kiem-Stickler in einer kernigen Ansprache die Verdienste des allseits geehrten Kapellmeisters [Anton Schrötter] und gab seiner besonderen Freude Ausdruck, den tüchtigen Dirigenten Vater Schrötter neuerdings als Kapellmeister gewonnen zu haben.
 
Wir freuen uns alle auf das künftige Spiel der Standschützenkapelle und wünschen derselben volles Gelingen und künstlerischen Erfolg.“
 
Im Bozner Tagblatt vom 17. März 1944, Seite 3, hatte Sepp Thaler den Beitrag „Die berühmte Algunder Musikkapelle“ veröffentlicht. Darin würdigte er insbesondere die Verdienste des alten und nun wieder tätigen Kapellmeisters Anton Schrötter: „Wenn heute von der Algunder Musikkapelle mit solcher Achtung gesprochen wird, dann hat einzig und allein nur der Meister Anton Schrötter den Hauptverdienst. Durch seine geradezu peinliche Genauigkeit und seinen Bienenfleiß, sowie nicht zuletzt durch eine enorme Musikalität gelang es ihm, die beste Kapelle der Heimat zu schaffen.“
 
Zu Beginn seiner Darstellung hebt Sepp Thaler besonders die Musikalität der „Burggräfler“ hervor: „Der vorwiegend dinarische Menschenschlag unserer engeren Heimat zeigt einen großen Hang und oft sehr gute Veranlagung zu Gesang und Musik. Eine besonders ausgeprägte Musikalität besitzt der Burggräfler und es ist eine Freude, die Musikkapellen der Meraner Gegend musizieren zu hören. Wer erinnert sich nicht an die strammen Marlinger, Partschinser, Gratscher, Lananer, Untermaiser und wie sie alle heißen, doch wessen Herz schlägt nicht höher, wenn er nur das Wort Algunder hört?!“
 
Laut Sepp Thaler war die Algunder Musikkapelle im Jahr 1837 vom Lehrer Johann Eberhart gegründet worden und hatte damals lediglich 9 Mann gezählt.
 
Ende März 1944 gab die Algunder Standschützen-Musikkapelle ein Konzert für das Volkshilfswerk, sie stellte sich wie so viele andere Südtiroler Musikkapellen in den Dienst dieser sozialen Aktion. Aus dem Bozner Tagblatt vom 30. März 1944, Seite 3, erfahren wir darüber: „Der bis auf den letzten Platz besetzte Saal der Bahnhofswirtschaft konnte bei weitem nicht alle Besucher fassen. Unter den zahlreich anwesenden Musikfreunden waren auch viele Wehrmachtsangehörige vertreten, denen die exakt und schneidig gespielten Weisen unserer Kapelle ganz besonders gut gefielen. Ortsgruppenleiter Kam[erad] Dunkl wies in einer kurzen Ansprache darauf hin, daß gerade jetzt jeder Einzelne verpflichtet ist, seinen Verhältnissen entsprechend dem Volkshilfswerk zu opfern. Gleichzeitig sprach er den Dank der Ortsgruppe an alle aus, die durch ihren selbstlosen Einsatz die Wiederaufstellung der Standschützen-Musikkapelle und den Erfolg des Konzertes ermöglichten. Mit einem wahren Beifallssturm wurde Kapellmeister A. Schrotter [Anton Schrötter] bedacht, dessen Name und Leistung für immer mit der Algunder Standschützen-Musikkapelle verbunden sein werden. Zu seinem schönen Erfolg wurde er auch vom Kreisleiter, der mit seinen engsten Mitarbeitern dem Konzert beiwohnte, beglückwünscht.“
 
Anlässlich des „3. Opfersonntags“ im Februar 1944 spielte die Standschützen-Musikkapelle Kurtatsch nachmittags ein Platzkonzert, während die Jugend mit ihren Sammelbüchsen unterwegs war. Abends präsentierten sich weitere Mitglieder des Standschützenverbandes, um das Sammelergebnis noch zu verbessern, so die „wackere Theatergesellschaft“, die „zwei humorvolle Stückchen“ aufführte. „In den Zwischenpausen sang unser weitum bekannter Männerchor schöne Volkslieder, sodaß der Abend bei gefülltem Hause ein voller Erfolg wurde“ (Bozner Tagblatt vom 25. Februar 1944, Seite 3).
 
Zum gleichen Anlass und in ähnlicher Form veranstaltete die Ortsgruppe von Tiers eine kulturelle Aktion zur Steigerung des Sammelerfolgs. Das Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3, bringt dazu einen Bericht, der wohl erneut ähnliche Konzepte in anderen Ortsgruppen anregen sollte: „Nach fünfjährigem Schweigen spielte am 20. d[iese]s [Monats Februar 1944] wieder zum ersten Male die Tierser Standschützenmusikkapelle auf dem Dorfplatze unter Leitung des bekannten Kapellmeisters Franz Wenter. Trotz der Kälte sammelten sich sofort viele Zuhörer an; alles freute sich über das Konzert. Am 20. abends wurde im Gasthaus Rose ein Familien-Abend veranstaltet, wobei die Geschwister Damian schöne Lieder zum Besten gaben. Die O[ber]g[e]fr[eiten] Anton und Josef Damian, welche gegenwärtig auf Urlaub hier sind, mit ihrem Bruder Alois und der Schwester Lina, unterhielten während drei[er] Stunden den vollgefüllten Saal mit Musik und Tiroler-Liedern. Großer Beifall zeigte die Beliebtheit der Lieder. Während der Unterhaltung wurde eine Sammlung zu Gunsten des VHW. [Volkshilfswerkes] veranstaltet, welche den schönen Ertrag von 1235,30 Lire erbrachte. Am Schlusse sprach Kam[erad] Franz Tschager über die Notwendigkeit der Kameradschaft Heimat-Front. Er dankte allen Spendern und Beitragenden, besonders dem Sängerquartett.“
 
Aus Sarnthein wird gemeldet: „Vor einigen Tagen gab die schneidige Standschützen-Musikkapelle in den Mittagsstunden ein gelungenes Platzkonzert, das sehr begrüßt wurde“. Ebenfalls zur Freude der Bewohner gab dann die „Sarner-Heimatbühne“ den Schwank Junggesellensteuer (von Alois Gfall). Der Andrang war so groß, dass das Stück am darauffolgenden Sonntag wiederholt wurde. Der finanzielle Reinertrag kam dem Volkshilfswerk zugute (Bozner Tagblatt vom 14. April 1944, Seite 3).
 
Die Musikkapelle von Brixen gab im Rahmen der Sammelaktion zum „5. Opfersonntag“ Anfang April 1944 ein „Standkonzert“ (Bozner Tagblatt vom 6. April 1944, Seite 3), ebenso die Kurtatscher Standschützen-Musikkapelle ein „Platzkonzert“. Dieses wird im Bozner Tagblatt vom 7. April 1944, Seite 3, kurz und bündig charakterisiert: „Die gut geschulte Kapelle [Kurtatsch] fand allgemeinen Beifall“.
 
Zum „Opfersonntag“ im Mai 1944 konzertiere die Standschützen-Musikkapelle Wiesen am Stadtplatz in Sterzing (Bozner Tagblatt vom 2. Mai 1944, Seite 5), die Standschützen-Musikkapelle Aldein „unter der Leitung des Kapellmeisters Stuppner“ (Bozner Tagblatt vom 11. Mai 1944, Seite 5).
 
Für soziale Aktionen wurden aber auch andere Musikformationen herangezogen, etwa bei einem Standkonzert für das Volkshilfswerk am Peter-Mayr-Platz in Brixen der Musikzug des Polizei-Ausbildungs-Bataillons: „Die Musikkapelle erfreute die grosse Zuhörerschaft durch ein vortreffliches Konzert. Sammlerpaare der Jugend benützen die Gelegenheit, um anlässlich des ersten Opfersonntages ihre Büchsen mit Spenden für das Volkshilfswerk füllen zu lassen“ (Bozner Tagblatt vom 21. September 1944, Seite 3). Wahrscheinlich war dieselbe Polizeikapelle auch bei einer Sammelaktion im Dezember 1944 in Villanders eingesetzt. Über deren Verlauf schreibt das Bozner Tagblatt vom 9. Dezember 1944 auf Seite 7: „Ein Musikzug der Polizei gab am Opfersonntag vormittags und abends auf unserem Dorfplatz ein volkstümliches Konzert, zu welchem sich eine große Volksmenge eingefunden hatte. Diese Gelegenheit wurde von Paaren in der Villanderer Tracht benützt, um eifrig für das Volkshilfswerk zu sammeln. Am Abend fand dann in der großen Stube beim Peter-Wirt ein gutbesuchter Liederabend statt, bei welchem ein Soldatenchor ein reichhaltiges Programm von Soldaten- und Heimatliedern vortrug und viel Beifall fand. Das Sammelergebnis war sehr zufriedenstellend und um ein Beträchtliches höher als an den vorhergehenden Opfersonntagen.“
 
Die Standschützenkapellen wurden vielfach eingesetzt, um hochrangige Gäste ehrenvoll angemessen zu empfangen. Dies betraf vor allem den Besuch der Kreisleiter in den Ortsgruppen, im Zusammenhang mit sogenannten „Volksversammlungen“, die vor allem dazu dienten, mit Vorträgen von propagandistisch speziell geschulten Fachleuten die Ortsbevölkerung zu beruhigen und zum Durchhalten zu animieren. Ende Februar 1944 fand eine solche Volksversammlung zum Beispiel in St. Andrä bei Brixen statt. Das Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3, teilt dazu mit: „Das ganze Dorf hatte sich kürzlich zu der in unserer Ortsgruppe angehaltenen Volksversammlung eingefunden. Auf dem Dorfplatz hatten die Standschützenmusikkapelle in ihrer sauberen Tracht, die Frontkämpfer, Wehrmachtsurlauber, eine Abteilung der Schützen in ihrer farbenfreudigen Tracht mit ihrer alten Fahne, die Frauen- und Mädelschaft, die Jugend sowie eine große Volksmenge Aufstellung genommen, um den Kreisleiter Kam[eraden] Sepp Hinteregger und einige seiner Mitarbeiter zu empfangen. Nach einer herzlichen Begrüßung durch den Ortsgruppenleiter und ein Trachtenpaar der Jugend erfolgte im schönen Versammlungsraum die Kundgebung, die mit einem schneidigen Marsche und einem Liede der Mädelschaft eröffnet wurde. Nach einleitenden Worten des Ortsgruppenleiters Roman Ramoner sprach kurz Kreisleiter Hinteregger, worauf ein Gastredner das Wort ergriff. Er behandelte eingehend das Thema Das Jahr der Entscheidungen. Der Kundgebung folgte ein Gemeinschaftsabend.“
 
Im nahe gelegen Afers wurde die propagandistische Aktion in nahezu gleicher Form und unter exponierter Mitwirkung der örtlichen Standschützen-Musikkapelle fortgesetzt: „In Afers, der höchstgelegenen Ortsgruppe unserer engeren Heimat (1500-1800 m), fand kürzlich ein Gemeinschaftsappell statt. Unsere neu zusammengestellte Standschützenmusikkapelle, eine Abteilung der Aferer-Schützen in ihren farbenfreudigen Trachten, sowie alle Gliederungen und die Jugend hatten sich am Dorfplatz eingefunden, um den Kreisleiter Kam[eraden] Hinteregger und einige seiner Mitarbeiter zu empfangen. Ein Trachtenpaar der Jugend begrüßte die Gäste, worauf die wackere Standschützen-Musikkapelle ein kleines Standkonzert gab. Anschließend fand in den Räumen des Wirtes eine feierliche Kundgebung statt. Nach einer Einleitung durch die Standschützenmusikkapelle und einem Liede der Mädelschaft eröffnete Ortsgruppenleiter Kam[erad] Thomas Nußbaumer die Kundgebung, worauf Kreisleiter Hinteregger nach einer Gedenkminute für die Gefallenen über den Kampf des deutschen Volkes und seine Lebensrechte sprach. Seinen Worten folgten die Ausführungen eines Gastredners. Beginnend vom schmählichen Zusammenbruch des Jahres 1918 schilderte er den gewaltigen Kampf des Führers mit seiner jungen Bewegung bis herauf zum heutigen totalen Kriege des gesamten deutschen Volkes ob an der Front oder in der Heimat“ (Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3). Im Gefolge dieser Propagandainitiative trat ein Gastredner in Begleitung des Meraner Kreisleiters Johann Torggler auch in Vöran bei einer Versammlung der Ortsgruppe auf, der über das „Geschehen an der Front, über die Aufgaben der Heimat, über Wirtschaftsfragen und über Schutz und Förderung des Brauchtums“ sprach. Die Standschützenkapelle war zum Empfang und mit einem Standkonzert präsent (Bozner Tagblatt vom 10. Februar 1944, Seite 3).
 
Ende April besuchte der Oberste Kommissar, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer das Schnalstal. In seiner Begleitung befanden sich der kommissarische Präfekt der Provinz Bozen Dr. [Karl] Tinzl mit Mitarbeitern seines Stabes sowie der Reichsgesundheitsführer, SS-Obergruppenführer Dr. Conti. Zum Empfang der illustren Gäste war in Unser Frau „die gesamte Bevölkerung“ erschienen, die „Schützen unter Gewehr mit ihren Fahnen, die Jugend und die Frauen sowie einige Wehrmachtsurlauber“. Zum Empfang vor dem Gasthaus Adler spielte die „stramme Standschützen-Musikkapelle“ den Standschützenmarsch [von Sepp Tanzer]. Über den weiteren Verlauf berichtet das Bozner Tagblatt vom 1. Mai 1944, Seite 3: „Die umliegenden Häuser und auch die hochgelegenen Höfe waren mit Fahnen geschmückt. Der Oberste Kommissar hielt, nachdem er vom Ortsgruppenleiter Gamper und einem Kinderpaar, das ebenso wie die Erwachsenen in Tracht war, willkommen geheißen wurde, eine kurze Ansprache, in der er darauf hinwies, daß in unserer Zeit vor allem Einigkeit, Gemeinschaft und Einsatzbereitschaft aller nottue. Mit dem Rufe: ‚Werdet die eiserne Gemeinschaft, die wir brauchen um zu siegen und zu bestehen!‘ schloß der Oberste Kommissar seine mit lautem Beifall aufgenommene Rede und verbrachte dann einige Zeit im kameradschaftlichen Beisammensein mit den Schnalsern. Sodann begab er sich mit seinen Begleitern und den Schützen zum nahen Ortsschießstand, wo er erfolgreich einige Serien schoß, ehe er nach einem stürmischen Abschied, den ihm die Talgemeinschaft bereitete, die Rückfahrt antrat.“
 
Mit „Platzkonzerten“ oder „Standkonzerten“ präsentierten sich die Musikkapellen in der Öffentlichkeit in ihrer Tracht, mit dem Selbstbewusstsein, als wichtige Träger volkskulturellen Lebens eine wesentliche Funktion des ideologischen Zusammenhalts zu haben.
 
Am Ostersonntag 1944 gab die Standschützen-Musikkapelle Algund ein Standkonzert auf der Promenade in Meran (Bozner Tagblatt vom 17. April 1944, Seite 3). Am selben Tag konzertierten im Rahmen eines Platzkonzerts die Standschützen-Musikkapelle von Schlanders (Bozner Tagblatt vom 8. April 1944, Seite 2) und St. Lorenzen (Bozner Tagblatt vom 14. April 1944, Seite 3). Ein zweites Platzkonzert spielte die St. Lorenzener Standschützen-Musikkapelle im Juni 1944. Das Bozner Tagblatt vom 15. Juni 1944, Seite 4, bringt dazu folgende Notiz: „Das allgemeine Interesse der Lorenzner möge neuer Ansporn und Dank sein für alle Mühe und Arbeit der Standschützenmusikkapelle.“ Bereits kurze Zeit später findet sich im Bozner Tagblatt vom 8. Juli 1944, Seite 9, erneut eine Nachricht über ein Platzkonzert in St. Lorenzen: „Am Sonntag, den 2. Juli, erfreute uns unsere wackere Standschützen-Musikkapelle wieder mit einen Platzkonzert, das sehr gut besucht war. Das große Interesse und die Freude der Bevölkerung an dieser Veranstaltung sei Dank an die Musikanten, besonders den nimmermüden Kapellmeister Peter Knapp.“
 
Am Pfingstsonntag 1944 veranstaltete die Standschützenmusikkapelle Mühlbach ein Konzert. Über die besonderen Gründungsmodalitäten dieser Kapelle berichtet das Bozner Tagblatt vom 24. Mai 1944, Seite 5: „Zur Eröffnung des Brixner Kreisschießens wurde in unserem Orte eine Standschützenmusikkapelle, bestehend aus Musikanten von Mühlbach, Meransen und Rodeneck zusammengestellt. Mit einigen Proben ist sie soweit gekommen, daß sie schon zu diesem Feste ausrücken konnte. Um der Bevölkerung der Umgebung einen Beweis ihres Wollens und Könnens zu liefern, veranstaltet die Kapelle am Pfingstsonntag von 16 Uhr bis 18 Uhr in Mühlbach ein Konzert.“
 
Anfang Juni 1944 gab im Garten des Gasthofs Stern die Standschützenmusikkapelle von Sand in Taufers ein „Standkonzert, dem zahlreiche Zuhörer beiwohnten und den Darbietungen reichen Beifall zollten“ (Bozner Tagblatt vom 5. Juni 1944, Seite 4). Ein weiteres Konzert in der gleichen Lokalität folgte im September (Bozner Tagblatt vom 9. September 1944, Seite 5).
 
Auf die Schwierigkeiten, in Kriegszeiten eine funktionstüchtige Musikkapelle aufzubauen, verweist ein kurzer Bericht über die Neugründung der Standschützen-Musikkapelle von St. Jakob in Innerpfitsch im Bozner Tagblatt vom 15. Juli 1944, Seite 8: „Nun ist auch unsere Standschützenmusikkapelle neu erstanden und hat uns unlängst bereits durch ein gut gelungenes Konzert erfreut. Es zeigt von großem Verständnis aller an der Wiederaufrichtung des Standschützenmusikkapelle Beteiligten für echtes heimisches Brauchtum, daß es mitten im Kriege unter schwierigen Verhältnissen gelingen konnte, diese wieder zu beleben.“
 
Die Standschützen-Musikkapellen erfüllten ein weites Funktionsspektrum, das vor allem auf die Erfordernisse der Ideologie ausgerichtet war. Ihr Einsatz in den Ortsgruppen entsprach den Erwartungen, die an sie gestellt wurden. Die Standschützen-Musikkapellen umrahmten mit assoziativer Musik politische Versammlungen, waren das klingende Empfangskomitee für hochgestellte Funktionäre, begleiteten mit weihevollen Klängen die Feiern zum Heldengedenken und versammelten die Ortsbewohner auch zu aufmunternden Anlässen mit Platzkonzerten oder gestalteten Heimatabende und Theateraufführungen mit. Die Standschützen-Musikkapellen brachten aber auch im Auftrag der Politik den verwundeten Soldaten im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung klingenden Trost und Erheiterung und trugen damit zur Erhaltung der Wehrkraft bei. Ihren großen Auftritt hatten die Standschützen-Musikkapellen jedoch bei solch aufwändig inszenierten Großveranstaltungen wie den Kreisschießen. Hier konnten sie sich im Verein mit den anderen Mitgliedern des Standschützenverbandes als Repräsentanten der Volksgemeinschaft vorstellen, die alle zusammen das gemeinsame Band der kulturellen und politischen Übereinstimmung verknüpfte. Ihr geschlossener Auftritt war auch psychologisch wirkender Ausdruck unbedingter Gefolgschaftstreue.
 
Den Höhepunkt aller Bestrebungen in Südtirol, das Blasmusikwesen wieder zu aktivieren, bildete wohl der repräsentative Auftritt der Musikkapellen im Rahmen des „Vorbeimarsches“ bei den Eröffnungsfeierlichkeiten zum 7. Landesschießen 1944 in Innsbruck, wo sie zusammen mit ihren Standschützen die kulturelle Landeseinheit in einer großen ideologisch fundierten Volksgemeinschaft stolz demonstrieren konnten.
 
„Unter den Klängen des Andreas-Hofer-Marsches marschierten dann die ersten Musikkapellen und Kompanien der Standschützen auf. An ihrer Spitze, von den Massen laut begrüßt, die Salurner in ihrer schönen Tracht. Dann folgten in langem Zuge die Musikkapellen und Kompanien aller Kreise der Provinz Bozen, die Schützen aus Schlanders und Meran mit der starken Standschützenkompanie der Burggräfler und berittenen Fanfarenbläsern. Mit den Meraner Schützen waren in diesem Jahre zum erstenmal die Schildhofbauern aus dem Passeiertal mit den uralten Schilden ihrer wehrhaften Höfe und den Hellebarden gekommen. Den Schildhofern folgten dann die Partschinser. Dann hielten die Kolonnen, und während die Partschinser Musikkapelle spielte, zeigte der Burggräfler Fahnenschwinger wieder seine Kunst, von lautem Händeklatschen bedankt.
 
Nach den Meranern rückten die Standschützen aus dem Kreis Bozen an, voran die Musikkapelle Zwölfmalgreien, dann die Sarntaler, die Standschützen aus Jenesien und Ritten. Immer wieder grüßten die Massen die anmarschierenden Kolonnen mit ihren uralten Fahnen, die in ihrem zerschlissenen Tuch die wehrhafte Geschichte unserer Heimat bergen.
 
Nach Bozen kamen die Standschützen aus Brixen und zwar die von Wiesen, Villanders und die Sterzinger Jungschützen.
 
Den Abschluß bildeten dann die Standschützenkompanien und Musikkapellen aus Bruneck und Cortina-Hayden und die Abordnungen der Osttiroler Standschützen […]“ (Innsbrucker Nachrichten vom 3. Juli 1944, Seite 3 f.).


Musikschulen

Musik und Ideologie standen in der Zeit des Nationalsozialismus in einem partnerschaftlichen Verhältnis zueinander. Die musikalische Stilistik war auf allgemeine Verständlichkeit, somit Volksnähe ausgerichtet. Die emotionale Kraft der Musik diente vorrangig der Verherrlichung der Ideologie. Musik war sowohl in ihrer öffentlichen Wirksamkeit als auch im kleinen Kreis des privaten Musizierens ein probates Medium zur Stärkung der Volksgemeinschaft. In ihrem Bestreben, die kulturellen Institutionen und den Inhalt von Kultur auch in Südtirol nach ihren Vorstellungen auszurichten, haben die Nationalsozialisten dem Aufbau des Musikschulwesens besondere Bedeutung beigemessen. Der Oberste Kommissar und Gauleiter Franz Hofer stellte vor allem die Kultur in den Dienst seiner politischen Zukunftspläne. Ideologisch war Südtirol bereits fest im Griff der NSDAP, die in der Organisation der Deutschen Volksgruppe ihr vollendetes Spiegelbild fand, wenngleich dieses Faktum durch die ethnisch-politische Sondersituation bedingt sein mochte. Jedenfalls war die konsequente Planung bei der Errichtung der Musikschulen wiederum ein Schritt zur kulturellen Eingliederung Südtirols in den Gau Tirol-Vorarlberg. Die Musikschulen sollten vor allem den Standschützenkapellen zugute kommen, deren Spielfähigkeit erhalten, was durch die vielen an die Front gerufenen Musikanten schwierig war und vielfach nur durch den Einsatz von Nachwuchskräften gelingen konnte. Als Referenten für das Musikschulwesen hatte sich der Oberste Kommissar mit Cyrill Deutsch (1892 Reichenau/Mähren-1992 Kufstein), der in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in Südtirol tätig gewesen war, einen bewährten und zuverlässigen Fachmann ausgewählt. Deutsch, der sich bei der Leitung der bekannten Musikkapelle von Zwölfmalgreien als herausragender Musiker ausgezeichnet hatte, war im Zuge der Option nach Kufstein gelangt. Dort wurde er Kapellmeister der Standschützenmusikkapelle, beteiligte sich führend am Aufbau der HJ-Musik und war auch sonst in das vielfältige Musikleben Kufstein bestens integriert.

Die erste Südtiroler Musikschule entstand in Bruneck. Das Bozner Tagblatt vom 28. Jänner 1944, Seite 3, enthält dazu einen Bericht, der vor allem darauf verweist, dass die Funktion der Musikschule eine primär „völkische“ ist, in der Bevorzugung „alter Volksmusikinstrumente“ mit deren inhärenten „gemeinschaftsfördernden Kraft“ sowie der Ausbildung des Nachwuchses für die Standschützenkapellen: „Durch eine Anzahl von Jahren verstummten allmählich in unseren Dörfern, Städten und Tälern die Musikinstrumente. Eine Musikkapelle nach der anderen stellte durch verschiedene Umstände bedingt ihr Spiel ein. Schließlich gab es fast niemanden mehr, der unserer Jugend Musikunterricht erteilt hätte. Nun ist es in kürzester Zeit durch besondere Unterstützung des Kreisleiters Bernardi und des komm[issarischen] Bürgermeisters Ernst Lüftner gelungen, zu Beginn dieses Jahres in Bruneck die erste Musikschule Südtirols zu eröffnen. Aus ihr wird auch der Nachwuchs für die Standschützenkapelle für Bruneck und Umgebung hervorgehen. Die Schülerzahl beträgt bereits 80 Jungen und Mädel. Gelehrt werden folgende Instrumente: Flöte, Klarinette, Waldhorn, Flügelhorn, Tenorhorn, Bariton, Trompete, Posaune, Tuba, Schlagzeug, Zither, Guitarre, Harmonika, Violine, Bratsche, Violoncello, Kontrabaß, Klavier. Außerdem wird Gesangsunterricht und theoretischer Unterricht gegeben. Die Leitung der Schule übernimmt im Februar Musik-Professor Kofler aus Bozen. Es ist überaus begrüßenswert, daß durch die Errichtung der Musikschule unserer Jugend Gelegenheit geboten wird, neben den verschiedenen anderen Instrumenten besonders auch unsere alten Volksmusikinstrumente zu erlernen, deren gemeinschaftsfördernde Kraft sich heute wieder, wie in früheren Jahrhunderten, erweist.“

Wenig später kommt es zur Gründung der Musikschule in Auer, die zentral für den ganzen Kreis Salurn eingerichtet wurde. Mit sichtlichem Stolz wird von der Ortsgruppe dieses Ereignis im Bozner Tagblatt vom 25. Februar 1944, Seite 3, bekannt gemacht:

„Mit der Errichtung einer Kreismusikschule im Unterland, mit dem Sitz im zentralgelegenen Auer, ist ein langersehnter Wunsch in Erfüllung gegangen. Es wird demnächst der Einschreibungstermin bekannt gegeben werden.

Dem Referenten für Musikschulwesen des Standschützenverbandes, Cyrill Deutsch, ist es gelungen, im Unterland diese Bildungsstätte zu errichten. Was wir Unterländer besonders begrüßen, ist der Umstand, daß wir als Anstaltsleiter den vorzüglichen Musikpädagogen Prof. Erwin Vale gefunden haben. Prof. Vale, welcher selbst gebürtiger Unterländer (aus Tramin) ist, wird sich voll und ganz für seine Aufgabe einsetzen, und den musikliebenden Unterländern ist nunmehr Gelegenheit zu einer gründlichen Ausbildung geboten. Dem Bürgermeister Adolf Bellutti gebührt besonderer Dank für Bereitstellung eines geeigneten Hauses mit entsprechenden Räumlichkeiten. Ueber die Lehrfächer sowie über die Lehrpersonen wird demnächst berichtet werden.“

Die angekündigte Information folgte im Bozner Tagblatt vom 5. April 1944, Seite 5:

„Die Einschreibungen an der Kreismusikschule in Auer stehen bevor. Die Vorarbeiten für die Eröffnung derselben stehen vor dem Abschluß. Bürgermeister Adolf Bellutti und der überaus umsichtige kommissarische Leiter der Kreismusikschule, Prof. Erwin Vale, setzten sich voll und ganz für die Ausgestaltung der Räumlichkeiten ein, so daß der Kreis Salurn einen alle Anforderungen würdige Musikschule erhalten wird. Für Erlernung sämtlicher Blasinstrumente wird Herr Franz Satuari, ein gebürtiger Bozner, Sorge tragen, der als Kapellmeister der Bozner Jugendkapelle noch bestens in Erinnerung ist.

Zither und Klampfen, unsere schönen Hausinstrumente, werden vom bestbekannten heimatlichen Künstler Herrn Rudolf Hechensteiner aus St. Pauls als Lehrfächer übernommen. Hechensteiners Spiel hatten wir des öfteren Gelegenheit, im Bozner Radiosender zu bewundern.

Im Verlauf der nächsten Woche werden noch weitere Einzelheiten berichtet werden. Die Interessenten sind gebeten, sich genau an die Einschreibetermine zu halten, damit nicht unliebsame Absagen gemacht werden müssen.“

Die Einschreibungen fanden schließlich am 17. und 18. April statt. „Den Unterricht für Ziehharmonika erteilt der bekannte Musiker Tassi aus Bozen“ (Bozner Tagblatt vom 15. April 1944, Seite 5). Wenige Tage später findet sich im Bozner Tagblatt vom 21. April 1944, Seite 3, folgende Notiz: „Die Einschreibungen in die Kreismusikschule waren außergewöhnlich zahlreich, sodaß beispielsweise von einer weiteren Aufnahme von Anmeldungen der Harmonikaspieler Abstand genommen werden muß. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß sämtliche bereits gemeldeten Schüler am Freitag, den 28. April von 15 bis 18 Uhr und Sonntag, den 29. April von 9 bis 11 Uhr zwecks Festsetzung der Unterrichtsstunden in der Kreismusikschule Auer vorsprechen und zugleich die Empfangsbestätigung mitbringen mögen. Streicher und Bläser können im Verlaufe dieses Monats noch aufgenommen werden.“ Nach zweimonatiger Tätigkeit wurde die Musikschule am 30. Juni wegen des Ferienbeginns geschlossen. Ihr Fortbestand war allerdings ungewiss. Im Tiroler Landboten vom 11. Juli 1944 wird auf Seite 4 mitgeteilt, dass die Musikschule „voraussichtlich mit Beginn der Volksschule anfangs September wieder eröffnet werden“ würde. Bemerkenswert war der große Andrang von Schülern: „Erfreulicherweise kann berichtet werden, daß sehr reges Interesse vorhanden war und daß sich 172 Schüler in verschiedenen Fächer unterrichten ließen. Obgenannte Schülerzahl ist für den Kreis Salurn enorm und man sieht aus ihr die Notwendigkeit der Errichtung der Schule.“ Für die Fortführung der Musikschule fand man folgende Lösung: „Die Kreis-Musikschule Auer wird heuer den Unterricht in verschiedenen Ortes des Kreises Salurn erteilen, sodaß den Schülern Gelegenheit geboten ist, den bereits im Frühjahr begonnenen Kurs fortzusetzen. Die Zeit des Beginnens wird noch rechtzeitig bekanntgegeben“ (Bozner Tagblatt vom 23. September 1944, Seite 7).

Kurz nach der Errichtung der Musikschule Auer wird auch in der Kreisstadt Meran vom Referenten für das Musikschulwesen Cyrill Deutsch eine Musikschule initiiert. Das Bozner Tagblatt vom 1. März 1944, Seite 5, hält fest, dass damit „ein langgehegter Wunsch aller Bevölkerungskreise in Erfüllung geht“. Zudem werden Details, insbesondere über das Unterrichtsangebot und den Leiter der Musikschule, verlautbart: „[…] Der Einschreibetermin wird rechtzeitig bekanntgegeben werden. Diese Bildungsstätte ins Leben zu rufen gelang durch die Bemühungen des Referenten für Musikschulwesen des Standschützenverbandes P[artei]g[enossen] Cyrill Deutsch. Zum Kommissarischen Leiter der Musikschule wurde Kapellmeister Heinrich Frasnelli bestellt. Herr Frasnelli, der gleichzeitig Musikbeauftragter der Kreisstadt Meran und Dirigent des Orchesters der Deutschen Volksgruppe ist, bietet als hervorragender Musiker die beste Gewähr für einen guten Erfolg der neuen Schule. Die Aufgabe, die ihm gestellt wird, ist keine leichte, werden doch im Programm außer sämtlichen Blas- u[nd] Streich-Instrumenten auch unsere heimischen Hausinstrumente wie Zither, Gitarre u[nd] d[er]gl[eichen] erfaßt. Aber als vorzüglicher Kenner, besonders auch unseres heimatlichen Musikwesens, das bei dieser Schulung ja besonders berücksichtigt werden wird, wird der Leiter der Schule seine Aufgabe sicher meistern […].“

Mit Beginn des neuen Schuljahres im Herbst 1944 kam es auch in Brixen zur Gründung einer Musikschule: „Die neuerrichtete Kreismusikschule wird am 2. Oktober den Unterricht aufnehmen. In verhältnismäßig kurzer Zeit waren die nötigen Räume bereitgestellt und allen Anforderungen entsprechend mit Möbeln, Instrumenten und Musikalien ausgestattet worden. Im Rahmen des Unterrichtsprogrammes sind als Lehrfächer Streich-, Blech- und Holzblasinstrumente, Klavier, Harmonika, Gitarre, Zither, Sing- und Spielschar, Kammermusik, Orchesterspiel, Jungschützenmusikzug, Singschule und Theorie vorgesehen. Die Schule befindet sich in der Sadlergasse“ (Tiroler Landbote vom 22. September 1944, Seite 4).

Ebenfalls am 2. Oktober 1944 nahm die neu errichtete Musikschule in Schlanders ihren Unterricht auf. Im Bozner Tagblatt vom 2. Oktober 1944, Seite 3, wird dies mitgeteilt. Gleich am Anfang des Artikels steht unübersehbar, dass sich Kreisleiter Wilhelm Wielander für diese Initiative stark gemacht habe. Die Leitung der Musikschule übertrug man dem „bekannten Musiker August Vill“. Die primär ideologische Zweckbestimmung der Musikschule ist in diesem Artikel deutlich manifestiert: „Durch diese Einrichtung soll bei alt und jung Liebe und Lust an der Haus- und Volksmusik geweckt und gefördert werden. Die Jugend soll wieder mit den Formen volkstümlicher Musik vertraut werden und das Eigene, das aus ihr klingt, kennen lernen. Aber nicht nur zum Zwecke der Unterhaltung, sondern in erster Linie zur Veredelung des Gemütes und Belebung des völkischen Empfindens wurde die Kreismusikschule ins Leben gerufen. Aus ihr gehen dann die frischen Kräfte zum Aus- und Aufbau der Standschützenmusikkapellen und Singscharen des Kreises hervor, die nach dem Siege neue Lust und Freude in die Dorfgemeinschaft hineintragen werden.“


Orts- und Kreisschießen

Die Kreisschießen waren die repräsentative Veranstaltung, bei der sich der Standschützenverband in seiner breit gefächerten Struktur mit Schützen, Musikkapellen und weiteren volkskulturellen Vereinigungen öffentlich zur Schau stellte. Alle Mitwirkenden und der gesamte Verlauf des aufwändig inszenierten gesellschaftlichen Ereignisses wurden zum Spiegelbild einer in ideologischer Übereinstimmung fest gefügten Volksgemeinschaft. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, das in den Orts- und Kreisschießen bildhaften Ausdruck fand, wurde von historischen und kulturellen Prämissen abgeleitet, ideologisch bewusst instrumentalisiert.

Im Bozner Tagblatt vom 6. April 1944, Seite 3, erschien im Rahmen einer Vorschau über die in Südtirol nach dem Muster von im Gau Tirol-Vorarlberg abgehaltenen Kreisschießen ein Bericht, der die Begründung für die Initiative der Kreisschießen auch in der Provinz Bozen liefert:

„Wehrhafte Geisteshaltung, verbunden mit der praktischen Uebung in der Handhabung der Waffe waren von alters her in unserer Heimat Pflicht und Recht des Mannes. Die Uebung in der Schießfertigkeit war darum unseren Ahnen und Vätern stets eine Selbstverständlichkeit und hatte hier zulande als echteste Tradition durch viele Jahrhunderte ihre bevorzugte Stätte. Schützenwesen und Brauchtum waren die Grundpfeiler der Kameradschaft und Gemeinschaft, die sich in allen Wandlungen und Wechselfällen der Vergangenheit behaupten konnte, und es besteht eine lebendige Verbindung zwischen den Kämpfern vergangener Tage und den Männern, die heute im Entscheidungskampf für Sein und Nichtsein unseres Volkes im Ehrenkleide der Großdeutschen Wehrmacht für Führer und Volk an den Fronten stehen. Aus dieser Empfindung heraus widmen sich heute wiederum die Männer, die noch in der Heimat sind und vor allem die Jugend dem Umgang mit der Feuerwaffe und sind mit heißem Eifer daran, ihre Fertigkeit im Schießen immer mehr zu steigern. Bereit, im Falle eines erforderlichen Einsatzes voll und ganz ihren Mann zu stellen, sind sie auch mit Feuereifer dabei, wenn es gilt, sich auf dem Schießstand mit den anderen Schützen zu messen und das eigene Können unter Beweis zu stellen.“

Das erste Kreisschießen in Südtirol fand auf dem Schießstand Bozen-Moritzing statt. Veranstalter war der Standschützenverband der Provinz Bozen. Am Ostersamstag, dem 8. April 1944, eröffnete der Oberste Kommissar und Gauleiter Franz Hofer in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste und einer großen Volksmenge das für mehrere Tage angesetzte Volksfest, das am 23. April seinen Abschluss fand. Ausdrücklich hervorgehoben ist in der Presse die breite Präsenz „der Standschützenmusikkapellen aus den Dörfern weitum“ (Bozner Tagblatt vom 12. April 1944, Seite 3). In seiner Ansprache bezeichnete der Oberste Kommissar Franz Hofer das Zustandekommen des Kreisschießens wie überhaupt die gesamte Schützen- und Brauchtumsarbeit „als Werk der Kameradschaft und der Gemeinschaft“. Klar huldigend stellte Hofer fest, dass „unser heißer Dank“ dem Führer gelten müsse, „der es uns ermöglicht, die tausendjährige Tradition der Wehrbauern fortzusetzen“. Abschließend verwies der Oberste Kommissar auf die Funktion der Kreisschießen als „Sammelplatz der heimatlichen Mannschaft […] zum letzten Einsatz für Führer und Volk bereit“. Aus diesen Äußerungen wird deutlich, wie sich angesichts der desolaten Kriegssituation die ursprünglich der Pflege historischen Brauchtums und der Demonstration von Volksgemeinschaft gewidmeten Kreisschießen intentional und funktional zu einem vormilitärischen Ausbildungstraining gewandelt hatten. Mit der propagandistisch wirkungsvollen Schlagzeile „Stolzer Erfolg des Bozner Kreisschießens“ zieht das Bozner Tagblatt vom 25. April 1944 auf Seite 3 euphorisch Bilanz:

„Die beiden letzten Schußtage des Bozner-Kreisschießens auf dem Kreisschießstand in Bozen-Moritzing am vergangenen Samstag und Sonntag [22./23. 4. 1944] bewiesen noch einmal und in nachdrücklichster Form, daß Schützenbrauch und Wettkampf mit der Waffe für die Volksgenossen unserer Heimat Herzensangelegenheiten sind und daß jeder einzelne bei Schützenveranstaltungen unbedingt dabei sein und seinen Mann stellen will. Der Andrang, der vor allem am Schlußtage des Kreisschießens an den Ständen herrschte, übertraf alles, was an den vorangehenden Schußtagen auf dem Kreisschießstand zu sehen war.“

Über den Charakter der Veranstaltung als Gemeinschaftsfest wird ausgeführt: „Auch am Samstag und Sonntag waren aus der näheren und weiteren Umgebung wieder Musikkapellen und Trachtengruppen des Standschützenverbandes der Provinz Bozen nach Moritzing gekommen, um dem Kreisschießen einen festlichen Rahmen zu geben und zu zeigen, daß dieses eine Angelegenheit des ganzes Kreises, der Kreisstadt Bozen so gut wie des höchstgelegenen kleinsten Bergdorfes war. Am Samstag war die Standschützen-Musikkapelle des Bergdorfes Flaas mit ihren Marketenderinnen gekommen. Mochten die Kameraden dieser Kapelle auch einen weiten Fußmarsch hinter sich und für den Heimweg noch vor sich haben, so spielten sie doch mit einem Eifer, der anerkennenswert war und das Leben und Treiben auf dem Kreisschießstand in lebendigem Fluß hielt. Am letzten Tage des Kreisschießens kam eine Musikkapelle mit einer Trachten- und Sängergruppe des Standschützenverbandes aus [St.] Christina in Gröden, die sowohl mit ihren schönen Darbietungen als auch durch die Schönheit ihrer Trachten nachhaltigen Eindruck erweckten. Am Nachmittag des gleichen Tages beherrschte dann die Standschützen-Musikkapelle aus Eppan mit ihrem exakten Spiel den Festplatz vor dem Kreisschießstand.“

Zugleich mit dem Schießen auf dem Kreisschießstand in Bozen und im Rahmen des Kreisschießens veranstaltete die Ortsgruppe Kaltern des Standschützenverbandes ein „Eröffnungsschießen“, das „am 9. April beginnt und am 10., 15., 16. und 17. April fortgesetzt wird (Bozner Tagblatt vom 6. April 1944, Seite 3). Wie beim Kreisschießen waren die Schießwettbewerbe auf der „Kleinkaliber Volksscheibe“, mit dem Wehrmannsgewehr oder dem Scheibenstutzen, ferner das „Schleckerschießen, gemeinsam für Wehrmannsgewehr und Scheibenstutzen (beliebige Waffe)“ vorgesehen. Die Entfernungen betrugen bei der „Kleinkaliber Volksscheibe“ 50 Meter, auf den Weitständen 150 Meter. Geschossen wurde auf die zehnkreisige Ringscheibe des Standschützenverbandes. Ebenfalls analog zum Kreisschießen konnten sich die Schützen beim Wettbewerb in Kaltern die Kreisleistungs- und Kreismeisterzeichen in den Kategorien Bronze, Silber und Gold „herausschießen“. Die höchste Stufe bildete das Kreismeisterzeichen in Gold mit einem Rand aus Eichenlaub. Beim Kreisschießen in Bozen zeigte das Mittelstück dieser Medaille „das Bild des größten deutschen Minnesängers, Walt[h]er von der Vogelweide“. Zuletzt stellt der Bericht die prinzipielle Relevanz der Standschützenarbeit im fundamentalen Interesse der Volksgemeinschaft heraus: „Der Umstand, daß neben der Kreishauptstadt auch noch ein anderer Ort des Kreises im Rahmen des Kreisschießens die Schützen zu kameradschaftlichen Wettbewerb ruft, zeigt, daß die Arbeit des Standschützenverbandes in unserer Heimat auf Breitenwirkung eingestellt ist, die allein dem Sinn und Zweck der Standschützenarbeit entspricht und ihr nicht nur jene tiefe Wirkung gibt, die den Fortbestand unserer Stammesart sichert, sondern darüber hinaus auch einen wertvollen und wichtigen Dienst für die Gesamtheit der Nation darstellt.“

Die Eröffnung des Schießens in Kaltern war ein beeindruckendes Fest:

„Am 9. April erlebte das Weindorf Kaltern seinen großen Tag. Auch hier gaben Fahnen und Girlanden, farbenfrohe Trachtengewänder, Schützenzüge und Musikkapellen anläßlich der Eröffnung des Schießens am Ortsschießstand dem Dorfe das Gepräge. Der Oberste Kommissar [Franz Hofer] wies in seiner Ansprache an die Volksgenossen auf die Bedeutung des Standschützenwesens und der Brauchtumsarbeit hin. Diese Schießwettbewerbe im fünften Kriegsjahre sollen vor allem der vormilitärischen Erziehung der Jugend dienen. Männer und Jungen sollen bei diesen Treffen neuerlich die Ueberzeugung gewinnen, daß das Gewehr das Recht des freien Mannes ist. – Den durch den Einsatz begeisterter Männer neu hergerichteten Schießstand von Kaltern schmücken Schützenscheiben, die zum Teil noch aus dem 16. Jahrhundert stammen. Wie in Bozen, umrahmten Brauchtumsveranstaltungen das Schützentreffen.

Sowohl in Bozen wie in Kaltern war der Andrang der Schützen zu den Ständen sehr groß. Am Eröffnungstage selbst schossen auf dem Schießstand von Bozen-Moritzing 1088 Schützen, von denen 80 das Kreismeisterzeichen in Gold mit Eichenlaub errangen. Insgesamt wurden 379 Auszeichnungen herausgeschossen“ (Bozner Tagblatt vom 12. April 1944, Seite 3).

Die Intention dieser Schießveranstaltungen als Fest ideologisch verbundener Volksgemeinschaft war beim folgenden Kreisschießen in Meran nach dem Vorbild solcher Unternehmungen im Gau Tirol-Vorarlberg schon nahezu perfekt präsent. Musikkapellen spielten auf dem großen Platz vor dem Schießstand, die „Mädel und Jungmädel“ bestritten einen „Singwettstreit“, ein „Brauchtumsabend“ beschloss den Eröffnungstag mit einer emotional ergreifenden, die ganze Palette des kulturellen und Identifikation stiftenden Vermögens des Standschützenverbandes realisierenden eindrucksvollen Demonstration. Das Bozner Tagblatt vom 1. Mai 1944, vermittelt auf Seite 3 eindringlich die die „Heimat“ inszenierende Atmosphäre und propagandistische Wirksamkeit:

„Sofort nach der Eröffnung des Meraner Kreisschießens durch den Obersten Kommissar begann an allen Ständen ein reger Schießbetrieb, der bis zum Einbruch der Dunkelheit anhielt. Es waren nicht nur Schützen aus dem Burggrafenamt, sondern auch aus den Nachbarkreisen in großer Zahl gekommen. Am großen Platz vor dem Schießstand wechselten die Standschützen-Musikkapellen einander mit vorzüglichen Darbietungen ab, die von den vielen hundert Menschen, die sich hier den ganzen Tag über eingefunden hatten, mit herzlichem Beifall aufgenommen wurden. Kurz nach Mittag begann dann vor dem Weitstand der frohe Singwettstreit der Mädel und Jungmädel des Kreises Meran, dem der Oberste Kommissar, weiters Reichsgesundheitsführer, SS-Obergruppenführer Dr. Conti sowie weitere Ehrengäste und viele hundert Menschen beiwohnten, die die Leistungen der einzelnen Sing-Gruppen immer wieder mit langanhaltendem Beifall bedachten. Besonders muß hier die Jungmädel-Singgruppe aus Stuls im Passeier hervorgehoben werden, die sich bereits am Samstag um vier Uhr früh von ihrem Heimatdörflein aufgemacht hatte, um am ersten Meraner Kreisschießen und am Singwettstreit teilnehmen zu können. Die Stulser Jungmädel ernteten auch für ihre lebensfrohen Lieder herzlichen Beifall. Der Oberste Kommissar sprach ihnen auch seine besondere Anerkennung aus. Die Singscharen waren in drei Gruppen eingeteilt und zwar Mädel – Stadt und Land – sowie Jungmädel. In der Gruppe Mädel-Land holten sich die Mädel aus Naturns und St. Leonhard in Passeier die ersten Preise. In der Gruppe Mädel-Stadt gewannen die Meraner Singschar und die Singgruppe des Mädel-Werkes; bei den Jungmädeln siegten die Jungmädel aus Stuls im Passeier, die Jungmädel-Singgruppe Meran-Stadt und die Singgruppe des Schülerinnenheims Meran. Bei der Siegerehrung und Preisverteilung, die der Oberste Kommissar selbst vornahm, wurden die einzelnen Singgruppen von den vielen hundert Menschen vor dem Kreisschießstand für ihre ausgezeichneten Leistungen mit herzlichem Beifall bedacht […].

Zum Abschluß des ersten Schießtages fand abends im großen Kurhaussaal [Meran] ein Brauchtumsabend statt, der sich zu einer stolzen Kundgebung der Liebe zu Lied und Brauchtum gestaltete. Am Brauchtumsabend nahmen der Reichsgesundheitsführer SS-Obergruppenführer Dr. Conti, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Brunner, der kommissarische Präfekt der Provinz Bozen, Dr. Tinzl und zahlreiche weitere Ehrengäste, sowie viele hundert Menschen, die den großen Saal bis auf das letzte Plätzchen füllten, teil.

Nachdem Kreisleiter Torggler die Anwesenden mit herzlichen Worten begrüßt hatte, zeigte ein Burggräfler Fahnenschwinger unter den Klängen eines von der Algunder Standschützen-Musikkapelle gespielten Marsches sein ausgezeichnetes können und erntete reichsten Beifall. Dann sangen die Mädel aus St. Leonhard im Passeier in ihrer schönen Tracht Lieder der Heimat. Ihnen folgten die Naturnser Jungen mit Volkstänzen, die vollste Anerkennung fanden. Nach musikalischen Darbietungen der Standschützen-Musikkapelle von Lana sang die Meraner Jungmädel-Singschar trefflichst mehrere Lieder, die mit viel Beifall aufgenommen wurden. Auch die anschließenden Darbietungen der Schuhplattler aus Lana fanden vollste Anerkennung. Nach einem Walzer, gespielt von der vorzüglichen Algunder Standschützen-Musikkapelle erfreute das St. Martiner Standschützen-Orchester mit seinen meist selbstgefertigten Instrumenten die Zuhörer mit besten Darbietungen.

Dann kam die brave Stulser Mädelsingschar, die besonders originelle Volkslieder zum Vortrag brachte und auch entsprechende Anerkennung fand. Besonders gut waren die Darbietungen des Passeirer Standschützen-Orchesters, bei dem auch mehrere Raffelen mitspielten. Es folgten die Prissianer Schuhplattler und dann klang, mit reichem Beifall begleitet, der Egerländer-Marsch [von Wendelin Kopetzky, op. 172, komponiert 1891] auf, den die Algunder Standschützen-Musikkapelle spielte.

Die anschließenden Darbietungen der Mädelsingschar aus Schönna [Schenna] mit einer trefflichen Jodlerin wurden herzlichst begrüßt. Es folgte nun die Meraner Volkstanzgruppe, ein Ultener Standschützenorchester, die Meraner Mädel-Singschar und ein Quartett des Meraner Männer-Gesangvereines.

Seinen würdigen Abschluß fand dieser so trefflich gelungene Brauchtumsabend, der wieder einmal zeigte, wie reich unsere Heimat an Liedern und Volks-Weisen ist, mit unserem schönen Heimatlied [‚Wohl ist die Welt so groß und weit‘], das die vielen hundert Menschen im großen Kursaal stehend mitsangen.“

Auf diesen bestens organisierten Brauchtumsabend, bei dem sich der Kreis Meran mit seinen volkskulturellen Attraktionen wie dem Raffele, der Algunder-Standschützenmusikkapelle oder dem Standschützenorchester St. Martin in Passeier mit seinen „Wurzelinstrumenten“ in origineller und substanzieller Weise präsentiert hatte, begann am folgenden Sonntag bereits „in den Morgenstunden wieder regster Schießbetrieb am Kreisschießstand“, der den ganzen Tag über währte „und wiederum bewies, wie tief das Schützenwesen in den Herzen der Menschen unserer Berge verankert ist“. Über die Mitwirkung der Musikkapellen ist zu lesen: „Auf dem weiten Platz vor dem Kreisschießstand gaben im Laufe des Tages die Standschützenmusikkapellen von Algund, Partschins und Lana in ihrer schönen Burggräfler Tracht bestgelungene Standkonzerte, die von den vielen hundert Menschen, die sich am Kreisschießstand eingefunden hatten, mit herzlichem Beifall bedacht wurden.“

Am Schlusstag des Meraner Kreisschießens spielten vor dem Kreisschießstand die Standschützenmusikkapelle Algund sowie die von St. Leonhard im Passeiertal und von Tisens (Bozner Tagblatt vom 24. Mai 1944, Seite 5).

Mit Einführung der Kreisschießen in Südtirol 1944 wurde es natürlich notwendig, geeignete Schießstände zu bauen oder wieder instand zu setzen. Bruno Pokorny veröffentlichte zu dieser Thematik im Bozner Tagblatt vom 6. Mai 1944 auf Seite 3 einen kurzen historischen Rückblick und ging dabei auf die Bemühungen um die Errichtung des Meraner Schießstandes ein:

„Das erste Meraner Kreisschießen hat zur Genüge bewiesen, was Gemeinschaftssinn und Gemeinschaftsarbeit zu leisten imstande sind. Wer gesehen hat, wie Handwerker und Maurer und jung und alt mitgeholfen haben, den Schießstand rechtzeitig fertigzustellen, der kann ermessen, welche Freude und Begeisterung in den Leuten stecken mußte. So groß war die Ueberzeugung, daß der Schießstand bis zur Eröffnung fertig wird, daß jedermann die Antwort gab: Wenn der Schießstand eröffnet wird, geht der letzte Maurer bei der Tür hinaus. Und es war tatsächlich so.“ Die umgreifende volksverbindende Funktion, die dem Standschützenverband zugedacht war, kommt in der folgenden Feststellung Bruno Pokornys wiederum zum Ausdruck: „Neben dem Schießwesen dienen die Schießstände auch der Pflege, der Erhaltung und Förderung unserer Trachten, der Musikkapellen sowie des gesamten Brauchtums unserer Heimat. Der Schießstand soll ja der Mittelpunkt der ganzen Dorfgemeinschaft sein“ (Bozner Tagblatt vom 6. Mai 1944, Seite 3).

Für das Kreisschießen zu Brixen im Mai 1944 wurde der alte Schießstand in Köstland renoviert und ausgebaut. Das Bozner Tagblatt vom 11. Mai 1944, Seite 3, vermeldet: „Die Wälder um den Kreisschießstand und die unmittelbare Stadtnähe machen ihn besonders zum Treffpunkt der Gemeinschaft geeignet, die sich an den Schießtagen in großer Zahl zusammenfinden wird, um zu schießen und den vielen Brauchtumsveranstaltungen und Darbietungen der Standschützen-Musikkapellen beizuwohnen.“

Das Brixner Kreisschießen wurde am 13. Mai 1944 eröffnet, zugleich mit dem in Bruneck. Die Eröffnungszeremonien einschließlich der Reportagen über sie wurden immer mehr zum propagandistischen Manifest (Bozner Tagblatt vom 16. Mai 1944, S. 3):

„In allernächster Nähe des landschaftlich herrlich gelegenen Kreisschießstandes Brixen hatte sich auf einer Waldlichtung im Schatten der hohen Föhren die Volksgemeinschaft des Kreises, im wahrsten Sinne des Wortes, zusammengefunden. Der Platz auf einem Felsvorsprung, von dem man den Blick auf die darunter liegende Kreisstadt und weit das Eisacktal hinauf und hinab hat, ist umkränzt von den vertrauten Kuppen und Bergen in Nähe und Ferne. Eine festlich gestimmte Menge hatte diesen Platz gefüllt, die unter den wehenden Fahnen in ihren Heimattrachten, bei aller Buntheit der Farben, ein Bild von schöner Wesensgleichheit und kameradschaftlicher Geschlossenheit bot. Rückwärts und seitlich vom Rednerpult hatten die Eherngäste, darunter Generalmajor der Gendarmerie Albert, eine Abordnung von Offizieren der großdeutschen Wehrmacht unter Führung von Oberst v. Schleinitz sowie der kommissarische Präfekt der Provinz Bozen, Dr. [Karl] Tinzl und die Fahnengruppe, in der eine Reihe historischer Fahnen zu sehen waren, Aufstellung genommen. Davor stand eine Mädelgruppe aus Latzfons, und dann kam der mächtige Block der Standschützenkompanien, der Standschützenmusikkapellen, der Jugend und der Volksgenossen, die sonst als Gäste gekommen waren. Die Männer des Ausbildungsbataillons der Polizeireserve waren ebenfalls gekommen und außerdem stellte das Bataillon einen Ehrenzug. Standschützenmusikkapellen waren aus St. Peter-Layen, Layen, Barbian, Villanders, Latzfons, Feldthurns, St. Andrä, Natz, Lüsen, Mühlbach, Mauls, Mareit und Wiesen angetreten. Von den sonstigen Standschützenkompanien und Trachtengruppen, die im einzelnen nicht alle angeführt werden können, seien eine Spingeser Gruppe, die besonders starke Teilnahme aus Villanders, Gossensaß und Sterzing mit seinem strammen Jungschützenzug sowie die Jugend der Oberschule Brixen erwähnt.

Der Oberste Kommissar [Franz Hofer] wurde bei seinem Eintreffen an der Kreisgrenze in Kollmann von Kreisleiter [Josef] Hinteregger, Kreisschützenmeister Kahl, der Standschützenmusikkapelle Waidbruck-Kollmann und der Jugend des Ortes empfangen und von einigen Jungen mit einer frohgemuten, kernigen Ansprache begrüßt. Auf dem weiteren Wege brachte auch die Klausener Jugend einen Willkomm[ensgruß]. Dann ging die Fahrt weiter nach Brixen, dessen Häuserzeilen ebenso wie die einzelnen Bauernhäuser an der Straße und auf den Hängen Flaggenschmuck trugen, hinauf zum Schießstand, wo der Oberste Kommissar nach Entgegennahme der Meldungen die Ehrengäste, darunter besonders die Verwundeten, begrüßte. Darauf hieß Kreisleiter Hinteregger den Obersten Kommissar nochmals willkommen und brachte zum Ausdruck, daß die Kunde vom ersten Kreisschießen und von der Wiederbelebung der Brauchtumsarbeit überall mit großer Freude aufgenommen worden sei. Er dankte dem Obersten Kommissar, mit dessen Hilfe es möglich war, an diesem Platze eine Stätte des Wehrwillens zu schaffen, und vermittelte weiter den Dank des Kreises Brixen dafür, daß der Oberste Kommissar von seinem Krankenlager weg zur Eröffnung des Kreisschießens gekommen sei.

Darauf eingehend erklärte der Oberste Kommissar, der nun das Wort ergriff: ‚Ich mußte zu euch kommen, um mit Euch den Tag des heimatlichen Brauchtums und der Wehrhaftigkeit zu begehen, für die die Kreisschießen der sichtbare Ausdruck sind. Sie sollen Rechenschaftsberichte und Höhepunkte des Jahres sein. Sie sollen als kameradschaftlicher Wettbewerb der einzelnen Kreise stattfinden und gerade jetzt im fünften Kriegsjahre sollen sie über alle Grenzen das Bekenntnis der letzten Entschlossenheit darstellen.’ Unter großem Beifall erklärte dann der Oberste Kommissar: ‚Wir wollen und wir werden siegen und jeder soll wissen, daß der, der noch einmal die Hand gegen Deutschland erhebt, zertrümmert wird […].’

Nachdem der gewaltige Beifall, der diesen Worten folgte, abgeklungen war, wies der Oberste Kommissar darauf hin, daß in diesem Kampfe das Schicksal Europas mit dem Schicksal unserer eigenen Kinder entschieden werde. Es gebe nur Siegen oder Untergehen. Das Ende dieses Krieges bestimme das Schicksal aller Deutschen […].

‚Wir stehen einem Einbruch wie zur Zeit der Hunnen gegenüber, einem Einbruch von gigantischer Größe’, erklärte der Oberste Kommissar, ‚aber deutsche Soldaten kapitulieren nicht, und die Heimat wird diesmal nicht schwach werden. Das danken wir der Erziehung durch den Nationalsozialismus, das danken wir vor allem dem Umstande, daß der Führer an unserer Spitze steht, der nicht nur die Schlachten lenkt, der für jeden deutschen Stamm denkt und sorgt. Der größte Deutsche aller Zeitenwird immer zu Euch stehen, wie ihr zu ihm steht, unverrückbar wie die Berge Euerer Heimat! Ihn und seine Soldaten grüßen wir!’

Ein jubelndes Sieg-Heil brauste auf. Dann sangen alle gemeinsam die Lieder der Nation. Nach Schluß der Kundgebung begab sich der Oberste Kommissar auf den Schießstand, der in den letzten Wochen neu ausgestaltet worden ist und nun über zehn Weitstände und zehn Kleinkaliberstände verfügt, und eröffnete dort das Schießen. Sofort setzte regster Schießbetrieb ein, der bis zum Einbruch der Dunkelheit währte. Mehrere Standschützen-Musikkapellen gaben vor dem Schießstand Konzerte und ernteten reichen Beifall.

Gegen Mittag traten zahlreiche Mädel- und Jungmädel-Singgruppen des Kreises in ihren schönen Trachten zu einem Singwettstreit an, dem der Oberste Kommissar und viele hundert Menschen beiwohnten. Bei den Mädeln gewann die Singgruppe Brixen. Ihr folgte die Singgruppe Theiß. Bei den Jungmädeln waren die Mädel aus Villnöß an erster Stelle, an zweiter Stelle die Mädel von Feldthurns. Besonders anerkannt müssen auch noch die Mädel-Singgruppen von Pfeffersberg, Barbian und Verdings für ihre guten Leistungen werden.

Den Abschluß des ersten Schießtages bildete ein großer Eisacktaler Brauchtumsabend, der im überfüllten Saale des Hotels Exzelsior stattfand und einen überaus vorzüglichen Verlauf nahm. In bunter Folge wechselten Sing- und Volkstanzgruppen. Die Villanderer Standschützen-Musikkapelle ließ flotte Märsche und frohe Weisen erklingen. Es waren zwei Stunden des freudigen Bekenntnisses zu heimatlichem Lied und Spiel, zu Brauchtum und Ahnenerbe.“

Einleitend hatte der Berichterstatter im Bozner Tagblatt vom 16. Mai 1944, Seite 3, auf das Meraner Kreisschießen Bezug genommen und den Geist der Tiroler Freiheitskämpfe von 1809 beschworen:

„Nach der eindrucksvollen Kundgebung, zu der sich die feierliche Eröffnung des Kreisschießens in Meran gestaltet hatte und nach dem bisherigen großen Erfolg dieses Schießens selbst, über den abschließend noch zu berichten sein wird, haben in den beiden letzten Tagen die Eröffnungskundgebungen der Kreisschießen in Brixen und Bruneck bewiesen, daß der wehrhafte Geist und die absolute und zu allem entschlossene Siegesgewißheit der Burggräfler nicht allein steht, daß in der ganzen Provinz, in den Städten und Dörfern, in den Höfen im Tale und hoch oben auf den Bergen, in gleicher Weise der Geist von Anno Neun lebendig ist, ja daß das Kraftbewußtsein unserer Männer und Frauen, des Alters so gut wie der Jugend, heute unendlich größer ist als jemals zuvor, da die Menschen unserer Heimat das glückliche Bewußtsein in sich tragen, nicht allein zu stehen, sondern in der großen Gemeinschaft einer innerlich verschworenen Nation zu arbeiten, zu kämpfen und zuletzt gewiß zu siegen. In den Stunden, in denen drüben auf der Feindseite die Nervosität auf das Höchste gestiegen ist, herrscht bei uns die Ruhe der Entschlossenheit und des Willens, den Gegner, wo und woher er immer kommen möge, nicht nur zu schlagen, sondern zu vernichten. Das offenbarte sich aus dem Beifall, der dem Obersten Kommissar Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer am Samstag und Sonntag entgegenbrandete, als er zu den Volksgenossen von der Bedeutung der Stunde und von dem bevorstehenden Ringen um die große Entscheidung, von der Pflicht und Bereitschaft, diese Pflicht zu erfüllen, sprach, und dem Führer als Gruß das Treuegelöbnis unseres Stammes entbot.“

So wie in Brixen stand auch in Bruneck die Rede des Obersten Kommissars im Mittelpunkt der Eröffnungsveranstaltung. Neuerlich hob Franz Hofer dramatisch in seiner Rede hervor, dass es beim gegenwärtigen Kampf „um Sein und Nichtsein“ gehe. Das Kreisschießen biete dem Einzelnen „beim Anblick der Geschlossenheit der Gemeinschaft“ psychische Stärkung und die Zuversicht, „auch das unmöglich Scheinende zu schaffen“. Dies könne jedoch nur gelingen, „wenn wir wie ein Mann zusammenstünden“ (Bozner Tagblatt vom 16. Mai 1944, Seite 3).

Diese Schilderung vermittelt klar die nahezu allgemeine und engagierte Teilnahme der Volksgemeinschaft, die durch den bestens funktionierenden Propagandaapparat anscheinend jederzeit mobilisierbar war:

„Der Kreis Bruneck hatte sein Kreisschießen ebenfalls am [Samstag] 13. Mai [1944] eröffnet. Der große Tag für die Kreisstadt wurde aber der darauffolgende Sonntag, an dem von überall her die Standschützen zusammenströmten, um dem Obersten Kommissar einen festlichen Empfang zu bereiten und sich auch hier zu einer Kundgebung unerschütterlicher Gemeinschaft, Wehrbereitschaft und Kampfentschlossenheit zu finden. Der ebenfalls in heimatlichem Stil neu ausgestaltete und ausgebaute Kreisschießstand Bruneck besitzt wie jener in Brixen für alle Kleinkaliberstände die automatischen Scheiben nach dem System Spieth, die sich bei den Schützen überall großer Anerkennung erfreuen [….].

Am frühen Morgen des Tages hatten Pöllerschüsse und der Weckruf der Standschützenmusikkapelle Welsberg den Tag eingeleitet. Dann waren die Standschützenmusikkapellen, die Standschützenkompanien, die Trachten- und Brauchtumsgruppen sowie die Jugend in der Kreisstadt zum gemeinsamen Aufmarsch zum Kreisschießstand angetreten. Nun standen sie im großen Viereck aufgestellt. Auf der Ehrentribüne waren die Fahnen postiert, vorne die zwei ältesten des Kreises, jene von Innichen, die noch aus dem 17. Jahrhundert stammt, und die von Taufers aus dem Jahre 1703. Vor der Ehrentribüne hatte der Jungschützenzug Bruneck Aufstellung genommen, der nachher bei einer späteren Meldung seine exakten Gewehrgriffe sehen ließ. Neben allen Standschützenkompanien des Kreises standen die Standschützenmusikkapellen von Welsberg, Toblach, Welschellen, Cortina-Haiden, Sand in Taufers, Wengen, Innichen, Kiens und St. Lorenzen. Unter den zahlreichen Ehrengästen befanden sich, wie am Vortage in Brixen, eine größere Anzahl von Mitarbeitern des Obersten Kommissars, mehrere Kreisleiter, Major [Kurt von] Lüdecke an der Spitze der Abordnung der Großdeutschen Wehrmacht, der kommissarische Präfekt Dr. Tinzl, ferner der Kreisschützenmeister des Osttiroler Standschützenverbandes, Bürgermeister Winkler, Lienz.

