Josef Gasser (1873-1957)

Josef Gasser (1873 Lienz - Neustift bei Brixen 1957)
In: Tiroler Nachrichten vom 26. März 1948, S. 3
Von Herbert Gschwenter

Chorregent Josef Gasser 75 Jahre
Gleich seinem Mitschüler Vinzenz Goller ist auch der Lienzer Josef Gasser erst auf dem Umweg über den Lehrerberuf zur Kirchenmusik gekommen, die sein Leben fast zur Gänze ausfüllen sollte. Nach kurzer Dienstzeit als Lehrer in Niederösterreich wurde Josef Gasser als Chorregent nach Kaltern im weingesegneten Überetscher Gebiet berufen, nachdem Vinzenz Goller, der für diesen Posten ausersehen war, abgelehnt hatte. Hier wirkte er nun überaus fruchtbringend von 1898 bis 1908, wobei ihm ein guter Chor und ein ausgezeichnetes Orchester zur Verfügung standen; die Hausmusik stand in den dortigen Herrschafts- und Bürgerhäusern in hohem Ansehen und bald war ein Streichquartett gegründet, das die Wunderwelt der Klassiker erschloß und pflegte. Auf Anregung Gollers entstanden hier Gassers erste Kompositionen Motetten und Stücke für Hausmusik.

P. Gregor Zahlfleisch, der bekannte Franziskanermusiker, empfahl ihn an das Stift Wilten, das ihn auf Grund dessen zum Stifts- und Pfarrchorregenten berief; als solcher wurde er eine stadtbekannte Persönlichkeit, die nicht nur bedeutende Werke zu ausgefeilter Aufführung brachte, sondern auch als Violaspieler im Städt[schen] Orchester [Innsbruck] mitwirkte und außerdem Mitglied zweier privater Streichquartette wurde. Viele junge Sänger und Sängerinnen sind durch seine Schule gegangen und wirken noch heute an den verschiedenen Chören Innsbrucks. Gasser war nicht nur ein ausgezeichneter Organist, der besonders durch seine Improvisationen von sich reden machte, er war auch ein vortrefflicher Liedbegleiter, der besonders zu Schubert und Hugo Wolf ein inniges Verhältnis fand und ein unermüdlicher Lehrer für Gesang, Orgel, Geige und Viola. Seine damals schwache Gesundheit ließ ihm ein Angebot, als Musikdirektor nach Schwaz zu gehen, ablehnen und abermals war es Vinzenz Goller, der ihn nach Neustift bei Brixen empfahl, das alte, traditionsreiche Chorherrenstift im sonnigen Süden. Dort hatte er ein Institut mit regelmäßigem Unterricht und Sängerknaben, die sich jedes Jahr ergänzten: Volksliedpflege, Advents- und Weihnachtslieder, Singspiele und das berühmte Sternsingen konnten hier besonders intensiv gepflegt werden und sein längst vergriffenes und einer Neuauflage harrendes "Sternsingerbuch" [Sternsinger- und Weihnachtslieder nach echten Volksweisen, Innsbruck etc.] (Tyrolia) [1937], ist die köstliche und vor allem volkstumsechte Frucht dieser Betätigung. In ungebrochener Kraft ist Gasser auch heute noch in Neustift tätig. Seine kirchenmusikalische Ausbildung genoß Gasser gemeinsam mit Goller in der altberühmten Schule in Regensburg (Haberl, Engelhart, Renner).

Josef Gasser (Hrsg.), Sternsinger- und Weihnachtslieder nach echten Volksweisen, Innsbruck 1937:
Josef Gasser mit Sternsingern im Stift Neustift, links im Innenhof (Cover), rechts vor der Engelsburg (Frontispiz)