Zum Empfang des Obersten Kommissars [Franz Hofer] an der Kreisgrenze in Overvintl hatten sich Kreisleiter [Robert] Bernardi mit einigen Mitarbeitern, die Jugend und die Standschützen von Obervintl eingefunden. Auch ein Bergbauer und seine Bäuerin waren gekommen, die auf eine vierzehnköpfige Kinderschar blicken können, von denen die zwei ältesten Söhne bei der Wehrmacht dienen. Beim Eintreffen des Obersten Kommissars auf dem Festplatz am Schießstand erstattete Kreisschützenmeister von Gröbner die Meldung. Eine Kindergruppe entbot den Gruß des Kreises. Anschließend gab der Kreisleiter dem Willen der Brunecker Ausdruck, in schicksalhafter Zeit ein Bekenntnis zu Brauchtum und Wehrhaftigkeit abzulegen und sich damit auch zur großen Volksgemeinschaft zu bekennen. Dem Obersten Kommissar gelobte er als Dank für seine oftmalige Hilfe treue Gefolgschaft.

Der Oberste Kommissar, der nun zu den Versammelten sprach, erklärte, daß er trotz verschiedener Widerwärtigkeiten, sowohl persönlicher, wegen seiner Erkrankung, als auch in seinem Amtsbereich zufolge des am Vortage erfolgten Luftangriffes auf Bozen, doch gekommen sei, um mit den Standschützen und den Volksgenossen des Kreises Bruneck gemeinsam den Willen zum Einsatz für Volk und Führer zum Ausdruck zu bringen […]. Und doch haben sich unsere Bergbauern in tausend Jahren niemals bezwingen lassen und seien durch Schicksalsschläge immer noch härter geworden. Das gleiche gelte für das gesamte deutsche Volk. Da es um Sein und Nichtsein gehe, müßten wir bereit sein, auch das unmöglich Scheinende zu schaffen. Dies können wir aber nur, wenn wir wie ein Mann zusammenstünden. So müsse auch der Kreis Bruneck als Zelle des großen Ganzen innerlich einig und geschlossen sein […].

Für den einzelnen könne das Kreisschießen nur die Möglichkeit sein, sein Kraftbewußtsein beim Anblick der Geschlossenheit der Gemeinschaft des Kreises zu stärken. Und so sei diese Veranstaltung ein Mittel, den Zusammenschluß der einzelnen Teile des Kreises noch enger zu gestalten, die in der Arbeit für den Sieg ihre einzige Aufgabe zu erblicken haben.

Mit beredten und eindrucksvollen, vom Beifall unterbrochenen Worten appellierte dann der Oberste Kommissar an die Männer und an die Jugend, der Wehrertüchtigung und der Brauchtumspflege ihre ganze Kraft zu widmen und sich damit selbst fest in der Gemeinschaft zu verankern […]. Diese Berge und ihr Bauernstamm seien ein Wall, über den niemand komme. Darum rufen wir voll Zuversicht: ‚Sie sollen kommen! Führer, auch hier kämpft ein deutscher Stamm für Dich und Deutschland!’

Nach dem Sieg-Heil auf den Führer und seine Wehrmacht sowie auf die Soldaten der Heimat begab sich der Oberste Kommissar zum Schießstand. Nachdem er dort das Schießen wieder persönlich eröffnet hatte, schoß er noch auf die Ehrenscheibe, die Rudolf Stolz [(1874 Bozen-1960 Moos)] gemalt hatte, Sie zeigt vor einer Landschaft der Kreisstadt Bruneck ein Paar in der Pustertaler Tracht, das einem feldgrauen Soldaten die Hände bietet. Vor dem Schießstand begrüßte dann der Oberste Kommissar noch die Standschützenmusikkapelle sowie die Standschützen und Jungschützen aus Mühlwald, die wegen einer Verkehrsbehinderung verspätet eingetroffen waren“ (Bozner Tagblatt vom 16. Mai 1944, Seite 3).

In einem weiteren Bericht vom Brunecker Kreisschießen im Bozner Tagblatt vom 26. Mai1944, Seite 5, wird die große Beteiligung am Schießen erwähnt – am „letzten Wochenende“ (Samstag/Sonntag 20./21. Mai) traten am Weitstand 363 und am Kleinkaliberstand 572 Schützen an, dazu wird mitgeteilt, dass die Standschützen-Musikkapelle von St. Lorenzen „viel Beifall für ihre flotten Märsche erntete“. Das Bozner Tagblatt vom 7. Juni 1944, Seite 3, informierte schließlich noch kurz über die letzten Tage des Brunecker Kreisschießens, die „im Zeichen besonders reger Beteiligung und einer Brauchtumskundgebung der Jugend am 29. Mai“ standen. Die Musikkapellen des Standschützenverbandes Bruneck, Sand in Taufers und Welsberg spielten „flotte Märsche und andere Stücke.“

Auch beim folgenden Kreisschießen in Schlanders benütze der Oberste Kommissar Franz Hofer die Veranstaltung für einen propagandistischen Auftritt, um die versammelte Volksgemeinschaft in ihrem „Glauben an die Zukunft Deutschlands“ zu bestärken. Die Kreisschießen seien „Ausdruck der Kraft und Entschlossenheit“ der Volksgemeinschaft. Jeder „Volksgenosse“ müsse „im alten Väterbrauch“, der mit dem Kreisschießen umfassend und idealtypisch vergegenwärtigt sei, „seine Verankerung im Schoße der Nation finden“. Es sei aber auch notwendig, dass in dieser schwierigen Kriegssituation jeder seiner Pflicht auf seinem Platz nachkomme. Der auf die Rede des Obersten Kommissars folgende „Vorbeimarsch“, der die Volksgemeinschaft mit allen wesentlichen Institutionen und Persönlichkeiten repräsentierte, wurde öffentlich Unterwürfigkeit und Gefolgschaftstreue versichert und „ein klares Bekenntnis zu Führer und Volk“ abgegeben. Ein Bericht im Bozner Tagblatt vom 31. Mai 1944, Seite 3, der zudem für die Leser im Gau Tirol-Vorarlberg im Tiroler Landboten erschien (2. Juni 1944, Seite 4, etwas gekürzt), schildert detailliert die Empfangs- und Huldigungszeremonie, die der Kreis Schlanders für den Obersten Kommissar Franz Hofer vollzog:

„Am 28. Mai wurde als viertes Kreisschießen dieses Jahres das Kreisschießen in Schlanders eröffnet, das schon am ersten Schußtag eine äußerst rege Beteiligung aufzuweisen hatte. Am zweiten Schußtag zeigten sich dann Schlanders selbst und der ganze Vintschgau in reichem Fahnenschmuck, und von allen Dörfern eilten die Standschützenmusikkapellen und Standschützenkompanien und mit ihnen die Jungschützen nach Schlanders, um dem Obersten Kommissar, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer, der an diesem Tage das Kreisschießen besuchte, einen würdigen und festlichen Empfang zu bereiten, durch den die Vintschgauer ihre Wehrbereitschaft und ihren Einsatzwillen bekunden wollten.

Der Oberste Kommissar wurde an der Kreisgrenze in Reschen vom Kreisleiter [Wilhelm] Wielander und einer Anzahl seiner Mitarbeiter empfangen. Den ersten musikalischen Gruß des Kreises überbrachte dem Obersten Kommissar die Standschützenmusikkapelle Burgeis. Nach dem Empfang in Reschen fuhr der Oberste Kommissar über Mals, wo kurz Station gemacht wurde, nach Schlanders, wo die Standschützenkompanien, die Standschützenmusikkapellen, die Jugend und eine große Zahl von Volksgenossen zum Empfang des Obersten Kommissars unterhalb des Kreisschießstandes in Köstenwald Aufstellung genommen hatten. Beim Krachen der Böller betrat der Oberste Kommissar den Festplatz und begab sich nach dem Abschreiten der Fronten zur Tribüne, auf der die Ehrengäste ihren Platz hatten, unter denen sich SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei [Josef] Albert, Oberst [Hans Wolfgang] v. Schleinitz, der kommissarische Präfekt von Bozen Dr. [Karl] Tinzl und andere befanden. An Musikkapellen waren ein Musikzug der Polizei sowie die Standschützenmusikkapellen von Schlanders, Latsch, Kastelbell, Glurns, Tschengels, Schulderns und Burgeis angetreten.

Kreisleiter Wielander begrüßte den Obersten Kommissar und sprach ihm den Dank für die vielfache Unterstützung, die der Kreis Schlanders durch ihn erfahren hatte, aus. Dann ergriff der Oberste Kommissar selbst das Wort und führte, oftmals von lautem Beifall unterbrochen, etwa folgendes aus:

‚Ich freue mich aufrichtig, daß ich heute zu ihnen kommen konnte, die sie in einem Lande, dem von der Natur alles gegeben wurde, als Nachkommen der deutschen Wehrbauern jederzeit das Banner ihres Volkstums hoch gehalten haben. Ich bin gekommen, um sie zu bitten, mir in entscheidender Zeit ihre ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und den Glauben an Führer und Reich in felsenfester Ueberzeugung hoch zu halten […]. Das Unterpfand für unseren Sieg ist der Führer, den uns die Vorsehung in der höchsten Not gesandt und geschenkt hat. In der Treue zu ihm müssen wir kämpfen und arbeiten und die Augen offen halten, damit keine Verräterhand uns Schaden zufügen kann.

Die Kreisschießen des Standschützenverbandes sollen nicht nur über die Arbeit und die Erfolge in der Schießsausbildung und in der Brauchtumspflege Rechenschaft geben, sondern sie sollen Ausdruck der Kraft und Entschlossenheit unserer Gemeinschaft sein und so dem einzelnen für seine Arbeit auf seinem Platze daheim neue Kraft geben. Jeder Volksgenosse muß im alten Väterbrauch seine Verankerung im Schoße der Nation finden und von Jahr zu Jahr stärker im Glauben an die Zukunft Deutschlands werden […].

Vor allem gilt es jetzt für die Bauern, das Letzte aus den Höfen herauszuholen, auch dann, wenn für die Arbeit vielerorts nur Frauen und Kinder da sind. Es darf kein Quadratmeter Boden unbenützt, kein Stück Vieh und kein Obstbaum ungewartet bleiben. Hoch gehalten muß aber neben all diesen Arbeiten die große Wehrtradition der Heimat bleiben, und die Jugend soll auf diesen Schießständen üben, damit wir der Wehrmacht mit jedem Rekruten schon einen richtigen Scharfschützen stellen können, der nicht von Waffenpflicht redet, sondern stolz auf sein Waffenrecht ist.’

Begeistert stimmte die Menge in den Gruß des Obersten Kommissars an den Führer ein, und dann hallten die Lieder der Nation über den Platz. Anschließend formierten sich dann die Standschützen und Formationen zu einem Vorbeimarsch, den der Oberste Kommissar auf dem Platze vor der Apotheke abnahm. Angeführt wurde der Vorbeimarsch von Kreisleiter Wielander, der die ausgerückten Einheiten meldete. In kurzen Abständen zogen die Abteilungen mit ihren Musikkapellen heran. Hinter der Polizeimusik und dem Kreisleiter marschierte Ritterkreuzträger Obergefreiter Pirhofer, begleitet von zwei Trägern der Goldenen Tapferkeitsmedaille. Dann kamen der Kreisstab, die Ortsgruppenleiter, Bürgermeister und Ortsbauernführer des Kreises, weiter stramme Jungschützen und wieder Standschützenmusikkapellen und Standschützenkompanien, darunter die Kompanie Schluderns mit ihrem hochbetagten Standschützenhauptmann des vorigen Weltkrieges, die Suldener Bergführer, kurz, die Mannschaft des ganzen Kreises war aufmarschiert, um ihre Einsatzbereitschaft zu bekunden und ein klares Bekenntnis zu Führer und Volk abzulegen.

Nach dem Vorbeimarsch begab sich der Oberste Kommissar auf den Schießstand, wo ihm bei seinem Eintritt von Kreisschützenmeister Ignaz Hofer die Zahl der bereits an die Stände getretenen Schützen gemeldet wurde. Anschließend gab der Oberste Kommissar selbst einige Schußserien ab, während der Schießbetrieb ohne Unterbrechung weiterging. Der Andrang, der auf dem Kreisschießstand den ganzen Tag über herrschte, läßt auch für das Kreisschießen Schlanders sehr hohe Beteiligungsziffern voraussagen.“

Über den „Brauchtumsabend“, der nach dem Vorbeimarsch stattfand und einen „Massenzustrom“ zu verzeichnet hatte, ist im Bozner Tagblatt vom 10. Juni 1944 auf Seite 9 notiert:

„Kreisleiter Wielander begrüßte mit herzlichen Worten die Ehrengäste und sämtliche erschienenen Volksgenossen und wies auf die große Bedeutung des Schützenwesens und der Brauchtumspflege hin. Die Schlanderer Standschützen-Musikkapelle zeigte unter der Stabführung von Stabszahlmeister Senkas wieder ihr vorzügliches Können. Brauchtumsgruppen von Jungen und Mädeln wechselten mit ihren Darbietungen ab. Besonderen Beifall ernteten zwei alte Tauferer, die zwei humorvolle Lieder zum Vortrag brachten. Dieser Brauchtumsabend hat gezeigt, wie reich unsere schöne Bergheimat an Liedern und Volksweisen ist und mit welcher Freude unsere Volksgenossen diese hören.“

Der weitgehend typisierte Verlauf des Eröffnungstages mit der feierlichen „Einholung“ des Obersten Kommissars an der Kreisgrenze durch den Kreisleiter, den programmatischen Ansprachen, den dominierenden folkloristischen Elementen mit den Standschützen, den in bunten Trachten gekleideten Musikkapellen, dem Singwettstreit der „Mädelschaft“, schließlich dem „Brauchtumsabend“, zu dem sich die ganze Volksgemeinschaft in atmosphärischer Identität traf, kennzeichnet auch das letzte Kreisschießen in der Provinz Bozen, in Salurn. In Anbetracht der Landung der Alliierten in der Normandie geht der Oberste Kommissar Franz Hofer aktuell auf die Lage ein, verniedlicht die Tatsache und verweist auf neue deutsche Waffen, die das Kriegsschicksal zum Guten wenden würden. Bestärkt wird seine Aussage im Gedenken an den Führer, der über das „Schicksal“ des deutschen Volkes „wacht“, so dass es „mit voller Ruhe und mit felsenfesten Vertrauen in die Zukunft schaffen und kämpfen kann“. Auch diese Darstellung im Bozner Tagblatt vom 20. Juni 1944, Seite 5, beginnt mit der üblichen ideologiegerechten Klassifizierung der Eröffnungszeremonie, die „für die Bevölkerung des Kreises zu einem großen Tag“ wurde, „an dem sie ein flammendes und begeistertes Bekenntnis zur großen Nation und zu ihrer kämpferischen Gemeinschaft ablegte“. Ausführlich wird die Szenerie geschildert:

„Von der Kreisgrenze Branzoll bis hinab zur Salurnerklause, die Jahrtausende lang germanisch-deutsches Schicksal erlebte, prangten die Häuser im leuchtenden Schmuck der Flaggen.

Auf dem Festplatz vor dem Schießstand hatten die Standschützenkompanien mit ihren Musikkapellen und die übrigen Formationen Aufstellung genommen. Das alte Schützenhaus, das später die Weitstände aufnehmen soll, hat einen Anbau erhalten, der dem gesamten Platz eine architektonische Geschlossenheit gibt […].

Standschützen-Musikkapelle auf Standschützen-Musikkapelle, Standschützenkompanie auf Standschützenkompanie marschierten an und verdichteten die Aufstellung. Dann kam die Jugend und zuletzt, mit lauten freudigen Zurufen und Beifall begrüßt, die Jungschützen-Musikkapelle und die Jungschützenkompanie Landeck, die den weitesten Weg von allen auswärtigen Gästen gehabt hatte. Sie nahmen neben den Jungschützen-Musikkapellen Salurn und Neumarkt Aufstellung. Alles harrte nun auf das Eintreffen des Obersten Kommissars, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer, der an der Kreisgrenze vom Kreisleiter Viktor Walch, Aldeiner Kindern, der Aldeiner Standschützen-Musikkapelle und Sängern aus Tramin empfangen wurde. Auf der Tribüne hatten die Fahnen der Schützenkompanien und die Ehrengäste, darunter Generalmajor der Polizei Albert und Oberst v. Schleinitz sowie die Mitarbeiterschaft des Obersten Kommissars Aufstellung genommen. Als der Oberste Kommissar mit dem Kreisleiter den Festplatz betrat, brachten ihm Fanfaren und Trommeln den Gruß dar. Nach der Meldung eröffnete Kreisleiter [Viktor] Walch die Kundgebung mit kurzen Dankesworten an den Obersten Kommissar, dessen ganze Vorsorge dem Standschützenwesen als der Schule der Wehrhaftigkeit und dem Väterbrauchtum gilt.

Anschließend ergriff der Oberste Kommissar selbst das Wort und führte, oft von Beifall unterbrochen, aus: ‚[…] Wir stehen mitten in historischen Tagen, in denen um die Zukunft Deutschlands und Europas gerungen wird. Nach jahrelangem Zaudern haben die Anglo-Amerikaner auf den Befehl Moskaus hin den Ansprung des Kontinents wagen müssen. Mit dem Beginn des Angriffes auf die Atlantikküste beginnt sich nun das Schicksal Europas zu formen […]. Die letzten Nachrichten vom Kampfgeschehen sind für das Salurner Kreisschießen wohl der schönste Auftakt, den es geben kann. Heute geht durch alle deutschen Gaue und Stämme ein befreiter Aufschrei und die Meldung, daß über England und London neue deutsche Waffen, schwerste Sprengkörper zum Einsatz kamen, kündet uns den Tag der Rache, der für die Verbrecher gekommen ist, die so lange die Terrorangriffe gegen wehrlose deutsche Volksgenossen und gegen die erhabenen Zeugen unserer Kultur und Geschichte befehlen, gut hießen und durchführten. Alles Unrecht, das man uns zugefügt hat’, erklärte der Oberste Kommissar unter stürmischem Beifall der Kundgebungsteilnehmer, ‚wird sich rächen! Das deutsche Volk aber erlebt nun wieder einmal, daß es mit voller Ruhe und mit felsenfesten Vertrauen in die Zukunft schaffen und kämpfen kann, denn über seinem Schicksal wacht der Führer […].

Mit allen Deutschen von der Maas bis an die Memel und von der Etsch bis an den Belt vereinigen sich unsere heißen Wünsche für den Führer und wir grüßen ihn hier von der Salurner Klause mit dem Gelöbnis, daß wir mit ihm arbeiten und kämpfen wollen und daß wir mit ihm siegen werden!’

Begeistert brausten das Sieg-Heil auf den Führer und die Lieder der Nation über den Platz. Dann begrüßte der Oberste Kommissar die einzelnen Einheiten und schritt dem Schießstandsgebäude zu, an dessen Pforte ihm Kreisschützenmeister Albin Pomella Meldung machte, Kinder ihm Blumen überreichten und ihm der Ehrentrunk geboten wurde. In herzlichster Weise begrüßte der Oberste Kommissar hier auch den ältesten Standschützenführer von Salurn, den Herrn und Landmann von Tirol, Felix v. An der Lan und begab sich dann zu den Ständen, wo er selbst das Kreisschießen eröffnete und auch gleich das Kreismeisterzeichen schoß.

Der Oberste Kommissar besuchte dann am Vormittag noch den Singwettstreit der Mädelschaft im Festsaal der Kreisleitung, der die großen Fortschritte in der Arbeit der Volkslied-Pflege offenbarte. Später besuchte der Oberste Kommissar auch den Kindergarten von Salurn und setzte sich über dessen Einrichtung ins Bild.

Während auf dem Schießstand den Tag über in ununterbrochener Folge die Stutzen knallten, spielten auf dem Festplatz die Standschützen-Musikkapellen von Auer, Tramin, Truden, Margreid, Algund, Kurtatsch, Aldein und Montan, sowie die Jungschützenkapelle von Salurn. Zwischenhinein sang und spielte die Jugend. Am Abend fand im Festsaale der Kreisleitung ein großer Brauchtumsabend statt, an dem die Standschützen-Musikkapellen von Auer und Tramin, sowie der Männerchor Kurtatsch, die Trudner Hausmusik, Unterlandler Tanzgruppen, der gemischte Chor Auer, Traminer Hausmusik, Montaner Buben, Kurtatscher Schuhplattler, die Aldeiner Bauernmusik, eine Mädelsinggruppe und der Männerchor Auer Anteil hatten.“

Details zum Salurner Kreisschießen bringt das Bozner Tagblatt vom 23. Juni 1944 auf Seite 3, über den Auftritt der „Mädelsingschar“ und des „gemischten Chors“ aus Brixen sowie der Standschützen-Musikkapelle aus Villanders:

„Sowohl unsere Mädelsingschar, als auch der gemischte Chor beteiligten sich in Tracht an der Eröffnung des Salurner Kreisschießens. Beide Gruppen fuhren bereits am Vortag nach Salurn und erregten schon am selben Abend großes Aufsehen durch ihren Gesang am Dorfplatz und im Gasthof zum Schwarzen Adler. Auf Wunsch des Obersten Kommissars trugen ihm die Singgruppen am Eröffnungstage in einem Raume des Schießstandes mehrere vierstimmige Original-Tirolerlieder vor. Der rege Beifall war den Sängern der schönste Dank für ihre Mühe.“

„Unsere Trachten-Musikkapelle [Villanders] war vom Kreisleiter ausersehen worden, an der Eröffnung des Salurner Kreisschießens teilzunehmen. Bereits am Vortage zog sie spielend in Salurn ein und überraschte die Dorfbewohner durch ein kleines Standkonzert am Dorfplatz. – Am Sonntag, den 18. Juni, gab die Kapelle am Villanderer Dorfplatz nach längerer Zeit wieder ein Konzert, an dem sich alt und jung erfreute. – Im ganzen mittleren und oberen Eisacktal dürfte es kein Dorf geben, in dem die Volkstracht noch so lebendig ist wie bei uns. Dabei erregen besonders die Mädel und Frauen in ihren herrlichen Eisacktaler Trachten weit und breit großes Aufsehen, wobei zu bemerken ist, dass die Tracht bei uns keine Einzelerscheinung ist, sondern von jung und alt mit berechtigtem Bauernstolz getragen wird. Wir wünschen baldigst die Zeit herbei, wo wieder jedermann seine Heimattracht trägt, wie es wenigstens in unserem Dorfe bis vor 50 oder 60 Jahren noch der Fall war und niemand ein anderes Kleid hatte als seine schmucke Villanderer Tracht.“

Am 28. Juni 1944 erschien im Bozner Tagblatt auf Seite 5 ein Abschlussbericht, aus dem unter anderem hervorgeht, dass beim Salurner Kreisschießen insgesamt 2.485 Schützen teilgenommen hatten. „Aber nicht nur die Zahl der angetretenen aktiven Schützen soll allein gewertet werden, obwohl sie sich stolz sehen lassen kann. Das begeisterte Mitgehen der Bevölkerung von Salurn, die die Veranstaltung als Sache ihrer Gemeinschaft trug und die ebenso lebendige Anteilnahme der übrigen Dorfgemeinschaften des Kreises wurde[n] nicht nur am Tage der Eröffnung, sondern an allen folgenden Schußtagen offenbar. Immer wieder kamen aus den Orten des Kreises die Standschützenmusikkapellen und spielten unter der mächtigen Linde vor dem Kreisschießstand den Schützen und den sonstigen Besuchern dieses großen Gemeinschaftsfestes auf […].

Erwin Pomella, der unter der Nr. 101 unter den Schützen genannt wurde, die das Salurner Kreismeisterzeichen herausschossen, ist Jungschütze und erst neun Jahre alt […].“

Das Programm der Kreisschießen sah vor, den einzelnen Ortsgruppen gewisse Tage für das Schießen zu reservieren. Der 19. Juni 1944 zum Beispiel war Schusstag für die Ortsgruppe Margreid. Um einen standesgemäßen Auftritt zu garantieren, hatte Ortsgruppenleiter Franz Stefferin, „mit kaum vierzehntägiger Ausbildung die neuerstandene Standschützen-Musikkapelle“ formiert, die „in ihrer flotten Unterländer Tracht“ bereits am Tag der Eröffnung des Kreisschießens die zahlreichen Gäste aus Margreid klingend zum Festplatz führte. Am Schusstag selbst marschierten alle Teilnehmer mit der Standschützenmusikkapelle an der Spitze durch die Straßen von Salurn und begaben sich darauf zum Schießstand, wo die Musikkapelle dann während des Schießens „ihre schönsten Weisen“ spielte (Bozner Tagblatt vom 8. Juli 1944, Seite 8).

Die Ortsgruppe Kiens hielt als erste im Kreis Bruneck ein eigenes Ortsschießen ab. Intentional waren die Ortsschießen lediglich kleinere Ausformungen der Kreisschießen. Auch Ortsschießen dienten hauptsächlich der Propaganda, in öffentlicher Zurschaustellung von Wehrwillen und Gefolgsgemeinschaft sowie im Auftritt des jeweiligen Kreisleiters, der die Anwesenden eindringlich daran erinnerte, persönlich in jedem ihrer Wirkungsbereiche alles zu tun, um den „Endsieg“ zu ermöglichen. „Die Beteiligung war sehr zahlreich und die Begeisterung groß“, steht im Bozner Tagblatt vom 16. Juni 1944 auf Seite 5. Ferner wird aus Kiens mitgeteilt: „Die Standschützenkompanie rückte in Tracht aus und die Standschützenmusikkapelle, die ebenfalls in Tracht erschien, spielte den ganzen Tag über frohe Märsche und heitere Weisen, die zur Hebung der Stimmung wesentlich beitrugen. Kreisleiter Robert Bernardi eröffnete mit einer kurzen Ansprache das Schießen. Er betonte in seinen Ausführungen die Wehrkraft unseres Volkes, die Bedeutung der Wehrertüchtigung, die aus den Kreis- und Ortsschießen erwachse und in der Pflege des Standschützenwesens begründet ist. Der Kreisleiter erwähnte, daß sich das Standschützenwesen besonders auch der Pflege unseres alten Brauchtums annehme. In eindrucksvollen Worten hob er die Pflicht jedes Volksgenossen hervor, in diesen Tagen und den kommenden Wochen und Monaten alles für den Endsieg der deutschen Waffen, die für Deutschlands Zukunft, aber auch für die Rettung Europas kämpfen, einzusetzen. Heimat und Front seien in diesen schweren, entscheidungsreichen Tagen ein einziger fester Block.“

Bald folgte am 29. Juni 1944 auf dem Kreisschießstand des Standschützenverbandes der Provinz Bozen das erste Ortsübungsschießen von Bruneck. Die Brunecker Standschützen in Tracht marschierten mit ihrer Musikkapelle zum Schießstand, wo der Ortsschützenmeister die angetretenen Schützen an den Ortsgruppenleiter Ernst Lüftner meldete, der die Schützen in einer Ansprache an die „Pflicht der Wehrertüchtigung und der Brauchtumspflege gemahnte“. Das Bozner Tagblatt vom 4. Juli 1944, Seite 3, fährt fort: Die Rede des Ortsgruppenleiters „klang im Ausdruck der Siegesgewissheit aus. Hierauf wurde das Schießen eröffnet, das den ganzen Tag über anhielt. Es herrschte lebhaftes Treiben. Die Standschützenmusikkapelle von Bruneck spielte dazu flotte Märsche und fröhliche Weisen“.

Anlässlich der Eröffnung des umgebauten Ortsschießstandes fand Ende August in Steinhaus das erste Ortsschießen des Ahrntales statt. Die musikalische Umrahmung besorgte die Standschützenmusikkapelle Bruneck, wohl weil im hinteren Ahrntal selbst noch keine spielfähige Musikkapelle verfügbar gewesen sein dürfte. Im Bozner Tagblatt vom 29. August 1944 ist auf Seite 5 zu lesen:

„Kürzlich fand in Steinhaus die Eröffnung des umgebauten Ortsschießstandes statt. Um 8 Uhr früh krachten die Böller, und sofort setzte auf den sechs Ständen des Schießstandes reger Schießbetrieb ein. Das äussere Ahrntal und Steinhaus prangten in reichem Flaggenschmuck. Vor dem Schießstand waren die Arbeitsringmitglieder, die Standschützen des ganzen Ahrntales, eine Abordnung der Standschützen von Sand i. Taufers, die Standschützen-Musikkapelle von Bruneck sowie die Jugend angetreten. Ortsschützenmeister Karl Leimegger erstattete Kreisleiter Bernardi Meldung. Nach einem Marsch, gespielt von der Brunecker Standschützen-Musikkapelle, gedachte Kam[erad] Peskoller der Opfer des feindlichen Bombenterrors. Das Lied vom Guten Kameraden [„Ich hatt’ einen Kameraden“, Text: Ludwig Uhland, 1809, Melodie: Friedrich Silcher, 1825] klang auf. Kreisleiter Bernardi ergriff sodann das Wort und führte unter anderem aus, daß diese Kundgebung zur Eröffnung des Ortsschießstandes ein Ausdruck unserer Wehrhaftigkeit nach altem Tirolerbrauch sei. Mit dem Gruß an den Führer und den Liedern der Nation fand die Kundgebung ihren Abschluss. Mit klingendem Spiel marschierten Standschützen und die Jugend vor dem Kreisleiter vorbei.“

Im nicht weit von Steinhaus entfernten Mühlwald konnte im Rahmen eines Ortsschießens der Standschützen auch eine funktionsfähige Musikkapelle mitwirken, die zum Heldengedenken wie üblich das „Lied vom Guten Kameraden“ spielte. Außer den Schützen und ihrer Musikkapelle präsentierten sich die „Mädelschaft und Pimpfe“ von Sand in Taufers, sie „erfreuten die vielen Volksgenossen mit Volkstänzen und Heimatliedern“. Neben den Standschützen von Mühlwald nahmen zahlreiche Schützen von Sand und vom Ahrntal teil, damit herrschte am Schießstand reger Betrieb. Kreisleiter Viktor Bernardi hatte das Schießen mit einer Ansprache zum Thema Tiroler Schützenwesen eröffnet (Bozner Tagblatt vom 31. August 1944, Seite 5).


Heimatbühnen

Die Laienspielgruppen waren Teil des Standschützenverbandes der Provinz Bozen, somit erhielten sie von offizieller Stelle bevorzugte Förderung. Im Laienspiel, das vielerorts eine lange Tradition aufwies (vgl. das Bozner Tagblatt vom 25. März 1944, Seite 3: „vor Beginn des ersten Weltkrieges hatte jede Stadt und fast jedes größere Dorf sein Theater und seine Musikkapelle“), die allerdings durch die Repressalien der Faschistenzeit unterbrochen worden war, sah man nunmehr in der Deutschen Volksgruppe nicht nur einen demonstrativen Akt neu gewonnener Freiheit, sondern auch ein probates Mittel, sozialpsychologisch wirksam die Menschen in der schweren Zeit des Krieges mit meist heiteren Volksstücken wenigstens kurzfristig von Sorgen und Nöten abzulenken. In zahlreichen Ortsgruppen entstanden nun mit dem konsequenten, vom Obersten Kommissar Franz Hofer und seinen Vertrauten forcierten Aufbau des Standschützenverbandes außer Schützenkompanien und Musikkapellen auch Laienspielgruppen. Die jeweiligen Verantwortlichen für Propaganda in den Ortsgruppen vermittelten die entsprechenden Nachrichten über Neugründungen oder Produktionen an die Redaktion des Bozner Tagblatts.

In der Ausgabe vom 17. Jänner 1944 findet sich auf Seite 3 die Kundgabe der Eröffnung der Heimatbühne Sterzing: „Am Sonntag, dem 9. Jänner, wurde hier im Lichtspielhaus zum ersten Male eine Vorführung der Heimatbühne gegeben. Zur Aufführung gelangte der Bauernschwank: Alles in Ordnung. Der große Saal war [am] Nachmittag und am Abend bis auf das letzte Plätzchen voll und somit das Interesse an dem heimischen Laienspiel bekundet.“ Auf dieses Stück folgte im Februar der dreiaktige Schwank Die Junggesellensteuer, den die Spielgruppe Wiesen zur Aufführung brachte, wiederum im Lichtspielsaal Sterzing. Das Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3, bescheinigt der Darbietung besten Erfolg: „Das Spiel fand allgemein Beifall, denn es war sehr gut wiedergegeben. Die Rollen waren bis ins kleinste gut besetzt.“

Mit dem ländlichen Volksstück Der Gmoalump war die Laienspielgruppe der Ortsgruppe Welsberg bereits Anfang Februar 1944 erstmals vor ihr Publikum getreten. Dieses hatte sich von der gelungenen Aufführung so begeistert gezeigt, dass das Stück viermal wiederholt werden musste. „Zur Verschönerung dieser Abende trug auch die Mitwirkung des Welsberger-Streichorchesters unter der Leitung des Herrn Pichler wesentlich bei“ (Bozner Tagblatt vom 5. Februar 1944, Seite 2). Die Leitung der Spielschar hatte „Kamerad Schenk“, der dann für April 1944 die vieraktige Posse mit Gesang In der Sommerfrischn’n einstudierte. Über die Theaterabende schreibt das Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 6: „Die Darbietungen waren sehr gut besucht, so daß das Stück allgemeinen Beifall fand. Das Streichorchester Pichler wirkte ebenfalls wieder mit.“ Die Heimatbühne Welsberg spielte im Gasthof Löwen, ihre Vorstellungen wurden auch von „Volksgenossen aus Taisten“ besucht (Bozner Tagblatt vom 17. April 1944, Seite 3).

Bei der Theateraufführung der Laienspielgruppe in Lüsen mit dem von „Kameraden der Jugend“ gegebenen Lustspiel Der Reisebund beteiligte sich auch die Standschützen-Musikkapelle, sie spielte in den Theaterpausen auf. Zur Gründung der Musikkapelle Lüsen steht im Bozner Tagblatt vom 25. Februar 1944, Seite 3:

„Der äußerst rührigen Tätigkeit unseres Kapellmeisters Johann Hinteregger, Zallner, ist es gelungen, in unserem Dorf eine Standschützenkapelle zu errichten. Durch Heranziehung und Heranbildung von jungem Nachwuchs ist auch ihr Weiterbestand sichergestellt worden. Außerdem ist es dem Kapellmeister auch gelungen, für seine Kapelle die Lüsnertracht zu beschaffen, welche Leistung umsomehr anerkannt werden muß, da sie bisher nie eine Tracht besaß.“

Die Reisebund-Aufführung in Lüsen „löste bei alt und jung größte Heiterkeit aus“. Im Anschluss traf sich die Gemeinschaft von Theaterspielern, Musikkapelle und Publikum beim Oberwirt zu einem „Dorfgemeinschaftsabend“, damit fand die identifikationsstiftende Intention des Standschützenverbandes einmal mehr ihre Verwirklichung. Auch bei Aufführungen der Heimatbühne Toblach, die sich nach „langer Pause“ wieder mit zwei heiteren Stücken Der Taufgöd in Nöten und Die Brautwerbung unter der Leitung von Johann Rienzer der Öffentlichkeit präsentierte, war die Standschützenmusikkapelle beteiligt (Bozner Tagblatt vom 31. Juli 1944, Seite 3). Im Programm der Toblacher Heimatbühne findet sich zudem das Volksstück Der Himmelhof: „Die gutgelungene Aufführung, in der sich in den Hauptrollen Frau Jennewein, Fräulein Rosa Jesacher und Midi Steger, sowie die Herren Rienzer und Walder besonders auszeichneten, erfreute sich eines Massenbesuches und wurde mehrfach wiederholt“ (Bozner Tagblatt vom 2. Oktober 1944, Seite 3).

Als besonders agil erwies sich die Laienspielgruppe von Lana. Im Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944 wird auf Seite 3 berichtet, dass die „erst kürzlich gegründete Heimatbühne von Lana“ mit dem eben aufgeführten Lustspiel schon die dritte Neuproduktion vorgestellt habe. Einer Notiz im Bozner Tagblatt vom 26. Februar 1944, Seite 3, ist der Titel des Lustspiels zu entnehmen: Seppl als Häuserin, dazu der Kommentar: „Das fröhliche Stück wurde sehr gut wiedergegeben […]. Der Vereinssaal war jedes Mal voll besetzt.“ Auf vielfachen Wunsch aus den Nachbardörfern spielte die Heimatbühne von Lana ihr Erfolgsstück am 5. März in einer Nachmittagsvorstellung, „um den Leuten aus der Umgebung den Theaterbesuch zu ermöglichen“ (Bozner Tagblatt vom 2. März 1944, Seite 3). Schließlich folgte noch ein Gastspiel in Prissian, wo dieses lustige Stück mit großer Freude erwartet wurde: „Auch von hier waren viele Leute hingegangen, um das Stück zu sehen, sodaß unser Dörfl nachmittags fast wie ausgestorben schien“ (Bozner Tagblatt vom 17. April 1944, Seite 3).

Manchmal genügte eine Bauernstube als Bühne, zum Beispiel in Radein, wo die Laienspielgruppe in der „großen Bauernstube des Wastlhofes“ das Stück Der schlaue Michl und die falsche Babl zeigte. Über die Reaktion des Publikums wird mitgeteilt: „Die zahlreich erschienenen Leite waren von den Vorführungen sehr befriedigt und erfreuten sich einige Stunden eines gemütlichen Zusammenseins“ (Bozner Tagblatt vom 2. März 1944, Seite 3).

Für soziale Aktionen wurde das Laienspiel ebenso eingesetzt. Die Sarner Heimatbühne spielte anlässlich des Opfersonntags im Saal des Schulhauses zwei Volksstücke, Die Brautwerbung und Der Hausfrauenverein. „Beide Stücke ernteten bei jedes Mal vollbesetztem Hause reichlichen Beifall. Die Spieler haben sich diese Ehrung auch vollauf verdient“ (Bozner Tagblatt vom 9. März 1944, Seite 3). Die Einnahmen kamen dem Volkshilfswerk zugute. Auch beim nächsten Stück der Sarner Heimatbühne, „unter der tüchtigen Leitung des Kameraden Josef Lobis“, kam der Erlös dem Volkshilfswerk zu. In einer Nachmittags- und einer Abendvorstellung wurde der lustige Schwank Die Brautwerbung gegeben (Bozner Tagblatt vom 13. März 1944, Seite 3). Für den gleichen sozialen Zweck folgte im April eine Aufführung der Junggesellensteuer. Da wegen des großen Andrangs viele Besucher keinen Platz mehr fanden, wiederholte man das Stück eine Woche später (Bozner Tagblatt vom 14. April 1944, Seite 3). Die junge Spielgruppe der Heimatbühne von Laas stellte ihren Auftritt mit dem Schwank Das Lotterielos ebenso in den Dienst des Volkshilfswerks (Bozner Tagblatt vom 22. April 1944, Seite 5), in gleicher Weise Laienspieler in Matsch: „Vor kurzer Zeit hat sich hier spielfrohe Jugend zusammengefunden und hat das Stück Der Findling in der Teufelsschlucht zur größten Freude der Bevölkerung zur Aufführung gebracht. Aus dem Erlös konnten 400 Lire dem VHW. übergeben werden“ (Bozner Tagblatt vom 27. März 1944, Seite 3).

Die Begeisterung der wohl kaum vergnügungsverwöhnten Südtiroler Dorfbewohner über die Gründung einer Heimatbühne spiegelt sich im Bozner Tagblatt vom 27. April 1944, Seite 3, wider: „Zur großen Freude der Rasner konnte nun auch in Niederrasen eine Heimatbühne eröffnet werden. Als erstes Spiel gelangte ein Volksstück zur Aufführung. Zu den Vorführungen strömten viele Leute aus den Nachbardörfern. Besonders die Abendvorstellungen waren immer bis auf den letzten Platz besetzt. Die Spieler ernteten für ihr sehr gut geführtes Spiel von Groß und Klein reichen Beifall, und das möge sie anspornen, den Leuten bald wieder eine Freude zu machen und ein wenig Abwechslung in den Alltag zu bringen. Das Spiel dauerte zwei Stunden, in den Zwischenzeiten bekamen die Zuschauer schöne Musik zu hören.“

Auch nach Toblach kamen zu Aufführungen der Heimatbühne Gäste aus den Nachbardörfern, „um sich einigen Stunden Frohsinns zu erfreuen“ (Bozner Tagblatt vom 11. März 1944, Seite 2). Gegeben wurde das ländliche Stück Der siebte Bua, womit die eben erst gegründete Laienbühne Toblach ihren ersten Auftritt absolvierte. Bereits zum vierten Mal hingegen trat die „neuerstandene Heimatbühne“ in Antholz unter der Leitung des Tischlermeisters Peter Oberstolz mit dem Volksstück Die Wilderer an die Öffentlichkeit. „Der Theatersaal war bis zum letzten Platz mit Zuschauern gefüllt.“ Großer Publikumsandrang belohnte die Leistungen der „jungen Spielgruppe der Heimatbühne“ in Villnöß, die unter der engagierten Leitung von „Kamerad Franz Michaeler“ die ländliche Posse Heiratsnärrisch Volk zum Besten gab. Das sehr erfolgreiche Stück wurde eine Woche später wieder gegeben (Bozner Tagblatt vom 28. April 1944, Seite 3), und noch eine weitere Wiederholung wurde „auf vielseitiges Verlangen“ des Publikums notwendig (Bozner Tagblatt vom 10. Juni 1944, Seite 9).

Im Sommer 1944 führte „die junge Spielgruppe der Heimatbühne Teis des Standschützenverbandes“ auf Einladung der Heimatbühne Villnöß das lustige Volksstück Die Junggesellensteuer auf. Darüber berichtet das Bozner Tagblatt vom 22. Juli 1944, Seite 9: „Spielleiter Alois Stadler verstand es, die Rollen so zu verteilen, daß die Aufführung von einem vorzüglichen Erfolg gekrönt war. Der vollbesetzte Saal dankte der freudigen Spielschar mit anhaltendem Beifall.“

In der Kreisstadt Brixen wurde es „von allen Seiten lebhaft begrüßt“, dass die Heimatbühne „nach einer längeren Pause unter der Leitung des Kameraden Max Kerer wieder in Tätigkeit tritt“ (Bozner Tagblatt vom 7. April 1944, Seite 3). Als Premiere am Ostermontag im Theatersaal der Jugend war das Volksstück in vier Akten Der Bergschreck angesetzt. Im Bozner Tagblatt vom 14. April 1944, Seite 3, erschien folgende Besprechung:

„Es ist jetzt ein Jahr vergangen, seit unsere Heimatbühne zum letzten Male aufgetreten ist. Verschiedene Umstände verzögerten ihre Tätigkeit immer wieder. Nun ging am Montag im neu renovierten Saale der Jugendherberge als erste Aufführung das Volkstück Der Bergschreck über die Bretter. Dem Leiter der Spielschar, Kam[erad] Max Kerer, gebührt volles Lob für sein unermüdliches Wirken, wie auch alle Mitspieler für ihre erfolgreichen Bemühungen ganze Anerkennung verdienen. – Den reichen Bauern Greininger gab Max Kerer selbst in seiner eifersüchtigen, jähzornigen Art echt wieder, währenddem Rosl Ueberbacher erstklassig die Rolle seines Weibes Anna meisterte. Der Wirt Flinzerl und dessen Frau Urschel fanden in den Spielern Franz Auer und Mathilde Geckler ihre Meister, während Alois Rastner in seiner urwüchsigen Form als Komiker den Wirtssohn Bertel zum größten Hallo des Publikums wiedergab. Spannend wirkten die Szenen des Liebespaares, des Jagersepp Hans Ferstl und einer zuerst sehr schnippigen, dann immer weicher werdenden Stasi, welche Rolle Traudl Huber glänzend spielte. Als armer Pantoffelheld, der sich aber langsam die Hosen erobert, wirkte Felix Balzarek, wogegen sein anfangs zorniges Weib, die Rodlbäuerin, in der Person der Peppi Profanter großartig wiedergegeben wurde. Die Gebrüder Peppi und Toni Kerer, sowie Hella Mitterrutzner wirkten in ihren Nebenrollen als Fleckschuster [!], Dorfbader und der Kellnerin drollig mit. Mit einer seltenen Hingabe belebten sämtliche Mitwirkende die Gestalten dieses volkstümlichen Stückes. Die Zwischenpausen wurden mit netten Volksliedern und Ghitarrebegleitung [!] von Traudl Huber und Lydia Durchner ausgefüllt. – Ein volles Haus bei der ersten Vorstellung, der 3 weitere folgen werden, dankte den Darstellern für ihre Spielfreudigkeit und Hingabe trotz sonstiger vielseitiger Beschäftigung.“

In der Kreisstadt Bruneck wurde das Theaterleben ebenfalls wieder aktiviert, wie aus einem Beitrag im Bozner Tagblatt vom 22. Mai 1944, Seite 4, hervorgeht:

„Die Pustertaler sind seit alters her ein theaterfreudiges Völklein. Schon im Mittelalter erlangten die Laienspiele von Bruneck eine gewisse Berühmtheit, und späterhin gelangten die Darstellungen der zahlreichen Dorfbühnen zu großer Beliebtheit und zu Anerkennung, auch über die enge Gemarkung des Heimatdorfes hinaus. In Bruneck selbst bestanden noch kurze Zeit nach dem ersten Weltkrieg zwei Laienbühnen, von denen sich besonders eine auch an ernsthafte darstellerische Aufgaben wagte. Im Rahmen der Brauchtumsarbeit des Standschützenverbandes wird nun die alte Tradition wieder aufgenommen. Auf einer behelfsmäßigen Bühne kamen bereits wieder Stücke zur Aufführung, die trotz aller Beengtheit des Raumes infolge des begeisterten Einsatzes der Schauspieler eine dankbare Zuhörerschaft fanden. Nunmehr ist es dem Spielleiter der Laienbühne, Kameraden Toni Mariner, gelungen, nach Ueberwindung von mancherlei Hindernissen im Heim der Jugend eine Bühne zu erstellen, die doch schon eine gewisse Entfaltungsmöglichkeit bietet. Diese Bühne wird sicherlich noch ausgestaltet werden. Jedenfalls konnte Kamerad Mariner anläßlich der Eröffnung des ersten Brunecker Kreisschießens auch die Reihe der Aufführungen auf der neuen Bühne eröffnen. Zur Eröffnung wurde das Volksstück Wer andern eine Grube gräbt … von Maly und Peychär gegeben, das in klarer Weise die Schollenverbundenheit des Bauern versinnbildlicht, der für den von den Vätern ererbten Hof auch schmerzliche Opfer zu bringen gewillt ist. Andererseits kommt in der Handlung des Stückes zum Ausdruck, daß das Glück auf die Dauer nicht mit einem Menschen ist, der sich einen Bauernhof nur aus Gewinnsucht aneignet. Spielleiter Toni Mariner machte sich als Darsteller des Polizeidieners Wiehrler verdient, durchaus glaubhaft war Martha Harpf in der Rolle der Bruggerin, während Karl Steiner den ränkeschmiedenden Maurermeister Dandler überzeugend gab. Mit einer schönen Leistung wartete Luis Kuenzer auf. Die Stalldirne Maridl wurde von Hadwiga Webhofer mit feinem Empfinden dargestellt. Berta Franzelin nahm sich mit viel Temperament der Rolle der Tochter des Mauerermeisters an, und Luis Gozzi spielte gewandt und sicher den Fremden, der zum guten Schicksal wird. Die beiden Vorstellungen am 13. und 14. Mai waren gut besucht und die Darsteller konnten ebenso wie die Musikanten, die in den Pausen spielten, reichen Beifall ernten. Das Stück wurde am 20. und 21 d[iese]s [Monats Mai] wiederholt.“

Die emotionsgeladene Heimatidylle Wer andern eine Grube gräbt entsprach genau den ideologischen Erwartungen. Daher war sie ein idealer Programmpunkt im Rahmen des Kreisschießens Bruneck und stieß auf so großes Interesse, dass sie „auf vielseitig geäußerten Wunsch“ weitere Reprisen erlebte (Bozner Tagblatt vom 8. Juni 1944, Seite 5). „Beide Vorstellungen konnten vor vollbesetztem Hause gegeben werden. Der Beifall, oft bei offener Szene, war sehr groß“ (Bozner Tagblatt vom 15. Juni 1944, Seite 4).

Im September 1944 erfüllte die Volksbühne Bruneck verstärkt ihren ideologiegerechten Auftrag:

„Die alte nordische Dichtung Gudrun erlebte in der Bearbeitung von M. K. Krug durch die wackere Brunecker Laienspielschar im Heim der Jugend eine ausgezeichnete Darstellung. Die Titelrolle lag bei Hadwiga Webhofer in besten Händen. Als Gegenstück zu dem edlen Magdtum und der trotzigen Treue dieser Grudrun formte Frau Christl Nikolussi-Leck eine normannische Fürstin, deren Grausamkeit und Lieblosigkeit gegen die nordische Treue stand. Neben diesen Prachtleistungen darf auch das Spiel der Darstellerinnen der Frauen Grudrun’s, sowie des Normannen-Königs keinesfalls unerwähnt bleiben. Für die zahlreichen Zuschauer war die Aufführung ein Erlebnis, für das sie der Spielschar mit reichem Beifall dankten“ (Bozner Tagblatt vom 5. September 1944, Seite 8).

Mit der folgenden Premiere des Schwanks Der Hunderter im Westentaschl von Max Neal und Max Ferner im Oktober 1944 wandte sich die Brunecker Heimatbühne wiederum ihrem üblichen Genre zu: „Die Handlung gibt in humorvollen Szenen Einblick in das Leben eines biederen Schneidermeisters, der mit seinem Lehrbuben auch im harten Lebenskampf entschlossen und mutig die Beschwernisse auf sich nimmt und sich glücklich durchringt. Die Rollen lagen teils in altbewährten Laienspielerhänden, teils wurden sie vom neuen Nachwuchs erfolgreich getragen. Lebhafter Beifall belohnte die Spieler für ihre Mühe. Der bestens bewährte Regisseur der Spielschar, Toni Mariner, kündete an, daß nun die Laienspielschar öfters an die Oeffentlichkeit treten werde. Das Spiel wird am kommenden Sonnabend um 19.30 Uhr und am Sonntag um 16 Uhr wiederholt werden“ (Bozner Tagblatt vom 21. Oktober 1944, Seite 7).

Im November 1944 gab die Brunecker Heimatbühne ein Gastspiel in Innichen. Das Bozner Tagblatt vom 6. November 1944, Seite 3, geht darauf ein und verweist auch auf die wichtige sozial-kommunikative Funktion der Laienbühnen:

„Beide Vorführungen, die vor einigen Tagen von der Heimatbühne Bruneck im Innichener Theater durchgeführt wurden, hatten ein volles Haus. Ein Zeichen dafür, wie dankbar jeder Volksgenosse für gelegentlich gebotene Entspannung ist. Der Zweck der Heimatbühne ist es ja, diese sicher notwendige Entspannung vor der durch den Krieg bedingten schweren Arbeit zu verschaffen. Da die großen Theater ihre Tore im Rahmen des totalen Kriegseinsatzes schließen mußten, setzen die Laienspieler ein, die diese Betreuungsarbeit zu ihrer sonstigen Tagesarbeit mit übernehmen. Die Kameraden und Kameradinnen der Brunecker Heimatbühne hatten in Innichen Gelegenheit, ihr bereits bekanntes gutes Können einem dankbaren Publikum vorzuführen. Unter der Spielleitung von Toni Mariner führten sie den Schwank Der Hunderter im Westentaschl von Neal und Ferner vorzüglich auf. Toni Mariner spielte wieder mit überlegener Sicherheit und trefflichem Humor die Rolle des Schneiders Gaißreiter. Die beiden Frauenrollen spielten trefflich Hertha Gremes und Anny Sapelzer. Karl Steiner gab den Großbauer in überzeugender Weise. Sein Sohn Andreas wurde von Luis Kuenzner ebenfalls treffend dargestellt. Paulus Fallhuber wurde im Spiel von Richard Sanin dargestellt. Den Girgl spielte Pepi Peskolderung in bekannt vorzüglicher Art.“

Die Heimatbühne Auer spielte ebenfalls dieses offensichtlich sehr beliebte Stück: „Unsere Laienspielbühne führte nun zum drittenmal das schöne Volksstück Der Hunderter im Westentaschl auf. Wenn man bedenkt, daß die Spieler außer ihrer harten Arbeit noch in vielen ehrenamtlichen Stellen beschäftigt sind, so muß man staunen, daß es möglich war, das Stück so gut wiederzugeben. Dem Leiter sowie den Mitwirkenden gebührt aufrichtige Anerkennung“ (Bozner Tagblatt vom 17. Juli 1944, Seite 3). Das Erfolgsstück von Neal und Ferner hatte nicht zuletzt die Heimatbühne Kastelruth in ihrem Programm: „Auch bei uns hat sich wieder eine Laienspielgruppe zusammengefunden und hat bereits zu Ostern mit zwei Bauernschwänken ihre Tätigkeit mit Erfolg aufgenommen. Nun wird fleißig an der Wiederinstandsetzung der Bühne gearbeitet und für Pfingsten wird es möglich sein, mit dem Stück Der Hunderter im Westentaschl aufzutreten“ (Bozner Tagblatt vom 27. Mai 1944, Seite 8). Dass dieses Vorhaben tatsächlich glückte, belegt eine Notiz im Bozner Tagblatt vom 13. Juni 1844, Seite 5: „Im Rahmen der Brauchtumsarbeit gelangte von unserer Heimatbühne kürzlich mehrmals im Gasthof Zum Lamm das Volksstück Der Hunderter in der Westentasche [!] bei vollbesetztem Saale und unter Beifall des Publikums zur Aufführung.“ Ende Jänner 1945 führte die Heimatbühne das Stück Wer andern eine Grube gräbt von Maly und Peychär auf, das schon die Brunecker Heimatbühne im Zuge des Kreisschießens mehrfach erfolgreich präsentiert hatte. Das Bozner Tagblatt vom 31. Jänner 1945 weiß darüber: „Das Stück hat dem zahlreich erschienenen Publikum gut gefallen, und die Spieler wurden mit reichem Beifall belohnt. Auf allgemeinen Wunsch wird die Aufführung demnächst wiederholt.“

Die Heimatbühne Kaltern wagte sich an das schaurige Heimatdrama Die Räuber vom Glockenhof. Das Bozner Tagblatt vom 23. Mai 1944, Seite 5 berichtet dazu: „Kürzlich fand die sechste und letzte Aufführung des Schauspiels Die Räuber vom Glockenhof statt. Alle Aufführungen waren vollständig ausverkauft, und aus den umliegenden Gemeinden kamen viele Volksgenossen zu den Vorstellungen. In der Theaterruhezeit werden fleißig Sprech- und Sprachübungen gemacht, so daß die nächste Spielzeit schon weit größere Leistungen bringen wird. Kamerad Gustl Leitner wird die Schulung der Bühnenkräfte durchführen. Seine Theatererfahrung und schauspielerischen Kenntnisse bürgen für eine gute Entwicklung der Heimatbühne.“

Mit einem „wohlgelungenen Ritterstück“ wartete die „junge Heimatbühne des Standschützenverbandes“ in Mühlwald auf, an drei Abenden; sie erntete dafür „reichen Beifall“ (Bozner Tagblatt vom 3. Mai 1944, Seite 3). Die Heimatbühne in Kurtinig beglückte ihr Publikum mit dem Volksstück Jägerblut: „Der gute Ruf der ehemaligen Kurtiniger Theatergesellschaft hat zahlreiche Besucher von nah und fern herbeigelockt, so daß der Saal immer vollbesetzt war. Das Stück, das in seiner Handlung dem Volksleben entnommen ist, gefiel allgemein gut“ (Bozner Tagblatt vom 1. Mai 1944, Seite 3).


Meraner Heimatbühne

Die Meraner Volksbühne war die professionellste Südtiroler Schauspieltruppe; ihre Institution wies eine lange und überaus erfolgreiche Tradition auf. Eine kleine Theatergeschichte von den historischen Vorfahren der beliebten Meraner Kulturinstitution verfasste der Schauspieler Otto Mayr für das Bozner Tagblatt (25. März 1944, Seite 3). Gelegenheit dafür bot die erfolgreiche Aufführung von Anzengrubers Meineidbauer, bei der Otto Mayr die Hauptrolle übernommen hatte. Die Zeitungsredaktion leitete Mayrs Rückblick ein wie folgt:

„Mit der erfolgreichen Aufführung des Meineidbauer hat die junge Meraner Heimatbühne ihre bisher stärkste Leistung vollbracht. Der Träger der Titelrolle, Otto Mayr, der im Folgenden das Wort zu einer kurzen Entwicklungsgeschichte nimmt, ist wie kaum ein anderer zu diesen Ausführungen berufen, hat er doch sein ganzes Leben in den Dienst des heimatlichen Theaterspiels gestellt. Als Freund und enger Mitarbeiter Karl Wolfs, des unvergesslichen Begründers der Meraner Volksschauspiele, verwaltet er dessen geistiges Erbe und gibt es an die jungen Kräfte der Meraner Heimatbühne weiter. Trotz seiner 70 Jahre arbeitet er noch mit jugendlicher Begeisterung für die edle Sache des Volkstheaters.“

Otto Mayr führt zur Meraner Theatergeschichte aus: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Meraner Theater überwiegend professionell geführt und von Theaterdirektoren geleitet. 1868 erfolgte die erste Operettenaufführung, 1898 erhielt das Theater elektrisches Licht, 1919 wurde die Bühne bedeutend vergrößert, Klappstühle wurden eingebaut. 1934 fiel der Vorhang zum letzten Mal. Dazu betrieben Laien eine Volksbühne, die seit 1865 im Löwenwirtshaus in der Postgasse Schauspiele darbot, die das Publikum wegen ihres volkstümlichen Charakters mit großer Zustimmung aufnahm. Die faschistische Regierung verbot deutsche Theateraufführungen und setzte ihnen damit ein Ende. „Der Sinn des ehemaligen Meraner Volksschauspiels lag in der bindenden Kraft, durch die nicht nur Mitwirkende und Zuschauer, sondern die ganze Bevölkerung des Kurortes zu einer höheren, wahren Gemeinschaft verschmolzen wurden“, so beschreibt Otto Mayr die soziale Wirkung des Laienschauspiels, und genau diese Intention wurde der Meraner Heimatbühne nun von den neuen Machthabern zugedacht. Über deren Aktivierung berichtet Otto Mayr zum Schluss seiner Ausführungen: „Die heutige Meraner Heimatbühne, deren Leistungen noch in frischer Erinnerung stehen, verdankt ihren Wiederaufbau vor allem ihrem unternehmungslustigen, mutigen und schaffensfreudigen Leiter Gustav Kastl, dem es in kurzer Zeit gelungen ist, eine Schar tüchtiger Kräfte um sich zu sammeln.“

Bereits am 28. Oktober 1943, also wenige Wochen nach dem Einmarsch der Wehrmacht, kündigt die Meraner Volksbühne im Bozner Tagblatt auf Seite 3 ihre erste Vorstellung an mit Die Wildkatz vom Hohlergrund. Für den Beginn hatte man ein Stück mit „heimischen Charakter“ gewählt, die „spannende abwechslungsreiche Handlung in 4 Akten“ spielte im Burggrafenamt. „Musik, Volkstanz und Volkslieder“ in den Spielpausen stützten das heimische Flair. Die Einladung lautete verlockend: „Die Spielleitung liegt in bewährten Händen und setzt alles daran, diese Aufführung gut zu gestalten und erwartet daher den Besuch der Volksgenossen aus Stadt und Land“. Das Publikum hatte die Meraner Volksbühne auch nicht im Stich gelassen, sondern im Gegenteil das mit Lokalkolorit ausgestattete volkskünstlerische Angebot mit Begeisterung angenommen. „Es ist für die Meraner und Burggräfler ein gutes Zeugnis, das sie sich durch ihr reges Interesse und ihre Freude an echter Volkskunst selbst ausstellen, und die Leitung der Heimatbühne tut ihre Möglichstes, um ihnen etwas rechtes und Schönes zu bieten“ (Bozner Tagblatt vom 9. Dezember 1943, Seite 3).

Nach der „erfolgreichen“ Aufführung des Schwanks Der Hunderter im Westentaschl, des Schlagerstücks mehrerer Südtiroler Laienspielgruppen (vgl. o.), wurde für Meran Im Austragstüberl als eines „der schönsten Volksstücke“ angekündigt:

„Dieses Volksstück mit Gesang in 4 Akten stammt von den bekannten Verfassern Hans Neuert und Max Schmidt, die ihm einen tiefen Inhalt zu geben verstanden. Die Handlung stellt uns einen alten, wohlhabenden Bauern vor, der den Hof seinem Sohn übergibt, welcher sich jedoch habsüchtig in gefährliche Spekulationen einläßt, worauf er in Schulden gerät. Die natürliche Folge davon ist, daß das schöne, einträchtige Familienleben zerstört wird und den Verstoß der Eltern aus dem Austragstüberl zeitigt. Der gänzliche Ruin bringt den Verblendeten erst wieder zur Besinnung. Aber es ist zu spät geworden und die Versteigerung des gesamten Anwesens steht bevor. Die Reue des pflichtvergessenen Sohnes bewog den alten Vater, die Schuld zu tilgen, worauf er ihn neuerlich zum Herrn des Hauses einsetzt.

Die ausverkauften Häuser bei den letzten Vorstellungen haben den besten Aufschluß darüber gegeben, wie beliebt die Heimatbühne ist, und der reiche Beifall war der beste Beweis für das schauspielerische Können ihrer Darsteller. Bei obengenannten Stück bieten die Verfasser ihnen reichlich Gelegenheit, es neuerdings zu zeigen. Aufführungen finden statt am Sonntag, dem 12. Dezember, um 3 Uhr Nachmittag und um 8 Uhr abends. Sonntag, den 19. Dezember, und Sonntag, den 26. Dezember, beide Mal um 8 Uhr abends. Kartenvorverkauf am Freitag von 11 bis 1/2 1 Uhr.“

Im Jänner 1944 folgte „auf vielfachem Wunsch der Theaterliebhaber“ das Erfolgsstück Der verkaufte Großvater von Franz Streicher. Alle vier Vorstellungen waren ausverkauft. Das Bozner Tagblatt bringt in der Ausgabe vom 12. Jänner 1944 auf Seite 3 einen Premierenbericht, in dem vor allem auf die originelle musikalische Pausengestaltung durch die „Heimatschrammeln“ verwiesen wird:

„Franz Streichers bäuerliche Groteske Der verkaufte Großvater mit ihrem glänzenden Witz, der immer wieder Lachsalven auslöst, ist gerade das richtige Stück für frohe Unterhaltung […].

Eine schauspielerische Leistung ersten Ranges erzielte Hans Plunger mit seinem Spiel als Großvater. Ihn kann man wohl als die beste Kraft der Heimatbühne bezeichnen. Sein Spiel ist so natürlich und echt, seine Sprache so klar und verständlich und in den humoristischen Rollen gibt er sich so gut, daß er es mit manchem Berufsschauspieler aufnehmen kann […].

Was dem ganzen Bühnenstück eine prächtige Abrundung gab, waren die Heimatschrammeln, die schon bei ihrem Erscheinen mit reichem Beifall begrüßt wurden. Was sie geboten, ist echte Volksmusik im vollsten Sinne des Wortes. Meister Hechenberger ist nicht nur Virtuos [!] auf der Zither, sondern auch im Jodeln, und der Wunsch des Publikums wäre nur, daß er in den Pausen öfter seine herrliche Stimme erklingen ließe. Als Einlage spielte Dr. Kleisl die Singende Säge, worin er sich als Meister dieses schwierigen Instrumentes erwies.

Das Publikum dankte der Heimatbühne und den Heimatschrammeln mit langanhaltendem, reichem Beifall für den genussreichen Abend, an dem es wieder einmal so recht von Herzen lachen konnte.“

Als nächstes Stück stand Benno Raucheneggers ländliche Komödie in drei Akten mit Gesang und Tanz Der Paragraphenschuster auf dem Programm. Dass es sich bei diesem Stück allerdings nicht nur um einen vordergründigen Lachschlager handelt, sondern die bloße Unterhaltung durch urwüchsigen Humor erst den Zugang zur tiefern Wahrheit des Stückes vermitteln soll, nämlich dass „Glück und Zufriedenheit nicht an Geld und vornehme Abkunft gekettet sind, sondern in Menschen gesucht werden müssen“, erklärt Hans Egartner als Rezensent im Bozner Tagblatt vom 3. Februar 1944, Seite 3. Aus dieser Erkenntnis folgert er die „kulturelle Aufgabe der Heimatbühne: sittliche Werte dem Volke zu vermitteln und erzieherisch darauf einzuwirken“.

Mit dem Schwank Der Meisterboxer von Otto Schwartz und Karl Mathern hatte die Meraner Volksbühne in kurzer Zeit bereits sechs Premieren angeboten. Eine der sieben Vorstellungen blieb exklusiv für die Wehrmacht reserviert. Hans Egarters Kritik erschien im Bozner Tagblatt am 16. Februar 1944, Seite 3:

„Mit der Wahl dieses Stückes hat die Leitung der Meraner Heimatbühne einen guten Griff gemacht und die ausgezeichnete Wiedergabe, die tatsächlich als eine schauspielerisch hervorragende Leistung angesprochen werden kann, hat ihr den wohlverdienten Erfolg gesichert.

Die Autoren dieses Schwankes, O[tto] Schwartz und K[arl] Mathern, haben eine reiche Phantasie und wissen ihre witzigen Einfälle brillant auszunützen. Darüber hinaus steckt hinter diesem Spiel von Lust und Liebe ein Kern Lebensweisheit.

Es kommt ja oft im Leben vor, daß gute Ehemänner, aus denen die Frauen nach ihren oft eigenartigen Begriffen wahre Mustergatten machen möchten, sich veranlasst sehen, besondere Wege zu gehen und nicht alltägliche Mittel anzuwenden, um zu ihrem Recht zu kommen. Es spielt dabei keine Rolle, wenn, wie es in diesem Stück der Fall ist, man sich einen Meisterboxer unterschiebt, der den gleichen Namen trägt und als Berühmtheit auch der Frau imponiert und ihrem hochstrebenden Gefühl zu entsprechen scheint. Freilich ein gewagtes Spiel, das dann glücklicherweise mit vereinten Kräften auch nach des Rätsels Lösung zu einem glücklichen Ausgang führt. Ein echter Schwank, in dessen flüssigem Dialog eine solche Fülle von grotesken Einfällen, schlagenden Spässen und kernigen Sprüchen liegt, daß der Erfolg und stürmische Beifall ihm voll gebührt.

Die Rollen waren sehr glücklich verteilt und manche Spieler, die in den bäuerlichen Rollen schon erfolgreich waren, haben sich in diesem Stück als vorzügliche Schauspieler entpuppt […].

Während der Pausen erfreute das flotte Spiel des Orchesters der Volksgruppe, Dirigent Heinrich Frasnelli, die Zuschauer, die ihren Dank durch reichen Beifall zum Ausdruck brachten.“

Die geplante Aufführung des tragischen Volksdramas Der Meineidbauer von Ludwig Anzengruber veranlasste die Meraner Heimatbühne zur Veröffentlichung einer Vorschau im Bozner Tagblatt vom 8. März 1944, Seite 5, mit der das durch heitere Volkstücke und humorvolle Schwänke lachverwöhnte Publikum auf ein nun ernstes Stück vorbereitet werden sollte:

„Unsere Heimatbühne hat sich nicht zum Ziel gesetzt, durch Aufführungen verschiedener humoristischer Lustspiele und Schwänke der Bevölkerung eine Unterhaltung zu bieten, sondern ihre Aufgabe besteht vor allem darin, dem Theaterbesucher kulturelle Werte zu vermitteln und erzieherisch auf ihn einzuwirken. In jedem Stück liegt mehr oder weniger ein tiefer Kern von Lebensweisheit, eine Wahrheit, deren Inhalt wert ist, erfaßt und beherzigt zu werden. Tritt dies auch in den heiteren Stücken nicht so sehr in den Vordergrund, so ist das bei den eigentlichen Volksstücken umso mehr der Fall. Im engen Rahmen ist da Lebenswirklichkeit und Weisheit zusammengefaßt und zeigt klar und deutlich die Folgen verfehlten Handelns, das sich nicht nur zum Schaden, sondern sogar zum Fluch für die kommenden Geschlechter auswirkt, oder umgekehrt sich zum Besseren wendet, [wenn ?] hohe Ideale angestrebt und Erfolge damit erzielt werden.

Sich dieser Aufgabe voll und ganz bewußt, hat unsere Heimatbühne in ihrem reichhaltigen Programm auch verschiedene Volksstücke angesetzt, die von jeher das besondere Interesse und den Beifall des Publikums gefunden haben, und die für Spieler wie Zuschauer zu einem tiefen inneren Erlebnis werden.

Das gilt besonders für Anzengrubers bekanntes Bühnenstück Der Meineidbauer, das in den kommenden Tagen im hiesigen Stadttheater zur Aufführung gelangt. Vorstellungen sind am Samstag, 11. März, um 20 Uhr abends, Sonntag, 12. März, um 15 Uhr nachmittags und 20 Uhr abends, sowie am Montag, 13. März, ebenfalls um 20 Uhr abends.

Während der Pausen spielt das Streichorchester der Volksgruppe.“

Das Meraner Publikum hatte auch diesem besonderen Angebot große Zustimmung entgegengebracht, so dass alle vier Vorstellungen ausverkauft waren. Die Besprechung der Aufführung im Bozner Tagblatt vom 15. April 1944, Seite 5, hebt insbesondere hervor, dass mit dieser Darbietung der Meraner Heimatbühne der Beweis gelungen sei, auch schwierige Werke „voll und ganz zu meistern“. In den Pausen hatte wiederum das „Streichorchester der Volksgruppe“ für Musik gesorgt.

Nach dem Erfolg mit Anzengrubers Meineidbauer wagte sich die Heimatbühne Meran mit drei Einaktern aus Franz Kranewitters Zyklus Die sieben Todsünden(Der Med/Trägheit, Der Naz/Geiz, Der Giggl/Hochmut) abermals an die Präsentation gehaltvoller ernster Volksdramatik. Hans Rainer schreibt dazu im Bozner Tagblatt vom 5. April 1944, Seite 5:

„Es ist begrüßenswert, wenn in einem Spielplan mit umfangreichem Unterhaltungsprogramm Bühnenwerke eingeflochten werden, die besonders hervorstechen und zum Nachdenken anregen, vornehmlich dann, wenn für die Güte des Werkes ein Dichter von Ruf und Name[n] bürgt. Dieser Auffassung wurde die Meraner Heimatbühne mit den Aufführungen am Samstag und Sonntag gerecht, und ihr Leiter, Herr Kastl und seine Spielerschar verdienen in dieser Hinsicht volles Lob und Anerkennung. Die Wiedergabe der drei Einakter aus dem Todsündenzyklus von Franz Kranewitter stand für Laienspieler auf einer recht beachtlichen Höhe. Mit einem tiefen Einfühlungsvermögen und einer seltenen Hingabe belebten die Mitwirkenden Kranewitters Gestalten und erzielten in flüssigem Spiel eine Gesamtwirkung, die die Aufführung zu einem vollen Erfolg werden ließ […].

Die Namen der Darsteller sind zu geläufig, um sie hier aufführen zu müssen. So wie sie sich einheitlich in das Gesamtbild einfügten und gemeinsam zur abgerundeten Leistung beitrugen, so steht jedem Einzelnen gleichmäßig die Anerkennung für die gelungene Interpretierung Kranewitters Bühnenwerk zu. Der gemeinsam errungene Erfolg soll der Knoten im Bande einer Kameradschaft sein, die Leitung und Spieler zu immer größeren Leistungen anzuspornen vermag.

Zwei volle Häuser dankten den Darstellern für die anregende Abwechslung im Spielplan der Meraner Heimatbühne.“

Als Programm für Ostern nahm sich die Meraner Volksbühne, die im Stadttheater spielte, die Bauernposse Heiratsnarrisch Volk von Georg Stöger vor: „Trotz des etwas altertümlich anmutenden Inhalts vermochte die spielfreudige Schar das Beste herauszuholen und das stets vollbesetzte Haus in fröhlichste Stimmung zu versetzen. Die drei am Schlusse des Stückes zusammenkommenden Paare geben dem Autor Gelegenheit, während zweier Stunden Publikum und auch Spieler bestens zu unterhalten […].

Das Orchester unter Frasnellis Leitung war ausgezeichnet. Die Tanzgruppe war dem Stück entsprechend und sehr brav. Der Spielleiter Gustav Kastl sorgte für flottes Zusammenspiel“ (Bozner Tagblatt vom 15. April 1944, Seite 5).

Für das Meraner Kreisschießen, in dessen Rahmen sich der Standschützenverband mit allen seinen Mitgliedern öffentlich präsentierte, hatte die Meraner Heimatbühne ein Volksstück gewählt, vermutlich überhaupt in Auftrag gegeben, das sich hervorragend in das ideologiegerechte Gesamtkonzept der Veranstaltung einfügte. Der Autor des Stückes Der Stoanhofer „hat uns schon mit mehreren Stücken aus dem Leben der Menschen unserer engeren Heimat beschenkt. Otto Mayr kennt das Leben unserer Bauern wie kein anderer und weiß bestgelungene Gestalten auf die Bühne zu stellen. Er schöpft aus dem vielseitigen Born des Bauernlebens des Etschtales und seiner Berge, er weiß um ihre Tiefen und Schönheiten“, schreibt Bruno Pokorny in seinem Bericht von der Erstaufführung im Bozner Tagblatt vom 2. Mai 1944, Seite 3. Diese Stückwahl sei getroffen worden, „um nicht nur den Einheimischen wieder einmal eine Freude zu bereiten, sondern auch, um den Gästen, die anläßlich des ersten Kreisschießens in der Passerstadt weilen, einen trefflichen Ausschnitt aus dem Leben des Burggräfler Bauern zu vermitteln. Die Farbenfreudigkeit unserer Burggräflertracht, die bereits bei der Eröffnung des Kreisschießens alle Anwesenden erfreute, kommt hier zur vollsten Geltung. Das Stück selbst stellt in seinem einfachen Aufbau keine großen Anforderungen an den Zuschauer. Einfach wie der Bauer selbst in seinem Leben, ziehen die vier Akte vorüber.“

Über den ideologiegerechten Inhalt und seine Darstellung meint Bruno Prokorny: „Die Liebe zur Heimat und Scholle ist der herrschende Grundzug und siegt über alle, und auch der hartherzige Stoanerhofer, der zuerst seinen einzigen Sohn auf die ‚Gstudi’ schickt, damit er etwas ‚Besseres’ werden soll als Bauer, und der seine Töchter in ihren Neigungen nur nach seinem Willen lenken will, muß einsehen, daß das eherne Gesetz der Liebe zur Heimat und zur Familie sich durch nichts beirren läßt. Wie schön läßt der Autor seinen Stoanerhofer den Kampf ausfechten und die Schollenverbundenheit siegen, wenn der alte Bauer seinem [!] Sohn zurückruft, der gebeten hat, ihn das werden zu lassen, wozu er geboren ist […].

Der Bauer ist der Ernährer des Volkes! Das ist es, was der Autor uns sagen will. Und dies ist ihm vollauf gelungen. Und wäre das Stück nur um dieser Erkenntnis willen geschrieben, es hätte schon seinen Wert behalten.

Die Aufführung war auf beachtlicher Höhe. Der Autor, gleichzeitig der Darsteller der Titelrolle und auch Spielleiter, gleich gut in Maske wie im Spiel, ruhig, gemessen, der echte Burggräfler […].

Die Tanzgruppe unter Leitung von Ossi Dal Lago und das Doppelquartett unter Leitung David Mühlbergers waren gut in den dritten Akt eingebaut. Prof. Lehnhart steuerte das Bühnenbild (das Stammschloß Tirol gegen den [Berg] Ifinger) im dritten Akt, bei. – In den Zwischenpausen spielte die Algunder Standschützen-Musikkapelle flotte Weisen.“

Wegen des großen Erfolgs wurde dieses Burggräfler Volkstück „auf vielseitiges Verlangen“ am Sonntag, den 14. Mai wiederholt (Bozner Tagblatt vom 8. Mai 1944, Seite 3). Das Bozner Tagblatt vom 25. Mai 1944 enthält auf Seite 5 eine Kurzbeschreibung des folkloristischen Ambientes, das die heimatliche Atmosphäre dieser Aufführungen wesentlich mitbestimmte:

„Wie schon berichtet, brachte die Meraner Heimatbühne anläßlich des Meraner Kreisschießens am Stadttheater das Burggräflerstück Der Stoanhofer von Otto Mayr zur erfolgreichen Aufführung, der mehrere ausverkaufte Wiederholungen folgten.

Das ganze Stück, besonders aber der 3. Akt, bot reiche Gelegenheit, Burggräfler Volkstum und Brauchtum zu zeigen. Das Bühnenbild, das Prof. Lehnhart entworfen und ausgeführt hatte, zeigte links im Vordergrund einen typischen Burggräfler Bauernhof mit Erkern und blumengeschmückten Fenstern und mit einer kleinen Freitreppe, die zum Haustor hinaufführt, im Hintergrund das Stammschloß Tirol vor der schneebedeckten Kette des Hirzers und Ifingers. Ein ländlicher Zaun mit Gatter trennte die Vorderbühne vom Hintergrund. Vor dieser dekorativ wirksamen, in kräftigen Farben gehaltenen Szenerie spielte sich nun das bunte Leben und Treiben eines Burggräfler Sonntags ab. Die schönen, farbenfrohen Trachten der zahlreichen Mitwirkenden boten ein prächtiges Bild, das, durch Gesang und Tanz bereichert, den vielen Gästen des Kreisschießens einen wirksamen Ausschnitt aus dem Leben des Burggräfler Bauern vermittelte.“

Als letztes Stück der Spielzeit kam das heitere Volksstück Der Narrenzettel von Julius Pohl zur Aufführung. „Das Stück ging sehr flott über die Bretter und riß das Publikum zu wiederholten Heiterkeitsstürmen hin“, schreibt Max Bernardi in seinem Premierenbericht (Bozner Tagblatt vom 14. Juni 1944, Seite 5), dazu über die Leistungen der einzelnen Darsteller:

„Die tragenden Rollen lagen in den Händen von Burgl Troyer und Hans Plunger, die prachtvoll zusammenspielten und mit überlegenem Humor das volle Haus erfreuten. Sehr gut Hilde Waldner, der es selbstverständlich nicht schwer fiel, ein schmuckes, knuspriges Dirndl darzustellen. Emmy Duml, die treue Seele der Bühne, hatte wieder einmal die undankbare Aufgabe, eine giftige, protzige Großbäuerin hinzustellen, was ihr aber in jeder Beziehung gelang. Luis Dums, Sepp Huber, Ossi Dal Lago und Albert Thaler trugen überzeugend zu dem unterhaltsamen Abend bei. Marianne Kirchlechner sah als Postkathl reizend aus, jedoch konnte sie mit der Egger-Julie von Dina Schaefer nicht konkurrieren. Dazu fehlte ihr die herrliche Nase dieser neugierigen Urschel, die das Meisterwerk des Theaterfriseurs Riedlinger war. Ihr Spiel war ganz hervorragend. Die Heimatschrammeln verkürzten durch schmissig hingelegte Darbietungen die Pausen, auch die berühmte singende Säge Dr. Kleißls stellte sich in den Dienst der Sache. Alles in allem eine besonders gelungener Abend, für den alle Besucher dankbar waren. Kastl kann zufrieden sein und seine Vorbereitungen für den Herbst treffen!“

Zum Saison-Abschluss fand ein „Kameradschaftsabend“ aller Mitglieder der Meraner Volksbühne statt, auf Initiative des Kreisleiters. Dieses Faktum bringt deutlich zum Ausdruck, wie sehr das Wirken der Meraner Volksbühne auch politisch in Anspruch genommen wurde. Der Kreisleiter stattete bei der Veranstaltung offiziell den „Dank der Volksgenossen“ ab. In seiner Ansprache hob er den „Kameradschaftsgeist und das vorbildliche Zusammenwirken und die Einsatzfreudigkeit“ aller Beteiligten hervor. Die Meraner Volksbühne hatte in dieser Spielzeit 12 Stücke mit 46 Aufführungen, „die stets ausverkauft waren“, dargeboten. Eigens brachte der Kreisleiter die Bedeutung der Meraner Heimatbühne für die kulturelle Betreuung der Wehrmacht, gerade auch der Verwundeten und Genesenden in den Meraner Lazaretten, zur Sprache. Die für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Freikarten entsprachen immerhin zwölf ausverkauften Vorstellungen. Resümierend hält der Bericht im Bozner Tagblatt vom 17. Juli 1944 auf Seite 3 fest: „150 Mitwirkende, darunter 45 Darsteller, hatten sich neben ihrer Berufsarbeit ehrenamtlich der Aufgabe der Pflege echter Volkskunst in ernsten und heiteren Stücken zur Verfügung gestellt. Dem idealen Erfolg entsprach auch der finanzielle, es konnte eine beträchtliche Summe dem Standschützenverband überwiesen werden.“

Mit dem Volksstück Jägerblut von Benno Rauchenegger wurde die neue Spielzeit am Sonntag, den 24. September 1944 eröffnet. In den Pausen musizierte eine „Abteilung der Algunder Standschützen“. Die Volkstanzgruppe Meran bestärkte die folkloristische Ausstrahlung des Stücks, das sowohl bei der Nachmittags- als auch bei der Abendvorstellung ausverkauft war. Über die Aufführung steht im Bozner Tagblatt am 29. September 1944, Seite 3: „Sowohl die Wahl des Stückes als auch die Darstellung verdienen volles Lob. Die grossen wie die kleinsten Rollen waren gut besetzt, und es war nicht zu verkennen, daß alle Mitwirkendem, wohl durch die eifrige Arbeit des vergangenen Spieljahres, an Sicherheit des Auftretens und in der Darstellung gewonnen hatten und den reichen Beifall ehrlich verdienten.“

Ludwig Anzengrubers G’wissenswurm stand als nächste Produktion auf dem Spielplan. „Ein Stück für das Volk geschrieben und von Volkskräften dargestellt, kann nicht leicht seine Wirkung verfehlen“, lautet die positive Beurteilung im Bozner Tagblatt vom 13. Oktober 1944, Seite 3. Die Zwischenaktmusik besorgte eine Abteilung der Algunder Standschützen-Musikkapelle. Über die Wirkung auf das Publikum wird mitgeteilt: „Mit Interesse und Spannung verfolgten die Zuschauer Satz um Satz, Gedanken um Gedanken, die ihnen von den Darstellern, welche sich mit Eifer und Erfolg in ihre Rollen eingelebt hatten, dargeboten wurden. Reicher, verdienter Beifall dankte der Spielleitung und den Darstellern.“

Eine willkommene Abwechslung im Spielplan der Meraner Heimatbühne brachte Anton Hamiks und Felix Renkers Schwank Alles steht Kopf mit Vorstellungen am 22., 28. und 29. Oktober 1944 (Bozner Tagblatt vom 19. Oktober 1944, Seite 4). Eine Besprechung der Aufführung erschien im Bozner Tagblatt vom 26. Oktober 1944, Seite 3:

„Nach zwei ernsten Stücken brachte die Meraner Heimatbühne nun einen Schwank Alles steht Kopf. Die Darstellung des Stückes, das mit seiner Fülle von komischen Situationen die Zuschauer sofort fesselte, rollte in flottem Tempo ab, was nicht nur der Spielleitung, sondern auch den Spielern das beste Zeugnis für die Beherrschung ihrer Rollen ausstellt. Frisch und fröhlich waren die Darsteller an der Arbeit; besonders verdient die echte Natürlichkeit fast aller hervorgehoben zu werden. Die Zwischenaktmusik lag diesmal in den Händen eines Streichquartetts, das in gefälliger Weise heitere, dem Spiel angepaßte Melodien zu Gehör brachte.“

Eine Theatervorstellung exklusiv für die Genesenden in einem Lazarett brachte die Meraner Heimatbühne kurz vor Weihnachten 1944. Die Thematik war dem Publikum angepasst, denn mit dem Stück Reserviert für drei Personen wurde in „echt volkstümlicher Weise der Wert und die Tiefe einer Frontkameradschaft aufgezeigt“. Für die musikalische Unterhaltung sorgten die „Heimatschrammeln“, die in Burggräfler Tracht auftraten und das Spiel einleiteten. In der Pause brachten sie „flotte Heimatmärsche und Klänge zu Gehör“ (Bozner Tagblatt vom 16. Dezember 1944, Seite 7).

Das Jahr 1945 leitete die Meraner Heimatbühne ein mit drei Einaktern von Ludwig Thoma: Gelähmte Schwingen, Lottchens Geburtstag und Die kleinen Verwandten (Bozner Tagblatt vom 11. Jänner 1945, Seite 3). Helene Prinnegg schreibt ausführlich über die am 14. Jänner erfolgte Erstaufführung im Bozner Tagblatt vom 16. Jänner 1945 auf Seite 3:

„Die Meraner Heimatbühne hat sich diesmal eine gar nicht leichte Aufgabe gestellt und sie glänzend gelöst. Um Werke von Ludwig Thoma spielen zu können, muß man schon über sehr gute Kräfte verfügen, und diese Voraussetzung ist bei der Meraner Heimatbühne gegeben. Auch an die Regie stellen der feine Humor und die unübertreffliche Situationskomik keine geringen Anforderungen. Ludwig Thoma geißelt in seinen Bühnenwerken die Heuchelei und Oberflächlichkeit des Gesellschaftslebens um die Jahrhundertwende, den verlogenen kleinlichen Klassengeist und Standesdünkel, die jetzt glücklicherweise längst begrabenen Vorurteile einer Welt, deren Treiben uns heute leises Lächeln und herzliches Lachen entlockt. Wahrer Humor aber ist zeitlos wie jede echte Kunst. Erst rückwirkend können wir die ganze Komik richtig erfassen, die Ludwig Thoma in seine Arbeiten zu legen wußte. Wir denken an die tragikomische Figur des erfolglosen Dichters Otto Haselwanter im Einakter Gelähmte Schwingen und an seinen Gegenpol im gleichen Stück, den wohlbestallten Metzgermeister Benno Summerer. Wir freuen uns über die naive Kurzsichtigkeit des Herrn Geheimrats und Universitätsprofessors Dr. Otto Giselius in Lottchens Geburtstag, an der verstiegenen Wissenschaft des Privatdozenten Dr. Traugott Appel, wir leiden mit Mama Häßler in Die kleinen Verwandten alle Schmerzen einer Mutter, die ihre ‚Tochter aus guter Familie’ glücklich unter die Haube bringen will und sind gleichzeitig entzückt über die urwüchsige Bosheit der guten Babette Bonholzer aus Dornstein.

Die Mitglieder der Meraner Heimatbühne stellten durchweg gute und einzelne sehr gute Leistungen auf. Gustav Kastl führte eine vorzügliche Regie und verkörperte seinen Metzgermeister Summerer mit trockenem Humor, der die Stimmung der Zuschauer gleich für sich gewann. Hermann Uebergänger war ein typischer weltfremder Gelehrter, der seinen Erfolg im praktischen Leben wirklich nur einer Reihe von glücklichen Zufällen zu verdanken hat. Berta König-Stummer zeigte ein frisches Spiel, Routine und Natürlichkeit. Eine gut gelungene Karikatur war der Privatdozent Sepp Hubers. Vorzügliche Leistungen waren ferner der Herr Regierungsrat des Dr. Vinatzer und Mama Häßler, gespielt von Tina Schäfer. Marianne Kirchlechner würzte die dankbare Rolle der Babette Bonholzer mit sprühendem Temperament. Auch alle übrigen hier nicht namentlich genannten Darsteller bewiesen Verständnis, Einfühlungsvermögen und gute bühnenmäßige Vorbereitung.

So wurden zwei sehr unterhaltende entspannende Stunden in unserem gemütlichen Stadttheater eine richtige Erholung für die zahlreich anwesenden Verwundeten und Genesenden aus den Lazaretten.

Die Aufführung wird am kommenden Sonntag, 21. Jänner, wiederholt und wird zweifellos wieder – wie das erste Mal – ein volles Haus erzielen.“

Auch in die letzten Produktionen der Meraner Heimatbühne während der Ära unter nationalsozialistischem Einfluss geben die sachkundigen wie Anteil nehmenden Berichte von Helene Prinnegg einen guten Einblick. Eine Besprechung im Bozner Tagblatt vom 6. Februar 1945, Seite 3, betraf die Premiere von Der Hoamliche, einem heiteren Bauernstück des Innsbrucker Erfolgsdramatikers Julius Pohl:

„Es ist ein Schwank um die Liebe, die hier wie überall ihre eigenen Wege gehen will, die in einer ein wenig anderen Richtung verlaufen als der von den wohlmeinenden Eltern vorherbestimmten. So muß Hieronymus Haidacher, Nachtwächter und Gemeindediener, mit geradezu vorzüglicher schauspielerischer Gewandtheit dargestellt von Hans Plunger, auf seine ehrgeizigen Vaterpläne verzichten und seine Einstellung in gewisser Hinsicht abändern, denn sein Töchterlein zieht den schlagfertigen Friedl Lenz, Zahlkellner im Goldenen Ochsen zu Neumarkt, dem reichen Viehhändlersohn Michel Huml vor, obwohl sich ihre ganze kleine Welt dagegen verschworen zu haben scheint. Aber Ende gut, alles gut, und so lösen sich die verschiedenen Spannungen, die zu allerhand humoristischen Verwicklungen Anlaß geben, zum Schlusse in allgemeine Zufriedenheit auf.

Die Zuschauer, zum großen Teil Verwundete und Genesende aus unseren Lazaretten, freuten sich über die erstklassige Aufführung, und auch die Heimatbühne selbst darf mit den erzielten Leistungen und dem schönen Erfolg ihrer Mühe vollauf zufrieden sein. Unter der sehr guten Spielleitung von Gustav Kastl stellen die einzelnen Mitglieder der Heimatbühne, Hans Plunger, Anton Metz, Emmy Duml, Nanni Torggler, Ida Egger, Luis Duml und Sepp Huber typische und gelungene Charakterstudien auf die Bretter. Stück und Dialog gewannen durch die frische lebendige Darstellung.

Zur Einleitung und während der großen Pause spielten die Heimatschrammeln und zeigten beachtliches Können. Der Leiter der Heimatschrammeln, Dr. Kleißl, erfreute die Zuhörer besonders durch meisterlich gespielte Melodien auf der singenden Säge, auf der der Spieler mit hervorragender Technik gute Klangwirkungen erzielen konnte.“

Emotionalen Kontrast bot die nächste Produktion, das Schauspiel Hubertus von Robert Overweg mit ergreifender Dramatik: „Die Meraner Heimatbühne unter der rührigen Leitung von Gustav Kastl hat sich die gewiß nicht leichte Aufgabe gestellt, das menschlich tief ergreifende Schauspiel Hubertus zur Aufführung zu bringen. Der Verfasser, Robert Overweg, behandelt in Hubertus den Kampf zwischen Kindesliebe und Ehre, zwischen Kindesliebe und Pflicht. Johann Hiller, durch Unglück, Mißgeschick und Charakterschwäche zum Wilderer geworden, ist dieser Leidenschaft rettungslos verfallen. Sein Sohn Wilhelm, ein gerader, aufrechter und überaus pflichtbewußter Mensch, leidet schwer unter dem Konflikt, der sich aus seinem Wissen um den gewohnheitsmäßigen Jagdfrevel des Vaters und seinem Berufseid als Förster ergibt. Seine rastlosen Bemühungen, den Vater auf den rechten Weg zu bringen, führen erst dann zum Ziel, als es für eine glückliche Lösung des Konfliktes bereits zu spät ist und Wilhelm, um den Vater zu schützen und vor Schande zu bewahren, seiner Pflicht als Förster und seinem Schwur untreu geworden ist. Sein Leben zerbricht an der Gewissensqual, und der Freitod erlöst ihn aus geistiger Umnachtung. Dies ist in kurzen Umrissen der Inhalt des Stückes, das Aufmerksamkeit und Interesse der Zuschauer bis zum tragischen Ende fesselt und in Spannung hält. Dank der fähigen Spielleitung Hans Reiners und den anerkennenswerten Bemühungen aller Mitwirkenden darf die Aufführung als sehr gut geklungen bezeichnet werden […].

Wie immer bei den Aufführungen unserer Heimatbühne bestand das zahlreich erschienene Publikum zum großen Teil aus Verwundeten und Genesenden unserer Militärlazarette. Die Zuschauer spendeten herzlichen Beifall“ (Bozner Tagblatt vom 27. Februar 1945, Seite 3).

Auch bei der letzten Vorstellung der Meraner Heimatbühne als Teil des Standschützenverbandes der Provinz Bozen Ende April 1945 waren im Publikum überwiegend Verwundete der Meraner Lazarette:

„Die Mitglieder der Meraner Heimatbühne haben in den vergangenen Monaten unter der rührigen Leitung von Gustav Kastl sehr viel dazu beigetragen, den in den Lazaretten unserer Stadt untergebrachten Verwundeten schöne und erholungsreiche Stunden der Entspannung und Unterhaltung zu bereiten. Die Vorstellungen in unserem freundlichen Stadttheater finden immer größten Zuspruch und aufrichtigsten Beifall von seiten der auf dem Wege der Heilung befindlichen und ausgehfähigen Verwundeten.

So wurde auch die Aufführung der dreiaktigen Dorfkomödie von Max Ferner und Wilhelm Köhler Der lachende Erbe ein voller Erfolg. Unsere Heimatbühne versteht es vorzüglich, den ursprünglichen und herzlichen Volkshumor zum Ausdruck zu bringen. Die geschickt aufgebaute Handlung des Stückes ist reich an überraschenden Einfällen, und die einzelnen Typen sind mit feinem Verständnis für die leisen Schwächen der Menschen gezeichnet. Die Aufführung kann in ihrer frischen Lebendigkeit regiemäßig und darstellerisch als tadellos bezeichnet werden. Hans Plunger war ein überzeugend echter von allen Sorgen geplagter und von gutem Glück an der Nase herumgeführter kleiner Bauer, der zu List und urwüchsiger Grobheit seine Zuflucht nimmt und dem der günstige Zufall zum Schlusse doch noch lächelt. Die Mini, die Theres und die Huberin – Wilma Kiem, Emmy Duml und Ida Egger – sind ein reizendes und unterhaltendes Kleeblatt vielgeschmähter weiblicher Eigenschaften und auch Sepherl – mit flotten Spiel von Marianne Kirchlechner dargestellt – steht ihnen nicht nach. Albert Thaler, Gustav Kastl, Luis Duml und Wolfgang Heidenberger verkörpern ihre teilweise recht schwierigen Rollen mit viel Verständnis, Gewandtheit und Können.

Herzlicher und dankbarer Beifall lohnte die aufgewandte Mühe. Das Stück gefiel sehr gut, gleicherweise wie auch Der Raub der Sabinerinnen – im vergangenen Monat dreimal gegeben – von der Theaterleitung mit richtigem Verständnis für die Freude der Zuschauer an fröhlichen und wirklich entspannenden Bühnenwerken ausgewählt worden war. Der Raub der Sabinerinnen, ein altbekannter und sehr beliebter Schwank von Franz und Paul von Schönthan, wurde erstklassig aufgeführt, die einzelnen darstellerischen Leistungen lagen bedeutend über dem Durchschnitt, und vor allem verdient das sehr gut durchgearbeitete Spiel von Franz Weger, der die Hauptrolle – Theaterdirektor Emanuel Striese – wiedergab, hervorgehoben zu werden.

An dieser Stelle sind auch die mit herzlichem Beifall aufgenommenen Darbietungen der ‚Heimatschrammeln‘ zu erwähnen, die die große Pause in den einzelnen Aufführungen zu einem schönen musikalischen Intermezzo gestalteten. Besonderes Interesse fanden das Spiel auf der singenden Säge, meisterlich beherrscht von Dr. Kreißl, und die von Hechensteiner vorgetragenen Volkslieder mit Zitherbegleitung“ (Bozner Tagblatt vom 26. April 1945, Seite 2).


Jugendorganisation

Die Südtiroler Jugend wurde nach dem Vorbild der Hitler-Jugend organisiert und ideologisch geschult. Die Voraussetzungen dazu schuf man im Rahmen von Tagungen für die Erzieherschaft und in verschiedenen Appellen, bei denen hohe politische Funktionäre und ausgewiesene Fachkräfte der Deutschen Volksgruppe in Südtirol mit Rat und Tat zur Seite standen. Für den Aufbau der Organisationsstruktur der Südtiroler Jugend hatte der Oberste Kommissar Franz Hofer seinen bewährten Hauptbannführer Otto Weber beauftragt, der sich bei einem „Appell“ in Salurn schon von der weit gediehenen Aufbauarbeit überzeugen konnte. Vor dem Schulgebäude hatten 950 Jungen und Mädel mit dem Kreisjugendführer Willi Acherer und der Kreismädelführerin Helene Sattler Aufstellung genommen. Das Bozner Tagblatt vom 26. Juni 1944, Seite 3, teilt mit: „Der Beauftragte für die Jugendarbeit wurde vom Fanfarenzug festlich empfangen. Nach der Meldung durch den Kreisjugendführer ergriff P[artei]g[enosse Otto] Weber das Wort und sprach über die hohe Bedeutung der Jugenderziehung und Ertüchtigung und über die großen Aufgaben der Jugend unserer Heimat.“
 
Die ideologische Ausrichtung der jungen Menschen im Sinne des Nationalsozialismus fiel in Südtirol insbesondere den Schulen zu. Auf eigenen Tagungen wurden die Lehrer für diese Erziehungsmaßnahme vorbereitet. Ende Februar 1944 etwa kamen Pädagogen des Kreises Meran zu einer Fortbildung zusammen, 176 Lehrer und Lehrerinnen von Hauptschulen und 94 von Volksschulen. Wie bei größeren Zusammenkünften im Sinne der NS-Ideologie üblich, wurde das Treffen mit einer „Morgenfeier“ eingeleitet, die von Musik umrahmt war und den Gedanken „Deutschland, an Dich glaube ich“ mit Liedern, Sprüchen und Lesungen zelebrierte. Der Meraner Kreisleiter Johann Torggler begrüßte die Anwesenden und rief sie auf zur Mitarbeit im Rahmen der Gliederung der Volksgruppe. Argumentative Unterstützung erfuhr er dabei von seinem politischen Kollegen Hans Bernard, dem Kreisleiter von Landeck. Dieser sprach „in warmen Worten über die Mission des Erziehers, dessen verantwortliche Aufgabe heute voll erkannt wird“. Dass diese „Mission“ vor allem ideologische Indoktrination bezweckte, geht aus der folgenden Argumentation hervor: „Der Erzieher sei der vorbildliche Soldat der Heimat, der Glaube und Siegeszuversicht auch seinen Kindern mitzuteilen imstande sein muß.“ Diese These wurde laut einer Mitteilung im Bozner Tagblatt (1. März 1944, Seite 5) von den Anwesenden mit Applaus bestätigt. Aufklärungsunterricht in Sachen Geschichte des Nationalsozialismus erteilte am Nachmittag Gauamtsleiter Dr. Dollinger: „In fesselnden Worten wusste er durch einen Rückblick auf die deutsche Geschichte in jedem Zuhörer die Überzeugung zu wecken, daß das deutsche Volk um die Errungenschaften seines Lebens immer kämpfen mußte.“ Damit nahm er natürlich auf die gegenwärtig schwierige Kriegssituation für Deutschland Bezug und mahnte „Pflichterfüllung, Hingabe und Bereitschaft“ ein. Mit den „Liedern der Nation“ wurde die Tagung weihevoll beschlossen, „die bei allen Teilnehmern das Gefühl der Zusammengehörigkeit stärkte und neuen Ansporn für die Zukunft gab“. Vonseiten der organisierten Südtiroler Jugend hatte die Kreisjugendführung teilgenommen.
 
Im März 1944 versammelte der Kreis Schlanders seine Lehrer zu einer informativen Zusammenkunft im Theatersaal von Kortsch. Das Motto in Kortsch lautete: Glaube und Kameradschaft. Wiederum leitete eine „Morgenfeier“ den Tag ein. Wie in Meran übermittelten auch hier Vertrauensleute des Obersten Kommissars Franz Hofer aus dem Gau Tirol-Vorarlberg die ideologischen Grundsätze. Besonders Presseamtsleiter Franz Pisecky nützte, wie so oft in Südtirol, die Versammlung für einen scharfzüngig propagandistischen Auftritt. Über Inhalt und Verlauf der Tagung unterrichtet das Bozner Tagblatt vom 2. März 1944, Seite 5:
 
„Kreisleiter [Wilhelm] Wielander wies auf die Stellung der Erzieher in unserer Volksgruppe hin und forderte diese zum vollen Einsatz auf. Anschließend sprach Oberbereichsleiter [Hans] Bernard über die verantwortungsvolle Aufgabe des Erziehers und seine besondere Berufung in dem gegenwärtigen Schicksalsringen des deutschen Volkes. Er wies darauf hin, daß es die Pflicht des Erziehers sei, unserem wertvollen Gut, dem heranwachsenden Kinde, Liebe zu Volk und Heimat, Siegeszuversicht, Lebensbejahung und Gemeinschaftsgeist ins Herz zu legen. Eine angeregte Aussprache über verschiedene die Schule betreffenden Fragen beschloß den Vormittag.
 
Am Nachmittag vermittelte Kreisleiter Innerhofer einen kurzen Rückblick über die Entwicklung unserer Schule. Darauf sprach Oberbereichsleiter Pisecky, der in mehrmals von Beifall unterbrochener Rede den teuflischen Haß und den Vernichtungswillen unserer Feinde aufzeigte und diesem Vernichtungswillen unserer Gegner das aufbauende Werk unseres Führers und die Folgerichtigkeit unserer Weltanschauung gegenüberstellte. Der Redner geißelte besonders die Wühlarbeit des Weltjudentums, dem jedes Mittel recht erscheint, sein jahrtausendealtes Ziel, die Weltherrschaft, zu erreichen und schloß seine Ausführungen mit einer Mahnung zur Opferbereitschaft und zum vollen Einsatz jedes Einzelnen im Kampfe um den Bestand der Nation und der Sicherung des Reiches Adolf Hitlers. Mit den Liedern der Nation endete der Appell der Erzieherschaft, der sicherlich für alle Teilnehmer einen nachhaltigen Eindruck erbrachte.“
 
Um sich über die praktischen Fortschritte der Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit persönlich zu informieren, besuchte der Oberste Kommissar Franz Hofer zum Schulschluss „deutsche Oberschulen“, die für Buben in Brixen und die für Mädchen in St. Christina in Gröden. Im Bozner Tagblatt vom 5. Juli 1944, Seite 5, wird darüber berichtet:
 
„Der Oberste Kommissar, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer besuchte vor einigen Tagen die deutsche Oberschule für Jungen in Brixen und die deutsche Oberschule für Mädchen in St. Christina in Gröden. In Brixen waren die Jungen zum Empfang im Freien um den Fahnenmast angetreten. Nach der Meldung durch Oberstudiendirektor Dr. Grüner ließen sportliche Darbietungen der Jungen und Unterrichtsproben den Obersten Kommissar Einblick in die Aufbauarbeit der Schule gewinnen.
 
In St. Christina empfingen die Mädchen in ihrer schmucken Heimattracht den Obersten Kommissar mit Darbietungen von Heimatliedern und Volkstänzen. Frau Studienrat Dr. Kas führte den Obersten Kommissar durch die Räumlichkeiten der Schule, bei welcher Gelegenheit dieser auch verschiedene Unterrichtsstunden besuchte und ebenso wie in Brixen zu den Erziehern und Schülern sprach, denen er ihre Aufgaben und Verpflichtungen besonders im Hinblick auf die heutige entscheidungsschwere Zeit und die spätere Aufbauarbeit nach dem Siege eindringlich vor Augen führte.“
 
Selbst Feiern zum Schuljahrsende dienten propagandistischer Aktion:
 
„Die hiesigen Schulen haben nunmehr ihre Tore geschlossen und der Jugend Ferien gegeben. Zum Abschluß fand eine schlichte Feier statt, zu der auch Ortsgruppenleiter Ernst Lüftner und Kamerad v. Grebmer gekommen waren. Die Jugend hatte im Schulhof Aufstellung genommen und sang bei der Fahnenhissung das Lied Heilig Vaterland [Deutscher Schwur: ‚Heilig Vaterland! In Gefahren deine Söhne steh’n‘, Text: Rudolf Alexander Schröder, 1914, Melodie: Heinrich Spitta, 1933]. In einer Ansprache würdigte Zonenschulmeister Mühlsteiger die Arbeit, die Lehrer und Schüler im abgelaufenen Schuljahr vollbrachten und appellierte besonders an die aus der Schule Scheidenden, die größtenteils in die hiesige Hauptschule oder Oberschule übertreten, auch in Zukunft mit allem Eifer zu arbeiten, um einmal tüchtige Glieder der Volksgemeinschaft zu werden. Nach dem Einholen der Flagge schloß der gemeinsame Gesang des Heimatliedes [‚Wohl ist die Welt‘] die Schlußfeier“ (Bozner Tagblatt vom 11. Juli 1944, Seite 6).
 
Während die Südtiroler Jugendlichen in der Schule weltanschaulich in nationalsozialistischem Sinn erzogen werden sollten, so wurde dieses Bestreben im Bereich der organisierten Jugend der Deutschen Volksgruppe natürlich noch strategisch weit mehr ausgeklügelt praktiziert. Dazu trugen vor allem Jugendlager bei, wo die jungen Menschen exklusiv dem ideologischen Einfluss ausgesetzt waren. Diese Camps kamen mit ihren sportlichen und spielerischen Elementen den Vorlieben der Jugendlichen sehr entgegen, doch bezweckten sie in erster Linie deren gedankliche Bindung an die Ideologie des Nationalsozialismus. Bei einem Jugendlager von 26 Buben aus Rodeneck gehörten zum Beispiel folgende Unternehmungen zum achttägigen Kurs:
 
„Neben verschiedenen lehrreichen Vorträgen über das Leben des Führers, die deutsche Geschichte und Geographie, Heimatkunde, Brauchtum usw. erhielten sie auch eine körperliche Ausbildung. Bei Sport und Gemeinschaftsspielen in freier Luft sowie bei kameradschaftlichen Abenden wuchsen die Jungen zu einer unzertrennlichen Gemeinschaft zusammen […]“ (Bozner Tagblatt vom 17. April 1944, Seite 3). Ideologische Prinzipien wie Heimatliebe, Kameradschaft oder Pflichterfüllung fanden auf diese Weise spielerisch Eingang in das Selbstverständnis der jungen Menschen.
 
Bei einem ganztägigen Jugendlager in Pfitsch war „weltanschauliche Schulung“ mit „Geländespielen“ verbunden. Selbstverständlich prägte das Singen von Heimat- und HJ-Liedern den Kursalltag. „Im Laufe des Tages besuchte Kreisjugendführer [Alois] Larch das Lager und sprach zu den Jungen über die Aufgaben und Pflichten eines deutschen Jungen sowie über deutsche Geschichte und Heimatkunde. Singend kehrten die Lagerteilnehmer in ihre Dörfer [Pfitsch und Tulfer] zurück“ (Bozner Tagblatt vom 1. August 1944, Seite 5).
 
Schon die Jüngsten, die Pimpfe und Jungmädel, waren in das Schulungsprogramm einbezogen, wenngleich bei ihnen das spielerische, sportliche Element dominierte. Die Vermittlung weltanschaulicher Themen geschah altersspezifisch aufbereitet. Über ein solches „Pimpfenlager“ berichtet das Bozner Tagblatt vom 2. August 1944, Seite 5:
 
„Die Kreisjugendführung Schlanders beendete ihre Pimpfen- und Jungmädel-Sommerlager. Die Pimpfe waren im Zufritthaus im Martelltal, die Mädel im Hotel Wenter in Graun untergebracht. Für alle, die an diesen Lagern teilnehmen konnten, waren sie ein einmaliges Erlebnis. Begünstigt von schönem Wetter, boten die Lager der Jungen und Mädeln aus dem Vintschgau Gelegenheit, in Sport und Spiel ihre Kräfte zu messen und sich die Grundlagen für den Erwerb der Leistungsabzeichen zu erwerben. Daneben wurden sie durch Vorträge über das Zeitgeschehen unterrichtet.
 
Die Lager gaben die Anregungen für die Sommerarbeit in den Standorten.“
 
Dass mit den Pimpfen auch bereits die Jüngsten im Schießen ausgebildet wurden und ihre diesbezüglichen Fertigkeiten im Rahmen von Wettkämpfen demonstrierten, bringt ein Bericht im Bozner Tagblatt vom 3. April 1944, Seite 3, nahe, mit Informationen über Jugendaktivitäten in Sterzing.
 
Erst Ende März 1945 führte die Kreisjugendführung von Schlanders ein eigenes „Mädellager“ in Sulden durch: „Die Tage waren mit Schulung, Singen, Werkarbeit, Sport, Heimatkunde und nicht zuletzt mit Schilaufen ausgefüllt. Die Mädel waren mit Begeisterung bei Schulung, Dienst und Sport und kehrten braungebrannt und in froher Stimmung nach Hause zurück“ (Bozner Tagblatt vom 4. April 1945, Seite 3).
 
Schilager waren für Mädchengruppen obligatorisch:
 
„22 Jungmädel unseres Kreises fanden sich unter Leitung der Jungmädelführerin Flora Kehrer in der Pension Pittscheider in Wolkenstein zu einem achttägigen Schilager ein. Singstunden und Heimatabende brachten Abwechslung in das bunte Lagerleben, dessen Krönung natürlich die Ausübung des weißen Sports war. Schon vorher waren 25 andere Mädel unter Führung der Kreismädelführerin Taschler in Wolkenstein auf Schilager gewesen. Die sportliche Ausbildung der beiden Lehrgänge betreute Kameradin Midl v. Call“ (Bozner Tagblatt vom 12. April 1944, Seite 5).
 
Für die ideologische Beeinflussung der Jugendlichen wirkten Filmvorführungen besonders effektiv:
 
„Mit einer kurzen Ansprache eröffnete Bannführer Lang die erste diesjährige Jugendfilmstunde der Jugend in Brixen. Daß dazu gleich 280 Jungen und Mädel des Standortes Brixen und Umgebung kamen, zeigt, mit welcher Freude die Jugendfilmstunde aufgenommen wurde. Es lief der Film Kameraden, der in besonders enger Beziehung zur heutigen Zeit steht und eindrucksvoll den Typ des politischen Soldaten dem des Kämpfers gleichstellt“ (Bozner Tagblatt vom 16. Februar 1945, Seite 3).
 
Besondere Aufmerksamkeit legte man auf die Ausbildung der Führungskräfte, für die eigene Schulen eingerichtet wurden. Für Mädchen befand sich eine solche auf der Fragsburg, südöstlich oberhalb von Meran. Über Organisation und Inhalt des Unterrichts informiert das Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 3:
 
„Hoch über dem Etschtal, von Meran aus in einer guten Stunde erreichbar, erhebt sich auf einer Felsbastei das alte Gemäuer der Fragsburg. Im ehemaligen Hotel, das sich an die Sonnseite des Burgfelsens lehnt, ist seit kurzer Zeit eine Mädel-Führerinnen-Schule untergebracht.
 
Man hätte sich kaum einen besseren Platz dafür aussuchen können […, um] ihnen den Begriff ‚Schönheit der Heimat‘ zum unverlierbaren Besitz fürs Leben werden zu lassen.
 
Damit ist eigentlich ein wesentlicher Punkt des Lehrprogramms bereits aufgezeigt. Die Heimat in allen ihren Aueßerungen als Natur und Kultur, als Landschaft und Brauchtum bildet einen guten Teil dessen, was die Mädel außer der weltanschaulichen Ertüchtigung und der Erziehung zum Gemeinschaftsbewußtsein mit auf den Weg bekommen, nun selbst künftig führen zu können.
 
Dazu kommt die überaus günstige nähere Umgebung der Schule. Ein weiter Platz vor dem Hause, beschattet von wenigen alten Bäumen, ist wie geschaffen für Tänze und Spiele, geschützte Terrassen dienen dem Unterricht in Luft und Sonne und ein Schwimmbad wartet auf heiße Tage […].
 
Eine Schulleiterin und eine Kulturbeauftragte haben die Führung der Schule in Händen. Die Schulungskurse und damit die Teilnehmerinnen wechseln etwa alle zwei Wochen. Es handelt sich um kulturelle, sportliche oder, wie im Falle unseres Bildberichtes, um musikalische Lehrgänge […]“.
 
Die politisch Verantwortlichen der Deutschen Volksgruppe trugen dezidiert Sorge für die nachschulische Erziehung, „um für die Zukunft wertvolle Kräfte heranzubilden, deren Aufgabe es sein soll, das arteigene Leben zu erhalten, es zu pflegen und zu fördern“. Zum Zweck dieser ideologieorientierten Bemühung wurde im Kreis Meran ein spezielles „Schulungslager“ errichtet (Bozner Tagblatt vom 31. Jänner 1944, Seite 3):
 
„[…] Das erste dieser Art, für Landmädel bestimmt, fand kürzlich im Leichterhof in Obermais statt, der mit seinen neuzeitlichen Einrichtungen und dem schönen Garten allen Anforderungen entspricht. Unter der Leitung von Kreismädelführerin Friedl Zipperle konnten 40 Mädel durch 10 Tage in bestimmter Tageseinteilung, neben der Allgemeinbildung und schulmäßigen, zeitentsprechenden Ausrichtungen, in Vorträgen über Heimatkunde, Geschichte und Geographie das Wissen erweitern. Reiche Abwechslung boten die Stunden, in denen Singen, Spiel und Sport, Volkstanz und praktische Werkarbeit angesetzt waren. Weiters wurde auch Gelegenheit geboten, sich die wichtigsten Kenntnisse in der Krankenpflege und ersten Hilfeleistung anzueignen. Die Heimabende, in denen das Leben und Wirken hervorragender Vorkämpfer des nationalsozialistischen Deutschlands und das Werden desselben erzählt wurde, lösten besondere Aufmerksamkeit aus. Reichlich wurde die Freizeit dazu benutzt, um sich gegenseitig näher zu kommen und die Kameradschaft zu pflegen. Wenn sich auch die Mädel, die aus den verschiedenen Ortes des Kreises kamen, anfänglich in einer ungewohnten Umgebung fühlten, so war doch in kurzer Zeit eine innere Verbundenheit zu gemeinsamem Wollen und eine echte Kameradschaft zu verspüren. Sicher ist jede der Teilnehmerinnen in dem Bewußtsein, recht angenehme und für das weitere Leben lehrreiche Tage verlebt zu haben, aus dem Gedanken, das, was sie erlebte, hinauszutragen in ihr Dorf und dort an der Gemeinschaftsarbeit nach besten Kräften mitzuwirken, zum Wohl und Gedeih der Volksgruppe. Wollen wir hoffen, daß das nächste Lager, das vom 1. bis 10. Februar [1944] stattfindet, von eben solchem Erfolg gekrönt sei, wie das erste.“
 
Ein Lager mit ähnlicher Intention befand sich in St. Christina im Grödental. Im März 1945, also wenige Wochen vor Kriegsende, besuchten dort 63 Mädchen aus dem Kreis Bozen einen achttätigen Lehrgang für Luftschutz und Erste Hilfe.
 
Kreisleiter Franz Kiebacher, dessen Auftritt in St. Christina vor allem den dortigen Standschützen galt – sie begrüßten ihn mit dem Lied Hellau!, kam im Verlauf seiner Inspektionsreise auch zu Besuch in das dortige Rolf-Hildebrand-Haus, wo ihn die Mädel „mit einem schönen Volkslied“ empfingen und er eine Unterrichtsstunde besuchte. Dabei überzeugte er sich, dass „die Mädel mit großem Eifer sich diese besonders am Lande so wichtigen Kenntnisse aneignen, die sie für Gesundheitspflege der bäuerlichen Familie gut verwerten können“ (Bozner Tagblatt vom 20. März 1945, Seite 3). Weiters wird mitgeteilt, dass der Kreisleiter noch das „Bannausbildungslager“ in Wolkenstein auf seiner Inspektionstour hatte, „wo die Jungen in regelmäßigem Zeitabstand immer wieder in achttägigen Uebungen ihrer vormilitärischen Ausbildung obliegen. Waffenhandhabung und Geländeübungen sind die wesentlichen Unterrichtsgegenstände, während in dem mehrwöchigen Wehrertüchtigungslager, das sich unweit davon befindet, hiezu auch die militärischen Ordnungsübungen kommen“.
 
Ein solches „Wehrertüchtigungslager“ wurde im September 1944 für die Jugend der Oberschule Brixen durchgeführt. Im Schulungsheim in Plan (im hinteren Grödental), „inmitten der schönen Dolomitenwelt“, erhielten die Jungen neben sportlicher Ausbildung „Unterricht in verschiedenen anderen Fächern, vor allem aber in der Wehrertüchtigung“. Kreisleiter Josef Hinteregger überzeugte sich bei seinem Besuch im Rahmen einer Vorführung des bereits Erlernten vom Stand der Ausbildung. Dabei richtete er an die Teilnehmer „den Appell, immer und überall als stramme deutsche Jungen ihrer Pflicht nachzukommen, so wie es von jeher eines jeden Tirolers Stolz und Ehre war“ (Bozner Tagblatt vom 26. September 1944, Seite 3). Dass eine solche „Pflichterfüllung“ auch durchaus ernsten Charakter in der Realität der Kriegssituation annehmen konnte, wird der Südtiroler Bevölkerung mit einem Artikel im Bozner Tagblatt vom 30. Oktober 1944, Seite 4 anhand der summarischen Wiedergabe einer Rede des Reichsjugendführers Artur Axman kundgetan:
 
„Axmann erklärte, die Jugend des Großdeutschen Reiches habe das Gebot der Stunde erkannt. Dem infernalischen Haß und Vernichtungswillen des Gegners träte sie, wie die Avantgarde des Glaubens, der Einsatzbereitschaft und Standhaftigkeit entgegen.
 
Auf der vormilitärischen Ausbildung der Hitler-Jugend aufbauend, erfolge die Aufstellung geschlossener Einheiten des Jahrganges 1928 unter Führung der Hitler-Jugend im Volkssturm. Er erfahre hier in Zusammenarbeit von Hitler-Jugend und Reichsarbeitsdienst in mehrwöchigen Lagern eine erweiterte vormilitärische und militärische Ausbildung, während die jüngeren Jahrgänge wie bisher in jugendmäßiger Form in den Wehrertüchtigungslagern der Hitler-Jugend vormilitärisch vorbereitet werden.
 
Die deutsche Jungend erreiche nun den Stand totaler Einsatzbereitschaft. Die in Frage kommenden Jahrgänge ständen bereit, ihren Werkplatz zu verlassen, Hammer und Pflug mit der Waffe zu vertauschen und gründlich ausgebildet, dem Gegner entgegenzutreten. Die Jugend in Waffen ist aufgestanden zum Kampf für die Freiheit unseres Volkes bereit.“
 
Die Begeisterungs- und Leistungsfähigkeit der Jugend wurde in Wettbewerben gezielt gesteigert. Bei einem Leistungswettkampf überzeugte sich die Beauftragte des Obersten Kommissars Hofer, Dr. Waltraud Mignon, vom Ausbildungsstand der Salurner Mädel und Jungmädel. „Besondere Anerkennung sprach sie den Salurner Jungmädeln aus, die mit heller Begeisterung und größtem Fleiß ihren Pflichten als deutsche Mädel nachgekommen waren“ (Bozner Tagblatt vom 3. Mai 1944, Seite 3). Dieser „Gruppenleistungswettkampf“ hatte in Salurn erstmalig stattgefunden. Dabei wurden vor allem die Leistungen auf den „Gebieten der Schulungs-, Kultur- und Sportarbeit, sowie des Kriegseinsatzes gewertet, wobei besonderes Gewicht auf die Schulungsarbeitgelegt wurde“. Die Salurner Mädel und Jungmädel mussten bei ihrem Wettstreit die im weltanschaulichen Unterricht erworbenen Kenntnisse demonstrieren, über Begebenheiten aus dem „Leben des Führers, aus der Kampfzeit des Reiches und aus dem jetzigen Zeitgeschehen“ referieren. Auch die „Heimatkunde“ war Disziplin des kameradschaftlichen Wetteiferns. „Auf Disziplin, Haltung und Kleidung wurde bei diesem, wie überhaupt bei allen Gruppenleistungswettkämpfen, die in diesen Tagen in allen Kreisen stattfanden, besonderer Wert gelegt.“
 
Über einen anderen „Gruppenleistungswettkampf“ der „Mädel“ in Brixen informiert das Bozner Tagblatt vom 9. Mai 1944, Seite 3:
 
„Im Saale der Kreisleitung fanden kürzlich im Beisein des Kreisleiters [Josef] Hinteregger, der Mädelführerin Martha Zipperle und des Ortsgruppenleiters Saxl, 97 Jungmädel der Stadt zusammen, um sich am Gruppenleistungswettkampf der Mädelschaft zu beteiligen. Mit einem Lied und Spruch begann die Tagung, worauf Kreismädelführerin Nanndl Taschler den Leistungswettkampf eröffnete. Kameradin Zipperle sprach zu den Jungmädeln und stellte an sie Fragen über das Leben des Führers, unseren Kampf und Heimatkunde. Mit einigen Liedern und einem Marsch durch die Stadt endete der Appell. Abends trafen sich dann 68 Kameradinnen der Mädelschaft aus Brixen, Pfeffersberg und Elvas. Sämtliche Mädchen waren in ihrer Heimattracht erschienen, wobei die neu angefertigte Bauern-Mädeltracht der Pfeffersbergerinnen in ihrer sauberen Einfachheit besonders auffiel. Die Chöre der einzelnen Mädelgruppen sangen verschiedene Heimatlieder, worauf eine Turnergruppe der Mädel einige Uebungen vorführte. Besonderen Gefallen erweckten die darauf besichtigten Werkarbeiten, woran sich hauptsächlich die Pfeffersberger-Mädeln eifrigst beteiligt hatten. Unter den ausgestellten Dingen befanden sich außer netten Spielsachen auch kunstvolle Handarbeiten, sowie viele Stricksachen für unsere Soldaten. Der Kreisleiter sprach über die Arbeit der Mädelschaft und die Wichtigkeit des totalen Einsatzes derselben in der Heimat. Mit dem Lied ‚Es war amol an Abend spat’ schloß der Appell, der neuerdings ein Beweis war, was deutsche Mädchen als treue Mithelferinnen an der inneren Front trotz vielseitiger beruflicher und häuslicher Beschäftigung noch zu leisten imstande sind.“
 
Ein Spezifikum der „Mädel“ und „Jungmädel“ war der „Singwettstreit“. Musik, besonders Singen, war ein wesentlicher Bestandteil im Ausbildungsprogramm der Jugendorganisation. Der „Singwettstreit“, der im Gau Tirol-Vorarlberg schon Tradition hatte und vor allem im Rahmen von Kreisschießen oder Kulturtagen der Hitler-Jugend gepflegt wurde, war nun auch in Südtirol aktuell. Das Bozner Tagblatt vom 6. Mai 1944, Seite 7, berichtet über einen Singwettbewerb der „Mädel und Jungmädel“ in Bruneck:
 
„Am vergangenen Sonntag [4. 5. 1944] fand im Heim der Jugend ein Singwettstreit der Mädel- und Jungmädel-Singscharen des Kreises Bruneck statt. Es beteiligten sich daran 5 Mädel- und 6 Jungmädel-Singscharen von je 15 Mädeln, welche durch Absingen von 2 Pflichtliedern und 3 Liedern nach freier Wahl zeigten, was sie sich in den letzten Monaten gemeinsam erarbeitet hatten. Mitbewertet wurde auch die Haltung der Mädel sowie die Tracht der Singschar. Zwischendurch wurden 2 Laienspiele aufgeführt und zwar: Die natürliche Nachtigall von der Mädelschar Toblach und das Rumpelstilzchen von der Jungmädel-Spielschar Bruneck. Die Jungen, die am selben Tage eine Wochenendschulung hatten, nahmen an den Spielen und [am] Singwettstreit teil und zollten ihren Beifall. Der Wettstreit hatte folgendes Ergebnis: Jungmädel: 1. St. Vigil; 2. Bruneck; 3. Sexten; 4. St. Lorenzen. Mädel: 1. Bruneck; 2. Sexten; 3. Niederdorf; 4. Welsberg.“
 
Wie in Meran gehörte ein „Singwettstreit“ in Salurn zum Rahmenprogramm des Kreisschießens 1944:
 
„Anläßlich der feierlichen Eröffnung des ersten Kreisschießens in Salurn fand in Anwesenheit des Obersten Kommissars Franz Hofer im Festsaal der Kreisleitung ein Singwettstreit der Mädelschaft des Kreises statt. Da die Bewertung der einzelnen Gruppen nicht nur nach ihrem technischen Können, sondern auch unter Berücksichtigung der Tracht und Haltung erfolgte, war der Wettstreit besonders interessant. Jede der Singgruppen hatte zwei Pflichtlieder zu singen. Den ersten Preis errang außer Konkurrenz Auer vor Kurtatsch, Salurn und Montan. Bei den Jungmädeln wurden Margreid, Salurn und Kurtatsch gleich gut bewertet. Die Leistungen der Mädel waren durchwegs sehr gut und zeigen von der Freude der Jugend am deutschen Lied und Brauchtum“ (Bozner Tagblatt vom 26. Juni 1944, Seite 3).
 
Den Höhepunkt des Wettkampfjahres bildete sicherlich das „Erste Bann-Sportfest der Jugend“, das im August 1944 in Brixen mit Beteiligung der Standschützenmusikkapelle von Wiesen durchgeführt wurde. Das Bozner Tagblatt vom 12. August 1944, Seite 9, berichtet:
 
„In Brixen fand das Bann-Sportfest der Jugend statt. Von der Jugendherberge marschierte der Zug der Teilnehmer an, an der Spitze die schneidige Standschützen-Musikkapelle von Wiesen in ihrer farbenfrohen Tracht, welcher rund 250 Jungen und Mädel, teils in Turnkleidung, teils in Tracht, folgten. Am Sportplatz, wo sich viele Zuschauer eingefunden hatten, fand zuerst die Meldung an den Kreisjugendführer Kamerad[en Alois] Larch statt. Dann folgte eine schlichte Morgenfeier. Nach dem Fahneneinmarsch und der Flaggenhissung sprach der Kreisjugendführer über den Sinn der Veranstaltung sowie den Wert der körperlichen Leibesertüchtigung unserer Jugend und gab seiner Freude Ausdruck, daß die Jungen und Mädel so zahlreich zu diesem Feste erschienen waren. Es begann nun ein reger Betrieb am Sportplatz, der den ganzen Tag über dauerte […, mit Wettlauf, Weitsprung, Ball- und Keulenweitwurf etc.].
 
So warf z. B. ein Bauernjunge der Klasse B die Keule 46 Meter, während ein Mädel die 75 Meter in 11.3 Sekunden lief. Gegen Mittag waren sämtliche Wettkämpfe abgewickelt, worauf die gesamte Jugend, begleitet von der Musik, zur Herberge marschierte, wo es ein ordentliches Mittagsmahl gab. Nachmittags kam dann ein Freundschaftsspiel im Fußball zwischen Brixen und Sterzing zur Austragung, welches von Brixen mit 3 zu 1 Toren gewonnen wurde. In gut gewählter Reihenfolge wurden verschiedene Vorführungen wie Reifengymnastik, Jungenspiele, Reiterkampf, Tauziehen, Kampf im Kreis, Jungmädeltanz mit Musik usw. gegeben, welche allgemein gefielen […].
 
Unter Musikbegleitung wurde vom Sportplatz abmarschiert. Alle Jungen und Mädel brachten offen ihre Freude über den schönen Tag voller erstmaliger Erlebnisse zum Ausdruck und versprachen freudigen Herzens, wiederzukommen.“
 
"Sportwettkämpfe" waren auch der Anlass für ein "Jugendtreffen" im August 1944 auf den Wiesen von Matschatsch (Gemeinde Eppan), an denen 164 Jungen und Mädchen teilnahmen.


Verbunden damit war ein assoziativ nachdrücklich wirkendes Erlebnis von "Heimat" im Ambiente einer sinnlich überwältigenden Naturkulisse: "[…] Kamerad Sandrini als Vertreter des Kreisleiters, die Standschützenmusikkapelle von Kaltern sowie eine Menge von Zuschauern verfolgten die Wettkämpfe und wohnten auch der Siegerehrung sowie Volkstänzen der Jugend bei. Zum Abschluß sprach der Kreisjugendführer von dem wunderbaren Aussichtspunkt auf dem Matschatscher Felsen über die Geschichte des Landes und über die Wehrhaftigkeit der Ahnen. Er schloß mit der Aufforderung, der Vorfahren immer wert zu sein."(Tiroler Landbote vom 25. August 1944, Seite 4).
 
Gewissermaßen als Rechtfertigung gegenüber den Eltern, aber auch aus Freude am Erlernten wurden „Elternabende“ veranstaltet. Bei diesen Vorführungen wurde ein Einblick in die vielfältige Kulturarbeit der Jugendorganisation geboten. Bei einem Elternabend im Februar 1944 präsentierte die „Mädelschaft“ von St. Pauls das Märchenspiel Der Froschkönig und mehrere heitere Einakter. „Lieder und Gesangsvorträge wechselten in bunter Folge“, meldet das Bozner Tagblatt vom 25. Februar 1944, Seite 3, außerdem: „Das Streichorchester von St. Pauls stellte sich wie immer bereitwilligst in den Dienst der Volksgemeinschaft und erfreute die Zuhörer durch flott gebrachte Musikvorträge.“
 
Das Märchenspiel Der Froschkönig war ebenfalls Mittelpunkt beim Elternabend der Jungmädelschaft von St. Lorenzen am Ostermontag 1944. Dazu kamen „in wechselvoller Reihe frohe Frühlingslieder und Gedichte, sowie ein Reigen zur Aufführung“ (Bozner Tagblatt vom 14. April 1944, Seite 3). Auch die Jungmädelschaft von St. Vigil in Enneberg hatte neben Liedern und Reigen den Froschkönig auf dem Programm ihres Elternabends und erzielte damit reichlich Beifall (Bozner Tagblatt vom 21. April 1944, Seite 3).
 
Bei einem ähnlich mit Theaterstücken und musikalischen Darbietungen konzipierten Elternabend im großen Saal des Hotels Excelsior in Brixen erläuterte Kreisjugendführer Willy Acherer Sinn wie Zweck der Jugendarbeit und sprach über deren unbedingte Notwendigkeit (Bozner Tagblatt vom 1. März 1944, Seite 5).
 
Elternabende waren wohl sehr beliebt, sie wurden oft wegen des großen Besucherandrangs wiederholt, etwa in Lana, wo die jungen Spieler der Mädelschaft das Stück Prinzessin Hollala neben Heimatliedern und Reigen in „gewinnender Weise“ vorgestellten (Bozner Tagblatt vom 8. April 1944, Seite 2). Im Jänner 1945 hatte der Elternabend in Girlan derartig Erfolg, dass sogar zwei Wiederholungen erfolgten, um das Publikum zufriedenzustellen. „Das abwechslungsreiche Programm der Veranstaltung sah neben schönen Liedvorträgen drei kleine Einakter vor, die mit besonderem Beifall aufgenommen wurden“ (Bozner Tagblatt vom 27./28. Jänner 1945, Seite 7). Bei einem Elternabend in St. Pauls im Februar 1945 kamen neben der Mädelschaft, die „mit schönen Liedern, einem Märchenspiel, mehreren heiteren Einaktern und Volkstänzen den Zuhörern frohe Stunden bereiteten“, die Burschen mit einem heiteren Einakter zum Zug. Auch sie ernteten viel Beifall. „Da der Saal im Schwarzen Adler nicht alle Zuschauer fassen konnte, wurde die Veranstaltung auf allgemeinem Wunsch wiederholt“ (Bozner Tagblatt vom 15. Februar 1945, Seite 3).
 
Bei einer Elternversammlung Anfang April 1945, wenige Wochen vor Kriegende, referierte der Leiter des Bannausbildungslagers Villnöß, Oberscharführer Franz Falch, über die Kriegslage und erklärte den Eltern die Notwendigkeit einer Ausbildung in den Wehrertüchtigungslagern. „Die Versammlung wurde von den Besuchern des Bannausbildungslagers mit Liedern umrahmt“ (Bozner Tagblatt vom 3. April 1945, Seite 2).


Übernahme von Usancen und Parteifesten der NSDAP

Mit dem Einmarsch der Wehrmacht und der Bildung der Operationszone Alpenvorland breitete sich in der Deutschen Volksgruppe eine Aufbruchstimmung aus, die in ihrer Intensität an die Euphorie in Nordtirol im März 1938 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnert. Versammlung reihte sich an Versammlung. Mit propagandistischer Umtriebigkeit, mit begeisterter Anteilnahme wurden Gedenkzeremonien der NSDAP und sonstige gesellschaftliche Errungenschaften der Partei in Szene gesetzt. Die Berichte im Bozner Tagblatt geben vielfach eine Atmosphäre wieder, als wäre der Krieg schon gewonnen und alle Tatkraft der parteikonformen Umstrukturierung des Landes nach dem Vorbild des Gaues Tirol-Vorarlberg gewidmet. Während dort jedoch die meisten Parteifesttage schon halbherzig abliefen, vielfach nur mehr getragen durch die aktive Teilnahme von Funktionären, so waren in Südtirol diese Anlässe öffentliche Manifestationen, bei denen sich die Hoffnung großer Teile der Bevölkerung für eine bessere Zukunft im ideologischen und organisatorischen Verbund mit den deutschen Brüdern einen demonstrativen Rahmen schuf. Dieses Faktum erweist beispielsweise ein Bericht im Bozner Tagblatt vom 1. Februar 1944, Seite 3, von der Feier in Erinnerung an die Machtübernahme der NSDAP in Deutschland am 30. Jänner 1933, zu der der Kreisleiter von Bozen in den Festsaal der Volksschule geladen hatte:
 
„Alle Gliederungen der Volksgruppe waren vertreten. Sein besonderes Gepräge erhielt der Saal durch die zahlreichen Uniformen und Trachten“. Eingeleitet wurde die Zeremonie mit einer „feierlichen Musik“ von Josef Eduard Ploner, „unserem heimischen Komponisten“, die die „neugegründete Kapelle des Standschützenverbandes“ unter der Leitung von Cyrill Deutsch spielte. Einem Gedicht von Heinrich Anacker folgte das von der „ganzen Gemeinschaft“ gesungene Lied „Ein junges Volk steht auf“ (Text und Melodie: Werner Altendorf (1906-1945), ca. 1934/35), das vom Orchester begleitet ideal den tieferen Sinn der Gedenkfeier erklärte. Es leitete über zur Rede des Kreisjugendführers Gefreiten Heinz Gschwendt. Den Höhepunkt seiner populistisch nach dem Erwartungsmuster seiner „Kameraden“ geprägten Argumentation erreichte er in der vom Auditorium heftig akklamierten Feststellung, „dass nur durch die Erstarkung des Reichs unter Führung Adolf Hitlers Europa gerettet werden kann“. Der Kreisleiter Josef Gruber-Wenzer beschloss den Abend mit dem „Gruß an den Führer“, worauf die ideologisch aufgeheizte Atmosphäre die Lieder der Nation „machtvoll aufklingend“ bekräftigten. Mit ihnen brachte „die Gemeinschaft ihr Gelöbnis zum Kampf für das Werk des Führers zum Ausdruck“.
 
Über die Bozner Gedenkfeier erschien in den Innsbrucker Nachrichten vom 3. Februar 1944 auf Seite 3 ein Bericht, um im Gaugebiet Tirol-Vorarlberg demonstrativ von der überzeugenden Anteilnahme der Südtiroler an der Parteiarbeit zu informieren, damit womöglich Vertrauensbereitschaft und Zuversicht zu stärken. Über welch immense Kraft die Propagandamacht der NSDAP offensichtlich verfügte, zeigt der Umstand, dass noch im Jänner 1945 viele Südtiroler Landgemeinden den 30. Jänner mit Gedenkzeremonien feierten. So veranstaltete die Ortsgruppe Kastelruth am 30. Jänner 1945 eine „Feierstunde“ im Saal des Gasthofes Lamm, „der alle Kameraden und breite Kreise der Bevölkerung beiwohnten“ Über den Verlauf teilt das Bozner Tagblatt vom 31. Jänner 1945, Seite 3, mit:
 
„Eingeleitet wurde die Feier mit Liedern der Mädelschaft, einem Gedicht und einer kurzen Lesung. Hierauf ergriff Ortsgruppenleiter Dr. [Walter] Simek das Wort. Er hielt einen Rückblick auf die Kampfjahre und betonte, daß, gleich wie damals in den schwersten Zeiten, auch heute wieder der unerschütterliche Glaube und das feste Vertrauen auf unseren Führer das Unterpfand unseres Sieges sind. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen gab der Redner ein Bild von der gegenwärtigen Lage und verwies auf die Notwendigkeit, daß jeder Volksgenosse in der Heimat seine Pflicht restlos erfülle und alle seine Kräfte in den Dienst des totalen Kriegseinsatzes stelle. Mit dem Gruß an den Führer und den Liedern der Nation fand die Feierstunde ihren Ausklang.“
 
In gleicher Weise dienten alle anderen Feiern dem Appell an Gefolgschaftstreue und Siegeszuversicht. Die jeweiligen Ortsgruppenleiter erinnerten in ihren Reden an den schweren Kampf der Partei in ihrer Gründerzeit, der schließlich zum Sieg führte. Sie ermahnten ihre Zuhörer, gestärkt durch dieses Beispiel, im Glauben an den Endsieg, „im unerschütterlichen Vertrauen auf den Führer“ ihre Pflichten zu erfüllen. Die Konsequenz einer Niederlage wäre die völlige Vernichtung und Versklavung der Bevölkerung, lautete das Drohszenario, vermittelt mit „eindringlichen Worten“.
 
Von einer solchen Feierlichkeit in Deutschnofen meldet das Bozner Tagblatt vom 2. Februar 1945, Seite 3:
 
„Im Saale des Schloßturmes fand in Anwesenheit aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ortsgruppe die Feier zum 30. Jänner statt. Ortsgruppenleiter Sepp Geisler schilderte in seiner Rede den Kampf des Führers vor der Machtübernahme und verglich die schweren Stunden von damals mit unserem gegenwärtigen Schicksalskampf. Genau wie damals werden uns auch jetzt der feste Glaube an die Zukunft Deutschlands und das unerschütterliche Vertrauen auf unseren Führer zum sicheren Sieg führen. Lieder der Sängergruppe und Gedichte umrahmten die Feier und verliehen ihr ein besonders würdiges Gepräge.“
 
Weitere Berichte über Gedenkzeremonien zum 30. Jänner finden sich im Bozner Tagblatt für die Gemeinden St. Pauls (5. Februar 1945, Seite 3), Leifers (5. Februar 1945, Seite 3), Eppan, Girlan und Petersberg (alle 8. Februar 1945, Seite 3). Immer stand die beschwörende Rede des Ortsgruppenleiters im Mittelpunkt, nicht den Glauben an den „Endsieg“ zu verlieren. In Eppan beteiligte sich die Standschützenmusikkapelle mit einer „Festmusik“, die Jugend sang Lieder. In Girlan leitete die Feier die „Mädelschaft“ mit ihren Liedern ein. Beschlossen wurden die Festversammlungen demonstrativ mit dem „Gruß an den Führer“.
 
Die zentrale Feier zum 30. Jänner 1945 gab es wiederum in Bozen, musikalisch eingeleitet vom Standschützenorchester unter der Leitung vom Sepp Thaler. Auch hier bildete den Kernpunkt die programmatische Rede, mit dem Inhalt üblicher Propagandastrategie. Durch eine ausführliche Berichterstattung im Bozner Tagblatt am 2. Februar 1945, Seite 3, wirkte sie noch öffentlich weiter:
 
„Am 30. Jänner traten zur Feier dieses denkwürdigen Tages, an dem Adolf Hitler mit der Reichskanzlerschaft betraut wurde und die schöpferische Neugestaltung Deutschlands durch den Nationalsozialismus begann, im Kreise Bozen zu Ortsgruppenversammlungen und Ortsgruppenappellen.
 
In Bozen nahmen an dem Appell, der im Saale der Rottenbuchschule in schlichter, dem Ernst der Zeit entsprechender Weise stattfand, Kreisleiter Franz Kiebacher, Präfekt Doktor [Karl] Tinzl, Bürgermeister Dr. [Fritz] Führer und die Kameraden und Kameradinnen der Ortsgruppe Bozen teil. Die Feier wurde vom Standschützenorchester unter Leitung von Sepp Thaler mit einem Vorspiel eingeleitet. Nach einem sinnvollen Tagesspruch und einem Liede des gemischten Jugendchors sprach Kamerad Emil Heinricher über die Bedeutung des Tages, der in der Geschichte des deutschen Volkes einen entscheidenden Wendepunkt bildet. Der Redner zeigte in einem geschichtlichen Rückblick die historische Sendung des Reiches als Schutzwall Europas gegen die asiatischen Horden auf, eine Sendung, der Frankreich und England immer wieder in den Rücken fielen. Im Schmachdiktat von Versailles erreichte diese wahnsinnige europafeindliche Politik der Westmächte ihren traurigen Höhepunkt. Inzwischen war auch mit dem Industriezeitalter die soziale Frage, der die liberale Welt auch heute noch hilflos gegenübersteht, riesengroß geworden.
 
Erst der Führer wies den Weg zur Rettung aus diesem Chaos politischer und sozialer Zerrissenheit zur einzig richtigen europäischen Schicksalsgemeinschaft. Mit der ernsten Mahnung, die harte Prüfung des Willens in diesem wahrhaft revolutionären Umbruch unverzagt zu tragen und dem Führer auf dem vom Schicksal gezeichneten Wege bis zum Endsieg zu folgen, schloß Kamerad Heinricher unter lebhaftem Beifall seine eindrucksvolle Rede. Nach dem Schargesang der Jugend Volk ans Gewehr [Refrain von ‚Siehst du im Osten das Morgenrot‘, Text und Melodie Arno Pardun, 1931, Joseph Goebbels gewidmet] brachte Ortsgruppenleiter Wilhelm das ‚Sieg-Heil‘ auf den Führer aus, in das die Anwesenden mit Begeisterung einstimmten. Mit den Liedern d[er] Nation schloß die Feier.“

Die Heldengedenkfeier fand traditionellerweise im März statt und war ursprünglich den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gewidmet. Aufgrund der Fortdauer des aktuellen Krieges mit seinen unzähligen Toten, wurden nun auch diese in die Gedenkzeremonien miteinbezogen. Im Zentrum der öffentlichen Kundgebung stand die Festansprache, klarerweise völlig im Dienst der Parteipropaganda. Der Redner wartete mit den üblichen rhetorischen Phrasen auf. Er versuchte von etwas überzeugen, was viele der Anwesenden vermutlich schon gar nicht mehr glauben konnten. Für die dem Anlass gemäße „Weihemusik“ sorgte die Zwölfmalgreiener Standschützenmusikkapelle. Der Bericht im Bozner Tagblatt vom 13. März 1944, Seite 3, führt den militärisch geprägten Ablauf der Gedenkfeier vor Augen:
 
„In eindrucksvoller Form fand gestern morgens am Walt[h]erplatz [in Bozen] die Feier des Heldengedenkens statt. In großem offenen Viereck hatten Abordnungen verschiedener Wehrmachtsteile, des Polizeiregiments Bozen und des S.O.D. [Sicherungs- und Ordnungsdienstes] Aufstellung genommen, an die sich die Plätze für die Angehörigen der Gefallenen, die Dienststellen des Obersten Kommissars der Deutschen Volksgruppe und die Ehrengäste anschlossen. Rechts und links der flaggengeschmückten Tribüne schlossen das Viereck Abteilungen der Frontkämpfer, der Jugendverbände und der Frauenschaft.
 
Als Vertreter des Obersten Kommissars der Operationszone Alpenvorland Franz Hofer war Bereichsleiter [Karl] Margreiter gekommen. Weiters war Generalmajor der Polizei [Josef] Albert anwesend, ferner der kommissarische Präfekt von Bozen Dr. [Karl] Tinzl, Bürgermeister Dr. [Fritz] Führer und eine Anzahl weiterer Ehrengäste.
 
Ein dem Sinn des Tages angepaßter Spruch und [eine] von der Zwölfmalgreiener Standschützenmusikkapelle gespielte Weihemusik verklangen nach der Flaggenhissung unter tiefster Stille. Daran anschließend hielt Oberst Freiherr von Schleinitz eine Ansprache, in der er etwa folgendes ausführte:
 
Als der Führer bestimmt habe, daß jedes Jahr an einem Tag im Monat März der gefallenen Helden des Krieges 1914-18 zu gedenken sei, sei es gewiß nicht seine Absicht gewesen, einen neuen Krieg zu führen. Mancher stelle sich die Frage, ob dieser Krieg zu vermeiden gewesen wäre. Es wäre nicht nötig gewesen, wenn es nicht unsere Feinde anders gewollt hätten. Der Führer dachte nicht an kriegerische Auseinandersetzungen, er wollte sich ganz dem friedlichen Aufbau des Reiches widmen. Unsere Feinde jedoch und vor allem das Judentum zwangen den Führer, wieder an die Waffen zu appellieren, denn ihr ganzes Sinnen und Trachten ging darnach, Deutschland zu erledigen und auszulöschen […].
 
Mit dem Terror, mit dem eine krämerische Krieg[s]führung die Moral des deutschen Volkes zu brechen versuchte, hätten die Feinde zwei Dinge erreicht, die sie bestimmt nicht erwartet haben. Fürs erste einen noch festeren Zusammenhalt und zweitens einen unbändigen Haß. Dem deutschen Volk sei an und für sich Haß fremd. Erst durch diese barbarische Kriegführung sei er zum Aufflammen gekommen und jeder wünsche sehnlich den Tag der Vergeltung herbei. Man könne die Opfer, die gebracht werden müssen, nicht besser ehren, als mit dem Versprechen, unsere Pflicht noch besser zu erfüllen und auszuhalten bis zum Endsieg.
 
Nun klang die ewig schön Weise des Liedes vom Guten Kameraden auf und alle Hände erhoben sich zur Ehrung aller Toten des ersten und dieses Krieges, und auch zur Ehrung derer, die durch den Feindterror ihr Leben verloren haben.
 
Dann brauste ein vielhundertstimmiges ‚Sieg Heil’ auf den Führer über den Platz und nochmals erhoben sich die Hände zum deutschen Gruß, als die Lieder der Nation die Feier abschlossen.
 
Am Heldenfriedhof wurden hernach durch kleinere Abordnungen der Einheiten und Dienststellen Kränze niedergelegt.“
 
Auch in Auer wurde der Heldengedenktag in einer erhebenden Feier begangen, unter großer Beteiligung führender politischer Funktionäre wie Kreisleiter, Amtsleiter, Bürgermeister, Abordnungen des Frontkämpferbundes, Sicherheits- und Ordnungsdienst, ferner sämtlicher Gliederungen der Volksgruppe. Hiermit war gewissermaßen die gesamte „Volksgemeinschaft“ vor dem Ehrenmal angetreten, das sich auf dem eben erst fertig gestellten „würdigen Heldenfriedhof“ befand, als Gedenkstätte der „gefallenen Helden beider Weltkriege“. Den festlichen klingenden Beitrag leistete die „durch Bläser aus den umliegenden Gemeinden verstärkte Auerer Standschützen-Musik in Tracht“. Wie sehr bei dieser Feierlichkeit der Gedanke der Repräsentation einer in Eintracht und Gefolgschaftswillen geschlossenen Volksgemeinschaft demonstriert wurde, zeigt der sich an die Heldenehrung anschließende „Vorbeimarsch der angetretenen Formationen“. Den Verlauf der Feier erfahren wir aus dem Bozner Tagblatt vom 20. März 1944, Seite 3:
 
„[…] Die Reichskriegsflagge war am hohen Flaggenmast gehißt. Im Mittelpunkt der Feier stand die Ansprache von Hauptmann Linkenbach, der in klaren einfachen Worten die Erinnerung an die tapferen Helden des ersten Weltkrieges wachrief. Der Redner gedachte dann der Toten des gegenwärtigen Krieges an den Fronten und in der Heimat und hob die unerschütterliche Siegeszuversicht des ganzen deutschen Volkes unter seinem Führer Adolf Hitler hervor. Der Ansprache folgte die feierliche Kranzniederlegung, worauf die Feier mit dem Deutschland- und Horst-Wessellied ihren Abschluß fand. Die durch Bläser aus den umliegenden Gemeinden verstärkte Auerer Standschützen-Musik in Tracht trug mit ihren Darbietungen sehr zum Gelingen der Feier bei. Nach der Heldenehrung fand auf dem Auerer Dorfplatz der Vorbeimarsch der angetretenen Formationen statt.“
 
 
Einen zentralen Platz in der Fest-Abfolge der NSDAP hatte der Geburtstag des Führers am 20. April. Während im Gau Tirol-Vorarlberg die Hauptzeremonie in der Gauhauptstadt Innsbruck 1944 erstmals nicht mehr öffentlich, sondern im Großen Stadtsaal durchgeführt wurde, sich außerdem daran nur mehr Parteifunktionäre beteiligten, wurden in Bozen und vielen anderen Orten Südtirols eindrucksvolle Huldigungsfeiern für Adolf Hitler abgehalten. Der Festsaal der Rottenbuch-Schule in Bozen, der zu diesem Anlass eine „würdige“ Ausschmückung erhalten hatte, war am Abend des „Führer“-Geburtstages bis „auf das letzte Plätzchen gefüllt“. Das Orchester des Standschützenverbandes eröffnete die „Feierstunde“ mit dem Vorspiel zu Richard Wagners Oper Die Meistersinger von Nürnberg mit repräsentativer Klangmacht. Darauf trug ein Sprecher das Gedicht Adolf Hitler als Mensch von Heinrich Anacker vor. Es folgte als weiterer musikalischer Beitrag die Ouvertüre zu Mozarts letzter Oper Titus, dann als „Höhepunkt der Feier die große Festrede“ von Oberbereichsleiter Franz Pisecky. Über deren Inhalt, einen leidenschaftlichen Lobgesang auf den Führer und seine Taten, berichtet das Bozner Tagblatt am 22. April 1944 auf Seite 5 ausführlich, damit die auf Propaganda abzielende Ansprache bei den Lesern weiterwirken konnte:
 
„Eindruckvoll verstand es der Redner, in seinen weitausholenden und groß angelegten Ausführungen den Zuhörern ein Bild vom Lebenslauf Adolf Hitlers, der Gründung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei und dem einmaligen politischen Kampf des Führers und seiner Getreuen bis zur Machtübernahme im Jahre 1933 zu gestalten. Nach der Behandlung der glücklichen Aufbaujahre, die Deutschland unter dem Nationalsozialismus bis zum Ausbruche des zweiten Weltkrieges beschieden waren, erörterte Oberbereichsleiter Pisecky besonders eindrucksvoll die Ursachen, die unseren Führer zwangen, sein Volk zum Kampf um Sein oder Nichtsein gegen eine Welt von Feinden aufzurufen. Ausführlich setzte sich der Redner mit dem Verlauf des Krieges, den großen deutschen Siegen, der Feldherrnkunst des Führers und dem unvergleichlichen Heldenmut der deutschen Soldaten auseinander.
 
In einem betonten Hinweis stellte er fest, daß den deutschen Armeen unter der Führung Adolf Hitlers bisher gewaltige Siege beschieden waren und daß zeitweilige Aufgabe von eroberten Gebieten nicht im mindesten auch nur einer teilweisen Niederlage gleichzusetzen sei. Die Zukunft werde der Welt zeigen, daß bei der letzten und entscheidenden militärischen Auseinandersetzung das deutsche Schwert siegreich und das letzte Bataillon, das den Kampf entscheiden wird, ein deutsches Bataillon sein werde, so wie es der Führer schon vor Jahren in einer seiner Reden ausgesprochen hat.
 
In ergreifenden Worten schilderte der Redner schließlich noch das einzigartige Verhältnis von Treue und Liebe zwischen dem deutschen Volk und seinem Führer, das ein absolutes Unterpfand für den endgültigen Sieg ist. So wie die Front in all den Jahren dieses Krieges über jedes Vorbild erhaben ihre Pflicht getan habe und die Heimat sich trotz feindlichen Bombenterrors und Nervenkrieg voll und ganz der großen Zeit würdig erwiesen habe, so werde das deutsche Volk, um den geliebten Führer geschart, in voller Einsatzbereitschaft bis zum Endsieg des Reiches durchhalten.
 
Zum Abschluß brachte Kreisleiter Kiebacher den Gruß auf den Führer aus. Mit den Liedern der Nation klang die erhebende Feierstunde aus.“
 
Verbunden mit dem Führer-Geburtstag war die feierliche Aufnahme der zehnjährigen Buben und Mädchen in die „Deutsche Jugend“. In Bozen fand diese Zeremonie, wie das Geburtstagsfest für Hitler, in der Rottenbuch-Schule statt. Das Bozner Tagblatt vom 22. April 1944, Seite 5, berichtet über den Verlauf:
 
„Außer den vielen Jungen und Mädeln aus Bozen und Umgebung nahmen an der Feier Kreisleiter Franz Kiebacher, der kommissarische Präfekt der Provinz Bozen, Dr. Karl Tinzl, und der kommissarische Bürgermeister von Bozen, Dr. Fritz Führer, sowie zahlreiche Eltern und Gäste teil. Nach der vom Bozner Standschützenorchester gespielten Feiermusik von Mozart und dem gemeinsam stehend gesungenen Lied ‚Ein junges Volk steht auf‘, sprach Kreisjugendführer Kamerad Heinz Gschwendt über den Sinn dieser Aufnahme der Zehnjährigen in die Deutsche Jugend und damit in die deutsche Volksgemeinschaft. Er schilderte der Jugend den unermüdlichen Kampf des Führers um das Werden dieser Volksgemeinschaft und sein Ringen um die endgültige Freiheit unseres deutschen Volkes. Der Kreisjugendführer wies auf den Einsatz und die Opfer des deutschen Soldaten hin und rief die Jugend auf, dieser Männer des Führers würdig zu sein und damit dem Führer Dank für all das zu erstatten, was er seiner Jugend gab und gibt. Anschließend wurde von den Anwesenden das Lied Heilig Vaterland gesungen. Nach dem Vortrag von Führerworten über die Aufgaben der deutschen Jugend spielte das Bozner Standschützenorchester den Nibelungen-Marsch von Richard Wagner [richtig: Nibelungen-Marsch von Gottfried Sonntag (1846 Schwarzenbach/Oberpfalz-1921 Bayreuth), Militärmusiker, komponiert 1878 nach Motiven aus Wagners Ring des Nibelungen].
 
Sodann erfolgte die feierliche Verpflichtung und Aufnahme der Jungen und Mädel mit Handschlag durch den Ortsgruppenleiter und den Kreisjugendführer bzw. die Kreismädelführerin. Abschließend wies Kreisleiter Franz Kiebacher darauf hin, daß jeder Junge und jedes Mädel sich stets dieser Stunde der Aufnahme in die deutsche Volksgemeinschaft bewußt sei und dem geleisteten Versprechen entsprechend, dem Führer und damit unserer deutschen Heimat dienen sollen. Mit den Liedern der Nation klang die Feierstunde aus.“
 
Nach diesem Modell gab es entsprechende Festivitäten in zahlreichen Südtiroler Orten. Über die Einreihung der Zehnjährigen in die Deutsche Jugend in Lana informiert das Bozner Tagblatt vom 22. April 1944 auf Seite 5:
 
„Im Hofe der Knabenschule fand die Aufnahmefeier der hiesigen Jungen und Mädel in die ‚Deutsche Jugend’ statt. Bei dreihundert Buben und Mädel waren im Viereck gegenüber der Ostfront des Schulhauses aufgestellt, die mit Fahnen geziert war. Ortsgruppenleiter Rudolf Plunger, Bürgermeister Jörg Pircher, Schulleiter Wilhelm Kuntner mit den Lehrpersonen sowie eine Abordnung der Frauenschaft und eine Anzahl von Kameraden hatten sich zur Feier eingefunden. Beim Eintreffen des Kreisleiters Hans Torggler, des Kreisjugendführers Dr. Bauer und der Kreisjugendführerin Frieda Zipperle spielte die Zörnlabkapelle einen Marsch. Kreisjugendführer Dr. Bauer hielt die Feierrede. Mit kernigen und begeisterten Worten sagte er der Jugend, wie und warum sie dem deutschen Volke und seinem Führer die Treue halten und wie eine starke Eiche stehen müsse, die vielleicht von Stürmen gepeitscht, aber nicht entwurzelt werden könne. Das Lied Heilig Vaterland und einige Führerworte leiteten zum Treuegelöbnis der Jugend über, das noch durch Handschlag der Jungen mit Kreisleiter und Kreisjugendführer, der Mädeln mit Ortsgruppenleiter und Kreismädelführerin bekräftigt wurde. Nach dem Gruß an den Führer und den Liedern der Nation wurde die Fahne niedergeholt. Hernach zogen die Jungen und Mädel in Marschordnung singend nach Oberlana in das Jugendheim.“
 
Eine öffentliche Demonstration ihrer Initiation veranstalteten die Zehnjährigen von Luttach mit einem Marsch durch das Dorf zum „schön geschmückten Saal“, wo dann die Zeremonie wie üblich vor sich ging. „Mit dem Treuegelöbnis für den Führer und den Liedern der Nation wurde die Feier, an der auch die Eltern der Kinder teilnahmen, abgeschlossen“ (Bozner Tagblatt vom 22. April 1944, Seite 5).
 
In Margreid marschierte die Deutsche Jungend nach der Aufnahmefeier „unter Absingung nationaler Lieder“ durch das Dorf. Am Abend des gleichen Tages versammelte sich die Bevölkerung zur Feier des Führer-Geburtstages (Bozner Tagblatt vom 24. April 1944, Seite 3). In Sand in Taufers wurden im Rahmen des Festaktes „Führerbilder an die Jungen verteilt, während die Standschützenmusikkapelle einige Märsche spielte. Mit den Liedern der Nation schloß die einfache und höchst eindrucksvolle Feier“ (Bozner Tagblatt vom 22. April 1944, Seite 5).
 
Hitlers Geburtstag wurde in Auer am Abend des 20. April 1944 festlich begangen. Bei der Feier wirkte das Standschützenorchester mit und „Kamerad Ernst Pfaffstaller aus Margreid hielt eine tiefempfundene Festrede“ (Bozner Tagblatt vom 24. April 1944, Seite 3). Zur Aufnahmefeier der Jugend in Eppan weiß das Bozner Tagblatt vom 24. April 1944 ebenfalls auf Seite 3:
 
„Im festlich geschmückten Saal des Lichtspielhauses wurden anläßlich des Geburtstages des Führers unsere zehnjährigen Buben und Mädel in die Deutsche Jugend aufgenommen. Nach der ‚Fantasie’ aus dem Freischütz, gespielt von der Eppaner Standschützenmusikkapelle, und dem von der Jugend gesungenen Lied „Ein junges Volk steht auf“ ergriff Kreisjugendführer Heinz Gschwendt das Wort und sprach über die Bedeutung der Aufnahme in die Deutsche Jugend. Zahlreiche Eltern und Gäste wohnten dem feierlichen Akt bei.“
 
Aus Riffian ist durch das Bozner Tagblatt vom 24. April 1944, Seite 3, bekannt:
 
„In einem geschmückten Saal beim Kreuzwirt fand die feierliche Aufnahme der 10jährigen in die Deutsche Jugend statt. An 37 Jungen und 34 Mädel wurde die Urkunde der Aufnahme mit dem Bild des Führers überreicht. Anschließend wurde die Geburtstagsfeier des Führers abgehalten. Eine Singgruppe der Mädelschaft trug Lieder und sinnvolle Sprüche vor. Ein Kamerad aus Innsbruck hielt eine Rede. Mit dem Gruß an unseren Führer wurde die Feier beendet.“
 
Eine besonders eindrucksvolle und geradezu bühnenmäßig inszenierte Feier gab es in der Kreisstadt Bruneck zum Führer-Geburtstag zu bestaunen (Bozner Tagblatt vom 25. April 1944, Seite 3):
 
„In früher Morgenstunde marschierte unsere Standschützenmusikkapelle spielend durch die Straßen der Stadt und leitete durch schneidige Marschmusik das Fest des Führers und der Jugend ein. Hoch vom Schloßturme, dem Wahrzeichen unserer lieben Heimatstadt an der Rienz, wehte die Fahne und gab mit dem reichen Flaggenschmuck in der Stadt nicht nur ein farbenprächtiges Bild, sondern kündete auch Glauben und Dankbarkeit für den Führer und sein Reich. Aus den umliegenden Dörfern der Ortsgruppe trafen auf geschmückten Wagen die Jungen und Mädel ein und gesellten sich zur Jugend der Stadt. Alle nahmen im Schulhof Aufstellung. Gegen 9 Uhr bewegte sich dann der lange Zug in Dreier-Reihen marschierend zum Festplatz, wo vor der Rednerbühne die Aufstellung erfolgte. Die Büste des Führers, umrahmt von zartem Grün und reichem Flaggenschmuck wie von der Jugend zum Ehrentag gewundene Girlanden zierten die Feierstätte. Inzwischen hatten sich die Ehrengäste, Elternschaft, Kameraden und viele Volksgenossen eingefunden. Punkt 10 Uhr marschierte unter Klängen der Musik die Schar jener Jungen und Mädel an, die bereits länger in der Deutschen Jugend stehen. Mit der Fahne der Jugend an der Spitze rückten sie in die Reihen der Neuaufzunehmenden. Der Standortführer der Jugend meldete dem Kreisjugendführer über 300 angetretene Jungen und Mädel. Hierauf eröffnete der Ortsgruppenleiter Ernst Lüftner mit herzlichen Begrüßungsworten an alle Erschienenen die Feier. In feierlicher Weise wurde hierauf die Fahne der Jugend gehißt. Das Lied Heilig Vaterland gab den Auftakt zur Ansprache des Kreisjugendführers Much Tutzer. In packenden Worten führte er der Jugend ihre Pflicht und Aufgabe vor Augen. Feierlich legte dann die Jugend das Treuegelöbnis ab. Bei der darauffolgenden Führerfeier sprach SS-Mann Mittermair. Die Lieder der Nation, begleitet von der Musikkapelle, beschlossen die Feierstunde.“
 
Mit ähnlichem Aufwand wurde im Nachbarort St. Lorenzen die Aufnahme der Jugendlichen in die Deutsche Jugend organisiert (Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 6):
 
„Am Geburtstage des Führers fand auch in St. Lorenzen in feierlicher Weise die Aufnahme der Jungen und Mädel in die Deutsche Jugend statt. Nach der Aufstellung der aufzunehmenden und der übrigen Schulkinder wurden die Jungen und Mädel, die schon bisher in der Jugendorganisation gearbeitet haben, mit Musik aus dem alten Jugendheim abgeholt. Nach der feierlichen Flaggenhissung begrüßte Ortsgruppenleiter Sepp Hartmair den Kreisjugendführer Much Tutzer, die Kreismädelführerin Christl Schramm sowie alle Anwesenden. Der Kreisjugendführer ergriff dann das Wort und ermahnte die Jugend, an sich zu arbeiten, damit sie einst als gesunde und anständige deutsche Männer und Frauen ihre Pflicht tun können. Der Redner unterstrich, daß der Gemeinschaftssinn der Deutschen aus dem Grundsatze Gemeinnutz vor Eigennutz entspringe und setzte dann den anwesenden Eltern die Notwendigkeit der Organisation der Deutschen Jugend und der Mitarbeit in ihr auseinander. Anschließend fand die feierliche Aufnahmsverpflichtung der Jugend statt. Kamerad Hans Wurzer hielt eine Rede zur Feier des Geburtstages des Führers. Bei der Aufnahmefeier wurde auch der kleine Wolf Zammer in die Deutsche Jugend eingereiht, dessen Vater vor kurzem als Führer einer Selbstschutzorganisation im Kampfe gegen Banden gefallen ist.“
 
Natürlich wurde in der Kreisstadt Meran der Ehrentag des Führers ebenso mit seinem verordneten Zeremoniell hoch gehalten. Dort versammelten sich am Abend des 20. April 1944 außer den „Mitarbeitern der deutschen Volksgruppe zahlreiche Volksgenossen“, um das „Geburtstagsfest des Führers in würdiger Form zu begehen“. Den musikalischen Teil des Festprogramms bestritten die Standschützenmusikkapelle unter der Leitung von Heinz Frasnelli und eine gemischte Singschar der Jugend. Der Festredner „brachte den Anwesenden die Gestalt des Führers nahe“. Am Vorabend von Hitlers Geburtstag wurden von der Deutschen Volksgruppe in verschiedenen Meraner Lazaretten Feiern abgehalten, „die in einheitlich gehaltener Durchführung überall mit großer Begeisterung von den Soldaten aufgenommen wurden“. Über deren Hergang teilt das Bozner Tagblatt am 25. April 1944, Seite 3, mit:
 
„Nachdem sich die Verwundeten in den festlich geschmückten Sälen eingefunden hatten, spielten die Schützenmusikkapellen einiger Orte des Kreises Meran festliche Weisen, und die Singgruppe der Kreisjugend sang frohe Volkslieder. In den Festreden wurden die Großtaten des Führers und sein Wirken und Streben für das deutsche Volk hervorgehoben. Nach der Feier wurden die Verwundeten von den Frauen und Mädeln durch Ueberreichung von Gabenpaketen betreut.“
 
Besonders zahlreich waren diesbezügliche Festivitäten in Gemeinden des Kreises Schlanders, wo oft die Standschützen-Musikkapellen mitwirkten (Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 6):
 
„Im Vintschgau fanden anläßlich des Führer-Geburtstages in folgenden Ortsgruppen Aufnahmefeiern der Deutschen Jugend statt: Martell, Latsch, Prad, Laas, Laatsch, Schlanders, Tschars, Kastelbell, Mals, Burgeis, Glurns, Taufers und Graun. In Schlanders und Glurns nahm Kreisleiter Wielander die Aufnahme der Zehnjährigen in die Deutsche Jugend vor. In den übrigen Ortsgruppen wurde die Aufnahme der Zehnjährigen in die Deutsche Jugend vom zuständigen Ortsgruppenleiter und dem Kreisjugendführer Brenner durchgeführt. Bei den Aufnahmefeiern in Mals, Burgeis und Glurns wirkte die Standschützen-Musikkapelle von Burgeis und in Kastelbell die dortige Standschützen-Musikkapelle mit.“
 
Die Initiation in Lana fand in dem „mit dem Führerbilde geschmückten Saale des Jugendheimes“ statt. „Schwungvoll gesungene vaterländische Lieder wechselten mit Gedichtvortrag und Lesung ab, bis Kamerad Egger aus Meran die Festrede hielt.“ Mit dieser „würdigte“ er besonders „unseres Führers Leben und Arbeit für das deutsche Volk und brachte unser aller Treuegelöbnis für ihn zum Ausdruck“. Zum Abschluss ertönte das traditionelle dreifache Sieg-Heil auf den Führer, womit die Anwesenden „Glückwunsch und Treuegelöbnis bekräftigten“. Lehrpersonen und Schulkinder begingen im „geschmückten Turnsaale der Knabenschule“ gemeinsam Hitlers Geburtstag. Zum Fest waren der Ortsgruppenleiter, der Bürgermeister und Schulbeauftragte anwesend. In der Festrede wurde, eingehend auf das jugendliche Auditorium, hauptsächlich „des Führers Fürsorge für die deutsche Jugend“ aufgezeigt (Bozner Tagblatt vom 25. April 1944, Seite 3).
 
Hauptbannführer Otto Weber, der vom Obersten Kommissar Franz Hofer Beauftragte für Jugendarbeit, besuchte mehrere Orte in Südtirol, um sich vor Ort über die Fortschritte in der ideologischen Aufbauarbeit bei den Jugendorganisationen zu informieren. Laut Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 5, nahm er an den Aufnahmefeiern in Natz bei Brixen, Welsberg, Deutschnofen, Unsere Frau im Walde und Kastelbell teil. Für Kastelbell ist ausdrücklich die Mitwirkung der Standschützen-Musikkapelle erwähnt.
 
Der 1. Mai galt als „Nationaler Feiertag“ und „Ehrentag der Arbeit“ als einer der wichtigsten Festtage der NSDAP. Im Mittelpunkt standen dabei als äußeres Zeichen der traditionelle Maibaum und das vielfältige Ritual seiner Einholung, Ausschmückung, Aufrichtung und der Tanzzeremonien, die um ihn herum abgehalten wurden. Einen ganz eigenwilligen Tagesablauf am 1. Mai, in dessen Verbindung von Jugend, Frühlingserwachen und Sportwettkampf, zeigt eine Reportage im Bozner Tagblatt vom 5. Mai 1944, Seite 3, über die „Maifeier“ im Ahrntal:
 
„Am ersten Mai führte der Ortsgruppenleiter in Luttach eine Maifeier durch, an der die Jugend von Luttach, St. Johann u[nd] Weißenbach teilnahm. Die Jungen und Mädel hatten es sich trotz mehrstündiger Anmarschwege nicht nehmen lassen, zur Feier zu kommen und an den Wettkämpfen teilzunehmen, die aus Anlaß der Maifeier stattfanden.
 
Auf dem Platze am Oberstock war ein hoher Maibaum errichtet, der mit mancherlei Köstlichkeiten, Grün und bunten Bändern geschmückt war. Um diesen Maibaum versammelten sich die Volksgenossen. Ein Aufmarsch der Jugend leitete die Feier ein. An der Spitze des Zuges wurde die Fahne getragen und marschierten die Trommler von St. Johann. Die Aufstellung in Hufeisenform bot den Anwesenden ein farbenprächtiges Bild, das besonders durch die heimischen Trachten an Schönheit gewann. Nach dem Liede ‚Auf hebt unsere Fahnen‘ [Text: Willi Zorg, Melodie: Fritz Sotke, ca. 1932], das von über 300 Jungen und Mädel gesungen wurde, begrüßte Kamerad Dr. Emil Niederkofler im Auftrage [des] Ortsgruppenleiters Oberhollenzer die Erschienenen und sprach dann über die hohe Würde der Arbeit und über ihre für die Gesamtheit lebenswichtige Bedeutung, wobei er besonders die Wichtigkeit und den Adel der Bauernarbeit unterstrich […]. Dann knallten die Böller und ein Reigen der Luttacher-Mädel versinnbildlichte den Frühlings-Einzug. Anschließend wurde ein Plattler gezeigt und dann beschloß das Heimatlied [‚Wohl ist die Welt‘] den ersten Teil der Feier.
 
Nach einer kurzen Pause folgten dann die Wettkämpfe, an denen sich Jung und Alt mit steigender Begeisterung beteiligte. An ihrem Schlusse sprach der Jungkamerad Elmar Oberkofler den Dank der Jugend für das schöne Maifest aus. Der Ortsgruppenleiter verteilte Erinnerungspreise für die Sieger in den einzelnen Wettkämpfen. Anschließend sprach der Kreisjugendführer, der die besondere Bedeutung des ersten Mai für unsere Jugend würdigte, die diesen Feiertag des Deutschen Volkes mit Sport und Spiel als Frühlingsanfang begehe. Er übergab dann der Jugend von St. Johann die von ihm als Siegespreis gestiftete Fahne. Diese Fahne soll künftighin von der Jugend desjenigen Ortes in Hut gehalten werden, die bei den Wettkämpfen, die nun alljährlich am ersten Mai stattfinden werden, zuletzt die meisten Siege davongetragen hat.
 
Nach dem Gruß an den Führer und dem gemeinsam gesungenen Lied der Jugend marschierte dieses Mal die Jugend von St. Johann mit der erkämpften Fahne nach Hause. Wettkämpfe wurden ausgetragen im Völkerball, Reigen, Gedichtwettstreit, Weitsprung, Laufen, Kugelstoßen, Hochsprung, Ranggeln, Marschieren und Tauziehen. St. Johann konnte sich mit 6 ersten und 9 zweiten Plätzen an die erste Stelle setzen. Es folgte Luttach mit 6 ersten und 4 zweiten, dann Weißenbach mit 3 ersten und 2 zweiten Plätzen.“
 
Ein Fest, das ebenfalls auf die NSDAP zurückging und das sich in Südtirol bald großer Beliebtheit erfreute, war der Muttertag.
 
Die ideologische Begründung für die Feier des Muttertages liefert das Bozner Tagblatt vom 15. Mai 1944 auf Seite 3: „Alljährlich am Muttertag feiert das deutsche Volk seine Mütter, um in ihnen den lebendigen Born seiner nationalen Kraft zu ehren und um ihnen aus ganzem Herzen für ihre unendliche Arbeit, Mühen, Sorgen, Opfer und Entbehrungen zu danken.“ Am 12. Mai 1944 veranstaltete die „Mädelschaft von Bozen“ für die Mütter der Stadt einen abwechslungsreichen Abend mit unterschiedlichsten Kulturdarbietungen. „Die Mütter waren der Einladung […] in großer Zahl gefolgt.“ Von der politischen Prominenz nahmen als Ehrengäste Hauptbannführer Otto Weber, Präfekt Dr. Karl Tinzl und der Geschäftsführer der Südtiroler Volksgruppe, Kamerad Ferdinand Lauggas an der Veranstaltung teil. „Erlesene Musikdarbietungen des Standschützenorchesters unter Leitung des Kapellmeisters [Cyrill] Deutsch wechselten in bunter Reihe mit Liedvorträgen der Mädelschaft und Jungmädel, ein Geschwisterpaar brachte ein Zither-Duett, drei zackige Pimpfe zeigten ihre Fertigkeit mit der Ziehharmonika, eine Tanzgruppe bot schöne Volkstänze. Sehr viel Beifall fand auch das gut einstudierte und brav aufgeführte Märchenspiel vom Froschkönig. Den Müttern, die über den herzlichen Eifer der Jugend sichtlich erfreut waren, wurden Blumensträußchen und eine kleine Buchgabe überreicht.
 
Kreisjugendführer Gefr[eiter] Heini Gschwend würdigte in einer Ansprache die ehrenvolle Stellung der deutschen Mutter im neuen Deutschland, die am treffendsten durch die Worte des Führers gekennzeichnet wird: ‚Die Arbeit ehrt den Mann wie die Frau, das Kind aber adelt die Mutter!’ Ortsgruppenleiter Wilhelm wies in seinem Schlußworte darauf hin, daß die Mädelschaft mit dieser Feier zum Ausdruck bringen wollte, daß Heimat und Mutter für uns eins sind und daß alle Mütter ihre Jüngsten vertrauensvoll an der Volkstumsarbeit der deutschen Mädelschaft teilnehmen lassen können und sollen, in die ihnen gerade die Darbietungen dieser Muttertagsfeier einen Einblick geboten haben.“
 
Eine ähnlich mit Musikdarbietungen und Märchenspiel gestaltete Muttertagsfeier arrangierte man in Terlan (Bozner Tagblatt vom 16. Mai 1944, Seite 5):
 
„Die Gemeinde Terlan mit den Fraktionen Siebeneich und Vilpian beging am Sonntag mit einer erhebenden Feier im schöngeschmückten Saal des Gasthauses Oberhauser den Muttertag. Das überaus reichhaltige Festprogramm wurde durch eine von den Jungmädeln gesungene Begrüßung der Mütter eingeleitet, die auf die ergangene Einladung sehr zahlreich erschienen waren und den Saal bis aufs letzte Plätzchen füllten. In den folgenden Darbietungen wechselten Gesang und Deklamation ab, auch zwei hübsche Reigen, der eine von den Kleinsten, der zweite, ein Bändertanz, von den Größeren vorgeführt, waren eingeflochten. Den Höhepunkt bildete das Märchenspiel Rumpelstilzchen, das von den kleinen Darstellern mit wirklich bewundernswerter Fertigkeit in Spiel und Mimik aufgeführt wurde. Auch die Pimpfe brachten den Müttern ihren Dank zum Ausdruck. Die Vorführungen waren alle von so unmittelbarer Empfindung getragen und von so erfreulich guter Wiedergabe – besonders die Singgruppe von Siebeneich hat sich hervorgetan –, daß die Feier, obwohl sie sich über mehrere Stunden erstreckte, alle im Bann hielt, auch die Allerkleinsten, die die Mütter mitgebracht hatten. Zum Schluß ehrte Kamerad [Ferdinand] Lauggas in einer Ansprache das stille Heldentum der Mütter in der heutigen Zeit und sprach ihnen im Namen aller Dank und Anerkennung aus. Mit dem Weihelied ‚Deutschland, heiliges Wort‘ [Text: Eberhard Wolfgang Möller (1906-1972), Melodie: Georg Blumensaat (1901-1945), ca. 1936?], wurde die Feier beendet. Während derselben wurde von den Kleinen jeder Mutter ein hübsches Sträußchen und das Heft Unserer lieben Mutter überreicht.“
 
Nahezu gleich verlief die Muttertagsfeier in Andrian, wo wiederum Ferdinand Lauggas die Festansprache hielt, „in der er den Gedanken der engen Zusammenarbeit zwischen Heimat und Front zum Ausdruck brachte und den Anteil hervorhob, den die Mütter mit ihrer stillen Tapferkeit am gegenwärtigen Kampf um den Sieg haben“. Die Standschützen-Musikkapelle von Andrian hatte „die zahlreich erschienenen Mütter mit flottem Spiel zum schön geschmückten Festlokal des Schulhauses“ geleitet, „während die Mädelschaft zu den Klängen des Heimatliedes [‚Wohl ist die Welt‘] aufmarschierte“ (Bozner Tagblatt vom 25. Mai 1944, Seite 5). Bei den Muttertagsfeiern in Bruneck, Auer und Meran führten die Jungmädel jeweils das Märchenspiel Rumpelstilzchen auf. In Bruneck wurde vor dem Märchenspiel, nach einem von den Jüngsten vorgetragenen Lied ein „Reigentanz der Jungen und Mädel“ dargeboten. Nach der Theatervorführung der Zehn- bis Vierzehnjährigen „sang eine Mädelgruppe einige der Mutter gewidmete sinnreiche Lieder und sprach Verse, die das Schicksal und die hehre Berufung der Mutter schilderten“. Darauf folgte die Festrede und mit dem „Weihelied“ Heilig Vaterland wurde von der Brunecker Jugend die für ihre Mütter gestaltete nachmittägige Feier, die wegen des Kreisschießens auf den 7. Mai vorverlegt worden war, beendet (Bozner Tagblatt vom 19. Mai 1944, Seite 5).
 
In Meran war die Feier straff organisiert und gegliedert (Bozner Tagblatt vom 24. Mai 1944, Seite 5):
 
„Im ersten Teil standen auf der Bühne die Jungmädel-Sing und-Tanzgruppen, welche ihre Darbietungen in flotter Folge vorführten. Der zweite Teil brachte das Märchenspiel Rumpelstilzchen, welches dankbar aufgenommen wurde. Im dritten Teil wurden Zweck und Sinn der Feier durch Gedichte, Lieder und eine Feierrede versinnbildlicht. Nach der zu Herzen gehenden Rede des Kameraden Dr. Bauer klang die schöne Feier mit dem Lied ‚Deutschland, heiliges Wort‘ aus.“
 
Bei der Muttertagsfeier in Schnals erklangen die Gesänge der Mädchen mit Zitherbegleitung (Bozner Tagblatt vom 19. Mai 1944, Seite 5), während beim Muttertag in Jenesien die Standschützen-Musikkapelle mitwirkte (Bozner Tagblatt vom 23. Mai 1944, Seite 5).

Ende Oktober 1943 feierte man in Neumarkt das Erntedankfest. Dies war der erste Fall, wo in Südtirol ein traditioneller, an sich kirchlicher Brauch im Sinne der Nationalsozialisten umgewandelt wurde. Vorausgegangen war der Festivität eine Tagung der Führungsbeauftragten des Kreises, in deren Mittelpunkt eine Rede des Obersten Kommissars stand, bei der er den „Kameraden der Volksgruppe“ eine „Darstellung der allgemeinen Lage sowie der Aufgaben, vor die er sich in seinem Amte gestellt“ sah, gab und die Gefolgsleute mit zündender Argumentation anfeuerte. Am Nachmittag fand das Erntedankfest, ebenfalls in Anwesenheit des Obersten Kommissars Franz Hofer sowie des Volksgruppenführers Peter Hofer, statt. Das Bozner Tagblatt vom 26. Oktober 1943 meldet dazu auf der Titelseite:

„Auf dem Festplatze war die Gemeinschaft des Ortes versammelt. Zwei Musikkapellen spielten zum Empfang der Gäste u[nd] während der Feier selbst. Mit den Standschützen waren Brauchtumsgruppen gekommen, die schon allein durch die leuchtenden Farben ihrer heimatlichen Trachten einen festlich bunten Rahmen für die Veranstaltung schufen. Zur Einleitung der Feier sprach der Landesbauernführer, der die Leistungen des Landvolkes hervorhob und dann dem Obersten Kommissar den Erntekranz übergab.

Anschließend sprach der Oberste Kommissar zu den vielen Hunderten auf der Festwiese Versammelten u[nd] betonte, daß die Erzeugungsschlacht zugleich eine Entscheidungsschlacht in unserem Ringen um Raum und Freiheit sei. Die Bauern der Provinz dürfen stolz darauf sein, in dieser Erzeugungsschlacht ihren Mann gestellt zu haben, ihnen gelte daher der Dank, und dieser Dank müsse wiederum in ganz besonderer Weise unseren Bäuerinnen und ihren weiblichen Mitarbeiterinnen gelten, die in Abwesenheit so vieler Männer, die unter Waffen stehen, in restloser Pflichterfüllung ganz gewaltige Leistungen aufweisen können.

Der Oberste Kommissar, dessen Rede oftmals von stürmischem Beifall unterbrochen wurde, entrollte dann vor seinen Zuhörern ein Bild des Kampfes, den Deutschland seit 1914 zu führen hat. Er erinnerte an die furchtbare Zeit des Bruderkampfes nach der Revolte des Jahres 1918. Fortfahrend schilderte er dann das gewaltige Einigungswerk des Führers, der als ein unbekannter Soldat des Weltkrieges sich für das Schicksal der Nation verantwortlich fühlte und dieses Schicksal nun mit genialer Kraft gestaltet. Die Einigkeit, die uns der Führer gegeben hat, ist die Quelle unserer Kraft, und diese Kraft wächst gerade in Stunden der Krisen. Darum konnte uns auch der Verrat Viktor Emanuels und Badoglios nicht zu Fall bringen. Im Gegenteil! Was als unser Verderben gedacht war, haben wir zu einer Kraftprobe gemacht, deren Ausgang einem Siege gleichkommt. Was auch die kommenden Zeiten immer bringen mögen, wir werden immer das Bewußtsein in uns tragen, daß wir zuletzt doch stärker sind als unsere Gegner. Den Sieg, der uns gewiß nicht unverdient in den Schoß fällt, werden wir durch Mut und Einsatz gewinnen.

Der Volksgruppenführer dankte dem Obersten Kommissar für seine anfeuernden Worte. Die Erntedankfeier fand mit mannigfachen Brauchtumsvorführungen ihren Abschluß. Tänze und Lieder der Heimat, von Jugendgruppen und Kindern wesensecht getanzt und vorgetragen, waren ein würdiger Ausklang der Veranstaltung, die vom Anfang bis zum Ende in ihrem stimmungsvollen Verlauf ein Bild echten heimischen Volkstums gab.“

Dieses Neumarkter Erntedankfest lieferte in Südtirol zum ersten Mal eine öffentliche Demonstration von „Volksgemeinschaft“, wie sie vom Obersten Kommissar Gauleiter Franz Hofer intendiert war. Das „Volk“ war umfassend repräsentiert durch seine Identifikationsträger, Standschützen und Musikkapellen in Tracht, durch Brauchtumsgruppen mit Heimatliedern und Volkstänzen, alle kameradschaftlich vereint in ideologischer Übereinstimmung, auch mit begeisterter Akklamation der programmatischen Rede.

Im folgenden Jahr war das Erntedankfest in dieser Form als „Ehrentag des Landvolkes“ in nahezu ganz Südtirol üblich geworden. Am 1. Oktober 1944 ehrte und feierte man landauf landab insbesondere den Bauerstand als lebenserhaltenden Ernährer der im „Nationalsozialismus geeinten Gemeinschaft“, durch symbolische Akte wie der Übergabe der kunstvoll gefertigten Erntekrone durch den Bauernführer an den politischen Hoheitsträger. Damit kam auch die Verbundenheit von Bauernstand und Nationalsozialismus zu bildhaftem Ausdruck. Festlich geschmückte Wagen, beladen mit Früchten der Felder, der Obst- und Weingärten wurden von Lasttieren zum Festplatz gezogen, wo sich die Dorfgemeinschaft schon versammelt hatte. Musikkapellen spielten, Jungmädel und Pimpfe führten unter dem Erntekranz Reigen auf, besondere Leistungsträger der Bauernschaft wurden geehrt, festliche Ansprachen gehalten, die in der Regel ein stolzes Bekenntnis zu Volk und Führer darstellten.

Das Bozner Tagblatt vom 4. Oktober 1944 veröffentlichte auf Seite 3 einen Überblick über die in den Kreisstädten sowie in einzelnen Dörfern abgehaltenen Erntedankfeiern:

„[…] Obwohl die Ernte in den Rebendörfern des Kreises Salurn erst vor ihrem eigentlichen Beginn steht und die Bauern dort noch in der schwersten Arbeit stehen, ließen sie es sich doch nicht nehmen, den Tag gemeinsam mit den ganzen Volke feierlich zu begehen. So fanden am 1. Oktober Erntedankfeiern in den Ortsgruppen Salurn, Auer, Montan, Branzoll, Kurtatsch, Truden, Altrei und Aldein statt. Besonders eindrucksvoll war die Feier auf dem festlich geschmückten Platz vor dem Kreisschießstand in Salurn, an der Kreisleiter Viktor Walch mit dem Kreisbauernführer Freiherr[n] v. Longo und seinem Mitarbeiterstab teilnahm. Die Jugend von Salurn und den umliegenden Orten war zahlreich vertreten. Den musikalischen Teil bestritt die Standschützenmusikkapelle von Margreid.

Nach der Ueberreichung einer prächtigen Erntekrone, die der Kreisbauernführer durch zwei Mädel dem Kreisleiter zubrachte, dankte dieser in seiner Ansprache für ihren steten Fleiß, der es ermöglichte, auch heuer die Ernte gut einzubringen. Das Gebot der Stunde müsse heißen:

Nicht ruhen noch rasten, sondern auch in der Zukunft sich restlos einsetzen, dann könne der Endsieg nur auf unserer Seite sein.

Mit der Führerehrung und den Liedern der Nation wurde die Feier geschlossen, mit der die Volksgenossen an der Salurner Klause wieder ein stolzes Bekenntnis zu Führer und Volk ablegten.

Im Kreis Schlanders wurde das Erntedankfest mit Kundgebungen in vier Ortsgruppen und zwar in Schlanders, Burgeis, Schluderns und Latsch durchgeführt. An diesen Ortsgruppen nahmen die umliegenden Ortsgruppen mit starken Vertretungen teil.

In Schlanders selbst sammelten sich die Teilnehmer auf der Festwiese des Kreisschießstandes, in dessen Mitte der Erntekranz aufgestellt war. Vor den zahlreichen Festteilnehmern sangen und sprachen Mädel und Jungen. Eine Gruppe von Jungmädel und Pimpfen führten unter dem Erntekranz den Bändertanz und einige Reigen auf. Ortsbauernführer Josef Telser umriß in kurzen Worten den Sinn der Feier und schloß mit dem Gelöbnis der Bauernschaft, auch unter schwierigen Bedingungen die Ernährung des deutschen Volkes im sechsten Kriegsjahr neuerlich zu sichern. Anschließend ergriff Kreisleiter [Wilhelm] Wielander das Wort. Er betonte den festen Glauben des deutschen Volkes an den Sieg gegen eine Welt von Feinden. In diesem Kampfe müsse jeder dort, wohin er gestellt sei, seine Pflicht erfüllen. Der Bauer ist der Garant der Ernährung und muß dafür sorgen, daß der Acker bestellt wird und die Saat in die Erde kommt. Der Tiroler Stamm hat in schweren Zeiten immer seine Pflicht erfüllt und wir werden als Enkel Michel Gaismairs und Andreas Hofers auch in diesem Ringen unseren Mann stellen, mag kommen, was wolle.

Das Treuegelöbnis an den Führer mit dem der Kreisleiter schloß, klang in den von allen Anwesenden gemeinsam gesungenen Liedern der Nation aus. Volkslieder und Volkstänze hielten die Gäste noch längere Zeit beisammen.

Das diesjährige Erntedankfest am Beginn des sechsten Kriegsjahres stand auch im Kreis Bruneck im Zeichen einer besonders tiefen Bedeutung. Auch die Bauern dieses Kreises sind sich bewußt, daß es nur dem Führer und seinen heldenmütigen Soldaten zu verdanken ist, wenn auch die diesjährige Ernte glücklich unter Dach und Fach gebracht werden konnte. Unsere Bauern wissen aber auch, daß sie Wehrbauern im wahrsten Sinne des Wortes sein müssen, so wie es ihre Vorfahren immer schon gewesen sind.

Daheim muß jeder alle Kräfte aufwenden, um seine Ernte einzubringen und darüberhinaus mitzuhelfen, daß auch die Frucht des Nachbargutes nicht verderbe.

Dieser Sinn und das feste Vertrauen auf Deutschlands Sieg kam im Erntedankfest von Bruneck besonders zum Ausdruck. Unter den Klängen der Standschützenmusikkapelle marschierten Buben und Mädel mit Feldfrüchten und geschmückten Ackergeräten auf. Volkstänze, Lieder, Gedichte und Sprüche umrahmten die Feier, bei der Ortsbauerführer Eduard v. Gröbner dem Ortsgruppenleiter die Erntekrone mit den Worten überreichte, wie in diesem Jahre, so auch für das kommende für Tat und Ernte zu sorgen.

Ortsgruppenleiter Ernst Lüfter dankte den Bauern und dem Ortsbauernführer für die geleistete Arbeit. Besondere Anerkennung zollte er der Bäuerin Anna Fohrer, Stegen, den Bauern Johann von Wenzel, Bruneck, Josef Knoll-Mörl, St. Georgen, Josef Steinkasserer, Dietenheim und Josef Kronbichler, Reischach für vorbildliche Führung und Leistung in der Bewirtschaftung ihrer Höfe im Kriegsjahre 1944.

Gefreiter Fritz Herbst, der die Festrede hielt, steigerte seine Ausführungen zu einem stolzen Bekenntnis zur Gesamtheit der Nation, die nicht untergehen darf und die, weil das ganze Volk bereit ist, das Aeußerste zu wagen und zu opfern, auch nicht untergehen kann.

Der Ehrentag des Landvolkes wurde im Kreis Bozen in allen Gemeinden festlich begangen, wie es der Gegenwart geziemt, aber zuversichtlichen Willens traten die Bauern mit ihren Führern geschlossen zum Erntedankfest an. Standschützenmusikkapellen und Mädelsingscharen trugen überall zur Verschönerung der Feier bei. In Eppan marschierten die Standschützenmusikkapellen von Eppan und Kaltern, die Jugend beider Ortsgruppen, der stramme Kalterer Jungschützenzug, Frontkämpfer, Feuerwehren und Landwacht mit einem herrlichen Erntefestwagen und Reitern in Tracht auf dem im Fahnenschmuck pragenden Hauptplatz vor Kreisleiter Kiebacher auf. Kamerad Trockner überreichte den Erntekranz.

Der Kreisleiter dankte den Bauern und ermahnte sie, nun erst recht ihre ganze Arbeitskrafteinzusetzen. Der Kreisleiter betonte mit Nachdruck, daß der deutsche Stamm im Süden stets ein einig Volk war und sein soll, dem jeder Volksgenosse willkommen ist. Wo immer aber Unbelehrbare in dieser schicksalshaften Zeit Zwietracht säen wollen, werde diesen vereinzelten Außenseitern entsprechend entgegengetreten werden.

Nach der Feierstunde trafen sich die Teilnehmer auf den Wiesen am Stroblhof, wo Darbietungen der Standschützenmusikkapellen mit Vorführungen der Bozner Volkstanzgruppe abwechselten.

In Kaltern marschierte ein stattlicher Festzug durch die Hauptstraßen und nahm dann auf dem Rathausplatz Aufstellung. Ortsgruppenleiter Sandrini sprach dann dort zu den Volksgenossen.

In Terlan, wo die Ortsgruppen Terlan und Andrian unter noch nie erreichter Massenbeteiligung gemeinsam feierten, zogen vier prächtige Erntefestwagen aus Terlan, Vilpian, Siebeneich und Andrian, von Reitern in Tracht und einem Saltner geleitet, zum Hauptplatz, wo die Feierstunde stattfand, bei der die Ortsgruppenleiter Mathà und Lauggas sprachen.

Ein farbenfreudiges Bild bot auch die Feier in Kastelruth, die sich ebenfalls größten Zustroms erfreute. Hier war der Erntefestwagen mit einem geschmückten Pflug im Festzuge von sechs Jungbäuerinnen flankiert. Ortsgruppenleiter Dr. Simek betonte in seiner kernigen Ansprache den vorbehaltlosen Glauben des ganzen deutschen Volkes an den Führer und den Sieg. Vom gleichen Geiste getragen fanden schlichte Erntedankfeste auch in Jenesien, in Eggen, hier zusammen mit Deutschnofen, in Sarnthein und Welschnofen statt.

Manch farbenbuntes Bild bot sich den Teilnehmern der Feiern im Kreise Meran, wo in der von Herbstes Zauberhand gefärbten Landschaft die Dorfgemeinschaften zusammentraten.

In St. Walburg versammelte sich die Bevölkerung des Ultentales und feierte den Tag unter Mitwirkung der Standschützenmusikkapelle und der Mädelgruppen, die schöne Volkstänze boten. Die Festrede hielt Kamerad Pichler.

Die Dorfgemeinschaft des gerade jetzt so zauberischen Mittelgebirges fand sich zu einer Feier in Tisens zusammen, bei der die Standschützenmusikkapelle sowie der Männerchor von Lana mitwirkten. Kamerad Dunkel wies darauf hin, daß die gegenwärtige Zeit vor allem Gemeinschaftssinn und Glauben erfordere, daß dieser Glaube aber seine Krönung im deutschen Sieg finden werde.

Die Hinterpasseirer trafen sich zu ihrer Erntedankfeier in Platt.

In Naturns gab es einen imposanten Aufmarsch mit schönen Trachten. Auf dem Festplatz sprach Kreisbauernführer Sepp Leitner und hob besonders die Leistungen der Bäuerinnen hervor, die nun in vielen Fällen die volle Verantwortung für Familie und Hof zu tragen haben und es mit Fleiß und Willen auch schaffen. Mit dem Gelöbnis an den Führer, der selbst bäuerlicher Sippe entstammt und dem Versprechen, stets mit Hingabe den Dienst am größeren Hof, der Deutschland heißt, zu erfüllen, schloß die Kundgebung, an die sich Brauchtumsvorführungen anschlossen.

In der Kreisstadt Meran findet am kommenden Sonntag, den 8. Oktober [1944], für Meran und das Burggrafenamt auf der Zenoburg die Feier des Erntedankes statt.

Ebenfalls unter Zusammenfassung von jeweils mehreren Ortsgruppen beging auch der Kreis Brixen das Erntedankfest mit Kundgebungen in Brixen, Sterzing, Klausen, Mühlbach, Villnöß und Kollmann-Barbian. Kreisredner wiesen überall auf den Sinn und die Bedeutung dieses schönsten aller bäuerlichen Feste hin. An allen genannten Orten hatte die Jugend untereinander gewetteifert, für den Schmuck der Veranstaltungen dem Tag entsprechend zu sorgen.

Während in den übrigen Ortsgruppen die Festfolge unter Mitwirkung der Standschützenmusikkapellen, von Singgruppen und Sprechern würdig-einfach gestaltet wurde, fand in Brixen selbst eine Veranstaltung größeren Umfanges statt. In seiner Ansprache wies Kamerad Seifert darauf hin, daß das deutsche Volk eng wie kaum ein anderes mit der Scholle verbunden sei und daß es darum dem Wunsche des Führers gemäß und einem aus germanischer Zeit stammenden Brauchtum Rechnung tragend, das Erntedankfest als ein deutsches Volksfest feiere. Es müsse weiterhin der Stolz unserer Bauern sein, in der Zeit des Entscheidungskampfes ihren ganzen Fleiß daran zu setzen, um dem Boden das Möglichste abzugewinnen […].“

Während so die Entedankfeiern überall im Dienst der Propaganda standen, wobei Zuversicht und Siegesgewissheit im Gewand eines fröhlichen Volksfestes von geschulten Rednern suggeriert wurden, war auch die Erinnerungsfeier an den 9. November 1923 ein den Südtirolern von der NS-Propaganda aufgezwungenes Fest. Das Bozner Tagblatt vom 15. November 1944, Seite 3, bringt einen Rückblick auf verschiedene zu diesem Anlass abgehaltene Feierstunden. Einleitend wird triumphierend verkündet, dass „in allen Teilen der Provinz eindrucksvolle Feiern“ stattfanden, „an denen die Bevölkerung geschlossen teilnahm“. Wenngleich bereits diese Aussage zu bezweifeln ist, weil sie auf dem propagandistischen Auftrag medialer Darstellung beruht, so dürfte das folgende Statement wohl ziemlich sicher unglaubwürdig sein:

„In tiefer Erfurcht gedachten die Volksgenossen der Blutzeugen der Bewegung und aller im Lebenskampf des deutschen Volkes gefallen Kameraden und bekundeten neuerdings ihre Treue und ihr unerschütterliches Vertrauen zu unserem Führer sowie ihre feste Entschlossenheit, unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte zu allen Opfern bereit, bis zum Siege zu kämpfen.“

Vielmehr wurde in Südtirol in den meisten Landgemeinden die verordnete Aktion in eine Gedenkfeier für die eigenen Gefallenen umgewandelt, die der Bevölkerung natürlich näher standen als die Münchner „Märtyrer“ der NS-Ideologie. Lediglich in den Ansprachen der offiziellen Festredner wurde auf diese „Toten der Bewegung“ Bezug genommen, die Gedanken der Anwesenden bestimmten sie vermutlich nicht:

„Im Kreis Bozen hatten sich in den Versammlungsräumen der Ortsgruppen oder vor den Ehrenmälern mit den Kameraden und Kameradinnen des Arbeitsringes insbesondere auch die Hinterbliebenen der Gefallenen, die Frauenschaft und die Jugend eingefunden, um der tiefen und unzerreißbaren Verbundenheit unseres Volkes mit seinen toten Helden feierlichen Ausdruck zu verleihen.

Besonders eindrucksvoll gestaltete sich die Gedenkfeier der Kreisleitung im großen Saale des Fremdenverkehrshauses in Bozen, an der die Gefolgschaft der Dienststelle des Obersten Kommissars und Vertreter von Wehrmacht, Staat und Kommunalverwaltung teilnahmen. Kreisleiter Franz Kiebacher nahm die Ehrung der Gefallenen vor, die von den Anwesenden stehend angehört wurde und mit der Weise vom Guten Kameraden abschloß. In seiner Feierrede gedachte der Kreisleiter der heldischen Opferbereitschaft der Toten der Bewegung und der Gefallenen der beiden Weltkriege, die in beispielhafter Treue ihr Leben für die Freiheit des deutschen Volkes hingegeben haben. Die gleiche Treue fordern die Toten von uns im Kampfe um Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes. Wie das Opfer der Blutzeugen vom 9. November [1923] und der Toten des 1. Weltkrieges die Erstarkung Deutschlands erkämpften, so soll es dereinst auch von den Kämpfern des jetzigen Weltkrieges heißen: Ihr habt doch gesiegt! Feiermusik des Standschützenorchesters Bozen und Lieder gaben der Feierstunde einen stimmungsvollen Rahmen.

In ähnlicher, wenn auch einfacherer Form fanden die Heldengedenkfeiern in den einzelnen Ortsgruppen statt, wo den Hinterbliebenen der Gefallenen Gedenkblätter überreicht wurden.

Im Mittelpunkt der Erinnerungsfeiern des Kreises Salurn stand die eindrucksvolle Veranstaltung in Auer, die ein besonders würdevolles Gepräge hatte und der Kreisleiter Viktor Walch mit seinem Mitarbeiterstab und vielen Gästen beiwohnten. Auf dem Platz vor dem mit Hakenkreuzfahnen geschmückten Eisernen Kreuz hatten sich die Angehörigen der Gefallenen, die verschiedenen Abordnungen, die Standschützenmusikkapelle und eine große Volksmenge eingefunden. Kamerad Heinricher gedachte in seiner Feierrede der Gefallenen der Bewegung, der Toten des ersten Weltkrieges und der tapferen Helden, die im jetzigen Krieg für Deutschlands Größe und Zukunft ihr Leben hingegeben haben. Ihre Taten und Opfer sind für uns in der Heimat eine Verpflichtung und nur durch größte Opfer- und Einsatzbereitschaft können wir uns unserer Helden würdig erweisen. Kreisleiter Walch nahm hierauf die feierliche Ehrung der Toten unseres Volkes vor. Mit dem Lied vom Guten Kameraden klang die Feier aus.

Würdig gestaltete Feierstunden fanden auch in den Ortsgruppen Aldein, Branzoll, Kurtatsch, Margreid, Neumarkt, Tramin und Truden statt. Zu diesen Feiern hatten sich größere Vertretungen aus den umliegenden Ortsgruppen eingefunden.

In den entlegeneren Ortsgruppen des Kreises Meran, die nur durch kleine Vertretungen an der Großveranstaltung in der Kreisstadt teilnehmen konnten, fanden ebenfalls gutgestaltete Feiern statt. Zu den Feierstunden in Platt und St. Martin hatte sich ein Großteil der Bevölkerung des Passeiertales eingefunden, während in St. Wallburg die Volksgenossen des Ultentales in würdiger Form die gefallenen Helden ehrten. Weitere Feiern fanden in Frauenwald, Prissian, Tisens und zahlreichen anderen Ortsgruppen statt.

Neben der erhebenden Kreisfeier in Schlanders, über die bereits berichtet wurde [vgl. unten], führten die Ortsgruppen Mals und Latsch Feierstunden durch, bei denen die Bevölkerung der ganzen weiten Umgebung stark vertreten war. In Mals hielt Kreisleiter Wielander die Gedenkrede und würdigte die Taten unserer Gefallenen, die uns in ihrer Opfer- und Einsatzbereitschaft, in ihrem festen Vertrauen an den Führer, in ihrer unerschütterlichen Siegeszuversicht und in ihrer Kampfentschlossenheit jederzeit ein leuchtendes Beispiel sein müssen.

Von den zahlreichen Feiern, welche im Pustertale durchgeführt wurden, war jene der Kreisstadt Bruneck besonders weihevoll gestaltet. Im festlich geschmückten Saale des Heimes der Jugend hatten sich mit Kreisleiter Robert Bernardi und seinen Mitarbeitern die Angehörigen der Gefallenen eingefunden. Anwesend waren ferner die Vertretungen aller Gliederungen und breite Kreise der Bevölkerung. Feiermusik des Standschützenorchesters, ein sinnvoller Spruch und ein Lied leiteten die Veranstaltung ein. Der Kreisleiter ehrte hierauf in seiner Gedenkrede die Toten der Bewegung und die Helden, die im Kampfe für Deutschlands Zukunft ihr Leben hingegeben haben.

Auch im Kreis Brixen gedachte die Bevölkerung allerorts in Rahmen würdiger Feiern der toten Helden der Nation, deren Opfer uns zu größten Leistungen verpflichten.“

Die Erinnerungsfeiern des 9. November waren auf Sonntag, den 12. November 1944 verlegt worden. Eine besondere Bedeutung erhielt dieser Tag dadurch, dass im Jahr 1944 im ganzen Deutschen Reich Männer des „Volkssturms“ (im Gau Tirol-Vorarlberg und in der Provinz Bozen „Standschützen-Bataillone“) vereidigt wurden (vgl. unten).


Vereidigungszeremonien

Zur „Landwacht“ wurden rüstige Männer zeitlich begrenzt als Unterstützungsorgane der „Ordnungspolizei“ eingezogen. Die Auswahl trafen der Ortsgruppenleiter und der jeweilige Bürgermeister. Die Angehörigen der Landwacht hatten die Rechte von Hilfspolizisten und versahen vor allem Wachdienst, Streifendienst oder Objektschutz kriegswichtiger Bauwerke, sie wurden aber auch kurzzeitig für Arbeitseinsätze herangezogen (Details siehe bei Lun 2004, Seite 167 ff.). Jeder Landwachtmann wurde im Rahmen eines feierlichen Aktes dienstverpflichtet, dabei von seinem Vorgesetzten per Handschlag vereidigt. Solche Zeremonien wurden propagandistisch wirkungsvoll in der Öffentlichkeit inszeniert, mit Musikbegleitung. Besonders eindrucksvolle Verpflichtungsfeiern der Landwacht gab es im grenznahen Raum des Obervinschgaus, wo ihr Einsatz vermehrt der Verfolgung flüchtiger Kriegsgefangener galt:

„In Graun, Mals, Glurns und Taufers fand die feierliche Verpflichtung der Landwacht des oberen Vinschgaues statt, zu der sich die Bevölkerung jeweils zahlreich eingefunden hatte. In Graun war aus diesem Anlaß die Standschützen-Musikkapelle von Burgeis angetreten, in Mals spielte ein Musikkorps der Polizei-Reserve und in Glurns die Standschützen-Musikkapelle von Schluderns, während in Taufers der feierliche Akt mit Liedern einer Singgruppe der Mädelschaft eröffnet wurde. Gendarmerie-Kreisführer Ob[er]l[eu]tn[ant] Winkler begrüßte die Angetretenen, verwies in seiner Ansprache auf die Pflichten und Aufgaben der Landwacht und nahm hierauf die Verpflichtung vor. Kreisleiter Wielander, der in allen Orten der Feier beiwohnte, sprach zu den Landwachtmännern und bestimmte, daß jetzt in der Zeit des schwersten Kampfes jeder Deutsche, ob jung oder alt, voll und ganz seinen Mann stellen muß und unter Einsatz aller Kräfte seine Pflicht restlos zu erfüllen hat. In diesen Schicksalsstunden des deutschen Volkes darf niemand abseits stehen; geschlossen und vereint wollen wir unermüdlich arbeiten, kämpfen und Opfer bringen bis zum Sieg. Mit dem Gruß an den Führer und den Liedern der Nation fanden die Feiern ihren Abschluß“ (Bozner Tagblatt vom 23. September 1944, Seite 7).

Auch in Graun trat die Standschützenmusikkapelle von Burgeis auf zur Umrahmung der Feier mit würdigen Klängen:

„Am 17. d[iese]s [Monats September] fand am Dorfplatz die Vereidigung der Landwacht unserer und der angrenzenden Ortsgruppen in feierlicher Form statt. Als Kreisleiter Willi Wielander mit dem Kreisführer der Gendarmerie eintraf, meldete Gendarmeriemeister Rübcke die Stärke der angetretenen Formationen. Der Gendarmerie-Kreisführer richtete dann an die Landwachtmänner eine kurze Ansprache und erklärte die Notwendigkeit des Landwachtdienstes, worauf er die Vereidigung durch Handschlag vornahm. Hierauf ergriff Kreisleiter Wielander das Wort und sprach in seinen Ausführungen über die Notwendigkeit der Landwacht, um unser Land zu schützen und die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. An der Vereidigung nahm die Standschützenmusikkapelle Burgeis teil“ (Bozner Tagblatt vom 25. September 1944, Seite 3).

Bei der Landwachtverpflichtung in Taufers stellte Kreisleiter Wilhelm Wielander die Pflichten der Landwacht deutlich in den Mittelpunkt seiner Ansprache:

„Am 17 d[iese]s [Monats September] war die Landwacht-Ortsgruppe Taufers zur Verpflichtung angetreten. Nach Eintreffen des Kreisleiters Willi Wielander mit Oberleutnant der Gendarmerie Winkler meldete Oberleutnant Schreier die angetretene Mannschaft. Nachdem Oberleutnant Winkler auf die Notwendigkeit des Landwachtdienstes besonders im Grenzgebiete hingewiesen hatte, wies der Kreisleiter in seiner Ansprache darauf hin, dass es in der heutigen Lage eine Selbstverständlichkeit jedes einzelnen nicht Frontfähigen sei, unsere Heimat zu schützen, die Ordnung aufrecht zu halten und, wo es notwendig sei, mit der Gemeinschaftshilfe einzusetzen“ (Bozner Tagblatt vom 25. September 1944, Seite 3).

Bei der Verpflichtung der Landwache in Laas eröffnete eine „Singgruppe der Mädelschaft“ die Feierstunde. Kreisleiter Wielander „ermunterte die Anwesenden zu pflichtgetreuem Einsatz, indem er ihnen die Tiroler zur Zeit der Freiheitskriege und die Standschützen des Weltkrieges als Beispiel vor Augen führte“ (Bozner Tagblatt vom 28. September 1944, Seite 3.)

Besonders prächtig und wirkungsvoll inszeniert ging die Verpflichtungszeremonie in der Kreisstadt Schlanders über die Bühne:

„Nachdem die Verpflichtung der Landwacht am Sonntag, 24. d[iese]s [Monats September 1944] vormittags, unter zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung in mehreren Gemeinden des Kreises in feierlicher Form durchgeführt worden war, gestaltete sich nachmittags das Gelöbnis der Landwachtmänner des Kreishauptortes zu einer besonders eindrucksvollen Kundgebung. Im weiten Geviert des Hauptplatzes vor der Kreisleitung hatten über 200 Landwachtmänner, eine Anordnung der Polizei sowie die Vertretungen der Ortsbehörden, umgeben von einer grossen Volksmenge Aufstellung genommen. Die Standschützen-Musikkapelle von Schlanders leitete den feierlichen Akt mit Marschmusik ein, worauf Gendarmerie-Kreisführer Ob[er]l[eu]tn[ant] Winkler dem Kreisleiter Willi Wielander Meldung erstattete, der Schutz- und Wachtformationen der Landwachtmänner den tiefen Sinn des Treuegelöbnisses und die Verpflichtung, die sie damit vor dem Führer, Volk und der Heimat übernimmt, vor Augen führte und die ihr gestellten Aufgaben klar umriss. Hierauf folgte[n] die Verlesung der Verpflichtungsformel und das Gelöbnis durch Handschlag. In zündender Rede veranschaulichte sodann Kreisleiter Wielander die Grösse unseres Kampfes um des Reiches und unserer engeren Heimat Zukunft und umriss die Aufgaben der Volksgemeinschaft in diesem Augenblick gewaltiger Geschehnisse. Trotz harter Schicksalsschläge, getragen von unerschütterlichem Vertrauen an den Führer und getreu alter Tradition der Bewohner des Landes im Gebirge, hat jeder, gleich welchen Alters und Standes, jedes von der Not der Stunde geforderte Opfer zu leisten und alle Kräfte vorbehaltlos einzusetzen. Wer in dieser entscheidungsschweren Zeit abseits steht, verrät die kämpfende Front und alle, die für unsere Freiheit ihr Blut geben. Mit dem leidenschaftlichen Appell zur Einigkeit und Treue schloss der Kreisleiter seine Rede, die tiefen Eindruck hinterliess. Die Feierstunde fand mit dem Gruss an den Führer und den Liedern der Nation ihren Abschluss“ (Bozner Tagblatt vom 28. September 1944, Seite 3).

Im Bericht von der Verpflichtung der Landwacht in Waidbruck wird die festliche Mitwirkung der Standschützen-Musikkapelle von Barbian und Kollmann eigens hervorgehoben (Bozner Tagblatt vom 26. September 1944, Seite 3). In St. Lorenzen marschierte die Landwache „unter den Klängen eines schneidigen Marsches, gespielt von unserer Standschützenmusikkapelle“, zur Verpflichtung auf (Bozner Tagblatt vom 9. September 1944, Seite 5). In Klausen gab die Musikkapelle der Polizei-Reserve nach der Zeremonie ein Standkonzert am Postplatz. Zuvor hatte sie den Festakt mit „schneidigen Märschen“ begleitet, der mit dem „Gruß an den Führer und den Liedern der Nation“ sein pathetisches Ende gefunden hatte (Bozner Tagblatt vom 22. September 1944, Seite 3).

Anlässlich der Feier zum 9. November, die 1944 im ganzen Deutschen Reich und auch in Südtirol einheitlich auf den 12. November verlegt worden war, nahm der Oberste Kommissar Gauleiter Franz Hofer in Schlanders die Vereidigung des Polizeiregiments Schlanders vor. Über die Zeremonie weiß das Bozner Tagblatt vom 14. November 1944, Seite 2:

„Die Standschützen von Schlanders nahmen mit ihrer Musikkapelle und der Fahne, ebenso wie die Mitarbeiter der Kreisleitung mit einer großen Anzahl von Volksgenossen an der Feier teil. Der Kommandeur des Polizeiregimentes, Oberstleutnant der Schutzpolizei Hahn, erstattete dem Obersten Kommissar Meldung, der dann die Front der Bataillone abschritt. Nach einigen Chorälen sprach der Regimentskommandeur die Totenehrung, nach der der Oberste Kommissar an die Truppe eine Ansprache hielt, in der er darauf hinwies, daß der Eid jeden einzelnen verpflichte, für Führer und Nation auch das Leben ohne Zögern einzusetzen“. Als Drohung fügte er an, dass „in unserer Heimat“ der Eidbrecher „Heimat und Leben“ verliert. Im weiteren Verlauf seiner Rede wies der Oberste Kommissar darauf hin, dass nicht nur „soldatisches Können“ allein zähle, sondern auch politisch überzeugtes Handeln „auf dem Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung“. Mit emphatischem Appell schloss er seine Ansprache: „Unverrückbar wie die Berge müßt ihr stehen und wissen, daß Eure Ehre Treue heißt. Seid so, wie Eure Ahnen durch tausend Jahre waren und macht der Heimat und dem Führer keine Schande. In diesem Sinne leistet den Eid, zum letzten bereit!“

Nach Verlesung der zehn Grundsätze der Deutschen Polizei legten die Männer des Polizeiregimentes den Eid ab. Ein Vorbeimarsch vor dem Obersten Kommissar beendete die Feier.


Vereidigung der Standschützen

Mit Erlass vom 25. September 1944 verfügte der „Führer“ Adolf Hitler die Aufstellung des „Deutschen Volkssturms“. Begründet wird diese Maßnahme wie folgt:
 
„Zur Verstärkung der aktiven Kräfte unserer Wehrmacht und insbesondere zur Führung eines unerbittlichen Kampfes überall dort, wo der Feind den deutschen Boden betreten will, rufe ich daher alle waffenfähigen deutschen Männer zum Kampfeinsatz auf.“ (Der Führererlass ist vollständig in den Innsbrucker Nachrichten vom 19. Oktober 1944 auf der Titelseite wiedergegeben). Auf Befehl Hitlers wurden in allen Gauen die waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahre zum „Deutschen Volkssturm“, im Gau Tirol-Vorarlberg aus historischer Tradition „Standschützen“ genannt, einberufen. Die Aufstellung und Führung der neu gebildeten Formationen übernahmen die jeweiligen Gauleiter. Da der Einsatz der Standschützen zur Sicherung der Landesgrenzen vorgesehen war, wurden sie nach einer mehrwöchigen militärischen Ausbildung und nach der feierlichen Vereidigung auf den „Führer“ in der Regel wieder in ihre Heimatgemeinden entlassen, um sich für den äußersten Ernstfall verfügbar zu halten. Von einer freudigen Verabschiedung der einberufenen Standschützen in Meran berichtet das Bozner Tagblatt vom 18. November 1944, Seite 7:
 
„Schneidige Weisen der Jungschützenkapelle klangen am Morgen des 14. November den von allen Seiten herbeieilenden Standschützen am Meraner Bahnhof entgegen, wo sie der Kreisleiter verabschiedete. Diese Standschützen rückten zu einem mehrwöchigen Ausbildungslehrgang ab. Keine jungen Rekruten, überwiegend reife Männer, Familienväter mit mehr oder weniger Silber im Haar, von denen den meisten weder Kasernen noch Kriegsdienst neu sind. Eines eint sie mit den Jungen, die heiter frohe Stimmung, gehoben durch die stolze Freude, nach einem Lebenswerk noch dem Vaterlande in ernster Zeit dienen zu können. Die Frauenschaft steckte jedem Standschützen ein Sträußlein ins Knopfloch. Begeistert wurde ein gleichzeitig durchgehender Transport Standschützen aus anderer Gegend mit flotten Märschen empfangen und begrüßt.“
 
Nach ihrer Ausbildung wurden die Standschützen in feierlicher Form vereidigt. Die erste Vereidigung wurde am 12. November 1944 im Rahmen der Gedenkzeremonien des 9. November vorgenommen:
 
„Eine besondere Bedeutung erhielt der Tag in diesem Jahre dadurch, daß im gesamten Reiche die Männer des Volkssturmes vereidigt wurden. Wie im Gau Tirol-Vorarlberg in den einzelnen Kreisstädten von den Kreisleitern die Standschützen, die in den letzten Tagen von einem Unterführer- und Führerlehrgang zurückgekehrt waren, in Eid genommen wurden, so nahm im Gebiete der Provinz Bozen [in Meran] der Oberste Kommissar, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer, am vergangenen Sonntag die feierliche Vereidigung der Standschützen eines derzeit laufenden vieltausendköpfigen Lehrganges und des Polizeiregimentes Schlanders vor“ (Bozner Tagblatt vom 14. November 1944, Seite 1). Die Zeremonie der Vereidigung wird ausführlich geschildert:
 
„Ein Spätherbstnachmittag von überwältigender Schönheit neigte sich dem Abend zu, als auf dem geräumigen Festplatz die Standschützen des zweiten Ausbildungslehrganges aufmarschierten. Auf dem Talkessel krochen die Schatten schon die rebenbestandenen Hänge empor, doch sonnenbeschienen leuchteten die Gipfel im Schmucke des unbefleckten Schneekleides. Wie eine gewaltige Mahnung kämpferischen Trotzes grüße die Texelgruppe ins Tal und zu dem Platz hernieder, auf dessen Fläche die dreitausend Standschützen im festgeschlossenen Block Aufstellung genommen hatten. Um den Platz und der mit dem Führerbilde geschmückten Tribüne scharten sich die Volksgenossen, für die die Feier und die Vereidigung persönliche Sache war, an der sie mit tiefstem Gefühl Anteil nahmen. Im Vordergrunde der Tribüne war die Fahne des Gaues Tirol-Vorarlberg, getragen und flankiert von Politischen Leitern, postiert. Dahinter standen die Träger von zwei Burggräfler Standschützenfahnen.
 
Fanfarenrufe kündeten die Ankunft des Gauleiters an, dem Bereichsleiter [Karl] Margreiter Meldung erstattete […]. Neben den Standschützen des Ausbildungslehrganges im grauen Ehrenkleide waren in ihrer heimatlichen Tracht die Standschützenkompanien Meran, Marling und Algund-Partschins mit den Standschützenmusikkapellen Lana, Marling und Naturns, mit den Schützenfahnen von Dorf Tirol und Algund, Jungen und Mädel des Kreises mit der Jungschützenmusikkapelle und die Politischen Leiter zur Stelle. Neben Angehörigen von Gefallenen dieses Krieges, die Ehrenplätze erhielten, waren in großer Zahl auch die Insassen der Lazarette, Angehörige des Heeres und der Luftwaffe sowie der Waffen-SS gekommen. Es war ein erhebendes Bild der soldatischen Kameradschaft und einer festgeschlossenen Volksgemeinschaft.“
 
Nachdem Gauleiter Hofer die Front abgeschritten hatte, erfolgte durch einen Sprecher der Aufruf der Toten, der ersten „Blutzeugen der Bewegung“, der Gefallenen des ersten und des gegenwärtigen Krieges und der Opfer, die bei den Bombenangriffen zu beklagen waren. Zu ihrem ehrenden Gedenken erklang das Lied vom Guten Kameraden. Hierauf ergriff der Oberste Kommissar das Wort. Er erinnerte dabei an die wehrhafte Tradition des Landes und ermahnte die Standschützen, sich als ihrer heldenhaften Vorfahren würdig zu erweisen. Der Redner ermutigte die Standschützen zu äußerster Hingabe für den Schutz der Heimat, die untergehen müsste, wenn sie weichen sollten: „Wir haben unser Schicksal in der eigenen Hand und müssen wissen, daß der Herrgott nur dem den Sieg gibt, der bereit ist, bis zum letzten zu kämpfen und ihn daher verdient.“ Auf diese eigenwillige Interpretation göttlichen Wirkens hoben die zu vereidigenden Männer ihren rechten Arm und sprachen die Eidesformel nach, die ihnen der Gauleiter vorsagte: „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich dem Führer des Großdeutschen Reiches, Adolf Hitler, bedingungslos treu und gehorsam sein werde, ich gelobe, daß ich für meine Heimat tapfer kämpfen und lieber sterben werde, als die Freiheit und damit die soziale Zukunft meines Volkes preis zu geben.“ Während der Eidesleistung hatten die vor die Front getretenen drei Soldaten stellvertretend für alle die Schwurhand auf die gesenkte Gaufahne gelegt. Nach dieser Zeremonie bekräftigte der Oberste Kommissar eindringlich, dass dieser Schwur auf die Fahne der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei geleistet wurde: „Ihr seid nicht nur Soldaten mit der Waffe, ihr seid politische Soldaten des Führers und habt dorthin zu gehen, wohin Euch sein Befehl weisen wird.“ Mit einem leidenschaftlichen Aufruf ermahnte Franz Hofer zuletzt die Versammelten an ihre Pflicht: „Wir wollen stehen für die Heimat und für das Reich, für den Volksstaat, den unser Führer geschaffen, und wir wollen für all das kämpfen und werden siegen. Aus dem Lande, in dem immer wieder in der Vergangenheit ruhmvolle Heldentaten gesetzt wurden, aus dem Lande, in dem Mut und Treue stets die höchsten Werte darstellten, grüßen wir den Führer, der uns leuchtendes Vorbild in allen Tugenden ist, mit unserem alten Kampfruf: Adolf Hitler, Sieg-Heil!“ Nach der Kundgebung stellten sich die Formationen in Uniform und Tracht auf zu einem Vorbeimarsch vor dem Gauleiter in der Vogelweiderstraße.
 
Aus propagandistischen Gründen erschien ein nahezu gleichlautender Bericht auch in den Innsbrucker Nachrichten vom 15. November 1944, Seite 3 sowie im Tiroler Landboten vom 17. November 1944, Seite 3.
 
Weitere Vereidigungsaktionen mit nahezu demselben Ritual fanden in Südtirol kurz vor Weihnachten 1944 statt. Ausführlich beschreibt das Bozner Tagblatt vom 22. Dezember 1944, Seite 3, solche Zeremonien, insbesondere den Inhalt der Reden des Obersten Kommissars. Auf diese Weise sollte den Lesern mit optimistischer Überzeugungsrhetorik Zutrauen und Zuversicht in die Kampfstärke und Kampfentschlossenheit der neuen militärischen Verbände vermittelt werden. Andererseits griff Hofer in Ansprachen zugleich das übliche Drohszenario auf, dass sich der Feind die „gänzliche Vernichtung des deutschen Volkes“ zum Ziel gesetzt habe, dass es „um Sein oder Nichtsein“ gehe, dass daher alle Anstrengungen „bis zum Äußersten“ unternommen werden müssten, um „bis zum Endsieg durchzufechten“. „Die nach Abschluß eines Ausbildungslehrganges für Führer- und Unterführeranwärter aus den Kreisen südlich des Brenners in ihre Ortsgruppen heimgekehrten Standschützen-Kompanien wurden in ihren Heimatkreisen in feierlicher Form vereidigt.“
 
Beeindruckend verlief die feierliche Vereidigung der Standschützen in Meran, bei der der Oberste Kommissar, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer, neben dem von der Ausbildung zurückgekehrten Bataillon auch die Angehörigen eines weiteren Standschützen-Ausbildungslehrganges aus Tirol-Vorarlberg in der Stärke von zwei Regimentern unter Eid nahm. Das Szenarium glich sehr den Feierlichkeiten vom 12. November:
 
„Auf dem weiten, mit Fahnen geschmückten Festplatz hatten die Standschützen in Feldgrau in einem festgeschlossenen Block Aufstellung genommen. Ihnen zur Seite waren größere Vertretungen von Standschützenkameraden in der schmucken Tracht, zwei Musikkapellen, ferner Abordnungen der Jugend und die Vertreter sämtlicher Gliederungen, angetreten. Vor der Tribüne mit dem mächtigen Führerbild hatten sich die Gaufahne, getragen und flankiert von Politischen Leitern und hinter ihr eine von Standschützen in Tracht flankierte alte Schützenfahne postiert […].
 
Nachdem Bereichsleiter [Karl] Margreiter Meldung erstattet hatte, schritt der Gauleiter unter den Klängen des Präsentiermarsches die Front der angetretenen Bataillone ab. Während hierauf die Musikkapelle das Lied vom Guten Kameraden anstimmte und die Fahnen sich zum Gruße senkten, ehrte ein Sprecher alle Kameraden, welche im Kampfe für Deutschlands Freiheit und für die Zukunft unseres Volkes ihr Leben hingegeben haben.“
 
In der nun folgenden Rede erinnerte der Gauleiter einleitend daran, daß vor einem Monat auf dem selben Platze Tausende von Standschützen angetreten waren, um einen feierlichen Schwur zu leisten, lieber ihr Leben hinzugeben, als dem Führer die Treue zu brechen. Der Gauleiter entwirft nun einen optimistischen Blick in die Zukunft:
 
„Seitdem wurde im Zuge des Ausbildungsprogrammes der Standschützen ein gewaltiges Stück weiterer Arbeit geleistet. Zu den Kompanien von damals haben sich in allen Orten zahlreiche neue gesellt. Die Arbeit aber geht mit unvermindertem Tempo weiter. Monatlich werden viele Tausende von Standschützen aus den Kreisen südlich und nördlich des Brenners, ostwärts und westlich des Arlbergs in den Ausbildungslagern mit den neuzeitlichsten Kampfmethoden vertraut gemacht, in der Handhabung unserer besten und neuesten Waffen und Nahkampfmittel gründlich geschult und zu vollwertigen, jederzeit einsatzfähigen Soldaten ausgebildet. Zu Bataillon kommt Bataillon, zu einer Standschützen-Gebirgsdivision gesellt sich die andere. Dabei handelt es sich um Einheiten, deren Angehörige vom ersten bis zum letzten Mann fest entschlossen sind, ihre Heimat jederzeit bis aufs Letzte zu verteidigen und ihr Leben für die Freiheit und Unabhängigkeit unseres Volkes hinzugeben.
 
Vergebens hat der Feind versucht, die Grenzen des Reiches zu überrennen und Deutschland zu Boden zu werfen. Unsere Feinde sind auf eine von fanatischem Kampfwillen getragene Abwehr gestoßen, die dem Gegner nicht nur ein kategorisches Halt geboten, sondern auch allerschwerste Verluste zugefügt hat. Dort aber, wo dem Feinde einige Quadratkilometer deutschen Bodens vorübergehend in die Hände gefallen sind, haben wir die Bestätigung erhalten, daß unsere Feinde keinen Augenblick zögern, ihren blinden Haß in brutalster Form in die Tat umzusetzen. Für sie gibt es nur ein Ziel: die gänzliche Vernichtung des deutschen Volkes. Wie ganz Deutschland, so ist auch unsere Heimat, allem Terror zum Trotz, heute entschlossener denn je, den Kampf mit allen Mitteln bis zum Endsieg durchzufechten. Wir wissen, daß es in diesem geschichtlichen Ringen um Sein oder Nichtsein nur eines gibt: Kampf und nochmals Kampf bis zum Aeußersten. Das Wort ‚Kapitulation’ ist aus unserem Sprachschatz gestrichen. Für einen Stamm mit einer so stolzen Wehrtradition, wie wir sie haben, ist kämpfen kein Gebot, sondern eine Selbstverständlichkeit, denn es geht um die eigene Heimat, um den eigenen Hof, um Frau und Kind.
 
Der Gauleiter verlas hierauf die sechs Kampfgrundsätze der Standschützen und verwies auf die Heiligkeit des Eides, den die Standschützen jetzt ablegen, eines Eides, der sie unlösbar mit dem Führer des Großdeutschen Reiches verbindet und der gleichzeitig ein feierliches Bekenntnis zu ihm ist […].
 
Nach der Eidesleistung fuhr Gauleiter Hofer in seiner Rede fort: ‚Der Schwur, den ihr hier in den Bergen der Heimat abgelegt habt, ist ein Gelöbnis der Treue, der Treue zu unserer Heimat, zu unserem Führer. Er ist aber auch eine feierliche Verpflichtung uns selbst und der Heimat gegenüber, bei all unserem Tun und Handeln jene Haltung zu wahren, daß wir mit Recht von uns sagen können: Wir zählen zu den Besten … Wir halten es so, wie alle anderen Kreise südlich und nördlich des Brenners, wir wollen keinem der anderen Bataillone nachstehen; für uns gilt das Losungswort: Wir kennen nur die Treue, und wenn uns der Führer ruft, gibt es für uns nur Eines: den Kampf bis zum Letzten’.“
 
Nach der Kundgebung formierten sich die Standschützeneinheiten sowie die anderen Vertretungen in Tracht zu einem großen Vorbeimarsch, „der durch die Anwesenheit des Oberbefehlshabers Südwest Generalfeldmarschall [Albert] Kesselring eine ganz besondere Bedeutung erhielt“.
 
Der Oberste Kommissar Hofer nützte auch in Salurn die Vereidigung der Standschützen zu einem Propaganda-Auftritt, um die versammelte Volksgemeinschaft zum Durchhalten zu bewegen. Hier verwies er eindringlich auf das Vorbild heldenhafter Taten der Ahnen. Am Abend nach der feierlichen Eideszeremonie samt dem rituellen Vorbeimarsch der Standschützen und anderer Formationen vor dem Gauleiter wurde mit einem „Kameradschaftsabend“ bei Musik, Gesang und Volkstanzdarbietungen die „Volksgemeinschaft“ im Einklang mit ihrer Ideologie zelebriert:
 
„Am Nachmittag desselben Tages wohnte der Gauleiter in Salurn der feierlichen Vereidigung der von den Ausbildungslehrgängen zurückgekehrten Standschützeneinheiten des südlichsten Teiles der Provinz bei. Der große Platz vor dem Schießstand bot aus diesem Anlaß ein überaus festliches Bild. Neben dem Bataillon hatten Vertretungen des Standschützenverbandes in Tracht, ein Jungschützenzug, die Salurner Standschützen-Musikkapelle, die Jugend sowie Abordnungen aller Gliederungen und Formationen Aufstellung genommen. Seitlich von der Tribüne und hinter den Einheiten scharten sich breite Kreise der Bevölkerung, die sich mit unseren Standschützen zutiefst verbunden fühlen und für die somit die Teilnahme an der Feier eine persönliche Sache war.
 
Kreisleiter Viktor Walch erstattete dem Gauleiter Meldung und wiederholte das am Tage der Eröffnung des ersten Kreisschießens gegebene Versprechen, daß der Kreis Salurn, im Gedenken an die Taten der Väter und in Verantwortung für die Zukunft der Kinder bereit sei, für das Reich des Führers bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Nach der feierlichen Ehrung der Gefallenen erinnerte der Gauleiter in seiner Ansprache an die vielhundertjährige erprobte Wehrtradition unseres Stammes, für den das Tragen der Waffen niemals eine Pflicht oder gar eine Last, sondern jederzeit ein stolzes Recht war, um das unsere Ahnen kämpften. Wenn es galt, die Grenzen der Heimat zu schützen, Volk und Boden zu verteidigen, dann gab es für unsere Vorfahren kein Zögern und keine Bedenken mehr; sie eilten zu den Waffen und verteidigten ihre Heimat bis zum Aeußersten, ohne Rücksicht auf Opfer und Blut. Und so wollen auch wir es halten. Im Süden steht ein Stamm, dessen Männer dafür sorgen werden, daß kein Feind auch nur einen Zollbreit heimatlichen Boden betritt. Hier von der Salurner Klause aus grüßen wir alle Soldaten des Deutschen Reiches, grüßen wir alle deutschen Gaue, grüßen wir vor allem aber unseren Führer und geloben ihm feierlich unsere unverbrüchliche Treue und die Bereitschaft, jederzeit für den Endsieg zu kämpfen und in diesem Kampfe zu allen, auch den größten Opfern, bereit zu sein.
 
Nachdem die Standschützen den feierlichen Eid abgelegt hatten, folgte der Vorbeimarsch der Standschützen und der anderen Formationen vor dem Gauleiter.
 
Beim Eintreffen des Standschützenbataillons des Kreises Bozen in der Kreisstadt, wurde dieses nach dem Einmarsch durch die festlich beflaggten Straßen der Stadt auf einem Kameradschaftsabend im großen Saale des Fremdenverkehrshauses bewillkommt. An der schlichten, herzlichen Feier, zu deren Gestaltung Musik, Gesang und Volkstanzdarbietungen beitrugen, nahmen der Kreisleiter und seine Mitarbeiter, sowie Vertreter der verschiedenen Dienststellen teil.
 
Die Vereidigung in Bozen
Zur feierlichen Vereidigung hatten sich neben dem Kreisleiter, Franz Kiebacher, zahlreiche Ehrengäste, darunter Vertreter der Dienststellen des Obersten Kommissars, ferner Generalleutnant Schmidt-Hartung, SS-Brigadeführer Generalmajor der Polizei [Karl] Brunner, Präfekt Dr. [Karl] Tinzl und andere eingefunden. Neben der Tribüne hatten ein Ehrenzug der Wehrmacht, die Ortsgruppenleiter, eine Einheit von Standschützen in Tracht mit den Standschützen-Musikkapellen Eppan und Zwölfmalgreien, zahlreiche Abordnungen der Frontkämpfer, der Frauenschaft und Mädelschaft und der Jugend aus dem ganzen Kreis Aufstellung genommen. Vor der Tribüne standen die alten Standschützenfahnen vom Ritten (1793), Kastelruth, Tiers und Leifers. Gegenüber war das Standschützen-Lehrbataillon in seiner schmucken neuen Uniform in Feldgrau angetreten.
 
Nachdem der Kreisleiter die Front der Standschützen abgeschritten hatte, erklang das Kampflied Hellau über den weiten Platz, der ein unvergeßliches Bild soldatisch kameradschaftlicher Geschlossenheit bot. Der Sprecher, Ortsgruppenleiter Wilhelm, nahm die Ehrung aller für die Freiheit des Volkes Gefallenen vor.
 
Hierauf ergriff der Kreisleiter das Wort und erinnerte daran, daß von diesem Platze aus 1915 das Bozner Standschützenbataillon an die Landesgrenze zog, die es mit den anderen Standschützenkameraden bis zum Eintreffen des Deutschen Alpenkorps allein gegen einen vielfach überlegenen Feind schützte. Heute stehen diese Standschützen noch viel härter und fester bereit.
 
Nach der Vereidigung durch den Kreisleiter richtete dieser an die Standschützen, die nicht nur Soldaten in Waffen, sondern auch politische Soldaten sind, die Aufforderung, jetzt nur noch eifriger darüber zu wachen, daß in der Heimat alles getan und geleistet wird, was zum Siege führt, und wenn es gilt, zusammen mit den Kameraden der Wehrmacht und der Waffen-SS das deutsche Volksheer zu bilden, das unüberwindlich sein wird. Mit dem Treuegruß an den Mann, der das deutsche Volk zum Siege führt, an unseren geliebten Führer, schloß der Kreisleiter seine Ansprache und begeistert erbrauste das dreifache ‚Sieg-Heil‘ der Bozner Standschützen.
 
Hierauf formierten sich die Standschützen des Bataillons und die Abordnungen der Standschützen in Tracht mit den übrigen Gliederungen zum Vorbeimarsch vor dem Kreisleiter und den Ehrengästen.
 
Nach Beendigung der Kundgebung traten die Standschützen, die nach Wochen umfassender Ausbildung alle den Eindruck strammer Soldaten boten, wieder den Heimweg in ihre Dörfer und Täler an, als Kerntruppen für die vielen Tausend, die nun noch das Ehrenkleid des Volksturmes anziehen werden.“
 
In Kastelruth wurden die heimkehrenden Standschützen am Ortseingang von der Standschützen-Musikkapelle klingend willkommen geheißen und mit „flotten Märschen“ durch den Ort begleitet, wo sie der Ortsgruppenleiter mit einer kurzen Ansprache offiziell begrüßte (Bozner Tagblatt vom 22. Dezember 1944, Seite 5).
 
Die Vereidigung der Standschützen in Brixen führte Kreisleiter Josef Hinteregger „im Beisein einer großen Volksmenge“ durch (Bozner Tagblatt vom 23. Dezember 1944, Seite 7):
 
„Begleitet von einer Ehrenkompanie des SS-Pol[izei] Reg[imen]t[s] Brixen sowie einer Abteilung der Jugend, marschierten die Standschützen unter dem klingenden Spiel einer Standschützen-Musikkapelle in der Eisacktaler Tracht, vom Bahnhof kommend, am festlich geschmückten Feierplatz auf. Unter den Klängen des Andreas-Hofer-Marsches [möglicherweise dem von Karl Komzák jun. (1850-1905), op. 279] erfolgte der Einmarsch der Hoheitsfahne sowie der alten Standschützenfahnen von St. Andrä, Villanders, Vahrn, Schalders und Neustift. In einem feierlichen Totengedenken fand die Feier ihren Beginn, worauf Kreisleiter Hinteregger das Wort ergriff.“
 
Der Kreisleiter berief sich dabei auf „ruhmreiche Meilensteine in der Geschichte des Landes“, besonders auf das Heldentum der Tiroler Standschützen im Ersten Weltkrieg. „Gleich unseren Ahnen werden auch in diesem Ringen um die Existenz unseres Volkes neben unserer tapferen Wehrmacht und der Waffen-SS die Standschützen alle Opfer und Entbehrungen auf sich nehmen und durch äußersten Einsatz sich ihres dem Führer gelobten Eides würdig erweisen und lieber den Tod auf sich nehmen, als zu weichen und unsere schöne Heimat dem absoluten Vernichtungswillen unserer Feinde preiszugeben. In der Folge gab Kreisleiter Hinteregger die Kampfsätze bekannt und schritt zur Vereidigung der Standschützen. Mit dem Gelöbnis, unser Ganzes für unsere Heimat und den vom Führer geschaffenen Volksstaat zu geben, der Führerehrung und den Liedern der Nation klang die Feier aus. Anschließend nahm der Kreisleiter am Großen Graben den Vorbeimarsch der Standschützen und der Ehrenformationen ab.“


 „Verabschiedungsfeier“

Höhere Parteifunktionäre wurden nach ihrem Tod im Rahmen eines aufwändigen Rituals öffentlich „verabschiedet“. Die Verabschiedung des Südtiroler Volksgruppenführers Peter Hofer, der mit drei seiner Mitarbeiter bei einem Luftangriff der Alliierten am 2. Dezember 1943 in Bozen den Tod gefunden hatte, war ein ungemein pompöses Ereignis. Die Särge der „gefallenen Kameraden“ wurden im Marmorsaal des Bozner Rathauses öffentlich aufgebahrt und mit Flaggenschmuck bedeckt, auf denen die Kriegsverdienstkreuze lagen, die ihnen nach ihrem Tod noch verliehen wurden. Vor den Särgen hielten Männer des Sicherheits- und Ordnungsdienstes, Frontkämpfer und Jungmänner die letzte Ehrenwache. Laut einer Schilderung im Bozner Tagblatt am 6. Dezember 1943, Seite 1, trugen sich „Tausende und Tausende Männer und Frauen“ in das Kondolenzbuch ein. Über das Zeremoniell der Verabschiedung am Bozner Rathausplatz in Anwesenheit aller wesentlichen politischen und militärischen Funktionsträger ist zu lesen:

„Am Sonntag morgens fand vor dem Rathause die Verabschiedung für den Volksgruppenführer [Peter Hofer] und seine mit ihm gefallenen Kameraden statt. Lange vor der angesetzten Stunde füllte sich der weite Platz mit Trauergästen, die aus Bozen und allen Teilen der Provinz und von auswärts gekommen waren, um dem auf so tragische Weise der Volksgruppe entrissenen Führer die letzte Ehre zu erweisen.

Zur Feier waren erschienen der Oberste Kommissar, Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer, mit den Amtsleitern seiner Dienststelle, der Höchste SS- und Polizeiführer Italien SS-Obergruppenführer [Karl] Wolff, Landesleiter der AO [Auslandsorganisation der NSDAP] Dr. [Fritz] Ehrich im Auftrag des Reichsaußenministers, Major Dr. Lüdecke im Auftrag des Generalfeldmarschalls Keitel, Gauamtsleiter Maier-Kaibisch im Auftrag des Obersten Kommissars für das Adriatische Küstenland Gauleiter Rainer, Sturmbannführer [Heinz Friedrich] Winkler in Vertretung des Reichskommissars f[ür] d[ie] Festigung deutschen Volkstums, Major Müller in Vertretung der Militärkommandantur, zahlreiche Vertretungen der Wehrmacht, der Waffen-SS und der Polizeitruppe; die Vertretung der Gauleitung Tirol-Vorarlberg, die Kreisleiter der Provinz Bozen und des Gaues Tirol-Vorarlberg, die Ortsgruppenleiter und Bürgermeister der Provinz, Vice-Präfekt Dr. Mazzante in Vertretung des verhinderten Präfekten von Trient u. a. weiters starke Vertretungen des Frontkämpferverbandes des Sicherheits- und Ordnungsdienstes, der Frauenschaft, der Jugend und eine zahlreiche Volksmenge.

Nach dem Eintreffen des Obersten Kommissars wurden die Särge unter Trommelwirbel von Volksgenossen in heimatlicher Tracht aus dem Rathaus herausgetragen und auf den Stufen der Vorhalle aufgestellt. Weihevolle Trauermusik klang auf, gespielt vom Musikzug einer SS-Standarte, und dann trug ein Männerchor der Volksgruppe das Lied Deutschland muß leben vor [Refrain ‚Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen‘ zu Soldatenabschied ‚Lass mich geh’n, Mutter‘, Text: Heinrich Lersch (1889-1936), Melodie: Heinrich Spitta (1902-1972), ca. 1937]. Der Oberste Kommissar, Franz Hofer, stieg nun die Stufen hinauf zur Vorhalle und nahm mit ergreifender Gedenkrede Abschied vom Volksgruppenführer Peter Hofer und seinen mit ihm gefallenen Kameraden.“

In seiner Gedenkrede würdige der Oberste Kommissar die Taten des Volksgruppenführers Peter Hofer. Er hob dessen Verdienste im Rahmen der „Option“ hervor, nütze seine Rede in Anwesenheit der hohen Prominenz jedoch auch für Eigenpropaganda:

„[…] Peter Hofer habe es verstanden […], durch seine Natürlichkeit und seine Haltung sich die Achtung seiner Landsleute zu erringen, in einem Ausmaße, das ihn befähigte, die schwersten Proben von Disziplin seinen Kameraden aufzuerlegen. Er habe noch die für ihn schönsten Zeiten erlebt; die Zeit der Option sei wohl die stolzeste gewesen, als das einzigartige Bekenntnis zum deutschen Blut und zum deutschen Vaterland wie ein Sturm über das ganze Land brauste. Nur wer die damals in kurzer Zeit zu schaffende Arbeit gekannt habe und nur wer wisse, wie viel Autorität für die Führungsaufgabe notwendig war, könne die Leistung Peter Hofers ermessen. In emsiger Kleinarbeit mußten dann die täglichen Sorgen gemildert und eine gewaltige Arbeit bewältigt werden, wenn man bedenke, daß 85.000 Südtirolern mitten im Kriege der Weg ins Reich bereitet wurde.

Als nach dem 25. Juli 1943 mit der Errichtung der Badoglio-Regierung eine einmalige Welle des Hasses gegen alles Deutsche und ebenso aber auch gegen alle achsenfreundlichen italienischen Mitbewohner dieser Provinz losbrach und die Stimmung bis zur Siedehitze gestiegen sei, wurden dennoch alle Sorgen und Opfer jener Zeit von einem Glücksgefühl überstrahlt, von dem Gefühle, nicht mehr ganz wehrlos zu sein, als die deutschen Truppen über den Brenner rückten […].

Mit ganz besonderer Freude und Stolz dürfe er am Sarge Peter Hofers als Zeichen der Einschätzung seiner und seiner Kameraden Arbeit den Kranz unseres heißgeliebten Führers Adolf Hitler niederlegen […].“

Nachdem die Trauergemeinde „die zu Herzen gehende Gedenkrede“ des Obersten Kommissars „in tiefer Ergriffenheit“ vernommen hatte, erklang zur Kranzniederlegung das Lied vom „Guten Kameraden.

„Zu Füßen des Sarges des Volksgruppenführers legte der Oberste Kommissar den Kranz des Führers; weiter waren Kränze eingelangt vom Reichsführer-SS Heinrich Himmler, vom Reichsaußenminister von Ribbentrop, von Generalfeldmarschall Keitel, vom Reichsbevollmächtigten bei der fasch[istischen] rep[ublik] Reg[ierung] von Italien Botschafter Rahn, vom höchsten SS.- u[nd] Polizeiführer Italien SS-Obergruppenführer Wolff, vom Obersten Kommissar für das Adriatische Küstenland, Gauleiter Dr. Rainer, vom Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, vom Gauleiter Bohle Ausland[s]organisation der NSDAP, vom Reichsjugendführer [Artur] Axmann, vom Kommandierenden General der Sicherungszone und von verschiedenen Wehrmachts-, SS- und Polizeiformationen, sowie von den Kreis- und Ortsgruppenleitungen und Gliederungen der Volksgruppe, vom Präfekten von Trient, in den Trentiner Farben weiß-violett, den Mitarbeitern deutscher und italienischer Zunge, der Präfektur Bozen und viele andere.

Dann begab[en] sich der Oberste Kommissar, SS-Obergruppenführer Wolff und Vertreter der Wehrmacht zu den Familienangehörigen der Toten, welche der Feier auf den für sie bereit gestellten Ehrenplätzen beiwohnten, und sprachen ihnen das Beileid zu ihrem bitteren Verluste aus und richteten Worte des Trostes und der Aufrichtung an sie.

Anschließend klang über den Platze der Spruch: ‚Wir trauern nicht an kalten Sarkophagen’, der mit seinem Ausklang ‚Die Pflicht ist größer als die Welt’ so recht der ernsten Lebensauffassung Peter Hofers Ausdruck verlieh. Feierlich erklangen die Lieder der Nation. Die Totenfeier für Peter Hofer und die mit ihm gefallenen Kameraden war beendet. Als nun die Särge durch das dichte Spalier der Trauergäste zu dem außerhalb des Straßenbogens für die Ueberführung nach Kastelruth bereitstehenden Kraftwagen getragen wurden, hoben sich nochmals die Hände der Tausende von Trauergästen zum letzten Gruß […].

Vielerorts standen an der Straße, die die lange Wagenkolonne [auf der Fahrt nach Kastelruth] passierte, Scharen der deutschen Bevölkerung, die stumm und erschüttert mit erhobener Hand den toten Volksgruppenführer auf seiner letzten Fahrt grüßten.“

In Atzwang, Kolmann und Waidbruck erwiesen dem verstorbenen Volksgruppenführer die Musikkapellen vereint mit der Jugend die letzte Ehrenbezeugung.

„Am Ortseingang von Kastelruth, wo die gesamte Bevölkerung von Kastelruth und Seis ihren Volksgruppenführer und Sohn ihrer Gemeinde erwartete, übernahmen Kastelruther-Männer in Tracht die Särge und eine schier unübersehbare Zahl von Blumengebinden. Der letzte Gang des Volksgruppenführers und seiner Kameraden begann. Unter den Trauerklängen der Kastelrutherkapelle und dem Geläute der Glocken bewegte sich der Zug durch den Ort zum Friedhof.

Anschließend an das Begräbnis erschien der Oberste Kommissar, Franz Hofer mit seinem Stab und Vertretern von Wehrmacht, Polizei, Aderst [Amtliche deutsche Ein- und Rückwandererstelle] und Volksgruppe, um seinem gefallenen Kameraden den letzten Gruß zu entbieten.

Am offenen Grabe erinnerte der Oberste Kommissar daran, wie aus der Liebe Peter Hofers zu seinem Kastelruth seine alles umfassende Liebe zu Land und Leuten der Südtiroler Heimat und dem großen Vaterlande entsprungen sind. Mit ergreifenden Worten kennzeichnete der Gauleiter dann den politischen Weg und Werdegang des großen Sohnes der Gemeinde Kastelruth, der mit zäher Willenskraft und in unbeugsamer Zuversicht an der Spitze der Volksgruppe dem gesteckten Ziele zusteuerte, das deutsche Blut und die deutsche Art zu erhalten. In dem gewaltigen Bekenntnis der Südtiroler zum Reich, wie es das Ergebnis der Option gebracht hat, sei einer der größten Erfolge Peter Hofers zu erblicken. Und so danke der Führer des Großdeutschen Reiches, Adolf Hitler, heute durch ein herrliches Blumengebinde dem Gefallenen für seinen Einsatz.

Mit dem Lied des Guten Kameraden und den Liedern der Nation endete die erhebende Feier. Nun ruht Peter Hofer in der Erde seiner Heimatgemeinde, Seite an Seite mit seinen braven Kameraden, die mit ihm gekämpft und mit ihm gefallen, und neben den Gräbern seines Vaters und seiner heißgeliebten Mutter.

Im Namen des japanischen Botschafters legte der japanische Marine-Attachee Kapitän zur See Toyo Mitunoba, am Grabe des Volksgruppenführers einen Kranz nieder.“

In ähnlich feierlicher Form wurde Ende Februar 1944 vom verstorbenen Bozner Kreisleiter Josef Gruber-Wenzer Abschied genommen.

„Aus nah und fern waren die Volksgenossen gekommen, um an dieser Feier teilzunehmen. Hunderte von Menschen füllten den weiten Platz vor dem Bozner Rathaus, in dessen Marmorsaal der tote Kreisleiter aufgebahrt worden war“ (Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3). Im Auftrag des Obersten Kommissars, der krankheitshalber nicht kommen konnte, nahm der Multifunktionär der NSDAP, Bereichsleiter Obersturmbannführer Klaus Mahnert, hauptamtlicher Umsiedlungsbeauftragter bei der Gauleitung von Tirol-Vorarlberg, vorübergehend Kreisleiter in Imst und Dornbirn, Gauamtsleiter und Gauinspektor für die Kreise Tirols, die Verabschiedung vor. Prominente Vertreter von Politik und Streitkräften waren bei der Abschiedsfeier zugegen. Über deren Verlauf berichtet das Bozner Tagblatt (ebd.):

„Nach Eintreffen der Angehörigen des Verstorbenen wurde der Sarg unter Trommelwirbel von Volksgenossen in heimatlicher Tracht, flankiert von Angehörigen des Polizei-Regimentes Bozen, aus dem Rathaus herausgetragen und auf den Stufen der Vorhalle aufgestellt. Weihevolle Musik, gespielt von der Zwölfmalgreiener Standschützen-Musikkapelle klang auf. Dann trug der Bozner Männer-Gesangverein ein der Feier würdiges Lied vor.

Hierauf sprach Bereichsleiter Mahnert […].

Während das Lied vom Guten Kameraden erklang, rollten drei Ehrensalven eines Polizei-Ehrenzuges über den Platz. Dann legte Bereichsleiter Mahnert zu Füßen des Sarges den Kranz des Obersten Kommissars nieder. Anschließend wurde eine große Anzahl von Kränzen führender Persönlichkeiten, Kameraden und Angehöriger niedergelegt.

Nach dem Vortrag eines würdevollen Spruches klangen die Lieder der Nation auf. Als dann der Sarg durch das dichte Spalier der Trauergäste zu dem für die Ueberführung in den Soldatenfriedhof von Bozen bereitgestellten Kraftwagen getragen wurde, hoben sich nochmals die Hände der vielen hundert Menschen, die an dieser Verabschiedung teilgenommen hatten, zum letzten Gruß.

Am Soldatenfriedhof in St. Jabob nahm der Geschäftsführer der deutschen Volksgruppe, Kamerad [Ferdinand] Lauggas, Abschied vom toten Kreisleiter. Er betonte, daß der Verstorbene für uns nicht tot ist, sondern daß sein Geist, sein Kameradschaftssinn und seine Opferbereitschaft in uns weiterleben. Er erinnerte an die Zusammenarbeit mit dem Verstorbenen und an die gemeinsam erlebten schweren, aber auch ereignisreichen Stunden. Daran schloß sich das Gelöbnis, ihm die Treue zu halten und die Reihen noch enger zu schließen. Den Angehörigen widmete er Worte des Trostes und gab ihnen das Versprechen, ihnen in treuer Kameradschaft zur Seite zu stehen. Zu den Klängen des Liedes vom Guten Kameraden, gespielt von der Zwölfmalgreiener Standschützen-Musikkapelle, nahmen die Anwesenden letzten Abschied.“

Ebenfalls Ende Februar 1944 wurden zwei Jugendfunktionäre der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwanderungsstelle auf dem Meraner Friedhof verabschiedet:

„Nachdem die Jugendverbände Aufstellung genommen hatten, wurde der Sarg mit den Kränzen der Angehörigen, der Dienststelle und der Kreisjugendführung von Jungen zur letzten Ruhestätte getragen. Neben den Angehörigen hatten sich auch der Leiter der Zweigstelle Meran, Dr. Franz Ganner, und die Mitarbeiter eingefunden. Von der Singschar wurde das Lied ‚Erde schafft das Neue [Erde nimmt das Alte, deutsche heil’ge Erde‘, Text und Melodie: Heinrich Spitta (1902-1972), ca. 1933] angestimmt; dann sprach ein Junge ein sinnvolles Gedicht. In ergreifenden Worten gedachte der Kreisjugendführer am offenen Grabe der beiden, die in der Liebe zu den Bergen die schwierige Fahrt unternahmen und von ihnen zurückbehalten wurden. Er gedachte des nun Toten, der ein guter und verlässlicher Kamerad war und hob die Handlungsweise des Berggefährten hervor, der auf dem Wege um Hilfe auch den Tod erleiden mußte. Mit der zweiten Strophe des Liedes ‚Erde schafft das Neue‘und mit Trommelwirbel nahm man vom toten Kameraden Abschied.“ Sein ebenfalls in der Texelgruppe von einer Lawine verschütteter Kollege hatte nach tagelangem Suchen noch nicht gefunden werden können (Bozner Tagblatt vom 2. März 1944, Seite 3).

Das Begräbnis des Standortführers der Jugend in Marling, „Kamerad“ Hans Prunner, ist eigens zu erwähnen, denn: „Die Beerdigung wurde in würdiger Form und ganz im Geiste unseres verstorbenen Kameraden Hans abgehalten. Die Teilnahme, besonders aus dem Kreis der Deutschen Volksgruppe, war ungewöhnlich groß. Außer allen Gliederungen der Deutschen Volksgruppe Marling nahm[en] auch ein Ehrenzug der Jungenschaft Meran und Lana und die Meraner Singschar teil. Die Ortsgruppen der Umgebung waren durch zahlreiche Kameraden vertreten. Der Sarg wurde von Kameraden der Marlinger Jugend in Burggräflertracht getragen. Mit dem Liede Erde schafft das Neue wurde die Trauerfeier eingeleitet. Ihren Höhepunkt bildete die Gedenkrede des Bannführers Dr. Bauer. Der Sprecher würdigte die Leistungen und die Erfolge des Verstorbenen auf dem Gebiete der geistigen Führung der Jugend von Marling und betonte, daß sein Geist nun im Geist seiner Jugend fortwirken wird. Er war ein Vorbild im Glauben und in der Treue. Hierauf erfolgte die Niederlegung der Kränze des Ortsgruppenleiters, des Bannführers, der Gliederungen sowie der übrigen zahlreichen Blumen- und Kranzspenden. Mit Spruch und Lied fand die würdige Feier ihren Ausklang“ (Bozner Tagblatt vom 6. April 1944, Seite 3).

Am 5. Juli 1944 wurde auf dem Friedhof von Pinzon eine „langjährige und verdiente Mitarbeiterin“ der Kreisleitung feierlich verabschiedet: „Weiteste Kreise der Bevölkerung aus nah und fern waren herbeigeeilt, der lieben Kameradin Hella [Brunner geb. Rizzoli] das letzte Geleite zu geben. Am offenen Grab hatte Kreisleiter Viktor Walch mit Kameraden [Ferdinand] Lauggas sowie Abordnungen der Mädel- und Frauenschaft des Kreises mit der Landesmädelführerin Martha Zipperle und der Kreismädelführerin Helene Sattler Aufstellung genommen. Die Mädelschaft sang das Lied ‚Wo wir stehen, steht die Treue [unser Schritt ist ihr Befehl‘, Text und Melodie: Hans Baumann (1914-1988)], worauf Kamerad Lauggas einen letzten Gruß an die Tote richtete, ihr für ihren restlosen Einsatz dankte und der Gewißheit Ausdruck verlieh, daß die Verstorbene durch den Tod nicht von uns getrennt ist, sondern ihr Lebenswerk und als deutsche Mutter auch in ihren Kindern weiterlebt. Kreisleiter Walch legte hierauf am Grabe einen schönen Kranz nieder und nahm mit erhobener Hand Abschied von der langjährigen verdienten Mitarbeiterin. Das Grab wurde dann von Jungmädel mit vielen Kränzen zugedeckt, daraus ein großer Kranz frischer roter Alpenrosen besonders hervorstach.“

Ende August 1944 wurde der langjährige Kapellmeister der Zwölfmalgreiener und Bozner Standschützen-Musikkapelle, Richard Schnabl, in Kastelruth beerdigt. Neben dem Bozner Ortsgruppenleiter Wilhelm erwiesen ihm eine „starke Vertretung der Bozner Standschützen-Musikkapelle, Kameraden der Stadtwache Bozen, Berufskameraden, die Kastelruther Standschützen-Musikkapelle und zahlreiche Trauergaste aus Bozen“ die letzte Ehre. Mit dem Bardenchor und der Weise vom Guten Kameraden verabschiedete das Bläserquartett der Bozner Standschützen-Musikkapelle „ihren beliebten Stabführer am offenen Grabe“ (Bozner Tagblatt vom 31. August 1944, Seite 5).

Einen nach den zeremonialen Vorschriften mustergültigen Verlauf nahm die Verabschiedung und Heldenehrung von zwei Landwachtmännern auf dem Dorfplatz von St. Leonhard in Passeier, die „in Ausübung ihres Dienstes für Volk und Führer ihr Leben gaben. Die beiden Landwachtmänner waren am 22. September auf der Kuntneralm von Fahnenflüchtigen erschossen worden. Eine Volksmenge, wie sie St. Leonhard nur selten gesehen hatte, war zur Verabschiedung zusammengekommen, um den Gefallenen die letzte Ehre zu erweisen und den grenzenlosen Abscheu über die gemeine Tat feiger und ehrvergessener Lumpen zum Ausdruck zu bringen.

Die mit der Reichskriegsflagge bedeckten Särge waren von Kränzen und Blumensträussen umgeben, darunter von Kränzen des Kreisleiters, der verschiedenen Gliederungen und der Landwacht, von der auch die Ehrenwache gestellt war und starke Vertretungen aus allen Teilen des Tales gekommen waren. Neben den politischen Behörden waren auch verschiedene Organisationen wie die freiwillige Feuerwehr und andere erschienen.

Ein Bläserquartett aus Meran eröffnete die Feier der Verabschiedung. Drei Jungen brachten Dichtungen zum Vortrag und eine Gruppe der Mädelschaft sang das Lied Heilig Vaterland […].

Nach der Kranzniederlegung und nach dem Liede vom Guten Kameraden hallten die Ehrensalven über den Platz. Dann wurden die Särge aufgehoben, hinter denen sich ein schier endloser Zug gegen den Dorffriedhof in Bewegung setzte, auf dem die beiden Gefallenen zur letzten Ruhe gebettet wurden“ (Bozner Tagblatt vom 30. September 1944, Seite 7).

Ebenfalls einem Landwachtmann, „der in treuer Pflichterfüllung sein junges Leben gegeben hat“, galt eine Verabschiedungsfeier in Kampill im Oktober 1944: „Das Lied Heilig Vaterland leitete die schlichte Feier ein, worauf Hauptmann der Gendarmerie Benkhard mit ehrenden Worten des Toten gedachte. Ein Kamerad der Kreisleitung würdigte in seiner Gedenkrede die Treue und Einsatzbereitschaft des Gefallenen, dessen Opfer für alle eine Verpflichtung ist. Nach den Ehrensalven der Landwacht und der Kranzniederlegung wurde die Feier mit dem Lied vom Guten Kameraden geschlossen“ (Bozner Tagblatt vom 20. Oktober 1944, Seite 3).

Im April 1945 wurde ein Bauer in Vernuer in der Nähe seines Besitzes von unbekannten Tätern erschossen. Da sein Ableben als Heldentod interpretiert wurde, erschienen zu seiner Verabschiedung in Riffian der Kreisleiter und ein Ehrenzug der Standschützen. „Ein Bläserquartett spielte den [Schottischen] Bardenchor [„Stumm schläft der Sänger“, Text: Hermann Kurz (1813-1873) nach Thomas Moore, Melodie: Friedrich Silcher (1789-1860)], worauf Kreisleiter Hans Torggler in seiner Gedenkrede den Gefallenen als Soldaten der Heimat ehrte, der in treuer Pflichterfüllung sein Leben hingab. Während das Lied vom Guten Kameraden gespielt wurde, wurden die Kränze des Kreisleiters und des Ortsgruppenleiters niedergelegt“ (Bozner Tagblatt vom 20. April 1945, Seite 2).


Heldenehrung

Im würdigen Gedenken an „für Führer, Volk und Heimat“ gefallene Soldaten wurden „Heldenehrungen“ abgehalten. Anfangs galten diese Feierlichkeiten in der Regel noch einzelnen, im Feld gebliebenen Soldaten, doch mit Fortdauer und steigender Intensität des Krieges wurde es immer mehr üblich, bei dieser Heldenfeier mehreren Gefallenen zusammengefasst die letzte Ehre zu erweisen. Das Ritual, das zumeist vor dem örtlichen Heldendenkmal in Szene ging, verlief in allen Gemeinden ähnlich. Mit den Angehörigen versammelte sich die ganze örtliche Volksgemeinschaft, insbesondere auch repräsentiert durch Standschützen, Musikkapelle, Männerchor sowie durch Vertreter der lokalen Politikorganisation. Im Mittelpunkt der durch Musik- und Sprechvorträge würdevoll gestalteten Handlung stand die Gedenkrede, die oft einem Gastredner zum propagandistischen Auftritt diente. Aus dem Heldentod des Gefallenen wurde die Verpflichtung abgeleitet, sich nun dieses Opfers durch gesteigerte Anstrengungen als würdig zu erweisen, damit es nicht umsonst war:
 
„Vor dem Kriegerdenkmal in Burgeis fand eine Heldengedenkfeier für drei für Führer und Reich gefallene Soldaten statt […]. Kamerad Josef Innerhofer gedachte in seiner Ansprache der Opfer, die schon gebracht wurden und noch gebracht werden müssen, um den Sieg zu erringen. Er betonte, alle Fronten fordern Ungeheueres von unseren braven Soldaten. Wenn die Heimat sich der Opfer würdig zeigen will, so muß alles eingesetzt werden und darf keine Anstrengung zu groß sein. Allen ist nun die Gewißheit gegeben, daß es jetzt um Sein- oder Nichtsein geht und daß alle, ob Frau oder Mann, ihre Pflicht als Deutsche zu erfüllen haben. Während das Lied vom Guten Kameraden von der hiesigen Standschützen-Musikkapelle gespielt wurde, erfolgte die Kranzniederlegung durch den Ortsgruppenleiter, womit die Feier beschlossen wurde“ (Bozner Tagblatt vom 20. Juli 1944, Seite 5).
 
Eine ähnliche Argumentation prägte die Gedenkrede einer Heldenehrung in Bruneck: „[…] Der Männerchor leitete die Feier mit einem Liede ein, worauf Kamerad Nikolussi-Leck die von den gefallenen Helden gebrachten Opfer und ihre Einsatzbereitschaft für Führer, Volk und Vaterland würdigte. Der Redner betonte, daß der Heldentod der beiden Kameraden uns verpflichtet, in der gegenwärtigen Schicksalsstunde des Vaterlandes noch enger zusammenzustehen, die vollste Einsatzbereitschaft nicht nur zu bekunden, sondern auch zu üben, um zum Endsieg beizutragen und uns der Opfer der Gefallenen würdig zu erweisen. Während ein Bläserchor das Lied vom Guten Kameraden vortrug, wurden die Kränze am Ehrenmal niedergelegt“ (Bozner Tagblatt vom 21. Oktober 1944, Seite 7).
 
Als ein weiteres Beispiel von vielen für verbalen Propagandaaktionismus im Rahmen der Heldenehrungen sei ein Bericht aus Kurtatsch im Bozner Tagblatt vom 26. September 1944, Seite 3, zitiert:
 
„[…] In Vertretung des Kreisleiters erschien Kamerad Ernst Pfaffstaler [Pfaffstaller?], der in einer kurzen Rede das unwiderrufliche Opfer dieser Gefallenen schilderte und die Anwesenden aufforderte, den Soldatengeist und die Treue bis zur Selbstaufopferung für Führer, Volk und Heimat, hoch zu halten […]. Die Standschützenmusikkapelle und der Männerchor Kurtatsch trugen zur Gestaltung der Feier bei […]“. Obligatorisch erklang das Lied vom Guten Kameraden zur Beendigung der Feier. Gespielt wurde es in der Regel von der örtlichen Standschützen-Musikkapelle. Musikkapellen sind in entsprechenden Berichten im Bozner Tagblatt für folgende Gemeinden genannt:
 
Feldthurns: Hier eröffnete die Standschützen-Musikkapelle die Feier mit dem Lied Heilig Vaterland, worauf Kamerad Max Kerer aus Brixen in ehrenden Worten der Gefallenen gedachte. Unter den Klängen des Guten Kameraden legte der Ortsgruppenleiter den Kranz nieder (11. Jänner 1944, Seite 3).
 
In Lüsen eröffnete die Standschützen-Musikkapelle die Feier mit einem Trauermarsch, worauf der Kinderchor das Lied Heilig Vaterland vortrug (21. April 1944, Seite 3).
 
Auch in Teis beteiligte sich bei der Heldenehrung die Standschützen-Musikkapelle, und „nach dem von der Mädelschaft vorgetragenen Liede Heilig Vaterland hielt Kamerad Max Kerer aus Brixen eine ergreifende Gedenkrede“ (3. April 1944, Seite 3).
 
In Kastelruth bildetet die Standschützenkapelle zusammen mit „einer starken Abordnung Frontkämpfer, mit der Ehrenwache in ihrer kleidsamen Tracht, der Mädel- und Frauenschaft, der Jugend und zahlreichen Volksgenossen“ vor dem Kriegerdenkmal die Festversammlung. „Der Männerchor sang das Lied ‚[Der] Himmel grau [und die Erde braun‘, Text und Melodie: Werner Altendorf (1906-1945), ca. 1934], und die Standschützen-Musikkapelle spielte das Niederländische Dankgebet [‚Wir treten zum Beten vor Gott den Gerechten‘, Text: Adrianus Valerius, 1597, deutsche Übersetzung von Joseph Weyl, 1877, Melodie: ‚altniederländische‘ Volksweise]. Kamerad Dr. Walter Simeck ehrte die toten Helden. Er schilderte die jetzige Kriegslage und sprach den Anwesenden Mut und Zuversicht zu. Zu den Klängen des Liedes vom Guten Kameraden erfolgte die Kranzniederlegung“ (7. Juli 1944, Seite 5).
 
In St. Andrä bei Brixen wirkten die Standschützen-Musikkapelle und der Männerchor „zur Verschönerung der Feier mit. Außer den Gliederungen war auch eine Abordnung der Schützen in Tracht mit ihrer Fahne angetreten, wie auch eine Gruppe der Mädelschaft in ihrer sauberen Tracht“ (17. Juni 1944, Seite 9).
 
In Sand in Taufers und in Latsch trat die Standschützen-Musikkapelle zusammen mit dem Männerchor auf. „Unter Trommelwirbel nahm der Ortsgruppenleiter Anton Rinner den Namensruf der toten Helden vor […]. Mit der Weise vom Guten Kameraden, gespielt von der Standschützenmusikkapelle und dem Lied ‚Deutschland über alles‘, gesungen vom Männerchor, klang die eindrucksvolle Feier aus“ (27. März 1945, Seite 3).
 
Der feierliche Namensaufruf der Gefallenen war auch Bestandteil von Heldenehrungen in Lana und Villanders. In Lana wurden „nach der Gedenkrede von Kameraden Sepp Egger aus Meran die Namen der Helden bei Trommelwirbel aufgerufen. Während der zweiten Strophe des Liedes vom Guten Kameraden wurden zu den Kränzen der Angehörigen noch jene der Ortsgruppe Lana, der Frontkämpfer und der Feuerwehr niedergelegt“ (17. Juni 1944, Seite 9).
 
In Villanders fand vor dem Kriegerdenkmal eine unter Beteiligung der nahezu gesamten lokalen Bevölkerung besonders aufwändige Heldenehrung für die „in letzter Zeit gefallenen Kameraden der Ortsgruppe statt […]. Ein Musikzug der Polizei, Standschützenabteilungen in der Villanderer Tracht mit ihren alten Fahnen hatten, neben Weltkriegsteilnehmern und einer Gruppe der Frauen- und Mädelschaft in Tracht, am Ehrenmal Aufstellung genommen. Mit ehrenden Worten gedachte Kamerad Max Kerer, Brixen, der Opfer der gefallenen Helden deren Namen unvergeßlich bleiben. Unter Trommelwirbel erfolgte hierauf der Namensaufruf durch den Ortsgruppenleiter. Im Zeichen stolzer Trauer senkten sich die alten Fahnen, als das Lied vom Guten Kameraden erklang. Mit einem Gedenkspruch und den Liedern der Nation fand die Heldenehrung einen würdigen Abschluß“.
 
Normgemäß wurde der Festakt in Neustift mit den Liedern der Nation, ebenso in Deutschnofen beendet. In Deutschnofen, wo die Heldenehrung im Saal des Schlossturmes vor sich ging, hielt der Geschäftsführer der Südtiroler Volksgruppe, Kamerad Ferdinand Lauggas die Gedenkrede, „in welcher er besonders betonte, daß durch das Opfer dieser und aller Gefallenen für uns die Verpflichtung zum restlosen Einsatz erwächst. Es folgten Feiermusik der Standschützenmusikkapelle und Lieder der Kultursängergruppe [...]. Mit den Liedern der Nation fand die eindrucksvolle Feier ihren Abschluß“ (Deutschnofen: Bozner Tagblatt 2. März 1945, Seite 2, Neustift: ebd.,30. August 1944, Seite 5).
 
Auch in Naturns und in Girlan wurde die Gedenkfeier nach der Kranzniederlegung mit den Hymnen der Nation unter Mitwirkung der Standschützen-Musikkapelle gravitätisch beschlossen (Bozner Tagblatt 27. März 1944, Seite 3 bzw. 6. Juni 1944, Seite 5).
 
In Meransen wirkten Standschützenkapelle und Sängerchor zur „Verschönerung der Feier mit“ (26. Juni 1944, Seite 4, ebenso in Kollmann, wo „Kamerad Kostner eine eindrucksvolle Gedenkrede hielt, in der er die großen Opfer der Soldaten an der Front hervorhob und auf die Notwendigkeit des engsten Zusammenhaltes von Heimat und Front zur Erringung des Endsieges hinwies“ (14. August 1944, Seite 3).
 
Bei einer Heldenehrung in Teis trat die Standschützen-Musikkapelle mit dem „Mädelchor“ in Erscheinung, der das Lied Heilig Vaterland vortrug (3. April 1944, Seite 3). In Afing bei Jenesien beteiligten sich sich die Standschützen-Musikkapelle von Afing und die Jugendgruppe aus Jenesien, die zwei Lieder sang, an der Heldengedenkfeier (9. März 1944, Seite 3). Die Mitwirkung der Standschützen-Musikkapelle bei solchen Anlässen ist ferner genannt in Verdings (11. April 1944, Seite 3), Barbian (19. April 1944, Seite 3), Taisten (24. April 1944, Seite 3), Eppan (3. Mai 1944, Seite 3), Toblach, wo die ebenfalls teilnehmende Standschützenkompanie eine Ehrensalve abgab (6. Juni 1944, Seite 5), Truden (11. Juni 1944, Seite 5), Tisens (31. Oktober 1944, Seite 3), Welschnofen (13. November 1944, Seite 3), Kuens (12. Jänner 1945, Seite 3) und Marling (21. Februar 1945, Seite 3). In Mühlwald war neben der Standschützen-Musikkapelle, „die mehrere Märsche“ spielte, auch die Standschützen-Kompanie „mit der alten schönen Schützenfahne angetreten“. Die „Sängergruppe des Standschützenverbandes“ beschloss die Heldenehrung mit dem „Lied vom Guten Kameraden“ (2. Mai 1944, Seite 3).
 
Wo Musikkapellen nicht verfügbar oder verhindert waren, wirkten Vokalensembles an der Gestaltung der Feiern mit. In Laatsch tat dies der Männerchor, der offensichtlich wegen der vielen Einberufungen „von Teilnehmern aus der Umgebung verstärkt“ werden musste. Zu Beginn einer „Heldenehrung“ in Laatsch brachten die Sänger das „Weihelied“ Heilig Vaterland zum Vortrag, zum Beschluss das Lied vom Guten Kameraden (Bozner Tagblatt vom 18. Jänner 1944, Seite 3). In Antholz eröffnete die Schuljugend die Gedenkzeremonie mit Heilig Vaterland (Bozner Tagblatt vom 8. Mai 1944, Seite 3). In Schalders erklang vom Sängerchor, verstärkt durch ein Bläserquartett, das Lied ‚Vater, ich rufe dich! [Brüllend umwölkt mich der Dampf der Geschütze‘ (Gebet während der Schlacht), Text: Karl Theodor Körner (1791-1813), Melodie: Friedrich Himmel (1765-1814), 1813] (Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3). Dieser Gesang rief auch in Mühlwald Emotionen hervor (Bozner Tagblatt vom 29. September 1944, Seite 3).
 
Bei einer Heldenehrung in Lana trug der Männerchor die zwei Lieder „Nichts kann uns rauben“ („Nichts kann uns rauben Liebe und Glauben“, Text: Karl Bröger, 1923, Melodie: Gustav Schulten (1897-1944) und Heinrich Spitta (1902-1972), ca. 1934) und „Deutschland, heiliges Wort“ vor. Nach einem „schönen Gedicht an die Gefallenen hielt Kreisjugendführer Dr. Bauer die Gedenkrede […]. Wie üblich, erfolgte die Kranzniederlegung während der zweiten Strophe des Kameradenliedes, wobei diesmal in der Nähe des Friedhofes auch ein Ehrenböller abgeschossen wurde“ (Bozner Tagblatt vom 26. Juli 1944, Seite 5).
 
In den Kreisstädten wurden Gedenkfeiern jeweils für mehrere gefallene Soldaten in einem begangen. In Bozen fanden diese Festakte unter großer Beteiligung von Vertretern der Politik, öffentlicher Dienststellen und der Wehrmacht statt, entweder auf dem Militärfriedhof oder im Saal der Rottenbuch-Schule. Ein erlesener Kreis von Persönlichkeiten kam so fast jeden Monat zusammen, um in ritualisierter Form ein propagandistisch verwertbares Zeremonial zu begehen. Die Festredner nahmen die Gelegenheit wahr, den öffentlichen Anlass für verbale politische Agitation zu nützen. Dies geht deutlich aus den Berichten hervor, die schließlich dazu gedacht waren, die Leser nicht nur zu informieren, sondern vor allem ideologisch zu beeinflussen:
 
„Am Freitag morgens fand auf dem Militärfriedhof Bozen die Heldenehrung für die in unseren Ausgaben vom 29. und 30. März [1944] genannten, in den letzten Monaten gefallenen Angehörigen der Deutschen Wehrmacht statt. Zur Feier hatten sich Bereichsleiter [Klaus] Mahnert, der Standortkommandant Major Dr. [Kurt von] Lüdecke, Vertreter der Deutschen Volksgruppe sowie neben den Angehörigen der Gefallenen Abordnungen der verschiedenen Wehrmachtsteile, der Jugend, der Frauenschaft, der Frontkämpfer und der Ortsgruppe eingefunden. In Vertretung des Kreisleiters [Franz] Kiebacher war Kamerad Heinricher erschienen, der nach dem Liede Kameraden, Fackelträger und nach einem Vorspruch die Gedenkrede hielt […]. Mit dem Namensaufruf und der Kranzniederlegung zu den Klängen des Liedes vom Guten Kameraden fand die würdige Feier ihren Abschluß“ (Bozner Tagblatt vom 1. April 1944, Seite 5).
 
„Am 26. Oktober [1944] fand in Bozen im Saal der Rottenbuchschule die Heldenehrung für die im Laufe der letzten Monate gefallenen Kameraden statt. Nachdem sämtliche Gliederungen und Formationen sowie die Angehörigen der Gefallenen die Plätze eingenommen hatten, betrat Kreisleiter Franz Kiebacher, in dessen Begleitung sich Ortsgruppenleiter Wilhelm sowie Vertreter der Wehrmacht, der Stadt und anderer Dienststellen befanden, den Saal. Das Standschützenorchester spielte einleitend ein Musikstück, dem das Lied Der Fackelträger, gesungen vom Bozner Männergesangsverein, folgte. Dann ergriff Kamerad Paul Fulterer das Wort und führte aus, daß das Opfer, das wir in der Heimat bringen, in keinem Verhältnis zum Opfer steht, das der Soldat an der Front für den Bestand und die Zukunft des Reiches bringt. Die Gefallenen sind für uns nicht tot und leben für uns weiter, ihr Heldentum ist uns eine Verpflichtung, bis zum siegreichen Ende weiterzuarbeiten und weiterzukämpfen. Dem Willen unserer Feinde, Deutschland zu vernichten, setzen wir unseren starken Glauben an den Endsieg entgegen. Nach der Gedenkrede wurden unter Trommelwirbel die Namen der Gefallenen aufgerufen. Das Lied vom Guten Kameraden und der Deutsche Schwur [‚Auf, Brüder, hebt zum Schwur die Hand‘, Text: Walter Schröder, Melodie: Willy Baldamus] beendeten die würdige Heldenehrung.“ (Bozner Tagblatt vom 28. Oktober 1944, Seite 7).
 
Eine Heldenehrung in Bozen im Februar 1945 verlief nahezu gleich: „Im Saale der Rottenbuch-Schule fand eine feierliche Heldenehrung für die in den letzten Monaten gefallenen Kameraden aus Bozen-Stadt statt. Hierzu hatten sich mit den Angehörigen der Gefallenen Kreisleiter Franz Kiebacher, der kommissarische Bürgermeister Dr. [Fritz] Führer sowie zahlreiche Kameraden, Vertretungen der Frontkämpfer, der Fauenschaft und der Jugend eingefunden. Mit einer getragenen Weise des Standschützen-Orchesters und dem Männerchor ‚Es ruhen die Toten‘ wurde die Feier eingeleitet. Dann würdigte Kamerad Paul Fulterer in der Gedenkrede das Heldenopfer der Gefallenen, das sie für das ganze deutsche Volk dargebracht haben und das allen Verpflichtung sein muß, das Aeußerste zu leisten und zu kämpfen bis zum Siege, der uns Freiheit und Leben sichert. Unter Trommelwirbel erfolgte dann der Namensaufruf der toten Helden, die ihre Treue zum Führer, zu Volk und Heimat mit ihrem Blut besiegelt haben und die starben, damit wir leben. Mit der ergreifenden Weise vom Guten Kameraden und dem Männerchor Deutschland soll leben [Deutschland muss leben?] klang die eindrucksvolle Feier aus“ (Bozner Tagblatt vom 19. Februar 1945, Seite 2).
 
Vergleichbare Feiern gab es in Brixen: „In sehr würdiger Form wurde im großen Saale des Hotels Exzelsior die Heldenehrung für die in den letzten Monaten gefallenen sechs Helden unserer Ortsgruppe durchgeführt. Eine Singschar der Jugend, das Streichorchester, ein Sprecher sowie der gemischte Chor von Brixen in Tracht gestaltete die Feier. Eine sehr eindrucksvolle Gedenkrede hielt Kam[erad] Wolfgang Seifert. In tiefergreifenden Worten gedachte er der unvergeßlichen Opfer unserer Soldaten an allen Fronten. Mit dem Namensaufruf der Gefallenen durch den Ortsgruppenleiter Saxl schloß die Heldenehrung“ (Bozner Tagblatt vom 6. Juni 1944, Seite 5). Ein weiterer, nahezu gleichlautender Bericht über eine Heldenehrung in Brixen erschien im Bozner Tagblatt vom 21. September 1944, Seite 3, wobei als Redner „Kamerad“ Hans Stifter genannt ist.
 
Von einer Heldenehrung in Meran für mehrere Gefallene auf dem Heldenfriedhof berichtet das Bozner Tagblatt vom 16. Februar 1945, Seite 3: „Zur Feier hatten sich mit den Angehörigen der Gefallenen der Kreisleiter und der Ortsgruppenleiter mit ihren Mitarbeitern, ferner Vertretungen aller Gliederungen und zahlreiche Volksgenossen eingefunden. Auf das Gebet vor der Schlacht [‚Hör uns, Allmächtiger, hör uns, Allgütiger‘, Text: Theodor Körner (1791-1813), 1813, Melodie: nach der sizilianischen Volksweise ‚O sanctissima, o piissima‘], vorgetragen von einem Bläserquartett, folgte ein sinnvoller Spruch und das Lied Heilig Vaterland, worauf Kamerad Franz Runger die Gedenkrede hielt“.
 
Eine sehr persönliche und überaus festliche Heldenehrung für einen langjährigen Jugendführer fand in Meran im Juli 1944 statt. Das Bozner Tagblatt vom 24. Juli 1944, Seite 4, schildert das erhebende Gedenken: „Am Abend des 19. Juli versammelten sich auf dem Heldenfriedhof in Meran die Kameraden und Kameradinnen, Freunde und Bekannten, um von Feldwebel Walter Holzgethan Abschied zu nehmen. Es waren erschienen Kreisleiter [Johann] Torggler, Kriegsversehrte, der Kommissarische Bürgermeister Dr. [Karl] Erckert, Kamerad Ferdl Lauggas, Bozen, Abordnungen der Frontkämpfer, der Jugendorganisationen, der Frauen- und Mädelschaft, eine starke Vertretung des Deutschen Alpenvereins, die Bergsteiger, der Männergesangverein, der Turnverein und die Spronser Sportgruppe nahmen Aufstellung vor dem Mahnmal, das mit der Fahne, dem Helm und Bild sowie mit den Auszeichnungen des Gefallenen geschmückt war. Das Bläser-Doppelquartett leitete die Feier mit Beethovens ‚Die Himmel rühmen‘ ein, es folgte ein Spruch, worauf der Männergesangverein das Lied ‚Deutschland, heiliges Wort‘ sang. In einer Ansprache würdigte dann Kamerad Lauggas den Gefallenen als langjährigen politischen Kämpfer und Jugendführer. Nach dem Bardenchor des Männergesangvereins gedachte Kamerad Runge des Helden, seines Einsatzes und seiner Leistungen als Soldat. Während des Liedes vom Guten Kameraden wurden die Kränze am Mahnmal niedergelegt. Mit den Liedern der Nation schloß die Feier, die allen Beteiligten unvergeßlich bleiben wird, wie der Held, dem sie galt.“


Soldatenbetreuung

In Südtirol befanden sich wegen der relativen Abgeschiedenheit vom Kriegsgeschehen, der idealen klimatischen Bedingungen und der besonderen landschaftlichen Attraktivität eine Vielzahl von Lazaretten und andere Einrichtungen zur Pflege verwundeter Soldaten. Bereits unmittelbar nach der Errichtung der Operationszone Alpenvorland kam es in Meran zur Gründung eines Militärlazarettes, das vor allem verwundete Soldaten der in Italien eingesetzten Truppen aufnehmen sollte. In kürzester Zeit wurden Hotels, Pensionen sowie zahlreiche Kasernen und Kurhäuser in Lazarette umgewandelt, um der rasch anwachsenden Zahl von pflegebedürftigen Verwundeten gerecht zu werden. Aus diesem Grund einer möglichst zentralen Versorgung wurde Meran 1944 zur Lazarettstadt erklärt und genoss dadurch gemäß Kriegsrecht besonderen Schutz (Details siehe bei Lun 2004, Seite 310 ff.). Den Soldaten wurde hier ärztliche Hilfe zuteil, außerdem erhielten sie eine vielfältige kulturelle „Betreuung“, für die sich die Kreisleitung nachdrücklich einsetzte. Besonders beliebt waren dabei sogenannte „Brauchtumsabende“, wo den aus allen Reichsgebieten stammenden Soldaten ein bunter Querschnitt aus der Südtiroler Volkskultur präsentiert wurde:

„Die Kreisleitung veranstaltete am Samstag, den 15. Juli [1944], im Meraner Hof einen freudig aufgenommenen Abend für unsere verwundeten Soldaten, der diesen nicht nur Entspannung und Erholung durch heimatliche Lieder, Musikstücke und Schuhplattler brachte, sondern sie zugleich auch in die Seele unseres heimatlichen Stammes blicken ließ und so die Gemeinschaft zwischen den aus allen Teilen des Reiches stammenden Wehrmachtsangehörigen und uns bestätigte und festigte, wie es der Kommissarische Bürgermeister Dr. [Karl] Erckert in seiner Begrüßungsansprache im Namen des durch eine Tagung am Erscheinen verhinderten Kreisleiters [Johann] Torggler ausführte. Die Verwundeten nahmen alle Darbietungen dankbar auf und lohnten sie mit reichem Beifall, ob nun die Kapelle Hechenberger heimatliche Weisen oder Schrammelmusik spielte, Hechensteiner jodelte, Dr. Kreißl seine Säge singen ließ, das Doppelquartett des Meraner Gesangvereines bodenständige Lieder vollendet zu Gehör brachte oder die Schuhplattler aus Lana ihre urwüchsigen Tänze aufführten. In der Pause verteilte die Mädelschaft Zigaretten und labte zum Schluß die durch Beifallsrufe durstig gewordenen Kehlen“ (Bozner Tagblatt vom 20. Juli 1944, Seite 5).

Während diese Kulturdelegation vielen Soldaten durch ihre Besuchen von Vorstellungen des Meraner Volkstheaters als Pausenmusik vermutlich bereits bekannt war, entsandte die Kreisleitung zu einem Brauchtumsabend im August 1944 Sängerinnen und Musikanten, die mit ihren volkstümlichen Darbietungen den Anwesenden einen wohl authentischeren Eindruck hinterließen: „Die Kreisleitung Meran veranstaltete am Samstag, den 19. d[iese]s [Monats August], für die Verwundeten des Lazarettes Meranerhof neuerlich einen Brauchtumsabend. Mitwirkend waren die Tiroler Raffelegruppe, die Meraner Mädelgruppe, die Meraner Tanzgruppe und die Mädelsingschar von Schönna [Schenna]. Zwischen den Ausführungen der Gruppen erfreute der Harmonikaspieler der Schuhplattler von Lana mit seinen Weisen die Soldaten, ebenso wie ein Tänzer aus derselben Ortsgruppe. Mit einer Ansprache des Kameraden Egger und dem gemeinsam gesungenen Heimatliede [‚Wohl ist die Welt‘] schloss der von den Lazarettinsassen mit Freude aufgenommene Abend“ (Bozner Tagblatt vom 24. August 1944, Seite 5).

Ein noch abwechslungsreicheres Programm unter Beteiligung der Standschützen-Musikkapelle Lana führte ein Brauchtumsabend im September vor: „Die Kreisleitung Meran veranstaltete am letzten Samstag zur Freude der Verwundeten und genesenden Soldaten wieder in zwei grossen Meraner Lazaretten Brauchtumsabende. In dem einen Fall wirkte die Kapelle Hechensteiner, eine Meraner Mädelsingschar und die Volkstanzgruppe Meran mit, in dem anderen waren die Standschützenmusikkapelle aus Lana, eine Mädelsingschar, das Meraner Doppelquartett und ebenfalls die Meraner Volkstanzgruppe beteiligt. Traudl Ilmer und Kamerad David Mühlberger brachten hochwillkommene Einlagen. Alle Mitwirkenden gaben ihr Bestes und wurden von den Soldaten durch freudiges Mitgehen und dankbaren Beifall belohnt. Der aus dienstlichen Gründen am Erscheinen verhinderte Kreisleiter Hans Torggler wurde durch die Kameraden Willi Rainer und Hermann König vertreten“ (Bozner Tagblatt vom 29. September 1944, Seite 3).

Im Oktober 1944 war die weitum bekannte Algunder Standschützen-Musikkapelle die Attraktion eines Brauchtumsabends für die genesenden Verwundeten in Meran: „Die Kreisleitung Meran veranstaltete für die Verwundeten in einem Lazarett einen gutgelungenen Brauchtumsabend. Die Meraner Mädelsingschar, die Volkstanzgruppe und eine Abteilung der Algunder Standschützen-Musikkapelle gestalteten den Abend ganz vorzüglich und vermittelten den Soldaten Einblick in unser bodenständiges Brauchtum. Mit lebhaftem Beifall dankten die Soldaten für die schönen Stunden, die ihnen durch diese Veranstaltung bereitet wurden“ (Bozner Tagblatt vom 26. Oktober 1944, Seite 3).

Im Jahr 1945 wurden diese Initiativen bis zum Kriegsende noch intensiviert. In den Berichten wird immer wieder der Aspekt kultureller Selbstdarstellung hervorgehoben, der wohl in einem „Brauchtumsnachmittag“ im April seinen Höhepunkt fand, bei dem die rekonvaleszenten Soldaten in eine „stilvoll gezimmerte Bauernstube“ geführt, mit Liedern, Schuhplattlern, Volkstänzen und Einaktern, gegeben von der „Jugend und den Frauen“ einen Einblick in „unser heimisches Brauchtum erhielten“ (Bozner Tagblatt vom 20. April 1945, Seite 2).

Bei einem ebenfalls von der Meraner Kreisleitung veranstalteten Brauchtumsabend hob der Kreisleiter Johann Torggler in seiner Ansprache hervor, „daß diese Veranstaltung nicht nur einige frohe Stunden vermitteln, sondern den Kameraden aus den verschiedenen Gauen des Reiches auch einen kleinen Einblick in unser heimatliches Brauchtum ermöglichen solle“. Mitwirkende waren an diesem Tag „eine Singschar der Heimschule, die Kapelle Frasnelli, die Meraner Mädelsingschar, zwei Ziehharmonika[s] mit Guitarrebegleitung, eine kleine Ziehharmonikaspielerin, [die] Volkstanzgruppe, Schuhplattler und Jugend“ (Bozner Tagblatt vom 9. Februar 1945, Seite 3).

Ähnlich konzipierte Veranstaltungen für die Meraner Lazarette gab es im März 1945: „In der letzten Woche veranstaltete die Kreisleitung in Lazaretten mehrere wohlgelungene Brauchtumsabende, an denen hauptsächlich die Mädelsingschar Meran, eine Singschar der Heimschule und die Jungmädel mitwirkten. Damit wurde wiederum einer größeren Anzahl von Verwundeten und Genesenden Erholung und Entspannung bereitet und Einblick in unser Brauchtum geboten“ (Bozner Tagblatt vom 6. März 1945, Seite 3).

„In der ersten Hälfte des Monats März [1945] führte die Kreisleitung wiederum mehrere Brauchtumsabende in Lazaretten durch. Mitwirkende waren eine Jungmädel-Singschar, die Singschar der Heimschule, die Mädelsingschar Meran, die Volkstanzgruppe, Schuhplattler, Ziehharmonikaspieler und ein Trio sowie Dr. Kleißl mit seiner singenden Säge. Einen Abend bestritt die Jugend mit der gelungenen Aufführung des Märchenspiels König Ziegenbart, in dessen Pausen heimische Lieder gesungen wurden. Alle Abende wurden von den Verwundeten und Genesenden mit großer Freude aufgenommen“ (Bozner Tagblatt vom 23. März 1945, Seite 2).

Bereits am Ostermontag 1944 hatte die „Mädelschaft“ von St. Pauls ein Meraner Lazarett besucht, dabei neben „heimatlichen Liedern“ und Gedichten auch mehrere Einakter vorgeführt. Besonderen Eindruck hinterließ dabei der Dreigesang der Schwestern Hechensteiner (Bozner Tagblatt vom 14. April 1944, Seite 3).

„Feldkircher Mädel vermittelten den Verwundeten Brauchtum“, so lautet der Titel zu einer Notiz im Bozner Tagblatt vom 6. Oktober 1944, Seite 3: „Die Anwesenheit der Mädelsingschar der Feldkircher Lehrerinnenbildungsanstalt nutzte die Kreisleitung, um den Soldaten in den Lazaretten Brauchtumsvorführungen zu bieten. An drei Abenden kamen die Mädel in die Meraner Lazarette und brachten Freude und Frohsinn mit. Schöne Scharlieder, Gesänge zu zweien, Gedichte, stumme Szenen und ein Einzelvortrag bereiteten den Soldaten Entspannung und Erholung. Am Sonntag vormittag ruhten die Mädel nicht, sondern zogen von Lazarett zu Lazarett und warteten mit ihren Darbietungen im Freien auf. Da öffneten sich rasch die Fenster und die Balkone füllten sich mit Soldaten, die aufmerksam zuhörten und alsbald rauschte der Beifall von der höchsten Dachkammer bis zum Erdgeschoss auf.“

Auch die Wehrmacht selbst inszenierte Veranstaltungen zur Soldatenbetreuung, meist Platzkonzerte. „Ein Musikkorps der Wehrmacht erfreute zwei Tage hintereinander durch Platzkonzerte vor mehreren Lazaretten verwundete und kranke Soldaten. Es brachte schneidige Märsche, bekannte Lieder und Weisen, darunter Koschat-Melodien, sowie eine besonders originell zusammengestellte Reihe schönster Lehar-Klänge, deren Vortrag durch die Mischung von Holz und Blech die rechte Geschmeidigkeit gewann und wienerischen Schwung verriet. Durch reichen Beifall dankten die Soldaten ihren Kameraden. Auch die Bevölkerung von Meran versäumte es nicht, wenigstens im Vorbeigehen das eine oder andere Stück zu erhaschen“ (Bozner Tagblatt vom 1. Juli 1944, Seite 8).

Gelegentlich bestritten Soldaten der Lazarette eine kulturelle Aktion aus ihren eigenen Reihen. Das Bozner Tagblatt vom 19. Mai 1944, Seite 5, setzte folgenden Titel: „Frohe Stunden für unsere Verwundeten“ und führte aus:

„[…] In den letzten Tagen ragten zwei in ihrer Art völlig gegensätzliche Veranstaltungen aus dem sonst üblichen Rahmen heraus. Einmal das vor allem von der Aerzte- und Schwesternschaft der betreffenden Lazarette und einem nur kleinen Kreis musikbeflissener Patienten von dem scheidenden Feldwebel Dieterle zu Gehör gebrachte Klavierkonzert, zum anderen eine spritzige, feurig und unerhört flott gespielte Bauernkomödie.

Das mit vollendeter Technik und feinem Einfühlungsvermögen vorgetragene Klavierkonzert entrückte die aufmerksamen Zuhörer dem Alltag und führte sie schon mit den ersten Akkorden aus Händels Chaconne G-dur in das ewige Reich der Musik […]. Dankbar begrüßt wurden die einführenden Worte vor jeder dargebotenen Kostbarkeit, wodurch deren Verstehen erleichtert wurde. In gut gewählter Steigerung folgten Brahms (2. Satz aus der Sonate op. 5, Andante) und der Meister der großen Symphonie: Beethoven mit zwei Sonaten (e-moll und As-dur).

Den Dankesworten von Oberarzt Dr. Kirn schloß sich eine eigene Variation von F[eld]w[ebel] Dieterle an. – Zwei besinnliche Stunden, die die in der deutschen Musik liegenden ewigen Kulturwerte erneut ins Bewußtsein riefen und verankerten, waren ausgeklungen.“

Die nun folgende Komödie war in Inhalt und Darbietung ganz nach dem Geschmack des soldatischen Publikums:

„Bis auf den letzten Steh- und Fensterplatz gefüllt war der große Saal bei der Aufführung des bäuerlichen Lustspiels Alte Liebe rostet nicht durch die Klingenschmid-Bühne Innsbruck. Die einfache Handlung ist mit einer Fülle witziger Einfälle und drolliger Begebenheiten aus dem Bauernleben, sowie plastischen Ausdrücken aus dem Soldatenleben geschmückt. Der majestätisch über allen drei Bildern, zwischen denen übrigens ein Zithersolo die in rechten Theaterschwung geratenen Soldatenherzen erfreute, schwebende Humor wurde sorgfältig und überlegen klar von den durchweg hohes Lob verdienenden Darstellern herausgearbeitet.

Es war ein Abend, wie ihn sich beide Teile – Darsteller und Zuschauer, die letztlich doch ein Ganzes bildeten – gar nicht schöner und gelungener hätten wünschen können.

Dieses Streiflicht auf die laufend stattfindende Verwundetenbetreuung soll mit diesem kleinen Ausschnitt aus der Fülle der Veranstaltungen zeigen, daß alle unter kriegsbedingten Schwierigkeiten zu Gebote stehenden Mittel und Möglichkeiten ausgeschöpft werden, den verwundeten Soldaten nach Tagen, Wochen, oft Monaten schweren Einsatzes an den Fronten nun im Lazarett Frohsinn, Heiterkeit, Lebensfreude und beschauliche Stunden zu bescheren, die stets eine dankbare und aufnahmebereite Zuhörerschaft finden.“

Die kulturelle Betreuung der Wehrmachtslazarette von Arco und Riva hatte der Oberste Kommissar Franz Hofer dem Kreis Salurn übertragen. Im Auftrag des Kreisleiters startete die Ortsgruppe Tramin diese Aktion Anfang Juni 1944 mit einer Fahrt nach Arco und Riva, an der sich eine Vielzahl volkskultureller Vereinigungen beteiligte und mit einem bunten Programm die Soldaten zu erfreuen suchte. Als Resümee wird der ideologisch fundierte Aspekt der Unternehmung betont, indem anhand der Präsentation heimischen Volkstums gezeigt werden konnte, „mit welch dankbarer Aufgeschlossenheit unsere Verwundeten aus allen Gauen und Stämmen des Reiches gerade Darbietungen ungekünstelten und bodenverwurzelten Brauchtums als Ausdruck deutscher Art aufnehmen, die auf ihre Vätertradition stolz ist und in der Uebung in ihr ein Bekenntnis zur größeren Gemeinschaft erblickt.“ Über den Verlauf der Betreuungsaktion berichtet das Bozner Tagblatt vom 2. Juni 1944, Seite 5: „Schon am frühen Morgen trafen in Arco drei Autobusse mit der Traminer Standschützenmusikkapelle, der Mädel- und Frauenschaft und den Brauchtumsgruppen ein. Ein von der Firma Walch beigestellter Lastkraftwagen brachte eine große Ladung Wein, Kirschen sowie mehr als 3.000 Geschenkpäckchen mit. In Vertretung des Kreisleiters erschien Kamerad Josef Stimpfl. Vor dem Kurkasino von Arco warteten an weißgedeckten Tischen bereits viele Hunderte von Wehrmacht[s]angehörigen, die nun von den Mädeln und Frauen auf das beste bewirtet und beschenkt wurden, während die Standschützenmusikkapelle einen schneidigen Marsch nach dem anderen spielte. Zwischendurch trugen die Mädchen, mit stürmischem Beifall begrüßt, Heimatlieder vor. Der Männerchor, die Volkstanz- und Schuhplattlergruppe sorgten für Abwechslung. Auch die Schwerverwundeten wurden in ihren Zimmern aufgesucht und betreut. Herzliche Freude leuchtete den tapferen Soldaten aus den Augen, als ihnen die Mädchen kleine Blumensträußchen und Geschenkpäckchen überreichten. Erst gegen 13 Uhr konnte die Weiterfahrt nach Riva angetreten werden, wo der Einmarsch mit klingendem Spiel erfolgte. Nach dem gemeinsam eingenommenen Mittagessen fand im Garten des herrlich gelegenen Lazaretts die zweite Veranstaltung statt. Auch hier fanden die Traminer mit ihrer schneidigen und unermüdlich spielenden Standschützenmusikkapelle, den Mädchen und Brauchtumsgruppen und nicht zuletzt mit ihrem guten Wein begeisterte Aufnahme. Die Schuhplattler mußten immer wieder den Watschentanz wiederholen, und die Begeisterung war so groß, daß manche Watsche nur allzu echt und nachhaltig ausfiel. Wie in Arco hielt auch hier Kamerad Stimpfl eine herzliche Begrüßungsansprache und erzählte den lauschenden Soldaten von der Volkstumsarbeit der Südtiroler. Noch eine dritte Vorstellung mußte in Riva gegeben werden, die nicht weniger erfolgreich ausfiel. Man sah den beschenkten Soldaten die Freude an, von den Südtirolern so herzlich bewirtet zu werden, und der Tag wird sicher allen Beteiligten in bester Erinnerung bleiben. Nachdem die Helferinnen der Volkswohlfahrt noch einige Lazarette aufgesucht hatten und Wein, Blumen und Päckchen zu Ende gingen, fand die Betreuung ihren Abschluß. Es war spät nachts, als die Traminer nach Hause fuhren, glücklich, so vielen Soldaten eine kleine Freude bereitet zu haben.“

Von einer Betreuungsfahrt, organisiert von weiteren Ortsgruppen des Kreises Salurn, meldet das Bozner Tagblatt vom 12. August 1944, Seite 9: „Am vergangenen Sonntag besuchte der Kreisleiter des Kreises Salurn, Viktor Walch, die Verwundeten in den Lazaretten in Arco, Riva und Torbole. Unter Mitwirkung der Volkswohlfahrt des Kreises Salurn und der Ortsgruppen Auer, Montan und Branzoll konnten den Verwundeten einige frohe Stunden bereitet werden. Die Standschützen-Musikkapellen von Auer und Branzoll begeisterten durch ihr flottes Spiel die Verwundeten, ebenso wie die Mädelsingscharen dieser beiden Ortsgruppen durch ihre Lieder. Besonders gut gefielen den Soldaten die Volkstanzgruppen aus Lana, die ebenfalls mit dabei waren. Frauen und Mädel aus Montan, Auer und Branzoll verteilten als Helferinnen der Volkswohlfahrt Wein, Obst, Zigaretten, Gebäck usw. und schmückten diese Gaben mit den schönsten Blumen, worunter die Edelweißsträußchen besonders begehrt waren. Die Freude der Soldaten über den Besuch war allen Beteiligten der schönste Dank.“

Die Volkstänzer aus Lana, die durch ihre originellen Darbietungen besonders begeistert aufgenommen wurden, setzten ihre Betreuungstour fort: „Die Schuhplattlergruppe Lana besuchte die Verwundeten in den Lazaretten am Gardasee und konnte ihnen durch die Vorführung ihrer originellen und bodenständigen Brauchtums-Tänze einige frohe Stunden bereiten. Durch überaus reichen Beifall und den allseits geäusserten Wunsch, die Schuhplattler von Lana mögen bald wiederkommen, bekundeten die Soldaten ihre besondere Freude an dem Besuch, der sie mit einer der originellsten Formen unserer Volkstänze bekanntmachte“ (Bozner Tagblatt vom 18. August 1944, Seite 3).

Im September reiste die Standschützen-Musikkapelle Jenesien zum Gardasee, wo sie in Riva, Arco und Torbole für die dort in Pflege befindlichen Soldaten Konzerte gab. In Vertretung des eingerückten Kapellmeisters Anton Gasser dirigierte Kapellmeister Anton Lanznaster von Afing. Gemäß der Information im Bozner Tagblatt vom 15. September 1944, Seite 3, erschienen die Musikanten „in der schmucken Jenesier-Tracht“ und ernteten „großen Beifall“.

Im Auftrag des Amtes für Volkswohlfahrt des Kreises Bozen führten Volkskulturgruppen von Kaltern und Bozen Ende August 1944 „mit Spiel, Tanz und Gesang“ einen „frohen Nachmittag“ für Verwundete in San Martino di Castrozza durch. An der Aktion beteiligten sich die Standschützen-Musikkapelle von Kaltern, die „Mädelsingscharen“ von Kaltern, die Volkstanzgruppe von Bozen und eine Plattlergruppe (Bozner Tagblatt vom 30. August 1944, Seite 5).

Einsätze kultureller Art an Soldatenbetreuungsstellen gab es in Südtirol unter anderem in „Cortina-Hayden“ (Cortina d’Ampezzo), Brixen, Wolkenstein, am Karerpass, in Welschnofen und in Lengmoos.

Die Lazarette von „Cortina-Hayden“ wurden in erster Linie durch Ortsgruppen aus dem Kreis Bruneck betreut. Im Juli 1944 kamen im Auftrag der Volkswohlfahrt zu den dort gepflegten Soldaten die Welsberger „Frauen- und Mädelschaft“ und Schuhplattlergruppe (Bozner Tagblatt vom 11. Juli 1944, Seite 6). Damals weilte auch eine Spiel- und Singschar aus Lienz zwei Tage in „Cortina-Hayden“, „um mit ihren Darbietungen die Insassen der hiesigen Kriegslazarette zu erfreuen. Die Brauchtumsgruppe fand bei den Soldaten reichen Beifall. Auch bei der einheimischen Bevölkerung erregten die schönen alten Trachten der Lienzer allgemeine Bewunderung“ (Bozner Tagblatt vom 11. Juli 1944, Seite 6).

Über zwei weitere Betreuungsunternehmungen auf Initiative der Brunecker Kreisleitung berichtet das Bozner Tagblatt: „Die Standschützenmusikkapelle von Kiens, eine Sängergruppe, bestehend aus 12 Mädeln von Kiens, sowie Frauenführerinnen von Bruneck, St. Lorenzen und Kiens-Hofern, und Sängergruppen vom Ahrntal und Oberland besuchten die verwundeten Soldaten in Cortina-Hayden. Der Besuch galt zuerst den toten Kameraden auf dem Heldenfriedhof, wo ein Kranz niedergelegt wurde. Hernach wurden die verwundeten Soldaten besucht und mit Liebesgaben und schönen Tiroler Weisen von den Jungen und Mädeln erfreut. Auch die Standschützenmusikkapelle gab ihre frohen Weisen zum Besten“ (Bozner Tagblatt vom 1. August 1944, Seite 5).

„Unter der Führung des Kameraden Wurzer von der Kreisleitung Bruneck wurden am 17. September [1944] mehrere Häuser der Lazarettstadt Cortina-Hayden in einer Großbetreuung besucht. Ueber hundert Frauen und Mädel aus den Ortsgruppen Bruneck, Kiens, Luttach, Steinhaus und Welsberg beteiligten sich im Verein mit einer Schuhplattlergruppe aus Welsberg und der Standschützen-Musikkapelle von Pfalzen an der Betreuung der Kriegsverwundeten. Die Aktion wurde mit einem Besuch auf dem Heldenfriedhof, der in vorbildlicher Weise betreut und gepflegt wird, eingeleitet. In den einzelnen Lazaretten sangen die Mädel bekannte Tiroler Volkslieder, die Jungen aus Welsberg führten Schuhplattler aus und zeigten im Verein mit den Mädchen Volkstänze. Die Pfalzener spielten Märsche und frohe Weisen auf“ (Bozner Tagblatt vom 22. September 1944, Seite 3).

Hin und wieder wurden aus den Reihen der Soldaten Konzerte arrangiert, zum Beispiel in „Cortina-Hayden“: „Das Kriegslazarett I veranstaltete am Abend des 2. August einen Konzertabend für Angehörige der Wehrmacht; Solisten waren der Unteroffizier Söllner (Geige) und Franke (Klavier). Die Vortragsfolge enthielt Werke von Johann Sebastian Bach, Tartini, Mozart, Beethoven, Grieg, [Johan Severin] Svendsen, [Alfredo] d’Ambrosio, Brahms, Paganini, [Virgilio] Ranzato und Sarasate. Die beiden Musiker, die, von der Front kommend, hier einige Tage der Entspannung verleben, erwiesen sich als Künstler von hervorragendem Können; von dem Dargebotenen gefielen besonders Beethovens Romanze in F-dur sowie Svendsens Romanze G-dur. Die Werke von Paganini, Ranzato und Sarasate gaben besonders dem Geiger Gelegenheit, sein Virtuosentum zu zeigen. Reicher Beifall dankte den beiden Künstlern für ihre Darbietungen“ (Bozner Tagblatt vom 8. August 1944, Seite 6).

Nachdem das Lazarett von Brixen, anfangs eher improvisiert, vor allem von der „Mädelschaft“ kulturell betreut wurde, kam es auf Initiative der Kreisleitung bald zu einer konsequenteren Gestaltung in Form von Brauchtumsabenden, die einen ähnlichen Verlauf wie in Meran aufwiesen und einen Einblick in das „bodenständige Brauchtum“ Südtirols vermittelten.

„Eine Gruppe der Mädelschaft besuchte kürzlich ein Soldatenlazarett in Brixen. Sie überraschte zuerst die Verwundeten durch ein nettes Ständchen, worauf sich in einem kleinen Saal ein bunter Nachmittag entwickelte. Nach dem sie die Soldaten mit Blumen, Obst und Zigaretten beteilt hatten, wickelten die Mädeln ein einfaches Programm ab. Lieder, Musik und kleine eingestreute Unterhaltungen wechselten mit musikalischen Darbietungen, welche die Verwundeten ihrerseits boten“ (Bozner Tagblatt vom 18. Jänner 1944, Seite 3).

„Die Kreisleitung Brixen führte in einem Lazarett eine gutgelungene Brauchtumsveranstaltung für verwundete und genesende Soldaten durch. Die Darbietungen der Mädelgruppe Natz-Raas fanden besonderen Beifall. Den Soldaten wurde bei dieser Veranstaltung Einblick in unser bodenständiges Brauchtum geboten“ (Bozner Tagblatt vom 3. April 1945, Seite 2).

Zu einem Fest der Gemeinschaft zwischen der ansässigen Bevölkerung und der zu Gast weilenden Soldaten im Sinne gelebter Solidarität und Dankbarkeit wurden die „Betreuungsstunden“, die die Ortsgruppen Wolkenstein und St. Christina in Zusammenarbeit mit der Volkswohlfahrt in Wolkenstein veranstalteten: „Nicht nur die Liebesgaben, die bei dieser Gelegenheit an die Soldaten verteilt wurden, sondern noch mehr der gebotene Gesang und die gebrachte Musik erregten die helle Freude der Soldaten. An der Veranstaltung, zu der die gewaltige Umwelt der Dolomiten und die Buntheit der Wiesen für die schönen Grödner Trachten den richtigen Rahmen abgaben, war auch die gesamte Bevölkerung gekommen, so daß das kleine Fest ein schöner Ausdruck der Gemeinschaft wurde“ (Bozner Tagblatt vom 21. Juli 1944, Seite 3).

Bei einem Ende März 1944 durch die Ortsgruppe der Deutschen Volksgruppe von Wolfsgruben am Ritten im Erholungsheim Barbara veranstalteten „Betreuungsabend“ für die Soldaten dort brachte der Ortsgruppenleiter die „dankbare Verbundenheit der Heimat mit den Soldaten zum Ausdruck“. Heimatlieder der Mädchengruppe von Lengmoos erfreuten alle Anwesenden. „Der Abend verlief in kameradschaftlicher Stimmung“ (Bozner Tagblatt vom 28. März 1944, Seite 3).

Im August 1944 führte die Volkswohlfahrt des Kreises Bozen am Karerpass, wo sich ein Erholungsheim für Marinesoldaten befand, eine kulturelle „Betreuungs“-Aktion durch. Beteiligt waren dabei die Eggentaler Standschützen-Musikkapelle, die Mädelsingschar von Terlan sowie die Volkstanzgruppe und Plattlergruppe von Bozen (Bozner Tagblatt vom 24. August 1944, Seite 5).

Ein „froher Nachmittag“ wurde auf Initiative des Amts für Volkswohlfahrt den Verwundeten „in einem herrlich gelegenen Höhenhotel“ in Welschnofen Anfang September 1944 bereitet: „Die Mädelsing- und Tanzgruppe von Bozen und die Mädelsinggruppe von Welschnofen im Verein mit der Standschützenmusikkapelle Welschnofen wetteiferten miteinander, um unsere Kriegsversehrten mit Gesang, Volkstänzen und musikalischen Darbietungen zu erfreuen. Herzlicher Beifall der Verwundeten war der Lohn für den Eifer der Mitwirkenden“ (Bozner Tagblatt vom 9. September 1944, Seite 5).

Gelegentlich wurden rekonvaleszente Soldaten in Gemeinden eingeladen, wo sich keine Lazarette befanden, als Beitrag im Rahmen der Betreuungsmaßnahmen: „Kürzlich trafen hier [in Toblach] 65 Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten aus einem Genesungsheim ein und wurden am Bahnhofe vom Ortsgruppenleiter und kommissarischen Bürgermeister Sepp Pircher, der Standschützen-Musikkapelle und der Jugend begrüßt. Nach einem Frühstück wurde ein Ausflug zum Toblacher-See gemacht. Beim Mittagessen nach der Rückkehr spielte die Standschützen-Musikkapelle. Auch eine Schrammel-Kapelle sowie Sänger und Schuhplattler trugen zur Unterhaltung der Gäste bei“ (Bozner Tagblatt vom 6. Mai 1944, Seite 7).

Anfang September 1944 waren „Verwundete der Augenstation Cortina-Hayden Gäste der Welsberger Frauenschaft. Für die Begrüssungsworte des Ortsgruppenleiters Franz Kohlgruber und die herzliche Bewirtung im Gasthof Heiss dankte ein Sprecher der Verwundeten. Frauenschaft, Mädelschaft, die Jungen und die Standschützenmusikkapelle von Welsberg haben ihr Bestes gegeben“ (Bozner Tagblatt vom 9. September 1944, Seite 5).

Von der Meraner Kreisleitung und der Ortsgruppe Tisens wurde Ende November 1944 „eine größere Anzahl Genesender eines Lazarettes zu einer Brauchtumsveranstaltung nach Tisens“ eingeladen. Zum Gelingen der Veranstaltung trugen die Frauenschaft, die Jungmädel, eine Schuhplattlergruppe, Ziehharmonikaspieler und die „Streichmusik Tisens“ bei: „Das vorzüglich gestaltete Programm des Nachmittags gab den Verwundeten einen interessanten Einblick in unser heimatliches Brauchtum. Mit lebhaftem Beifall bedankten sich die Soldaten für die schönen Stunden, die ihnen mit dieser Veranstaltung bereitet wurden“ (Bozner Tagblatt vom 25. November 1944, Seite 7).

Für Fronturlauber wurden ebenso Heimatabende organisiert, beispielsweise in Aldein, wo der Ortsgruppenleiter die Initiative damit erklärte, dass „Heimat und Front stets in Liebe und Treue verbunden seien“. Im Theatersaal hatte die Mädelschaft eine kleine Tafel mit Keksen, Kirschen und Wein vorbereitet. „Bei fröhlichem Gesang und Musik verbrachten unsere Urlauber etliche Stunden gemütlichen Beisammenseins in der Heimat“ (Bozner Tagblatt vom 5. Juli 1944, Seite 6).

Im August 1944 wurde in Bozen eine „Wehrmachtsbetreuungsstelle des Bahnhofdienstes Volkswohlfahrt“ eröffnet:

„Im ehemaligen Waltherkeller in der Nähe des Bozner Bahnhofes finden die durchreisenden Frontsoldaten, die sich in Bozen aufhalten müssen, eine vortreffliche Aufenthalts- und Wartestätte.

Zur Eröffnung hatten sich der Ortsgruppenleiter Wilhelm, Vertreter der Ortskommandantur, der Bürgermeister der Stadt Bozen Dr. Führer sowie andere Gäste eingefunden. Eine kleine Soldatenkapelle spielte flotte Weisen und die Bozner Mädelsingschar gab Proben ihres Könnens zum besten“ (Bozner Tagblatt vom 24. August 1944, Seite 5).

Durchreisende Soldaten wurden an den Haltestellen der Züge häufig von der Bevölkerung mit Geschenken bedacht. Das Bozner Tagblatt vom 13. Juni 1944, Seite 5 schildert eine solche Aktion in Neumarkt im Bozner Unterland. Eigentlicher Anlass für die Berichterstattung ist wohl ein angeblich von einem Soldaten verfasster Dankesbrief, in dem in ideologisch fundierter Ausdrucksweise vermutlich die Wunschvorstellung und von der Propaganda gefestigte Meinung vieler Südtiroler von damals Ausdruck findet:

„In der Vorwoche betreute unsere Ortsgruppe eine Anzahl durchreisender Soldaten. Ortsgruppenleiter Toni Menghin hatte eine Sammlung von Liebesgaben durchführen lassen, die ein bemerkenswertes Ergebnis hatte. Zwei vollgeladene und geschmückte Wagen fuhren, begleitet von Frauen und Mädel[n] sowie Kameraden der Ortsgruppe zum Bahnhof. Dort wurden die Soldaten vom Ortsgruppenleiter herzlich willkommen geheißen. Anschließend erfolgte die Verteilung der Kirschen, Wein und Zigaretten. Die Soldaten sangen zum Dank einige Lieder. Dem Ortsgruppenleiter ging nunmehr der Brief eines Soldaten zu, in dem dieser auch im Namen seiner Kameraden für die Begrüßung und die empfangenen Gaben dankt. In diesem Brief heißt es: ‚Wir hörten die Stimme des Herzens, wir sind Brüder und in Notzeit erst recht. Als kleine Freude und Abwechslung war es gedacht, in Wirklichkeit war es mehr, es war die eindeutige Sprache des Blutes: Wir gehören zueinander und was wir haben, wollen wir mit Euch teilen. Wir bitten gemeinsam die Vorsehung, daß es diesmal gelingen möge, was unsere Vorfahren zu vielen Malen immer wieder ohne Erfolg versucht haben. Sie haben ihr Leben für die gemeinsame, heilige Sache gegeben. Ein widriges Geschick hat ihnen immer wieder die Früchte der Opfer entwunden. Wir aber hoffen mit gläubigen Herzen, daß das Blutopfer unserer Generation endlich das große, langersehnte Ziel bringt: Ein Volk in einem Reich unter einem Führer!’“


Propaganda-Aktionen

Nahezu jede öffentliche Veranstaltung wurde für propagandistische Zwecke genützt. Wenngleich der gemeinschaftliche Auftritt bei diversen Anlässen nach außen hin schon eine weitgehend geschlossene Gefolgschaft dokumentierte und somit propagandistische Effizienz besaß, so wurde in den vielfach obligatorisch dazugehörenden Reden doch die Gelegenheit wahrgenommen, die Anwesenden mit der jeweils aktuellen Propagandastrategie gefügig zu halten. Das Abhören ausländischer Rundfunksender war unter Strafe gestellt, es gab kaum die Möglichkeit für einen Zugang zu neutraler Information. Die Bevölkerung war auf jene Berichterstattung angewiesen, die ihr von den Zeitungen, dem Rundfunk und über Filme nach parteikonformen ideologischen Grundsätzen vermittelt wurde. Zudem herrschte vor Ort durch die verbale Agitation der lokalen politischen Funktionäre ein enormer Propagandadruck. Dennoch gab es Faktoren, die die Menschen an der Glaubwürdigkeit dieser einseitigen Argumentation zweifeln ließen. Da war zum einem die erschreckend ansteigende Anzahl gefallener Soldaten, die „für Führer und Vaterland im Kampf gegen den Bolschewismus den Heldentod fanden“, zum anderen die nicht zu verheimlichenden Erschwernisse in der Versorgung auf allen Gebieten des täglichen Lebens. Verunsicherung erzeugte auch das Informationsmaterial, das bei sporadisch erfolgreichen propagandistischen Aktionen der Aliierten zugänglich wurde, durch seinen völlig konträren Inhalt. So wurde die Bevölkerung streng angehalten, dass zum Beispiel Flugblätter und anderes „feindliches Agitationsmaterial“ unverzüglich bei der „nächsten Dienststelle der Polizei oder Gendarmerie abgeliefert werden“ müssen. Wer solche Flugblätter aufbewahrte, weitergab oder deren Inhalt mündlich verbreitete, stellte sich in den „Dienst der Feindpropaganda“ und hatte „schwerste Strafen“ zu erwarten (Bozner Tagblatt vom 20. April 1945, Seite 2).
 
Da es immer mehr offenkundig wurde, dass nicht alles, was in den Zeitungen zu lesen oder im Rundfunk zu hören war, der erlebten Realität entsprach, startete die politische Führung eine bestens organisierte Propagandainitiative im ganzen Land. Zuerst wurden in den Ortsgruppen die Mitarbeiter der politischen Verwaltung erneut ideologisch geschult, damit sie ihre Überzeugung glaubhaft nach außen vertreten konnten. Zum diesem Zweck gab es eigene „Appelle“ für „Arbeitsringmitglieder“, „Arbeitstagungen“ oder „Dienstappelle“.
 
Bei einem solchen Appell in Mareit trafen sich sämtliche Mitarbeiter der Ortsgruppe Mareit, Ridnaun und Telfes. „Nach einer kurzen Ansprache durch Ortsgruppenleiter Karl Gitzl sprach Kamerad Hans Stifter aus Sterzing über die Ursachen des Krieges. Mit einem Lied schloß die Sitzung“ (Bozner Tagblatt vom 8. Mai 1944, Seite 3). Der gleiche Redner setzte seine Propagandaunternehmung in Gasteig fort, wo er „sämtliche Arbeitsringsmitglieder von Gasteig, Jaufental und Ratschings“ mit einem „ausführlichen Vortrag“ über das Thema „Warum führen wir Krieg?“ auf den neuesten Stand parteikonformer Interpretation brachte. Seine Worte wurden „mit größtem Interesse aufgenommen“ (Bozner Tagblatt vom  8. Mai 1944, Seite 3).
 
Zum gleichen Thema „Warum führen wir Krieg?“ sprach „Kamerad Hans Fink“ bei einem Appell der Arbeitsringmitglieder in Feldthurns (Bozner Tagblatt vom 9. Mai 1944, Seite 3). Natürlich wurde bei diesen Aktionen die übliche Hetzkampagnie gegenüber Juden nicht ausgespart, sondern im Gegenteil, mit gröbster Gehässigkeit verbal betrieben, während gleichzeitig der mit dem Tonfilmwagen unter das Volk gebrachte Film Jud Süß das Gesagte durch das Bild verstärkend bestätigen sollte. „Kamerad Wolfgang Seifert aus Brixen“ referierte vor den „Arbeitsringmitgliedern und zahlreichen Volksgenossen“ in Villnöß über das Thema Das Judentum. Den Inhalt seiner Rede schildert das Bozner Tagblatt vom 26. Juni 1944, Seite 4: „In hinreißenden Worten umriß er den Zuhörern die Geschichte der Judenrasse, die Ziele derselben und die daraus entstehende Gefahr für das deutsche Volk und mit ihm ganz Europas [!]. Das jetzige Ringen, als dessen Haupttriebfeder der ewige Jude dasteht, gibt beredtes Zeugnis von den wahren Absichten dieses Schmarotzervolkes, nämlich die Erringung der Weltherrschaft und der daraus entstehenden Verelendung der anderen Völker. Reger Beifall wurde den Worten des Redners gezollt.“
 
Bereits Anfang Juni 1944 hatte „Kamerad Wolfgang Seifert“ mit demselben Thema „sämtliche Mitarbeiter“ der Ortsgruppe Brixen bekannt gemacht: „In anschaulicher Weise schilderte der Redner die Entstehung dieses Judentums, seine Ausbreitung und Geschichte, sein Parasitenleben und seine weltdiktatorischen Pläne. Nirgends und nie ist das Ziel und die wahre Absicht des Juden deutlicher erkennbar gewesen als gerade in diesem Ringen, nämlich die Ausrottung des gesamten deutschen Volkes und die Versklavung des ganzen europäischen Kontinents“ (Bozner Tagblatt vom 6. Juni 1944, Seite 5). Das Angstszenario der „Ausrottung des gesamten deutschen Volkes“ blieb eines der Hauptargumente, das von den meisten Agitatoren der Propagandaoffensive vorgebracht wurde. Weiters trat Seifert unter anderem in Lüsen und Vintl im Rahmen der Mitarbeiterschulung als Propagandaredner in Erscheinung, er wurde für seine Ausführungen mit regem Beifall bedankt (Bozner Tagblatt vom 13. Juni 1944, Seite 5 und 17. Juni 1944, Seite 9).
 
Auch im größeren Rahmen des Kreises fanden „Arbeitstagungen“ statt, die den Zweck verfolgten, die politischen Funktionäre mit den neuesten Strategien und Themenbereichen der Propaganda vertraut zu machen. Der in Sachen Propaganda überaus rührige Kreisleiter Wilhelm Wielander eröffnete eine solche Arbeitstagung für Kreisamtsleiter und Ortsgruppenleiter Anfang Mai in Schlanders „mit einem Führerwort“. Der ebenfall anwesende Geschäftsführer der Deutschen Volksgruppe Ferdinand Lauggas gab den Anwesenden „verschiedene wertvolle Aufklärung und forderte den Einsatz aller Kräfte für den Endsieg“. Die Tagung schloß mit dem „Gruß an den Führer“ (Bozner Tagblatt vom 8. Mai 1944, Seite 3).
 
Bei einem dreitägigen Lehrgang für die Kommissarischen Bürgermeister der Provinz Bozen, der insbesondere bezweckte, „die Tätigkeit der Bürgermeister auf allen Gebieten der kommunalen Arbeit restlos im Sinne des totalen Kriegseinsatzes auszurichten“, trat der Oberste Kommissar Gauleiter Franz Hofer selbst als Redner in Erscheinung. Er nützte die Gelegenheit der Präsenz von über hundert Bürgermeistern, sämtlicher Kreisleiter, Vertreter seines Stabes und der kommunalen Verwaltung zu einem entfesselten Propaganda-Auftritt, mit dem er neben seinen üblichen Argumenten wie dem „kampferprobten“ Tiroler Bauernstamm und der Reverenz an die heroische Geschichte des Landes die Idee einer „Reichsfestung Tirol“ entwickelte. Der Inhalt seiner Ansprache ist demzufolge propagandistisch wirksam ausführlich in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. September 1944, Seite 3 wiedergegeben:
 
„In seiner, immer wieder durch lebhaften Beifall unterbrochenen Rede, gab der Oberste Kommissar einleitend einen kurzen Ueberblick über die in den verflossenen zwölf Monaten geleistete Arbeit auf den verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens und sprach sodann eingehend über die Aufgaben, welche den Bürgermeistern auf verwaltungsmäßigem Gebiete gestellt sind […]. Wir kennen die furchtbaren Absichten unserer Feinde, deren erstes Ziel die restlose und endgültige Vernichtung Deutschlands ist.
 
Die Ereignisse der jüngsten Zeit haben uns neuerlich gezeigt, welch schreckliches Los jenen Ländern beschieden ist, die schwach werden und glauben, aus dem Krieg aussteigen zu können. Ueber sie ist der Bolschewismus wie eine Lawine hereingebrochen, alles vernichtend und zerstörend, unsagbares Elend verbreitend und mit brutaler Gewalt jede völkische Eigenart entwurzelnd. Das deutsche Volk kennt diese Gefahr, weiß, daß jede Schwäche seinen Untergang bedeuten würde, und ist im Kampf stahlhart geworden, zu allen Opfern bereit und entschlossen, wie noch niemals zuvor in seiner Geschichte. Der kampferprobte Stamm in unseren stolzen Bergen aber will sich auch in diesem schicksalentscheidenden Ringen wiederum an die Spitze stellen und eingedenk seiner geschichtlichen Verpflichtung im Freiheitskampf Großdeutschlands zu den Vorkämpfern gehören. Wie im Jahre 1809 Tirol das Fanal des Freiheitskampfes von 1813 trug und einen Strom überwältigender Begeisterung und verbissensten Kampfeswillen auslöste, so wird es auch jetzt wieder eine Trutzburg bilden, an die kein Feind herankommt. Eine ungeheure Festung im Süden des Reiches wollen wir sein, die Reichsfestung Tirol, in deren Mauern man nur eines kennt: Unerschütterliche Treue, entschlossenen Kampfeswillen, unbedingte Siegesgewißheit, Einsatz und Opferbereitschaft bis zum Aeußersten. Und in dieser Trutzburg gibt es auch nur eine Parole: ‚Unerbittlicher Kampf bis zum Sieg’. Der Oberste Kommissar schloß seine Rede mit den Worten: ‚Wenn wir alle unsere Pflicht restlos erfüllen, treu und unerschrocken kämpfen, wie es unsere Väter taten, dann kann uns niemand in der Welt den Sieg rauben.’“
 
Für Propaganda-Aktionen vor Ort wurden von den Ortsgruppenleitern „Volksversammlungen“ einberufen, wo in der Regel bestens geschulte Gastredner auftraten. Um die Redner über den neuesten Stand der Propagandastrategie zu unterrichten, nahmen sie an „Schulungsappellen“ teil. Über den Lehrinhalt einer solchen Veranstaltung im Kreis Meran, an dem neben den Kreisrednern auch die Ortsgruppenleiter und Kreisamtsleiter auf der Führerinnenschule Fragsburg teilnahmen, berichtet das Bozner Tagblatt vom 20. Juli 1944, Seite 5:
 
„Die Ausführungen der verschiedenen Redner hatten alle das Ziel, wichtige Grundsätze der nationalsozialistischen Weltanschauung herauszustellen, auf denen die Führungsarbeit aufgebaut ist. Obergemeinschaftsleiter Holzwarth entwickelte in klaren Worten die lebensgesetzlichen Grundlagen des Nationalsozialismus, die Begriffe ‚Volk’ und ‚Ewigkeit des Volkes’ und kam auch auf den Sinn dieses Krieges zu sprechen, der nichts anderes ist, als der Generalangriff internationaler Mächte, die auch in der Vergangenheit immer wieder versuchten, das deutsche Volk auszutilgen. Der Kampf an der Front wird von Deutschlands Kämpfern gewonnen werden, notwendig ist aber auch der Sieg an der inneren Front und die Erhaltung und Entfaltung der deutschen Volkskraft. Die Volkswohlfahrt ist die Trägerin der Volkspflege und hat durch ihre Arbeit das Fundament der Ewigkeit des Volkes zu gründen. Oberbereichsleiter Elsensohn behandelte die verschiedenen Aufgabenbereiche der Volkswohlfahrt, die alle den Zweck verfolgen, den Wall zur Verteidigung der Volkskraft unüberwindlich zu machen. Oberbereichsleiter Dr. Mang sprach in überzeugenden Worten über Sinn und Inhalt unserer Weltanschauung, über ihre Kraft und Tiefe, die aufbauend auf den Gesetzen des Lebens, unserer deutschen Art entspricht und daher die deutsche Weltanschauung darstellt. In einem zweiten Vortrag schilderte Dr. Mang die politische und militärische Lage des Reiches.“
 
Zu einer ähnlichen Tagung berief Kreisleiter Wilhelm Wielander die Ortsgruppenleiter und ihre politischen Mitarbeiter, bei der als Gast „Obergemeinschaftsleiter P[artei]g[enosse] Holzwarth“ über „den deutschen Schicksalskampf und weltanschauliche Fragen sprach“. Die Veranstaltung wurde vom „Streichquartett Schlanders“ und Liedern der „Jugendsingschar“ musikalisch umrahmt (Bozner Tagblatt vom 25. Juli 1944, Seite 4).  
 
Im Bozner Tagblatt vom 28. Februar 1944, Seite 3, ist der Verlauf einer solchen, die ganze Volksgemeinschaft repräsentierenden „Volksversammlung“ in St. Andrä mit all ihren auch volkstümlichen Elementen prägnant geschildert:
 
„Das ganze Dorf hatte sich kürzlich zu der in unserer Ortsgruppe abgehaltenen Volksversammlung eingefunden. Auf dem Dorfplatz hatten die Standschützenmusikkapelle in ihrer sauberen Tracht, die Frontkämpfer, Wehrmachtsurlauber, eine Abteilung der Schützen in ihrer farbenfreudigen Tracht mit ihrer alten Fahne, die Frauen- und Mädelschaft, die Jugend, sowie eine große Volksmenge Aufstellung genommen, um den Kreisleiter Kam[eraden] Sepp Hinteregger und einige seiner Mitarbeiter zu empfangen. Nach einer herzlichen Begrüßung durch den Ortsgruppenleiter und ein Trachtenpaar der Jugend erfolgte im schönen Versammlungsraum die Kundgebung, die mit einem schneidigen Marsche und einem Liede der Mädelschaft eröffnet wurde. Nach einleitenden Worten des Ortsgruppenleiters Roman Ramoner sprach kurz Kreisleiter Hinteregger, worauf ein Gastredner das Wort ergriff. Er behandelte eingehend das Thema ‚Das Jahr der Entscheidungen’. Der Kundgebung folgte ein Gemeinschaftsabend.“
 
Auch in der Nachbargemeinde Afers war im Rahmen eines „Gemeinschaftsappells“, der für das Propaganda-Unternehmen des Gastredners und den ihn begleitenden Kreisleiter anschließend an ihren Auftritt in St. Andrä veranstaltetet wurde, die lokale Volksgemeinschaft mit all ihren Repräsentanten vertreten:
 
„In Afers, der höchstgelegenen Ortsgruppe unserer engeren Heimat (1500-1800 m), fand kürzlich ein Gemeinschaftsappell statt. Unsere neu zusammengestellte Standschützenmusikkapelle, eine Abteilung der Aferer-Schützen in ihren farbenfreudigen Trachten, sowie alle Gliederungen und die Jugend hatten sich am Dorfplatz eingefunden, um den Kreisleiter Kam[eraden Sepp] Hinteregger und einige seiner Mitarbeiter zu empfangen. Ein Trachtenpaar der Jugend begrüßte die Gäste, worauf die wackere Standschützen-Musikkapelle ein kleines Standkonzert gab. Anschließend fand in den Räumen des ‚Wirtes‘ eine feierliche Kundgebung statt. Nach einer Einleitung durch die Standschützenmusikkapelle und einem Liede der Mädelschaft eröffnete Ortsgruppenleiter Kam[erad] Thomas Nußbaumer die Kundgebung, worauf Kreisleiter Hinteregger nach einer Gedenkminute für die Gefallenen über den Kampf des deutschen Volkes und seine Lebensrechte sprach. Seinen Worten folgten die Ausführungen eines Gastredners. Beginnend vom schmählichen Zusammenbruch des Jahres 1918 schilderte er den gewaltigen Kampf des Führers mit seiner jungen Bewegung bis herauf zum heutigen totalen Kriege des gesamten deutschen Volkes ob an der Front oder in der Heimat.“
 
Solche Gastredner waren eigens für ihre Propagandaaufgabe ausgebildete „Kreisredner“, aber auch die Kreisleiter selbst und oftmals politische Funktionäre aus dem Gau Tirol-Vorarlberg, in der Regel enge Vertraute des Gauleiters wie Klaus Mahnert oder Franz Pisecky. Bei einer Volksversammlung in Weitental etwa sprach auf Einladung des Ortsgruppenleiters Faller und „nach einem Liede der Mädelschaft“ „Abschnittsleiter“ Prof. Dr. Dollinger [Gauamtsleiter, Professor an der Mädchenoberschule in St. Christina in Gröden] zu den Anwesenden „über die Lage und das Zeitgeschehen“. Ausgehend von der Feststellung, dass die „Raumnot des deutschen Volkes“, welche „als ewige Tragik über uns schwebt“, den gegenwärtigen Krieg rechtfertige, leitete er die „Pflicht“ ab, „alle Kräfte einzusetzen und so dem Führer und seinen Soldaten zu helfen“, um sich „selbst und ganz Europa vor der Vernichtung zu schützen“. Ortsgruppenleiter Faller „dankte dem Redner und versicherte, daß auch die Gemeinde Weitental ihre Pflicht restlos erfüllen und nicht hinter anderen Dörfern unserer Heimat zurückstehen werde. Mit dem Gruß an den Führer schloß die Versammlung“ (Bozner Tagblatt vom 31. Oktober 1944, Seite 3).
 
Auch bewährte und ausgezeichnete Offiziere der Wehrmacht kamen zum Einsatz, um „authentisch“ über die Kriegslage und die Stimmung bei den Soldaten an den Fronten aufzuklären.
 
Im Kreis Bruneck trat Kamerad Hans Peskosta als lokaler Redner in Erscheinung, so bei einer Volksversammlung in Sand in Taufers. Dort sprach er „in klarer und leicht verständlicher Weise über das Wesen des Bolschewismus, machte auf die Gefährlichkeit desselben aufmerksam und zeigte die Mittel und Wege zu dessen Bekämpfung auf“ (Bozner Tagblatt vom 3. April 1944, Seite 3). Bei einer weiteren Visite in derselben Lokalität, im Saal des Hotels Schrottwinkel in Sand in Taufers, forderte er im Februar 1945 die Anwesenden auf, sich „in ihrem festen Vertrauen auf den Führer und in ihrem Glauben an den deutschen Sieg niemals beirren zu lassen“ (Bozner Tagblatt vom 13. Februar 1945, Seite 3). Ein anderer Redner aus dem Kreis Bruneck, „Kamerad Mittermair“, sprach bei einer Volksversammlung in Toblach über die drohende Gewaltherrschaft des Bolschewismus (Bozner Tagblatt vom 21. April 1944, Seite 3), ebenso sein Kollege Kreisredner Alois Gozzi in Oberrasen. Das Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 6, hält fest: „Der Redner verstand es, ein gutes Bild von der Gefährlichkeit und den wahren Absichten des Bolschewismus zu geben.“
 
Der Auftritt des Reichsredners Oberbereichsleiter P[artei]g[enosse] Alfons Wölpl am 14. Oktober 1944 im großen Kurhaussaal in Meran wurde als „Großkundgebung“ mit fulminantem Aufwand inszeniert:
 
„Der Saal, dessen Bühne schönen Fahnenschmuck trug, füllte sich unter den Klängen schneidiger Märsche der Algunder Standschützen-Musikkapelle sehr rasch. Er bot ein erhebendes Bild unserer großen, deutschen Volksgemeinschaft, denn Männer und Frauen aus allen Schichten der Bevölkerung, Bauern, Offiziere und Soldaten, unsere Verwundeten aus den Lazaretten, Pflegerinnen und Schwestern, Jungen und Mädels, sie alle waren dem Ruf des Kreisleiters gefolgt und hatten sich eingefunden. Kreisleiter [Johann] Torggler erschien mit den Ehrengästen, darunter der stellvertretende Landesleiter der AO. [Auslandsorganisation der NSDAP] in Italien Pg. Helm, Offiziere der Standortkommandantur und der Lazarette.
 
Nach einem Musikstück begrüßte der Kreisleiter den Redner und die angetretenen Volksgenossen und verlieh seiner Freude Ausdruck, daß Pg. Wölpl, der vielen Südtirolern von Lehrgängen im Reich her bekannt ist, zum Abschluß eines längeren Fronteinsatzes hier in Meran sprechen konnte.“
 
Der Redner brachte die üblichen Hetzargumente gegen die Juden, stellte das Schreckensbild der Versklavung durch „asiatische Horden“ vor Augen und verklärte die messianische Sendung des Führers, die durch seine Errettung beim Attentat des 20. Juli 1944 augenscheinlich bestätigt wurde. „Das Schicksal will es, daß wir den Sieg erringen, deshalb hat es uns auch den Führer erhalten.“ Das emotional aufgewühlte Auditorium, das „schon während der Rede Beifall zollte, dankte dem Redner für seine vom Gefühl des unberirrbaren Glaubens an den Führer und an den Sieg getragene meisterhafte Rede mit reichem Beifall. Nach verpflichtenden Worten des Kreisleiters stimmte die Menge mit Begeisterung in das ‚Sieg Heil’ auf unseren Führer ein und machtvoll erklangen zum Abschluß die Lieder der Nation“ (Bozner Tagblatt vom 19. Oktober 1944, Seite 4).
 
Unter dem Motto Glaube und Wille bringen den Sieg veranstaltete die Ortsgruppe Meran am 23. September 1944 eine weitere Volksversammlung, bei der Oberbereichsleiter Franz Pisecky auftrat und als elitärer Repräsentant der Parteipropaganda deren grundsätzlichen Argumente in seiner Rede vorbrachte:
 
„In klaren, überzeugenden Worten zeigte er auf, wie es trotz aller Verständigungsbereitschaft des Führers doch zum Kriege kam, weil ihn wieder dieselben Feinde wollten, die schon in der Vergangenheit Deutschland zu unterjochen trachteten. Man wollte dem deutschen Volke das Lebensrecht nicht zugestehen und es sollte dem internationalen Judentum ausgeliefert werden. Nun will der Feind die Entscheidung erzwingen. Der Lebensmut des deutschen Volkes ist aber trotz aller Rückschläge ungebrochen. Der Feind versucht es deshalb mit allen Mitteln: Bombenterror, Erpressung, Verrat, und nicht zuletzt seine Lügenpropaganda sollen ihm den Sieg bringen. Mit scharfen Worten geisselte der Redner jene wenigen charakterlosen Schwächlinge, die auf alle feindlichen Lügenmeldungen hereinfallen, sie weiterverbreiten und sich damit auf die Seite des Feindes stellen. Unsere Pflicht sei es gerade heute, in aufrechter Haltung und bis zum Endsieg durchzuhalten […]. Der Führer ist uns am 20. Juli erhalten geblieben und mit Adolf Hitler an der Spitze kann es nur eines geben: den deutschen Sieg. Begeisterter Beifall dankte dem Redner für seine aufrüttelnden Worte“ (Bozner Tagblatt vom 28. September 1944, Seite 3).
 
Die „wunderbare Errettung des Führers“ als einen „augenscheinlichen Fingerzeig der Vorsehung“ hatte schon der Brixner Kreisleiter Josef Hinteregger in den Mittelpunkt seiner Argumentation bei einer Ortsgruppenversammlung in Villanders gestellt. In Barbian, wo er zur selben Zeit ebenfalls im Rahmen einer Volksversammlung in Sachen Propaganda tätig war, empfing ihn die „wackere Standschützen-Musikkapelle“ mit einem „flotten Marsch“ (Bozner Tagblatt vom 1. September 1944, Seite 5).
 
Kreisleiter Franz Kiebachers Auftritt als Redner bei einer Volksversammlung in Welschnofen wurde ebenso von der Standschützen-Musikkapelle mit „flotten Weisen“ umrahmt. In seiner Rede betonte er die „Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Deutschen in dieser alles entscheidenden, schweren Zeit und wandte sich mit scharfen Worten gegen die Gleichgültigen, Miesmacher und offenen und versteckten Feinde der deutschen Sache, die durch ihr Verhalten das Heldentum unserer Soldaten schmälern und somit Deutschlands Feinde unterstützen. Wohlverdienter, starker Beifall dankte dem Redner für seine Ausführungen. Mit den Hymnen der Nation schloß die Feierstunde“ (Bozner Tagblatt vom 6. Juli 1944, Seite 5).
 
Bei einer Volksversammlung in Wolkenstein forderte Kreisleiter Franz Kiebacher die Anwesenden dazu auf, „auch weiterhin treu dem Führer zu folgen und unermüdlich zu arbeiten und zu kämpfen, bis der Sieg unser sein wird“ (Bozner Tagblatt vom 27. Oktober 1944, Seite 3).
 
Besonders engagiert widmete sich Kreisleiter Wilhelm Wielander in der Endphase der NS-Herrschaft 1945 in seinem Verwaltungsbereich der Propaganda, als könne er damit in dieser verzweifelten Situation noch eine Änderung erzwingen. Bei seinen Reden in nahezu allen Ortsgruppen des Kreises, wo Volksversammlungen angeordnet wurden, verwendete er das gängige Argumentationsrepertoire in virtuoser Weise. In Kortsch mahnte er den restlosen Einsatz aller Kräfte für den Dienst im totalen Kriegseinsatz ein (Bozner Tagblatt vom 2. Jänner 1945, Seite 3). In Latsch versuchte er mit einem „klaren Überblick über die gegenwärtige Lage“ die Anwesenden zu überzeugen. Das Bozner Tagblatt vom 18. Jänner 1945, Seite 3, berichtet weisungsgemäß: „Die von großer Siegeszuversicht getragene Rede wurde mit lebhaftem Interesse aufgenommen.“
 
In Rahmen einer Volksversammlung im Hauptort des Kreises Schlanders wies Kreisleiter Wielander in einer „längeren Ansprache auf die Gefahren hin, die Europa aus dem Osten drohen“ (Bozner Tagblatt vom 6. Februar 1945, Seite 3). Ein ausführlicher Bericht von dieser Veranstaltung ist im Bozner Tagblatt vom 13. Februar 1945, Seite 3 wiedergegeben:
 
„Mit einer großen öffentlichen Versammlung im Gasthof zum Weißen Kreuz wurde die erste diesjährige Versammlungswelle, welche das gesamte Kreisgebiet von Schlanders umfassen wird, eingeleitet. Nach den Begrüßungsworten des Ortsgruppenleiters sprach Kreisleiter Wilhelm Wielander mit eindrucksvollen Worten über den Schicksalskampf des deutschen Volkes und schilderte die Opfer und Heldentaten, die von der kämpfenden Front in immerwährender Einsatzbereitschaft vollbracht werden. Der Redner legte sodann die Aufgaben dar, welche wir in der Heimat in diesem Kampfe zu erfüllen haben, und betonte, wenn jeder auf dem ihm zugewiesenen Posten seine Pflicht restlos erfüllt und wenn wir uns alle als eine verschworene Kampfgemeinschaft fühlen, die im festen Vertrauen auf unseren Führer zu jedem Einsatz und zu allen Opfern bereit ist, so werden uns weder asiatische Horden, noch die Armeen der plutokratischen Westmächte mit ihren Terrorgeschwadern jemals bezwingen können. Von der Vorsehung ausersehen, die abendländische Kultur vor dem Untergang zu bewahren und Europa den Weg zu einer schöneren, freien und glücklichen Zukunft zu bereiten, wird uns der Sieg in der Entscheidungsschlacht nicht versagt bleiben, wenn wir alle unsere Kräfte einsetzen und in den Dienst jener geschichtlichen Aufgabe stellen, zu der das Schicksal unser Volk berufen hat. Mit einem feierlichen Treuegelöbnis fand die eindrucksvolle Kundgebung ihren Abschluß.“
 
Im Angesicht der Aussichtslosigkeit der tatsächlichen, doch uneingestandenen Situation wird die Zukunftsvorstellung in metaphysisch ätherische Bezirke transferiert, die Versammlungen gleichen einem weltfremden Ritual. So mahnt der Kreisleiter bei seinen nachfolgenden Auftritten in Goldrain, Reschen und Schlanders insbesondere die unbedingte Opferbereitschaft aller ein und versteift sich noch im März 1945 in die realitätsverweigernde Wahnidee, dass der „unbändige Siegeswille und der bedingungslose Einsatz aller unserer Kräfte uns zum Siege verhelfen werden“ (Bozner Tagblatt vom 6. März 1945, Seite 3).
 
Diese Siegeszuversicht, die durch die massive und nahezu allgegenwärtige Propagandaflut wohl noch manche zu überzeugen vermochte, war ausdrücklich auch Thema beim Einsatz von bewährten Offizieren der Wehrmacht, die durch ihre natürliche Legitimation bei ihren diesbezüglichen Argumenten bei der Landbevölkerung Glaubwürdigkeit erreichen konnten.
 
Von der Ortsgruppe Gossensaß wurde zu diesem Zweck ein kampferprobter und redegewandter Offizier der Wehrmacht, Hauptmann Fritz Nolte, eingeladen, um im Rahmen einer Volksversammlung über „seine Erlebnisse“ und Einschätzungen der Kriegslage zu berichten:
 
„Eine Jungmädelgruppe trug zu Beginn einige Tirolerlieder vor, worauf Kamerad Stifter alle Anwesenden und den Gast besonders willkommen hieß. Hauptmann Nolte schilderte den Einsatz des Frontsoldaten, die Strapazen, Gefahren und Opfer, die er für seine Heimat auf sich zu nehmen gewillt ist. Allerdings erwartet er auch den Dank der Heimat, indem auch sie in dieser schweren Zeit tapfer und treu sich bewährt“ (Bozner Tagblatt vom 8. August 1944, Seite 6).
 
Hauptmann Nolte setzte seine Propagandatour, mit der er insbesondere die Pflichten der „Heimatfront“ angesichts der Tapferkeit und Entbehrungen der Soldaten einmahnte, in Freienfeld fort. Dort waren Delegationen anderer Orte anwesend: „Aus den Orten Stilfes, Trens, Flans, Mauls, Ritzail und Egg hatte sich in den Räumen des Gasthofes Plieger eine große Menge Volksgenossen eingefunden, um an der durch Ortsgruppenleiter Hans Leitner einberufenen Volksversammlung teilzunehmen. Der Gastredner Hauptmann Fritz Nolte wurde von einem Trachtenpaar der Jugend begrüßt. Nach einleitenden Worten des Ortsgruppenleiters und einem gemeinsamen Lied ergriff Hauptmann Nolte das Wort. In fesselnder Art schilderte er den Einsatz des deutschen Landsers an allen Fronten, berichtete über Späh- und Stoßtruppenunternehmungen und die schweren Abwehrkämpfe in Italien. Auch von unzertrennlicher Frontkameradschaft und unentwegtem Humor unserer Soldaten erzählte der Redner in seiner gewinnenden Art. Der einzige Wunsch unserer Frontsoldaten sei der, hinter sich eine fanatisch-gläubige und schaffende Heimat zu wissen. Regster Beifall dankte den Worten des Redners. Anschließend fand ein gut gelungener Dorfgemeinschaftsabend statt, bei welchem der Männer- und gemischte Chor von Stilfes sowie der Mädelchor in Tracht von Trens und eine Hausmusikgruppe in bunter Reihenfolge in ihren Darbietungen wetteiferten“ (Bozner Tagblatt vom 9. August 1944, Seite 6).
 
Im August 1944 unternahm der Ritterkreuzträger Hauptmann Felix Ostermann eine Propagandafahrt in Südtirol, wo er unter anderem die Orte Sand in Taufers, Pfitsch und Brixen besuchte und in eigens für ihn veranstalteten Volksversammlungen Vorträge hielt. In allen Ortsgruppen war man bemüht, die gesamte Volksgemeinschaft zu mobilisieren, darunter natürlich die Standschützen-Musikkapellen, die Mädelschaft in Tracht und die Schützen mit ihren alten Fahnen. In Sand in Taufers schilderte Hauptmann Ostermann vor allem seine Erfahrungen und Eindrücke von der Ostfront, wo er die herausragenden Leistungen der deutschen Soldaten hervorhob und damit Siegeszuversicht zu verbreiten suchte:
 
„Ausgehend von Land und Leuten, entwarf der Vortragende zuerst ein Bild über die Zustände der Sowjetunion. Er kam sodann auf die Kampffront selbst zu sprechen. Mit Spannung verfolgten die zahlreich erschienenen Zuhörer die Ausführungen und Erlebnisschilderungen des Vortragenden und bekamen aus den Darlegungen erst eine Vorstellung, was der deutsche Landser an der Front alles zu leisten hat, welche ungeheuren Aufgaben an ihn gestellt werden und er zu erfüllen hat. Kamerad Außerhofer dankte am Schlusse Ritterkreuzträger Ostermann für die fesselnden Darlegungen“ (Bozner Tagblatt vom 9. August 1944, Seite 5).
 
In Pfitsch, wo Hauptmann Ostermann ein besonders herzlicher Empfang durch die Dorfgemeinschaft zuteil wurde, verwies er neben dem „Heldentum“ der Soldaten, das die Heimat verpflichte, „fanatischer denn je zusammenzustehen und all die Opfer und Belastungen des Krieges tapfer und gläubig auch sich zu nehmen“, besonders auf die messianische Sendung des „Führers“, den „die Vorsehung uns geschenkt und erst kürzlich wie durch ein Wunder bewahrt hat“. Er stünde als leuchtendes Beispiel voran. Die „junge, aber tüchtige Standschützen-Musikkapelle in der Pfitscher Tracht“ hatte zum Empfang des Gastes vor dem Schulhaus zusammen mit der „Mädel- und Jungmannschaft unter Führung des Ortgruppenleiters Leopold Wieser“ Aufstellung genommen. Aus Raummangel fand die Versammlung im Freien statt. „Mit dem Gruß an den Führer und den Liedern der Nation schloß die größte Kundgebung, die unser Hochgebirgstal jemals erlebte. Anschließend gab unsere Standschützen-Musikkapelle ein Konzert, wobei auch mehrere Kompositionen unseres rührigen Kapellmeisters Josef Deluegg vorgetragen wurden“ (Bozner Tagblatt vom 12. August 1944, Seite 9).
 
In Brixen fand die Kundgebung mit Hauptmann Felix Ostermann im Saal des Hotels Excelsior, dem üblichen Veranstaltungsort von öffentlichen Versammlungen der Ortsgruppe, statt. Wiederum war hier das Ziel der Propaganda, die Bevölkerung an ihre Pflicht zu mahnen, angesichts der Opfer der Soldaten alle nur möglichen Anstrengungen zu unternehmen, für den schließlichen Sieg beizutragen:
 
„Der Gast wurde von einem Trachtenpaar der Jugend mit einem Blumenstrauß empfangen. Der Mädelchor in der Brixner Tracht eröffnete die Kundgebung mit einem Lied der Bewegung, welchem ein Spruch und ein Kampflied der Pimpfe folgte[n]. Kreisleiter [Josef] Hinteregger begrüßte darauf den Ritterkreuzträger auf das herzlichste, worauf dieser das Wort ergriff. In ruhiger, aber äußerst spannender Art schilderte er den schweren Kampf gegen den Sturm aus dem Osten, ein Ringen, das seinesgleichen in der Weltgeschichte nicht kennt. Beschwörend klang der Appell des Redners durch den Saal: die Front, die alle Opfer auf sich zu nehmen gewillt ist, fordere von der Heimat ihr Ganzes. Die letzte Reserve muß herangeholt werden, soll dieses gigantische Ringen endlich sich zu einem deutschen Siege wandeln. Ortsgruppenleiter Saxl dankte dem Redner und beendete die Kundgebung mit einem Sieg Heil auf den Führer“ (Bozner Tagblatt vom 12. August 1944, Seite 8).
 
„Einsatz- und Opferbereitschaft noch weiter zu steigern“ hatte „Arbeitsführer Helmreich“ bei Versammlungen der Ortsgruppen Marling, St. Martin, St. Leonhard, Platt-Moos und Naturns sogar als Gelöbnis eingefordert. Zuvor erlebten die Teilnehmer eine fanatische Propagandarede, mit der der Arbeitsführer eine „klare Übersicht über die Entwicklung des Krieges“ gab und anschließend über „die derzeitige politische und militärische Lange“ berichtete. Das Kriegsziel der Alliierten sei „die totale Vernichtung des deutschen Volkes“. Diesen „Haßgelüsten der Feinde“ stelle das „deutsche Volk“ jedoch seine Entschlossenheit gegenüber, „unter Einsatz aller seiner Kräfte verbissen bis zum Siege zu kämpfen“. Helmreichs Rede endet mit rhetorischer Klimax: „denn Deutschland wird leben“, worauf „die Menge in den vom Ortsgruppenleiter ausgebrachten Gruß an den Führer mit Begeisterung einstimmte“ (Bozner Tagblatt vom 12. Oktober 1944, Seite 3).
 
Volksversammlungen zum Zweck der Propaganda wurden in Südtirol nahezu bis ans Kriegsende abgehalten. Noch am 4. April 1945 berichtet das Bozner Tagblatt auf Seite 3 von einer Volksversammlung in Naturns, bei der Kamerad Franz Runge, SOD [Südtiroler Ordnungsdienst]-Kreisführer im Kreis Meran, die Versammelten aufforderte, „im vollen Vertrauen auf den Führer unermüdlich zu arbeiten und zu kämpfen bis zum Endsieg. Mit dem Treuegelöbnis an den Führer schloß die Versammlung“.
 
Bei einem Appell der Ortsgruppe Terlan, den man mit dem Lied Heilig Vaterland weihevoll und patriotisch eröffnete, tat der Bozner Kreisleiter Franz Kiebacher seine Siegeszuversicht kund und verwies dazu auf Adolf Hitler: „Das leuchtende Vorbild ist unser Führer, der mit unermüdlicher Tatkraft bis heute mit allen Schwierigkeiten fertig geworden ist“ (Bozner Tagblatt vom 14. März 1945, Seite 2).


Medien

Das offizielle Informationsorgan im Bereich Printmedien war das Bozner Tagblatt, das in Bozen erstmals am Montag, dem 13. September 1943, erschien, als Landeszeitung mit dem Untertitel Politisches Tagblatt. Die Schlagzeile an diesem Tag auf der Titelseite lautete: „Grossdeutschland wird unter allen Umständen siegen“.

Nach einer Woche wurde die für die politische und ideologische Propaganda der NS-Herrschaft in Südtirol exklusive Zeitung umbenannt in Bozner Tagblatt. Chefredakteur war anfangs Gunther Langes, der bald von Alfred Strobl abgelöst wurde.

Alfred Strobl war 1934 bereits wegen „nationalsozialistischer Umtriebe“ von den Innsbrucker Nachrichten entlassen worden, machte dann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 eine steile Karriere, unter anderem als Leiter der Wagner’schen Universitätsbuchhandlung (bzw. des NS-Gauverlags), neben anderen NS-Redakteuren wie Karl Paulin, der Schriftleiter der Innsbrucker Nachrichten zur NS-Zeit, Ehrentraut Pickl-Straffner oder Herbert Buzas.

Strobl, Paulin, Pickl-Straffner und Buzas gehörten auch noch zu den tragenden Journalisten der unmittelbar nach dem Krieg gegründeten Tiroler Tageszeitung.

Die Kontrolle über die politische Berichterstattung lag bei Franz Pisecky, in seiner Funktion als Oberbereichsleiter des Arbeitsbereichs Presse, Propaganda, Kultur im Amt des Obersten Kommissars. Das Bozner Tagblatt erschien bis über das Kriegsende hinaus, es wurde erst mit der Ausgabe vom 14. Mai 1945 eingestellt. Die Nachricht vom Tod Adolf Hitlers erschien am 2. Mai 1945 unter der Schlagzeile „Der Führer starb den Heldentod“ (Details bei Lun 2004, S. 315 ff.).

Der Rundfunk brachte das Programm des Reichssenders und bildete somit die ideologische Brücke von der lokalen zur allgemeinen Volksgemeinschaft. Neben Unterhaltungssendungen, Nachrichten und Kriegsberichten wurden zentral reichlich Kulturprogramme ausgestrahlt, um das Gemeinschaftsgefühl aller Deutschen in Anbetracht der als überlegen dargestellten Kulturmacht zu festigen. Gelegentlich präsentierte der Sender Bozen Eigensendungen für seine Hörer, etwa den Glückwunschfunk im Dezember 1944. Das Bozner Tagblatt vom 16. Dezember 1944, Seite 7 kündet an:

„Von Samstag, den 16. Dezember 1944 bis einschließlich Donnerstag, den 4. Jänner 1945 übermittelt der Sender Bozen jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag in der Zeit von 22.15 bis 22.45 Uhr Grüße zwischen Front und Heimat. Diese Sendungen ermöglichen es den Volksgenossen daheim, ihren Angehörigen und Freunden an der Front und umgekehrt den Frontsoldaten ihren Lieben in der Heimat persönlich Grüße und Glückwünsche zu übermitteln“.

Ab 25. September 1943 liefen in den Südtiroler „Lichtspieltheatern“ wieder deutschsprachige Filme. Laut einer Annonce im Bozner Tagblatt vom 23. Oktober 1943, Seite 4, spielten damals die Südtiroler Kinos folgendes Programm:

Bozen: Entlassung mit Emil Jannings,
Brixen: Heimat,
Bruneck: Der Meineidbauer,
Eppan: Robert Koch,
Latsch: Heimkehr,
Meran: Der scheinheilige Florian,
Neumarkt: Der verkaufte Großvater,
Sterzing: Rosen in Tirol.

Im Februar 1844 wurde in Glurns das neue „Lichtspielhaus“ mit der „heiteren Filmoperette Rosen in Tirol“ eröffnet. Das Bozner Tagblatt vom 11. Februar 1944, Seite 4, lässt wissen: „Das bedeutete für Glurns ein Ereignis, zu dem auch zahlreiche Besucher der Nachbarschaft erschienen. Von nun an werden an jedem Wochenende Vorstellungen gegeben.“

Am 12. August 1944 fand die Eröffnung des Kinos in Branzoll statt: „Nach einer Ansprache des Ortsgruppenleiters und Bürgermeisters Hermann Valtingoier wurde die deutsche Wochenschau und anschliessend der Film Wiener Blut vorgeführt. Die zahlreich erschienene Einwohnerschaft verfolgte mit Interesse die Vorgänge auf der Leinwand, die das Zeitgeschehen nahe brachten und fand im heiteren Wiener Blut, das, umrahmt von den Klängen Straussischer Musik, Fröhlichkeit verbreitete, einige Stunden der Entspannung“ (Bozner Tagblatt vom 18. August 1944, Seite 3).

Ende Jänner 1945 boten die zahlenmäßig nun beträchtlich angewachsenen Südtiroler Kinos folgendes Programm an (Bozner Tagblatt vom 27./28. Jänner 1945, Seite 8):

Auer: Ohm Krüger,
Bozen: Befreite Hände,
Branzoll: Schrammeln,
Bruneck: Friedrich Schiller,
Eppan: Die grosse Nummer,
Glurns: Die schwache Stunde,
Gossensass: So gefällst du mir, danach Die große Liebe,
Innichen: Der Meineidbauer,
Kaltern: Frauen sind doch bessere Diplomaten,
Lana: Meine Tochter lebt in Wien,
Latsch: Rembrandt,
Mals: Standschütze Bruggler und Wehrbereit allezeit,
Margreid: Frau Luna,
Meran: Quax der Bruchpilot, danach Amphitrion,
Neumarkt: Das grosse Spiel,
Ritten: Johannisfeuer,
Salurn: Wie konntest du, Veronika?,
Sarnthein: Krambambuli,
Schlanders: Der große König,
Sterzing: Wiener Geschichten,
Tramin: Ich bin Sebastian Ott,

Die Deutsche Wochenschau war obligatorischer Teil des Programms. Die kleineren Gemeinden ohne eigenes Kino wurden vom „Tonfilmwagen“ mit entsprechend ideologisch determinierten und propagandistisch ausgerichteten Filmen bestückt. Über eine solche Filmvorführung in Villnöß weiß das Bozner Tagblatt vom 18. Jänner 1944, Seite 3:


„Das Wanderkino brachte uns am Sonntag, den 9. Jänner, den Film Meineidbauer, der allgemein mit Bewunderung aufgenommen wurde. Der Kulturfilm vom Schifahren der Hitlerjugend brachte unserer Gebirgsjugend große Kurzweil. Die Wochenschau gab uns Einblick in das Ringen an den Fronten. Dreimal füllte sich der Saal mit über 500 Besuchern. Am gleichen Abend gab es im Gasthof Kabis eine gemütliche Unterhaltung, wobei Herr Wachtler die Besucher durch sein Zitherspiel erfreute.“

Von weiteren Stationen mit demselben Programm in Lajen, Oberbozen, Lana und Glurns wird über die Akzeptanz und Reaktion des Publikums berichtet:

„Beim Sonnenwirt in Lajen fand kürzlich eine Filmvorstellung, die erste in unserem Bergdorfe, statt. Es wurden der Film Der Meineidbauer und die Deutsche Wochenschau vorgeführt. Eine große Menge von Leuten hatte sich dazu eingefunden. Wir möchten den Tonfilmwagen bald wieder bei uns heroben haben“ (Bozner Tagblatt vom 24. Jänner 1944, Seite 3).

„Am Samstag und Sonntag wurden in Oberbozen und Lengmoos abermals Filmvorführungen gegeben. Gegeben wurden das Volksstück Der Meineidbauer, als Beifilm für die Jugend Fähnlein Florian Geier sowie die Wochenschau. Ueberall gab es ausverkaufte Häuser und viele mussten, ohne Einlaß zu finden, von dannen ziehen“ (Bozner Tagblatt vom 25. Jänner 1944, Seite 3).

„Vor einigen Tagen war der Gaufilmwagen hier. Am Nachmittag war Vorführung für die Schulkinder: Das Fähnlein des Florian Geyer und die Deutsche Wochenschau. Abends war Vorführung für Erwachsene. Gegeben wurde die Deutsche Wochenschau und die sehr schöne Verfilmung des Meineidbauer[n]. Der Vereinssaal [in Lana] war geradezu vollgepfropft von Menschen und allgemein hat der Film sehr gut gefallen“ (Bozner Tagblatt vom 7. Februar 1944, Seite 3).

„Es ist am Lande immer ein willkommenes Ereignis, wenn der Tonfilmwagen eintrifft, um eine gediegene Vorführung zu geben. Die Filmvorführungen am 18. Februar im Musiksaal zu Kortsch – nachmittags für die Jugend und abends für Erwachsene – waren daher außerordentlich zahlreich besucht, und es erweckte sowohl die Deutsche Wochenschau mit den ernsten Frontbildern, wie auch das Volksstück Der Meineidbauer mit Eduard Köck und Ilse Exl in den Hauptrollen das größte Interesse der Zuschauer“ (Bozner Tagblatt vom 24. Februar 1944, Seite 3).

Ein von der NS-Propaganda forcierter Film war Wetterleuchten um Barbara, ein Heimatdrama, das den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich als Befreiung der Tiroler Bergbauern inszeniert. Eine Vorführung dieses Film durch das Wanderkino in Sexten schildert das Bozner Tagblatt vom 6. April 1944, Seite 3:
„Am 2. und 3. April war der Tonfilmwagen der Filmstelle des Obersten Kommissars [Franz Hofer] in Sexten. Die Vorstellungen im Ortsschulhaus waren sehr gut besucht. Die Wochenschau sowie der Film Wetterleuchten um Barbara, der den Kampf der Nationalsozialisten in den Alpengauen zum Thema hat, gefielen außerordentlich. Für die Kinder wurden am Montag Nachmittag zwei Wochenschauen und ein Kulturfilm aufgeführt, von denen die Kleinen so begeistert waren, daß sie es kaum erwarten können, bis der Kinomann wieder kommt.“

Im Juni 1944 war der „Tonfilmwagen der Filmstelle des Obersten Kommissars“ im Kreis Meran unterwegs: „Gespielt wurden die Deutsche Wochenschau und der sehr schöne Gebirgsfilm Geierwally. Er fand besonderes Interesse, da er in unserer Heimat gedreht wurde. Besucht wurden die Ortschaften: Nals, Gargazon, Tisens, Tscherms, Marling, Schönna [Schenna], Tirol, Riffian, Moos, St. Martin, St. Leonhard, Partschins und Naturns. Der Zustrom der Besucher war überall so groß, daß die zur Verfügung stehenden Räume meistens zu klein waren. Die Besuchergesamtzahl betrug 3.197 Personen. Aus Anlaß dieser Filmfahrt wurden insgesamt für das WHW. [Winterhilfswerk] 3.110 Lire gespendet“ (Bozner Tagblatt vom 16. Juni 1944, Seite 5).

Die bei Versammlungen und Kundgebungen verbal erfolgte, über das Bozner Tagblatt weiter verbreitete antijüdische Polemik und die Horrormeldungen über Wesen und Wirken des „Bolschewismus“ wurden mit den Filmen Jud Süß und Dorf im roten Sturm, beide Filme als „jugendfrei“ deklariert, propagandistisch begleitet und verstärkt. Die beiden Tonfilmwagen waren im ganzen Land eingesetzt und brachten beide Filme systematisch in alle Ortsgruppen. Der Film Jud Süß wurde zum Beispiel am 24. Juni 1944 in Kastelruth und in den folgenden Tagen bis einschließlich 2. Juli in Völs, Seis, Tiers, Welschnofen, Eggen, Deutschnofen, Girlan und St. Pauls gezeigt (Bozner Tagblatt vom 24. Juni 1944, Seite 10).

In der Woche vom 12. bis 18. August 1944 war der „Tonfilmwagen 1“ mit Jud Süß in Niederwielenbach, Luttach, Steinhaus, St. Vigil, Kurfar-Abtei und in Buchenstein, Cole St. Lucia unterwegs, während zu denselben Terminen der „Tonfilmwagen 2“ den Film Dorf im roten Sturm in Kastelruth, Völs, Seis, Tiers, Welschnofen, Eggen und Deutschnofen vorführte.

Bei späteren Präsentationen von Dorf im roten Sturm im September in Lana und Burgeis schildern Kurzberichte im Bozner Tagblatt die entsetzte Reaktion der Dorfbewohner:

„Am 28. August war nach fast zweimonatiger Pause wieder der Tonfilmwagen hier und führte im Turnsaale der Knabenschule den erschütternden, die bolschewistischen Grausamkeiten aufzeigenden Film Dorf im roten Sturm vor. Die beigegebene Wochenschau begegnete ebenfalls dem grössten Interesse der Volksgenossen“ (Bozner Tagblatt vom 5. September 1944, Seite 7). „Kürzlich besuchte uns [in Burgeis] wieder der Tonfilmwagen und führte im Schloßsaal der Fürstenburg den Film Dorf im roten Sturm vor. Mit großer Erschütterung sahen wir darin die bolschewistische Grausamkeit wüten […]“ (Bozner Tagblatt vom 29. September 1944, Seite 3).

Besondere propagandistische Effizienz hatten die Deutschen Wochenschauen, die bei allen Filmvorführungen in den Kinos und ebenso von den Tonfilmwagen gezeigt wurden. Sie brachten vor allem gegen die Endphase des Krieges verstärkt dem tatsächlichen Geschehen vielfach konträre, somit beschönigende Berichte, in der Intention vorsätzlicher Täuschung. Das Bozner Tagblatt beteiligte sich mit ausführlichen, Optimismus verbreitenden Darstellungen des jeweiligen Filminhalts der Wochenschauen verstärkend an der Propaganda. Unter der Schlagzeile „Verbissener Widerstand an allen Fronten“ wird Ende August 1944 der Inhalt der aktuellen Wochenschau den Lesern aufbereitet und erklärt (Bozner Tagblatt vom 25. August 1944, Seite 6):

„Die neue Folge der Wochenschau bringt Kampfbilder von allen Fronten. In Italien kommt es immer wieder in zerstörten Ortschaften zu schweren Strassenkämpfen. Die deutschen Verteidiger klammern sich an jeden Deckung bietenden Mauerrest. Aus den Trümmern der Häuser und Keller schlägt dem nachdringenden Feind rasendes Feuer entgegen. Die Flak liegt in ständigem Kampf mit amerikanischen Bombern und Tieffliegern. Wie erfolgreich dieser Kampf ist, zeigt das Geschützrohr eines Obermaats, das 40 weisse Ringe aufweist!

An der Ostfront sind unsere Schlachtflieger vom Typ Ju 87 mit zäher Unerbittlichkeit am Feind. An ihrer Spitze fliegt der Brillantenträger Major Rudel. Er stürzt sich auf einen sowjetischen Panzer und vernichtet ihn mit einigen wohlgezielten Feuerstössen. Der deutsche Grenadier hält allen Belastungsproben stand. Mitten im harten Kampf ein überzeugendes Bild der Kameradschaft: ein Verwundeter wird zum Verbandplatz gebracht. Der Kamerad, der Hilfe leistet. erwartet keinen Dank – ein Händedruck, ein Aufleuchten der Augen genügt ihm. In nächtlichen Kämpfen lodern die Fackeln des deutschen Widerstandes auf und erhellen den Kampfplatz, eine Ortschaft, die von deutschen Panzern und Infanteristen ausgeräumt wird.

An der Invasionsfront: Sepp Dietrich, selbst mit dem höchsten deutschen Tapferkeitsorden geschmückt, überreicht hervorragend bewährten Männern der Waffen-SS das Ritterkreuz. Wir erleben in einem Kampfbericht die Vernichtung eines englischen Stosstrupps, der von unserem Gefechtsvorposten erkannt und vom zusammengefassten Feuer aller Waffen überrascht wird. Im Gefechtsstand einer schweren deutschen Artillerieabteilung. Alles geht genau und pünktlich vor sich. Das Feuer der Geschütze wird auf eine vom Feind benutzte Strasse gelenkt, sehen [!] die erste Salve im Ziel. Angreifende Jagdbomber werden von leichter und schwerer Flak bekämpft. Eine Feindmaschine stürzt brennend in die Tiefe.“

Die Inhaltsbeschreibung der neuen Wochenschau Ende September 1944 sollte im Zusammenwirken mit all den anderen Propagandaunternehmungen Zuversicht und Siegesgewissheit verbreiten (Bozner Tagblatt vom 27. September 1944, Seite 3):

„Im Westen ist die anglo-amerikanische Armee zum Angriff angetreten mit dem Ziele, den Durchbruch ins Reich zu erzwingen. Der feindlichen Übermacht setzte der deutsche Soldat den verbissenen Willen entgegen, jeden Fussbreit deutscher Heimaterde zu verteidigen. Diesen fanatischen Widerstandsgeist, dem selbst der Feind seine Bewunderung nicht versagen kann, erleben wir in der neuen Folge der Wochenschau in eindrucksvollen Bildern vom Kampf im holländisch-belgischen Grenzgebiet. Hinter jeder Bodenerhebung, an jedem Waldrand lauern deutsche Grenadiere auf die anrollenden Feindpanzer. Panzerabwehrwaffen sind ihre wichtigsten Waffen. Auch die Kanonen der Flakkanoniere sind Abwehrmittel, die der Gegner nach wie vor fürchtet. Sturmgeschütze und Werfer unterstützen den schweren Kampf der Infanterie.

Auch im Osten ist die grosse Abwehrschlacht wieder entbrannt. Gegen einen feindlichen Brückenkopf gehen Panther vor. Der Angriff wird durch deutsche Nebelwerferbatterien vorbereitet, während Entsatzversuche der Bolschewisten von Panzerwaffen zerschlagen werden. In der Warschauer Vorstadt Praga kommt es zu schweren Strassenkämpfen. Vom Feind besetzte Häuserblocks werden mit Flammenwerfern und Pak [Panzerabwehrkanone] bekämpft, Schlachtflieger stürzen sich auf sowjetische Widerstandsnester, aber die letzte Entscheidung erzwingt der deutsche Soldat im Nahkampf.

In Italien wird die Bekämpfung der Banden fortgesetzt. Gebirgsjäger der Polizei und Grenadiere der Waffen-SS gehen in schwierigem Berggelände gegen Banditen vor, die sich hinter Felsen verschanzt haben. Unter der Wirkung des Feuers aus Karabinern und Maschinenpistolen ergibt sich der Feind.

In einem interessanten Kurzbericht schildert die Wochenschau Einsatz und Verwendungsmöglichkeit eines Kampfmittels der Kriegsmarine, des Sprengbootes, das einem flachen Rennboot gleicht. Gegen die Wucht der Explosion beim Anprall eines Sprengbootes ist kein Kraut gewachsen.

Ein Bild, das wir mit froher Anteilnahme verfolgen: Vom Jubel einer tausendköpfigen Menge begrüsst, verlassen ausgetauschte schwerverwundete Kriegsgefangene und Zivilinternierte das Schiff, das sie in die Heimat zurückbrachte. Heimweh und Gefangenschaft haben die alten Afrikakämpfer nicht gebrochen; aus ihren lachenden Gesichtern sprechen Glaube und Zuversicht.“

Noch im Oktober 1944 wird die prekäre Kriegslage heruntergespielt (Bozner Tagblatt vom 6. Oktober 1944, Seite 3):

„Den Feinden Deutschlands dämmert langsam die Erkenntnis, daß sie sich mit ihren strategischen Plänen verrechnet haben. Aus dem erhofften ‚Blitzsieg’ im Westen ist eine Abnutzungsschlacht geworden – deren Verlauf der feindlichen Führung wachsende Sorgen bereitet. Die neue Folge der Wochenschau schildert in packenden Bildern den erbitterten Widerstand, den der deutsche Soldat nach Abschluß der Bewegung an der Westfront leistet. Anglo-amerikanische Luftangriffe, die mit rücksichtsloser Gewalt über belgische Städte hinwegfegen, bringen der Bevölkerung Leid und Zerstörung. Ein aus Pontons errichteter Flußübergang wird, während die im Hinterland liegende Stadt in Trümmer fällt, vernebelt.

Auch im Osten scheitert der bolschewistische Massenansturm immer wieder am Heldenmut unserer Grenadiere. Mit panzerbrechenden Waffen nehmen sie den Nahkampf gegen die anrollenden Kampfwagen der Sowjets auf. Ein Waldstück ist verdunkelt vom Qualm der brennenden Feindpanzer.“
Aktuell zur Rekrutierung und Ausbildung der Standschützen kamen im Programm aller Lichtspieltheater Südtirols die zu Patriotismus und Kampf animierenden Filme Standschütze Bruggler und Wehrbereit, allezeit. Beide Filme bildeten vorerst das Weihnachtsprogramm der Meraner Lichtspiele, ab 26. Dezember 1944 wurden sie in Bozen gezeigt. Der von Uli Ritzer gedrehte Film Wehrbereit, allezeit vom 6. Tiroler Landesschießen wird in der Besprechung im Bozner Tagblatt vom 23. Dezember 1944, Seite 7, „in Bezug auf seine farbmäßige Wirkung und Zusammenstellung ganz entschieden als einer der besten Farbfilme der letzten Zeit“ klassifiziert. Euphorisch, mit Anteil nehmender Begeisterung wird der Filminhalt dem Leser nahegebracht:

„In geschickt gewählter Folge bietet sich dem Auge eine ununterbrochene Reihe herrlichster Bilder von geradezu berauschender Farbenpracht. Bei schönstem Wetter unter blauem Himmel sehen wir den Einmarsch der Parteiformationen, mit den hell leuchtenden Hakenkreuzfahnen und Standarten, den Einmarsch der Abordnungen von Heer und Marine, sowie Reichsarbeitsdienst und der verschiedenen Standschützen-Abordnungen in ihren farbenprächtigen Trachten. Der breite Platz vor der Hofburg [in Innsbruck] füllt sich immer mehr. Dann kommen Bilder von den tausenden erschienenen Standschützen aus allen Kreisen südlich und nördlich des Brenners, welche in ihrer Haltung eine geschlossene Einheit bilden, die den Wehrwillen und das Recht des Waffentragens freudig bekundet. Alle voran marschiert ein großer Zug der Meraner Standschützen und vor der Tribüne des Gauleiters zeigt der Fahneschwinger von Tirol seine Kunst. Alt und jung sehen wir mit ihren Stutzen und mit den alten Vorderladern vorbeimarschieren. Anschließend werden Bilder vom Schießstand gezeigt, vor dem Brauchtumsgruppen ihre Tänze aufführen. Der allen Schützen bekannte Hauch, der durch die Landesschießstände weht, zieht auch durch diese Bilder: die Fahnen wehen von der Sonne hell erleuchtet im leichten Winde, die Schützen drängen sich zu den Ständen, ununterbrochen hört man das Knallen der Schüsse und jung und alt erfreut sich am bunten Treiben.“



Der auf diesen Kurzfilm folgende Hauptfilm Standschütze Bruggler basiert auf Episoden des gleichnamigen Romans von Anton Bossi-Fedrigotti. Unter den Darstellern finden sich die Tiroler Schauspielerstars Franziska Kinz und Eduard Köck. Die Abenteuer des Standschützen Bruggler, der wiederholte freiwillige Kampfeinsätze nicht nur heil übersteht, sondern für seine Entschlossenheit und kühnes Handeln mit der goldenen Tapferkeitsmedaille belohnt wird, sollten den Standschützen als Vorbild vor Augen gebracht werden. Dieses Resümee zieht auch der Rezensent mit dem Schlusssatz seiner Filmbesprechung: „Der Wille und der freudige Einsatz des Standschützen Bruggler muß auch heute Symbol sein für die Standschützen des jetzigen Krieges, denn was diese damals unter den schwierigsten und unmöglichsten Verhältnissen leisten konnten, das werden auch die heute aufgestellten Bataillone auf sich nehmen können und sie werden auch diesmal die ihnen gestellten Aufgaben bestimmt erfüllen“ (Bozner Tagblatt vom 23. Dezember 1944, Seite 7).

Die im Gau Tirol-Vorarlberg üblichen „Filmstunden“ zur ideologischen Schulung der Jugend wurden auch für Südtirol vorgesehen, konnten aber offensichtlich nicht mehr planmäßig durchgeführt werden. Eine Jugendfilmstunde wurde jedoch tatsächlich im Februar 1945 in Brixen abgehalten. „Mit einer kurzen Ansprache eröffnete Bannführer Lang die erste diesjährige Jugendfilmstunde der Jugend in Brixen. Daß dazu gleich 280 Jungen und Mädel des Standortes Brixen und Umgebung kamen, zeigt, mit welcher Freude die Jugendfilmstunde aufgenommen wurde. Es lief der Film Kameraden, der in besonders enger Beziehung zur heutigen Zeit steht und eindrucksvoll den Typ des politischen Soldaten dem des Kämpfers gleichstellt“ (Bozner Tagblatt vom 16. Februar 1945, Seite 3).

Gastkonzerte und Gastspiele

In der ersten Ausgabe der Landeszeitung vom 13. September 1943 (vgl. oben die erwähnte Umbenennung in Bozner Tagblatt eine Woche später, wohl aufgrund politischer Erwägungen) veröffentlichte der „Führer der deutschen Volksgruppe Südtirol“ Peter Hofer einen Aufruf, mit der er seine Landsleute aufforderte, die in Südtirol einmarschierten „Soldaten des Führers nach besten Kräften zu betreuen“. Es sei „für uns Deutsche eine selbstverständliche Ehrenpflicht und Herzenssache, uns jener Männer liebevoll anzunehmen, die im Ehrenkleid der deutschen Wehrmacht den höchsten Dienst für Volk und Vaterland leisten“.

Die Soldaten dankten den Südtirolern für die gastliche Aufnahme mit mehreren Konzerten in den Kreisstädten. Das erste dieser Konzerte gab ein Musikzug der Waffen-SS am 24. Oktober 1943 in Brixen. Eine Abordnung der Kreisleitung und eine Gruppe der „Mädelschaft“ in Brixner Tracht empfingen die Musiker mit einem Blumenstrauß. Als besonderes Zeichen von Zuneigung überreichten die Mädchen jedem einzelnen Musikanten eine Nelke. „Von Stadt und Land waren Menschen zusammengeeilt, um dem am Domplatz bei herrlichem Wetter gegebenen Standkonzert beizuwohnen“ (Bozner Tagblatt vom 27. Oktober 1943, Seite 3). Das Programm enthielt gefällige Musik, so die Ouvertüre zur Operette Die Fledermaus und den Donauwalzer von Johann Strauß, dazu eine Fantasie nach Motiven aus Lehárs Operette Die lustige Witwe. „Von den eingestreuten kleinen Kompositionen gefiel namentlich ein Spanischer Zigeunertanz durch rassige, temperamentvolle Wiedergabe.“ Beim nachfolgenden Mittagessen im Gasthof Kreuz unterhielt die Singgruppe der „Mädelschaft“ mit Heimatliedern und Jodlern. Sie ließen folkloristische Atmosphäre aufkommen, die ihrerseits die Soldaten „mit einigen prächtigen Liedern“ ergänzten. Die Tafel bot in dieser Weise „ein Bild echt kameradschaftlichen Zusammenseins“. Gemäß der Information im Bozner Tagblatt setzten die SS-Musiker ihre Fahrt nach Bruneck fort.

Am 6. November 1943 trat ein Musikkorps der Waffen-SS im Kurhaussaal Meran auf, in einem Konzert mit anspruchsvollerem Programm, das Musik der „unsterblichen“ deutschen Meister bot, zur Festigung des Nationalgefühls. Im ersten Teil brachten die Musiker das Vorspiel zur Oper Donna Diana von Emil Nikolaus von Reznicek, eine Suite nach Motiven aus Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck sowie den „Walzer“ aus Richard Strauss’ Oper Der Rosenkavalier und die Tannhäuser-Ouvertüre von Richard Wagner.

Den zweiten Teil des Konzerts bestritt ein Soldatenchor mit Schlagern aus der Chorliteratur des 19. Jahrhunderts: von Ludwig van Beethoven Die Himmel rühmen, von Carl Mara von Weber das Schwertlied („Du Schwert an meiner Linken“, Text: Theodor Körner), ferner den Jägerchor („Was gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen“) aus dem Freischütz, aus Wagner Fliegendem Holländer das Lied des Steuermanns (vermutlich „Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer“, Bearbeitung von Wilhelm Baumgartner (1820-1867) aus dem Matrosenchor „Steuermann lass die Wacht“ des Holländers). Zum Abschluss und Höhepunkt erklang instrumental die durch ihre Signalfunktion bei der Deutschen Wochenschau ideologisch besetze symphonische Dichtung Les Preludes von Franz Liszt (Bozner Tagblatt vom 5. November 1943, Seite 3).

Vermutlich dieselbe Musikformation spielte wenige Tage später in der Kreisstadt Schlanders ein Konzert. Das Bozner Tagblatt vom 11. November 1943, Seite 3, teilt mit:

„Am Sonntag nachmittags traf hier ein Musikkorps der Waffen-SS ein, um ein Standkonzert zu geben. Der Musikzug wurde von der Abordnung der Kreisleitung und dem Vertreter der Gemeinde empfangen, und drei fesche Vertreterinnen der Mädelschaft in Volkstracht empfingen den Dirigenten mit einem schönen Blumenstrauß und einem Willkommengruß.

Obwohl der Nachmittag herbstlich kalt war, strömte die Bevölkerung von hier und Umgebung, viele von Berg und Tal und manche aus den Nachbargemeinden Latsch und Laas herbei, um dem großen Konzert beizuwohnen, und ein weiter Kreis von aufmerksamen Zuhörern umsäumte den neuen großen Hauptplatz des Marktes. Das Konzert bot für Schlanders ein seltenes musikalisches Ereignis, das sich kaum jemand entgehen lassen wollte. Das abwechslungsreiche Programm brachte uns u. a. die Fantasie aus der Oper Freischütz von C. M. v. Weber, den prächtig gespielten Straußwalzer An der schönen blauen Donau, ein Marschpotpourri, bei dem besonders der alte Radetzkymarsch zur Geltung kam und andere Werke leichterer Musik. Das Spiel war durchwegs exakt, klangschön und rein und gestaltete sich zu einer mächtigen, wundervollen Harmonie von gewaltigem Eindruck. Allgemeine Beifallsbezeugungen folgten jedem Stück.“

Im Dezember 1943 spielte das Musikkorps der Waffen-SS wieder in Meran:

„Mit einem zweiten Großkonzert erfreute am letzten Samstag das hervorragende Musikkorps der Waffen-SS, über dessen einzigartige Leistungen wir bereits eingehend berichtet haben, im gedrängt vollen Kurhaussaale die Meraner Musikfreude. Auch in diesem Konzert konnten wir wiederum die Feinheit und Exaktheit der einzelnen Vorträge bewundern, die in erster Linie natürlich der vollendeten Technik jedes einzelnen Musikers zuzuschreiben ist. Nochmals seien besonders die glanzvollen Klangfarben dieses Orchesterkomplexes hervorgehoben, die einmal dramatischen, schmetternden, dann wieder weichen, lyrischen Charakter haben.

Der meisterliche Dirigent hatte sein Konzert durchaus auf volkstümlicher Grundlage aufgebaut und brachte im schönen reichhaltigen Programm u. a. zwei interessante Erstaufführungen für Meran, die humorvollen Kleinigkeiten von E[rnst] Fischer [(1900-1975)] und die zündende, auf Volksmelodien aufgebaute Rhapsodie Nr. 1 von H. A. Heumann.“

Der Soldatenchor, an sich schon von ideologischer Brisanz, wird vom Berichterstatter besonders hervorgehoben und zum Ideal erkoren: „Ganz besonderen Beifall erzielten in diesem zweiten Großkonzert die Vorträge des Soldatenchores. Die jugendlichen Stimmen der Sänger erblühten einmal in aller Behaglichkeit und Sinnigkeit, dann wieder in goldener Wärme. Wer die Grausamkeit atonaler Musik und die Geschmacklosigkeit des modernen Jazz mit eigenen leidenden Ohren kennen gelernt hat, wird sich mit umso größerem Genusse dieser idealen Musikform hingeben, welche Männergesang heißt. Und wenn diese wackeren Sänger auch bei diesem Konzert mit allen ihren so stimmungsvollen und gereiften Vorträgen so begeisterte Wirkungen erzielen konnten, so ist dies ein schöner und erfreulicher Beweis, daß im ewigen Menschengefühl das Schöne und Edle noch immer über das Häßliche und Groteske den Sieg davon trägt.“

Nahezu gleichzeitig mit den Konzerten von Musikkorps der Waffen-SS startete das Unternehmen der Gastspiele des Reichsgautheaters Innsbruck in Südtirol am 23. und 24. Oktober 1843 mit einer Aufführung des Schauspiels Die ewige Kette von Edgar Kahn im Stadttheater von Meran. Der Autor hatte das Stück der deutschen Panzerwaffe gewidmet. Zur Intention der Gastspiele des Reichsgautheaters erklärt Franz Pisecky im Bozner Tagblatt vom 25. Oktober 1943, Seite 3:

„Über Auftrag des Obersten Kommissars der Operationszone Alpenvorland Franz Hofer, kam eine Spielgruppe des Reichsgautheaters Innsbrucker unter Leitung von Intendant M[ax] A[lexander] Pflugmacher nach Meran, um im dortigen Theater in einem zweitägigen Gastspiel den deutschen Soldaten das Bühnenspiel eines Dichters zu vermitteln, dem das Kampferleben in den Reihen der deutschen Panzerwaffe den Anstoß zur Gestaltung eines Dramas gegeben hatte, das in seiner Handlung u[nd] in seinem Aufbau nicht nur zeitnahe ist, sondern in jeder Szene und in allen handelnden Personen eine Haltung offenbart, die, kurz und mit einem Worte, als soldatisch zu bezeichnen ist.“ Neben der Unterhaltung der Soldaten sollte das Gastspiel zugleich der Bevölkerung offen stehen. Damit wurde wieder einmal bezweckt, das nationale Gemeinschaftsbewusstsein anhand dieser solidarischen Kulturaktion zu stärken: „Das Innere des Meraner Theaters ist an sich schon dazu geschaffen, die Gäste dieser Bühne irgendwie zu einer Gemeinschaft zu verbinden. Bei der Eröffnung des Gastspieles am 23. Oktober [1943] wurde eine solche Gemeinschaft besonders augenfällig. Mit den Soldaten, denen ja mit dem Gastspiel eine erwünschte Betreuung geboten werden sollte, war auch die einheimische Bevölkerung gekommen. In dem vollbesetzten Hause fielen besonders die vielen Trachten der Burggräfler auf, deren Träger, damit, daß sie das Ehrenkleid ihrer Väter trugen, so recht ihre Verbundenheit mit einer größeren Gemeinschaft und mit unseren Soldaten zur Schau brachten. Für diese Kameradschaft der Gäste war für das Gastspiel eben das rechte Stück gewählt worden.“

Als nächstes Projekt des Reichgautheaters in Südtirol folgten im November 1943 Aufführungen der Operette Der Vogelhändler. Im Bozner Tagblatt vom 20. November 1943 erschien dazu eine ausführliche Besprechung:

„Wir erinnern uns, daß bereits die Aufführung des Dramas Die ewige Kette am 23. Oktober d[iese]s J[ahres 1943] durch eine Spielgruppe des Reichsgautheaters Innsbruck in Meran mehr als ein verheißungsvoller Auftakt war, sondern eine umrissene, geprägte Künstlertat darstellte. Was Wunder, daß man auf das zweite Gastspiel, diesmal von der Operettenspielgruppe des Reichsgautheaters Innsbruck vom 18. bis 21. November, besonders gespannt war. Es sei vorweg genommen: Alle, auch die größten Erwartungen wurden übertroffen.

Es war ein durchaus glücklicher Gedanke für die künstlerische Betreuung der deutschen Soldaten und vor allem der Verwundeten, wie sie im Auftrag des Obersten Kommissars für die Operationszone Alpenvorland, Franz Hofer, durch das Reichsgautheater Innsbruck durchgeführt wird, diesmal eine Operette zu wählen. Dies umsomehr, als in den letzten Jahren gerade diese Kunstgattung eine Aufwärtsentwicklung durchgemacht hat, die ihr den Ruf des Allzuleichten und Allzubilligen, den sie einmal tragen mußte, ganz genommen hat.

Wie die unverwüstliche Operette Der Vogelhändler von Carl Zeller vorgestern über die Bühne des Meraner Stadttheaters rauschte, hatte sie nicht mehr das hölzern gezimmerte Libretto von ehedem mit den unverklebbaren Fugen einer oft kraß aufgetragenen, vielfach unlogischen Handlung mit teilweise marionettenhaften und aufeinander nicht abgestimmten Figuren, war also nicht mehr das Werk, dem einst nur der glänzende Melodienreichtum eines Carl Zeller Wert und Unvergänglichkeit verschaffen konnte. In der neuen Bearbeitung dieser Operette durch den Intendanten M[ax] A[lexander] Pflugmacher tritt uns ein Werk entgegen, das nicht bearbeitet, sondern neu geformt erscheint. Mit meisterhaftem Geschick hat der erfahrene Theaterfachmann ein voll durchblutetes, musikalisches Werk geschaffen. Besonders einfallsreich erscheint die Lösung, mit der er die früher eckig abgesonderten Bilder zu fließendem Schwung umgegossen hat. Und so mußte es kommen, daß die Musik Zellers in diesem Rahmen noch glänzender und inniger wirkt, nicht mehr angeklebt erscheint, sondern wesensecht aus Handlung und Rollen ertönt. Die Neubearbeitung erscheint uns als ausgezeichnetes Beispiel, wie man aus der gerippehaften Form und Formulierung, der die alten Operetten in ihrem Aufbau leider nie entgingen, fast eine volltönende, kleine Spieloper machen kann, ohne in die wesenlose Oberflächlichkeit und Schau einer Revue auszuarten.

Wenn man von einer Operettenaufführung sagen kann, daß sie alles aus dem Werk herausholt, daß sie es ausschöpft bis zum Grund und es bis zum letzten Funken, den es zu vergeben hat, aufleuchten läßt, dann ist dies höchstes Lob. Dieses Lob gebührt der ersten Aufführung des Vogelhändler[s] am Donnerstag ohne Abstrich und Einschränkung […].

Besonders bemerkenswert erscheint, daß die kleinen Ausmaße der Bühne die Tanzgruppen in der flüssigen und exakten Abwicklung der zahlreichen Tänze nie hemmten. Die musikalische Leitung hatte Hans-Georg Ratjen inne, der nicht nur sicher und geschickt Orchester, Sänger und Chöre durch die Partitur führte, sondern auch die Musik Zellers in wesensechter Betonung ihrer Schönheit erklingen ließ.

Alles geschriebene Lob verblaßt gegen die Herzlichkeit und die Fülle des Beifalls, mit dem die Besucher und vor allem die deutschen Soldaten immer wieder ihren Dank für diesen glänzenden Theaterabend ausdrückten.“

In einer Vorschau des Bozner Tagblatts vom 15. Jänner 1944, Seite 3, wird als nächste Operette im Stadttheater Meran Prinzessin Grete von Victor Reinshagen (Musik) und Hermann Hermecke (Libretto) angekündigt:

„Wiederum besucht das Reichsgautheater Innsbruck Meran. Es gelangt von Donnerstag, 20. bis einschließlich Sonntag, 23. Jänner 1944, jeweils 20 Uhr und außerdem am Samstag, 22., und Sonntag, 23. Jänner nachmittags 14.30 Uhr die Operette Prinzessin Grete von Victor Reinshagen zur Aufführung. – Grete ist ein liebes kleines Wäschermädel, das vom ganz großen Glück träumt. Grete liebt den Kellner Franz, aber dessen Zukunftsaussichten sind ihr zu gering. Das schickt die Glücksgöttin zu Grete das ‚Große Glück.’ Grete erbt Millionen und lernt einen wirklichen Prinzen kennen; sie ist nahe daran Prinzessin Grete zu werden, aber ohne Liebe will sie das nicht. Und plötzlich ist der Franz wieder da, und eines Tages ist der Prinz verschwunden. Und nun macht sich das ‚Kleine Glück’ bei Grete breit. Es bringt Grete mit ihrem Franz zusammen und beide bewirtschaften das Gasthaus Zum goldenen Ferkel.

Der Kartenvorverkauf beginnt am Montag, 17. Jänner, an der Theaterkasse von 10 bis 12 Uhr und von 17 bis 19 Uhr. An den Vorstellungstagen ab 19 Uhr Abendkasse. Nach den Vorstellungen verkehrt die Straßenbahn ab Theaterplatz nach Obermais, Forst und Lana.“

Das auf Faschingslaune abgestimmte Grundkonzept der Programmgestaltung wird mit dem Lustspiel Ehe in Dosen fortgesetzt. Die Ankündigung im Bozner Tagblatt vom 19. Februar 1944, Seite 2, wirbt mit einem entsprechend affirmativ gestalteten Text:

„Das Reichsgautheater Innsbruck gastiert wiederum in Meran und bringt das in Innsbruck erfolgreiche Lustspiel Ehe in Dosen am Mittwoch, 23., Donnerstag, 24. und Freitag, 25. Februar, jeweils um 20 Uhr zur Aufführung. Die Autoren Leo Lenz, ein bekannter Bühnenautor, und Ralph Arthur Roberts, der beliebte Bühnen- und Filmdarsteller, garantieren für eine wirklich heitere, prickelnde und situationsreiche Handlung. Auch das Sprechstück kann äußerst unterhaltend sein, zumal wenn es ein spitziges, sprudelndes Lustspiel ist. In den zehn Jahren seit der Uraufführung hat es wohl kaum eine deutsche Bühne, ob groß, ob klein, gegeben, auf der dieses charmante Stück nicht wenigstens in einer Spielzeit erfolgreiche Aufführungen erlebte. In leichtflüssiger Sprache wird hier über die Ehe gesprochen, und der Zuschauer sieht nur sympathische Gestalten. Dazu kommt Gesang und Tanz. Alles in allem ist die Ehe in Dosen ein kleines Gesellschaftsstück mit viel Humor […]. Durch das ganze Stück zieht eine Melodie, die ursprünglich ein Oratorium werden sollte, aber vom Komponisten verworfen wird und ein schwungvolles modernes Operettenchanson wird, endlich aber in wahrhaftem und ernstem Empfinden ein Wiegenlied bleibt […]“.

Im März 1944 gastierte das Reichgautheater Innsbruck mit Lumpazivagabundus im Meraner Stadttheater. Die Posse von Johann Nestroy ging „vor ausverkauften Häusern“ viermal über die Bühne (Bozner Tagblatt vom 20. März 1944, Seite 3). Im April folgte die Operette Friederike von Franz Lehár, abwechselnd dirigiert von Max Alexander Pflugmacher und Hans-Georg Ratjen (Bozner Tagblatt vom 12. April 1944, Seite 5).

Im April 1944 erreichten die Gastspielaktivitäten auch die Kreisstädte Bozen und Brixen:

„Das Reichsgautheater Innsbruck, das seit [dem] letzten November regelmäßig einmal im Monat im Stadttheater Meran zu Gast ist, erweitert nunmehr unter der Gesamtleitung des Intendanten M[ax] A[lexander] Pflugmacher den Rahmen seiner Gastspiele in der Operationszone und kommt nach Bozen und Brixen. Die Reihe der in diesen Städten geplanten Aufführungen eröffnet ein festliches Opern- und Symphoniekonzert, das am 17. April in Bozen im Haus des Fremdenverkehrs (Gries) und am 18. April in Brixen im Hotel Exzelsior, jeweils um 20 Uhr stattfindet.

Arien aus Mozarts Don Juan, Webers Freischütz und Wagners Tannhäuser werden umrahmt von der brillanten Ouvertüre zur Oper Euryanthe von Carl Maria von Weber und vom Terzett und Finale aus der musikalischen Komödie Der Rosenkavalier des nunmehr achtzigjährigen Richard Strauß, die derzeit mit großem Erfolg in Innsbruck am Spielplan steht. Den Abend beschließt Ludwig van Beethovens Schicksals-Symphonie, die Fünfte in c-Moll“ (Bozner Tagblatt vom 13. April 1944, Seite 3).

Von der Aufführung in Bozen bringt das Bozner Tagblatt vom 19. April 1944, Seite 3, eine Rezension von Rudolf Oberpertinger:

„Am 17. April gab das Reichsgautheater Innsbruck in Bozen im großen Saale des Fremdenverkehrshauses sein erstes Gastspiel, ein Symphonie- und Opernkonzert, womit der musikfreudigen Bevölkerung der Stadt ein langgehegter Wunsch erfüllt wurde. Wer einigermaßen mit den Erfordernissen eines solchen Unternehmens vertraut ist, wer ermisst, wie schwierig es ist, die zeitbedingten Lücken eines großen Klangkörpers immer wieder von neuem aufzufüllen und auszuglätten, der wird für die vortrefflich gelungene Veranstaltung dem Intendanten des Reichsgautheaters M[ax] A[lexander] Pflugmacher dankbare Anerkennung zollen. Und daß es daran wahrlich nicht mangelte, bewiesen der ungewöhnlich starke Besuch und der freudige Beifall, den die Zuhörerschaft den Künstlern spendete.

Schon die Ankündigung des Konzertes in der Tagespresse nahm die allgemeine Aufmerksamkeit für sich in Anspruch. An unserem Ohr klangen im Vorüberhören auf der Straße, in den Gaststätten und Geschäften endlich wieder einmal die vertrauten musikalischen Namen Mozart, Tannhäuser, Symphonie, ‚Aennchen-Agathe’, Rosenkavalier, die allein schon den Zauber eines herrlichen Vorgefühls, ein Sichbesinnen auf den erhabenen Reichtum deutscher Musik auslösten. Während die Leitung des Reichsgautheaters Innsbruck in diesem Jahre der Schwesterstadt Meran eine Reihe von Bühnenwerken leichtgestimmter Art bot, wählte sie für Bozen eine durchaus auf ernste Kunst eingestellte Programmfolge mit hochwertigen Werken deutscher Meister aus dem Gebiet der symphonischen Musik und der Oper. Wie richtig damit der Geschmack und die musikalische Einstellung unserer Zuhörerschaft eingeschätzt wurde, bewies die allgemeine Würdigung dieses glücklichen Entschlusses […].“

Auch in Brixen vermochte das Gastspiel mit einem exemplarischen Programm die Sehnsucht nach der großen deutschen Kunst ganz zu erfüllen, wie die euphorische Besprechung des Konzerts durch Oswald Sailer im Bozner Tagblatt vom 26. April 1944, Seite 5, nahebringt:

„Mit einem großen Opern- und Symphoniekonzert erschien das erste Mal am 18. April 1944 das Symphonieorchester der Stadt Innsbruck vor dem Brixner Publikum. Der Ruf, der dem über die engeren Grenzen des Gaues Tirol-Vorarlberg hinaus bekannten Orchester und den Sängern des Innsbrucker Gautheaters voranging, war auch seit langem schon in die Stadt Brixen gedrungen und hatte dort den entsprechenden Boden für den zu erwartenden Abend vorbereitet. Der Saal des Hotels Ex[c]elsior, in welchem das Gastspiel stattfand, war übervoll und die spannende Erwartung, die sich beim Erscheinen des Dirigenten, Intendant des Reichsgautheaters Innsbruck M[ax] A[lexander] Pflugmacher, in einem begeisterten Begrüßungsbeifall äußerte, wurde keinesfalls enttäuscht, sondern allmählich durch die Vortragsfolge hindurch bis zum Erklingen der schicksalhaften, ehernen Töne der V. Symphonie des unsterblichen Bonner Meisters [Beethoven] bis zur Begeisterung gesteigert. Selten einmal hat der Saal eine derartige Ruhe bei den meisterhaften Pianissimi und nach dem Verrauschen der letzten Akkorde der Schicksalssymphonie eine so brausende Beifallskundgebung gezeigt wie an diesem Abend. Dirigent und Ausführende, sowohl Sängerinnen als auch der gesamte Klangkörper hatten vom ersten bis zum letzten Augenblicke die Zuhörer in Bann gehalten.

Schon die ersten, straff geführten Streicherpartien der Ouvertüre zur Euryanthe von Carl Maria v. Weber fielen sofort auf und ließen einen vortrefflichen Vortrag auch der übrigen Teile des Abends ahnen […].

Mit tiefem Bedauern wurde, nach Abklingen des ersten Beifalls, die Mitteilung aufgenommen, daß der Vortrag Adolf von Berenkamps wegen Unpäßlichkeit des Sängers ausfallen würde […; Berenkamp hätte die Ansprache des Wolfram (‚Blick ich umher‘) und das Lied an den Abendstern (‚O du mein holder Abendstern‘) aus Wagners Tannhäuser singen sollen].

Nach der Ouvertüre sang Carola Pleschner die Arie der Zerline aus Mozarts Don Juan [‚Batti o bel Masetto/Schlag o schöner Masetto‘ bzw. ‚Vedrai carino/Ich weiß ein Mittel‘] und die Romanze Aennchens ‚Einst träumte meiner sel’gen Base‘ aus Webers Freischütz […].

Mit einer stimmlich insbesonders in den hohen Lagen meisterhaft betonten Lyrik trat Margot Winkler in der Arie der Donna Anna ‚Ich grausam? O nein, Geliebter!‘ aus Mozarts Don Juan und in jener der Agathe ‚Wie nahte mir der Schlummer‘ aus Webers Freischütz auf […].

Das Terzett und Finale aus dem Rosenkavalier wurde von den beiden genannten Sängerinnen zusammen mit dem sonoren Mezzosopran der äußerst temperamentvollen und offensichtlich straußbegeisterten Georgine Heß bestritten […].

Nach einer kleinen Pause warteten die Zuhörer mit gespannter Aufmerksamkeit auf den Einsatz, der jene unvergleichliche [5.] Symphonie [von Beethoven] einleiten sollte, die zu einem der höchsten Werke der Musik in der Welt zählen darf […].“

Im Mai 1944 gastierte das Reichsgautheater Innsbruck im Stadttheater Meran mit dem Drama Via mala von John Knittel, das in Innsbruck aufgrund des großen Erfolges schon die dritte Saison am Spielplan stand. Über den emotional bewegenden Inhalt des tragischen Stückes und die Meraner Aufführung schreibt Franz Pisecky im Bozner Tagblatt am 23. Mai 1944, Seite 5:

„In mehrmaligen Aufführungen vermittelte das Reichsgautheater Innsbruck anläßlich eines neuerlichen Gastspieles im Stadttheater zu Meran die Kenntnis des volkstümlichen Dramas in vier Akten Via Mala, das der Dichter John Knittel nach seinem früher veröffentlichten gleichnamigen Roman schuf.

Schon die ersten Sätze der Darsteller des Stückes führen den Zuhörer in eine düstere Atmosphäre schweren menschlichen Schicksals und lösender Schuld. Der Sägebesitzer in einem Hochalpental, Lauretz, war Zeit seines Lebens ein menschliches Scheusal, das seiner Frau und seinen Kindern das Leben zu einer endlosen Kette von Schmach, Elend und Pein machte. Ein Säufer und durchaus asoziales Individuum, tötete er zwei seiner Kinder, richtete Frau und Töchter körperlich und seelisch zugrunde und machte auch den Sohn zum Krüppel, bis eines Tages die geschundene Kreatur sich auf den Teufel in Menschengestalt stürzte und ihn erschlug. Den Leichnam hatte dann der junge Niklaus Lauretz beiseitegeschafft. Die Familie betrieb in der Folgezeit die Feststellung der Abgängigkeitserklärung des Alten durch die Behörden, um von dem Alpdruck freizukommen, für ihre Tat früher oder später angeklagt zu werden.

In die spannungsgeladene Luft des Elternhauses kommt eines Tages Sylvia Lauretz, die zur Zeit, da der Vater getötet wurde, nicht daheim war. Ihre Geschwister hatten sie jedoch später in ihr Geheimnis eingeweiht und sie hatte ihnen Schweigen gelobt. Nun hat sie einen jungen Untersuchungsrichter, Andreas von Richenau, kennengelernt, der sie zur Frau nehmen will. In dem Bewußtsein, mit dem gemeinsamen Geheimnis auch in die gemeinsame Schuld verstrickt zu sein, weist sie erst die Werbung ab, bis sie schließlich doch dem Drängen Richenaus nachgibt und, wie es anfangs den Anschein hat, als einzige der Familie Lauretz ein freundliches Geschick und eine glückliche Zukunft findet.

Aber der Teufel der Via Mala ruht nicht. Nach dem Tod eines Kollegen übernimmt der Gatte Sylvias mit anderen Gerichtsakten auch jenen über die Verschollenerklärung des alten Lauretz zur Bearbeitung und erkennt, daß über dem Tode Lauretz irgendein Geheimnis waltet. Nun bricht das kurze Glück Sylvias zusammen, die ihr Gelöbnis hält und das Schicksal der ihren teilen will. Nach dramatischen Szenen erfährt Richenau in einem Auftritt von unerhörter Wucht die Wahrheit und findet nach schwerem inneren Kampf den Weg, der die Lauretz von ihrem Alpdruck befreit und damit dem Empfinden menschlicher Gerechtigkeit zum Siege verhilft. Man könnte vielleicht die Art, wie Richenau seine Verantwortlichkeit meistert, lieber anders sehen. Aber jedenfalls ist dem Dichter mit Via Mala ein Werk gelungen, das vom Anfang bis zum Ende mit Spannung erfüllt ist und durch seine Konflikte sowie durch die scharfe Zeichnung der Charaktere den Zuhörer gewinnt.

Die Darstellung durch das Reichsgautheater Innsbruck unter der Spielleitung von Dr. Siegfried Färber verdient volles Lob; sie konnte den starken und überzeugenden Beifall des Meraner Publikums für sich buchen. Besonders wirkungsvoll und mit einheitlicher Ausdruckskraft finden die Rollen der Mitglieder der Familie Lauretz Verkörperung […].“

Am 30. Mai 1944 spielte das Reichsgau-Symphonieorchester im Kurhaussaal Meran ein Gastkonzert, das am darauffolgenden Tag in Bozen im Fremdenverkehrshaus Gries wiederholt wurde. Auf dem Programm standen ein Concerto grosso von Georg Friedrich Händel, das A-Dur-Klavierkonzert von Franz Liszt und Anton Bruckners Vierte Symphonie. Für die ursprünglich vorgesehene Meisterpianistin Elly Ney, die wegen Erkrankung absagen musste, spielte Josef Pembaur jun. (1875 Innsbruck-1950 München) den Klavierpart. Im Bozner Tagblatt vom 27. Mai 1944, Seite 8, wird Josef Pembaur vorgestellt:

„Den Höhepunkt wird das A-dur-Konzert von Liszt bilden, das unser bekannter Tonkünstler Professor Josef Pembaur spielen wird. Professor Josef Pembaur genießt als Pianist von eigenartiger Prägung seit mehr als einem Menschenalter europäischen Ruf. Er ist ein Poet am Flügel, ein Romantiker reinsten Wassers mit all den Eigenschaften eines solchen: Träumerischer Versonnenheit und Hingabe, blühender Phantasie und hinreißender Ekstatik. Ob er Beethoven, Schumann oder Brahms spielt, immer weiß er Neues zu sagen. Seine große Liebe ist aber Liszt, dem er mit allen Fasern [!] seiner Künstlerschaft dient; er gilt heute als der hervorragendste Mittler der Werke von Liszt überhaupt. Trotz seiner fast 70 Jahre ist er der jugendliche Feuergeist geblieben mit all der Begeisterungsfähigkeit, die er in ungebrochenem Maße auch heute noch zur Verfügung hat.“

Zum Bozner Konzert, bei dem dann Händels Concerto grosso durch Beethovens Egmont-Ouvertüre ersetzt wurde, meint Rudolf Oberpertinger im Bozner Tagblatt vom 3. Juni 1944, Seite 9:

„Dem am 31. Mai im Fremdenverkehrshaus Gries veranstalteten zweiten Symphoniekonzert des Reichsgauorchesters unter Leitung des Intendanten M[ax] A[lexander] Pflugmacher war wieder ein glänzender Erfolg beschieden. Im strengen symphonischen Rahmen waren in der Vortragsfolge die großen Namen Beethoven, Liszt und Bruckner vertreten.

Mit den Klängen der Egmont-Ouvertüre, breitfließend in der Einleitung, sieghaft im Schluß, wurde der Abend festlich eröffnet. Darauf folgte das Klavierkonzert in A-dur von Liszt, des größten Klaviermeisters aller Zeiten, der durch sein virtuoses Spiel einst eine Welt in Staunen versetzte […]. Unser Altmeister Professor Josef Pembaur, der wie kaum ein zweiter Pianist der Gegenwart in die Kunst Liszts eingedrungen ist, war daher zweifellos der Berufenste für die Wiedergabe dieses Werkes […].

Nach der Pause kam Bruckners Vierte, die Romantische, zum Vortrag. Diese Symphonie ist die einzige von den Brucknerschen, die hier in Bozen vor nahezu 40 Jahren zur Aufführung kam […].
Tief und nachhaltend war der Eindruck auf die Zuhörer, die mit langanhaltendem Beifall ihren Dank für diesen erlebnisreichen Abend kundtaten. Der vollbesetzte Saal bewies, daß die für Konzertveranstaltungen schon etwas vorgeschrittene Jahreszeit dem Besuche und der Aufnahmebereitschaft keinen Abbruch tun konnte, so daß dieses glänzend gelungene Konzert auch in seinem äußeren Rahmen zu einem Ereignis unserer Stadt wurde.“

Vom selben Konzert erschien im Bozner Tagblatt vom 6. Juni 1944, Seite 3, noch die Notiz, dass „das wohlgelungene Konzert von den begeisterten Zuhörern mit herzlichem Beifall bedankt“ wurde.

Gleich nach der Erstaufführung der Komödie Ich brauche dich im Reichsgautheater Innsbruck am 7. Juni 1944 wurde diese Produktion in das Programm der Südtiroler Gastspiele übernommen und am 9., 10. und 11. Juni im Stadttheater Meran gegeben. In den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Juni 1944, Seite 3, wird kurz dazu mitgeteilt: „Das Reichsgautheater Innsbruck gab in Meran wieder eines seiner beliebten Gastsspiele. Diesmal wurde die Komödie Ich brauche dich von Hans Scheikart gegeben, die in der Besetzung der Innsbrucker Erstaufführung auch in Meran lebhaften Beifall fand.“

Das Bozner Tagblatt vom 12. Juni 1944 bringt auf Seite 3 eine ausführliche Besprechung durch den Propagandabeauftragten des Obersten Kommissars, Franz Pisecky:

„[…] Die Handlung der drei Akte sei hier nur kurz skizziert: Professor Paulus Allmann, der als Dirigent Erfolge über Erfolge feiern kann, hat es in Dingen der Liebe nicht gerade leicht. Er ist von seiner ersten Frau Hedi geschieden, obwohl ihn diese mit aller Liebe und Zärtlichkeit umsorgte und auch nach ihrer Wiederverheiratung mit einem Freunde Allmanns, dem Kaufmann Heinrich Scholtz, ihrem verflossenen Gatten eine mehr als kameradschaftliche und freundschaftliche Zuneigung bewahrt. Auch Allmann hat sich für Hedi dankbare und zärtliche Gefühle bewahrt, obwohl er die Beschaulichkeit ihrer Gemeinschaft dem Gefühl für die junge Schauspielerin Julia Bach opferte, die dann auch seine zweite Frau wurde, ohne freilich ihren Beruf aufzugeben. Die Folge davon ist, daß die Ehegatten sich nur selten treffen und die Welt von der zweiten Ehe Allmanns mit Julia überhaupt nichts weiß. In dem Rechtsanwalt Dr. Hoffmann hat sich Julia einen Freund zugelegt, dessen Werbung sie allerdings mit Geschick ohne direkte Ablehnung auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben versteht. Als der unverhofft in die Wohnung seiner Frau kommende Gatte dort den Rechtsanwalt vorfindet, ist dies die Ursache zu einem richtiggehenden ehelichen Krach, in dessen Verlauf die Unhaltbarkeit der Form des Zusammenlebens zwischen Julia und Paulus offenbar wird und Paulus schließlich auf Julias Vorschlag eingeht, sich erst wieder nach einem Jahr zu treffen, um dann die letzte Entscheidung über ihr Verhältnis zu treffen. Dieses Wiedersehen findet dann allerdings unter Umständen statt, die zuerst nicht gerade dazu angetan erscheinen, den zerrütteten Bund neu zu kitten. Schuld daran ist niemand anderer als Hedi, die in ihrer Anhänglichkeit an Paulus sich einige Heimlichkeiten leistet, die auch ihre eigene Ehe mit Heinrich Scholtz zu zerstören drohen. Aber, wie gesagt, das Stück ist eine Komödie, und so nimmt alles nach einem Strudel komisch-ernster Verwicklungen sein gutes Ende, und was am Beginn des Stückes beisammen war, bleibt auch über den letzen Aktschluß hinaus fürs Leben beisammen.

Intendant Pflugmacher stellte bei dem Gastspiel die Besetzung der Innsbrucker Aufführung ins Treffen und konnte mit dieser auch in Meran einen deutlichen Publikumserfolg erreichen. Die Julia Bach spielte als Gast Hanna Rucker, eine junge Künstlerin, die, selbst eine Süddeutsche, ihre Laufbahn an einer Berliner Bühne begann. Sie brachte für die dankbare Rolle eine gute Bühnenerscheinung mit und wahrte in anziehendem kapriziösem Spiel Natürlichkeit und Wärme, wobei sie auch die ‚Bestie’ in reizendster Weise servierte. In sprachlicher Hinsicht sicherlich noch entwicklungsfähig, zeigt diese Schauspielerin in Ausdruck und Geste eine Vielfalt, zu der sich bereits eine Beherrschtheit gesellt, die die Anlagen zu größerem Können verrät. Ihre Gegenspielerin war Fini Fügner als Hedi und als solche ganz auf Liebe eingestellt. Dabei war sie im Schwanken ihres Gefühles voll glaubhaft, eine jener Frauen, wie sie ja auch im Leben vorkommen sollen, die von selbst die Entscheidung der Wahl nicht zu vollbringen vermögen und in ihrem Herzen zwiespältig bleiben, aber sie war eine höchst liebenswürdige Vertreterin dieser Gattung. Anton Straka fand sich mit Bravour in die Rolle des zweiten Gatten Hedis, der als richtiger Kaufmann und als einer, der dem Leben die guten Seiten abzugewinnen weiß, ihre Anhänglichkeit zu ihrem ersten, geschiedenen Mann geschickt dazu nutzt, der ehelichen Gemeinschaft reizvolle Abwechslung abzugewinnen und neue Lichter aufzusetzen.

Im Mittelpunkt des Spiels stand der Professor Paulus Allmann von Siegfried Süßenguth, der die Komödie auch in Szene setzte und seine Rolle mit gewohnter meisterhafter Darstellungskunst verkörperte. Dieser Paulus Allmann, der gewohnt ist, seine Person als Mittelpunkt zu betrachten und dabei doch von dem Bedürfnis nach Liebe und wohl auch nach Umsorgtsein und Bemutterung erfüllt ist, war eine weitere Bereicherung der langen Reihe lebensechter Gestaltung, die der Schauspieldirektor des Reichsgautheaters Innsbruck nun in einer Reihe von Jahren ebenso in klassischen Dramen wie in neuzeitlichen Konversationsstücken auf die Bretter stellte […]. Den auf Wartezeit gesetzten Freier Dr. Hoffmann spielte Hans Kellein, jugendlich sympathisch und zum Schluß mit tragikomischer Resignation. Hans Ulrich Bach verdiente als Allmanns Sekretär volles Lob, das auch den Darstellern aller übrigen Rollen gebührte. Das Publikum hatte an dem Stück und an der Darstellung seine sichtliche Freude und sparte schon nach dem ersten Akt nicht mit Beifall, der sich dann weiter steigerte.“

Mit der Aufführung des musikalischen Lustspiels Lisa benimm dich! wurde im Juni 1944 Bozen in das Theatergastspielprogramm miteinbezogen, wenngleich dieses Projekt dann wegen der allgemeinen Theatersperre nach der Sommerpause aufgrund des „Totalen Krieges“ nicht mehr fortgesetzt wurde.

„Am Dienstag, den 20., und Donnerstag, den 22. Juni 1944, jeweils 20 Uhr, wird das Reichsgautheater Innsbruck in Bozen, im Fremdenverkehrshaus Gries, das musikalische Lustspiel Lisa, benimm dich! von Ernst Friese und Rudold Weyß, mit der Musik von Hans Lang [(1908 Wien-1992 ebd.)], zur Aufführung bringen.

Damit erhält auch Bozen, wie schon während der ganzen Spielzeit Meran, Gastspiele des Reichsgautheaters, nachdem sich das Reichsgau-Symphonieorchester früher mit Symphoniekonzerten eingeführt hatte. Das Lustspiel Lisa benimm dich, dessen Handlung von vielen überraschenden Situationen durchzogen ist und von leicht ins Ohr gehender Musik begleitet wird, hat in Innsbruck zu einem vollen Erfolg geführt und wird jetzt in derselben Besetzung in Bozen zur Aufführung gelangen. Durch Vertauschen eines Inserates in einem Anzeigenbüro kommt einem ‚Weiberfeind’ die Liebe ins Haus geweht. Das ist ganz kurz gesagt der Inhalt dieses Stückes – eine wachsenden Ueberraschung des Abends werden die vier Hallodris sein […].“

Von der Bozner Aufführung der Lisa erschien im Bozner Tagblatt vom 22. Juni 1944, Seite 5 eine ebenso lange wie enthusiastische Besprechung von Franz Gößl:

„Nach den zwei Symphoniekonzerten, die durch ihre vollendete Aufführung das Bozner musikliebende Publikum erfreuten, hat nun gestern abends auch die leichte Muse Einzug in unsere Stadt gehalten. Intendant M[ax] A[lexander] Pflugmacher hat einen guten Griff getan, wenn er dafür das musikalische Lustspiel Lisa, benimm dich! von Ernst Friese und Rudolf Weys wählte. Das Stück ist spritzig und schmissig und weist keinen Leerlauf auf; die eingestreute Musik von Hans Lang geht ins Ohr und ist ein echtes Kind der leichten Unterhaltungsmusik.

‚Wer hat eigentlich wen erzogen?’ möchte man sich am Ende des Stückes fragen und muß sich auch gleich selbst die Antwort geben, daß ein schlaues Mädchen den berühmtesten Mann an der Nase herumführen kann. Der Afrikaforscher Baron Heydner ist von seiner Frau geschieden und führt den Kampf um seine Tochter, die ihm unter dem Vorwand, er sei nicht imstande, sie zu erziehen, nicht zugesprochen werden soll. Er ist Frauenhasser geworden und kommt auf die etwas ausgefallene Idee, ein verwahrlostes Mädchen in sein Haus aufzunehmen und es zu einer Dame zu erziehen, um dem Gericht zu beweisen, daß er seiner Aufgabe wohl gewachsen wäre. Es gibt eine kleine Verwechslung in einer Anzeigenabteilung und plötzlich taucht ein solch verwahrlostes Geschöpf auf, das auch den höchsten Anforderungen in dieser Hinsicht gerecht werden muß. Die Arbeit an diesem Mädchen ist nicht leicht und mehr als einmal ist es notwendig, daß er dem ungebärdigen Ding zuruft: ‚Lisa, benimm dich!’ Bis schließlich auch ihm ein Licht angezündet wird und es sich herausstellt, daß nicht er ein Mädchen, sondern das Mädchen ihn zur Liebe und zu einem normalen Denken erzogen hat.

Wie schon gesagt, das Stück ist flüssig, und flüssig war auch das Spiel. Den Hauptanteil daran hatte natürlich die Darstellerin der Lisa, Marion Richter. Wie sie den verwahrlosten Wildfang gab, das ließ sich sehen. Sie hatte wahrhaftig den Satan im Leib und es wäre kein Wunder, wenn der Afrikaforscher, den Walter Jereb in allen Gemütsstadien, die er durchlaufen mußte, überzeugend verkörperte, graue Haare darüber bekäme, auch wenn das Mädel ihn seit langer Zeit wieder zum erstenmal zum Lachen bringt. Diesem Paar würdig zur Seite standen Edith Boewer als die Schwester des Forschers, die eine heimliche Verbündete Lisas wird, und dies um so mehr, als auch sie einen, den sie liebt, ein wenig heilen muß, den liebenswürdigen Schwerenöter Peter, Freund und Sekretär Heydners, dem Hermann Kellein Eleganz und Schwung gab. Eva Volkmar als Tochter Heydners hatte nur eine kleine Rolle, spielte sich aber in ihrer Verwandlung vom affektierten Pensionatsfräulein zum richtigen Fratzen so in die Herzen der Zuschauer, daß man es bedauerte, sie nicht nochmals auf der Bühne zu sehen. Eine sympathische Leistung gab auch Gustl Pretsch als Kammerdiener des Forschers. In den weiteren Rollen waren beschäftigt Gretel Praßnegg, Erika Schröder, Helene Wiesler, Rolf Rehkopf, Max Rüden, Otto Bröbitz, Alois Kleinz und die vier Hallodris Rudolf Christ, Ottomar Mayr, Johann Meyer und Rolf Ankowitsch, die in den Zwischenakten stimmungsvoll die Melodien des Stückes, die Hans-Georg Ratjen sicher und temperamentvoll dirigierte, zu Gehör brachten.

Ein besonderes Lob verdient die Regie, die trotz vieler Schwierigkeiten Bühnenbilder schuf, die ansprechend wirkten und einen schönen Rahmen für das flotte Spiel abgaben. Es gab viel Beifall, auch während des Stückes, und zum Schluß Blumen für die Hauptdarstellerinnen und den Dirigenten.“

Mit der Übernahme des Innsbrucker Rosenkavalier, den das Reichsgautheater 1944 anlässlich des 80. Geburtstags von Richard Strauß in einer eigens für Innsbruck geschaffenen und vom Komponisten autorisierten Bearbeitung in das Programm für ein Gastspiel im Stadttheater Meran am 19. und 21. April 1944 genommen hatte, vollbrachte die Intendanz wohl eine organisatorische Meisterleistung. Von dem spektakulären Kulturereignis berichtet Karl Erhart im Bozner Tagblatt am 22. Juni 1944, Seite 6:

„Die Stadt Meran und die Meraner Musikfreunde im besonderen sind dem Reichsgautheater Innsbruck zu großem Dank verpflichtet, hat es ihnen doch eine Geburtstagsfeier für den achtzigjährigen Richard Strauß beschert, so würdig und festlich, wie sie Meran unter den heutigen Verhältnissen nicht hätte verwirklichen können […].

Die Aufführung war ein Wagnis und eine Leistung, die von allen Beteiligten die höchste Anspannung aller Kräfte erforderte, das weiß jeder, der das Stück schon auf einer großstädtischen Bühne gehört und gesehen hat. Nun ist aber ein Vergleich mit großstädtischen Aufführungen schon deshalb müßig, weil es sich in unserem Falle um eine eigens für Innsbruck geschaffene Bearbeitung handelt, die aus der großen Oper mit ihrem gewaltigen Orchester (dreifache Holzbläser, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, 2 Harfen usw.) eine Art Kammeroper schafft, bei der das Orchester, unserem kleineren Rahmen angemessen, etwa auf den Stand des Ariadne-Orchesters verringert wird, wobei es immerhin noch so viel Platz einnimmt, daß man die beiden Proszeniumslogen dafür verwenden musste […].

Die Meraner Aufführung stand ganz unter dem Eindruck restloser Hingabe jedes einzelnen. Der Dirigent Hans-Georg Ratjen, der ein überlegener Ausdeuter der ebenso fein gearbeiteten wie reichgewirkten Partitur ist und dem kammermusikalische Differenzierung und poetischer Zauber besonders liegen, besaß in dem präzis spielenden Orchester einen Klangkörper von großer Ausdruckskraft. Der Gast des Abends, Odo Ruepp von der Münchner Staatsoper, besitzt Figur und Gebärde, aber auch die stimmlichen Voraussetzungen für einen ganz köstlichen Ochs auf Lerchenau […].

Da möge zuerst Georgine Heß genannt sein, die es versteht, der Titelpartie gesanglich und schauspielerisch so viel feine Lichter aufzustecken, daß man seine helle Freude haben kann. Ihr ebenbürtig die Marschallin Margot Winklers, die ihre ernste, von tiefer Wehmut erfüllte Rolle in einer sehr schön aufgebauten Gesamtlinie vom heiteren Beginn bis zum entsagungsvollen Schluß mit starker Beseelung sowohl im Gesang wie im Spiel zu gestalten weiß. Die dritte im Bunde ist Carola Pleschner, die sich mit schlanker stimmlicher und gestischer Eleganz durch die anspruchsvolle Partie der Sophie sang und spielte […].

Der äußere Erfolg war groß, das ausverkaufte Haus dankte mit wärmsten Beifall.“

Als erstes Gastspiel der Saison 1944/45 des Reichsgautheaters Innsbruck im Stadttheater Meran wird im Bozner Tagblatt vom 25. August 1944, Seite 5, Josef Wenters Schauspiel Der Kanzler von Tirol angekündigt:

„[…] Dieses historische Werk aus der Zeit des dreissigjährigen Krieges des in Meran 1880 geborenen, aus einer alten etschländischen Familie stammenden Dichters wurde 1930 in Wiesbaden uraufgeführt und hatte danach Erfolgsaufführungen am Wiener Burgtheater. In Innsbruck hat das Schauspiel durch zwei Spielzeiten bisher 38 Aufführungen erlebt. Trotz grosser technischer Schwierigkeiten – die Bühnenbilder verlangen viel Raum und oft Wechsel – sollen die Gastspielaufführungen in demselben Rahmen und in derselben Besetzung stattfinden wie in Innsbruck. – Die Aufführungen finden [in Meran] am Mittwoch, den 30., Donnerstag, den 31. August und Freitag, den 1. September 1944 statt, jeweils um 20 Uhr.“

Das Bozner Tagblatt vom 30. August 1944 bringt auf Seite 5 die lapidare Notiz: „Die seinerzeit für Meran und Bozen angekündigten Gastspiele des Reichsgautheaters Innsbruck (Der Kanzler von Tirol) finden nicht statt.“ Der Krieg hatte die Theater zum Schweigen gebracht.


Bildende Kunst und Ausstellungen

Während der Tage des Kreisschießens im Mai 1944 stellte die Jugend des Kreises Bruneck ihre Werkarbeiten aus. „Es war eine recht ansehnliche Anzahl hübscher und mit großem Fleiß gearbeiteter Spielsachen für Kinder aus bombengeschädigten Gebieten zu sehen. Besondere Beachtung verdienten die Arbeiten der Jugend aus Cortina-Hayden, sowohl wegen der sorgfältigen Ausführung als auch wegen der beträchtlichen Mengen der Schaustücke. Gleichzeitig mit dieser Schau wurde auch eine Ausstellung von Jagdtrophäen von seiten der Jägerschaft veranstaltet […]“ (Bozner Tagblatt vom 6. Juni 1944, S. 5).
 
Die Schulschlussfeier der Höheren Fachschule für Schnitzkunst in St. Ulrich in Gröden war mit der Eröffnung einer Ausstellung von Schülerarbeiten verbunden. Aus den Reden wurde sehr klar, dass nunmehr im Schutz der nationalsozialistischen Ideologie das „bodenständige“ Kunstschaffen wieder geschätzt und gefördert werde (Bozner Tagblatt vom 12. August 1944, Seite 8):
 
„Neben dem Leiter und den Lehrkräften sowie den Schülern waren auch der Ortsgruppenleiter Jos[ef] Ant[on] Sanoner, der Bürgermeister und der Kreisjugendführer Heini Gschwendt erschienen. Kamerad Gschwendt gedachte in einer Ansprache der vergangenen Entwicklung, der wir es zu verdanken hätten, daß es den Schnitzern wieder möglich sei, zu ihrer natürlichen Bodenständigkeit zurückzukehren. Insbesondere gedachte er unseres Führers, der das heimatgebundene Kunstwerk schätzt und fördert. Anschließend sprach Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Anton Sanoner über die nähere und fernere Entwicklung der Schule und dankte dem Leiter und seinen Lehrkräften, die es verstanden hatten, das gesteckte Ziel nicht nur zu erreichen, sondern die Erwartungen aller zu übertreffen. Prof. Raimund Moroder versicherte, daß sowohl er wie seine Lehrkräfte in ihren Bemühungen fortfahren werden, nur reines deutsches Kunstschaffen zu fördern und zu lehren und den edlen Wettstreit im Schaffen unter den Schülern stets neue Nahrung zu geben. Nach einer Besichtigung der Ausstellung, auf die wir noch zurückkommen werden, fand die Feier mit den Liedern der Nation ihren Abschluß.“
 
Südtiroler Künstler hatten sich stets bei den seit 1940 alljährlich veranstalteten Gaukunstausstellungen in Innsbruck beteiligt, teilweise mit Werken, die extrem die nationalsozialistische Kunstanschauung hofierten, etwa Albin Lanner mit seiner vielbewunderten Hitler-Büste bei der Jahresausstellung der Künstlerschaft 1939. In der Operationszone Alpenvorland gehörten die Südtiroler Künstler nun wie selbstverständlich zum Kreis der Tiroler Kunstgemeinschaft, sie waren gewissermaßen verpflichtet, ihr Wirken der Ideologie dienstbar zu machen und bei der repräsentativen Schau während des 7. Landesschießens ihre Gefolgschaft demonstrativ zur Schau zu stellen. Als Vorbereitung dazu diente im Juni 1944 eine Ausstellung in Klausen, bei der die für die Gaukunstausstellung eingereichten Werke Südtiroler Künstler zu besichtigen waren (Bozner Tagblatt vom 6. und 7. Juni 1944, jeweils Seite 5).
 
Karl Paulin veröffentliche im Bozner Tagblatt vom 28. Juli 1944, Seite 3, eine detaillierte Schilderung des Südtiroler Anteils an der Gaukunstausstellung 1944 im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum:
 
„Schon seit Jahren bilden die Künstler unserer engeren Heimat mit ihren Werken einen wesentlichen Bestandteil der Kunstausstellungen des Gaues Tirol-Vorarlberg in Innsbruck. Auch heuer, da die fünfte Gau-Kunstausstellung, die des Jahres 1944, diesmal in den Sälen des Tiroler Landesmuseums, ihre Tore öffnete, zeigte sich in ebenso überraschender wie erfreulicher Weise das Aufblühen heimatlicher Kunst, trotz aller Hindernisse und Hemmungen, die der totale Krieg selbstverständlich auch den Künstlern auferlegt. Zeigte die Gau-Kunstausstellung 1943 eine Beteiligung von 120 Künstlern, so stieg die Zahl heuer auf 133 Namen. Umfaßte die vorjährige Kunstausstellung 387 Kunstwerke, so zählt die von 1944 fast um hundert mehr, nämlich 485 Werke aller Kunstgattungen.
 
Schon ein flüchtiger Rundgang durch die Ausstellung vermittelt ein ganz neues, überraschendes Gesamtbild, was hauptsächlich auf die schon von Anfang an für Ausstellungszwecke bestimmten und vorzüglich geeigneten Säle des Landesmuseums zurückzuführen ist. Die Bilder sind so günstig gehängt, daß sie die für die richtige Wirkung notwendigen Raum- und Lichtverhältnisse haben und dadurch zu voller Geltung kommen. Ein kleiner Teil der Kunstwerke ist zur dekorativen Ausschmückung der in den Räumen der alten Universitäts-Bibliothek – die in früheren Jahren die Gau-Kunstausstellungen beherbergt haben – untergebrachten Lehr- und Musterschau für bodenständiges Wohnen verwendet worden.
 
Wenn wir die Säle der Gau-Kunstausstellung 1944 [im Tiroler Landesmuseum] durchschreiten, so ziehen begreiflicherweise jene Kunstwerke unsere Blicke auf sich, die unserer engeren Heimat entstammen. Nicht weniger als 29 Künstler, Maler, Zeichner, Bildhauer aus Südtirol sind heuer vertreten und bezeugen in der Vielfalt und Qualität ihrer Werke die immer wieder aus dem Heimatboden sich erneuernde Triebkraft zu künstlerischer Gestaltung. Im Rahmen dieser kurzen Rundschau ist es nicht möglich, jeden einzelnen Künstler und jedes Kunstwerk zu würdigen oder auch nur zu nennen. Wir müssen uns daher damit begnügen, auf einige der wesentlichsten Kunstwerke hinzuweisen und sind überzeugt, daß viele unserer Landsleute, die gelegentlich des großen 7. Landesschießens in Innsbruck weilten, die Gau-Kunstausstellung besucht und daraus nachhaltige künstlerische Eindrücke mit heimgenommen haben.
 
Im Rundsaal des Landesmuseums fesselt uns vor allem das repräsentative, mit besonderer künstlerischer Delikatesse von Rudolf Parsch gemalte Bildnis Peter Hofers, unseres unvergeßlichen Volksgruppenführers, der dem feindlichen Terrorangriff auf Bozen am 2. Dezember v[origen] J[ahres 1943] zum Opfer fiel.
 
Auch einer unserer Künstler, der aus dem Pustertal stammende Hubert Hellweger, ist mit seiner Familie bei einem Terrorangriff auf Innsbruck gefallen; an ihn erinnern zwei in feinen, duftigen Farben gehaltene Aquarelle Cyprian mit Rosengarten und Motiv Seiser Alm.
 
Weltgeschichtliche Gestalten aus heimatlicher Vergangenheit erscheinen auch diesmal als Symbole unseres unerschütterlichen Wehrwillens in verschiedener künstlerischer Formung. Den Bauernführer von 1525 Michel Gaismair stellte Oskar Wiedenhofer in einer eigenartigen Komposition in Oelstiftzeichnung dar und gibt dem Antlitz jenen schweren Ernst, der das kämpferische Leben und Schicksal Gaismairs beschattete. Die heroische, befeuernde Geste des Bauernführers Gaismair bestimmt Hans Planggers leidenschaftlich durchpulste Plastik, Alois Insam zeigt einen in Holz geschnitzten mächtigen Kopf Andreas Hofer, der die in der Persönlichkeit ruhende gewaltige Kraft des Helden ausströmt.
 
An Bildnissen enthält die Ausstellung eine Auswahl hochwertiger Gemälde und Zeichnungen, aus der uns die wundervoll naturhaft geschauten und gezeichneten Kinderbildnisse von Rudolf Parsch besonders entzücken. Ignaz Stolz bewährt, seinen hohen Jahren zum Trutz, die altmeisterliche Charakterisierungskraft im Porträt an einigen der schönsten Bilder der Ausstellung; wie sprüht z. B. aus der Dame mit Hut der Farbenglanz der Jugend und des Frühlings, wie tief leuchten die Rätselaugen im Mädchenbildnis. Ein sehr frisch und lebendig empfundenes Oelbildnis Mein Vater zeigt Franz Lenhart, der weiter mit mehr flächig als plastisch gehaltenen Hochgebirgsbildern und einer noch sehr verhaltenen Aktstudie vertreten ist.
 
Den Bauern bei der Arbeit behandelt die dreiteilige Kasein-Komposition Erntesegen von Rudolf Stolz, in deren bewegte Gestalten sich der Meister des Freskos verrät. Der dritte der Künstlerbrüder, Albert Stolz, gestaltet in einem Oelbild Holzarbeiter und breitet in seiner Etschlandschaft die gesegnete Pracht unserer Heimat vor dem Blick des Beschauers aus. Peter Morandell malt einen urechten Jungen Sarner mit Reggl.
 
Als Maler und Erzähler führt Oskar Wiedenhofer seine reizvollen volkstümlichen Bilder aus. Er kennt wie kein zweiter die Leute, die im Bannkreis des Schlern hausen, sieht ihnen ins Herz und weiß ihre Eigenart und Tracht mit unvergleichlicher Sicherheit wiederzugeben. Ob er Die Spinnerin bei ihrer stillen Arbeit in trauter Stube beobachtet, das Geschwisterpaar der taufrischen Seiserkinder abkonterfeit oder gar einem Kastelruther Dirndl heimlich zuschaut, wie es sich von einer alten Kartenlegerin Glück und Schicksal deuten läßt, immer nimmt uns die Herzenswärme, das Echte, Traute, Heimelige gefangen, das in Wiedenhofers Schöpfungen liegt. Wer aber hätte diesem besinnlichen Künstler einen solch sarkastischen Humor zugetraut, wie er aus dem Urteil des Teufels spricht, das dem Maler zugleich die immer willkommene Gelegenheit gibt, die verschiedenen Lebensalter des Weibes – darunter das rotblonde Dirndl in einem zartduftenden Akt – meisterlich darzustellen.
 
Daß die heimatliche Landschaft in ihrer beglückenden Schönheit immer wieder Künstleraugen begeistert, ist kein Wunder. Daher sehen wir in der Ausstellung viele Werke, in denen sich das Antlitz der Heimat spiegelt, so wie es jeder Künstler nach Persönlichkeit und Temperament schaut und wiedergibt. Hans J[osef] Weber-Tyrol stellt sein großes Bild Düngen und Bauen in die Hut des gewaltigen Schlern, den Hubert Mumelter in dem Aquarell St. Konstantin in seinem Formenreichtum gestaltet. Das traute Schlerndorf Völs und Obervöls mit Prösels liegt, wie es Rudolf Parsch malt, in einem seltsam gedämpften Sonnenlicht. Die Landschaft der Dolomiten und des Eisacktales in ihrer idyllischen und großartigen Natur wählen Gottfried Moroder, Rudolf Complojer und Franz Weihrauter als Motive für ihre heimatlichen Aquarelle. Josef Telfner gibt seinen Studien Gasse in Klausen, Am Eisack noch immer die alte koloristische Frische, Franz Peteks flotte Aquarelle zeigen heimatliche Schlösser und Burgen, Hugo Atzwangers Feder fängt mit der unerschöpflichen Liebe des Meisters den Reiz der Landschaftshänge um Bozen auf. In kraftvollen Radierungen gestaltet Dino Degasper Motive Aus den Dolomiten, mit tiefer Einfühlung in Berg- und Siedlungsformen schneidet Liselotte Popp ihre Linolschnitte aus dem Land um Etsch und Eisack, Walter Koch versucht in gleicher Technik die Umrisse unserer bekanntesten Burgen festzuhalten.
 
Das Blumenleben als künstlerisches Motiv bevorzugt mit leidenschaftlichem Temperament Edith Romani-Lutz in den Oelbildern Forsythia, Schwertlilie, Gladiolen, auch Anni Egösi legt in ihre Aquarelle alle Liebe für Goldlack, Magnolien, Narzissen usw. Sophie Fohn weiß ihren Stiefmütterchen zartesten Reiz zu geben. Emanuel Fohns sprühende Aquarelle tragen die leuchtenden Farben südlicher Landschaften und Städtebilder.
 
Eine Begabung von außerordentlicher Kraft und Tiefe zeigt Maria Delago sowohl in ihren Radierungen Boznerin und Grödnerin, in dem märchenhaften Blatt Rast und fliegender Koffer als auch in den köstlichen Keramiken Pferdchen und Antilope. Damit streifen wir schon das Gebiet der Plastik, das von jeher viele Talente aus unserem Heimatboden geweckt hat. Hans Planggers anmutvolle weibliche Brunnenfigur in Marmor steht im Mittelpunkt eines Saales, Hermann Moroder hat seine bildnerische Freude an volkstümlichen Typen wie Mutter und Kind und Bäuerin mit Kind, seine Gipsbüste Mein Bruder zeigt starke charakteristische Kraft, wie sie sich auch in Raimund Moroders individuellem Mädchenbildnis ausprägt. Alois Insam gibt seinem holzgeschnitzten Sämann eine weitausholende kraftvolle Gebärde.
 
So schauen wir im Rahmen der Gau-Kunstausstellung 1944 wiederum den Reichtum und die motivische Fülle unserer heimatlichen Kunst, die als wesentlicher Bestandteil unseres unsterblichen kulturellen Lebens sich immer wieder aus der wurzelhaften Verbundenheit mit Blut und Boden erneuert.“
 
Beim Festkonzert im Rahmen des 7. Landesschießens erhielten nunmehr auch in Südtirol wirkende Komponisten wie Josef Gasser und Eduard Luzerna Gelegenheit zur Aufführung ihrer Werke als Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur Tiroler Kunstgemeinde. Josef Gasser präsentierte die Ouvertüre zu seiner komischen Oper Banditen, Eduard Luzerna seine Tiroler Liedersuite für zwei Klarinetten, Horn und Streichquartett. Ehrentraut Pickl-Straffner charakterisierte diese Tiroler Liedersuite in ihrer Konzertbesprechung als ein „Kabinettstücklein volksverbundener Kammermusik“ (Innsbrucker Nachrichten vom 14. Juli 1944, Seite 3).
 
Schließlich gehörten auch die aus Südtirol stammenden Dichter Josef Georg Oberkofler, Josef Wenter und Franz Tumler zu den von den Nationalsozialisten stark hofierten, angesehensten Vertretern ihrer Zunft, die in Wort und Tat überzeugende ideologische Gefolgschaft leisteten.


Resümee

Kultur definiert grundsätzlich gesellschaftliche Organisationsformen. Es ist darum selbstverständlich, dass Kultur integraler Bestandteil jeglicher Ideologie ist. Gerade bei autoritären Ideologien, die in der Regel organisch entwickeltes Kulturleben durch massiven zwanghaften Eingriff ihren kulturellen Prämissen anpassen, zeigt sich die fundamentale Bedeutung des kulturellen gesellschaftlichen Ambientes für den Bestand und den Einfluss der Machtausübung. Wie selbstverständlich bedienten sich die Nationalsozialisten kultureller Phänomene wie Institutionen für die Errichtung und den Erhalt ihrer Gewaltherrschaft. Zum einen wurde das vorhandene „völkische“ Kulturpotential aktiviert und vereinnahmt, zum anderen wurde der Kunst vorgeschrieben, wie sie zu sein hat, um dem „Volk“ dienstbar zu sein, und dies auch mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt. Der Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie auf die Kultur war substanzielles Programm, das soweit ging, dass Ideologie und Kultur nahezu eins wurden. Es erscheint darum wohl bemerkenswert, dass im Rahmen wissenschaftlicher Diskurse zum Phänomen „Nationalsozialismus“ das Kulturleben vielfach nur marginal bis gar nicht berücksichtigt ist. Dies trifft auch für die meisten Publikationen über geschichtlich gesellschaftliche Ereignisse und deren Interdependenzen zur Zeit des Nationalsozialismus in Tirol und Südtirol zu, obwohl für diesen ereignisreichen sowie problematischen historischen Zeitabschnitt an sich eine Fülle von Informationen verfügbar ist, die den stringenten Konnex von Ideologie und Kultur unübersehbar in den Fokus sachgerechter Analyse stellt.
 
Gerade für Südtirol lässt sich aufgrund der gegebenen komplexen politischen Verhältnisse besonders schlüssig aufzeigen, wie das nationalsozialistische Machtsystem die Kultur in all ihren Ausdrucksformen zur Durchsetzung von ideologischen Strategien einerseits vereinnahmte, andererseits bewusst umwandelte. Die NS-Herrschaft in Südtirol beginnt mit dem Einmarsch der Wehrmacht im September 1943, die ideologische Unterwanderung der deutschen Bevölkerung als überwiegende Mehrheit des Landes ist so alt wie die NSDAP selbst. Südtirol war nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugesprochen worden. Die faschistische italienische Regierung errichtete im Land eine Zwangsherrschaft, die auf die Entnationalisierung des Deutschtums ausgerichtet war und jegliche öffentliche Demonstration der ethnischen Zugehörigkeit verfolgte. Politische Organisationen der deutschsprachigen Südtiroler Bevölkerung waren illegal, sie arbeiteten im Untergrund und standen ideologisch naturgemäß unter dem Einfluss deutschnationaler Kreise, die traditionell stark in der Gesellschaft verankert waren. Im „Stahlpakt“ hatten Hitler und Mussolini vereinbart, die Brennergrenze als endgültig festzulegen. Die ethnische Frage sollte durch eine „Option“ gelöst werden. Die deutschsprachige Südtiroler Bevölkerung sollte abstimmen mit der Option, sich für das „Deutschtum“ zu erklären, was die Auswanderung in das „Reich“ zur unabdingbaren Folge hatte oder im faschistischen Staat Italien zu verbleiben. Im Zug dieser Unternehmung wurden mit Zustimmung der italienischen Regierung die „Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwanderungsstellen“ errichtet, an deren Propaganda- und Abwicklungstätigkeiten sich die bislang in der Illegalität wirkende Südtiroler politische Vereinigung Völkischer Kampfring Südtirol in ihrer neuen Organisationsform als Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland (AdO) erstmals wieder öffentlich betätigen konnte. Die AdO war bereits derart von den Nationalsozialisten ideologisch unterwandert, dass sie auch in ihrem organisatorischen Aufbau nach dem Muster der NSDAP mit Kreisen, Ortsgruppen und Blöcken strukturiert war. Die Deutschland-Optanten konnten sich nun ganz offen zu ihrem Deutschtum bekennen, sie taten dies ganz demonstrativ mit ihren weißen Kniestrümpfen. Offensichtlich blieb dieser symbolische Akt der neuerlangten Ausdrucksfreiheit der ethnischen Zugehörigkeit darauf weitgehend beschränkt, denn in den über ganz Südtirol verstreuten Ortsgruppen der AdO kam es weder zur Aktivierung von Schützenkompanien noch von Musikkapellen oder anderer kultureller Einrichtungen, die exklusiv mit dem deutschnationalen Kulturverständnis verbunden gewesen wären. Dies hängt freilich damit zusammen, dass die Zielrichtung der Deutschland-Optanten – 86% der Südtiroler entschieden sich für das Deutsche Reich – auf die Auswanderung gerichtet war, die schon während der Option im Jahr 1939 einsetzte. Zwischen 1940 und 1943 sind rund 70.000 Südtiroler umgesiedelt beziehungsweise zum Kriegsdienst einberufen worden. Dies brachte eine nachhaltige Schwächung der deutschen Volksgruppe in Südtirol mit sich.
 
Im Lauf der politischen Ereignisse von Juli bis September 1943 – Mussolini war abgesetzt worden, die neue italienische Regierung kapitulierte nach geheimen Verhandlungen mit den Aliierten – setzte Hitler seine Truppen in Marsch und errichtete in Reaktion auf den „Verrat“ die „Operationszone Alpenvorland“ als militärisches Aufzugsgebiet. Italien war inzwischen zweigeteilt in das von den Aliierten besetzte „Königreich des Südens“ und dem „Duce-Italien“ im Norden – Mussolini war in einer abenteuerlichen Aktion im September 1943 befreit worden – das immerhin noch 63 Provinzen umfasste, darunter die Provinz Bozen. Als „Obersten Kommissar“ für die Operationszone Alpenvorland mit den Provinzen Bozen, Trient und Belluno hatte Adolf Hitler den Gauleiter und Reichsstatthalter von Tirol-Vorarlberg, Franz Hofer, bestimmt. De jure gehörte Südtirol zum Herrschaftsgebiet des „Duce“, de facto übte Gauleiter Hofer die Macht aus und gebärdete sich dabei wie ein absoluter Herrscher. Obwohl die Brennergrenze bis zum Kriegsende unverrückbar blieb, war es Gauleiter Hofers leidenschaftliches Bestreben, in Südtirol jene Voraussetzungen zu schaffen, die es ermöglichten, das Land jederzeit in sein Gaubebiet auch territorial zu integrieren. Die historische Landeseinheit war sein Wunsch und sein Ziel, mit dem er auch nahezu die ganze deutschsprachige Bevölkerung hinter sich wusste. Da eine Verwirklichung aufgrund des Festhaltens Hitlers am Freundschaftspakt mit Mussolini aktuell nicht realistisch schien, behandelte der Oberste Kommissar Franz Hofer Südtirol selbstherrlich wie sein gaueigenes Herrschaftsgebiet. Er betrieb vor allem die kulturelle Integration, mit der die „Volksgemeinschaft“ über die politische Trennlinie hinweg verwirklicht werden konnte. Probates Mittel dazu war der „Standschützenverband“, den Gauleiter Hofer kurz nach seinem Amtsantritt 1938 im Gau Tirol initiiert hatte, um alle traditionellen kulturellen Vereinigungen wie Schützen, Musikkapellen, Laienbühnen, Volkstänzer und Schuhplattler zu einer einzigen Gemeinschaft zusammenzufassen, die nach außen hin mit ihren Aktionen Sinnbild und Abbild einer neuen, nach ideologischen Grundsätzen der NSDAP ausgerichteten „Volksgemeinschaft“ repräsentieren sollte. So wurden auch in Südtirol mit der De-facto-Machtübernahme der politischen und administrativen Agenden durch Gauleiter Franz Hofer alle wesentlichen kulturellen Bestrebungen daraufhin ausgerichtet, den Standschützenverband nach dem Muster des Gaues Tirol-Vorarlberg aufzubauen. Zu diesem Zweck setzte Gauleiter Franz Hofer einerseits enge politische Vertraute ein, zum Beispiel den Leiter des Gaupresseamtes Franz Pisecky oder den Chef des Gaupropagandaamtes Karl Margreiter, andererseits griff er auf bewährte Kräfte aus der Kulturpraxis beziehungsweise Kulturverwaltung zurück, zum Beispiel Cyrill Deutsch als Referenten für die Musikschulen oder Sepp Thaler als Verantwortlichen für den Aufbau des Blasmusikwesens in Südtirol. Die Aufbauarbeit dieser Fachleute wurde verwirklicht durch Tagungen, auf denen die Ortsgruppenleiter und ihre Mitarbeiter über theoretische und praktische Grundsätze der Kulturarbeit informiert wurden, dabei schlossen sich mitunter auch Vorführungen an. „Brauchtumsabende“, wo sich die lokale Volksgemeinschaft durch den Auftritt des Standschützenverbandes kulturell ideal dargestellt wiederfand, wurden ebenso initiiert und als Vorbildaktionen über die Medien angepriesen wie kulturelle Einsätze von Gastgruppen aus dem Gau Tirol-Voralberg, die einen Einblick über das bestens organisierte und vielfältige Kulturleben nationalsozialistischer Prägung und folglich Anregungen vermittelten.
 
Es ist bezeichnend für die kulturelle Aufbruchstimmung, die natürlich auch damit zusammenhängt, dass nunmehr mit der Errichtung der Operationszone die Auswanderung der Südtiroler gestoppt wurde, in nahezu allen Ortsgruppen insbesondere traditionsverbundene Vereinigungen wie Musikkapellen, Schützenkompanien und Laienbühnen in rascher Folge aktiviert werden oder neu entstehen. Sie alle werden im Standschützenverband vereinigt. Der Standschützenverband repräsentiert so in seinem strukturellen Aufbau idealtypisch die lokale Volksgemeinschaft.
 
Die Zurschaustellung von ethnischer Zusammengehörigkeit mittels Volkskultur ist weder geographisch noch zeitlich begrenzt. Schützen und Musikkapellen in ihrer Tracht haben in der Monarchie im gemeinsamen Auftritt stellvertretend Ehrerbietung und Unterwürfigkeit dem Herrscherhaus gegenüber ebenso demonstriert, wie sie heute noch das kulturelle Selbstverständnis bei landesüblichen Aufmärschen und Festanlässen darstellen. Von den Nationalsozialisten wurde diese gemeinschaftbindende Kraft der volkskulturellen Vereinigungen jedoch ganz bewusst und mit strategischem Kalkül in den umfassenden Dienst der Ideologie gestellt. Dies zeigte sich im kleinen örtlichen Rahmen der sog. „Dorfgemeinschaftsabende“ ebenso wie in den theatralischen Auftritten bei den großen Parteifesten, Kreis- und Landesschießen. Allgegenwärtig waren Schützen und Musikkapellen, sie demonstrierten stellvertretend mit ihrem öffentlichen Wirken für alle Unterwürfigkeit und Gefolgschaftstreue. Sie waren das äußere Zeichen einer intakten ideologisch verlässlichen Volksgemeinschaft, wenn sie zum Beispiel bei den Vorbeimärschen vor den Machthabern nicht nur willig, sondern mit Überzeugung und Eifer den Erwartungen der Partei entsprachen. In Südtirol wie im Reichsgau Tirol-Vorarlberg war der Standschützenverband mit seinen Schützen, Musikkapellen und folkloristischen Vereinigungen Träger der kulturellen Identität. Er repräsentierte symbolhaft wie abbildlich real die regionale Volksgemeinschaft und war somit in seiner strukturellen Gesamtheit sowie kulturellen Komplexität einer der Hauptträger der Ideologie bis zum Ende ihrer propagandistischen Wirksamkeit.
 
Es ist methodisch ein zweifelhaftes Unterfangen, von Musikkapellen oder Schützen isoliert „Aufarbeitung“ ihrer NS-Vergangenheit einzufordern und dabei vorab nach Historiker-Gutachten zu rufen. Faktum ist, dass alle Kulturvereinigungen, Musikkapellen oder Standschützenkompanien sich ohne Ausnahme an dem Inszenierungsritual der NS-Ideologie beteiligt haben und zwar im Rahmen des Standschützenverbandes. Die meisten Quellen sprechen dafür, dass dies aus eigenem Antrieb und engagiert erfolgte. Spontan stellte sich in den Südtiroler Ortsgruppen mit heftiger politischer Aktivität eine Aufbruchstimmung ein, wie sie im Gau Tirol-Vorarlberg in den Zeiten der ersten Monate der NS-Herrschaft gegeben war. Alle wesentlichen Parteifeste und Usancen der NSDAP wurden in Südtirol nun mit euphorischer Anteilnahme zelebriert, und allgemein gab es ein Mentalitätsklima, als wäre der Krieg schon gewonnen und der Weg offen für eine glückhafte Zukunft im Verein mit der großen Volksgemeinschaft aller Deutschen. Die Mitglieder des Standschützenverbandes, insbesondere Musikkapellen und Schützen, waren in ihrer Gesamtheit selbstverständlicher und integraler Teil von Kulturbestrebungen im Dienst der NS-Ideologie.
 
Obwohl durch Agitation und Argumentation vielfach erkennbar sein musste, dass es sich bei der NS-Herrschaft um einen brutalen Machtapparat handelt, haben nahezu alle organisierten Kulturinstanzen, insbesondere der Standschützenverband das NS-System fundamental gestützt, damit in seiner Wirksamkeit gefördert und mit erhalten. Nahezu alle, gleichgültig ob Schützen oder Musikanten, waren beherzt beteiligt, und die wenigen Ausnahmenfälle und -situationen eines moralischen Handelns bestärken eher die ethische Fragwürdigkeit der damaligen Gesellschaft, als dass sie diese auch im Detail entschuldigen könnten. Wenn man eine moralische Beurteilung und Erklärung für dieses Verhalten aus heutiger Sicht zu finden versucht, so ist es daher methodisch nicht zielführend, einzelne Gruppierungen wie Musikkapellen oder Standschützen aus dem Gesamtverband zu lösen, sondern das Maß der Verantwortung kann nur – wenn überhaupt – über ein konzentriertes Verfahren, das alle Mitglieder des Standschützenverbandes mit einbezieht, von Fachleuten verschiedener Wissensdisziplinen in gemeinschaftlicher Aktion ermittelt werden.
 
Die Geschichte lehrt uns allerdings, dass es eine Utopie ist, dass Menschen die Geschichte als Lehrmeister akzeptieren. Die Gegenwart ist erfüllt von kriegerischen Konflikten und Menschen verhungern, während andere Lebensmittel aus Gewinnsucht tonnenweise vernichten. Der Nationalismus in allen graduellen Abstufungen schürt ungebremst Hass und Missgunst, und wer glaubt, dass wir heute viel bessere Menschen sind, der irrt sich. Man muss nur einmal die fanatische Aura einer Sportveranstaltung miterleben, um endlich zu begreifen, dass dieses Verhalten als archetypische Disposition scheinbar unumkehrbar bleibt. So werden auch Menschen auf der Flucht mit Widerwillen herumgeschoben, und Fremdenfeindlichkeit ist offen und hinter vorgehaltener Hand so präsent wie noch nie. Die Wirtschaft ist nicht geleitet vom sozialen Miteinander, sondern von der Gier des Egoismus. Friedfertigkeit und Mitgefühl haben es weiterhin schwer in einer vielfach von Gewalt und Eigennutz bestimmten Welt.

Ein solcher Befund lässt es allerdings problematisch erscheinen, ob wir Gegenwärtige die wirklich Richtigen sind, moralische Urteile, unsere Vorfahren betreffend, zu fällen. Wohl keiner von uns kann sich sicher sein, wie er sich unter den damaligen politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten verhalten hätte. Uns Heutigen, die wir in unseren Breiten auf der Basis der Aufbauarbeit unserer oftmals geschmähten Väter- und Großvätergeneration den Wohlstand und sozialen Frieden als selbstverständlich genießen, fällt es aus moralischer Abgehobenheit und Selbstsicherheit oftmals zu leicht, die vielfach schrecklichen Geschehnisse von damals aus heutiger Sicht generalisierend allen anzulasten.

”Erinnerungskultur“ hat dann teleologische Relevanz, wenn jene Mechanismen, die zu Menschenverachtung, Gewalt und Krieg führen, signifikant erkennbar gemacht werden und die Analyse sich nicht mit dem moralischen Zeigefinger in Einzelheiten verliert. Gerade am Beispiel der Ideologie des Nationalsozialismus und den Methoden ihrer konsequenten Umsetzung, explizit auch durch das Medium Kultur, lässt sich schlüssig aufzeigen, dass das Grundübel im Phänomen des Nationalismus, vor allem in seiner fanatischen Ausprägung, zu finden ist. Daraus folgert sich die Erkenntnis: Solange die Menschheit sich nicht als solidarische Schicksalsgemeinschaft begreift, wird ein dauerhaftes friedliches Miteinander, gleichgültig in welchem sozialen und ideologischen Verbund die einzelnen Volksgruppen und politischen Gebilde organisiert sind, sich nicht realisieren lassen.


Autor: Manfred Schneider
Stand: 26. März 2014